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Aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils zur Kantonsverfassung des Kantons Schwyz entbrannte im Berichtsjahr in zahlreichen Kantonen eine virulente Diskussion um die kantonalen Wahlverfahren. Die neue Schwyzer Kantonsverfassung sah ein Mischverfahren zwischen Proporz und Majorz vor, welches vom Bundesgericht als nicht bundesverfassungskonform beurteilt wurde, worauf das Parlament den Passus nicht gewährleistete. Der Entscheid zu Schwyz brachte namentlich die Kantone Uri, Nidwalden und Zug in die Bredouille, weil deren Proporzverfahren ebenfalls zu hohe Quoren aufweisen; das Bundesgericht setzte 10% als Höchstgrenze für einen Sitzgewinn an. Zudem geriet – weniger in der juristischen als in der politischen Diskussion – auch das reine Majorzverfahren zusehends in die Kritik. Dieses findet bisher noch in den Kantonen Graubünden, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden Anwendung (mit Ausnahme des Wahlkreises Herisau). Eine Proporzinitiative wurde im Kanton Graubünden Anfang März abgelehnt – zum insgesamt achten Mal verwarf die Bündner Stimmbevölkerung damit den Wechsel von Majorz zu Proporz. Nicht zur Diskussion stand das Wahlrecht in den beiden Appenzell. Als möglicher Ausweg für die gerügten Kantone wurde die Einführung des so genannten doppelten Pukelsheim (Doppelproporz) diskutiert. Dieser war bereits 2013 in drei Kantonen (ZH, AG, SH) eingeführt worden. Das Wahlverfahren nach Pukelsheim sieht vor, dass die Wählerstimmen und Mandate in zwei Schritten verteilt werden, zuerst an die einzelnen Parteien und Gruppierungen über den ganzen Kanton hinweg, und danach mittels Zuteilung der Sitze in den einzelnen Wahlkreisen. Im Berichtjahr stimmte die Bevölkerung des Kantons Nidwalden und des Kantons Zug diesem System an der Urne überraschend deutlich zu. Im Kanton Freiburg liebäugelte die Regierung mit dem doppelten Pukelsheim und gab einen entsprechenden Vorschlag in die Vernehmlassung. Im Kanton Schwyz wird die Bevölkerung voraussichtlich 2015 zwischen Majorz und Pukelsheim wählen können. Auf Ablehnung in den Parlamenten stiess das Doppeltproporzverfahren nach Pukelsheim bisher in den Kantonen Bern, Luzern, Solothurn und St. Gallen. Im Kanton Thurgau hatte die Stimmbevölkerung die Einführung des Verfahrens an der Urne 2011 abgelehnt. In diesen fünf Kantonen werden die Parlamente wie in den meisten übrigen Kantonen (Uri, Obwalden, Glarus, Basel-Landschaft, Wallis, Neuenburg, Genf, Jura) nach dem auch auf nationaler Ebene zur Anwendung kommenden Hagenbach-Bischoff-Verfahren bestellt. Spezialverfahren dazu finden sich in den Kantonen Basel-Stadt (seit 2011 Sainte-Laguë; ein System, das ein leicht anderes Rundungsverfahren als Hagenbach-Bischoff anwendet), Tessin (der ganze Kanton ist hier ein Wahlkreis womit die Verteilung keine Rolle spielt) und Waadt (Hare/Niemeyer-Verfahren, das mit Quoten statt mit Divisoren verfährt). Diskutiert wurden neben dem Wahlverfahren auf kantonaler Ebene auch die Regelungen zu den Listenverbindungen. Die Kantone mit doppeltem Pukelsheim (ZH, NW, ZG, SH, AG) und die Majorzkantone (AR, AI, GR) kennen keine Listenverbindungen (mehr). In den restlichen Kantonen werden Listenverbindungen entweder zugelassen (BE, LU, UR, OW, GL, SO, SG, TG, VD, NE, GE), explizit verboten (FR, VS) oder sie wurden abgeschafft (BS). In den Kantonen Schwyz, Basel-Landschaft, Tessin und Jura schliesslich, sind Listenverbindungen nicht vorgesehen.

Übersicht 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013

Mit der 2012 angenommenen Totalrevision der Genfer Verfassung änderten sich auch einige Regeln für die Wahlen. Zum einen fanden die Wahlen für den Grand Conseil (Legislative) neu gleichzeitig mit den Wahlen für den Conseil d’Etat (Exekutive) statt. Um zu verhindern, dass ein neues Parlament und eine neue Regierung als erstes über das Budget befinden müssen, wird die im Berichtsjahr anlaufende Legislatur nur von November 2013 bis Frühling 2018 dauern, also lediglich viereinhalb Jahre. Ab 2018 sollen die Wahlen für die fünfjährigen Legislaturperioden dann jeweils im Frühling stattfinden. Für die 100 am 6. Oktober neu zu bestellenden Parlamentssitze bewarben sich 476 Personen auf zehn Listen, was eine Rekordzahl an Kandidierenden bedeutete (2009: 390 Kandidierende auf 9 Listen). 33 Bisherige stellten sich nicht mehr zur Verfügung. Die FDP, vor den Neuwahlen mit 31 Sitzen im Grand Conseil vertreten, schickte 81 Kandidierende ins Rennen. Der Freisinn war dank der Fusion mit den Liberalen im Jahr 2011 die stärkste Partei im Genfer Kantonsparlament. Es wurde allerdings erwartet, dass die FDP diese Position nicht würde halten können und Federn lassen müsste. Neun der Bisherigen FDP-Mandatsträger traten nicht mehr an. Bei den Grünen wurde eine Wachstumskrise erwartet: Zwar war die Partei bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2009 zur zweitstärksten Partei aufgestiegen und hatte ihre beiden Regierungssitze halten können, bei den nationalen Wahlen 2011 hatte die GP des Kantons Genf aber eine Niederlage einfahren müssen. Zudem trat auch in Genf erstmals die GLP an, die als starke Konkurrenz der GP betrachtet wurde. Erschwerend hinzu kam der Rücktritt von David Hiler aus der Regierung sowie von einigen Grossräten, die noch der ersten Garde angehört hatten – die GP in Genf wurde 1983 gegründet. Tatsächlich traten nur sechs der 17 bisherigen grünen Parlamentarier noch einmal an, zusammen mit 36 weiteren Bewerberinnen und Bewerbern. Der Mouvement Citoyens Genevois (MCG), nach dem Wahlerfolg von 2009 mit 17 Sitzen drittstärkste Partei im Grand Conseil, trat mit nicht weniger als 99 Kandidierenden an, darunter rund ein Viertel Frauen und alle 17 Bisherigen. Die Frage war, ob die Bewegung ihre Erfolge der letzten kantonalen und nationalen Wahlen würde wiederholen können. Unklar war zudem, ob und wie stark der rechte Schulterschluss mit der SVP von der Stammwählerschaft als taktisches Spiel betrachtet werden und diese vergraulen könnte; immerhin behauptete die Bewegung bisher von sich „ni de gauche, ni de droite“ zu sein. In der Budgetkrise, von welcher der Kanton während Monaten durchgeschüttelt wurde, spannte der MCG allerdings stark mit der SVP zusammen. Die SP, die seit 1997 (20,7%) nur Niederlagen einstecken musste und nach den letzten Wahlen 2009 mit 12,9% Wähleranteil und noch 15 Abgeordneten im Grand Conseil sogar von den Grünen überholt wurde, wollte mit 44 Kandidierenden einen weiteren Rückgang des Wähleranteils verhindern. Die CVP trat an, um ihre elf bisherigen Sitze zu verteidigen. Die mitgliederstärkste Partei im Kanton Genf stagnierte seit einigen Legislaturen bei 10% Wählerstimmenanteil, profitierte aber jeweils von der Entente mit der FDP. Auch für die Regierungswahlen spannten die beiden bürgerlichen Parteien zusammen. Unter den 48 CVP-Kandidierenden sollten auch die beiden Regierungskandidaten Luc Barthassat und Serge Dal Busco als Lokomotiven Stimmen für die Christdemokraten holen. Die SVP, bisher mit neun Sitzen im Parlament vertreten, präsentierte im Vergleich zu den Wahlen 2009 doppelt so viele Kandidierende, nämlich 52. Das Wahlbündnis mit dem MCG, das allerdings nur für die Parlaments- nicht aber für die Regierungsratswahlen beschlossen wurde (siehe unten), sollte der in Genf vergleichsweise schwachen SVP zum Erfolg und zu einem Ausbau der bisher 9 Mandate verhelfen. Ein möglicher Erfolg könnte sich – so wurde in der Presse gemutmasst – auch dank der Präsidentin der Kantonalgenfer SVP und Nationalrätin Céline Amaudruz einstellen, mit der die Partei ein Gesicht bekommen habe. Unter dem Label „Ensemble à Gauche“ trat die extreme Linke mit 51 Kandidierenden aus SolidaritéS, der Partei der Arbeit, Indépendents de Gauche, Défense des Aînés, des Locataires, du Logement et du Social (DAL), La Gauche, Parti Communiste Genevois und Action de Citoyen-ne-s et de Travailleurs-euses En lutte (ACTE) an. 2009 waren die DAL sowie SolidaritéS/PdA noch mit zwei getrennten Listen angetreten, die total zwar 12,3% der Stimmen holten, aufgrund des jeweils verpassten Quorums von 7% aber keinen Sitz gewinnen konnten. Einer vereinigten linken Liste wurden 2013 deshalb Chancen auf eine Rückeroberung eines Parlamentssitzes – seit 2005 war die extreme Linke, die 1993 noch 21 Sitze inne gehabt hatte, nicht mehr im Grand Conseil vertreten – und eine Korrektur der übergrossen bürgerlichen Mehrheit in der Legislative eingeräumt. Drei Parteien traten zum ersten Mal bei Wahlen im Kanton Genf an: die GLP, die BDP und die Piratenpartei. Die GLP schickte 25 Kandidierende ins Rennen, die vom gleichzeitig auch für die Regierung kandidierenden Kantonalpräsidenten Laurent Seydoux als Zugpferd profitieren wollten. Ein Sitzgewinn der Grünliberalen wurde als möglich betrachtet, weil sie bei den Gemeindewahlen von 2011 neun Sitze in den kommunalen Parlamenten erobert hatten. Zudem wurde vermutet, dass zahlreiche mit der Fusion zwischen FDP und LP unzufriedene, ehemalige Liberale ein potentielles Wählersegment für die GLP darstellten. Die 7%-Hürde wurde für die beiden anderen Neulinge als zu hoch betrachtet. Die Piraten stachen mit 17 Kandidierenden in See und auch auf der BDP-Liste figurierten 17 Personen. Aufgrund fehlender Unterstützung durch andere Parteien verzichtete die EVP auf eine Liste. Die hohe Zahl an Kandidierenden auf einzelnen Listen und die Vorschrift, dass alle Listen mit dem gleichen Layout versehen sein müssen, führte zu einer Polemik über die sehr kleine Schriftgrösse auf den Wahlzetteln. Die Presse empfahl den Wählern, die Listen mit einer Lupe auszufüllen, nachdem die Regierung einen Neudruck ablehnte. Als wichtigste Themen im Wahlkampf entpuppten sich die im schweizweiten Vergleich relativ hohe Arbeitslosigkeit im Kanton Genf, die bedrohlichen Finanzaussichten, die Verkehrspolitik und die hohen Mieten. Der MCG versuchte zudem mit seinem zentralen Dauerthema „Grenzgänger“ Stimmung zu machen. Darüber hinaus nutzte die Bewegung den Mordfall „Adeline“, um auf populistische Weise das Thema Sicherheit für sich zu beanspruchen. Weil jede Partei versuchte, mit ihrem Thema zu punkten, kam es relativ selten zu informativen Debatten.

Die Wahlen Anfang Oktober brachten eine Bestätigung des tripolaren Systems aus drei praktisch gleich starken Gruppen: die aus den Entente-Parteien CVP (10,6% Wähleranteil; 2009: 9,9%) und FDP (22,4%; 2009 erreichten die FDP und die LP zusammen 26,3%) bestehende Mitte, ein linker Pol aus Ensemble à Gauche (8,8%; 2009 erreichten die beiden Listen zusammen 12,2%), SP (14,4%; 2009: 12,9%) und Grünen (9,2%; 2009: 15,3%), sowie ein rechter Pol aus MCG (19,2%; 2009: 14,7%) und SVP (10,3%; 2009: 8,6%). Federn lassen mussten insbesondere die FDP (neu: 24 Sitze) und die Grünen (neu: 10 Sitze), die beide je sieben Sitze verloren. Weil Ensemble à Gauche allerdings gleich neun Sitze eroberte und die SP ihre 15 Sitze halten konnte, konnte sich der linke Pol trotz der Ohrfeige für die Grünen leicht auf insgesamt 34 Sitze verbessern. Fünf zusätzliche Sitze eroberte Rechtsaussen: die SVP konnte um 2 Sitze zulegen (neu: 11 Sitze) und der MCG, neu zweitstärkste Partei hinter der FDP, eroberte drei zusätzliche Mandate (neu: 20 Sitze). Rechts blieb damit mit total 31 Sitzen also etwas schwächer als Links. Die Sitzgewinne an den Polen gingen auf Kosten der FDP, die allerdings mit fast einem Viertel aller Sitze im Grand Conseil stärkste Partei blieb. Die Entente hielt insgesamt 35 Sitze, da die CVP ihre elf Sitze verteidigen konnte. Die GLP (3,1% Wähleranteil), die BDP (0,6% Wähleranteil) und die Piraten (1,6% Wähleranteil) verpassten das Quorum deutlich. Für die Zukunft bedeutete die Bestätigung der Dreiteilung weiterhin je nach Thema wechselnde Mehrheiten im Parlament. Allerdings wurden bei transversalen Themen, insbesondere beim Budget, auch nicht auflösbare Blockaden befürchtet. Die Stimmbeteiligung war mit 41,0% etwas höher als 2009 (39,5%). Im neuen Parlament sitzen neu 24 Frauen (24%). Der Frauenanteil war damit zum zweiten Mal hintereinander rückläufig (2005: 31%; 2009: 28%).

Grossratswahlen Genf 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Genf

Die Wahlen für den 115-köpfigen Grand Conseil des Kantons Neuenburg standen etwas im Schatten der Regierungsratswahlen. Da letztere aufgrund eines Todesfalls eines der Kandidierenden um zwei Wochen verschoben wurden, mussten die Wahllisten zwar bis zum 14. April eingeworfen werden, ausgezählt wurde allerdings erst zwei Wochen später, zusammen mit den Regierungsratswahlen. Die Urnen wurden bis dann versiegelt. Zu den Erneuerungswahlen traten insgesamt 483 Kandidierende auf neun Listen an. Die Linke hielt im Parlament eine knappe Mehrheit von 60 Sitzen: die SP war mit 36 Sitzen zweitstärkste Partei, die Grünen hielten 14 Sitze und die PdA zusammen mit SolidaritéS 10 Sitze. Mit dem Ziel, diese Mehrheit zu halten, trat die SP in allen sechs Wahlkreisen mit insgesamt 115 Kandidierenden an. Die vergangene Legislatur sei eine Zeitverschwendung gewesen; die SP wolle nun wieder frischen Wind bringen, Vertrauen schaffen und eine bessere Zukunft für den Kanton aufbauen. Auch die Grünen konnten ihre Listen gut besetzen und schickten 84 Personen ins Rennen. Sie wollten zusammen mit SP und PdA – die drei Parteien präsentierten auch gemeinsam eine Regierungsrats-Kandidatenliste – die Kohabitation aus linker Parlamentsmehrheit und bürgerlicher Regierungsmehrheit sprengen. Die PdA, die sich wie bereits vier Jahre zuvor mit SolidaritéS verband, ging mit 41 Kandidierenden an den Start. Die extreme Linke wollte dabei auch eine Alternative zur SP sein, da die Sozialdemokraten in der Regierung zu häufig Kompromisse mit der Rechten eingegangen seien. Die FDP strebte die Eroberung einer rechtsbürgerlichen Vormacht im Parlament und die Verteidigung der Regierungsmehrheit an. Für die Grossratswahlen schickte die mit 41 Sitzen stärkste Partei in der Legislative 97 Kandidierende ins Rennen. Die Freisinnigen fokussierten in ihrem Wahlkampf auf die Sanierung der Kantonsfinanzen. Der Kanton dürfe nicht weiter über seine Verhältnisse leben. Zusammen mit den 14 Sitzen der SVP war die Rechte knapp in der Minderheit. Um dies zu ändern, trat die SVP mit 36 Kandidierenden in allen sechs Wahlkreisen an. Die Volkspartei erhoffte sich Schwung durch ihren Regierungsratskandidaten Yvan Perrin und machte sich für die Streichung von Sozialleistungen, die Gesundung der Kantonsfinanzen und eine Quellenbesteuerung von Grenzgängern stark. Neben den fünf arrivierten Parteien traten die CVP, die im Kanton Neuenburg eine marginale Rolle spielt und die hohe 10%-Hürde bei den letzten Wahlen jeweils verpasst hatte, und neu die BDP und die GLP an. Die Grünliberalen strebten mit 55 Kandidierenden Fraktionsstärke (5 Sitze) an. Die Ziele der BDP, die mit 12 Personen antrat und der CVP, die 34 Kandidierende ins Rennen schickte, waren etwas bescheidener: einen bis drei Sitze erobern. Die CVP, die vor allem ihre Familienpolitik hervorhob, wollte ursprünglich mit 36 Kandidierenden starten, musste aber zwei Personen streichen, die nicht im Besitz der Schweizer Staatsbürgerschaft waren. Seit einer 2007 von der SVP gewonnenen Referendumsabstimmung wurde der ausländischen Wohnbevölkerung von Neuenburg das passive Wahlrecht wieder verwehrt. Dieses war ihnen vorher gemeinsam mit dem 2013 weiterhin bestehenden aktiven Wahlrecht zugestanden worden. Die BDP wollte sich für mehr Sicherheit einsetzen und ging dazu ein Wahlbündnis mit CVP, GLP und FDP ein. Die neunte Liste, die Nouveau Parti Libéral (NPL), portierte neun Personen, die vorwiegend in La Chaux-de-Fonds und zwei weiteren Wahlkreisen antraten. Die NPL wurde vom 2011 aus der Regierung geschassten Frédéric Hainard gegründet, der sich selber auch zur Wahl stellte, was von einigen Politikern mit wenig Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde. Die neue Partei ging mit der SVP ein Listenbündnis ein.
Die Urnen für die Grossratswahlen wurden zwei Wochen nach dem Wahltermin entsiegelt und brachten eine Verschiebung nach Mitte-Rechts zum Vorschein. Die Linke musste Federn lassen, die Rechte stagnierte und in der Mitte mischten zwei neue Parteien mit, die GLP und die CVP. Die SP (26,5% Wähleranteil; 2009: 28,2%) büsste drei Sitze ein (neu 33 Sitze), die Grünen (11,2%; 2009: 12,6%) mussten zwei Sitzverluste (neu 12 Sitze) hinnehmen und die Allianz zwischen PdA und SolidaritéS (7,6%; 2009: 8,5%) verlor einen Sitz (neu 9 Sitze). Damit kam die Linke insgesamt noch auf 54 von 115 Sitzen. Die Rechte, bestehend aus FDP und SVP konnte die gesamthaft 61 Sitze halten, wobei sich allerdings Verschiebungen innerhalb des Lagers zeigten. Die FDP (28,7% Wähleranteil; 2009: 33,2%) musste auf sechs Sitze verzichten (neu: 35 Sitze) und die SVP (16,9%; 2009: 12,7%) legte um sechs Sitze zu (neu 20 Sitze). Sie überholte damit die Grünen als drittstärkste Partei. Ihr Regierungskandidat Yvan Perrin fungierte dabei wie erhofft als Lokomotive und holte in seinem Distrikt (Val-de-Travers) die meisten Stimmen. Ein weiterer Grundstein für den Erfolg sei auch gewesen, dass die SVP als einzige Partei die S-Bahn-Linie „Trans-Run“ abgelehnt habe, spekulierten die Medien. Neu ins Parlament zogen die GLP und die CVP ein. Dass die GLP, die erst seit wenigen Monaten im Kanton Neuenburg existierte, gleich fünf Sitze und 4,8% der Wählerschaft für sich gewinnen konnte, wurde als grosse Überraschung gewertet. Weil zwei Kandidierende der GLP genau die gleiche Anzahl Stimmen erhalten hatten, musste das Los entscheiden, wer als fünfter Kandidat in den Grossrat einzog. Auch für die CVP war der Sitzgewinn ein Erfolg, der allerdings vor allem der eingegangenen Listenverbindung und weniger dem leichten Wählerstimmenzuwachs zugeschrieben werden muss (2,7%; 2009: 3,2%); die im Kanton Neuenburg vorhandene 10%-Hürde gilt auch als übersprungen, wenn die verbundenen Listen zusammen über 20% Wähleranteile aufweisen. Mit diesem Sitzgewinn war die CVP erstmals in allen kantonalen Parlamenten der Schweiz vertreten. Keine Chance hatten die BDP (0,8%) und die NPL (0,8%) – trotz Listenverbindungen. In Zukunft dürfte der Grossrat im Kanton Neuenburg tripolar funktionieren. Erwartet wurde, dass die beiden neuen Parteien GLP und CVP, obwohl sie zusammen nur über sechs Sitze verfügen, im 115-köpfigen Grand Conseil Schiedsrichter und Zünglein an der Waage zwischen Links (54 Sitze) und Rechts (55 Sitze) spielen würden. Die bisherige Kohabitation zwischen linker Mehrheit im Parlament und bürgerlicher Mehrheit im Staatsrat kehrte sich im Berichtsjahr um, weil die Linke neu die Mehrheit in der Exekutive stellte (siehe unten). Der Frauenanteil hatte wie bereits 2009 (26,1%) erneut abgenommen: Nach den Erneuerungswahlen von 2013 sassen noch 26 Frauen im Grand Conseil (22,6%). Zu reden gab die tiefe Stimmbeteiligung von 30,8%. Eine Abgeordnete der SolidaritéS warf die Frage auf, ob das Parlament damit überhaupt noch über genügend Legitimation verfüge. In der Presse wurde eine bessere politische Bildung gefordert, damit Interesse und Verantwortungsgefühl wieder gesteigert werden können. Zum ersten Mal durften rund 25 000 der 133 000 Wahlberechtigten im Kanton Neuenburg auch elektronisch wählen. Von diesem Angebot machten allerdings nur rund 4 500 Personen Gebrauch (18%).

Grossratswahlen Neuenburg 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Neuenburg

Für die Gesamterneuerung des 100-köpfigen Kantonsrats im Kanton Solothurn konnten die Wahlberechtigten aus 447 Personen auf sieben bis neun Listen (abhängig von der Grösse des Wahlbezirkes, im Kanton Solothurn Amtei genannt) auswählen. Das waren genau gleich viele Kandidierende wie bei den Wahlen vor vier Jahren, wobei allerdings etwas weniger Frauen (130) antraten als noch 2009 (135). 23 aktuelle Mitglieder des Kantonsrates kandidierten nicht mehr für eine weitere Amtsperiode. Die FDP war vor den Wahlen mit 27 Sitzen die stärkste Partei im traditionell freisinnig geprägten Parlament. Allerdings musste die Solothurner FDP in den letzten Jahren einige Dämpfer einstecken. So wurde etwa bei den Ständeratswahlen 2011 erstmals in der Geschichte kein Freisinniger Kantonsvertreter gewählt und der Sitzanteil im kantonalen Parlament nahm seit Jahren kontinuierlich ab. Hinzu stellte die FDP eine im Vergleich zu den Vorwahlen eher geringe Kandidatenzahl von 68 Personen, die vor allem mit Finanz- und Sicherheitspolitik punkten sollten. Ursächlich für das freisinnige Schwächeln war, wie in anderen Kantonen auch, das Erstarken der SVP, die vor den Wahlen 18 Sitze innehatte und mit 57 Kandidierenden zulegen wollte. Die Volkspartei warb damit, die Partei für Freiheit und Sicherheit zu sein. Die Konkurrenz der beiden rechts-bürgerlichen Parteien zeigte sich auch darin, dass sie keine gemeinsame Listenverbindung eingingen, obwohl auch im Kanton Solothurn das Gerangel in der politischen Mitte zunahm. Die erstmals bei kantonalen Wahlen antretende BDP, die GLP (bisher 2 Sitze) und die CVP (25 Sitze) gingen eine Wahlallianz ein. Diese Mitteallianz wurde insbesondere von der CVP getragen, die mit 71 Kandidierenden antrat und vor allem auf Familienpolitik setzte. Die BDP (16 Kandidierende) und die GLP (47 Kandidierende) traten zwar auch in allen Amteien, aber eher als Juniorpartner an. Interessant war, dass sich die BDP, die sich als neue Kraft anpries, bei den nationalen Wahlen in Solothurn noch mit der FDP verbunden hatte. Die über einen Legislativsitz verfügende EVP, die in zwei Amteien insgesamt 24 Personen ins Rennen schickte, trat im einen (Solothurn-Lebern) zusammen mit dem Mitte-Bündnis an, im anderen (Olten-Gösgen) alleine. Das linke Spektrum wird im Kanton Solothurn von der SP (bisher 21 Sitze) und den Grünen (bisher 6 Sitze) abgedeckt, ist aber deutlich in der Minderheit. Beide Parteien verbanden sich in allen Amteien. Die SP konnte ihre Listen am besten, nämlich mit 93 Kandidierenden, füllen. Dieser Umstand war vor allem auf die engagierte Jungpartei der Sozialdemokraten zurückzuführen. Die SP übernahm den Slogan der Nationalratswahlen von 2011, als sie ihren Sitz erfolgreich verteidigen konnte: „Für alle statt für wenige“. Die GP, auch sie trat mit Jungsektionen an und setzte vor allem auf Energie- und Siedlungspolitik, schickte 65 Personen ins Rennen. Sitze erobern wollte auch die EDU, die zwar 2009 erfolglos angetreten war, für die Wahlen 2013 jedoch sechs Kandidierende aufstellte. Allgemein wurden keine grossen Sitzverschiebungen erwartet. Aufgrund der Ergebnisse bei den Nationalratswahlen 2011 stellte sich allerdings die Frage, ob und wie viele Sitze die GLP und die BDP erringen könnten und auf wessen Kosten.
Tatsächlich zeigte sich auch bei den Solothurner Wahlen die seit den Nationalratswahlen 2011 in den meisten Kantonen festzustellende Entwicklung: einige der arrivierten Parteien verlieren zu Gunsten der neuen Mitteparteien an Sitzen. In Solothurn traf es dabei vor allem die CVP, die drei Sitze abgeben (neu: 22 Sitze) und einen Wählerverlust hinnehmen musste (neu: 18,4%; 2009: 20,8%). Die Christdemokraten führten die Verluste auch auf den Umstand zurück, dass von 23 zurücktretenden Grossräten deren zehn der CVP angehörten. Einen Sitzverlust musste auch die FDP verkraften, die sich allerdings mit neu 26 Sitzen und einem Wähleranteil von 24,8% (2009: 26,8%) als wählerstärkste Partei in der Solothurner Legislative halten konnte. Erstmals in ihrer Geschichte vereinigte sie jedoch weniger als einen Viertel der Wählerschaft hinter sich. Etwas überraschend verlor auch die SP zwei Sitze. Insgeheim hatten die Genossinnen und Genossen gehofft, dass die gleichzeitig stattfindende Abstimmung zur Abzockerinitiative viele linke Wählerinnen und Wähler mobilisieren würde. Der Wähleranteil der SP sank allerdings zum dritten Mal in Folge ab. Neu konnten die Sozialdemokraten noch 19,1% der Solothurner Wählerschaft für sich mobilisieren (2009: 20,7%), was für 19 Parlamentssitze reichte. Damit hatte die SP genau gleich viele Sitze wie die SVP, die einen Sitz erobern (neu: 19 Sitze), leicht an Wählerstärke zulegen (20,2%; 2009: 19,4%) und diesbezüglich die SP überflügeln konnte. Im linken Lager veränderte sich allerdings nur wenig, weil der SP-Verlust durch einen Sitzgewinn der Grünen kompensiert wurde, die in der Wählergunst um 1,2 Prozentpunkte zulegen konnten (7,7%) und neu mit sieben Mandatsträgern vertreten waren. Zu den Gewinnerinnen zählten dank der Listenverbindung in der Mitte auch die BDP (neu: 2 Sitze) und die GLP (neu 4 Sitze), die je zwei Sitzgewinne für sich verbuchen konnten. Die neu angetretene BDP konnte dabei auf Anhieb 2,9% der Wählerschaft von sich überzeugen. Die GLP erreichte ihr Ziel der Fraktionsstärke nicht, konnte aber ebenfalls an Wählerstärke zulegen (5,3%; 2009: 3,7%). Die EVP konnte trotz leichten Wählerverlusten (1,4%; 2009: 1,8%) ihren Sitz verteidigen. Die vier Mitte-Parteien schlossen sich in der Folge im Rat zu einer Fraktion zusammen. Die EDU (0,4%) hatte erwartungsgemäss keine Chance auf einen Sitzgewinn. Nach der rekordtiefen Beteiligung bei den Wahlen 2009 (36,8%) nahmen 2013 wieder 43,3% der Solothurner Bevölkerung ihr Wahlrecht wahr. Aufgrund von Rücktritten und Nichtwiederwahl von älteren Ratsmitgliedern sank das Durchschnittsalter von 55 auf 48 Jahre. Zugenommen hat hingegen der Frauenanteil von 26% auf 30%.

Kantonsratswahlen Solothurn 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Solothurn

Im Kanton Wallis traten in den 14 Wahlbezirken insgesamt 249 Kandidierende an. Die zentrale Frage war, ob die CVP und die CSP ihre bisherige Mehrheit im 130-köpfigen Grossen Rat würden halten können. Die Nationalratswahlen 2011 hatten gezeigt, dass die Christdemokraten im Kanton Wallis sowohl von links als auch von rechts bedrängt werden. Die C-Parteien verfügten vor den Wahlen zusammen über 68 Sitze, wobei die CVP 54 Mandatsträger nach Sion schickte und in allen 14 Wahlbezirken mit insgesamt 67 Kandidierenden antrat. Die CVP hatte insbesondere im Oberwallis viele Zurückgetretene zu ersetzen. Die CSP (bisher 14 Sitze) trat in sechs Bezirken alleine an. Dort schickte sie 19 Kandidierende ins Rennen. Die FDP trat in neun Wahlkreisen mit 37 Personen an, um ihre 28 Sitze zu verteidigen; im Gegensatz zu 2009 kandidierte der Freisinn im Oberwallis allerdings nur noch im Wahlkreis Visp. Insbesondere die SVP plante einen Angriff auf die Hegemonie der C-Parteien mit dem Ziel, die seit 1999 sukzessive eroberten 12 Sitze weiter auszubauen. Ausser in zwei Kleinstbezirken trat die Volkspartei im ganzen Kanton – in vier Wahlkreisen zusammen mit den „Freien Wählern“ – mit dem insgesamt grössten Kandidatenensemble von 70 Personen an. Die SVP konnte dabei auf ihr für den Regierungsrat antretendes Zugpferd Oskar Freysinger setzen (siehe unten). Die Linke wollte die insgesamt 22 Mandate mit unterschiedlichen Listen in den verschiedenen Wahlkreisen ausbauen. Die SP trat in drei Bezirken (Conthey, Hérens und Monthey) alleine, in Visp mit ihrer Jungpartei und Gewerkschaften, in Brig zusätzlich mit den Grünen und in Leuk mit Unabhängigen an. In Sion und St. Maurice kandidierte eine „Alliance“ aus SP und CSP. Insgesamt wurden in diesen sieben Bezirken 29 Personen mit Bezug zur SP gelistet. Die Sozialdemokraten traten in Martigny und Sierre zudem auch unter dem Label Alliance de Gauche (AdG) zusammen mit der CSP und der GP an. 14 Personen warben auf diesen Listen um die Gunst der Wählerschaft. Die Grünen verbanden sich nicht überall mit der SP, sondern traten in drei Bezirken (Conthey, Monthey und Sion) alleine mit 8 Kandidierenden an. Vor vier Jahren war die GP lediglich in einem Bezirk alleine angetreten. Eine ebenfalls dem linken Lager zuzuordnende parochiale Vereinigung unter dem Namen Entremont Autrement schickte im Bezirk Entremont fünf Kandidierende ins Rennen. Im Gegensatz zu 2009 traten die Piratenpartei und die alternative Linke nicht mehr an. Im gleichen Wahlkreis kam es vor, dass mehrere Kandidierende mit gleichem Namen (also gleichem Vor- und Nachnamen) antraten. Die Wählerschaft war deshalb aufgefordert worden, die Listennummer und/oder den Beruf der gewählten Politiker/innen ebenfalls auf dem Wahlzettel zu vermerken. Die Grossratswahlen standen deutlich im Schatten der Regierungswahlen, die zu einem Zweikampf zwischen Christian Varone (fdp) und Oskar Freysinger (svp) hochstilisiert wurden (siehe unten). Darüber hinaus fand am 3. März die für den Kanton Wallis bedeutende Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG) statt. Der Wahlkampf für den Grossen Rat war deshalb unaufgeregt.

Nicht wenige Kommentare nach den Wahlen liessen vermuten, dass besagte Abstimmung zum RPG mitverantwortlich war für den Wahlausgang und die ausserordentlich hohe Wahlbeteiligung von 68,2% (2009: 54,6%). Der Verlust der CVP von fünf Sitzen wurde denn auch darauf zurückgeführt, dass sich die CVP-Bundesrätin Doris Leuthard stark für die Revision des RPG eingesetzt hatte. Allerdings büsste auch die CSP zwei Sitze ein. Mit neu noch 61 Sitzen verfügten die C-Parteien damit zwar nach 150 Jahren erstmals nicht mehr über eine absolute Mehrheit im Grossen Rat, blieben aber nach wie vor mit Abstand stärkste Kraft. Insgesamt erhielten sie 41,6% der Wählerstimmen (2009: 48,5%). Von den Verlusten der CVP (neu 49 Sitze) und der CSP (neu 12 Sitze) profitierte die SVP, die gleich um neun Sitze (neu 21 Sitze) und um fast sechs Prozentpunkte an Wählerstärke zulegte (neu: 17,2%; 2009: 11,5%). Die FDP konnte ihre 28 Mandate verteidigen und an Wählerstärke sogar leicht zulegen (neu: 24,6%; 2009: 22,3%). Die Linke hingegen büsste insgesamt zwei Sitze ein: die AdG musste drei Sitze abgeben, während die Entremont Autrement neu einen Vertreter in den grossen Rat schicken konnte. Dort wo SP (4 Sitze) und Grüne (2 Sitze) alleine antraten, konnten sie ihre Besitzstände wahren. Insgesamt verfügte die Linke damit insgesamt über weniger Rückhalt in der Wählerschaft (16,6%) als noch vor vier Jahren (17,7%). Trotz Bruch mit der CVP-CSP-Hegemonie, wurden keine grossen politischen Veränderungen erwartet. Kommentatoren interpretierten die (verloren gegangene) absolute Mehrheit der C-Parteien als lediglich symbolisch, weil zahlreiche Geschäfte sowieso von einer erdrückenden bürgerlichen Mehrheit unterstützt werden würden. Bedeutender seien im Parlament von je her die regionalpolitischen Unterschiede, die sich nicht selten quer durch die Fraktionen zeigen. Insgesamt hatte der Grosse Rat einen leichten Rechtsrutsch zu verzeichnen. Darüber hinaus wies das Parlament auch ein höheres Durchschnittsalter als vor vier Jahren auf. Waren die Gewählten 2009 im Schnitt noch 43 Jahre alt gewesen, wiesen die 2013 neu bestellten Mandatsträger ein mittleres Alter von 48 Jahren auf. Der Frauenanteil nahm hingegen deutlich ab. Waren 2009 noch 28 Sitze von Frauen besetzt (21,5%) nahmen ab 2013 lediglich noch 20 Frauen Einsitz im kantonalen Parlament (15,3%). Ein weiterer augenfälliger Unterschied zu den Wahlen 2009 zeigte sich hinsichtlich der Fluktuation. Waren 2009 nicht weniger als 53% der Gewählten neu im Parlament, betrug dieser Anteil 2013 noch 29%.

Grossratswahlen Wallis 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Wallis

Im Berichtsjahr fanden in vier Kantonen Gesamterneuerungswahlen statt. Während sich in Genf, Neuenburg und Solothurn der seit den nationalen Wahlen beobachtbare Trend hin zu einem tripolaren System mit Gewinnen für die so genannte neue Mitte mehr oder weniger bestätigte, wurde im Kanton Wallis die historische Vormachtstellung der CVP zugunsten der SVP gebrochen. Alle vier Wahlen zusammen betrachtet, fallen insbesondere die total 18 Sitzgewinne der SVP ins Auge. Vor allem in den Kantonen Wallis (+ 9 Sitze) und Neuenburg (+ 6 Sitze) konnte die Volkspartei nicht nur einen Zuwachs an Wählerprozenten sondern auch eine zusätzliche Regierungsbeteiligung als Grosserfolg verbuchen (siehe dazu auch unten, Wahlen in kantonale Regierungen). Auch die GLP konnte sich als Siegerin feiern lassen. Im Kanton Solothurn konnten die Grünliberalen ihre Sitzzahl auf 4 verdoppeln und in Neuenburg errangen sie auf Anhieb fünf Mandate. Im Kanton Genf reichte der Wähleranteil von 3% nicht für einen Sitz und im Wallis war die GLP nicht angetreten. Der Erfolg der BDP fiel bescheidener aus: Zwar erreichte die Partei weder in Genf noch in Neuenburg mehr als 1% der Wählerschaft, konnte aber in Solothurn, wo sie ebenfalls zum ersten Mal antrat, zwei Sitze verbuchen. Auch die BDP verzichtete im Kanton Wallis auf eine Teilnahme. Herbe Verluste, insbesondere in den Kantonen Neuenburg und Genf musste 2013 die FDP hinnehmen. Insgesamt gaben die Freisinnigen im Berichtjahr nicht weniger als 14 Parlamentssitze ab. Immerhin konnten sie im Kanton Wallis ihre Sitzzahl halten und blieben in den anderen drei (NE, GE, SO) Kantonen stärkste Partei. Im Wallis verfügte die CVP – zusammen mit der CSP – nach den Wahlen 2013 zum ersten Mal nicht mehr über die absolute Mehrheit. Die Christdemokraten büssten sieben Sitze ein und mussten auch im Kanton Solothurn Federn lassen (- 3 Sitze). In Neuenburg gelang der CVP dank geschickter Listenverbindung der Gewinn eines Sitzes, was gleichzeitig bedeutete, dass die Partei erstmals in allen kantonalen Parlamenten der Schweiz vertreten war. In schlechter Erinnerung wird die Linke das Berichtjahr behalten. Die SP verlor insgesamt acht Mandate: je drei in den Kantonen Wallis und Neuenburg und zwei im Kanton Solothurn. Auch die Grünen büssten per Saldo acht Sitze ein, sieben davon alleine im Kanton Genf. Auch die zwei Sitzverluste im Kanton Neuenburg konnten durch den Sitzgewinn im Kanton Solothurn nicht wettgemacht werden. Freilich täuscht diese gesamthafte Betrachtung der Jahresresultate über den Umstand hinweg, dass kantonale Wahlen eigene Kontexte haben. Dies zeigt sich exemplarisch im Kanton Genf, wo der Mouvement Citoyen Genevois (MCG) erneut grosse Erfolge feiern konnte und neu nicht nur über 20 Mandate verfügte, sondern auch zweitstärkste Legislativkraft und Regierungspartei wurde. Die SP und die GP mussten im Kanton Genf zwar Sitzverluste hinnehmen, der Erfolg von Ensemble à Gauche (EaG) – die vereinigte extreme Linke eroberte neun Sitze – machte diese aber mehr als wett.

Die Betrachtung aller 26 kantonalen Parlamente Ende 2013 zeigt, dass die SVP mit den Sitzgewinnen ihre Spitzenposition hinsichtlich der aggregierten kantonalen Volksvertretung noch weiter ausbauen konnte: 562 aller 2559 kantonalen Parlamentsmandate (exklusive AI), also mehr als jeder fünfte Sitz, werden von SVP-Politikerinnen und Politikern besetzt. Die zweitstärkste Vertretung stellt die FDP, die Ende 2013 noch 530 kantonale Sitze inne hatte (20,7%). Die CVP mit total 460 Legislativmandaten auf Kantonsebene (18%) und die SP mit 452 kantonalen Parlamentssitzen (17,7%) sind etwas weniger stark vertreten. Die GP ist mit einem Anteil von 7,2% aller kantonalen Sitze (183 Sitze) bereits etwas abgeschlagen von den grossen vier. Die BDP (88 Sitze; 3,4%) und die GLP (78 Sitze; 3,0%) verfügten Ende 2013 zusammen immer noch über weniger Mandate als die GP. Die in zehn Kantonen vertretene EVP, die im Berichtsjahr ihren Sitz im Kanton Solothurn verteidigen konnte, ist mit 38 Mandaten die achtstärkste Partei auf kantonaler Ebene, gefolgt von der alternativen Linken, die – in unterschiedlicher Zusammensetzung – insgesamt über 28 Sitze verfügt, die sie vor allem in der Westschweiz hält. Die noch in fünf Kantonen vertretene EDU hat insgesamt 20 kantonale Legislativmandate inne. Verschiedene kantonale Gruppierungen – etwa die Lega im Tessin, der MCG in Genf oder die Parteiunabhängigen im Kanton Appenzell Ausserrhoden – belegen insgesamt 110 Sitze (Bei den Angaben berücksichtigt sind die Sitzverteilungen unmittelbar nach den jeweiligen kantonalen Wahlen; Verschiebungen während den Legislaturen, z.B. aufgrund von Parteiwechseln - wie etwa im Kanton Freiburg, wo 2 BDP Grossräte zur CVP wechselten - fliessen also nicht in die Berechnungen mit ein).

Der Trend abnehmender Frauenquoten in den kantonalen Parlamenten setzte sich auch 2013 fort. Im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren nahm der Frauenanteil in drei der vier kantonalen Parlamenten, die 2013 gesamterneuert wurden, ab. In Genf und Neuenburg verloren die Frauen je vier und im Wallis gar acht Sitze. Während sich im Walliser Grossrat gleichzeitig auch das Durchschnittsalter erhöhte, wurde im Kanton Solothurn das mittlere Alter der Abgeordneten tiefer. Zudem erhöhte sich hier auch der Frauenanteil um 4 Sitze. Ende 2013 betrug der Frauenanteil in allen Kantonen zusammen – wobei nur die jeweiligen Resultate unmittelbar nach den Wahlen berücksichtigt werden - 24,6%, gegenüber 25,3% im Jahr 2011 und 25,1% im Vorjahr.

Die Wahlbeteiligung hat in drei der vier Kantone, in welchen 2013 Gesamterneuerungswahlen stattfanden, im Vergleich zu den Vorwahlen zugenommen. Auffällig war der Anstieg vor allem im Kanton Wallis, wo über zwei Drittel der Wahlberechtigten an die Urne ging. Dies wurde allerdings auch auf die gleichzeitig stattfindende Abstimmung zum Raumplanungsgesetz zurückgeführt. Im Gegensatz dazu nahm im Kanton Neuenburg nicht einmal mehr ein Drittel der BürgerInnen das Wahlrecht wahr. Die tiefe und im Vergleich zu 2009 noch einmal gesunkene Wahlbeteiligung von nur knapp 31% gab im Kanton zu reden. Zwar konnte sie zumindest teilweise durch strukturelle und politische Probleme erklärt werden, trotzdem wurden Stimmen laut, die gar die Legitimation des Neuenburger Parlamentes hinterfragten.

Übersicht 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013

Die Grossratswahlen 2012 fanden auf der Basis eines neuen Wahlregimes statt. Das Baselstädter Parlament hatte 2011 beschlossen, die Sitzverteilung nicht mehr nach dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren sondern nach dem Sainte-Laguë-Prinzip vorzunehmen. Damit verbunden waren die Abschaffung der Möglichkeit von Listenverbindungen sowie die Einführung einer neuen Wahlhürdenregelung. Galt bisher das Überschreiten von fünf Prozent in wenigstens einem der fünf Wahlkreisen als Bedingung für die Berücksichtigung bei der Sitzverteilung in allen Wahlkreisen, so erhielt eine Partei ab den Gesamterneuerungswahlen 2102 nur noch in jenen Wahlkreisen Sitze, in denen sie vier Prozent überspringt (ohne Erfordernis der Überschreitung von fünf Prozent in mindestens einem Wahlkreis). Noch während der Legislatur vor den Wahlen 2012 war es zwischen den neun im Grossen Rat vertretenen Parteien zu einigen Verschiebungen gekommen. Die SVP (nach den Wahlen 2008: 14 Mandate) hatte 2009 Zuwachs gekriegt, weil der EVP-Präsident und Grossrat Heinrich Ueberwasser in die Volkspartei übergetreten war, verlor aber kurz vor den Wahlen im April 2012 wieder ein Mandat durch einen Übertritt von Grossrat Felix Meier in die CVP. Die SVP hatte vor den Wahlen also 14 Grossratsmandate inne. Die EVP (2008: 4 Mandate) hatte entsprechend drei Sitze zu verteidigen und die CVP neun Mandate (2008: 8 Sitze). Auch zwischen der FDP (2008: 11 Sitze) und der GLP (2008: 5 Sitze) war es zu Verschiebungen gekommen. 2010 wechselte Emmanuel Ullmann von der FDP zur GLP (vor den Wahlen 6 Sitze). Der Verlust der FDP wurde allerdings noch kurz vor den Wahlen durch einen Übertritt von Peter Bochsler wieder kompensiert. Bochsler trat von der 2009 aufgelösten Demokratisch-Sozialen-Partei (DSP), einer 1986 gegründeten rechten Abspaltung der SP, in die FDP über, die vor den Wahlen damit also 11 Mandate innehatte. Ebenfalls noch vor den Wahlen von der Auflösung der DSP profitieren konnte die Liberal-Demokratische Partei (LP, 2008: 9 Sitze), die im Kanton Basel-Stadt weiterhin nicht mit der FDP fusionieren will: Felix Eymann trat von der DSP in die LP über, die damit vor den Wahlen 2012 zehn Grossratssitze besetzte. Keine Wechsel gab es in der SP (32 Sitze) und in der GP (bzw. Grünes Bündnis; 13 Sitze). Ebenfalls im Grossrat vertreten war die 2002 gegründete Vereinigung „Aktives Bettingen“. Neben diesen neun amtierenden Parteien traten die EDU, die BDP (im Kanton Basel-Stadt erst 2011 gegründet), die Piratenpartei und die „Volksaktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat (VA)“ an, eine Gruppierung um den ehemaligen NA-Grossrat Eric Weber. Weitere kleinere Gruppierungen, wie „freistaat unteres kleinbasel (fuk)“, „Für Basel“ oder „Deine Wahl“ versuchten ebenfalls, Sitze im Grossen Rat zu erobern. Im Einerwahlkreis Bettingen kämpfte der Bisherige Vertreter von „Aktives Bettingen“ gegen einen Herausforderer von „Neues Bettingen“ um den einzigen Sitz. Im Wahlkampf machten die Bürgerlichen mobil gegen die rot-grüne Regierung. Mindestziel war es, die knappe bürgerliche Mehrheit im Parlament zu halten. Die SP hingegen wollte mit bekannten Persönlichkeiten und einem im Gegensatz zu den Bürgerlichen hohen Frauenanteil die Schlappe bei den Nationalratswahlen vom Vorjahr wettmachen, als die Partei mehr als 6 Prozentpunkte ihrer Wählerschaft einbüsste. Auch die 2011 abgewählte Nationalrätin der GP, Anita Lachenmeier, trat für die Wahlen in den Grossen Rat an, in welchem sie die Baselstädter Bevölkerung bereits von 1997 bis 2007 vertreten hatte. Die GP traten auf einer gemeinsamen Liste Grünes Bündnis mit BastA! und dem Jungen Grünen Bündnis an. Laut offiziellen Angaben wendeten die Parteien rund 900'000 Franken für den Parlamentswahlkampf auf. Die SP wollte 240'000 Franken für Wahlwerbung ausgeben, gefolgt von der CVP (140'000 CHF), der FDP (100'000 CHF) der LP und den Grünen (je 80'000 CHF) sowie der GLP (55'000 CHF). Freilich waren die Aufwendungen wohl um einiges höher, wendeten doch vor allem die bürgerlichen Kandidaten viele Eigenmittel für ihren persönlichen Wahlkampf auf. Wichtiges Wahlkampfthemen waren die Sicherheit und die Übernahme der BaZ durch Christoph Blocher. Für Wirbel sorgte zudem ein Plakat der Juso, das einen Neonazi mit einem SVP-Emblem auf dem Oberarm seiner Bomberjacke zeigte. Die SVP und die Juso warfen sich in der Folge gegenseitig Niveaulosigkeit vor. Insgesamt stand der Wahlkampf um den Grossrat aber etwas im Schatten der Regierungswahlen.

Sowohl die SP als auch die SVP konnten bei den Wahlen um je einen Sitz zulegen. Die SP (neu: 30.7%, 33 Sitze) konnte 2,5 Prozentpunkte gutmachen. Die SVP gewann 1,1 Prozentpunkte Wähleranteil hinzu (neu: 15,0%; 15 Sitze). Auch die FDP konnte einen Sitzgewinn bejubeln. Die LP konnte ihren kurz vor den Wahlen erhaltenen zehnten Sitz verteidigen und im Vergleich zu den Wahlen 2008 also ebenfalls um einen Sitz zulegen. In Basel-Stadt scheinen sich die beiden liberalen Parteien offensichtlich nicht direkt zu konkurrenzieren. Sowohl die FDP (neu 11,1%, 12 Sitze) als auch die LP (neu 9,6%, 10 Sitze) konnten ihren Wähleranteil um einen bzw. um 0,6 Prozentpunkte steigern. In der Mitte gab es gegenüber den Wahlen von 2008 keine Veränderungen: die CVP büsste zwar ganze zwei Prozentpunkte an Wählerschaft ein, konnte aber ihre acht Sitze halten (neu 7,3%, 8 Sitze), verlor damit aber ihren während der Legislatur 2008 bis 2102 geerbten Sitz wieder. Tatsächlich wurde der übergelaufene Felix Meier nicht wiedergewählt. Die GLP blieb ebenfalls auf ihren bei den Vorwahlen gewonnen 5 Sitzen, und konnte damit ihren während der Legislatur von der FDP geerbten Sitz ebenfalls nicht verteidigen (5,0%, 5 Sitze). Der übergetretene Ullmann wurde wiedergewählt, über die Klippe springen musste dafür der kantonale GLP-Parteipräsident David Wüst-Rudin. Für die GLP schien, im Gegensatz zu den nationalen Gegebenheiten, die Konkurrenz in der Mitte vor allem durch die auf nationaler Ebene mit der FDP fusionierte LP relativ stark gewesen zu sein. Auch das Grüne Bündnis blieb auf seinen 13 Sitzen und musste eine Einbusse der Wählerschaft um 1,2 Prozentpunkte verkraften (neu: 11,8%). Anita Lachenmeier schaffte das Comeback. In Bettingen machte der Bisherige Vertreter der Gruppierung Aktives Bettingen das Rennen (1 Sitz). Opfer der neuen Wahlhürdenregelung war die EVP, die nur noch in einem Wahlkreis die Vierprozenthürde überspringen konnte und damit gleich drei Sitze einbüsste. Neu hält die EVP nur noch einen Sitz im Baselstädtischen Grossrat (4,2%). Für die grösste Überraschung sorgte jedoch Eric Weber, der mit seiner Volksaktion nur in Kleinbasel angetreten war, dort aber nicht nur die Wahlhürde übersprang, sondern gleich zwei Sitze eroberte (1,2%). Der rechtsradikale Weber sass am Wahlsonntag aufgrund eines Verdachts auf wiederholte Wahlfälschung in Untersuchungshaft. Ausser den Piraten (1,3%) erhielt keine der kleinen Parteien und Gruppierungen mehr als ein Prozent Wähleranteil. Trotz den leichten bürgerlichen Erfolgen, wird es auch in Basel weiterhin aufgrund der Mitte-Parteien CVP und GLP je nach Thema zu wechselnden Mehrheiten kommen. Die Wahlbeteiligung war mit 41,6% leicht höher als noch vor vier Jahren (39,0%). Der Frauenanteil brach von 37% (2008) auf 31% ein. Die FDP und die SVP hatten gar keine Mandatsträgerinnen mehr und der Frauenanteil der SP war erstmals seit den Wahlen 2000 wieder knapp unter 50% gerutscht (48,5%).

Grossratswahlen Basel-Stadt 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Basel-Stadt

Eine neue Rekordzahl von 1100 Kandidierenden (361 Frauen und 739 Männer) bewarben sich auf 13 verschiedenen Listen für die 140 Sitze im Aargauer Grossrat. Sogar vor der Verkleinerung des Rates von 200 auf 140 Sitze im Jahr 2005 hatte es nie so viele Bewerbungen gegeben. Zum ersten Mal fanden die Gesamterneuerungswahlen für Parlament und Regierung gleichzeitig statt. Dies hatte eine Verkürzung der Legislaturperiode zur Folge: Das bestehende Parlament blieb nach den Wahlen im Oktober noch bis Ende März 2013 im Amt. Die neue Legislaturperiode dauerte entsprechend von Anfang April bis Ende 2016. Neu trat zudem das in einer Volksabstimmung im November 2011 angenommene revidierte Wahlgesetz in Kraft, das ein Quorum von 5% in mindestens einem Wahlbezirk oder von 3% im gesamten Kanton setzte. Bereits zum zweiten Mal fand der so genannte doppelte Pukelsheim Anwendung: die Sitze werden zuerst aufgrund der gesamtkantonalen und erst dann aufgrund der bezirksweisen Parteistärke verteilt, was unter anderem Listenverbindungen obsolet macht. Neben den im Parlament vertretenen 10 Parteien – SVP (45 Sitze nach den Wahlen 2009), SP (22 Sitze), CVP (21 Sitze), FDP (20 Sitze), GP (13 Sitze), EVP (6 Sitze), GLP (5 Sitze), BDP (4 Sitze), EDU und SD (je 2 Sitze) – traten neu die Piratenpartei und die „IG Grundeinkommen“ an. Letztere bestand lediglich aus einem Kandidaten, Pius Lischer, der auch zu den Regierungswahlen antrat. Die Sozial-Liberale Bewegung (SLB), die sich erst während der Legislatur aus je einem übergelaufenen EDU- und einem SVP-Mandatsträger gebildet hatte, trat ebenfalls an. Während der Legislatur war es zu einigen weiteren Wechseln gekommen: zwei Vertreter der SP waren zu den Grünliberalen übergelaufen und ein EVP-Grossrat hatte zur FDP gewechselt. Laut eigenen Angaben hatten die Kantonalparteien unterschiedlich grosse Budgets für die Grossratswahlen. Die SVP und die SP gaben beide rund 140 000 CHF aus, gefolgt von der FDP (90 000 CHF), der EVP und der GP (je 70 000 CHF) sowie der CVP und der SLB (je 50 000 CHF). Ein Wahlkampfbudget von lediglich 8 000 CHF gab die Piratenpartei zu Protokoll. Im Total der Wahlbudgets von rund 1 Mio. CHF waren allerdings weder Spenden, noch Kandidierendenbeiträge noch Ausgaben der Bezirksparteien mit einberechnet. Verschiedene vor den Wahlen durchgeführte Umfragen liessen Verluste für die SVP und die CVP und leichte Gewinne für die SP, sowie die nach den nationalen Wahlen 2011 so benannte neue Mitte (BDP, GLP) vermuten. Für Diskussionsstoff sorgte das neu eingeführte Quorum, das für kleine Parteien eine nicht zu unterschätzende Hürde darstellte. Bei den Wahlen 2008 waren die kleinen Parteien noch die Nutzniesserinnen des doppelten Pukelsheim gewesen. Mit dem neu eingeführten Quorum sollte einer Zersplitterung der Parteienlandschaft ein Riegel geschoben werden.

Tatsächlich gelang es den SD (0,7%) aufgrund des Quorums nicht, ihre beiden Sitze zu verteidigen. Damit hatten die Schweizer Demokraten ihre letzten Vertreter in einem kantonalen Parlament verloren. Auch die anderen neuen Kleinparteien (Piraten, IG) schafften den Sprung ins Parlament nicht, bzw. verloren ihre während der Legislatur gebildeten Mandate (SLB). Eine überraschende Siegerin der Wahlen war die FDP, die im Vergleich zu 2009 zwei zusätzliche Sitze eroberte (neu: 22 Sitze) und neu zur zweitstärksten Partei (15,4%) im Grossrat aufstieg. In der Presse wurde dieser Erfolg auf einen „Müller-Effekt“ zurückgeführt: der aus dem Kanton Aargau stammende neue FDP-Präsident Philipp Müller habe als wichtiges Zugpferd gedient. Zwei Sitzverluste musste hingegen die CVP verkraften. Mit 1,7 Prozentpunkten musste die Partei nicht nur den grössten Wählerverlust hinnehmen, sondern sie war neu auch nur noch viertstärkste Partei im Rat (neu: 19 Sitze; 13,3%). Zulegen konnte wie erwartet die neue Mitte. Die GLP (neu 8 Sitze; 5.5%) konnte ihre von der SP während der Legislatur geraubten Sitze nicht nur halten, sondern sogar um einen weiteren Sitz zulegen. Die BDP (neu 6 Sitze; 4,4%) eroberte zwei neue Sitze. Im rechten Spektrum blieb – abgesehen von den Verlusten der SD – alles beim Alten. Die SVP konnte ihre 45 Sitze verteidigen und blieb mit einem leichten Wählerzuwachs um 0,1 Prozentpunkte (neu 32,0%) auch mit Abstand stärkste Partei im Kanton Aargau. Auch die EDU konnte ihre beiden Sitze halten (1,7%). Sie hatte das Quorum allerdings nur knapp mit 5,2% im Bezirk Kulm übersprungen. Im linken Lager musste die SP Wählerverluste (-0,5 Prozentpunkte, neu 15,2%) hinnehmen, konnte aber wenigstens die beiden während der Legislatur an die GLP verlorenen Sitze wieder erobern. Dies ging allerdings auch auf Kosten der GP, die 1,5 Prozentpunkte an Wählerstärke einbüsste (7,4%) und damit drei Sitze abgeben musste. Die Grünen, die bei den letzten Gesamterneuerungswahlen von sieben auf dreizehn Sitze zugelegt hatten, machten vor allem die tiefe Stimmbeteiligung von 31,9% (2009: 31,7%) aber auch die Konkurrenz durch die GLP für ihre Verluste verantwortlich. Der Frauenanteil erhöhte sich auf 32,1% und erholte sich damit nach dem starken Rückgang bei den Wahlen von 2009 wieder ein wenig. Vor drei Jahren war der Anteil an durch Parlamentarierinnen besetzte Sitze von 36,4% auf 26,4% gesunken.

Grossratswahlen Aargau 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Aargau

Vier Wochen nach den Regierungsratswahlen, bei denen die fünf Bisherigen einem Angriff der SP standgehalten hatten, wurden die Vertreterinnen und Vertreter in den 60-köpfigen Kantonsrat gewählt. Vor allem die Sozialdemokraten zeigten sich vor den Parlamentswahlen aber trotz der Niederlage bei den Exekutivwahlen zuversichtlich. Konkurrenz erwuchs der SP, für die erstmals auch die Juso antrat, von Parteien und Gruppierungen auf zehn weiteren Listen. Die SVP (bisher total 19 Sitze) kandidierte mit 180 Personen auf drei unterschiedlichen Generationenlisten: SVP (bisher 16 Sitze), Junge SVP (bisher 3 Sitze) und neu die SVP Senioren. Für Aufmerksamkeit in den Medien sorgte dabei die Kandidatur von Gerhard Blocher, Bruder des Zürcher National- und alt-Bundesrates Christoph Blocher, auf der Seniorenliste. Die FDP (bisher 12 Sitze), für die in fünf Wahlkreisen auch die Jungfreisinnigen (bisher 2 Sitze) antraten, stellte in allen Wahlkreisen Listen, ebenso die im linken Spektrum angesiedelte Alternative Liste (bisher 3 Sitze). Die im Kanton Schaffhausen eher schwache CVP (bisher 3 Sitze), die Ökoliberale Bewegung (ÖBS, bisher 5 Sitze), eine der GLP ähnliche, aber schon seit der Gründung (Zusammenschluss Jungliberaler und Umweltgruppierungen 1990) etwas weiter links politisierende, der nationalen GPS angeschlossene Partei, sowie die EDU (bisher 1 Sitz) traten jeweils in einem Wahlkreis nicht an, die EVP (bisher ebenfalls 1 Sitz) in deren zwei. Total kandidierten 517 Personen (davon 134 Frauen) auf zwölf Listen in den sechs Wahlkreisen für die 60 Sitze. 55 Bisherige traten erneut an. Die Wahlen wurden zum zweiten Mal nach 2008 mit dem doppelten Pukelsheim durchgeführt. Es lohnte sich also vor allem für die kleinen Parteien, möglichst in allen Wahlkreisen anzutreten.

Die wenigen Vakanzen, der von der Presse als flau bezeichnete Wahlkampf, aber auch die anstehenden Aufgaben – Gesundung der Kantonsfinanzen, ein neues Spital, ein neues Sicherheitszentrum und Ausgaben in der Bildung – waren laut Presse die Gründe für die lediglich marginalen Verschiebungen zwischen den Lagern im Schaffhauser Kantonsrat. Zwar konnte die AL, die sich von einer Protestpartei für junge Wählerinnen und Wähler langsam zu einer etablierten linken Partei mit Fraktionsstärke mauserte, um zwei Sitze zulegen (neu: 5 Sitze) und mit 7,5% gar mit der ÖBS als viertstärkste Kraft gleichziehen. Die Gewinne der AL gingen wohl aber vor allem auf Kosten des linken Lagers. Die SP musste nämlich nicht nur einen Sitz abgeben (neu 13 Sitze), sondern verlor auch fast zwei Prozentpunkte an Wählerstimmen (21,1%). Allerdings konnten sich die Sozialdemokraten mit dem Sitzgewinn der Juso (neu: 1 Sitz, 1,5%) trösten. Ebenfalls einen Sitz abgeben musste die ÖBS (neu: 4 Sitze, 7,5%). Auch innerhalb des bürgerlichen Lagers kam es zu Verschiebungen. Am meisten leiden musste dabei die FDP, die sich bei den Regierungswahlen noch überraschend stark geschlagen hatte (siehe unten): die Freisinnigen mussten gleich drei Sitze abgeben (neu 9 Sitze) und verloren die vor vier Jahren gewonnenen 5 Prozentpunkte an Wählerstimmen fast gänzlich wieder (neu 15,0%). Wenigstens die Jungfreisinnigen konnten ihre beiden Sitze und ihren Wähleranteil halten (neu 3,3%). Die Strategie der SVP, mit drei Generationenlisten anzutreten, zahlte sich aus. Die Mutterpartei (16 Sitze, 26,7%) und die Junge SVP (3 Sitze, 4,4%) konnten ihre jeweiligen Mandate verteidigen. Die Seniorenliste gewann neu einen Sitz im Kantonsrat (2,5%). Insgesamt besetzte die Volkspartei also einen Drittel des Parlaments. Ihre Wählerschaft schien sich von den negativen Schlagzeilen der nationalen Mutterpartei nicht beeinflussen zu lassen. Zu den Siegerinnen gehörte auch die EDU, die einen Sitz erobern konnte (neu 2 Sitze, 3,5%). Die CVP (3 Sitze, 4,9%) und die EVP (1 Sitz, 2.2%) mussten zwar leichte Wählereinbussen in Kauf nehmen, konnten ihren Besitzstand aber wahren. Die Wahlbeteiligung lag mit 54,0% ganz leicht über dem Wert der letzten Wahlen (53,8%). Der Frauenanteil stieg zwar im Vergleich zu den letzten Wahlen mit 16,7% wieder leicht an (2008: 15,0%), erreichte aber den bisher höchsten Wert aus dem Jahr 2000 (22,5%) nicht.

Kantonsratswahlen Schaffhausen 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Schaffhausen

Im Kanton Thurgau hatte eine Bezirksreorganisation zu einer Verringerung der Anzahl an Wahldistrikten geführt. Statt in acht wurden nur noch in fünf Bezirken die total 130 Sitze vergeben, für die sich im Berichtjahr 917 Personen (30,5% Frauen) für elf unterschiedliche Parteien und Gruppierungen bewarben. Das war rund ein Achtel mehr als 2008. Von den Bisherigen traten 108 Personen erneut an. Die Linke trat in allen Wahlkreisen geeint auf: SP (bisher: 17 Sitze) und GP (11 Sitze) gingen überall Listenverbindungen ein. Die EDU (3 Sitze) und die EVP (6 Sitze) verbanden sich ebenfalls überall ausser im Bezirk Frauenfeld. Obwohl die FDP (18 Sitze) und die SVP (51 Sitze) einen bürgerlichen Schulterschluss propagierten, präsentierten sie nur in drei Bezirken eine gemeinsame Liste. Auch die neue Mitte – die erstmals antretende BDP und die noch kleine GLP (2 Sitze) – trat in allen Bezirken gemeinsam auf, zweimal zusammen mit der CVP (22 Sitze). In Frauenfeld verband sich die CVP zudem mit der EVP. Neben den arrivierten Parteien traten auch die Junge CVP und die Juso in einzelnen Bezirken an.

Bei den Wahlen wurde der jahrzehntelange Aufstieg der SVP gestoppt. Die Partei hatte seit 1992 ihren Wähleranteil von 21.7% auf 36.4% und die Sitzzahl von 32 auf 51 Sitze gesteigert. Die Wahlen 2012 bedeuteten jedoch für die Volkspartei eine eigentliche Zäsur, verlor sie doch nicht weniger als zehn Sitze (neu 41 Sitze) und fast 6 Prozentpunkte an Parteistärke (neu: 30,5%). Die Verantwortlichen suchten die Gründe für das schlechte Abschneiden im aggressiven Stil der nationalen Partei, der nicht zur kantonalen SVP passe, im Rücktritt zahlreicher Zugpferde, in der Wahlkreisreform und im erstmaligen Antritt der neuen Mitte. Tatsächlich hatte die BDP auf Anhieb fünf Mandate gewonnen (4,8%) und die GLP konnte ihre Sitzzahl auf sechs verdreifachen (5,9%). Auch die EDU, die drei Mandate hinzugewinnen konnte (neu: 6 Sitze, 4,6%) dürfte der SVP Wählerinnen und Wähler abgegraben haben. Die beiden Sitzverluste der GP (neu: 9 Sitze, 7,7%) dürften hingegen auch auf die Gewinne der GLP zurückzuführen sein. Allerdings blieb das linke Lager dank dem doppelten Sitzgewinn der SP (neu: 19 Sitze, 13,4%) gleich gross wie vor den Wahlen. Während die FDP bei leichten Wählerverlusten ihre 18 Sitze halten konnte (neu: 14,2%), musste die CVP einen Sitz abgeben (neu: 21 Sitze, 14,2%). Ebenfalls einen Sitzverlust hatte die EVP zu beklagen (neu: 5 Sitze, 4,7%). Da neu alle neun Parteien im Grossen Rat Fraktionsstärke hatten, wurden längere Ratssitzungen befürchtet. Zudem wurde die noch wenig klare Positionierung der BDP debattiert. Prognostiziert wurden lebhaftere und längere Diskussionen, aber auch breiter abgestützte Entscheide. Zum zweiten Mal in Folge ging der Frauenanteil im Thurgauer Parlament zurück. Nach den Wahlen 2012 sassen noch 35 Frauen (26,9%) im Grossen Rat (2008: 27,7%). Das Parlament wurde hingegen leicht verjüngt. Mit 30,8% Wahlbeteiligung wurde ein neuer Negativrekord verzeichnet (2008: 33,9%). Die geringe Partizipationsrate wurde mit der Häufung von Wahlen – sechs Monate vorher fanden die Nationalrats- und fünf Wochen vorher die Regierungsratswahlen statt – aber auch mit dem ungünstigen Termin in den Frühlingsferien zu erklären versucht.

Grossratswahlen Thurgau 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Thurgau

Der Andrang auf die 120 Sitze – der Rat war vor den letzten Wahlen 2008 von 180 auf 120 Sitze verkleinert worden – im St. Galler Kantonsparlament war 2012 nicht mehr so gross wie vier Jahre zuvor. Die 797 Kandidierenden – 235 Frauen und 562 Männer – bedeuteten einen Rückgang von rund zwei Prozent im Vergleich zu den Wahlen 2008 (813 Kandidierende). Der Frauenanteil unter den Kandidierenden ging dabei stark, von 33,7% auf 29,5% zurück. 182 Kandidierende waren unter 30 Jahre alt. Damit war der Anteil an jungen Kandidierenden von 19% auf 23% gestiegen. Tatsächlich frei wurden jedoch nur 16 Sitze, weil 104 Bisherige wieder antraten. Insgesamt wurden in den acht Wahlkreisen zusammen 68 Listen eingereicht. Neben der SVP (2008: 41 Sitze), der CVP (33 Sitze), der FDP (23 Sitze) und der SP (16 Sitze), die in allen Distrikten antraten, kandidierten die GP (4 Sitze), die GLP (1 Sitz) und die EVP (2 Sitze) nur in einzelnen Wahlkreisen. Die neu antretende BDP und die Piratenpartei, aber auch die wie vor vier Jahren antretende, damals jedoch erfolglose EDU konnten ebenfalls nicht alle Wahlkreise bedienen. Die wiederum antretenden SD, die regional verankerte UGS Linth sowie eine Einzelkandidatur auf der Liste „ReAbility“ traten nur in einem Wahlkreis an. Im Wahlkreis Sarganserland verbanden sich die SP und die GP sowie die GLP und die BDP in zwei Listenverbindungen. Ebenfalls gemeinsam traten die CVP und die EVP im Wahlkreis Wil an. Erwartet wurde, dass sich der Trend der nationalen Wahlen in St. Gallen wiederholt, dass also die neue Mitte mit BDP und GLP auf Kosten der arrivierten Parteien Sitze gewinnen können. Für die SVP stellten die Grossratswahlen den ersten Formtest nach dem Krebsgang bei den nationalen Wahlen dar. Insbesondere für den aus dem Kanton St. Gallen stammende Parteipräsidenten Toni Brunner, der in den Ständeratswahlen im Herbst 2011 unterlegen war, waren die St. Galler Parlamentswahlen eine wichtige Angelegenheit, für die er sich persönlich ins Zeug legte. Die SVP war in den letzten Jahren lediglich im Kanton Schwyz noch stärker gewachsen als im Kanton St. Gallen. Vor vier Jahren wurde sie stärkste Partei im Ostschweizer Kanton. Der Wahlkampf wurde trotz der interessanten Ausgangslage als flau und langweilig bezeichnet.
Bei den Wahlen zeigte sich tatsächlich eine Ähnlichkeit mit den wenige Monate vorher stattfindenden Nationalratswahlen: die neue Mitte konnte zulegen – die BDP schaffte auf Anhieb zwei Sitze (2,8% Wähleranteil) und die GLP konnte vier neue Sitze erobern (neu: 5 Sitze, 5,3%), während CVP und FDP an Sitzen und Wählerstimmen einbüssten. Während die FDP ihren Sitzverlust und den leichten Wählerverlust gelassen nahm (neu: 22 Sitze, 17,8%), zeigte sich die CVP über die vier Sitzverluste (neu: 29 Sitze, 19,4%) und die starken Wählerverluste von über fünf Prozentpunkten enttäuscht. Zwar war bereits während der Legislatur ein Sitz an die SVP verloren gegangen, trotzdem waren die Mandatsverluste die Bestätigung eines bereits Jahrzehnte andauernden Negativtrends der einst stärksten St. Galler Partei. Zur eigentlichen grossen Verliererin zählte aber die SVP, die im Vergleich zu 2008 sechs Sitze, den durch einen Parteiwechsel während der Legislatur von der CVP geerbten Sitz nicht hinzugerechnet, einbüsste. Mit neu 35 Sitzen und einem Wähleranteil von 24,1% blieb die SVP trotzdem deutlich stärkste Partei im Kantonsparlament. Zulegen konnte Links-Grün. Die SP gewann vier zusätzliche Mandate und die GP konnte sich über einen zusätzlichen Sitz freuen. Die Sozialdemokraten (neu: 20 Sitze, 16,5%) waren vor vier Jahren mit der Verkleinerung des Parlaments massiv eingebrochen, konnten im Berichtsjahr aber anscheinend von einem „Rechsteiner-Effekt“ profitieren – Paul Rechsteiner (sp) hatte sich im zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen nur wenige Monate vor der Kantonsratswahl gegen Toni Brunner durchgesetzt. Die Grünen waren, anders als auf nationaler Ebene, nicht die Leidtragenden des Erfolgs der GLP, nahmen neu 5 Sitze ein und konnten ihren Wähleranteil auf 6,5% steigern. Ihre Sitze halten konnte die EVP (2 Sitze, 1,8%). Das vor vier Jahren stark nach rechts ausschwingende Pendel schlug also im Berichtjahr ein wenig nach links zurück. Zwar konnte von einem eigentlichen Linksrutsch nicht die Rede sein, die SVP werde aber im Vergleich zur letzten Legislatur ein wenig mehr Kompromissbereitschaft zeigen müssen und die neue Mitte könne stärker als bisher das Zünglein an der Waage spielen, so die Pressekommentare. Die mit 37,6% leicht höhere Stimmbeteiligung im Vergleich zu 2008 (35,3%) wurde auf die hohe Zahl jugendlicher Kandidierender zurückgeführt, die wohl auch die jüngere Wählerschaft stärker mobilisiert habe. Ein nach 2008 erneuter Rückgang wurde hinsichtlich des Frauenanteils verzeichnet. Lediglich noch 27 Sitze des 120-köpfigen Kantonsrates waren von Frauen besetzt (22,5%). Nach den Wahlen von 2008 waren es noch 29 (24,2%). Im 180-köpfigen Rat nach 2004 hatte der Frauenanteil noch 25% betragen.

Kantonsratswahlen St.Gallen 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - St. Gallen

Für die 100 Sitze im Schwyzer Kantonsrat bewarben sich 310 Personen (davon 77 Frauen), marginal weniger als vier Jahre zuvor (314). Am meisten Kandidierende stellte die CVP (84 Personen), gefolgt von der SVP (83 Personen), der FDP (78 Personen) und der SP (61 Personen). Insgesamt traten 78 Bisherige wieder an. Im Kanton Schwyz bilden die Gemeinden die Wahlkreise. 13 der 30 Gemeinden sind Einerwahlkreise und in zwölf dieser Gemeinden fanden stille Wahlen statt, da jeweils lediglich eine Kandidatur eingereicht wurde. Mit der neuen, 2012 an einer Urnenabstimmung beschlossenen Kantonsverfassung soll das Wahlsystem für die Wahlen 2016 in ein reines Proporzverfahren geändert werden. Nach wie vor sollen jedoch die einzelnen Gemeinden die Wahlkreise bilden, was zu einigen Diskussionen bei der Gewährleistung der Verfassung durch das eidgenössische Parlament führte, weil die Kombination von Proporzverfahren mit ungleich grossen und/oder sehr kleinen Wahlkreisen möglicherweise gegen die Bundesverfassung verstösst.

Bei den Wahlen musste die erfolgsverwöhnte SVP zum ersten Mal seit über 30 Jahren eine Niederlage einstecken. Zwischen 1992 und 2008 hatte die Volkspartei ihre Sitzzahl von 5 auf 41 verachtfacht. Bei den Wahlen 2012 musste sie aber sechs Sitze abgeben (neu 35 Sitze). Dass die Partei ihren Zenit überschritten hat, wurde bereits bei den Nationalratswahlen deutlich, als die Partei fast sieben Prozentpunkte an Wählerstimmen verloren hatte. Allerdings scheint die Schwyzer SVP staatstragender zu werden. Dies zeigt nicht nur der Umstand, dass sie bei den Ständeratswahlen vom Herbst 2011 neu gleich beide Mandate besetzten konnte, sondern auch, dass sie bei den Regierungsratswahlen einen dritten Sitz gewann. Trotz der Sitzverluste blieb die SVP denn auch stärkste Partei im Kantonsrat, weil die CVP – lange Zeit führende Partei im Kanton Schwyz – nicht von den Verlusten profitieren konnte: sie blieb auf 29 Sitzen, obwohl sie vor den Wahlen zu einem eigentlichen Grossangriff geblasen hatte. Von ihrem langjährigen negativen Trend erholen konnte sich die FDP, die zwischen 1992 und 2008 von 34 auf 21 Sitze abgerutscht war. Sie gewann zwei Mandate hinzu (neu 23 Sitze). Die SP, die bei den Regierungsratswahlen zur grossen Verliererin gehörte, konnte sich mit dem Gewinn eines Sitzes in der Legislative trösten (neu 10 Sitze). Zwei der restlichen drei Sitze gingen an Parteilose, wovon einer unter dem Label „sachorientiert und konstruktiv“ angetreten war; ein Sitz ging zudem an die Grüne Brigitta Michel Thenen, die auf einer SP-Liste kandidiert hatte. Zu den Verliererinnen gehörten die Frauen, die lediglich noch 17 der 100 Sitze besetzen konnten, ganze sechs weniger als in der letzten Legislaturperiode. Unter den SVP-Parlamentariern waren lediglich noch zwei Frauen; vor vier Jahren waren noch sieben SVP-Vertreterinnen ins Kantonsparlament gewählt worden. Die Wahlbeteiligung betrug 44,3% und war damit rund drei Prozentpunkte höher als vor vier Jahren.

Kantonsratswahlen Schwyz 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Schwyz

Im Kanton Uri werden die Landratssitze in den zwanzig Gemeinden, die jeweils die Wahlkreise bilden, vergeben. In den zwölf kleineren Gemeinden erfolgen die Wahlen im Majorzprinzip und in den acht grösseren Gemeinden mit mehr als drei Sitzen nach dem Proporzverfahren. Um die 64 Sitze im Urner Parlament kämpften total 134 Personen, unter ihnen 33 Bisherige. Für die 50 Mandate in den acht Proporzgemeinden kandidierten 90 Männer und 31 Frauen, wovon 37 für die CVP, 32 für die SVP und je 26 für die FDP bzw. das rot-grüne Lager – die SP, die GP, die Juso und der Gewerkschaftsbund Uri traten als Wahlallianz an – Sitze erobern wollten. In der Gemeinde Silenen traten lediglich die vier Bisherigen wieder an und wurden still gewählt. In zwei der zwölf Majorzgemeinden (Bauen und Isenthal) wurden zwei Vertreter bereits im Herbst 2011 gewählt. Während es in zwei Majorzgemeinden (Gurtnellen und Andermatt mit je zwei Sitzen) zu Kampfwahlen kam, hatten verschiedene kleine Gemeinden, in denen die Bisherigen zurücktreten wollten, Mühe bei der Suche nach Kandidierenden.

Hatte die SVP bei den letzten Landratswahlen 2008 auf Kosten der CVP und der FDP noch einen Erdrutschsieg und eine Verdoppelung der Mandate von 9 auf 18 Sitze feiern können, schwang das Pendel 2012 wieder ein wenig zurück. Die Volkspartei musste einen Verlust von drei Sitzen hinnehmen (neu: 15 Sitze). Davon profitieren konnte die FDP mit drei Sitzgewinnen. Die Freisinnigen schlossen mit ebenfalls 15 Sitzen (inkl. 1 Parteilose, die sich der FDP-Fraktion anschloss) zur SVP auf. Während die CVP einen Sitz verlor (neu 23 Sitze), damit aber stärkste Partei blieb, konnte das rot-grüne Wahlbündnis einen Sitz gewinnen. Zusammen mit einem Parteilosen, der sich der SP/GP-Fraktion anschloss, hatte das Bündnis neu elf Sitze inne (SP: 8 Sitze; GP: 2 Sitze; Parteilos 1 Sitz). Die CVP war mit dem Resultat zufrieden und interpretierte es als Auftrag, ihre bürgerliche Politik weiter zu verfolgen. FDP-Kantonalpräsident Toni Epp machte die gute Mobilisierung der Mitte-Wähler als Grund für den Erfolg seiner Partei aus. Gusti Planzer, der Kantonalpräsident der SVP zeigte sich hingegen enttäuscht. Man habe 20 Sitze angestrebt, aber die anderen Parteien hätten die SVP diesmal ernst genommen und sich mehr ins Zeug gelegt als noch vor vier Jahren. Die SP schliesslich zeigte sich erfreut über den Sitzgewinn, der laut Wahlkampfleiter Toni Moser nach dem Rücktritt einiger profilierter Landräte nicht zu erwarten gewesen sei. Die Stimmbeteiligung betrug 49,2% und war damit fast zehn Prozentpunkte höher als noch vor vier Jahren. Der Frauenanteil sank wie bereits vor vier Jahren erneut leicht von 20,3% auf 18,8%: Zwölf der 64 Sitze sind in Frauenhand.

Landratswahlen Uri 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Uri

Zum zweiten Mal nach 2007 wurden die Wahlen für den Grand Conseil im Kanton Waadt nach dem revidierten System durchgeführt. Mit der neuen Kantonsverfassung waren die Sitzzahl (150) und die Anzahl Bezirke (10) verkleinert worden. Das neue System erlaubte, dass der Wohnort eines Bewerbers nicht im Bezirk liegen mussten, für welchen er kandidierte. Diese „parachutage“ genannte und durchaus auch wahltaktisches Potential bergende Regel machten sich 33 Kandidierende zu Nutze, darunter auch Nationalrat Jacques Neirynck (cvp) und Claude Béglé (cvp). Insgesamt stritten sich 979 Personen um die 150 Mandate, wovon rund ein Fünftel (32 Sitze) nicht von Bisherigen verteidigt wurde. Die Zahl der Kandidierenden und der Listen variierte dabei entsprechend der unterschiedlichen Sitzzahl zwischen den Wahlkreisen. Während die Bürgerlichen bei den Regierungswahlen zu keiner Allianz fanden – die FDP, die LP und die SVP kämpften gegen die Mitte-Liste aus CVP, BDP, EDU und GLP (siehe unten) – gab es Bezirke, in denen sich alle bürgerlichen Parteien auf einer gemeinsamen Liste präsentierten. In den meisten Bezirken trat die „Aliance du Centre“ allerdings ohne SVP und FDP mit einer gemeinsamen Liste aus BDP-, GLP-, CVP-, EVP- und/oder EDU-Kandidierenden an. In einzelnen Bezirken verbanden sich die GP und die SP und auch die FDP und die SVP gingen einzelne Listenverbindungen ein. Die FDP, die zum Zeitpunkt der Wahlen im Kanton Waadt noch nicht mit der LP fusioniert hatte (siehe dazu Teil IIIa), trat in zehn der dreizehn Bezirken bereits als PLR.Les Libéraux-Radicaux, also gemeinsam mit der LP, auf. In den Bezirken mit einer grossen Sitzzahl traten neben den arrivierten Parteien auch La Gauche als Zusammenschluss extremer linker Parteien (PdA, Alternative, Point de départ, SolidaritéS), die Piratenpartei, der im Kanton Waadt weniger erfolgreiche Mouvement Citoyens (MCVD), Vaud libre, die Wikicratie oder die „Parti de rien“ an. Da Links-Grün geeinter auftrat und vor allem die SP bei den nationalen Wahlen im Herbst 2011 zulegen konnte, wurde für das linke Lager ein Erfolg prognostiziert. Allerdings vermuteten die Auguren einen ähnlichen Ausgang wie bei den nationalen Wahlen – sprich: Veränderungen vor allem innerhalb der Blöcke.

Entgegen den Prognosen konnte die Mitte auf Kosten des links-grünen Lagers zulegen. Die „Alliance du Centre“ kam neu auf elf Sitze. Vier Sitze wurden von CVP-Vertretern und sieben Sitze durch die GLP besetzt. Damit war die GLP eigentliche Wahlsiegerin, hatte sie doch vor den Wahlen vier Sitze von ursprünglich als FDP-Vertreter gewählten Abgeordneten inne. Leer gingen die EVP, die BDP und die EDU aus. Letztere verlor somit ihren bisherigen Sitz. Die zahlreichen verschiedenen Listenverbindungen lassen eine Aussage über die Wählerprozente nur bedingt zu. Werden die Parteistärken der fünf Alliance-Parteien addiert, ergibt sich ein Wert von 9,5%. Auch die SP konnte sich im Vergleich zu den Wahlen 2007 über den Gewinn von zwei zusätzlichen Mandaten freuen (neu: 41 Sitze; inkl. der Mischliste in Aigle mit der PdA: 26,0%); da die Grünen aber gleichzeitig fünf Sitze (neu 19 Sitze, 12,6%) und La Gauche einen Sitz (neu 4 Sitze; exkl. Mischliste in Aigle mit der SP: 2,8%) einbüssten, musste Links-Grün insgesamt Federn lassen. Zu lediglich marginalen Verschiebungen kam es im rechtsbürgerlichen Block. Die SVP (neu 27 Sitze, 17,1%) konnte um einen Sitz zulegen, während die FDP zusammen mit der LP im Vergleich zu vor den Wahlen einen Sitz einbüsste (neu: 47 Sitze, 30,1%). Während der Legislatur war es freilich bereits zur Abspaltung von vier Abgeordneten der FDP zur GLP gekommen. Vaud Libre konnte ihren 2007 unter dem Label „Riviera Libre“ gewonnen Sitz halten (1,1%). Die 41,7% der Wahlberechtigten, die an die Urne gingen, wählten eine Frau mehr in den Rat als vor fünf Jahren (2007: 29,3% Frauenanteil; 2012: 30%).

Grossratswahlen Waadt 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012
Dossier: Kantonale Wahlen - Waadt

Im Jahr nach den eidgenössischen Wahlen standen in acht Kantonen Gesamterneuerungswahlen an: in Aargau, Basel-Stadt, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Uri und Waadt. Im Zentrum des Interesses stand unter anderem die Frage, ob sich die Resultate der nationalen Wahlen – Gewinne für die neue Mitte aus BDP und GLP, Verluste von FDP, CVP und GP, Stagnation der SVP und Erholung der SP – auch auf kantonaler Ebene zeigten. Nimmt man alle acht Wahlen zusammen, so lässt sich der nationale Trend zumindest teilweise wiederfinden: die neue Mitte legte in der Tat deutlich zu. Die GLP gewann insgesamt 18 zusätzliche Mandate, davon sieben alleine im Kanton Waadt. Auch die BDP konnte zulegen und total neun zusätzliche Sitze gewinnen. Allerdings schaffte sie es nur in zwei Kantonen (SG und TG), in denen sie neu angetreten war, auch zu Mandaten. In den Kantonen Basel-Stadt, Schwyz und Waadt ging sie hingegen leer aus. Den nationalen Trend widerspiegeln auch die Verluste der CVP und der GP. In den acht Kantonen verlor die CVP per Saldo sieben Sitze, vier davon im Kanton St. Gallen. Im Kanton Uri konnte sie ihre Vormachtstellung allerdings mit lediglich einem Sitzverlust halten. Die Grünen mussten wohl auch aufgrund der Erfolge der GLP Federn lassen. Per Saldo verlor die Partei zehn Sitze. Trösten konnte sie sich einzig mit dem Gewinn jeweils eines Sitzes in den Kantonen St. Gallen und Schwyz. Nicht ganz in das Bild der nationalen Wahlen vom Vorjahr passen die hohen Gewinne der SP, die Trendumkehr bei der FDP und die teilweise sehr hohen Verluste der SVP. Die Sozialdemokraten legten per Saldo um elf Sitze zu. In keinem Kanton kam es für die SP zu Sitzverlusten. Einzig in den Kantonen Aargau und Schaffhausen konnten die Genossen nicht zulegen. Die FDP konnte sich 2012 per Saldo über einen Sitzgewinn freuen. Ein verlustreiches Jahr hatte die SVP zu verzeichnen. Nicht weniger als 22 Mandate musste sie in den Kantonen im Berichtsjahr per Saldo abgeben. Im Kanton Thurgau gab es einen Verlust von zehn Sitzen und in den Kantonen Schwyz und St. Gallen musste die erfolgsverwöhnte Partei jeweils sechs Mandate abgeben. Freilich bleibt die Volkspartei in fünf der acht Kantone (AG, SH, SZ, SG, TG) mit teilweise grossem Abstand stärkste Partei. Ihre Verluste kommen also durchaus auch einer gewissen Normalisierung gleich. Ihre einzigen verbleibenden kantonalen Sitze verloren die Schweizer Demokraten im Kanton Aargau. Die SD, die Ende der 1980er Jahre über 50 Sitze in den kantonalen Parlamenten belegten, waren zum Schluss des Berichtsjahres in keiner einzigen kantonalen Legislative mehr vertreten.

Freilich verdecken die per Saldo-Gesamtresultate die Tatsache, dass kantonale Wahlen in ihrem jeweiligen Kontext grosse Unterschiede hinsichtlich der Entwicklungen in den Parteienlandschaften zeitigen können, die im Berichtjahr nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet sind, dass in drei der acht Kantone (AG, BS, TG) die Wahlen nach Reformen der Wahlregime durchgeführt wurden (vgl. auch die entsprechende Debatte im Kanton Schwyz). Dies führte etwa im Kanton Aargau zu einer eigentlichen Flurbereinigung: waren vor den Wahlen elf Parteien im Grossen Rat, hatten nach den Wahlen nur noch neun Parteien Mandate. Interessant ist auch das kantonsspezifische Abschneiden der FDP, die in vier Kantonen neun Sitze gewann (AG, BS, SZ, UR), wobei das gute Abschneiden auch dem frischen Wind durch den neuen Parteipräsidenten Philipp Müller zugeschrieben wurde. Die grössten Sitzverluste der Freisinnigen fanden just in jenen Kantonen statt (SH, VD), in denen die SVP zulegen konnte, wobei im Kanton Waadt mit der nach den Wahlen stattfindenden Fusion zwischen FDP und LP ebenfalls eine spezielle Ausgangslage herrschte. Die hohen Verluste der Volkspartei konzentrierten sich auf jene drei Kantone, in denen sie in den letzten Jahren sehr stark zugelegt hatte (TG, SG, SZ). Ähnlich wie bei den nationalen Wahlen gingen die verlorenen Sitze der SVP allerdings nur zu einem Teil an die BDP, welche ihrerseits eher der CVP das Leben schwer zu machen schien. Die GLP hingegen machte vor allem den Grünen die Wählerschaft abspenstig. Überall dort wo die GLP zulegen konnte, verlor die GP (AG, TG, VD), wo die GLP hingegen stagnierte oder nicht antrat (BS, SH, SZ, UR), musste die GP keine (BS) oder nur leichte Verluste (SH, UR) hinnehmen bzw. konnte sogar zulegen (SZ); einzige Ausnahme bildete der Kanton St. Gallen, wo sowohl die GP als auch die GLP Sitze gewannen. Die kleinen Parteien schnitten unterschiedlich ab. Die EVP konnte ausser im Kanton Basel-Stadt, wo sie aufgrund der neuen Quoren gleich drei ihrer vier Sitze abgeben musste, ihre Mandate halten (AG, SH, SG). Die EDU konnte im Kanton Thurgau von den hohen Verlusten der SVP profitieren und um drei Sitze zulegen und ihre Mandate im Kanton Aargau halten. Kein Erfolg war der EDU in den Kantonen St. Gallen und Basel-Stadt beschieden. In Schaffhausen resultierte ein Sitzgewinn während im Kanton Waadt der einzige Sitz verlustig ging. Eine Erstarkung von links- und rechtsextremen Gruppierungen konnte in den Kantonen Schaffhausen und Basel-Stadt beobachtet werden. In Schaffhausen scheint sich die Alternative Liste zu einer ernst zu nehmenden Kraft zu entwickeln, gewann sie doch zwei Sitze und verfügte neu über Fraktionsstärke. Im Kanton Basel-Stadt sorgte mit Eric Weber ein alter Bekannter der rechtsextremen Szene für eine Überraschung: mit seiner Volksaktion erzielte er auf Anhieb zwei Sitze im Grossen Rat.

Die Betrachtung aller 26 kantonalen Parlamente Ende 2012 vermag die Verschiebungen im Berichtjahr ein wenig zu relativieren. Rund 80% aller 2559 kantonalen Parlamentssitze (exklusive AI) befanden sich in der Hand der vier grossen Parteien: Angeführt von der SVP (544 Sitze, 21,3% aller kantonalen Parlamentssitze), gefolgt von der FDP (524 Sitze, 20,5%) und der CVP (469 Sitze, 18,3%) verfügten dabei die bürgerlichen Parteien gesamthaft über eine deutliche Mehrheit. Die SP (460 Sitze; 18,0%) und die GP (191 Sitze, 7,4%) waren hingegen in allen Kantonen auf Unterstützung angewiesen. Nimmt man alle Kantone zusammen, so war die BDP Ende 2012 in den kantonalen Legislativen ein wenig stärker verankert (86 Sitze, 3,4%) als die GLP (71 Sitze, 2,7%). Allerdings konzentrierte sich die Stärke der BDP vor allem auf die drei Gründerkantone (GL: 10 Sitze; BE: 25 Sitze; GR: 26 Sitze).

Zu den Verliererinnen gehörten im Berichtjahr die Frauen. Im Vergleich zu den Vorwahlen wurden per Saldo 6 Sitze weniger von Frauen besetzt. In fünf Kantonen (BS, SZ, SG, TG, UR) wurden weniger Frauen gewählt als bei den Wahlen zuvor, in den Kantonen Basel-Stadt und Schwyz verloren die Frauen sogar je sechs Sitze. Nur in den Kantonen Aargau (+8 Sitze), Schaffhausen und Waadt (je +1 Sitz) nahm der Frauenanteil zu. In allen acht Kantonen waren weniger als ein Drittel der Mandate von Frauen besetzt. Dies war – werden alle 26 Kantone betrachtet – Ende 2012 lediglich in Zürich (60 von 180 Sitzen) und in Basel-Landschaft (32 von 90 Sitzen) der Fall. Insgesamt lag die Frauenquote in allen kantonalen Parlamenten zusammen bei 25,1% und war damit im Vergleich zum Vorjahr (25,3%) erneut leicht zurückgegangen.

In sechs der acht Kantone hatte die Wahlbeteiligung im Vergleich zu den letzten Gesamterneuerungswahlen zugenommen. Einzig in den Kantonen Waadt und Thurgau war die Partizipation rückläufig. In den Kantonen Aargau und Thurgau nahm dabei nicht einmal ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger ihr Wahlrecht wahr. Im Schnitt beteiligten sich im Berichtjahr 41,4% an den Parlamentswahlen, wobei die Partizipationsrate von 31,9% (AG) bis 54,0% (SH) variierte.

Übersicht 2012
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2012

Bei den Parlamentswahlen im Kanton Glarus, die 2010 stattgefunden hatten, war es zu Unregelmässigkeiten gekommen. Nachdem Stimmberechtigte Beschwerden eingereicht hatten, hatte die Regierung mehrere Gutachten in Auftrag gegeben, bei denen Manipulationen in Form von Mehrfachausfüllungen festgestellt wurden. Die Regierung führte in der Folge eine Neuberechnung der Landratswahlen durch, die zu einer Korrektur des Wahlergebnisses führten. Die SVP verlor einen Sitz, welcher der FDP zufiel. Aufgrund einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SVP hob das Gericht den Regierungsentscheid aber wieder auf.

Neuberechnung der Landratswahlen Glarus 2010
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011

Der Kanton Freiburg kennt eine fünfjährige Amtsdauer, so dass alle 20 Jahre die kantonalen Wahlen mit den nationalen Wahlen zusammenfallen. Folglich wurde die Freiburger Wählerschaft nur wenige Wochen nach den nationalen Wahlen wieder zu den Urnen gerufen, um den 110 Sitze umfassenden Grossen Rat zu bestellen. Insgesamt traten 627 Kandidierende an, davon 201 Frauen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden war damit im Vergleich zu 2006 (29%) leicht auf 32,6% angewachsen. Die 8,3 Kandidierenden pro Sitz waren auch in Anbetracht der schwierigen Kandidatensuche im nationalen Wahljahr sehr hoch. Fünf Jahre zuvor betrug diese Quote noch 5,2. Die CVP, die SP und die SVP traten in allen Bezirken mit vollen Listen an. Auch die FDP kandidierte in sämtlichen Bezirken, hatte ihre Listen aber nicht überall gefüllt. Die Grünen, die CSP, die EVP, die GLP und die neu antretende BDP konzentrierten sich auf einzelne Bezirke. Die EDU trat nicht mehr an. 23 Sitze wurden aufgrund von Rücktritten frei. Einigen Wirbel verursachten die Querelen innerhalb der CVP. Parteipräsident Emanuel Waeber hatte Ende Februar aufgrund mangelnder Unterstützung durch die Basis den Bettel hingeworfen und war zur SVP übergetreten, für die er im Herbst erfolglos für den Nationalrat kandidierte. Ständerat Urs Schwaller musste ad Interim die Führung der Freiburger CVP übernehmen.

Dieser Knatsch sowie der sich auch in Freiburg bestätigende Trend hin zur neuen Mitte kostete die CVP bei den Wahlen sechs Sitze. Mit den verbleibenden 31 Sitzen und den 26,6% Wähleranteil (-4 Prozentpunkte) blieb die CVP jedoch noch knapp stärkste Partei im Kanton Freiburg. Dank dem Gewinn von vier Sitzen war ihr die SP allerdings mit neu 29 Mandaten dicht auf den Fersen. Der Erfolg der Freiburger Sozialdemokraten bei den Nationalratswahlen konnte also auf kantonaler Ebene wiederholt werden. Die SP legte von 21% Wähleranteil 2006 auf 24,3% zu. Zu den Gewinnerinnen gehörte auch die SVP, die drei Sitze zulegen konnte und neu 21 Vertreterinnen und Vertreter im Kantonsparlament hat (18,6%, +2,6 Prozentpunkte). Die FDP hingegen musste zwei Sitze abgeben und kam neu noch auf 17 Mandate. Sie verlor 3,3 Prozentpunkte und wusste noch 15,3% der Freiburger Wählerschaft hinter sich. Die BDP (1,7%) und die GLP (4,3%) – zusammen mit den Freien Wählern Düdingen, die bereits einen Sitz inne hatten – konnten je zwei Sitze gewinnen. Die Grünen (3 Sitze, 3,7%), die CSP (4 Sitze, 3,7) und die Unabhängigen (1 Sitz, 1,4%) konnten ihre Besitzstände wahren. Ihre Sitze verloren hatten hingegen die EVP und das Mouvement Ouverture. Insgesamt wurden 14 Grossrätinnen und Grossräte abgewählt. Der Frauenanteil im Grossrat lag neu bei 20,9% und war im Vergleich zu 2006 (23,6%) gesunken: Die Frauen büssten insgesamt drei Sitze ein. 43,4% der Freiburger Wahlberechtigten gingen an die Urne (2006: 40,7%).

Grossratswahlen Freiburg 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Freiburg

An der Landsgemeinde, die wegen Ostern nicht am letzten Wochenende im April, sondern am 1, Mai des Berichtjahres stattfand, beschloss die Appenzell Innerrhoder Stimmbevölkerung, die bisher aufgrund der Bevölkerungsgrösse variierende Zahl der Mitglieder des Grossen Rates auf 50 zu beschränken. Für die Wahlen ins Parlament, die im gleichen Monat stattfanden, galt allerdings noch die alte Zahl, welche anhand der Bevölkerungszahl in den Bezirken bestimmt wurde. Pro 300 Einwohner stand den Bezirken jeweils ein Sitz zu. Für die Wahlen im Mai lag die Zahl – basierend auf der Volkszählung aus dem Jahr 2000 – bei 49. In fünf der sechs Bezirke fanden am 8. Mai die Wahlen in so genannten Bezirksgemeinden – also offen – statt, im Bezirk Oberegg wurde die Wahl als Urnenabstimmung durchgeführt. Insgesamt kam es zu drei Ersatzwahlen. Eine allfällige Parteizugehörigkeit der einzelnen Parlamentarier wird in den offiziellen Dokumenten nicht aufgeführt. Parteikräfte oder -verschiebungen sind deshalb nicht zu eruieren. Die Politik im Kanton Appenzell Innerrhoden spielt sich zwischen der dominierenden CVP, einer kleinen SVP, einer „Gruppe für Innerrhoden“ und verschiedenen Verbänden ab. Der Frauenanteil im Grossen Rat lag nach den Wahlen 2011 bei 22,4%. Die Frauen haben im Vergleich zu 2007 einen Sitz gewonnen. Die Hauptaufgabe der Abgeordneten, die sich an fünf eintägigen ordentlichen Sessionen pro Jahr treffen, ist die Vorberatung der Verfassungs- und Gesetzesvorlagen, die an der Landsgemeinde beraten werden. Der Grosse Rat hat zudem eine Kontrollfunktion, bewilligt die Jahresrechnung und legt das Budget fest.

Grossratswahlen Appenzell Innerrhoden 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Appenzell Innerrhoden

Für die 120 Sitze im Luzerner Kantonsrat bewarben sich 158 Kandidatinnen und 417 Kandidaten. Die Zahl von insgesamt 575 Bewerberinnen und Bewerber war damit noch einmal höher als 2007, allerdings ging der Frauenanteil unter den Bewerbern von 31,3% auf 27,5% zurück. Zurückzuführen war die Zunahme der Kandidaturen auf die erstmaligen Antritte von GLP und BDP, aber auch auf die grössere Zahl von Bewerbungen aus dem links-grünen Lager. Auffallend war zudem die starke Zunahme von Kandidierenden unter 30 Jahren, deren Anzahl sich im Vergleich zu 2007 nahezu verdoppelt hatte (von 85 auf 162). Auch die SP (+13) und die Grünen (+6) stellten 19 Kandidierende mehr als noch 2007. Von den 120 Sitzen waren 24 vakant: Je acht Kantonsräte von CVP und SVP, fünf von der FDP, zwei von der SP und ein Grüner hatten ihren Rücktritt eingereicht. Während sich die Linke in Listenverbindungen fand – die SP trat zusammen mit den Grünen und Second@sPlus an – suchten die bürgerlichen Parteien inklusive GLP und BDP ihr Glück im Alleingang. Die EVP trat nicht mehr zu den Wahlen an. Aufgrund einer neuen Sitzberechnung (die ausländische Bevölkerung wurde neu mitgezählt) und der Fusion zwischen Luzern und Littau kam es zu neuen Wahlkreisgrössen, wovon insbesondere der Wahlkreis Luzern-Stadt profitierte (neu: 25 Sitze, +6), während drei ländliche der restlichen fünf Wahlkreise neu über weniger Sitze verfügten. Der Wahlkampf wurde als lau bezeichnet, da kaum Auseinandersetzungen über zentrale Themen stattfanden.

Der Ausgang der Wahlen in Luzern glich demjenigen der kantonalen Wahlen, die bereits kurz vorher in Zürich und Basel-Landschaft abgehalten wurden: Die alte Mitte musste Sitze abgeben, während die neue Mitte und die SVP zulegen konnten. Konkret büssten die CVP sieben und die FDP sechs Sitze ein. Die CVP blieb allerdings mit 39 Mandaten und 31,3% Wähleranteil (-6 Prozentpunkte) stärkste Fraktion. Die FDP musste mit 4 Prozentpunkten Verlust (neu: 18,9% Wähleranteil und 23 Mandate) ihren zweiten Platz an die SVP abgeben. Die Volkspartei machte 3,2 Prozentpunkte gut, erreichte einen Wähleranteil von 22,3% und gewann vier Sitze (neu: 27 Sitze). Zu den Gewinnerinnen gehörte auch die SP, die drei Sitze (einer davon für die Juso) gewinnen konnte (neu: 16 Sitze). Zwei davon holte sie im vergrösserten Stadt-Wahlkreis. Insgesamt kam die SP neu auf 11,0% Wähleranteil. Als eigentliche grosse Gewinnerin der Kantonsratswahlen feierte sich jedoch die GLP, die auf Anhieb 5,9% der Wählerschaft, sechs Sitze und Fraktionsstärke gewinnen konnte. Dieser Erfolg ging jedoch nicht auf Kosten der Grünen, die ebenfalls um 1,3 Prozentpunkte zulegen konnten (neu 8,7%), woraus allerdings kein Sitzgewinn resultierte. Die Grünen blieben damit auf neun Sitzen. Glücklos blieb die erstmals angetretene BDP. Sie konnte lediglich 1,7% der Luzerner Wählerschaft von sich überzeugen, woraus kein Sitzgewinn resultierte. Auch die zahlreich angetretenen Jungen konnten sich nicht durchsetzten. Das Durchschnittsalter des kantonalen Parlaments stieg im Vergleich zu 2007 sogar noch um ein Jahr an und lag neu bei 48 Jahren. Hingegen war der Frauenanteil – trotz weniger Kandidatinnen – wieder angestiegen und betrug neu 30,8% (2007: 25,8%), was einem neuen Rekord für den Luzerner Kantonsrat gleichkam. Die Frauen konnten um sieben Mandate zulegen. Auch bei der Wahlbeteiligung war ein neuer Rekord zu verzeichnen – allerdings ein negativer: Noch nie war die Wahlbeteiligung (43,5%) im Kanton Luzern so tief wie bei den Wahlen 2011.

Kantonsratswahlen Luzern 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Luzern

In den gleichzeitig wie in Luzern stattfindenden Wahlen für den Grossen Rat im Kanton Tessin kam es ebenfalls zu einem Einbruch der Mitteparteien. Im Südschweizer Kanton waren allerdings im Unterschied zur Innerschweiz weder die Grünliberalen noch die BDP angetreten. Insgesamt traten 675 Kandidierende auf 10 Listen für die 90 Sitze im Kantonsparlament an. Darunter befanden sich neben CVP, FDP, SP und SVP, welche eine Mischliste mit der EDU aufgestellt hatte, auch die Lega, die Grünen, das Bündnis zwischen der Movimento per il socialismo und der kommunistischen Partei, zwei kleinere Gruppierungen und die Einerliste Montagna Viva mit Germano Mattei, der im Herbst auch für die Ständeratswahlen kandidierte. Mit dem Slogan „ein Tessin für Tessiner“ machte die Lega in gewohnt aggressiver Manier Stimmung mit den Ängsten der Bevölkerung des Grenzkantons. Sie schürte die Wut gegen die politische Elite in Bern, die sich nicht um das Tessin kümmere, sowie gegen Grenzgänger und Migranten, die der einheimischen Bevölkerung die Arbeitsplätze streitig machen würden. Ähnlich wie im Kanton Genf der MCG hatte also auch im Grenzkanton Tessin nicht die SVP, sondern die sprachregional begrenzt auftretende Lega die Rolle der rechten Oppositionspartei inne. Für einigen Wirbel sorgte der Umstand, dass die Kandidierenden erstmals ihr Vorstrafenregister einreichen mussten und allfällige Einträge daraus im Amtsblatt veröffentlicht wurden. Nicht weniger als 15 Kandidierende (je fünf von Lega und FDP, drei von der CVP und einer von der SVP) erwiesen sich dabei als vorbestraft, wobei die Strafen vor allem Verkehrsdelikte betrafen.

Bei den Wahlen zeigte sich ein Erfolg der Strategie der Lega, der die arrivierten Parteien nichts entgegenzusetzen hatten. Der Zuwachs des Wähleranteils um 6,6 Prozentpunkte (neu: 22,8%) bedeutete einen Gewinn von sechs Sitzen für die Lega. Mit den neu 21 Mandaten wurde sie zweitstärkste Kraft im Tessiner Grossen Rat und überholte sowohl die SP als auch die CVP. Die Christdemokraten (20,5%; -2,7 Prozentpunkte) verloren zwei Sitze und hatten nur noch 19 Mandate inne. Wie in den anderen grossen Kantonen, in denen im Berichtsjahr Wahlen stattfanden, musste auch die FDP Federn lassen. Sie büsste im Vergleich zu 2007 vier Sitze ein, blieb jedoch mit 23 Vertreterinnen und Vertretern und 25,2% Wähleranteil stärkste Partei in einer ihrer Hochburgen (-4,2 Prozentpunkte). Die Verluste wurden mit den parteiinternen Querelen erklärt, die verhindert hätten, dass sich die Partei auf die Sorgen und Ängste der Bevölkerung konzentrierte. Sitzverschiebungen gab es nicht nur von der Mitte nach rechts, wo die SVP ihre fünf Mandate halten konnte. Auch links der Mitte kam es zu Verwerfungen. Umweltanliegen schienen dabei im Wahljahr 2011 von Bedeutung, was sich im Umstand zeigte, dass die Grünen – im Tessin nicht die Grünliberalen – drei Sitze und 7,6% Wähleranteil (+3,5 Prozentpunkte) gewinnen konnten. Sie erhöhten damit die Zahl ihrer Mandate von vier auf sieben und erreichten erstmals Fraktionsstärke. Für eine Überraschung sorgte die kommunistische Partei zusammen mit dem Movimento per il socialismo, die mit ihrer Mischliste 1,3% Wähleranteil und einen Sitz gewinnen konnten. Dieser und die drei neuen Sitze der Grünen gingen auf Kosten der SP, die 3,9 Prozentpunkte an Wählerinnen und Wählern einbüsste (neu 15,1%) und nur noch über 14 Grossratssitze verfügte. Der Frauenanteil lag nach den Wahlen bei 13,3%. Die Wahlbeteiligung war mit 58,5% tiefer als noch vor vier Jahren (62,1%).

Grossratswahlen Tessin 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Tessin

Zum zweiten Mal wurde in Zürich mit dem „doppelten Pukelsheim“ gewählt: Die Besetzung der 180 Sitze im Kantonsrat wird mit Hilfe der Stimmen aus dem gesamten Kanton berechnet, was Listenverbindungen obsolet macht. Weil somit auch kleine Parteien begünstigt werden, führte der Kanton Zürich bereits für die Wahlen 2007 eine Fünfprozent-Wahlhürde ein. Trotzdem bewarben sich 13 Parteien und Gruppierungen mit insgesamt 1720 Kandidierenden für das Kantonsparlament (2007: 1641 Kandidierende auf 11 Listen). Zumindest auf die Zahl der Listen schien sich die Reform des Wahlrechts also auszuwirken, waren doch für die Wahlen von 2003 nicht weniger als 47 Listen- und Unterlisten gezählt worden. Der Anteil von 34% Frauen unter den Kandidierenden war allerdings so tief wie noch nie in den letzten 20 Jahren. Neu traten die BDP und die Piratenpartei an. Diese beiden Parteien schafften es zusammen mit der SD und der Europäischen Reform-Partei (ERP) im Gegensatz zu den arrivierten und im Kantonsrat vertretenen Parteien (SVP, SP, FDP, GP, GLP, CVP, EVP, EDU, AL) nicht, in allen Wahlkreisen mit Listen anzutreten, was für das Pukelsheim-Wahlverfahren von Bedeutung ist. Auch in Zürich wurde der Wahlkampf als eher lau bezeichnet. Die Gründe dafür wurden in der vermeintlich wenig spannenden Ausgangslage für die Regierungsratswahlen (siehe unten) und in den anstehenden nationalen Wahlen vermutet, für welche die Parteien Mittel aufsparen wollten. Vermisst wurden auch in Zürich klare Positionen und profilierende Auseinandersetzungen.

Die Kräfteverhältnisse zwischen Mitte, Links und Rechts blieben praktisch gleich wie nach den Wahlen 2007. Die Wahlen vom 3. April brachten also nicht zwischen, sehr wohl aber innerhalb der Blöcke einige Verschiebungen. Im links-grünen Lager verlor die SP 0,2 Prozentpunkte und musste einen Sitz abgeben (neu: 19,3%, 35 Sitze). Die Grünen konnten ihre 19 Sitze halten (neu 10,6%, +0,1 Prozentpunkte) und die Alternative Liste konnte die Anzahl ihrer Mandate von zwei auf drei erhöhen (neu: 1,6%, +0,4 Prozentpunkte). Auf der rechten Seite musste die SVP zwar zwei Sitze abgeben, blieb aber mit neu 54 Mandaten und einem Wähleranteil von 29,6% (-0,9 Prozentpunkte) nach wie vor stärkste Kraft im Kanton Zürich. Die EDU konnte trotz leichten Wählerverlusten (2,6%, -0,2 Prozentpunkte) ihre fünf Sitze halten. Zu grösseren Verschiebungen kam es in der Mitte: Wie bereits vor vier Jahren war die GLP grosse Siegerin der Wahlen in Zürich. Sie konnte ihre Sitzzahl von zehn auf 19 Sitze fast verdoppeln und war mit den Grünen nun auf Augenhöhe. Der Wählerzuwachs von 5,8% auf 10,3% wurde in diesem Ausmass kaum erwartet. Die BDP konnte auf Anhieb 3,5% der Zürcher Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen und nahm sechs Mandate ein. Dieser Zuwachs, der sogleich Fraktionsstärke bedeutete, wurde der neuen Partei im Vorfeld der Wahlen ebenfalls kaum zugetraut. Die Gewinne gingen auf Kosten der FDP (-3 Prozentpunkte), der CVP (-2,4 Prozentpunkte) und der EVP (-1,4 Prozentpunkte). Die FDP büsste mit neu 12,9% der Stimmen sechs Sitze ein, die CVP (4,9%) verlor vier Sitze und die EVP (3,8%) hatte drei Sitzverluste zu beklagen. Die SD, die Piraten und die Europäische Reformpartei (ERP) verpassten das Quorum deutlich. Der Frauenanteil im Parlament wuchs leicht auf genau einen Drittel an: 60 Kantonsparlamentarier sind Frauen (2007: 58). Die Wahlbeteiligung lag bei 38,2% und war damit höher als noch vor vier Jahren (35,9%). Die Erfolge der GLP und der BDP wurden im Nachhinein der Frische der noch jungen Parteien, den Ereignissen in Japan, der Unfähigkeit der Mitteparteien auf aktuelle Probleme zu reagieren, aber auch dem Wahlsystem zugeschrieben, das vor allem Kleinparteien nütze, die in einzelnen Bezirken überproportional vertreten seien. Die Atomisierung der politischen Mitte mache es zudem schwieriger, klare Mehrheiten zu finden.

Kantonsratswahlen Zürich 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich

Im Kanton Appenzell Ausserrhoden bilden für die Wahlen in den Kantonsrat die Gemeinden die Wahlkreise. Die geringe Einwohnerzahl in 19 der 20 Gemeinden führt dazu, dass ausser in Herisau überall das Majorzverfahren angewandt wird. Nur in Herisau werden 14 der total 65 Sitze mittels Proporz gewählt. Weil das Majorzverfahren kleine Parteien diskriminiere, wurde im Vorfeld der Wahlen dagegen eine letztlich erfolglose Beschwerde eingereicht und verlangt, dass die Wahlen verschoben werden. Das Wahlverfahren dürfte auch mit ein Grund für den fehlenden kantonalen Parteienwahlkampf sein, präsentierten sich die Kandidierenden doch vorwiegend in ihren Gemeinden. Darüber hinaus ist die durch Majorzwahlen begünstigte Konzentration auf Köpfe statt Parteien verantwortlich für den traditionell hohen Anteil an parteiunabhängigen Abgeordneten im Parlament des Halbkantons, die trotz teilweise unterschiedlichen Positionen eine eigene Fraktion bilden. Schliesslich haben kleinere Parteien in der Regel bei Majorzwahlen kaum Chancen, womit etwa das Fehlen der Grünen im Ausserrhoder Kantonsrat erklärt werden kann. Die Wahlen vom 3. April und die zweiten Wahlgänge, die in den Gemeinden Trogen und Rehetobel nötig wurden, brachten im Vergleich zu den Wahlen 2007 nur wenige Veränderungen. 47 Bisherige wurden bestätigt, nur ein Kandidierender wurde abgewählt (Werner Liebherr, EVP). Mit 24 Mandaten stärkste Partei blieb die FDP, die allerdings zwei Sitzverluste in Kauf nehmen musste. Parteiunabhängige hielten unverändert 22 Mandate. Die SVP konnte um zwei Sitze zulegen und stellte neu zehn Kantonsräte. Die SP, die neu fünf Mandate innehatte, konnte um einen Sitz zulegen, während die EVP einen ihrer beiden Sitze abgeben musste. Die CVP, die sich in der Folge mit der EVP zu einer Fraktion zusammenschloss, konnte ihre drei Sitze halten. Als bemerkenswert wurde die Wahl der parteiunabhängigen Anna Eugster hervorgehoben, die mit 18 Jahren die mit Abstand jüngste Kantonsparlamentarierin aller Zeiten im Kanton Appenzell Ausserrhoden wurde. Trotz ihrer Wahl sank allerdings der Frauenanteil im Parlament erneut. Lediglich noch 14 der 65 Sitze waren von Frauen besetzt (21,5%). 2007 hatte dieser Anteil noch 23,1% betragen.

Kantonsratswahlen Appenzell Ausserrhoden 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Appenzell Ausserrhoden

Im Vorfeld der Wahlen für den Landrat avancierten die Streitereien innerhalb der FDP, die Fusion der beiden Basler Halbkantone und Fukushima zu den zentralen Wahlkampfthemen. Bei den seit 1979 schwächer werdenden Freisinnigen war es ob des zunehmend populistischen Kurses zu Parteiaustritten ehemaliger Parteigrössen gekommen. Anfang März mussten die Parteien zudem aufgrund einer von einem CVP-Postulat angeregten Studie, welche die Vor- und Nachteile einer Fusion der beiden Basel aufzeigen sollte, Stellung zur Fusionsfrage beziehen. Der deutliche Graben in dieser Frage – SP, Grüne, GLP, CVP und EVP zeigten sich grundsätzlich offen gegenüber einer Fusion mit Basel-Stadt; FDP, BDP, SD und SVP waren deutlich dagegen – wurde im Wahlkampf von beiden Seiten betont. Schliesslich zwang die Atomkatastrophe in Japan die Parteien zu Stellungnahmen zu einem möglichen Atomausstieg. Auch die bürgerlichen Parteien äusserten sich dabei kritisch zur Kernenergie, was ihnen von der SD prompt als Wendehals-Taktik vorgeworfen wurde. Die Grünen und die GLP zeigten sich froh über die neue Unterstützung und fürchteten dadurch auch keine Einbussen, weil sie bei diesem Thema glaubhafter seien. Neben den inhaltlichen Themen interessierte das Abschneiden der beiden zum ersten Mal antretenden GLP und BDP auch hinsichtlich der anstehenden Nationalratswahlen. Die EDU trat im Gegensatz zu vor vier Jahren nicht mehr an. Für die 90 Sitze bewarben sich 617 Kandidierende von neun verschiedene Parteien in den zwölf Bezirken (2007: 572). Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 35% (2007: 37%). Von den acht nicht mehr antretenden Landrätinnen und Landräten fielen drei der Amtszeitbeschränkung zum Opfer: Hanspeter Frey (FDP), Eva Chappuis (SP) und Peter Holinger (SVP) hatten bereits vier Amtsperioden absolviert. Zum ersten Mal hatten die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, die Online-Wahlhilfe Smartvote zu verwenden.

Die Wahlen kamen für die FDP einem eigentlichen Einbruch gleich. Sie verlor sechs Sitze und hatte lediglich noch 14 Mandate inne. Der Freisinn büsste dabei mehr als einen Viertel seiner Wählerschaft ein (-5,8 Prozentpunkte) und kam noch auf 15,2% Wählerstärke. Verluste musste auch die CVP (9,3%, -2,9 Prozentpunkte) hinnehmen. Ihre Sitzzahl verringert sich von elf auf acht Mandate. Einen Sitz verlor auch die SP, die mit neu 21 Sitzen nur noch zweitstärkste Kraft im Landrat ist (hinter der SVP). Die Sozialdemokraten kamen noch auf 22% Wähleranteil (-1,0 Prozentpunkte). Auch die SD verloren Wähleranteile (-2,3 Prozentpunkte). Die verbleibenden 1,2% der Wählerschaft bedeuteten, dass die SD ihren Sitz verloren und nicht mehr im Landrat vertreten waren. Die Schweizer Demokraten hatten von 1999 bis 2003 im Landrat neun Sitze inne. Auch das Comeback des einstigen SD-Nationalrates Rudolf Keller konnte den Niedergang der Partei nicht aufhalten. Als Gewinnerinnen der Wahlen konnten sich die BDP (4 Sitze), die GLP (3 Sitze), die SVP (+3 Sitze; neu: 24 Sitze) und die Grünen (+1 Sitz; neu 12 Sitze) feiern lassen. Die beiden neuen konnten auf Anhieb 5,5% (BDP) bzw. 4,5% (GLP) der Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen. Die SVP wurde mit 24% neu stärkste Kraft im Kanton (+1,5 Prozentpunkte). Innerhalb von zwölf Jahren war es damit im Kanton Basel-Landschaft zu einem Rollentausch zwischen SVP und FDP gekommen. Die FDP war 1999 so stark wie die SVP nach den Wahlen 2011 und umgekehrt. Auch die Grünen konnten einen leichten Zuwachs von 1,6 Prozentpunkten verzeichnen und kamen neu auf 13,7%. Unverändert vier Mandate hält die EVP (4,7%, -0,9 Prozentpunkte). Die 32 Sitze, auf welche Frauen gewählt wurden, bedeuteten neuen Rekord. Der Frauenanteil im Landrat beträgt somit neu 35,6% (2007: 34,4%). Die Wahlbeteiligung lag bei 35,1% und war damit etwas tiefer als noch 2007 (37%). Insgesamt wurden 15 Bisherige nicht wieder gewählt. Die dramatischen Verluste der FDP wurden auf den „Atomeffekt“ und die internen Streitigkeiten zurückgeführt. Ob ein Fukushima-Effekt gespielt habe, ob also die Atomkatastrophe in Japan und die Diskussion um die Kernenergie den Grünen und der GLP bei den Wahlen Auftrieb verliehen, war unter Experten umstritten. Hervorgehoben wurde, dass die GLP auch von ihrer Frische und von der Zerstrittenheit im bürgerlichen Lager profitiert habe. Die Kernenergie werde aber noch lange politisches Hauptthema bleiben. Nach den Landtagswahlen ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Wahlfälschung und Stimmenfang. Auf zahlreichen Listen in einem der zwölf Wahlkreise seien sehr ähnliche Handschriften festgestellt worden. Im November wurde das Strafverfahren mangels Beweisen jedoch eingestellt.

Landratswahlen Basel-Landschaft 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Basel-Landschaft

In sieben Kantonen (AI, AR, BL, FR, LU, TI und ZH) wurden die Wählerinnen und Wähler nicht nur zur Wahl der nationalen, sondern auch der kantonalen Repräsentanten aufgerufen. Die im Frühjahr durchgeführten kantonalen Wahlen wurden dabei als wichtige Gradmesser und Testläufe im Hinblick auf die nationalen Wahlen betrachtet. Nur im Kanton Freiburg fanden die Wahlen nach den Nationalrats- und Ständeratswahlen statt. Rückblickend erwiesen sich die kantonalen Wahlen allerdings nur bedingt als Prognoseinstrumente für die nationalen Wahlen, zu stark sind die kantonalen Eigenheiten. So kündigte sich zwar der herbstliche Vormarsch der neuen Mitte bereits in den Kantonen an, aber eben nur in jenen Kantonen, in denen GLP und BDP überhaupt antraten (BL, FR, LU, ZH). Anders als auf nationaler Ebene konnten die SVP und die Grünen in einigen Kantonen zudem Gewinne verzeichnen. Deutlich waren hingegen in fast allen Kantonen die Verluste der alten Mitteparteien FDP und CVP. Kantonale Besonderheiten zeigten sich besonders deutlich im Tessin, wo ein veritabler Rechtsrutsch zu verzeichnen war. Freilich feierte die Lega nicht nur kantonale Erfolge, sondern konnte auch bei den nationalen Wahlen einen zusätzlichen Sitz gewinnen.

Die insgesamt erfolgreichste Partei bei den kantonalen Parlamentswahlen in den sieben Kantonen war die GLP mit total 20 gewonnenen Mandaten. In denjenigen Kantonen, in denen sie neu antrat (BL, FR, LU), konnte sie insgesamt elf Sitze besetzen und in Zürich, in dem Kanton also, in dem sie vor vier Jahren zum ersten Mal überhaupt aufgetreten war, schaffte sie fast eine Verdoppelung ihrer Sitze von 10 auf 19. Auch die zweite Partei der neuen Mitte, die BDP, war unerwartet erfolgreich. Sie war in den Kantonen Basel Landschaft, Freiburg, Luzern und Zürich zum ersten Mal angetreten und konnte in drei Kantonen insgesamt zwölf Sitze für sich beanspruchen. Einzig in Luzern ging sie leer aus. Der Antritt der BDP schadete der SVP, von der sie sich abgespaltet hatte, wider Erwarten nicht. Im Gegenteil, die SVP konnte insgesamt ebenfalls zwölf neue Mandate verbuchen. Einzig in Zürich verlor sie zwei ihrer 56 Sitze, blieb aber dennoch mit Abstand stärkste Partei. Die nationalen Verluste der Volkspartei zeichneten sich in den kantonalen Wahlen also nur sehr bedingt ab. Die kantonalen Gewinne und Verluste der SP hielten sich in etwa die Waage. Die Sozialdemokraten konnten in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Freiburg und Luzern insgesamt acht Sitze zulegen, mussten aber gleichzeitig in den Kantonen Basel Landschaft (-1), Tessin (-4) und Zürich (-1) Sitzverluste in Kauf nehmen. Grosse Verluste in allen Kantonen (mit Ausnahme von AI) mussten die CVP und die FDP hinnehmen. Gleich in drei Kantonen (BL, LU und ZH) musste der Freisinn jeweils sechs Mandate abgeben. Zudem verlor die FDP je zwei Sitze in Appenzell Ausserrhoden und im Kanton Freiburg. Im Tessin blieb sie mit vier Sitzverlusten nur noch sehr knapp die stärkste Partei im kantonalen Parlament. Insgesamt büsste die FDP im Berichtjahr also nicht weniger als 26 kantonale Legislativmandate ein. Die CVP musste in den sechs Kantonsparlamenten (ohne AI) insgesamt 22 Sitzverluste verkraften. Darunter fanden sich herbe Verluste in ihren Stammlanden Luzern (-7 Sitze) und Freiburg (-6 Sitze). In beiden Kantonen blieben die Christdemokraten allerdings stärkste Fraktion. Die Grünen konnten hingegen Erfolge feiern. Während die GP in den Kantonen Zürich, Luzern und Freiburg zwar ihre Wähleranteile, nicht aber ihre Sitzanteile ausbauen konnte, eroberte sie im Kanton Basel-Landschaft einen und im Tessin gleich drei neue Mandate. Vielerorts wurden die Erfolge der Grünen und der GLP mit einem Fukushima-Effekt, also mit der Sensibilität der Wählerschaft für umwelt- und energiepolitische Fragen nach der Atom-Katastrophe in Japan erklärt. Der grosse Erfolg der Grünen in den Kantonen – auch bei den Regierungswahlen konnte die GP gleich in drei Regierungen einziehen (siehe unten) – fand jedoch auf nationaler Ebene keine Entsprechung.

Bei den kleineren Parteien hielt die Niederlagenserie der Schweizer Demokraten weiter an. Die SD verloren ihren Sitz in Basel und sind jetzt schweizweit nur noch im Kanton Aargau in einer kantonalen Legislative vertreten. Die EDU konnte ihre fünf Sitze in Zürich halten und half im Tessin auf einer Mischliste mit, die fünf Sitze der SVP zu verteidigen. In den Kantonen Basel-Landschaft und Freiburg war die Union allerdings nicht mehr angetreten. Die EVP musste insgesamt fünf Mandate abgeben. In Zürich verlor sie drei Sitze (neu: 7) und in Appenzell Ausserrhoden und in Freiburg jeweils einen Sitz. Im Kanton Freiburg war sie damit nicht mehr im Parlament vertreten. Im Kanton Basel-Landschaft konnte sie ihre vier Mandate knapp verteidigen. Einen Grosserfolg feierte die Lega im Kanton Tessin. Sie gewann sechs Sitze und war mit 21 Mandaten neu zweitstärkste Fraktion im Parlament des Südschweizer Kantons. Überraschend zog im Tessin zudem die kommunistische Partei zusammen mit dem „Movimento per il Socialismo“ mit einem Sitz ins Parlament ein. Die CSP konnte ihre vier Sitze im Kanton Freiburg halten. Im Kantonsparlament von Zürich konnte die Alternative Liste ihre Sitzzahl auf drei ausbauen (+1 Sitz). Ein Unabhängiger sass im Parlament im Kanton Freiburg und 22 Unabhängige hatten Sitze in der Legislative des Kantons Appenzell Ausserrhoden inne.

In drei der fünf Kantone, welche die Wahlbeteiligung ausweisen (nicht in AI und AR), war diese im Vergleich zu den letzten Gesamterneuerungswahlen zurückgegangen. Im Kanton Basel-Landschaft betrug der Rückgang 1,9 Prozentpunkte. Nur noch 35,1% der Baselbieter Bevölkerung beteiligte sich an den Landratswahlen. Etwas höher (38,2%) war dieser Anteil in Zürich, wo die Wahlbeteiligung im Vergleich zu 2007 (35,9%) leicht angestiegen war. Leicht zurückgegangen war die Beteiligung hingegen auch im Kanton Luzern und zwar von 44,8% (2007) auf 43,5% (2011). Fast genauso hoch war die Wahlbeteiligung im Kanton Freiburg (43,4%). Hier hatte sie im Vergleich zu 2006 allerdings um 2,7 Prozentpunkte zugenommen. Über die Hälfte der Tessiner Bevölkerung machte von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Die 58,5% bedeuteten aber auch in der Südschweiz im Vergleich zu den letzten Gesamterneuerungswahlen (62,1%) einen Rückgang.

Auf die insgesamt 704 Sitze, die in den sieben Kantonsparlamenten zu vergeben waren, wurden insgesamt 186 Frauen gewählt (26,4%). In drei Kantonen hatte der Frauenanteil abgenommen. Im Kanton Freiburg verloren die Frauen drei Sitze. Der Anteil an Frauen in der Freiburger Legislative betrug damit noch 20,9%. Je einen Sitz mussten die Frauen im Kanton Appenzell Ausserrhoden und im Tessin abgeben. Während die Appenzellerinnen noch mit 14 Kantonsparlamentarierinnen vertreten sind (21,5%), waren die Tessinerinnen lediglich noch von neun Frauen repräsentiert (13,3%). Verbessert hat sich die Frauenrepräsentation hingegen in den anderen vier Kantonen, welche 2011 kantonale Wahlen abhielten. Rund ein Drittel Frauen sitzen in den Kantonsparlamenten von Zürich (33,3%; +2 Sitze) und Basel-Landschaft (35,6%, +1 Sitz). Gleich um sieben Sitze zulegen konnten die Frauen im Kanton Luzern, wo ihr Repräsentationsgrad von 25% auf 30,8% anstieg. Im Kanton Appenzell Innerrhoden wurde ebenfalls eine zusätzliche Frau ins Parlament gewählt, wo neu elf Abgeordnete die Appenzellerinnen vertreten (22,5%). Gesamtschweizerisch war Ende 2011 rund ein Viertel der kantonalen Parlamentssitze mit Frauen besetzt (25,2%). Im Vergleich zu 2010 (24,9%) und im Gegensatz zum nationalen Parlament war dieser Anteil also wieder leicht angestiegen (die Vergleiche basieren auf den Resultaten der kantonalen Wahlen 2002 bis 2012; später nachgerückte oder zurückgetretene Frauen wurden zur Berechnung der Frauenanteile nicht berücksichtigt).

Übersicht 2011
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2011

Eine neue Höchstzahl von 116 Kandidatinnen und 268 Kandidaten auf 19 Listen trat für die Wahlen ins 60 Sitze umfassende jurassische Parlament an. Neben den bereits im Parlament vertretenen Parteien (Unabhängige Christlichsoziale UCSP, CVP, FDP, SVP, SP, GP und Combat socialiste zusammen mit dem Parti ouvrier populaire CS+POP) kämpften auch die EDU und der Mouvement indépendant et sans parti du Jura (ISPJ) um den Einzug ins Kantonsparlament. Im Wahlkampf machte eine Polizeiaffäre Schlagzeilen, in die CVP-Exponenten verwickelt waren.

Bei den Wahlen Ende Oktober kam es zu einem leichten Linksrutsch. Die Grünen (8.3% Wählerstimmenanteil) konnten ihre Sitzzahl verdoppeln (neu vier Mandate) und die SP (21.2%) gewann einen Sitz und besitzt neu 14 Mandate. Auch die SVP (9.5%) war erfolgreich und konnte einen Sitzgewinn verbuchen (neu vier Sitze). Sie bleibt aber – verglichen mit anderen Kantonen – im Kanton Jura eher schwach, was historische Gründe haben dürfte. Gilt die SVP doch als antiseparatistische und berntreue Partei. Ihre Sitzgewinne gingen auf Kosten der FDP (14.5%), die drei Mandate und fast 5% der Wählerstimmen einbüsste. Einen Sitzverlust musste die UCSP (13.2%) hinnehmen. Sie ist nun noch mit acht Sitzen im Parlament vertreten. Ihre Sitze halten konnte die stärkste Partei, die CVP (19 Sitze, 28.9% Wählerstimmenanteil), der die Polizeiaffäre zumindest im Parlament nicht geschadet hatte, sowie die CS+POP (3 Sitze, 4.4%). Die Gewählten, darunter leidglich neun Frauen (2006: 15), werden nach der Verlängerung der Legislatur um ein Jahr neu für fünf Jahre im jurassischen Parlament Einsitz nehmen. Die Wahlbeteiligung lag bei historisch tiefen 50.9%. Rund 60% der Wählenden hatte den postalischen Weg benutzt.

Parlamentswahlen Jura 2010
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2010
Dossier: Kantonale Wahlen - Jura