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  • Keller-Sutter, Karin (fdp, plr) BR EJPD / CF DFJP

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In der Herbstsession 2021 behandelte der Nationalrat die Motion Müller (fdp, LU), die vom Bundesrat Verhandlungen mit Algerien über Rückführungen auf dem Seeweg forderte. Eine Minderheit der SPK-NR, angeführt von Greta Gysin (gp, TI), beantragte die Ablehnung der Motion, da der Bundesrat bereits im Austausch mit Algerien stehe, um die Situation bei den Rückführungen zu verbessern, und die Zielsetzung der Motion diesbezüglich «nicht zielführend» sei. Zudem habe die Schweiz kein Problem bei der Durchführung von Zwangsrückführungen, sondern mit 50 Prozent gar eine deutlich höhere Abschiebequote als beispielsweise die EU, argumentierte Gysin in der Ratsdebatte. Eine marginale Mehrheit der Kommission – der Entscheid war mit 10 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung sehr knapp ausgefallen – setzte sich hingegen für Annahme des Vorstosses ein, weil die Motion den Anstrengungen des Bundesrats Nachdruck verleihe. Kommissionssprecher Jauslin (fdp, AG) kritisierte, dass in der gegenwärtigen Lage eine Rückführung nur mit Linienflügen möglich sei, während Algerien Sonderflüge nicht erlaube. Viele abgewiesene Asylsuchende blieben daher auf unbestimmte Zeit in der Schweiz, weshalb auch die in der Motion vorgeschlagenen Rückführungen auf dem Seeweg sinnvoll seien. Die Mehrheit der Kommission vertrete die Meinung, dass der effiziente Vollzug von Rückführungen wichtig für die Glaubwürdigkeit des Asylsystems sei, schloss Jauslin. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass Algerien auch keine Sonderflüge aus anderen europäischen Ländern akzeptiere, ansonsten aber das Rückübernahmeabkommen mit der Schweiz gut umsetze. Die Rückkehrpendenzen seien trotz der Corona-bedingten Verzögerung nur leicht angestiegen und man sei überzeugt, dass sich die positive Entwicklungstendenz nach Ende der Pandemie wieder einstellen werde. Die Bundesrätin bezweifelte, dass sich Algerien auf die Verhandlungen für ein Abkommen zur maritimen Rückführung einlassen werde, weshalb ein verbindlicher Verhandlungsauftrag nicht hilfreich wäre.
Der Nationalrat tat es in der Abstimmung jedoch der kleinen Kammer gleich und nahm die Motion mit 116 zu 64 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) gegen den Willen des Bundesrats an. Der geeinte Widerstand der SP- und Grünen-Fraktionen vermochte die Annahme nicht zu verhindern.

Rückführungen auf dem Seeweg mit Algerien verhandeln

Carlo Sommaruga (sp, GE) verlangte im Juni 2021 in einer Motion, keine Abkommen im Bereich der Polizeikooperation mit Ländern abzuschliessen, die die Menschenrechte schwerwiegend verletzen. Sommaruga wollte damit sicherstellen, dass der Bundesrat und das Fedpol bei der Ausübung ihrer neuen Kompetenzen zum Abschluss von Abkommen im Bereich der Polizeikooperation und von Vereinbarungen über operative, technische oder administrative Inhalte mit ausländischen Polizeibehörden die verfassungsrechtliche Pflicht zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte angemessen umsetzen. Sommaruga nannte exemplarisch ein Abkommen mit China, einem Staat der Menschenrechte schwer verletze und chinesische Staatsangehörige in der Schweiz überwache, welches aufgrund öffentlicher Entrüstung nicht erneuert worden sei. In seiner Stellungnahme berichtigte der Bundesrat, dass es sich bei dem von ihm genannten Abkommen nicht um ein polizeiliches Kooperationsabkommen, sondern um eine technische Vereinbarung gehandelt habe. Der Bundesrat achte bei Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit nicht nur auf die «operationellen Bedürfnisse der Polizei», sondern auch auf die Menschenrechtslage im Vertragsstaat. Polizeiliche Kooperationsverträge dürften zudem nie genutzt werden, um Informationen zu erhalten, die nicht auf dem Rechtshilfeweg beschafft werden könnten. Probleme hinsichtlich der Menschenrechte habe es in der Vergangenheit aber auch noch nie gegeben, meinte der Bundesrat. Daher beantragte er die Ablehnung der Motion.

In der Herbstsession 2021 versuchte Motionär Sommaruga seine Ratskolleginnen und -kollegen von seinem Anliegen zu überzeugen. Er argumentierte, dass sich seine Motion nicht nur auf Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit beziehe, sondern auch auf andere Abkommen technischer Natur mit Drittstaaten. Dabei gehe es aber nur um jene Staaten, die «schwerwiegende» Menschenrechtsverletzungen begingen. Sommaruga bemängelte, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme nicht auf die Achtung der Menschenrechte im Rahmen von «technischen Abkommen polizeilicher Natur» eingegangen sei. Wenn die Schweiz mit der Polizeistruktur eines Drittstaates zusammenarbeite, der die Menschenrechte schwer verletzt, so würde man diese Menschenrechtsverletzungen legitimieren, beklagte der Motionär. Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte den Ratsmitgliedern, dass es sich bei Polizeikooperationsabkommen um eine Rechtsgrundlage für die gemeinsame Bekämpfung verschiedener Formen von Kriminalität handle. Abkommen wie jenes mit China, welches Sommaruga in der Motionsbegründung erwähnt hatte, hätten also nichts mit polizeilicher Zusammenarbeit zu tun, sondern seien Vereinbarungen auf Verwaltungsebene zur Einhaltung des Asylgesetzes. Der Ständerat folgte dem Antrag des Bundesrats und lehnte die Motion mit 24 zu 13 Stimmen ab.

Keine Abkommen im Bereich der Polizeikooperation mit Ländern, die die Menschenrechte schwerwiegend verletzen

Im März 2021 reichten Ständerat Marco Chiesa (svp, TI) und Nationalrat Piero Marchesi (svp, TI) gleichlautende Motionen ein, mit denen sie verlangten, Artikel 14 des Freizügigkeitsabkommens anzuwenden und die Personenfreizügigkeit im Kanton Tessin und in den am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Regionen vorläufig auszusetzen. Der Bundesrat solle unverzüglich den Gemischten Ausschuss Schweiz-EU einberufen, um eine Lösung für den Arbeitsmarkt der von der Covid-19-Pandemie am stärksten betroffenen Kantone zu finden. Obwohl die Zahl der Arbeitsplätze in der ganzen Schweiz gesunken sei, sei der Rückgang im Tessin etwa fünfmal so hoch gewesen wie das Schweizer Mittel, beklagten Chiesa und Marchesi. Gleichzeitig sei die Zahl der Grenzgänger und Grenzgängerinnen angestiegen – dies sei ein Zeichen des Verdrängungseffekts, durch den Schweizer Arbeitnehmende aus dem Markt ausscheiden würden. Sie beriefen sich auf Artikel 14 Absatz 2 des Freizügigkeitsabkommens, der dem Gemischten Ausschuss «bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen» die Kompetenz verleiht, geeignete Abhilfemassnahmen zu prüfen. Bis sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt normalisiere, sollten der Inländervorrang und die Kontingentierung der Bewilligungen daher temporär wiedereingeführt werden, schlugen die Motionäre vor.
Der Bundesrat sei sich der schwierigen Lage im Tessin bewusst, erklärte dieser in seiner Stellungnahme. Jedoch habe man mit der Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung und des Härtefallprogramms für Unternehmen entsprechende Massnahmen getroffen. Die Aufrechterhaltung der Personenfreizügigkeit stelle ein wichtiges Element für die wirtschaftliche Erholung der Schweiz nach Pandemieende dar, erklärte der Bundesrat. Die Verfügbarkeit ausländischer Arbeitskräfte trage auch während der Pandemie dazu bei, dass Unternehmen überleben könnten, was wiederum die Arbeitsplätze der inländischen Arbeitnehmenden sichere. Hinsichtlich der Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotenzials gelte nach wie vor die 2018 eingeführte Stellenmeldepflicht. Für den Bundesrat gab es keinen Grund, den Gemischten Ausschuss anzurufen, er beantragte folglich die Ablehnung der Motion.
In der Herbstsession 2021 meinte Bundesrätin Karin Keller-Sutter zur Lage des Tessiner Arbeitsmarkts, dass der Kanton «auch etwas Opfer seines eigenen Erfolgs» geworden sei, diesbezüglich aber keine schwerwiegende Störung des Arbeitsmarkts vorliege. Die vorliegende Motion stehe zudem im Widerspruch zur kurz zuvor angenommenen Motion Herzog (sp, BS; Mo. 21.3698), die den Grenzverkehr in Grenzregionen explizit von den Massnahmen des Epidemiengesetzes ausnehmen wollte. Bundesrätin Keller-Sutter wies darüber hinaus darauf hin, dass die 4'000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Gesundheitswesen während der Pandemie für die Aufrechterhaltung der Tessiner Gesundheitsinfrastruktur essentiell gewesen seien. Ihrem Antrag, die Motion abzulehnen, kam die kleine Kammer mit 27 zu 7 Stimmen nach.

Artikel 14 des Freizügigkeitsabkommens anwenden und die Personenfreizügigkeit im Kanton Tessin und in den am stärksten von der Krise betroffenen Regionen vorläufig aussetzen

In der Herbstsession 2021 befasste sich der Nationalrat mit den parteiübergreifend gleichlautenden Motionen Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034; von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) übernommen), Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033; von Vincent Maitre (mitte, GE) übernommen), Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035; von Mattea Meyer (sp, ZH) übernommen) und Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036; von Irène Kälin (gp, AG) übernommen). Diese forderten eine Beteiligung der Schweiz am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen». Nationalrat Maitre lobte den flexiblen und pragmatischen Charakter des Verteilmechanismus, bei dem Länder eigene Aufnahmekriterien festlegen und diese dem EASO melden können. Da die Teilnahme nicht verbindlich sei, müsse man auch keine Anpassung im Asylrecht vornehmen. Katharina Prelicz-Huber insistierte, dass man nicht auf eine Lösung im Rahmen des Dublin-Abkommens warten könne, «während weiterhin Tausende von Menschen ertrinken», auch wenn der Bundesrat ad-hoc-Lösungen nicht gerne sehe. Kurt Fluri, der nach eigener Aussage spontane Lösungen ebenfalls ablehne, kritisierte, dass noch immer keine gesamthafte Lösung im Rahmen des Dublin-Systems absehbar sei. Da sich die Schweiz aber bereits an den Verteilungsabläufen beteilige, wäre die Annahme der Motion nur symbolisch, weshalb er seine Motion zurückziehe. Bundesrätin Keller-Sutter wies darauf hin, dass sich die meisten EU-Staaten nie an der «Koalition der Willigen» beteiligt hätten und sich unterdessen selbst anfängliche Befürworter aufgrund der enttäuschenden Resultate daraus zurückgezogen hätten. Man wolle das Dublin-System nicht unterlaufen, indem Menschen ohne Chance auf Asyl auf verschiedene Länder verteilt würden.
Der Nationalrat lehnte die fünf verbleibenden Motionen mit 97 zu 92 Stimmen ab. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür, während sich die SVP und die FDP einstimmig dagegen aussprachen. Die Mitte-Fraktion zeigte sich gespalten, wobei eine Mehrheit die Vorstösse ablehnte.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen

Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan Anfang August 2021 und dem gleichzeitigen Beschluss der USA und weiterer Staaten, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen und ihre Botschaften zu evakuieren, leitete auch das EDA am 14. August die Evakuation des DEZA-Kooperationsbüros in Kabul ein und schloss dieses vorübergehend. Nebst drei Schweizer Staatsangehörigen beschäftigte das Kooperationsbüro 38 lokale Mitarbeitende, die nach Einschätzung des Bundesrats von den Taliban als «westliche Kollarobateure» betrachtet werden könnten und daher an Leib und Leben gefährdet seien, berichtete die NZZ. Das EDA gab am 16. August in einer Medienmitteilung bekannt, dass man den Mitarbeitenden und ihren engsten Familienangehörigen – insgesamt 230 Personen – ein humanitäres Visum für die Schweiz gewähre und sie dem Resettlement-Kontingent anrechenen werde. Seit 2019 wird jährlich ein Kontingent von 1'500-2'000 Personen für Resettlement-Flüchtlinge definiert. Unter Resettlement versteht man in Zusammenarbeit mit dem UNHCR die dauerhafte Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtline unter vollem Flüchtlingsschutz.
Tags darauf schickte das VBS 10 Soldaten nach Kabul, um die Bemühungen vor Ort zu unterstützen.
Auch die Schweizer Parteien meldeten sich diesbezüglich zu Wort. Wie La Liberté am 18. August berichtete, hatte die SP innert kürzester Zeit eine Online-Petition gestartet, welche die bürokratielose Aufnahme von mindestens 5'000 afghanischen Flüchtlingen verlangte. Kurz darauf drängten die SP, die Grünen sowie zahlreiche Hilfsorganisationen gar zur Aufnahme von 10'000 Flüchtlingen, wie die NZZ festhielt. Am anderen Ende des politischen Spektrums wehrte sich die SVP gegen jegliche Art von Kontingenten.
Am 19. August schob der Bundesrat derartigen Bestrebungen jedoch einen Riegel: Bundesrätin Karin Keller-Sutter äusserte zwar Verständnis für die Forderungen, doch die Aufnahme ganzer Gruppen sei nicht möglich, wie sie vor den Medien zu Verstehen gab. Sie führte aus, dass die Lage zu instabil sei, viele Menschen zurzeit nicht aus Afghanistan ausreisen könnten und man nicht wisse, ob überhaupt Bedarf bestehe. Sobald das UNHCR überprüft habe, ob und wie viele Menschen langfristig Schutz bräuchten, müsse die Staatengemeinschaft als Ganzes und damit auch die Schweiz über eine mögliche Aufnahme entscheiden.
Dies sorgte für Kritik aus den Reihen der besagten Parteien. So kritisierte Grünen-Präsident Balthasar Glättli (gp, ZH) in der NZZ, dass der Bundesrat «ein kaltes Herz» zeige. Er müsse sich vielmehr im Sinne der humanitären Tradition der Schweiz aktiv für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzen. Am 23. August vermeldete das EDA, dass ein Charterflug mit medizinischem Personal und Covid-Schutzmaterial nach Usbekistan gestartet sei, um die Evakuierungsanstrengungen sämtlicher westlicher Länder zu unterstützen. In der Medienmitteilung teilte das EDA zudem mit, dass sich weiterhin 35 Schweizer Staatsangehörige in Afghanistan befänden und man deren Repatriierung vorbereite. Die Repatriierung wurde schliesslich am 27. August vom EDA für beendet erklärt, nachdem insgesamt 385 Personen aus Afghanistan in die Schweiz geflogen worden waren.
Weiterhin offen blieb die Frage, wie die Schweizer Entwicklungshilfe ihre Arbeit in Afghanistan fortzusetzen gedenke. Die Weltwoche erklärte, dass die DEZA die bestehenden Projekte anpassen und fortführen wolle und sie schon in der Vergangenheit in den von den Taliban kontrollierten Gebieten tätig gewesen sei. Anfang September beschloss der Bundesrat, das humanitäre Engagement in Afghanistan zu verstärken, indem zusätzliche CHF 33 Mio. für Hilfe vor Ort freigegeben wurden. Insgesamt würde die Schweiz über die kommenden 16 Monate CHF 60 Mio. in Afghanistan und die umliegenden Staaten investieren, erklärte der Bundesrat.

Evakuation des DEZA-Kooperationsbüros in Kabul
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

Das Rechtshilfeabkommen in Strafsachen mit Indonesien kam in der Frühjahrssession 2021 in den Ständerat und verursachte keinen grossen Diskussionsbedarf. Die RK-SR beantrage einstimmig die Annahme des Staatsvertrags, teilte ihr Sprecher Beat Rieder (mitte, VS) dem Rat mit. Mit dem Rechtshilfevertrag, der inhaltlich auf einer Linie mit den bisherigen Rechtshilfeverträgen liege, schaffe die Schweiz die völkerrechtliche Grundlage, damit die Justizbehörden in einer zunehmend globalisierten Welt zusammenarbeiten können, so der Kommissionssprecher. Der Vertrag enthalte Massnahmen, die zur Unterstützung eines Strafverfahrens im anderen Land ergriffen werden können. Darüber hinaus nenne er Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe, regle die Modalitäten der Durchführung und lege Situationen fest, in denen die Rechtshilfe abgelehnt werden kann. Im Gegensatz zu bestehenden Rechtshilfeverträgen enthalte er auch eine Bestimmung zum Datenschutz. Laut Rieder beruht der Vertrag auf den Grundsätzen des schweizerischen Rechtshilferechts und enthalte detailliert formulierte Bestimmungen, weshalb keine gesetzgeberische Umsetzung notwendig sei. Rieder machte klar, dass mit den ausgebauten wirtschaftlichen Beziehungen zu Indonesien auch der Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten, Geldwäscherei und Korruption eine zunehmende Bedeutung zukomme. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte, dass der Vertrag mit Indonesien ein «konkretes Bedürfnis» der Schweizer Strafverfolgungsbehörden bediene. Der Vertrag enthalte ausserdem Garantien, dass die Schweiz nur dann Rechtshilfe leiste, wenn keine konkreten Hinweisen auf die Verletzung von Menschenrechten durch Indonesien im Anschluss an ein Rechtshilfeverfahren vorlägen. Damit erfülle die Schweiz ihr innerstaatliches Recht, sowie ihre internationale Verpflichtung. Der Ständerat nahm den Entwurf mit 43 Stimmen (bei 1 Enthaltung) einstimmig an.
In der Schlussabstimmung bestätigte der Ständerat seinen Beschluss mit 44 Stimmen einstimmig und auch der Nationalrat nahm das Abkommen mit 186 zu 7 Stimmen (bei 1 Enthaltung) mit überwältigender Mehrheit an.

Abkommen mit Indonesien über Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 19.084)

In der Frühjahrssession 2021 setzte sich der Nationalrat mit der Genehmigung der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben auseinander. Simone de Montmollin (fdp, GE) berichtete im Namen der WBK-NR dass das Abkommen zur Unterstützung empfohlen werde, da die Schweiz aufgrund des Geltungsbereichs der Genfer Akte ihre wirtschaftlichen Interessen besser schützen könne. Das Abkommen sei vor allem für Schweizer Agrarprodukte mit hoher Wertschöpfung von grosser Bedeutung. Bundesrätin Karin Keller-Sutter merkte an, dass der Schweiz durch den Beitritt keine direkten finanziellen oder personellen Kosten entstehen würden. Auch das aktuelle Schweizer Verfahren zur Anerkennung und Verwaltung von geografischen Angaben müsse nicht angepasst werden. Die Schweiz würde im Markenschutzgesetz dennoch einige Bestimmungen gesetzlich verankern, unter anderem eine Berechtigungsgrundlage für eine internationale Registrierung, Gründe einer Verweigerung, Übergangsfristen bei Verstössen und die Erhebung von Verfahrensgebühren. Der Nationalrat nahm das Geschäft mit 182 Stimmen einstimmig an.
Genauso eindeutig war das Ergebnis der Schlussabstimmung. Sowohl der Ständerat mit 44 Stimmen, wie auch der Nationalrat mit 194 zu 1 Stimmen genehmigten das Abkommen klar.

Genehmigung des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (BRG 20.048)

In der Frühjahrssession 2021 befasste sich die kleine Kammer als Zweitrat mit der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen den verschiedenen EU-Informationssystemen. Die SiK-SR hatte im Vorfeld der Session einstimmig die Zustimmung zum Nationalratsbeschluss beantragt. Deren Sprecher Charles Juillard (mitte, JU) appellierte an den Ständerat, die Vorlage anzunehmen. Schliesslich handle es sich dabei um eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes, zu deren Übernahme sich die Schweiz verpflichtet habe. Die Frist für die Schaffung der notwendigen Rechtsgrundlagen ende am 21. Mai 2021. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hob die Bedeutung des Faktors «Zeit» in der Kriminalitätsbekämpfung hervor. Das jetzige System sei ineffizient, umständlich und koste zu viel Zeit. In Zukunft könnten sich die Polizei-, Grenzkontroll- und Migrationsbehörden «zeitgerecht ein vollständiges Bild einer Person» machen. Der personelle Mehraufwand läge hauptsächlich beim Bund, weil man die Kantone mit einem Kompetenzzentrum unterstützen werde. Der Ständerat nahm die Vorlage einstimmig an.
Auch in der Schlussabstimmung wenige Wochen später nahm der Ständerat das Geschäft einstimmig an. Im Nationalrat fiel das Ergebnis mit 153 zu 11 Stimmen (bei 31 Enthaltungen der Grünen) ebenfalls deutlich aus.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen

Der Nationalrat besprach in der Frühjahrssession 2021 das Postulat der APK-NR, das vom Bundesrat einen Bericht über die Situation der Tibeterinnen und Tibeter in der Schweiz forderte. Es handelte sich dabei um einen von zwei Vorstössen, mit denen die Kommission die Petition der Gesellschaft für bedrohte Völker (Pet. 18.2020) umgesetzt hatte. Den zweiten Vorstoss (Po. 20.4334) hatte der Nationalrat bereits eine Woche zuvor angenommen. Kommissionssprecher Roland Fischer (glp, LU) klärte den Nationalrat darüber auf, dass die tibetische Exilgemeinschaft in der Schweiz mit 4'000 Mitgliedern die grösste Europas sei. Die Menschenrechte in Tibet würden weiterhin verletzt werden, wobei sich «der lange Arm der chinesischen Diktatur» immer mehr auch nach Europa erstrecke, so Fischer. Er zitierte dabei aus einem Lagebericht «Sicherheit Schweiz» des NDB von 2016, der ein selbstbewusstes und forderndes Verhalten Chinas konstatierte. Fischer sah die Befürchtungen der tibetischen Diaspora – ihre Meinungsfreiheit und Privatsphäre werde zunehmend eingeschränkt – daher als berechtigt an. Eine Minderheit Estermann (svp, LU) stellte sich gegen einen derartigen Bericht. In den Augen der Minderheit waren mehr oder weniger sämtliche Anliegen der ursprünglichen Petition bereits erfüllt oder nicht umsetzbar, weshalb das Postulat zur Ablehnung empfohlen wurde. Bundesrätin Karin Keller-Sutter zeigte sich im Namen des Bundesrats bereit dazu, die wesentlichen Fragestellungen der Petition in einem Bericht zu beantworten und empfahl die Annahme des Postulats. Der Bundesrat habe ein Interesse daran, die Situation der Tibeterinnen und Tibeter aufzuarbeiten, da es dazu immer wieder Gerüchte und Fehlinformationen gegeben habe. Der Nationalrat nahm das Postulat mit 134 zu 48 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an. Die Kommissionsminderheit fand über die Grenzen der SVP-Fraktion hinaus keine Unterstützung.

Bericht über die Situation der Tibeterinnen und Tibeter in der Schweiz (Po. 20.4333)
Dossier: Menschenrechtspolitik Schweiz-China

Im Dezember 2020 reichte Damian Müller (fdp, LU) eine Motion ein, mit der er den Bundesrat beauftragen wollte, Rückführungen nach Algerien auf dem Seeweg zu vollziehen. Konkret forderte er den Abschluss einer Vereinbarung mit Algerien, welche Rückführungen erlaubt, ein Transitlands mit Seezugang bewilligt und die Entsendung eines sogenannten Immigration Liaison Officers (ILO) nach Algier ermöglicht. Ständerat Müller begründete seine Motion damit, dass algerische Flüchtlinge in der Schweiz «praktisch keine Chance» auf einen legalen Verbleib hätten und Algerien die nationale Liste der hängigen Ausschaffungen daher seit Jahren anführe. Müller verwies auch auf Aussagen der kantonalen Migrationsbehörden, gemäss derer es vermehrt «Problemfälle» aus Algerien gebe. Obwohl Algerien 2012 vom EJPD als prioritäres Land zur Rückkehr von Migrantinnen und Migranten eingestuft worden war, seien zwangsweise Rückführungen mittels Sonderflügen auf Basis des bestehenden Rückübernahmeabkommens nicht möglich. Gemäss Ständerat Müller funktioniere die Rückführung auf dem Seeweg nach Marokko hingegen gut, weshalb man auf diesem Modell aufbauen sollte. Die Entsendung eines ILO nach Algier schliesslich sei notwendig, um die Beziehungen mit den algerischen Behörden im Migrationsbereich zu verbessern. Müller verwies dabei auf die Absicht des SEM weitere ILO-Stellen schaffen zu wollen.
Der Bundesrat räumte in seiner Stellungnahme ein, dass Rückführungen auf dem Seeweg oder durch Sonderflüge gemäss dem geltenden Abkommen mit Algerien unzulässig seien. Die Zusammenarbeit mit Algerien habe sich in den vergangenen Jahren jedoch verbessert und die Vollzugspendenzen seien bis zur Reisebeschränkungen durch die Covid-19-Pandemie deutlich gesenkt worden. Der Bundesrat zeigte sich optimistisch, dass neue Rückführungsmassnahmen – wie zum Beispiel Abflüge von Basel aus – nach der Öffnung der Grenzen zur positiven Entwicklung beitragen werden. Die Entsendung eines ILO sei zurzeit nicht notwendig. Einerseits weil dieser gemäss SEM in Algier nicht ausreichend ausgelastet wäre, andererseits aber auch weil die Schweizer Botschaft in Algerien über ein gutes Beziehungsnetz in der Migrationszusammenarbeit verfüge. Aus diesen Gründen beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion.

In der Frühjahrssession 2021 gelangte das Anliegen in den Ständerat, wo der Motionär dem Bundesrat Passivität vorwarf. Der Bundesrat lobe sich selber für die Senkung der Vollzugspendenzen, obwohl selbige wieder angestiegen seien. Algerier gehörten zu jenen Asylsuchenden, die «auffällig oder eben sehr oft auch straffällig» würden. Laut Müller habe sich die Zusammenarbeit mit Algerien in den vergangenen drei Jahren, entgegen der Einschätzung des Bundesrats, nicht verbessert. Er forderte die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter dazu auf, es ihrem Amtskollegen Cassis gleichzutun und für bilaterale Gespräche nach Algerien zu reisen. Bundesrätin Keller-Sutter entgegnete, dass der Ausbau der Zusammenarbeit mit Algerien im Rückkehrbereich für den Bundesrat höchste Priorität habe, jedoch habe die Corona-Pandemie für einen zeitweiligen Stopp der Bemühungen gesorgt. Die Bundesrätin bat, die Motion abzulehnen, da ein verbindliches Verhandlungsmandat ihrer Ansicht nach aussichtslos wäre. Der Ständerat liess sich davon jedoch nicht beeindrucken und nahm die Motion mit 25 zu 16 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an.

Rückführungen auf dem Seeweg mit Algerien verhandeln

Da der Nationalrat die Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS in der Herbstsession 2020 abgelehnt hatte und dies einem Nichteintreten gleichkam, musste er nach den Änderungen des Ständerats in der Wintersession 2020 eine erneute Eintretensdebatte führen. Thomas Rechsteiner (cvp, AI) hielt als Sprecher der SIK-NR fest, dass die Bedenken des Nationalrats hinsichtlich des Bundesbeschluss zum SIS vom Ständerat und von der Kommission aufgenommen worden seien. Einerseits werde der Datenschutz nun durch die verstärkte Koordination zwischen EDÖB, Kantonen und Europäischem Datenschutzbeauftragten gewahrt. Andererseits habe man die Formulierung des Beschlusses geändert, sodass die Rückführungsrichtlinie keine Anwendung auf den Vollzug der Landesverweisung habe. Die Kommission beantragte dem Nationalrat daher, auf die Vorlage einzutreten und damit einen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz zu leisten. Für die FDP sei die Sicherheit eine prioritäre Staatsaufgabe, so Doris Fiala (fdp, ZH). Das SIS sei dabei ein unverzichtbares Instrument für Sach- und Personenfahndungen, die Schweiz tätige täglich über 300'000 Abfragen. Auch die GLP setzte sich für die Erweiterung des Schengen-Beistzstands ein, unter anderem weil die neue Gesetzgebung auch Opfer von Menschenhandel und Zwangsheirat schütze. Selbst die SVP, die in der Herbstsession noch eine unheillige Allianz mit den Grünen eingegangen war und das Geschäft abgelehnt hatte, war mit den Anpassungen des Ständerats zufrieden und beantragte die Annahme des neuen Entwurfs. Und auch die SP, deren geschlossene Stimmenthaltung in der Herbstsession die Ablehnung begünstigt hatte, empfahl die Annahme, da ihre Forderungen nach einem verbesserten Datenschutz erfüllt worden seien. Damit verblieben auf der Gegenseite nur die Grünen, die durch die Minderheit Fivaz (gp, NE) einen Antrag auf Nichteintreten stellten. Fivaz argumentierte, dass sich seit der Herbstsession bezüglich des Datenschutzes und des Ausländerrechts nichts Grundlegendes geändert habe. Die verdeckte Verschärfung des Ausländer- und Integrationsrechts sei nicht nötig, um die Vorlage umzusetzen, und verstosse gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Unterstützung erhielt er von seiner Parteikollegin Marionna Schlatter (gp, ZH), welche die repressive Politik Europas an den Aussengrenzen kritisierte. Schlatter forderte den Nationalrat auf, sich gegen Verschärfungen zu wehren, die in einer Vorlage enthalten seien, zu deren Annahme «man quasi gezwungen sei». Die anwesende Bundesrätin Keller-Sutter warnte davor, den Nichteintretensantrag anzunehmen, da dies den Austritt aus dem Schengen-Verbund zur Folge hätte. Der Nationalrat beschloss mit 149 zu 30 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) auf die Vorlage einzutreten und nahm diese mit 148 zu 32 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Der Widerstand der Grünen reichte nach dem Meinungsumschwung der SP und der SVP nicht aus, um das Geschäft zu versenken.
In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage zur Änderung des BGIAA vom Nationalrat mit 157 zu 37 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und vom Ständerat mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen. Auch die Vorlage zum SIS fand im Nationalrat mit 157 zu 36 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) und im Ständerat mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) deutlich Zuspruch.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes: Schengener Informationssystem

Der Nationalrat hatte die Motion Stamm (svp, AG) zur Verbesserung der Kooperation bezüglich des Vollzugs von Freiheitsstrafen im Herkunftsland in der Frühjahrssession 2019 stillschweigend angenommen.
Erst in der Wintersession 2020 beschäftigte sich schliesslich der Ständerat mit der Motion. Die RK-SR hatte sich im Vorfeld der Session gegen die Motion ausgesprochen, da die Schweiz ohnehin bereits bestrebt sei, die Zusammenarbeit mit Staaten wie etwa Italien, Albanien und Bosnien Herzegowina zu verbessern, indem man diese zur Ratifikation des Zusatprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen bewege. Die Kommission konnte daher keinen zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf erkennen, wie ihr Sprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) dem Rat im Plenum mitteilte. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter merkte an, dass der Bundesrat die Motion in ihrer Stossrichtung unterstütze, er sie aber eigentlich als bereits umgesetzt erachte. Man arbeite so oder so daran, möglichst viele Überstellungen durchzuführen, weshalb der Bundesrat nichts dagegen hätte, wenn die Motion abgelehnt werden würde. Der Ständerat liess sich nicht zweimal bitten und verwarf die Motion mit 29 zu 7 Stimmen deutlich.

Strafvollzug im Ausland. Verstärkung der Kooperation mit umliengeden Ländern (Mo. 18.4369)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit dem Rechtshilfeabkommen in Strafsachen mit Indonesien, welches bei einem Teil der SVP-Fraktion auf Widerstand stiess. Eine Minderheit Reimann (svp, SG) wollte nicht auf das Geschäft eintreten, weil man sich damit zum «Handlanger von Menschenrechtsverletzungen» mache. Nationalrat Reimann befürchtete auch einen Missbrauch der Rechtshilfe durch die indonesischen Behörden und schlug stattdessen vor, dass man Indonesien in seiner Entwicklung helfe, indem man die Menschenrechte und die Religionsfreiheit stärke. Die Bedenken der Minderheit stiessen bei den anderen Fraktionen zwar auf Gehör, vermochten diese aber nicht zur Ablehnung des Abkommens zu bewegen. Min Li Marti (sp, ZH) und Nicolas Walder (gp, GE) argumentierten, dass die Schweiz bei Anzeichen von Menschenrechtsverstössen gemäss Abkommen sowieso keine Rechtshilfe leisten dürfe. Laut Sidney Kamerzin (cvp, VD) würde man den Kampf gegen das Verbrechen in Indonesien mit dem Rechtshilfeabkommen gar stärken. Und auch die FDP sprach sich für die Annahme des Abkommens aus. Wenn man Freihandel mit Indonesien haben könne, dann könne man auch Rechtshilfe mit klaren Rechtsmitteln unterhalten, so Christian Lüscher (fdp, GE). Bundesrätin Karin Keller-Sutter fügte an, dass neben reinen Sicherheitsbedenken auch weitere Gründe für das Abkommen sprächen. So solle die internationale Staatengemeinschaft nicht als Hort für illegale ausländische Gelder dienen, deren Rückgabe im Vertrag vorgesehen seien. Die Abstimmung über den Nichteintretensantrag fiel entsprechend deutlich aus: Er wurde mit 153 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Das Rechtshilfeabkommen selber wurde dann vom Nationalrat mit 150 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) verabschiedet.

Abkommen mit Indonesien über Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 19.084)

Die Vorlage zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen den verschiedenen EU-Informationssystemen gelangte in der Herbstsession 2020 in den Nationalrat. Die Vorlage beinhaltete zwei EU-Verordnungen zur Vernetzung der europäischen Informationssysteme. Einerseits ging es um das Europäische Suchportal, welches die parallele Abfrage unterschiedlicher Informationssysteme ermöglicht. Andererseits ging es um einen gemeinsamen Dienst für den Abgleich biometrischer Daten, einen Speicher für Identitätsdaten und einen Detektor für Mehrfachidentitäten. Die vorberatende SiK-NR hatte vorgeschlagen, auch das ETIAS-System in die Vorlage aufzunehmen, da die ETIAS-Vorlage bei der Verabschiedung des vorliegenden Geschäfts durch den Bundesrat noch nicht vom Parlament beschlossen worden war und deshalb nicht hatte aufgeführt werden können. Kommissionssprecherin Doris Fiala (fdp, ZH) betonte in der Ratsdebatte die Wichtigkeit der Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen für die innere Sicherheit der Schweiz. Durch die dadurch möglichen vernetzten Abfragen würden die Informationssysteme der Polizei, der Grenzkontrolle und der Migrationsbehörden verbessert. Bundesrätin Keller-Sutter habe gegenüber der Kommission überzeugend dargelegt, dass Schwerstkriminalität und Terrorismus global sind und die Schweiz daher ein Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur sein müsse. Mauro Tuena (svp, ZH) äusserte sich zur Ambivalenz der SVP-Fraktion in ihrer Entscheidungsfindung. Einerseits befürworte die SVP Sicherheit, andererseits lehne sie die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes – also die automatische Rechtsübernahme – ab. Eine Minderheit Marti (sp, ZH) wollte den Diskriminierungsschutz in der Vorlage stärken. Zwar gebe es einen Verweis darauf, dass in der nationalen Gesetzgebung Massnahmen zur Vorbeugung von Diskriminierung beschlossen werden müssten, doch ein blosser Verweis habe nicht den gleichen Stellenwert wie eine explizite Verankerung, bemängelte Marti. Sie merkte darüber hinaus an, dass für die SP Grund- und Menschenrechte im Zentrum stünden und dass die Bekämpfung illegaler Migration gleichzeitig auch reguläre Migration ermöglichen und das Recht auf Asyl gewährleisten müsse. Zudem kritisierte sie «die Entwicklung Europas zu einer Festung», wo doch die EU «nicht als eine Festung, sondern als Friedensprojekt entstanden» sei. Die Fraktion der Grünen beschloss, den Minderheitsantrag von Nationalrätin Marti zu unterstützen, sich in der Gesamtabstimmung aber zu enthalten, insbesondere wegen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und des Grundrechtschutzes. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter versuchte die Befürchtungen bezüglich Datenschutz zu zerstreuen und erklärte, dass durch die Vernetzung der Informationssysteme nicht mehr Daten erhoben oder gespeichert würden als bisher. Auch die Zugriffsrechte der nationalen Behörden blieben unverändert, nur die Datenverfügbarkeit werde verbessert, stellte die Bundesrätin klar. Das Anliegen der Minderheit Marti begrüsste die Bundesrätin zwar inhaltlich, doch sie argumentierte, dass es durch die EU-Verordnungen bereits erfüllt werde. Der Minderheitsantrag wurde in der Folge mit 124 zu 64 Stimmen abgelehnt. Den Entwurf nahm der Nationalrat in der Gesamtabstimmung mit 156 zu 5 Stimmen (bei 27 Enthaltungen der Grünen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Da die grosse Kammer, wie von der SiK-NR vorgeschlagen, auch das ETIAS in die Vorlage aufnahm, wich der Beschluss geringfügig vom Entwurf des Bundesrats ab.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen

In der Wintersession 2020 nahm sich der Ständerat der Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS an, nachdem der Nationalrat diese abgelehnt hatte, was einem Nichteintreten gleichkam. Die Sprecherin der SIK-SR, Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU), fasste zu Beginn der Diskussion die Ablehnungsgründe des Nationalrats zusammen. Dieser habe bemängelt, dass EU-Recht übernommen werden müsse und dass das Ausländerrecht verschärft würde. Ständerätin Gmür-Schönenberger machte diesbezüglich aber klar, dass die Schweiz als Schengen-Staat zur Übernahme verpflichtet sei und eine mangelhafte Umsetzung zum Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Verband führen könne. Die SIK-SR anerkenne die wichtige Rolle der SIS bei der Kontrolle der Schengen-Aussengrenzen und befürworte daher die verstärkte Zusammenarbeit der europäischen Sicherheits- und Migrationsbehörden. Dennoch habe die Kommission drei Änderungsanträge eingebracht: die Richtlinie soll nicht auf die Anordnung und den Vollzug der Landesverweisung angewendet werden; es sollen Ausnahmen bei der Lieferung von biometrischen Daten möglich sein und durch zusätzliche Bestimmungen soll die Aufsichtsfunktion des EDÖB und die Zusammenarbeit mit kantonalen und europäischen Stellen verbessert werden. Werner Salzmann (svp, BE) zeigte sich zufrieden damit, dass die Schweiz es sich explizit vorbehalte, kriminelle Drittstaatsangehörige in «souveräner Art und Weise auszuschaffen», unabhängig von der Entwicklung der EU-Rückführungsrichtlinie. Für Salzmann habe die Vorlage mit dieser Änderung gute Chancen im Nationalrat. Auch Daniel Jositsch (sp, ZH) war zuversichtlich, dass der Nationalrat aufgrund der Anpassungen hinsichtlich der Koordination im Bereich des Datenschutzes keinen Widerstand mehr leisten würde. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte, dass das SIS an die neuen Herausforderungen in den Bereichen Migration und innere Sicherheit angepasst werden soll. Eine verstärkte europäische Zusammenarbeit sei notwendig, was nicht zuletzt die Terroranschläge in Paris 2015 gezeigt hätten. Mit der Zustimmung zu den Verpflichtungskrediten zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstandes habe das Parlament bereits die finanziellen Grundlagen für das Projekt geschaffen. Sie verdeutlichte aber auch, dass man aus dem Schengen-Verbund ausscheiden würde, wenn die gesetzlichen Anpassungen nicht vorgenommen würden. Daher bat sie die Räte darum, das Differenzbereinigungsverfahren und die Schlussabstimmung bereits in der laufenden Wintersession durchzuführen. Der Ständerat nahm die Änderung des BGIAA mit 40 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ohne Gegenstimmen an. Auch die Übernahme der Rechtsgrundlagen für die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS wurde inklusive der drei genannten Änderungen mit 41 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen. Abgelehnt wurde – mit 31 zu 11 Stimmen – hingegen ein Antrag der Minderheit Vara (gp, NE), die eine Bestimmung streichen lassen wollte, wonach das SEM Einreiseverbote verfügen kann, wenn die gesuchstellende Person vorgängig Sozialkosten verursacht hat, auch wenn diese Sozialleistungen berechtigterweise beantragt worden waren. Kommissionssprecherin Gmür-Schönenberger relativierte, dass diese Kann-Bestimmung bereits bestehe und nicht durch die vorliegende Vorlage verändert werde.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes: Schengener Informationssystem

In der Herbstsession 2020 befasste sich der Ständerat mit dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, wobei nach der einstimmigen Annahme durch den Nationalrat im Juni desselben Jahres auch in der kleinen Kammer kaum Diskussionsbedarf bestand. Laut Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) empfehle auch die APK-SR die Vorlage einstimmig zur Annahme. Bundesrätin Keller-Sutter bezeichnete das Abkommen als ein Zeichen der «engen und freundschaftlichen Beziehungen» zwischen den beiden Ländern, welches Kontinuität und Rechtssicherheit schaffe. Schweizer Staatsangehörige würden zukünftig im Vereinigten Königreich mindestens gleich gut behandelt wie EU-Bürgerinnen und -Bürger. Der Ständerat nahm den Entwurf mit 40 Stimmen und ohne Enthaltungen einstimmig an. Auch das Ergebnis der Schlussabstimmungen war eindeutig. Der Nationalrat wie auch der Ständerat stimmten mit 195 Stimmen respektive 44 Stimmen einstimmig für die Annahme des Entwurfs.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

In der Herbstsession 2020 befasste sich der Nationalrat mit der Übernahme der Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS, nachdem die SiK-NR das Geschäft mit 15 zu 3 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) zur Annahme empfohlen hatte. Eine Minderheit Fivaz (gp, NE) wollte nicht auf das Geschäft eintreten, eine zweite Minderheit Addor (svp, VS) verlangte die Rückweisung an den Bundesrat. Kommissionssprecher Thomas Rechsteiner (cvp, AI) begründete die Ablehnung des Antrags auf Nichteintreten in der Kommission damit, dass das SIS ein sehr erfolgreiches Instrument für die Zusammenarbeit von Migrations-, Polizei-, Zoll- und Justizbehörden in der EU und den assoziierten Schengen-Staaten sei und es einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus in der Schweiz leiste. Auch den Rückweisungsantrag lehnte die Kommission ab, da sie die Sorge, dass die von der Verfassung und den Gesetzen vorgegebenen Grundsätze der Landesverweisung bei der Anwendung der neuen SIS-Verordnungen verletzt werden könnten, nicht teile. Fabien Fivaz kritisierte im Namen seiner Minderheit und der Grünen Partei die zunehmend striktere Migrationspolitik und die Stärkung der polizeilichen Massnahmen der EU, die mit der Angst vor Kriminalität begründet werde. Der Vorschlag der weiteren Einschränkung der Ausländerrechte verstosse aus Sicht der Grünen zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Zudem seien die Datenschutzprobleme im Zusammenhang mit der SIS-Datenbank ebenfalls inakzeptabel. Auch der zweite Minderheitenführer, Jean-Luc Addor, verteidigte seinen Antrag. Zwar hege die SVP wenig Sympathie für das Schengen-System, man wolle aber für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger trotzdem auf das Geschäft eintreten. Eine Rückweisung sei gemäss Addor aber unumgänglich, da die Schweiz ihre legislative Autonomie zu verlieren drohe, weil man bei der Frage der Landesverweisungen der Praxis des EuGH unterstünde. Bundesrätin Karin Keller-Sutter beschwichtigte, dass der Datenschutz beim Erarbeitungsprozess umfassend berücksichtigt worden sei und man für die Umsetzung in Schweizer Recht auch den EDÖB involviert habe. Sie wies zudem darauf hin, dass für die Umsetzung der Schengen-Weiterentwicklung eine Frist von zwei Jahren gelte, die aufgrund der Verschiebung im parlamentarischen Prozess bereits um fünf Monate überzogen worden sei. Hinsichtlich der Minderheit Addor machte die Bundesrätin klar, dass die Vorlage keine Auswirkung auf die Anordnung einer Landesverweisung habe, die weiterhin autonom von der Schweiz ausgesprochen würde. Der Rat beschloss mit 154 zu 33 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) auf das Geschäft einzutreten und lehnte den Rückweisungsantrag mit 140 zu 51 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) ab.
In der Folge lehnte der Rat einen weiteren Minderheitsvorschlag der SVP ab, der eine Nichtanwendung der Rückführungsrichtlinie auf die strafrechtliche Landesverweisung vorsah. Mehrere Minderheiten der SP und Grünen forderten verschiedene Änderungen, unter anderem zu Einreiseverboten, Sozialhilfe und Datenschutz. Bundesrätin Keller-Sutter versuchte die Argumente der Minderheiten mit ihren Ausführungen zu entkräften, was zumindest teilweise gelang, da sämtliche Minderheiten abgelehnt wurden. Die Fraktionen der Minderheitsführenden konnten sich jedoch in der Gesamtabstimmung durchsetzen, in welcher der Entwurf mit 79 zu 74 Stimmen (bei 38 Enthaltungen) knapp abgelehnt wurde. Die Nein-Stimmen stammten von der SVP und der Grünen Partei, während sich die SP fast gänzlich enthielt.
Damit nahm der Nationalrat eine Konfrontation mit der EU in Kauf, da die Schweiz als Schengen-Staat zur Übernahme des neuen EU-Rechts verpflichtet ist. Die FDP übte am Tag darauf lautstark Kritik an der SVP und vor allem an der SP. Beat Walti (fdp, ZH) warf der SP vor, «auf verantwortungslose Weise mit der Sicherheit der Schweiz zu taktieren», und die NZZ schrieb von einem «Coup der Sozialdemokraten». Die eigentliche Frist im November 2020 sei sowieso nicht mehr zu erreichen und mit dem taktischen Spiel der SP und dem Nein im Nationalrat werde sich die Umsetzung noch weiter verzögern, so die Zeitung weiter.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes: Schengener Informationssystem

Der Bundesrat publizierte im Juni 2020 seine Botschaft zur Genehmigung der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben. Durch die Teilnahme am Abkommen würden Begünstigte von schweizerischen geografischen Angaben – z.B. Bündnerfleisch, Zuger Kirsch, Swiss Watches – mit Hilfe des Mitteilungsverfahrens der WIPO in sämtlichen Mitgliedstaaten Schutz vor Nachahmung und Missbrauch erhalten. Durch die Genehmigung des Abkommens und der daraus erfolgenden Änderung des Markenschutzgesetzes würden demnach auch Konsumentinnen und Konsumenten profitieren, da Verfahren gegen Nachahmer einfacher eingeleitet werden könnten und das Angebot demnach transparenter würde. Das bisher bestehende Lissabonner Abkommen aus dem Jahr 1958 – dem die Schweiz damals nicht beigetreten war – wurde 2015 überarbeitet und um zwei Punkte ergänzt. Während sich zuvor nur schweizerische Ursprungsbezeichnungen schützen liessen, ist dies unter der Genfer Akte nun für alle schweizerischen geografischen Angaben möglich. Ausserdem können neuerdings auch zwischenstaatliche Organisationen der Akte beitreten, was deren Wirkungsradius erhöht. Er sehe in der Genfer Akte ein grosses wirtschaftliches Potenzial, da die uneinheitliche Regulierung der geografischen Angaben seit den 1990er Jahren zahlreiche Schweizer Begünstigte vor Probleme gestellt hätte, erklärte der Bundesrat. Diese konnten bisher nur über kostspielige Verfahren oder über bilaterale Verträge einen adäquaten Schutz im Ausland erhalten. Durch den Beitritt erwarte er eine massive Kosteneinsparung für den öffentlichen wie auch den privaten Sektor.

In der Herbstsession 2020 beriet der Ständerat die Vorlage. Hannes Germann (svp, SH) empfahl dem Ständerat, im Namen der WBK-SR, der Genehmigung zuzustimmen, da das System kostengünstig sei und den wirtschaftlichen Wert der Schweizer Bezeichnungen stärken würde. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass den Kantonen und Gemeinden durch die Genehmigung keine zusätzlichen Kosten entstehen würden. Obwohl die Genfer Akte direkt anwendbar wäre, werde man diese mit einigen Anpassungen im Markenschutzgesetz gesetzlich verankern, erläuterte die Bundesrätin. Der Ständerat nahm den bundesrätlichen Entwurf einstimmig und ohne Enthaltungen an.

Genehmigung des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (BRG 20.048)

In der Sommersession 2020 beriet der Ständerat über die Motion der APK-NR zur schrittweisen Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit. Die APK-SR hatte sich im Vorfeld der Session mit 10 zu 1 Stimmen für die Annahme der Motion ausgesprochen.
Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) erwähnte in der Ratsdebatte die inhaltliche Unbestrittenheit der Motion innerhalb der Kommission. Ein Kommissionsmitglied habe sich laut Müller an der Kompetenzzuschreibung gestört, da einzig und allein der Bundesrat über die Grenzöffnung zu entscheiden hätte und nicht das Parlament. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter resümierte in der Folge die Geschehnisse seit der Einreichung der Motion. So seien die Einreise- und Zulassungsbeschränkungen für Personen aus dem Schengenraum bereits am 15. Juni 2020 aufgehoben worden und auch die Personenfreizügigkeit sei wiederhergestellt worden. Noch nicht geklärt sei das Verfahren bei Touristen und Arbeitnehmenden aus Drittstaaten, welche das Kriterium der wirtschaftlichen Notwendigkeit nicht erfüllen würden. Der Bundesrat werde in Absprache mit den Schengen-Staaten in den kommenden Wochen über die weitergehenden Lockerungsschritte entscheiden. Die Motion wurde, da ihr Anliegen bereits erfüllt worden war, stillschweigend angenommen.

Schrittweise Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit (Mo. 20.3130)
Dossier: Kontrolle der Schweizer Landesgrenzen in Covid-19-Zeiten

Der Ständerat nahm sich in der Sommersession 2020 des Verpflichtungskredits zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands an, wobei keine neuen Argumente eingebracht wurden. Damian Müller (fdp, LU) sprach dem Verpflichtungskredit im Namen der APK-SR seine Unterstützung aus, nicht zuletzt weil die Schweiz volkswirtschaftlich und finanziell von ihrer Assoziierung an Schengen/Dublin profitiere. Die APK-SR sehe im Bereich der inneren Sicherheit zudem einen sicherheitspolitischen Mehrwert – dank dem automatischen Datenaustausch –, der sich monetär gar nicht erfassen liesse. Da sich die Schweiz zur termingerechten Übernahme aller Weiterentwicklungen verpflichtet habe, sei der Verpflichtungskredit laut Finanzhaushaltsgesetz notwendig, führte Müller aus. Bundesrätin Keller-Sutter warnte vor einer Verzögerung der Umsetzung, da dies Mehraufwände und Mehrkosten mit sich bringen würde. Sie hob die Wichtigkeit der Neu- und Weiterentwicklungsprojekte für die Schweiz hervor, welche dem Schutz der Aussengrenzen, der Bekämpfung der illegalen Migration und der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung dienen würden. Die in den kommenden fünf Jahren benötigten CHF 122 Mio., von denen CHF 23 Mio. Eigenleistungen und CHF 13.7 Mio. eigene Sachmittel sind, stellten bereits den vierten Verpflichtungskredit für IT-Entwicklungen im Bereich Schengen/Dublin dar, wobei bisher noch nie Kostenüberschreitungen oder Nachtragskreditbegehren aufgetreten seien. Bundesrätin Keller-Sutter kündigte an, dass weitere Verpflichtungskredite anstehen und durch die neuen Aufgaben der Schengen-Staaten, wie beispielsweise die Einrichtung des Europäischen- Reiseinformations- und -genehmigungssystems, höhere Betriebskosten anfallen würden. Sie erwähnte dabei aber auch die Möglichkeit, derartige Projekte durch Beiträge aus dem europäischen Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenze und Visa mitzufinanzieren. Der Ständerat stimmte dem Kredit mit 36 zu 2 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) zu und übernahm damit auch die Ergänzung des Nationalrats, demgemäss das Geld erst freigegeben wird, wenn das Parlament die gesetzlichen Grundlagen in Sachen Datenschutz beschlossen hat.

Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands. Verpflichtungskredit
Dossier: Dublin-Verordnung

Per Motion forderte die APK-NR vom Bundesrat einen epidemologisch angemessenen Fahrplan für die schrittweise Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit vergleichbar mit den 3-stufigen Lockerungen im Inland. Die Schliessung der Landesgrenzen im Zuge der Corona-Pandemie bedeutete für Grenzgängerinnen und Grenzgänger lange Wartezeiten und für unverheiratete Paare und getrennte Familien eine grosse Belastung.
Der Bundesrat stimmte dem Anliegen der Kommission zu und legte am 29. April eine Vorgehensweise zur Lockerung der Einreise in die Schweiz und der Zulassung ausländischer Staatsangehöriger zum Arbeitsmarkt vor. Ein erster Schritt bestehe darin, dass ab dem 11. Mai die Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/EFTA-Raum und Drittstaaten wieder bearbeitet werden, die vor dem 25. März eingereicht wurden. Zudem solle der Familiennachzug für EU-Staatsangehörige und Schweizer Bürger ermöglicht werden. Der zweite Schritt sehe ab dem 8. Juni die Bearbeitung aller Gesuche aus dem EU/EFTA-Raum vor, wobei hierbei eine Koordination mit Kantonen und Sozialpartnern erfolge und eine sistierte Stellenmeldepflicht aktiv werde. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion.
Der Nationalrat beriet in der ausserordentlichen Session im Mai 2020 über den Vorstoss, wobei die Kommissionssprecherin Christa Markwalder (fdp, BE) darauf drängte, die Motion für die Wirtschaft, den Tourismus und die Grundrechte der Schweizer Bevölkerung anzunehmen. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter musste sich in der Folge zahlreichen kritischen Fragen der Nationalrätinnen und Nationalräte zur Arbeitslosigkeit, der Personenfreizügigkeit und potenziellen kantonalen Sonderregelungen stellen. So plädierte Nationalrat Aeschi (svp, ZG) für die Aufhebung der Personenfreizügigkeit zu Gunsten der Schweizer Arbeitslosen. Und Vertreterinnen der Grenzkantone Basel, Basel-Stadt und Schaffhausen forderten eine frühere Öffnung der Grenzen zu den Nachbarländern Deutschland und Frankreich. Bundesrätin Keller-Sutter verwies jedoch in sämtlichen Fällen auf den bereits bekannten Fahrplan des Bundesrats. Die Motion wurde vom Nationalrat nach dieser längeren Fragerunde mit 129 zu 49 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) angenommen.

Schrittweise Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit (Mo. 20.3130)
Dossier: Kontrolle der Schweizer Landesgrenzen in Covid-19-Zeiten

Am 13. März 2020 führte der Bundesrat aufgrund der Corona-Pandemie mittels Verordnung Schengen-Grenzkontrollen an allen Binnengrenzen ein. Für Reisende aus Italien galt unmittelbar ein absolutes Einreiseverbot, das lageabhängig beurteilt wurde und gegebenenfalls auf weitere Länder und Regionen ausgeweitet werden konnte. Die Einreise in die Schweiz aus Italien war damit verboten, ausgenommen davon waren Schweizer und Liechtensteiner Bürgerinnen und Bürger sowie Personen, die aus beruflichen Gründen in die Schweiz reisen mussten oder sich in einer Situation absoluter Notwendigkeit befanden. Weiterhin erlaubt waren der Transit- und Warenverkehr. Bundesrätin Karin Keller-Sutter machte deutlich, dass künftig auch andere Nachbarländer von derartigen Reisebeschränkungen betroffen sein könnten, man in Italien aber «eine ganz andere Situation als beispielsweise in Frankreich» habe. Diese Ankündigung machte der Bundesrat nur drei Tage später wahr, als er die Situation in der Schweiz als «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz einstufte und verschiedene weitreichende Massnahmen beschloss, unter anderem die Einführung von strengeren Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern und sämtlichen Nicht-Schengen-Staaten. In der Zwischenzeit wurden auch Deutschland, Frankreich und Österreich als Risikoländer eingestuft, weshalb sie neu den gleichen Einschränkungen unterlagen wie Italien. Da die vier Nachbarstaaten zuvor bereits ähnlich strenge Grenz- und Einreisekontrollen erlassen hätten, unterstütze man damit die Wirksamkeit der ausländischen Regelungen, liess der Bundesrat in seiner Medienmitteilung verlauten. Weil auch zahlreiche Länder ausserhalb Europas Ein- und Ausreisebeschränkungen verfügt hatten, rief Bundesrätin Keller-Sutter alle Schweizer Reisenden im Ausland dazu auf, in die Schweiz zurückzukehren. Am 18. März beschloss der Bundesrat, die bestehenden Einreiseverbote auch auf Spanien und den gesamten Luftverkehr aus Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich auszuweiten. Zudem wurden Einreisen aus Drittstaaten in Übereinstimmung mit der Praxis der EU grundsätzlich verboten und die Ausstellung von nationalen sowie Schengenvisa unterbrochen. Wiederum eine Woche später wurden die Einreisebeschränkungen schliesslich auf Flüge aus allen Schengen-Staaten ausgedehnt. Einzig Personen aus Liechtenstein durften zu diesem Zeitpunkt noch ungehindert einreisen.

Einführung von Grenzkontrollen
Dossier: Kontrolle der Schweizer Landesgrenzen in Covid-19-Zeiten

Au début du mois de juin 2019, le Conseil national s'est à son tour prononcé sur le projet d'arrêté fédéral relatif à la reprise des bases juridiques en vue de la création et de l’utilisation du système d’entrée et de sortie (EES).
La minorité Glättli (verts, ZH) optait pour une non entrée en matière, en raison d'une trop faible protection des données. «Ce système conduit au fichage de millions de personnes qui n'ont rien à se reprocher», a notamment déclaré le conseiller national vert zurichois à la tribune. L'argument n'a néanmoins pas convaincu la chambre basse, qui s'est exprimée favorablement à l'entrée en matière par 159 voix contre 17 et 0 abstention.
La conseillère fédérale en charge du dossier Karin Keller-Sutter a quant à elle une nouvelle fois plaidé en faveur d'un accroissement de la sécurité de l'espace Schengen et d'une amélioration de la qualité des contrôles aux frontières, notamment grâce à l'automatisation de nombreux processus prévue par les nouveaux développements de l'acquis de Schengen.
Le Conseil national a finalement confirmé la décision de la chambre haute et accepté le projet du Conseil fédéral sur le système EES et les modifications de la LEI s'y rapportant (respectivement 160 voix pour, 20 contre, 0 abstention et 160 voix pour, 21 contre, 0 abstention). L'arrêté fédéral a définitivement été adopté à l'occasion du vote final du 21 juin 2019.

Développement de l'acquis de Schengen. Reprise des bases juridiques en vue de la création et de l'utilisation du système d'entrée et de sortie EES

In der Frühjahrssession 2019 beriet der Nationalrat als Zweitrat über die Änderung des Asylgesetz in Bezug auf den Rahmenkredit Migration. Da er jedoch parallel dazu das Hauptgeschäft, den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten, bearbeitete und sich im Verlauf der Diskussion Differenzen zum Beschluss des Ständerats ergaben, wurde nur am Rande über die Änderung des Asylgesetz gesprochen.
Ein Minderheitsantrag vonseiten der Ratsrechten wollte die beantragte Kompetenzdelegation an den Bundesrat verhindern. Gregor Rutz (svp, ZH) betonte die Tragweite dieser finanziellen Beiträge und forderte, derartige Zahlungen der Bewilligung der Bundesversammlung durch einen Bundesbeschluss zu unterstellen. Das hätte zur Folge, dass die Rahmenbeiträge fortan dem fakultativen Referendum unterstehen würden. Bundesrätin Karin Keller-Sutter argumentierte gegen den Antrag, da einerseits bereits die Revision des Bundesgesetz zur Osthilfe 2016 dem Referendum unterstanden habe und ein solches damals nicht ergriffen worden sei. Andererseits würden Finanzgeschäfte durch einfache Bundesbeschlüsse erlassen und seien somit nicht referendumsfähig. Der Antrag Rutz wurde schliesslich mit 113 Gegenstimmen abgelehnt.
Am ursprünglichen Beschluss des Ständerats zur Änderung des Asylgesetz wurde jedoch eine Ergänzung vorgenommen: Der Bundesrat soll vor der Beitragssprechung die zuständigen Parlamentskommissionen konsultieren müssen. Mit dieser Änderung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 118 zu 62 Stimmen an. Das Geschäft ging somit zurück an den Ständerat.

Bundesratsgeschäft zur Änderung des Asylgesetz in Bezug auf Rahmenkredit Migration (18.068)

Si, pour le Conseil fédéral, le projet d'accord-cadre avec l'UE est en grande partie favorable à la Suisse et conforme au mandat de négociation, il juge également prématuré de procéder à sa signature, et ce notamment en raison de questions relatives aux mesures d'accompagnement ou à la directive sur le droit des citoyens de l'UE qui demeurent sans réponse. L'exécutif national a donc annoncé, au début du mois de décembre 2018, son intention de soumettre le texte de l’accord institutionnel à consultation auprès d'acteurs politiques et économiques. Dans le contexte de la libre circulation des personnes, le Conseil fédéral estime en effet insuffisants les trois types de mesures d'accompagnement garantis par le texte de l'accord – délai d’annonce préalable fixé à quatre jours ouvrables dans les secteurs à risques, dépôt d’une garantie financière proportionnée pour les prestataires de service n’ayant pas respecté leurs obligations financières et demande de documents aux prestataires de services indépendants également basée sur les risques. Autre point de litige, la Suisse souhaite que l'accord mentionne de façon explicite l'exception à la reprise de la directive relative au droit des citoyens, alors que l'UE penche pour la reprise de ladite directive à l'échelle helvétique. Dans son communiqué de presse, la Direction des affaires européennes (DAE) précise que le champ d'application de l'accord négocié concerne les cinq accords d'accès au marché relatifs à la libre circulation des personnes, aux transports terrestres, au transport aérien, aux obstacles techniques au commerce (ARM) et à l’agriculture, ainsi que les futurs accords d’accès au marché, à l'exemple de l’accord sur l’électricité en discussion. Sous réserve de certaines exceptions, une reprise automatique du droit européen n'est pas envisagée. Tout développement du droit de l'UE fera ainsi «l’objet d’une décision indépendante de la Suisse dans le plein respect de ses procédures législatives». En ce qui concerne le règlement des différends, le texte soumis à consultation ne prévoit aucunement la mise en place d'une institution supranationale, mais envisage plutôt «un mécanisme de règlement des différends basé sur un tribunal arbitral paritaire».
«Berne joue la montre avec l'Union européenne», titre la Tribune de Genève au lendemain de l'annonce du Conseil fédéral, se demandant si la consultation en question ne s'apparente pas à un «exercice alibi», tant et si bien qu'en l'état, l'accord constitutionnel négocié avec l'UE ne recueille les faveurs ni du PS, ni de l'UDC. Selon le quotidien genevois, la décision du Conseil fédéral présente toutefois des points positifs: les nouvelles conseillères fédérales Karin Keller-Sutter et Viola Amherd prendront notamment part au verdict final, et si votation il devait y avoir, celle-ci se tiendrait après les élections fédérales d'automne 2019. La presse helvétique s'interroge également sur la réaction du voisin européen et des éventuelles représailles, à l'exemple de l'équivalence boursière que la Suisse pourrait ne pas obtenir. «Nous ne sommes pas sous pression!», a rétorqué le ministre des Finances Ueli Maurer en conférence de presse. Néanmoins, le Conseil fédéral a une fois de plus fait savoir que la Suisse remplit intégralement les conditions exigées pour la reconnaissance de l’équivalence boursière suisse selon MIFIR 23, tout en appelant à une avancée dans ce sens de la part de l'Union européenne.

Le Conseil fédéral décide de lancer des consultations sur le texte de l’accord institutionnel
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen