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In der Nordwestschweiz lancierten vier kantonale Parlamentarier aus Basel-Stadt, Basel-Land, Aargau und Solothurn die Idee eines neuen Kantons, der die beiden Basel, das aargauische Fricktal und die solothurnischen Bezirke Dorneck und Thierstein umfassen soll. In Basel-Stadt fand der Vorschlag eine gute Aufnahme: mehr als die Hälfte der Mitglieder des Grossen Rates unterzeichneten eine Motion, welche von der Regierung die Einleitung entsprechender Schritte verlangt. Diese zeigte sich allerdings sehr zurückhaltend und meinte, der Anstoss dazu müsste von den anderen involvierten Kantonen ausgehen. Sie schlug vor, den Vorstoss als Postulat zu überweisen und damit die grundsätzliche Bereitschaft zu einer Fusion anzuzeigen, ohne aber selbst dazu die Initiative zu ergreifen. Der Grosse Rat schloss sich dieser Meinung an. Die Regierungen der drei anderen Kantone sprachen sich gegen entsprechende, von Vertretern der Grünen eingereichte Motionen aus und empfahlen, die kantonale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszubauen. In den Parlamenten dieser Kantone wurden die Vorstösse mit sehr deutlichen Mehrheiten abgelehnt.

Idee eines Kantons Nordwestschweiz (BS, BL, Fricktal, Dorneck, Thierstein)

Die bernische und die jurassische Regierung kamen überein, selbst aktiv zu werden und der Interjurassischen Versammlung (AIJ) Vorschläge zur Stellungnahme zu unterbreiten. Im August legten sie eine Liste mit 26 Projekten vor, welche die beiden Kantone oder ihre Regionen gemeinsam durchführen könnten. Es handelt sich dabei insbesondere um die Zusammenlegung von politischen Institutionen und Ämtern (z.B. Gleichstellungsbüro, Jugenddelegierter), sowie um die gemeinsame Führung von Schulen, Spitälern und kulturellen Einrichtungen.

Gemeinsame Projekte der beiden Kantone Bern und Jura
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Die Interjurassische Versammlung (Assemblé interjurassienne) war im Sommer während einigen Monaten durch einen Boykott der Autonomisten gestört. Anlass war die Absicht der bernischen Regierung, ihr bisheriges Prinzip, die bernjurassische Delegation aus den Kantonsparlamentariern der Region zu bilden, aufzulockern und – unter Wahrung des bei den kantonalen Wahlen vom Frühjahr bestätigten Kräfteverhältnisses von drei zu eins zwischen Berntreuen und Autonomisten – rund die Hälfte der Sitze mit Nichtparlamentariern zu besetzen. Während die Berntreuen diesen Entscheid akzeptierten, lehnten die Autonomisten die Ernennung des Gemeindepräsidenten von Moutier, Maxime Zuber, anstelle eines autonomistischen Grossrats ab. Nach Zubers Verzicht beliess die Berner Regierung die autonomistische Delegation unverändert.

Boykott in der Assemblée interjurassienne
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Die 1994 geschaffene und seit Jahresbeginn vom Waadtländer Nationalrat Leuba (lp) präsidierte Interjurassische Versammlung beschloss, sich mit der Frage eines neuen, aus allen sechs Bezirken bestehenden Kantons auseinanderzusetzen. Auch wenn diese Kommission noch keine konkreten Lösungsvorschläge vorzulegen vermochte, könnte sich ihre Arbeit auf das politische Klima positiv auswirken. In diesem Sinne wurde von den Medien auf jeden Fall eine gemeinsame Veranstaltung von Exponenten der beiden Lager gewertet, an der man übereinstimmte, dass die von der bernischen Verfassung gegebenen Möglichkeiten zur Schaffung von regionalen Instanzen mit eigenen Kompetenzen und Finanzmitteln (z.B. im Kulturbereich) besser genutzt werden sollten.

Erste Auseinandersetzung mit einem neuen Kanton von der Assemblée interjurassienne
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

In der französischsprachigen Schweiz machten prominente Politiker mit Vorschlägen über Kantonsfusionen resp. neue, zwischen die Kantone und den Bund eingeschobene Strukturen von sich reden. Der Waadtländer Nationalrat Pidoux (fdp) lancierte die Idee einer Fusion der Kantone Genf und Waadt. Sein Vorschlag stiess aber gerade beim Waadtländer Grossen Rat auf wenig Gegenliebe, wurde doch betont, dass eine enge Zusammenarbeit nicht nur mit Genf, sondern auch mit den Nachbarkantonen im Osten und Norden gepflegt werden müsse. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sich die Regierungen der beiden Kantone gegen eine Fusion aus. Kurz nach Pidoux' Vorstoss schlug der Genfer Regierungsrat Segond (fdp) vor, die sechs mehrheitlich französischsprachigen Kantone ein gemeinsames Parlament und eine Regierung wählen zu lassen, welche die Kompetenz hätten, über grosse Infrastrukturprojekte und überregionale Aufgaben (z.B. Wirtschaftsförderung) zu entscheiden. Einige Kritiker warnten, dass von Segonds Plänen das Aufkommen eines Sprachnationalismus begünstigt würde, welcher sich für den Fortbestand der Schweiz verheerend auswirken könnte. Sie schlugen deshalb den Einbezug des historisch und wirtschaftlich eng mit der übrigen Westschweiz verbundenen Kantons Bern vor.

Genf und Waadt: Kantonale Volksinitiative "Oui à la région" für eine Fusion der beiden Kantone

Die vier Staaten Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Schweiz schlossen am 23. Januar einen "Karlsruher Abkommen" genannten Staatsvertrag ab, welcher die Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Grenzregionen erleichtern soll. Das Vertragsgebiet umfasst Luxemburg, die französischen Regionen Lothringen und Elsass, die deutschen Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie die Kantone Aargau, Basel-Land, Basel-Stadt, Jura und Solothurn. Als wichtigste Neuerung erhalten die Gemeinden dieser Regionen die Kompetenz, ohne vorherige Bewilligung durch übergeordnete Instanzen grenzüberschreitende Zusammenarbeitsverträge abzuschliessen und bereits bestehenden Zweckverbänden beizutreten.

Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Grenzregionen

Als neben Graubünden letzter Grenzkanton hat sich das Tessin mit seinen Nachbarn (den drei italienischen Provinzen Como, Varese und Verbania) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Das Ziel dieses "Regio insubrica" genannten Gremiums ist eine Verstärkung und eine bessere Koordination der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

"Regio insubrica": Arbeitsgemeinschaft des Kantons Tessin mit seinen italienischen Nachbarprovinzen
Dossier: Kantonale Verträge mit dem Ausland

Die im Vorjahr instaurierte Assemblée interjurassiennne tagte regelmässig und beschloss dabei mehrere Resolutionen zuhanden der Regierungen der Kantone Bern und Jura. Die Forderungen betrafen namentlich Fragen der Verkehrsverbindungen und der Kooperation im Tourismusbereich.

Erste Resolutionen der Assemblée interjurassienne bezüglich Verkehr und Tourismus
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Das Parlament stimmte der Beteiligung der Schweiz an INTERREG II, der Fortsetzung eines Gemeinschaftsprogramms der EU zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, zu. Der Beschluss war jedoch umstritten. Einzelne Ständeräte kritisierten nicht die Zusammenarbeit an sich, sondern die Absicht, den Kantonen für Organisation, Vorbereitung und Planung von regionalen Projekten Subventionen auszurichten (die Bundesbeiträge an die Realisierung der konkreten Projekte sind von der Vorlage nicht betroffen). Ein Rückweisungsantrag Schiesser (fdp, GL), mit dem Auftrag an den Bundesrat, lediglich eine Vorlage für die bundesstaatliche Finanzierung von flankierenden Massnahmen (Koordination, Kontaktvermittlung zur EU) auszuarbeiten, blieb mit 23:12 Stimmen in der Minderheit. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Ständerat mit 23:4 Stimmen für das Projekt aus. Zugunsten des Beschlusses hatten sich in der Debatte vor allem die Vertreter der französischsprachigen Kantone eingesetzt. Auch wenn es sich bei den knapp CHF 5 Mio. pro Jahr für die 16 betroffenen Kantone um eine Bagatellsubvention handle, sei ihrer Meinung nach die Zustimmung wichtig, weil sie auch ein Zeichen gegenüber der EU für die Kooperationsbereitschaft der Schweiz darstelle.
Im Nationalrat gesellten sich zu den in der kleinen Kammer geäusserten föderalistischen und finanzpolitischen Bedenken auch noch europapolitische Einwände. Ein von Steffen (sd, ZH) eingebrachter Nichteintretensantrag scheiterte aber deutlich mit 130 zu 23 Stimmen. (Zu den Massnahmen zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsstrukturen siehe hier.)

BRG 94.091: INTERREG II in den Jahren 1995-1999
Dossier: Regionalpolitik (INTERREG und NRP)

Die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn, zu denen sich später auch noch der Jura gesellte, beschlossen, einen "Wirtschaftsraum Mittelland" zu gründen. In diesem Rahmen soll die Zusammenarbeit v.a. im Bildungs-, Wirtschaftsförderungs- und Verkehrsbereich verbessert und administrative Hindernisse zwischen den beteiligten Kantonen abgebaut werden. Davon erhoffen sich die Initianten eine strukturelle und wirtschaftliche Stärkung ihrer Region, welche ihre Chancen im Konkurrenzkampf mit den besser gestellten Wirtschaftszentren Genf/Lausanne und Zürich vergrössern würde. Das Projekt "Wirtschaftsraum Mittelland" fand nicht uneingeschränkte Zustimmung. Regierungsvertreter aus dem Kanton Waadt meldeten ihre Befürchtungen an, dass mit dieser, die Sprachgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit die Solidarität der Romandie geschwächt würde. Eine Beitrittseinladung beantworteten sie ablehnend; immerhin bekundeten sie Interesse, sich an speziellen Projekten zu beteiligen. Einen ähnlich ausgerichteten Zusammenarbeitsvertrag schlossen gegen Jahresende die sechs Innerschweizer Kantone Luzern, Nid- und Obwalden, Schwyz, Uri und Zug ab. (Zur Regionalpolitik siehe hier.)

