Die APK-NR hatte im August 2019 die Beschlussfassung zum zweiten Beitrag der Schweiz an ausgewählte EU-Staaten auf das vierte Quartal verschoben und gleichzeitig Bundesrat und Verwaltung damit beauftragt, zusätzliche Abklärungen zu treffen. Die Kommission wollte wissen, welche Vor- und Nachteile eine derartige Mittelverschiebung mit sich bringen würde. Des Weiteren sollte eine Einschätzung vorgenommen werden, welche Massnahmen der EU als diskriminierend aufgefasst werden könnten und somit die finanziellen Beiträge blockieren würden. Dieser Bedingung hatten sowohl Ständerat wie auch Nationalrat eindeutig zugestimmt, insbesondere in Anbetracht des drohenden Endes der Börsenäquivalenz, welches Anfang Juli auch eingetreten war. Im November 2019 entschied sich die APK-NR, hinsichtlich der Aufstockung des Rahmenkredits Migration dem Ständerat zu folgen und den Antrag abzulehnen. Die zweite Differenz zwischen den beiden Räten bestand in der Frage, ob der Bundesrat zusätzlich auch noch über die Teilnahmebedingungen an EU-Forschungs- und Bildungsprogrammen verhandeln solle. Doch auch dies lehnte die Kommission ab, da man die Kohäsionsmilliarde nicht mit thematisch unabhängigen Dossiers verknüpfen wollte. Zudem hätten diese Verhandlungen das Geschäft zeitlich noch stärker verzögert, was dem Ziel einer raschen Differenzbereinigung im Sinne des Geschäftsabschlusses widersprochen hätte.

In der Wintersession 2019 behandelte der Nationalrat das Geschäft erneut, um die Differenzen zum Ständerat zu bereinigen. Eine Minderheit – getragen durch die Grünen, die SP und die GLP – hatte die Wiederassoziierung der Schweiz an «Erasmus plus» und «Kreatives Europa» sowie die Teilnahme an «Horizon Europa» als Ergänzung zum Rahmenkredit gefordert. Der Antrag der Minderheit erhielt jedoch nur 86 Stimmen, dem Mehrheitsantrag gaben 110 Räte ihre Stimme. Somit fügte sich der Nationalrat mehr oder weniger willig den Entscheiden des Ständerats und den Vorschlägen der Kommission. Beide Räte waren sich darüber hinaus einig, dass die Zahlungen ausgesetzt werden sollten, solange diskriminierende Massnahmen vonseiten der EU bestehen. Nachdem die CVP und die FDP die Differenzbereinigung erst nach den nationalen Wahlen im Herbst durchführen wollten und sich zur Frage der Diskriminierung bedeckt hielten, vertraten nun diverse Vertreterinnen und Vertreter beider Parteien explizit die Auffassung, dass die Schweiz durch die EU diskriminiert werde. Grund dafür war vermutlich auch eine Einschätzung des Bundesrats, wonach die Aufhebung der Börsenäquivalenz unter dem WTO-Gleichbehandlungsgebot als Diskriminierung angesehen werden könne. Bundesrat Cassis erklärte daher dem Nationalrat, dass das Parlament selbst bei einer Annahme noch keine Kredite vergeben würde. Denn die Schweiz ginge erst dann rechtliche Verpflichtungen ein, wenn sie die bilateralen Abkommen unterzeichnet. Da dies erst nach Reinstallierung der Börsenäquivalenz geschehe, läge der Ball somit wieder bei der EU. Er hob auch hervor, dass das Ja zur Kohäsionsmilliarde und dem Migrationskredit ein Schritt hin zur Deeskalation in den verfahrenen Verhandlungen mit der EU sei. Dass das Parlament diese Meinung nicht unumstritten teilte, zeigte das Votum von Tiana Moser (glp, ZH), die den Entscheid als «positives Signal mit angezogener Handbremse» bezeichnete.

Deuxième contribution de la Suisse en faveur de certains Etats membres de l'UE (MCF 18.067)
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU