Mit dem gleichzeitigen Rücktritt von Verena Gick (fdp) und Ernst Wohlwend (sp), der 20 Jahre im Amt und seit 2002 auch Stadtpräsident war, mussten in Winterthur Ersatzwahlen sowohl für den siebenköpfigen Stadtrat als auch für das Stadtpräsidium abgehalten werden. Der Kampf um das Präsidialamt, das die SP 2002 erstmals mit Wohlwend in Besitz nehmen konnte, wurde von der CVP angeführt: sie griff mit Polizeivorsteher Michael Künzle an. Die zwei verbliebenen SP-Stadträte – Pearl Pedergnana und Nicolas Galladé – stellten sich für ihre Partei hingegen nicht zur Verfügung, so dass die neu portierte Gemeinderätin Yvonne Beutler nicht nur den vakanten SP-Stadtratssitze, sondern auch das Präsidium verteidigen sollte. Obwohl sie bei den letzten Gesamterneuerungswahlen für den Gemeinderat (Legislative) das beste Resultat erzielt hatte, wurden ihr gegen den amtierenden und über die Parteigrenzen hinaus beliebten Künzle kaum Chancen eingeräumt. Die FDP wollte ihren frei werdenden Sitz mit Barbara Günthard-Maier verteidigen. Drei Parteien ritten einen Angriff auf den Stadtrat: bei der SVP, die ihren vor zehn Jahren verlorenen Sitz zurückerobern wollte, hatte die Kronfavoritin Natalie Rickli früh abgesagt. Die Volkspartei schickte deshalb Kantonsrat René Isler ins Rennen. Die EVP wollte mit Nik Gugger, der bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2010 das absolute Mehr zwar erreicht hatte, als Überzähliger aber ausgeschieden war, und die GLP mit Kantonsrat Michael Zeugin in die Winterthurer Stadtregierung einziehen. Mit einem deutlichen Vorsprung wurde Michael Künzle zum Stadtpräsidenten gewählt. Er konnte mit 15'104 Stimmen fast doppelt so viele Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen als Yvonne Beutler (7'937 Stimmen). Allerdings schaffte die Sozialdemokratin die Verteidigung des SP-Sitzes im Stadtrat ebenfalls klar. Sie übersprang mit 11'892 Stimmen das absolute Mehr als einzige. Die FDP konnte ihren Sitz im ersten Wahlgang hingegen nicht verteidigen: Barbara Günthard-Maier (7'846 Stimmen) lag gar noch hinter Michael Zeugin (7'911 Stimmen). Obwohl René Isler (6'360 Stimmen) noch hinter Nik Gugger (6'393 Stimmen) lag, trat er wie Günthard-Maier und Zeugin noch einmal an. Die Juso schickte den 19jährigen Simon Walter in den zweiten Wahlgang, weil sie eine rein bürgerliche Auswahl verhindern wollte. Es war schliesslich diese Juso-Kandidatur – so wurde jedenfalls in der Presse gemutmasst – die der FDP zur Verteidigung ihres Sitzes verhalf. Im zweiten Wahlgang obsiegte Barbara Günthard-Maier nämlich mit 6'843 Stimmen knapp vor Michael Zeugin (6'587), der wahrscheinlich einige Stimmen an Simon Walter (1'303 Stimmen) verloren hatte. Die SVP mit René Isler (4'786) konnte hingegen nicht in die Entscheidung eingreifen. Die Wahlbeteiligung beim ersten Wahlgang lag mit 42,8% mehr als zehn Prozentpunkte höher als beim zweiten (31,3%), was wohl ein weiterer Erklärungsfaktor für die erfolgreiche Verteidigung des FDP-Sitzes war. Die auffällig hohe Zahl an ungültigen Stimmen im ersten Umgang – rund 13% der Wahlzettel zählten nicht – war darauf zurückzuführen, dass viele Wählerinnen und Wähler Michael Künzle zweimal auf den Wahlzettel aufführten, obwohl er als Amtierender nur für das Präsidialamt, natürlich aber nicht für den Stadtrat antrat.

Ersatzwahl Stadtrat Winterthur 2012
Dossier: Kommunale Wahlen 2012