Espace Mittelland

In der Jurafrage wurde im Berichtsjahr ein wichtiger Schritt zur Versachlichung der Auseinandersetzung eingeleitet. Unter dem Patronat des Bundesrats einigten sich die Regierungen der Kantone Bern und Jura, den Dialog zwischen Vertretern des Kantons Jura und des Berner Juras zu institutionalisieren. Dazu soll eine paritätisch zusammengesetzte und von einer vom Bundesrat bezeichneten neutralen Persönlichkeit präsidierte "Assemblée interjurassienne" geschaffen werden. Dieses Forum soll einerseits über die Zukunft der Region diskutieren und andererseits zuhanden der Kantonsregierungen Vorschläge für eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit entwickeln. Die Entscheidungen dieses Rates müssen sich auf die mehrheitliche Zustimmung in beiden Delegationen stützen. Aus dem Bericht Widmer wurde also die Idee einer gemeinsamen Institution übernommen, nicht aber die Vorgabe, dass der Dialog zu einem Vorschlag für einen Anschluss der drei französischsprachigen Berner Bezirke an den Kanton Jura führen müsse. Beide Seiten hatten Konzessionen gemacht. Bern hatte der These zugestimmt, dass die sechs jurassischen Bezirke gemeinsame Interessen haben. Die jurassische Regierung anerkannte die Gültigkeit der bestehenden Kantonsgrenzen und kündigte an, dass sie das Ausführungsgesetz zur Volksinitiative "Unir", welche den Kampf für eine Wiedervereinigung zu einem prioritären Staatsziel deklariert, zurückziehen werde.
Die Reaktionen fielen in der Presse sehr positiv aus. Weniger eindeutig war das Echo im Jura selbst. Im Berner Jura kritisierte zwar die SVP des Bezirks Moutier die Nachgiebigkeit der Berner Regierung und bemängelte vor allem, dass die bernische Delegation ohne Vertreter der Stadt Biel gebildet werden soll. Die SP und die FDP begrüssten hingegen das Abkommen ebenso wie ihre jurassischen Schwesterparteien und die berntreue "Force démocratique" (FD). Bei der CVP war die jurassische Sektion eher positiv, die bernjurassische zum Teil engagiert negativ eingestellt.
Auf Seite der Autonomisten verurteilte das "Mouvement autonomiste jurassien" (MAJ), die Nachfolgeorganisation der beiden jurassischen Autonomie-Bewegungen "Rassemblement jurassien" und "Unité jurassiennne", die Vereinbarung mit scharfen Worten. Die jurassische Regierung wurde des Verrats bezichtigt, da sie den Berner Jura als nicht per se zum Kanton Jura gehörende Region anerkennen und damit das Ziel einer Wiedervereinigung preisgeben würde. Nach der Zustimmung des jurassischen Parlaments zum Abkommen passte sich das MAJ den neuen Gegebenheiten an - ohne allerdings seine Verratsvorwürfe an die Adresse der jurassischen Regierung zurückzunehmen - und deklarierte, dass es sich in der nächsten Zeit für eine möglichst grosse Autonomie der bernjurassischen Bezirke innerhalb des Kantons Bern einsetzen werde. Diese Autonomie werde dann zwangsläufig zu einer "Befreiung des Südjuras" und einer Wiedervereinigung des gesamten jurassischen Volkes führen. Eine ähnliche Begründung führte der "Bélier" bereits in einer ersten Stellungnahme an: Er begrüsste das Abkommen und gab sich überzeugt, dass sich die Südjurassier in einem Dialog ohne die Anwesenheit deutschbernischer und Bieler Vertreter rasch von den Vorteilen eines Kantonswechsels überzeugen lassen würden. In späteren Äusserungen meldete auch der Bélier Vorbehalte an, allerdings ohne sich gegen die Einsetzung eines Diskussionsforums auszusprechen.
Die bernische Regierung hatte bereits beim Abschluss der Vereinbarung bekanntgegeben, dass die bernjurassische Delegation aus den 12 Kantonsparlamentariern der drei Bezirke Courtelary, Moutier und La Neuveville (darunter drei Autonomisten) gebildet werde. Der Berner Grosse Rat stimmte der Vereinbarung bei lediglich zwei Gegenstimmen aus dem Lager der Autonomisten zu. Die jurassische Regierung beschloss, das Abkommen angesichts seiner grossen politischen Bedeutung ebenfalls vom Parlament ratifizieren zu lassen. Dieses stimmte mit 47:4 Stimmen bei 8 Enthaltungen zu; auf eine Forderung des MAJ nach einer kantonalen Volksabstimmung trat es nicht ein, und das MAJ verzichtete auch auf die Lancierung eines Referendums.
Die eröffnende Sitzung der "Assemblée interjurassienne" fand am 11. November in Moutier (BE) statt; der Bundesrat hatte mit dem Einverständnis der Kantone Bern und Jura alt Bundesrat Felber zum Vorsitzenden ernannt.

Gründung der Assemblée interjurassienne
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Die Botschaft zum Bundesbeschluss über INTERREG II wurde im Oktober vorgestellt. INTERREG ist eine 1991 und 1992 beschlossene Gemeinschaftsinitiative der EU zum Ausbau der Infrastrukturen in den Grenzregionen und zur Förderung der regionalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Die EU stellt in diesem Rahmen Geldmittel für Projekte auf EU-Gebiet zur Verfügung, wenn regionale Körperschaften oder Private mindestens 50% zur Finanzierung beitragen. 14 der 16 schweizerischen Grenzkantone haben sich bisher an derartigen Projekten beteiligt und dabei auch finanzielle Beiträge an Vorhaben im Ausland geleistet. Der Bundesrat schlug in seiner Botschaft zum Nachfolgeprogramm INTERREG II einen Rahmenkredit von CHF 24 Mio. für die Jahre 1995-99 vor, um für die schweizerischen Partner die Voraussetzungen für eine Mitarbeit bei den gemeinsamen grenzüberschreitenden Programmen zu verbessern. Für eine Bundesbeteiligung sprechen nach Ansicht des Bundesrates nicht nur regionalpolitische, sondern - gerade nach der Ablehnung des EWR-Vertrags - auch integrationspolitische Gründe. Subventionieren will der Bund freilich nur die Beteiligung an der Erarbeitung und Umsetzung der gemeinsamen Programme und die Bildung von gemeinsamen administrativen und institutionellen Strukturen, nicht aber die einzelnen Infrastrukturprojekte. Deren Finanzierung ist wie bisher auf der Grundlage der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden sicherzustellen.

BRG 94.091: INTERREG II in den Jahren 1995-1999
Dossier: Regionalpolitik (INTERREG und NRP)

Trotz verschiedentlichem Drängen autonomistischer Organisationen nahm der Bundesrat noch nicht Stellung zum Bericht. Im Dezember kündigte er an, dass er auch zu Beginn des Jahres 1994 seine Konsultationen mit den beiden betroffenen Kantonsregierungen fortsetzen wolle. Einig sei man sich in den bisherigen Treffen über die Notwendigkeit eines Dialog geworden, noch nicht aber über Form und Inhalt dieser Gespräche.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Der beschleunigte Gang der Gesetzgebungstätigkeit im Zusammenhang mit Eurolex und Swisslex und die daraus entstehenden Vollzugsprobleme hatten bei verschiedenen Kantonsregierungen den Wunsch nach einer effizienteren Interessenvertretung gegenüber dem Bundesrat und der Bundesverwaltung hervorgerufen. Zusätzlich zu dem von der Landesregierung im Rahmen der EWR-Vorbereitung geschaffenen Kontaktgremium gründeten sie am 8. Oktober in Bern eine Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Die neue Organisation besteht aus einer Plenarkonferenz, in welche jeder der 26 Kantone und Halbkantone ein Regierungsmitglied abordnen darf, und die mit einem qualifizierten Mehr von 18 Stimmen Beschlüsse fassen und Stellungnahmen abgeben kann. Daneben wird ein "leitender Ausschuss" aus sieben bis neun Regierungsräten gebildet. Im Unterschied zum Kontaktgremium gehört der Bundesrat dieser Organisation nicht an. Er kann jedoch eingeladen werden und die Konferenz um die Traktandierung von Geschäften ersuchen. Die Gründung dieser neue Institution löste nicht nur Freude aus. Der Bundesrat akzeptierte zwar den Beschluss der Kantonsregierungen, sah aber keinen Anlass, sein Kontaktgremium wieder abzuschaffen. Expliziter fiel die Kritik von einigen Ständeräten aus, welche die neue Institution als einen Angriff auf ihre eigene Ratskammer interpretierten.

Gründung der Konferenz der Kantonsregierungen

Die Reaktionen auf den Bericht Widmer fielen sehr unterschiedlich aus. Die Berner Regierung bekundete ihre Enttäuschung, die berntreuen Organisationen des Berner Juras waren empört. Ihre Hauptkritik richtete sich an die Vorgabe, dass der aufzunehmende Dialog, der an sich begrüssenswert sei, einzig auf das Ziel einer Vereinigung ausgerichtet sein soll. Die Force Démocratique (FD) als wichtigste antiseparatistische Organisation machte die Aufnahme eines Dialogs abhängig vom Verzicht des Kantons Jura auf seine "Annexionsgelüste", wie sie insbesondere im Ausführungsgesetz zur Unir-Initiative zum Ausdruck kämen. Unzufrieden mit dem Bericht waren auch die Behörden der Stadt Biel. Sie kritisierten, dass die Konsequenzen der von der Kommission postulierten Abtrennung des mit der Stadt eng verbundenen Berner Juras für die Zukunft ihrer zweisprachigen Stadt nicht analysiert worden seien. Innert weniger Wochen sammelten die Kritiker des Berichts im Berner Jura und in Biel 20'000 Unterschriften für eine Petition an den Bundesrat mit der Aufforderung, den Empfehlungen des Berichts keine Folge zu leisten.
Positiv nahmen die jurassische Regierung, die Behörden der Stadt Moutier und die autonomistischen Organisationen – diese sahen im Bericht den wichtigsten "moralischen Sieg" des Juras seit 1815 – die Ausführungen der Kommission auf und beurteilten sie als realistische Konfliktlösungsvorschläge. Das RJ betonte aber, dass dieser vorgeschlagene Dialog keinesfalls die Begründung einer Kooperation über die bestehenden Kantonsgrenzen zum Ziel haben dürfe, sondern einzig der Vereinigung gewidmet sein müsse. Von den nationalen Parteien kritisierte die FDP den Bericht, während er von der CVP gelobt wurde. Auf lokaler Ebene veröffentlichte die jurassische SP gemeinsam mit der SP und der autonomistischen PSA des Berner Juras eine Stellungnahme, welche die Aufnahme eines Dialogs begrüsst, dabei aber dem von der Kommission Widmer postulierten Ziel einer Vereinigung nicht erste Priorität einräumt.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Am 7. März präsentierte die im Vorjahr vom Bundesrat eingesetzte Konsultativkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Zürcher Stadtpräsidenten Widmer (ldu) ihren Bericht. Sie beurteilte darin die Beibehaltung des Status quo als unhaltbar. Geschichtliche, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren würden für eine Vereinigung der drei bernischen Bezirke mit dem Kanton Jura sprechen. Da zur Zeit rund zwei Drittel der betroffenen Bevölkerung des Berner Juras gegen einen Kantonswechsel sind, soll zuerst eine paritätisch zusammengesetzte und von einem neutralen Vorsitzenden präsidierte Kommission mit Mitgliedern aus dem Kanton Jura und dem Berner Jura einen Dialog aufnehmen. Ziel dieser Gespräche wären die Ausarbeitung von Garantien zugunsten des Berner Juras nach einer Vereinigung mit dem Kanton Jura. Diese Vereinbarung würde dann nach spätestens sieben Jahren den Stimmberechtigten beider Regionen getrennt zur Abstimmung vorgelegt und, im Falle einer Annahme durch beide Körperschaften, zur Gründung eines neuen Kantons führen. Sollte sich dieser Weg nicht durchsetzen, wäre für die Kommission die Gründung eines Halbkantons "Jura-Süd" noch vor einem Autonomiestatut im Kanton Bern die nächstbeste Lösung. Im schlechtesten Fall wäre ein Kantonswechsel der Gemeinden mit autonomistischer Mehrheit ins Auge zu fassen. Für die Gemeinden Vellerat und Ederswiler schlägt die Kommission die sofortige Einleitung eines Verfahrens zum Kantonswechsel vor, hingegen soll sich die mehrheitlich separatistische Gemeinde Moutier bis zum Abschluss des angestrebten Dialogs gedulden.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Das "Institut jurassien des sciences, des lettres et des arts", eine Vereinigung von rund 50 aus dem Jura stammenden Persönlichkeiten, forderte in einer öffentlichen Erklärung noch vor dem Erscheinen des Berichts Widmer beide Seiten zu einem Dialog auf. Dabei dürfe angesichts der unveränderten Opposition der Mehrheit der Bewohner des Berner Juras nicht eine Vereinigung das Ziel sein, sondern die Förderung einer strukturierten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit. Erst wenn sich aufgrund dieser Aktivitäten die gegenseitigen Vorurteile und Animositäten abgebaut hätten, seien weitere Schritte angebracht.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Der Bundesrat konkretisierte seine Ankündigung, im Jurakonflikt vermehrt vermittelnd auftreten zu wollen. Er ernannte eine Konsultativkommission, welcher er die Aufgabe übertrug, die zwischen den Kantonen Jura und Bern hängigen Probleme zu prüfen und Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Dem vom ehemaligen Zürcher Stadtpräsidenten Widmer (Idu) präsidierten Organ gehören die ehemaligen Regierungsräte Bonnard (lp, VD), Blanc (svp, VD), Fontanet (cvp, GE) und Comby (fdp, VS) an. Die beiden ersteren waren vom Kanton Bern, die beiden letzteren vom Kanton Jura vorgeschlagen worden. Von allen wurde diese Kommission freilich nicht akzeptiert. Die probernische Jugendorganisation Sanglier lehnte zuerst ein Treffen mit ihr ab; ihr Vertreter im bernischen Grossen Rat, der Freisinnige Houriet, forderte die Regierung später erfolglos auf, die Zusammenarbeit mit der Kommission abzubrechen. Das Rassemblement jurassien (RJ), der Bélier und die separatistischen Organisationen des Berner Juras machten die Inkraftsetzung des Gesetzes zur Initiative "Unir" zur Vorbedingung für ein Treffen mit der Konsultativkommission.

Ernennung der Konsultativkommission Widmer (1992)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Im Nationalrat verlangte nach dem Entscheid des Bundesgerichts über die Beschwerde des Kantons Jura der Genfer Spielmann (pda), dass zumindest in Gemeinden, die sich in den siebziger Jahren nur mit knappem Mehr für ein Verbleiben bei Bern entschieden hatten, die Abstimmung wiederholt werde. Während Theubet (cvp, JU) den Vorstoss unterstützte, wandte sich Etique (fdp), der andere jurassische Abgeordnete, gegen eine derartige "Salamitaktik", weil diese zwar einigen wenigen Gemeinden den Kantonswechsel gestatten, aber nichts zur Wiedervereinigung aller sechs Bezirke beitragen würde. Daraufhin zog Spielmann seine Motion zurück. Der Bundesrat betonte bei dieser Gelegenheit und auch anlässlich der Beantwortung von zwei Interpellationen Aubry (fdp, BE) (89.704) resp. Rychen (svp, BE) (89.712), dass er grosse Hoffnung auf die von ihm im Vorjahr eingeleiteten Gespräche zwischen den Regierungen der beiden Kantone setze.

Mo. 91.3076: Selbstbestimmungsrecht für das jurassische Volk

Auch der Bundesrat nahm im Berichtsjahr Stellung zur Jurapolitik. Auf Ersuchen der Regierungen Berns und des Juras beauftragte er das EJPD, gemeinsam mit den beiden Regierungen "Gespräche über Stand und Weiterentwicklung der Juraproblematik sowie über Möglichkeiten der Konfliktbewältigung und Entspannung" aufzunehmen. In seiner Antwort auf zwei Interpellationen verurteilte er die 1989 vom jurassischen Parlament verabschiedete Motion für einen kantonalen Beitrag an die Stiftung für die Wiedervereinigung als eine Provokation, welche die Souveränität des Kantons Bern verletze.

Stellungnahme des Bundesrates zur Jurapolitik 1990

La question jurassienne s'est à nouveau révélée riche en péripéties. La recrudescence de l'activité du mouvement autonomiste, les initiatives prises par les communes de Vellerat (BE) et Ederswiler (JU) pour rejoindre le canton de leur choix, le renouvellement des autorités cantonales et communales en ville de Moutier sont autant d'épisodes qui se sont succédé en 1982. Hôte d'un jour du nouveau canton, le Conseil fédéral in corpore a pu se rendre compte combien l'élan visant au rattachement du Jura méridonal au nouvel Etat est encore vivace. La Conseillère nationale Aubry-Moine (prd, BE) a interpellé le Conseil fédéral (80.481) sur l'opportunité d'une telle visite dans un canton qui s'est toujours refusé à se soumettre aux décisions prises à la suite des plébiscites jurassiens. En dépit de ce climat de tensions, les pourparlers ayant trait au partage des biens se sont poursuivis, non sans que certains milieux autonomistes se soient inquiétés du peu d'informations donné à ce jour sur l'état des travaux. Après la conclusion d'une série d'accords en décembre 1981, dix nouvelles conventions ont été paraphées dans le courant de l'année. Au terme de ces tractations, l'Etat bernois devra verser quelques CHF 34 mio., ce qui porte à CHF 210 mio. le montant total des biens et liquidités transférés de Berne à Delémont depuis la création de la République et canton du Jura. Les accords signés portent notamment sur le partage du mobilier et des marchandises de l'ancienne administration cantonale, des avoirs publics et privés, des comptes transitoires, des caisses de compensation AVS et d'allocations familiales.

Keine Beruhigung in der Jurafrage nach den Wahlen 1982 und dem Vermögenstteilungsvertrag
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt