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Mit einem Strauss an Forderungen hatte der Kanton Tessin 2014 auf Probleme aufmerksam gemacht. Konkret forderte der Südschweizer Gliedstaat in drei Standesinitiativen eine Aufkündigung des Grenzgängerabkommens und entsprechende Neuverhandlungen mit Italien (14.302), einen Sonderstatus für Kantone im Finanzausgleich, die von negativen Auswirkungen der Freizügigkeit aufgrund ihrer Grenzlage besonders betroffen sind (14.303) sowie eine kantonale Autonomie für die Festlegung von Höchstzahlen und Kontingenten für Grenzgängerinnen und Grenzgänger (14.304). Mit dem deutlichen Ja zur Masseneinwanderungsinitiative und der eher überraschenden Ablehnung des RTVG hatte die Tessiner Bevölkerung ebenfalls ein Zeichen gesetzt – beide Resultate waren auch als Protestvoten gegen Bundesbern interpretiert worden. Die Probleme und Sorgen des Südkantons stiessen deshalb insgesamt auf offene Ohren.
Allerdings lehnte der Ständerat als Erstrat alle drei in einem Paket diskutierten Standesinitiativen in der Sommersession ab. Die WAK-SR, die mit dem Geschäft betraut war, betonte, dass sie die Anliegen des Kantons Tessin sehr ernst nehme. Man habe sich nicht nur mit einer Delegation des Tessiner Parlaments, sondern auch mit Eveline Widmer-Schlumpf und Johann Schneider-Ammann getroffen, um sich über die Probleme in der Südschweiz auszutauschen. Zwar beantragte die Kommission einstimmig die Ablehnung der drei Standesinitiativen, legte aber gleichzeitig ein Postulat vor: Der Bundesrat soll aufzeigen, welche auch im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative diskutierten Massnahmen und Handlungsmöglichkeiten bestehen, um die Probleme im Kanton Tessin zu lindern. Ein Aufruf von Fabio Abate (fdp, TI), wenigstens bei der Festlegung von Höchstzahlen eine föderalistische Lösung anzustreben und der letzten der drei Standesinitiativen Folge zu geben, fand immerhin 12 weitere Unterstützer; 22 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen versenkten diesen Vorstoss aber ebenso wie die beiden anderen. Das Postulat wurde freilich – nachdem es auch von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf positiv hervorgehoben wurde – angenommen.

Kanton Tessin (Kt. Iv. 14.302)

Das 2014 von der ch-Stiftung (Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit) erstmalig vorgelegte, die Jahre 2011 bis 2013 umfassende Föderalismusmonitoring fand 2015 eine Fortsetzung. Ende April 2015 wurde ein Bericht zum Jahr 2014 vorgelegt, der die Entwicklung des Föderalismus beleuchtet. Analysiert wurden parlamentarische Vorstösse, die Rechtsprechung, Publikationen zum Thema und eine Befragung der Kantone zu bedeutenden Erlassen. Im Zentrum standen die Fragen, ob die Mitwirkung der Kantone an der nationalen Willensbildung rechtzeitig erfolgen kann, ob die Kompetenz- und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen funktioniert und ob die kantonale Umsetzungsautonomie gewahrt ist. Insgesamt wurde die Fortsetzung einer Zentralisierungstendenz bei parlamentarischen Vorstössen festgestellt. Kritisiert wurde zudem, dass Vernehmlassungsverfahren teilweise zu Unzeiten eingeleitet und mit zu kurzen Fristen versehen würden. Es gebe zudem Erlasse, bei denen das Subsidiaritätsprinzip und die kantonale Autonomie nicht immer beachtet würden. Einige Kantone gaben zu Protokoll, beim Bund ein Misstrauen zu spüren. Die Fülle an Vorschriften und Kontrollen wurde teilweise gar als schikanös bezeichnet. Der Bericht beschrieb freilich auch erfreuliche Entwicklungen für die Kantone, so etwa den verbesserten Einbezug der Gliedstaaten in die Verhandlungen mit der EU. Die meisten Kantone stellten der Bundesverwaltung insgesamt ein gutes Zeugnis aus, da sie – im Gegensatz zum nationalen Parlament – besser auf die Einhaltung der föderalistischen Prinzipien schaue. Der Bericht schloss aus den Analysen, dass keine Sofortmassnahmen erforderlich seien und die im vorjährigen Dreijahresbericht aufgeführten Empfehlungen ausreichten.

Föderalismus-Monitoring

In aller Regel wirft die Gewährleistung der kantonalen Verfassungsänderungen nach Abstimmungen durch das nationale Parlament keine hohen Wellen. Aufgrund umstrittener Volksentscheide in den Kantonen Bern und Tessin herrschte aber in der Frühlingsession insbesondere im Nationalrat grosser Diskussionsbedarf. Im Kanton Bern hatte im November 2013 eine Initiative der jungen SVP, die ein Verbot von Einbürgerungen für Kriminelle, Sozialhilfeempfänger und Personen ohne Aufenthaltsbewilligung forderte, überraschend eine Mehrheit erhalten.
Im Kanton Tessin war im September 2013 ein kantonales Vermummungsverbot gutgeheissen worden, das Burka- und Niqabträgerinnen als Zielgruppe anvisierte. Der Bundesrat hatte in seiner Botschaft in beiden Fällen eine Gewährleistung empfohlen. Eine links-grüne Minderheit der SPK-NR argumentierte jedoch, dass die Verweigerung der Einbürgerung von Sozialhilfeempfängern eine Diskriminierung darstelle und ein generelles Verhüllungsverbot der Religionsfreiheit widerspreche und unverhältnismässig sei. In der Debatte erinnerte Bundesrätin Simonetta Sommaruga daran, dass die Aufgabe des eidgenössischen Parlaments lediglich sei, zu beruteilen, ob eine kantonale Verfassung bundesrechtskonform umgesetzt werden könne – und nicht, ob man mit der Änderung einverstanden sei oder diese gut finde. Der Bundesrat sei sowohl im Falle des Kantons Tessin als auch des Kantons Bern zum Schluss gekommen, dass eine sorgfältige Umsetzung der von der Mehrheit der kantonalen Bevölkerung angenommenen Verfassungsänderungen durchaus im Sinne des Bundesrechts möglich sei. Aus diesem Grund seien die kantonalen Verfassungen zu gewährleisten. Die beiden Minderheitenanträge wurden in der Folge mit 131 zu 42 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) im Falle des Kantons Bern bzw. mit 117 zu 56 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) im Falle des Kantons Tessin abgelehnt und alle Verfassungen gewährleistet.

Im Ständerat stand – neben den Verfassungsänderungen in den Kantonen Bern und Tessin – noch eine weitere kantonale Änderung im Fokus. Bei der Abstimmung vom November 2013 über die Aufnahme eines Verfahrens für eine Zusammenarbeit zwischen dem Kanton Jura und Gemeinden aus dem Berner Jura wurde im Kanton Jura ein neuer Verfassungsartikel angenommen, mit dem die Aufnahme eines Fusionsprozesses angestossen werden soll. Weil aber die Stimmbevölkerung im Berner Jura zeitgleich ein solches Verfahren ablehnte, wäre der Artikel in der jurassischen Verfassung eigentlich hinfällig. Die Frage war nun, ob ein solcher hinfälliger Artikel gewährleistet werden soll. Bundesrätin Simonetta Sommaruga legte in der ständerätlichen Beratung dar, dass die Gewährleistung formaljuristisch nicht daran gebunden sei, ob ein Artikel umgesetzt werde oder nicht, sondern lediglich bedeute, dass eine Änderung mit der Bundesverfassung konform sei. Die Tatsache, dass die Regierung des Kantons Jura in einem Schreiben signalisiert habe, dass dieser Artikel nicht zur Anwendung kommen werde, stehe einer Gewährleistung nicht im Wege. Anders als im Jahr 1977, als ein ähnlicher Artikel nicht gewährleistet worden war, gehe es im zur Diskussion stehenden Artikel ja nicht um die Idee, Berner Gebiete in das Gebiet des Kantons Jura einzubinden, sondern eben lediglich um den Anstoss eines Prozesses. Die Regierung des Kantons Jura habe deutlich signalisiert – unter anderem auch mit der Sistierung des jährlichen Berichts über die Wiederherstellung des Juras an das jurassische Parlament –, dass es den neuen Artikel als gegenstandslos betrachte und keine Ansprüche daraus ableite. Eine Nicht-Gewährleistung dieses Artikels, so Sommaruga weiter, käme einer Negierung des jurassischen Volkswillens gleich, für die es keine rechtliche Begründung gäbe. Auch im Ständerat wurden in der Folge alle Kantonsverfassungen gewährleistet. Keinen Anlass zu Diskussionen hatten die Verfassungsänderungen in den Kantonen Uri, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden und Waadt gegeben.

Gewährleistung der kantonalen Verfassungen (AI, AR, BS, BL, BE, JU, SO, TI, UR, VD) (BRG 14.084)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Mitte Februar nahm der Bundesrat zur Motion Caroni (fdp, AR) Stellung. Er wies darauf hin, dass die Idee einer Verfassungsgerichtsbarkeit in den Räten bisher immer auf Ablehnung gestossen sei – auch wenn damit explizit die Stellung der Kantone verbessert worden wäre. So wurde etwa im Rahmen der Justizreform 1999 explizit auf die Möglichkeit verzichtet, dass ein Kanton beim Bundesgericht hätte prüfen lassen können, ob ein Gesetz die kantonale Autonomie verletze. Diese Möglichkeit hatte der Bundesrat auf Wunsch der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) auch in die NFA-Botschaft eingebaut, aber auch dieser Vorschlag war 2003 in den Räten gescheitert. Schliesslich scheiterten erst kürzlich auch zwei parlamentarische Initiativen im Ständerat, mit denen die Beschränkung der Normenkontrolle hätte aufgeweicht werden sollen. Aufgrund dieser ablehnenden Haltung erachtete die Regierung die Diskussion über eine Verfassungsgerichtsbarkeit als nicht erfolgversprechend. Zudem dürfe die Idee einer richterlichen Kontrolle der Einhaltung der Verfassung nicht nur den Kantonen dienen, sondern müsse auch den Bürgerinnen und Bürgern nutzen. Die Kantone hätten zudem bereits jetzt zahlreiche Möglichkeiten, auf die Gesetzgebung einzuwirken.
Da Andrea Caroni bei den eidgenössischen Wahlen in den Ständerat gewählt wurde, wurde der Vorstoss von Kurt Fluri (fdp, SO) übernommen.

Verfassungsgerichtsbarkeit «light» (Mo. 14.4038)
Dossier: Verfassungsgerichtsbarkeit

Eine Motion Anita Fetz (sp, BS), die eine jährliche Ausweisung der kantonalen Verteilung von Bundesgeldern forderte, wurde im Berichtsjahr von beiden Räten stillschweigend angenommen. Die Motionärin rannte mit ihrer Forderung offene Türen ein, da die bis 2007 im Rahmen der offiziellen Publikation „Öffentliche Finanzen der Schweiz“ veröffentlichten Angaben laut Bundesrat ab 2014 wieder in die jährlich publizierte Finanzstatistik aufgenommen werden solle. Der Überblick über die Einnahmen der einzelnen Kantone aus Bundesquellen soll so wieder verfügbar sein und die Transparenz der Finanzströme erhöht werden. Der Bundesrat kündigte an, auch Einnahmen der Kantone aus Investitionsbeiträgen, Entschädigungen und Kantonsanteilen an den Bundeseinnahmen detailliert aufnehmen und im Internet veröffentlichen zu wollen.

jährliche Ausweisung der kantonalen Verteilung von Bundesgeldern (Mo. 14.3207)

Um den Föderalismus «als tragende Säule» zu erhalten, reichte Andrea Caroni (fdp, AR) Ende 2014 eine Motion ein, mit der eine Art Verfassungsgerichtsbarkeit «light» eingeführt werden soll. Weil Kantone keine rechtliche Handhabe haben, um sich gegen die auch von einem KdK-Bericht festgestellte Zentralisierungstendenz zur Wehr zu setzen, sollte ein Verfassungsgericht eigens für die Kantone geschaffen werden. Hier würden auf Antrag der Kantone Bundesgesetze kassiert, die föderalistische Rechte beschneiden. Die Motion wurde 2014 nicht mehr behandelt und auch der Bundesrat gab noch keine Stellungnahme dazu ab.

Verfassungsgerichtsbarkeit «light» (Mo. 14.4038)
Dossier: Verfassungsgerichtsbarkeit

Eine Untersuchung der Weltwoche ging der Verteilung der jährlich im Umfang von rund CHF 20 Mrd. an die Kantone überantworteten Bundesmittel nach. Damit wurde auf die gesamte Umverteilung von Mitteln von der Bundes- auf die Kantonsebene fokussiert und eine etwas globalere Sichweise auf den Streit um den Nationalen Finanzausgleich (NFA) ermöglicht. Zum Vergleich: Der NFA verteilt lediglich rund CHF 4,6 Mrd. um, wobei die Kantone 1,5 Mrd. beisteuern und 3,1 Mrd. aus Bundesquellen kommen. Im Schnitt stammt laut der Weltwoche rund ein Viertel aller kantonalen Einnahmen aus unterschiedlichen Bundestöpfen. Umgerechnet auf CHF pro Kantonsbewohner zeigte die Analyse der Weltwoche, dass ein Kanton pro Jahr im Schnitt CHF 2‘485 pro Kopf aus der Bundeskasse erhält. Die wenigsten Mittel erhalten die Kantone Aargau (CHF 1‘457 pro Kopf), Basel-Landschaft (CHF 1‘534 pro Kopf) und Zürich (CHF 1‘735 pro Kopf). Die finanzschwachen und topografisch eher benachteiligten Kantone Jura (CHF 5‘964 pro Kopf), Uri (CHF 5‘842 pro Kopf) und Graubünden (CHF 5‘830 pro Kopf) bilden das Spitzentrio der meistbegünstigten Kantone. Während der Kanton Uri mehr als die Hälfte seines Budgets aus Bundesmitteln bildet, machen die Bundeseinnahmen für den Kanton Basel-Stadt lediglich 13% des kantonalen Haushaltes aus.

an die Kantone überantworteten Bundesmittel

Les deux chambres ont, comme proposé par le Conseil fédéral et les Commissions des institutions politiques, adopté l'arrêté fédéral accordant la garantie fédérale aux constitutions révisées des cantons de Zurich, de Berne, de Zoug, de Soleure, de Bâle-Campagne, des Grisons et de Vaud.

Garantie des constitutions cantonales (ZH, BE, SO, BL, GR, VD) (MCF 14.037)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Ende Juni legte die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) ihr Föderalismus-Monitoring für die Jahre 2011 bis 2013 vor, in dem eine anhaltende Tendenz zur Zentralisierung festgestellt wurde. Diese Konklusion beruhte auf einer Analyse von rund 250 Vorstössen zwischen 2011 und 2013, die die Beziehung zwischen Bund und Kantonen tangierten. Mehr als drei Viertel dieser Vorstösse strebten eine Zentralisierung an. Lediglich 34 der 205 Vorstösse im Nationalrat zielten auf eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen und 21 Anliegen hatten eine dezentralisierende Absicht. Die Verhältnisse im Ständerat waren ähnlich, obwohl die Kantonskammer ja eigentlich eher für föderalistische Lösungen sein müsste – so der Bericht. Als Gründe für die Zentralisierungstendenz wurde neben verstärktem Lobbying, das sich teilweise über die Kantonshoheit hinwegsetze, auch die zunehmende internationale Verflechtung genannt. Der Bund wurde zudem kritisiert, dass er den Kantonen viele Vollzugsaufgaben überantworte, ohne dafür zu bezahlen. Selbstkritisch kam der Bericht allerdings auch zum Schluss, dass die Kantone aus Bequemlichkeit oder in Erwartung von Bundesmitteln leichtfertig Aufgaben an den Bund abträten.

Föderalismus-Monitoring

L'Assemblée fédérale est priée d'accorder la garantie fédérale aux modifications des constitutions de Zurich, de Berne, de Zoug, de Soleure, de Bâle-Campagne, des Grisons et de Vaud. Le canton de Zurich a supprimé de sa constitution, le référendum constructif. L'alternative au référendum ordinaire engendrait une procédure de votation complexe et la participation citoyenne n'était, à chaque fois, guère élevée. Au Grisons, le référendum extraordinaire a été abrogé sans jamais être utilisé. A Berne, dès à présent, le Conseil-exécutif peut approuver les modifications des frontières intercommunales. Quant au Grand conseil, il peut imposer la fusion de communes en cas d'intérêts communaux, régionaux ou cantonaux prépondérants. S'agissant de Zoug, les exécutifs seront désormais élus au scrutin majoritaire. Le nombre de députés au Grand conseil a été inscrit dans la constitution et la répartition des sièges se fera selon la méthode du «double Pukelsheim» afin d'être conforme à la Constitution fédérale. Les membres du Conseil d'Etat ne pourront pas exercer de mandat au niveau fédéral. Les dispositions relatives à l'incompatibilité de fonction pour les parents et alliés ont été assouplies. Outre le financement des écoles de pédagogie curative, le canton de Soleure assurera leur organisation et gestion. Bâle-Campagne a instauré une taxe de séjour, dont les recettes seront allouées au secteur du tourisme. Enfin, le canton de Vaud a adapté la terminologie constitutionnelle pour correspondre à celle du Code civil (CC) relative à la protection de l’adulte et de l’enfant.

Garantie des constitutions cantonales (ZH, BE, SO, BL, GR, VD) (MCF 14.037)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Nachdem es 2013 bei der Abstimmung zum Familienartikel zum neunten Mal zu einer Kollision zwischen Ständemehr und Volksmehr gekommen war, wurden einige Vorschläge für eine Revision der Idee des Kantonsschutzes diskutiert. Überbleibsel der damals rasch wieder verstummenden Diskussionen war eine parlamentarische Initiative Roger Nordmann (sp, VD), die unter dem Stichwort „Ausbalancierung des Föderalismus“ eine Anpassung des Ständermehrs und der Zusammensetzung des Ständerates an heutige Verhältnisse forderte. Eine Anpassung sei insbesondere deshalb vonnöten, weil die französischsprachigen Kantone und die grossen Stadtkantone in der Regel zu den Verlierern gehörten, wenn das Ständemehr eine Abstimmung entscheide. Der sich in der Zusammensetzung des Ständerates widerspiegelnde Föderalismus schütze zudem die Sprachminderheiten nicht. Obwohl in der französischsprachigen Schweiz ein Viertel und in der italienischsprachigen Schweiz rund 5% der Schweizer Bevölkerung lebten, seien beide Regionen mit 17% bzw. 4% der Ständeratsmitglieder untervertreten. Die SPK-NR empfahl mit 13 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Sie begründete dies mit fehlendem Leidensdruck – es habe sich bisher noch nie ein Kanton beschwert –, mit der Angst vor Instabilität, weil das System dauernd neu angepasst werden müsste, und mit der geringen Zahl an bisherigen Konfliktfällen zwischen Stände- und Volksmehr. Obwohl dem Anliegen durchaus auch Verständnis entgegengebracht wurde – tatsächlich hätten sich die Verhältnisse zwischen kleinstem und grösstem Kanton stark verändert – wurde es mit 113 zu 58 Stimmen versenkt. Die Befürwortung stammte aus dem geschlossenen links-grünen Lager unterstützt von zwei Grünliberalen und einer EVP-Stimme.

Ausbalancierung des Föderalismus (Pa.Iv. 13.417)
Dossier: Vorstösse zur Abschwächung des klassischen Ständemehrs

Da ein Postulat Lehmann (cvp, BS), das einen Bericht über die Möglichkeit von Fusionen über Kantonsgrenzen hinweg verlangt hatte, mehr als zwei Jahre hängig war, wurde es abgeschrieben. Der Bundesrat hätte das Anliegen ohnehin abgelehnt, weil es einen Eingriff in die Kantonsautonomie dargestellt hätte. Markus Lehmann doppelte deshalb im Berichtsjahr mit einem neuerlichen Postulat mit praktisch identischem Inhalt nach. Er machte geltend, dass das Problem in den nächsten Jahren akuter werde, weil immer mehr kleine Gemeinden die Aufgaben nicht mehr tragen könnten. Da eine regionale Gemeindefusion über Kantonsgrenzen hinweg vielfach eine gute Lösung darstellen würde, dies aber heute aus juristischen Gründen praktisch nicht möglich sei, sei es angebracht, mit einem Bericht künftige Möglichkeiten zu evaluieren. Der Bundesrat lehnte das Postulat erneut ab mit dem Hinweis, dass man nicht in die Hoheit der Kantone eingreifen könne; zudem berührten Fusionen nicht nur rechtliche, sondern auch politische, soziologische und emotionale Aspekte.

Fusionen über Kantonsgrenzen hinweg (Po. 14.3500)

Die Gewährleistung der kantonalen Verfassungen, die bei kantonalen Verfassungsänderungen – etwa durch kantonale Volksinitiativen oder Verfassungsrevisionen – von der Bundesversammlung vorgenommen werden muss, ist in der Regel eine Routineangelegenheit. Nur sehr selten gibt es überhaupt eine Debatte in den Räten. Dem Parlament wurde deshalb auch schon vorgeworfen, die Aufgabe der Überprüfung der Vereinbarkeit der Änderungen mit der Bundesverfassung nicht ernst genug zu nehmen. 2013 war diesbezüglich eine Ausnahme, weil die Räte die Wahlrechtsreform im Kanton Schwyz nicht gutgeheissen hatten. Die Gewährleistungen im Jahr 2014 entsprachen (fast) wieder der gängigen Tradition. Die Räte hiessen die unbestrittenen Teilrevisionen in sechs Kantonen diskussionslos gut (ZH, BE, SO, BL, GR, VD; BRG 14.037). Mehr zu reden – zumindest im Nationalrat – gab allerdings die neue Verfassung des Kantons Genf: Ein Minderheitsantrag Andreas Gross (sp, ZH) wollte Artikel 66 der neuen Genfer Verfassung, der ein Verbot des doppelten Neins für Abstimmungen über den Finanzhaushalt vorsieht, nicht gewährleisten. Der Passus sah vor, dass entweder ein Sanierungsvorschlag oder eine Steuererhöhung angenommen werden muss. Gross beanstandete, dass so die Entscheidung für den Status Quo ausgeschlossen sei. In seiner Botschaft machte der Bundesrat klar, dass dies nicht als Einschränkung der politischen Rechte angesehen werden solle und beurteilte den Passus deshalb als bundesrechtskonform. Die Mehrheit der grossen Kammer folgte dem Antrag des Bundesrates. Zudem sei Artikel 66 eins zu eins von der alten Verfassung übernommen und bei der alten Verfassung also schon gewährleistet worden. Gross, der vergeblich darauf hinwies, dass man alte Fehler nicht zu wiederholen brauche, erhielt lediglich 31 Stimmen aus seiner Fraktion. 126 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) gewährleisteten die gesamte Verfassung des Kantons Genf. Die umstrittenen Teilrevisionen in den Kantonen Bern bzw. Tessin, in denen eine Verschärfung von Einbürgerungen bzw. ein Burkaverbot festgeschrieben wird, standen 2014 noch nicht auf der parlamentarischen Traktandenliste. Allerdings hatte der Bundesrat in seiner Botschaft Ende Jahr die Gewährleistung des Tessiner Begehrens beantragt. Er halte das Vermummungsverbot zwar für nicht sinnvoll, so der Bundesrat, aber juristisch lasse es sich mit der Verfassung dann vereinbaren, wenn die Religionsfreiheit nicht tangiert werde. Die Regierung stützte sich bei ihrer Begründung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der unlängst ein Burkaverbot in Frankreich bestätigt hatte.

Gewährleistung der kantonalen Verfassungen 2014 (BL, BE, GE, GR, SO, TI, VD, ZH) (BRG 13.089)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Mit 68,2% war die Zustimmung zur Masseneinwanderungsinitiative im Kanton Tessin mit Abstand am höchsten. Das Resultat wurde mit der negativen Stimmung erklärt, die in der Südschweiz aufgrund des Grenzgängerphänomens herrschte. Lange Zeit hatte einzig die Lega mit dem Thema zu punkten versucht. Mittlerweile bezeichnete aber auch die Tessiner Regierung die Effekte der Personenfreizügigkeit für den Grenzkanton offen als vorwiegend negativ. Immer heftiger wurden die Themen Lohndumping, Arbeitsplatzverdrängung durch billige Grenzgänger oder Verkehrskollaps verursacht durch pendelnde Arbeitnehmer diskutiert. Bereits unmittelbar vor der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative hatte der Kanton Tessin eine Standesinitiative eingereicht, mit der er eine Kündigung des Grenzgängerabkommens mit Italien und eine Neuverhandlung des Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Nachbarn im Süden gefordert hatte (Kt.Iv. 14.302). Mit zwei weiteren Standesinitiativen wollte der Südkanton den Druck nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative aufrechterhalten. Erstens sollen Gebiete, die von der Personenfreizügigkeit besonders betroffen sind, einen Sonderstatus erhalten und die negativen Auswirkungen sollen im Finanzausgleich adäquat berücksichtigt werden (Kt.Iv. 14.303). Zweitens wurde gefordert, dass im Rahmen des Ausführungsgesetzes zur Masseneinwanderungsinitiative den Kantonen Autonomie zur Festlegung der Grenzgänger-Kontingente überlassen wird (Kt.Iv. 14.304). Im Ständerat, dem die drei Begehren als Erstrat zugeteilt wurden, stand deren Beratung 2014 noch aus. Die WAK des Ständerates anerkannte zwar die schwierige Situation im Tessin, die durch die Aufhebung des Franken-Mindestkurses hinsichtlich Arbeitsmarkt, Einkaufsverhalten, Tourismus und Exportindustrie noch einmal verschärft worden sei. Weil die Beratungen über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative aber im Gange seien, müsse der Kanton seine Position via die herkömmlichen Vernehmlassungsprozesse deutlich machen. Es sei nicht angebracht, hier einen parallelen Gesetzgebungsprozess anzustossen.
Ein Blitzbesuch von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Südkanton, die mit der Tessiner Regierung über die Probleme und das wuchtige Ja zur SVP-Initiative diskutierte, vermochte die Gemüter nur bedingt zu beruhigen. Lega-Anhänger pfiffen die Finanzministerin bei ihrer Ankunft aus. Bis im Juni hatten alle Bundesrätinnen und Bundesräte dem Kanton Tessin mindestens einmal mit einem Besuch die Referenz erwiesen und zu signalisieren versucht, dass die Regierung die Sorgen des südlichen Grenzkantons sehr ernst nehme. Die Phase der Unsicherheit bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative bedinge einen engen Kontakt zwischen Bern und Bellinzona, gab Justizministerin Simonetta Sommaruga bei ihrem Besuch im Juni bekannt. Auch die im August im Kanton Tessin durchgeführte Botschafterkonferenz extra muros, bei der die Regierung jeweils in corpore anwesend ist, wurde als positive Geste gewertet.

Kanton Tessin (Kt. Iv. 14.302)

In der gängigen Lehrmeinung ist der Föderalismus – neben dem Milizsystem und der direkten Demokratie – einer der zentralen Pfeiler des Politischen Systems der Schweiz. In der Tat scheint die Identifikation mit der Schweiz über das Verbundenheitsgefühl mit der eigenen Gemeinde und vor allem mit dem eigenen Kanton zu funktionieren – die abgelehnten Gemeinde- und Kantonsfusionen können hier als Indizien herangeführt werden. Allerdings geraten die Vielgliedrigkeit und das Subsidiaritätsprinzip immer stärker unter Druck: Globalisierung, Mobilität oder Kommunikationstechnologien scheinen die Organisation vieler Probleme auf nationalstaatlicher, ja internationaler Ebene vordringlich zu machen. Abhängigkeiten über Kantons- und Landesgrenzen hinweg machen föderale Lösungsansätze und das Subsidiaritätsprinzip obsolet. Zunehmender Zentralisierungsdruck (vgl. dazu das Föderalismus-Monitoring) machen dem Föderalismus zu schaffen. Der auch im Berichtjahr heftig umstrittene Finanzausgleich (vgl. dazu ausführlich Kapitel 5), aber auch die zunehmenden interkantonalen Konkordate scheinen lediglich Hilfskonstrukte zu sein, mit denen zwar die territoriale Gliederung erhalten wird, die letztlich aber ebenfalls zu einer Zentralisierung von Problemen beitragen. Eine lose Reihe von Beiträgen aus Wissenschaft und Praxis, die in der NZZ unter dem Stichwort „Föderalismus in Bewegung“ erschienen, wollte dem Spannungsfeld zwischen Subsidiarität und Zentralisierung auf den Grund gehen. Wurden auf der einen Seite ökonomische Gründe für die Überkommenheit des Kantönligeistes ins Feld geführt, wurde auf der anderen Seite darauf hingewiesen, dass die multiethnische Zusammensetzung der Willensnation Schweiz letztlich ohne föderale Organisation nicht bestehen könne. Die vorgebrachten Vorschläge, wie etwa eine grundlegende Reform der territorialen Strukturen über Kantonsgrenzen hinweg, Änderungen des Ständemehrs, Aufwertung der Städte oder Strukturen, die nichtterritorialen Minderheiten besser Rechnung tragen, waren allerdings nicht wirklich neu und wiesen darauf hin, dass der Föderalismus eine Dauerbaustelle bleiben wird. Auch die Teilnehmer an der Föderalismustagung – die alle vier Jahre stattfindet und von der CH-Stiftung organisiert ist, welche von den Kantonen getragen wird – kamen zum Schluss, dass sich an den 200-jährigen föderalistischen Strukturen in absehbarer Zeit kaum etwas ändern wird. Für grosse Reformen gehe es der Schweiz schlicht zu gut, so die Quintessenz.

Föderalismus Pfeiler des Politischen Systems

Auch 2014 war der Nationale Finanzausgleich (NFA) Zankapfel zwischen den Kantonen (ausführlich zur politischen Debatte vgl. Kapitel 5). Uneinigkeit herrschte vor allem zwischen den zehn ressourcenstarken Geber- (BS, BL, GE, NW, SH, SZ, TI, VD, ZG, ZH) und den 16 ressourcenschwachen Nehmerkantonen. Erschwerend kamen die sich ankündigenden härteren wirtschaftlichen Zeiten hinzu. Die Geberkantone – allen voran die Kantone Schwyz und Zug – empfanden es als ungerecht, dass sie ein Sparprogramm schnüren und gleichzeitig ihre Beiträge für die Nehmerkantone erhöhen mussten.

Nationaler Finanzausgleich

Der Walliser Regierungsrat Jean-Michel Cina (VS, cvp) wurde an der Plenumsveranstaltung der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) zu deren Präsident gewählt. Das Amt wird jeweils für vier Jahre vergeben. Cina löst per 1. Januar 2014 Pascal Broulis (VD, fdp) ab. Am 8. Oktober feierte die 1993 gegründete KdK ihr 20-jähriges Bestehen. Sie dient als wichtiges Koordinationsgremium der Kantone, mit dem kantonale Interessen auf Bundesebene vereint vertreten werden sollen. Einer der Hauptgründe ihrer Schaffung war das EWR-Nein, das auch deutlich machte, wie stark die nationale Europa-Politik die Kompetenz der Kantone beeinflusst. Die KdK dient seither den kantonalen Regierungen als Plattform für Meinungsaustausch und Interessenbündelung, um in Verhandlungen mit dem Bund mit einer Stimme sprechen zu können. Die Konferenz gilt mittlerweile als wichtige Akteurin, wobei umstritten ist, wie stark der Einfluss der Kantone auf Bundesebene tatsächlich ist. Die kontinuierlich zunehmende Zahl an interkantonalen Konkordaten könne zwar Doppelspurigkeiten verhindern und sei ein Zeichen von Professionalisierung der kantonalen Politik. Gleichzeitig werden dieser zusätzlichen Staatssphäre allerdings auch mangelnde Transparenz und fehlende demokratische Legitimation vorgeworfen. Die drohende Nationalisierung der kantonalen Gesetzgebung bedrohe zudem letztlich auch den Föderalismus in Form von kantonaler Autonomie und lebendiger Differenz.

Konferenz der Kantonsregierungen

Nachdem im Vorjahr zwei parlamentarische Vorstösse mit der Idee, ein Mitspracherecht der Kantone bei der Frage nach der geologischen Tiefenlagerung wieder einzuführen, gescheitert waren, ereilte eine Standesinitiative des Kantons Nidwalden das gleiche Schicksal. Der Ständerat hatte in der Frühjahrssession den Nidwaldner Antrag mit 21:16 Stimmen knapp abgelehnt, die grosse Kammer hiess ihn hingegen gegen die Kommissionsmehrheit im Herbst mit 111: 68 Stimmen gut. In der Zwischenzeit hatte auch der Kanton Schaffhausen einen Vorstoss (St.Iv. 13.302) eingereicht, mit dem ebenfalls eine Änderung des Kernenergiegesetzes verlangt wird, damit einem Kanton oder einer Region nicht gegen ihren Willen ein Tiefenlager aufgezwungen werden kann. Der Ständerat hielt noch in der Wintersession 2013 an seinem abschlägigen Entscheid fest und erteilte gleichzeitig auch dem neuen Schaffhauser Anliegen eine Abfuhr – in beiden Fällen mit 23: 17 Stimmen.

Standesinitiative zur Änderung des Kernenergiegesetzes (Kt.Iv. 12.319 SH)
Dossier: Mitspracherecht der Kantone bei der Frage nach der geologischen Tiefenlagerung
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Die totalrevidierte Verfassung des Kantons Schwyz bzw. die darin enthaltene Wahlrechtsreform hatte bereits 2012 zu einigen Diskussionen bei der sonst in der Regel in den Räten kaum debattierten Gewährleistung kantonaler Verfassungen geführt. Der Bundesrat hatte, gestützt auf einen Bundesgerichtsentscheid, der das neue Wahlrecht des Kantons Schwyz als verfassungswidrig beurteilte, beantragt, das neue Proporzwahlverfahren aufgrund des hohen natürlichen Quorums in den Einerwahlkreisen nicht zu gewährleisten. Der Ständerat widersetzte sich Ende 2012 dieser Empfehlung und stimmte knapp einem Minderheitsantrag auf vollständige Gewährleistung der neuen Verfassung des Kantons Schwyz zu. Das Geschäft kam in der Frühjahrssession in den Nationalrat. Auch dort kam es zu einer ausführlichen Debatte, in der sich wie im Ständerat zwei Argumentationsmuster gegenüberstanden: Eine vorwiegend bürgerliche Seite setzte sich für eine direktdemokratisch legitimierte Kantonsautonomie ein. Die andere Seite – die geschlossenen SP, GP und GLP-Fraktionen, die Hälfte der FDP Liberale Fraktion, einige Abweichler von CVP und FDP sowie Heinz Brand (GR) als einziger Abweichler der SVP – betonte, dass der Nationalrat einen Verfassungsauftrag habe und quasi eine justiziale Verantwortung übernehmen müsse, wenn eine kantonale Verfassung nicht bundesrechtkonform sei. Weil die Stimme eines Wahlberechtigten im Kanton Schwyz nicht überall ein ähnliches Gewicht habe, verletze die neue Schwyzer Verfassung Bundesrecht. Mit 94 zu 92 Stimmen bei drei Enthaltungen folgte die grosse Kammer äusserst knapp dem Vorschlag des Bundesrates und gewährleistete die Verfassung des Kantons Schwyz mit Ausnahme des neuen Wahlrechts (Paragraf 48, Absatz 3). Im Ständerat wurde anschliessend und ebenfalls noch in der Frühjahrssession nur noch über den umstrittenen Paragrafen debattiert. Die kleine Kammer beharrte mit 24 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung auf ihrem positiven Entscheid, mit dem auch das neue Wahlrecht gewährleistet werden sollte. In der Debatte wurde auch darauf verwiesen, dass man die Nationalratswahlen, die ja ebenfalls in Einerwahlkreisen mit Quasi-Majorz durchgeführt würden, auch nicht moniere, und dass dies eine über hundertjährige Praxis darstelle. Weil allerdings auch der Nationalrat, diesmal mit 100 zu 91 Stimmen, erneut auf seinem wenige Tage zuvor gefällten Entscheid beharrte, wurde Paragraf 48 Absatz 3 der neuen Schwyzer Kantonsverfassung nicht gewährleistet. Konkret bedeutete dies, dass der Kanton Schwyz ein neues Wahlgesetz ausarbeiten muss. Bis Ende Jahr lagen hierfür nicht weniger als zehn verschiedene Vorschläge vor. Der abschlägige Entscheid des Nationalrats verhinderte zwar einen Konflikt zwischen nationaler Legislative und Judikative, löste aber in der Innerschweiz grosse Empörung aus. In den Kantonen Zug, in dem ebenfalls eine Reform des Wahlrechts anstand, und Graubünden, wo das in juristischen Kreisen ebenfalls umstrittene, reine Majorzverfahren gilt, wurde sogar laut über eine Standesinitiative nachgedacht, die eine Änderung der Bundesverfassung fordert, damit sich der Bund und das Bundesgericht nicht mehr in kantonale Angelegenheiten einmischen können. Allerdings nahm die Zuger Bevölkerung entgegen der Empfehlung der bürgerlichen Parteien Ende September das bundesrechtskonforme Doppelproporzverfahren an (so genannter doppelter Pukelsheim). Dieselbe Entscheidung fiel auch im Kanton Nidwalden. Die bisher als Formsache geltende Gewährleistung kantonaler Verfassungsänderungen dürfte auch in Zukunft zu reden geben, da im Berichtsjahr in einzelnen Kantonen verfassungsrechtlich heikle Initiativen angenommen wurden – so etwa das Burkaverbot im Kanton Tessin oder die Einbürgerungsinitiative im Kanton Bern.

BRG 12.070: Kantonsverfassung von Schwyz für ungültig erklärt
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

In einem jährlichen Monitoring soll aufgezeigt werden, wie sich der Schweizer Föderalismus entwickelt. Der von den Kantonen finanzierte, von der CH-Stiftung verfasste und Mitte 2013 erschienene Bericht „Föderalismus 2012“ beurteilte die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen grundsätzlich positiv. Bemängelt wurde aber der bisweilen zu kurzfristige Einbezug in aussenpolitische Entscheide, etwa bei der Ventilklausel. Auch bei den Stromverhandlungen mit der EU seien die Kantone zu wenig gut in die Beratungen einbezogen worden. Zudem stellte der Bericht einen generell zunehmenden Zentralisierungsdruck fest, der sich in parlamentarischen Vorstössen, in der Medienberichterstattung aber auch in lancierten Volksinitiativen manifestiere. In einem gemeinsamen Positionspapier forderten Parlamentarier der IPK (Interparlamentarische Konferenz der Nordwestschweiz aus den Kantonen BL, BS, BE, SO, AG) eine Grundsatzdiskussion über die ideale Aufgabenverteilung. Sie fürchteten eher zunehmende Lastenabwälzungen vom Bund auf die Kantone, die zu verhindern seien. Für eine weitere Aufgabenentflechtung im Sinne eines „NFA 2“ machte sich Mitte Mai Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf stark.

Föderalismus-Monitoring

Nachdem 2012 bereits die Kantone Genf, Jura, Wallis, Tessin, Bern und Basel-Stadt eine Stelle für ein Kantonslobbying geschaffen hatten, richtete im Berichtsjahr auch der Kanton Luzern einen entsprechenden, der kantonalen Verwaltung unterstellten Posten ein. Durch systematische Informationsbeschaffung, Identifikation von Schlüsselgeschäften für den Kanton, Aufbereitung dieser Informationen für die kantonalen Behörden sowie dem Aufbau und der Pflege von Netzwerken in Bundesbern erhoffte sich der Innerschweizer Kanton zusätzliche Kompetenzen und Einflussnahme.

Kantonslobbying

La garantie fédérale a été attribuée par le Parlement, conformément à la proposition du Conseil fédéral et de la CIP-CN, aux constitutions révisées des cantons d'Uri, de Soleure, de Bâle-Campagne, des Grisons, d’Argovie, de Neuchâtel et de Genève.

Garantie des constitutions cantonales (UR, SO, BL, GR, AG, NE, GE) (MCF 13.047)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Le Conseil fédéral juge conforme au droit fédéral, toutes les modifications apportées aux constitutions des cantons d'Uri, de Soleure, de Bâle-Campagne, des Grisons, d’Argovie, de Neuchâtel et de Genève. Uri a rendu, au même titre que l'école primaire, le jardin d'enfants obligatoire. La constitution soleuroise révisée interdit aux parlementaires cantonaux de siéger dans un tribunal cantonal soumis à la surveillance directe du Grand conseil. Le canton de Bâle-Campagne a regroupé ses six tribunaux de districts en deux tribunaux civils de district. Il ne possède plus qu'un office cantonal du registre foncier, un pour l'état civil et un autre pour les successions. Les trois autorités de droit civil sont chapeautées par une administration unique. Suite à la réforme territoriale, le canton des Grisons a été subdivisé en onze régions. Outre les tâches confiées par les communes et le canton, elles ont relayé les districts pour les compétences de juridiction civile et pénale. Le canton d'Argovie s'est muni d'une base juridique afin de pouvoir exploiter – outre le pétrole, le gaz naturel, le charbon et le sel – d'autres richesses naturelles du sous-sol. A Neuchâtel, pour l'adoption de lois et de décrets entraînant des économies significatives pour le canton, une majorité de trois cinquièmes des membres du Grand conseil devra être obtenue. Enfin, le canton de Genève et ses communes devront, dans un délai de cinq ans, adapter aux besoins l'offre de places d'accueil de jour pour les enfants en âge préscolaire.

Garantie des constitutions cantonales (UR, SO, BL, GR, AG, NE, GE) (MCF 13.047)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

Mit dem Familienartikel kollidierte zum neunten Mal bei einer eidgenössischen Abstimmung das Volksmehr mit dem Ständemehr, d.h. obwohl die Mehrheit der Stimmenden die Verfassungsänderung gutgeheissen hätte, kam sie aufgrund einer Mehrheit von ablehnenden Kantonen nicht zustande. Zu den Verlierern zählten dabei zum wiederholten Male die französischsprachigen und bevölkerungsstarken Kantone (ZH, BE, BL, GE, VD). Die anschliessend einsetzenden Diskussionen über mögliche Reformen des Ständemehrs brachten keine neuen Ideen. Vorschläge für neue Mehrheitsregeln, die proportionale Verteilungen der Standesstimmen, vorgebracht von Nationalrat Roger Nordmann (sp, VD) und der vom Berner Stadtpräsidenten, Alexander Tschäppät (sp), und dem ehemaligen Stadtpräsidenten von Zürich, Elmar Ledergerber (sp), ins Spiel gebrachte Vorschlag spezieller Gewichtungen und Einbezug von urbanen Zentren, wurden schon seit einigen Jahren breit diskutiert. Bereits im Februar hatten die Vorsteher der Städte Zürich und Basel – Corine Mauch (sp) und Guy Morin (gp) – einen Ständeratssitz für die Städte gefordert. Die Diskussionen verstummten zwar relativ rasch wieder, im Parlament wurde aber eine Ende Berichtsjahr noch hängige parlamentarische Initiative Nordmann (sp, VD) eingereicht, die eine bessere Ausbalancierung des Ständemehrs fordert.

Ausbalancierung des Föderalismus (Pa.Iv. 13.417)
Dossier: Vorstösse zur Abschwächung des klassischen Ständemehrs

Die Staatspolitische Kommission des Ständerats hatte noch Ende 2012 beschlossen, die Vorschläge eines Berichtes der „Arbeitsgruppe Bund-Kantone“ im Rahmen einer eigenen parlamentarischen Initiative ausarbeiten zu wollen, um die Mitwirkung der Kantone im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zu verbessern. Insbesondere hätte die Idee einer zwingenden Anhörung der Kantone in den jeweiligen Parlamentskommissionen bei Entscheidungen mit erheblichen Auswirkungen auf die Gliedstaaten geprüft werden sollen (vgl. Bericht der gemeinsamen Arbeitsgruppe Bund-Kantone zuhanden des Föderalistischen Dialogs vom 16.3.2012). Die nationalrätliche Schwesterkommission wollte jedoch mit 11 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen nicht auf die Initiative eingehen. Die Kantone hätten ohnehin bereits grossen Einfluss auf die Gesetzgebung und das anerkannte Problem der Vollzugstauglichkeit könne nicht mit neuen Regeln gelöst werden.

Pa.Iv. 12.486: Verbesserung bei der Mitwirkung der Kantone im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren