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Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik

Die schweizerische Aussenpolitik war im Jahr 2023 stark von der Reaktion auf internationale Konflikte und Krisen geprägt, wobei der mediale und politische Fokus auf dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine lag. Auch im Jahr 2023 übernahm der Bundesrat Sanktionen der EU gegen Russland, insbesondere Dienstleistungsverbote gegen Unternehmen oder die russische Regierung, Kontrollen und Beschränkungen für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sowie Finanzsanktionen und Reisebeschränkungen gegen einzelne Personen. Die Medien berichteten zwar auch 2023 häufig über die Sanktionen, jedoch nicht mehr im selben Ausmass wie 2022 (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Die Abbildung zeigt auch, dass sich die Medien intensiv mit der Neutralität der Schweiz auseinandersetzten. Diese wurde insbesondere in Zusammenhang mit der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial diskutiert, aber auch bezüglich finanzieller und humanitärer Hilfen, beispielsweise in Form von Ambulanzfahrzeugen. Im Juni fand in London die zweite «Ukraine Recovery Conference» statt. Bei dieser Gelegenheit betonte Aussenminister Ignazio Cassis, dass die Schweiz beim Wiederaufbau der Ukraine insbesondere auf die Bereiche Diplomatie, Wirtschaft und Good Governance fokussiere. Mit dem Wiederaufbau beschäftigte sich auch der Nationalrat; dieser bekräftigte durch Annahme fünf gleichlautender Motionen seinen Willen, dass durch Sanktionen eingefrorene staatliche und staatsnahe Vermögenswerte Russlands zum Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden sollen. Ob der Ständerat dieser Forderung ebenfalls zustimmt, blieb im Berichtsjahr noch offen.

Ab Herbst 2023 prägte ein weiterer Konflikt die schweizerische Aussenpolitik. Anfang Oktober eskalierte der seit Jahrzehnten schwelende Nahostkonflikt mit einem Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet. Der Bundesrat reagierte auf den Angriff, indem er zur sofortigen Freilassung der Geiseln aufrief und die Einstufung der Hamas als terroristische Organisation befürwortete. Er berief eine Taskforce ein, um rechtliche Optionen für ein Verbot der Organisation zu prüfen. Bis Ende Februar 2024 will er einen entsprechenden Entwurf erarbeiten. National- und Ständerat stützten diesen Entscheid in der Wintersession, in dem sie Motionen ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen mit der Forderung nach einem Verbot der Hamas annahmen.

Eine grosse humanitäre Krise wurde im Februar auch durch ein starkes Erdbeben in der Grenzregion Türkei/Syrien hervorgerufen. Die Folgen des Erdbebens lösten in der Schweiz eine grosse Welle der Solidarität aus; in privaten Aktionen wurden Sachspenden für die Betroffenen gesammelt. Auch die offizielle Schweiz engagierte sich, indem die Abteilung für Humanitäre Hilfe der DEZA die Schweizer Rettungskette mit 80 Expertinnen und Experten sowie acht Suchhunden in das Gebiet schickte. Die Medien berichteten ausführlich über diese Katastrophe und ihre Auswirkungen, was sich in einem Peak bei der Berichterstattung zur humanitären Hilfe zeigt (vgl. Abbildung 1).

Die Beziehungen der Schweiz zur EU bildeten auch im Jahr 2023 einen Schwerpunkt der Schweizer Aussenpolitik, wobei das Dossier wieder etwas an Fahrt aufnahm. Anfang Juni publizierte der Bundesrat die lange erwartete Lagebeurteilung zu den Beziehungen mit der EU, welche vier mögliche zukünftige Handlungsoptionen umfasste, von denen der Bundesrat die Fortsetzung des bilateralen Weges präferierte. Ende Juni verabschiedete er sodann die Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU. Nach Abschluss der Sondierungsgespräche mit Brüssel und der Gespräche mit Kantonen, Sozialpartnern und Wirtschaftskreisen legte der Bundesrat Ende Jahr seinen Entwurf für ein neues Mandat mit den Leitlinien für die Verhandlungen vor. Dieser beinhaltete den Abschluss neuer Abkommen in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sowie die Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe und weiteren EU-Programmen. Es umfasste auch die Aufnahme institutioneller Lösungen für die bestehenden Marktzugangsabkommen, etwa zur Streitbeilegung mittels paritätischem Schiedsgericht, sowie von Regeln für staatliche Beihilfen und der regelmässigen Zahlung der Schweiz an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Zum Chefunterhändler wurde der Leiter der Abteilung Europa des EDA, Patric Franzen, ernannt, zuvor hatte Alexandre Fasel die abtretende Livia Leu als Staatssekretär des EDA ersetzt. Auf der parlamentarischen Ebene entschied sich der Nationalrat im September für die Einsetzung einer ständigen Subkommission der APK-NR für Europafragen. Schliesslich wurde im Oktober 2023 mit der Unterschriftensammlung für die Volksinitiative «Für den wirksamen Schutz der verfassungsmässigen Rechte» begonnen, die verlangt, dass die Schweiz zukünftig keine internationalen Abkommen mehr abschliesst, die in die Grundrechte der Schweizerinnen und Schweizer eingreifen oder die Schweizer Behörden verpflichten, sich an die Rechtssprechung inter- oder supranationaler Organisationen zu halten – mit Ausnahme des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs.

Die Schweiz nahm in den Jahren 2023 und 2024 auch das erste Mal Einsitz als nicht-ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, wobei sie im Mai gar den Vorsitz des Sicherheitsrates übernahm. Aussenminister Ignazio Cassis und Bundespräsident Alain Berset präsidierten je eine Sitzung zu den Themen nachhaltiger Frieden respektive Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten.

Jahresrückblick 2023: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die Motion Romano (mitte, TI) für ein Abkommen zwischen der Schweiz und Österreich zur erleichterten Rückübernahme im Migrationsbereich wurde in der Wintersession 2023 vom Ständerat behandelt. SPK-SR-Sprecher Daniel Fässler (mitte, AI) erläuterte, dass die Kommission mit 7 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt hatte, die Motion anzunehmen, da sie die Ansicht vertrete, dass das Parlament mit diesem Vorstoss dem Bundesrat den Rücken stärke. Die Minderheit Jositsch (sp, ZH) hingegen vertrat die Ansicht, dass die Motion nicht nötig sei. Auch der Bundesrat empfahl weiterhin die Ablehnung der Motion. Justizministerin Baume-Schneider führte aus, dass sie regelmässig mit ihrem Amtskollegen in Österreich in Kontakt sei, dieser habe jedoch immer wieder erläutert, dass Österreich derzeit kein neues Abkommen abschliessen könne. In der Abstimmung sprach sich die kleine Kammer mit 23 zu 13 Stimmen für die Motion aus und überwies diese damit an den Bundesrat.

Abkommen zwischen der Schweiz und Österreich zur erleichterten Rückübernahme im Migrationsbereich (Mo. 22.4186)

Der Nationalrat widmete sich in der Wintersession 2023 dem Umgang der Schweiz mit der Hamas. Er diskutierte dabei zuerst die Motion 23.4312 betreffend das Verbot der Hamas. Die Rednerinnen und Redner verurteilten allesamt den Terror der Hamas gegenüber Israel. Der Rat und Bundesrätin Baume-Schneider waren sich einig, dass die Hamas verboten und die Motion angenommen werden soll. Es gab einzig noch einige Rückfragen zum Verfahren respektive, ob eine Vernehmlassung zu diesem Verbots-Gesetz nötig sei oder nicht. Die Justizministerin betonte, dass dem Bundesrat eine tiefgreifende Debatte und eine breite Unterstützung für das Gesetz wichtig sei, weshalb er am ordentlichen Vernehmlassungsverfahren festhalten wolle. Anschliessend wurde die Motion stillschweigend angenommen.
Einige Tage bevor die grosse Kammer diesen Vorstoss behandelte, hatte der Ständerat bereits eine identische Motion seiner Kommission angenommen, daher wurde die Motion zum Verbot der Hamas durch diesen nationalrätlichen Entscheid definitiv überwiesen.

Als nächstes Geschäft behandelte der Nationalrat das Postulat 23.4313 der SiK-NR zu Sanktionen gegenüber der Hamas. Wie Kommissionssprecher Thomas Rechsteiner (mitte, AI) erläuterte, soll der Bundesrat mit der Überweisung des Postulats angehalten werden, einige Fragen zum geplanten Verbot der Hamas sowie zu Sanktionen gegenüber dieser Organisation detailliert abzuklären. Elisabeth Baume-Schneider erläuterte seitens des Bundesrates, dass dieser das Postulat als erfüllt betrachte, da sich die beiden Räte sowie der Bundesrat nun selber bereits für ein solches Verbot ausgesprochen hatten und die Regierung damit begonnen habe, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten. Die im Postulat aufgeworfenen Fragen würden im Rahmen der Botschaft zu diesem Gesetz behandelt. Der Nationalrat hielt aber an der Haltung der SiK-NR fest und nahm das Postulat einstimmig an.

Die Terrororganisation «Hamas» verbieten (Mo. 23.4312) oder mit Sanktionen belegen (Po. 23.4313)
Dossier: Hamas

In der Wintersession 2023 behandelte der Nationalrat als Erstrat die Botschaft zur Anwendung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands. Die Mehrheit der zuständigen SPK-NR beantragte Eintreten auf die Vorlage, die Kommissionssprecherinnen Céline Widmer (sp, ZH) und Greta Gysin (gp, TI) stellten die Vorlage vor. Die Zürcher SP-Nationalrätin hielt fest, dass an den grundsätzlichen Strukturen des Schengen-Evaluierungsmechanismus nichts geändert werde, es gehe nur darum, das Verfahren effektiver und effizienter auszugestalten. Eine Minderheit Glarner (svp, AG) forderte seitens der SVP-Fraktion dazu auf, nicht auf das Geschäft einzutreten. Das Schengen-System funktioniere grundsätzlich nicht, die geplante Evaluation der Anwendung werde daran nichts ändern. Zudem kritisierte der Aargauer SVP-Vertreter, dass die Schweiz gezwungen werde, die Reform zu akzeptieren, da ansonsten die Kündigung des Schengen-Besitzstandes drohe. Anschliessend gab Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (sp, BL) bekannt, dass die übrigen Fraktionen den Antrag der Mehrheit auf Eintreten unterstützten.
In der darauffolgenden Abstimmung votierte der Nationalrat mit 122 zu 66 Stimmen für Eintreten auf die Vorlage. In der Gesamtabstimmung resultierte eine Zustimmung mit 124 zu 66 Stimmen. Die Ablehnungen stammten jeweils von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands (Überwachungsmechanismus) (BRG 23.053)

Die Motion  «Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält» von Damian Müller (fdp, LU) wurde in der Wintersession 2023 vom Nationalrat behandelt. SPK-NR-Sprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) erläuterte, dass die Motion im Interesse der Schweiz sei, da sie darauf abziele, dass Italien seine Verpflichtungen zur Rücknahme von Asylsuchenden einhält. Dafür brauche es gemäss Kommissionsmehrheit eine stärkere Einflussnahme der Schweiz auf europäischer Ebene. Céline Widmer (sp, ZH) vertrat die Minderheit der Kommission, welche auf Ablehnung der Motion plädierte. Sie erachtete die Motion als erfüllt, da die verlangten Zahlen zum Rücknahmestop bereits geliefert worden seien und die Schweizer Regierung auf bilateraler sowie multilateraler Ebene bereits alles Mögliche unternehme, um «gegen diesen unschönen Zustand» vorzugehen. Auch Justizministerin Baume-Schneider empfahl die Motion zur Ablehnung, da sie bereits umgesetzt werde.
In der anschliessenden Abstimmungen wurde die Motion mit 124 zu 60 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Die ablehnenden Stimmen stammten von den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen.

Intervention in Brüssel, damit Italien endlich das Dublin-Abkommen einhält (Mo. 23.3031)

Nach dem Ständerat nahm in der Wintersession 2023 auch der Nationalrat Kenntnis vom Bericht über die abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge im Jahr 2022. Wie die Kommissionsmitglieder Claudia Friedl (sp, SG) und Laurent Wehrli (fdp, VD) sowie Aussenminister Ignazio Cassis erläuterten, umfasste der Bericht nur diejenigen Verträge, die der Bundesrat in eigener Kompetenz abgeschlossen hatte und somit nicht im Parlament behandelt worden waren.

Abgeschlossene völkerrechtliche Verträge im Jahr 2022. Bericht (BRG 23.038)
Dossier: Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen

Die APK-NR forderte mit einem im September 2023 eingereichten Postulat einen Bericht zu den BRICS-Staaten. In diesem Bericht soll der Einfluss der BRICS-Staaten auf die Weltordnung analysiert werden und eine Strategie der Schweiz gegenüber dieser Staatengruppe erarbeitet werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.
In der Wintersession 2023 wurde das Anliegen von den Kommissionssprechern Laurent Wehrli (fdp, VD) und Fabian Molina (sp, ZH) dem Ratsplenum vorgestellt. Sie führten aus, dass die BRICS-Staaten 2023 beschlossen hätten, die Länder Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einzuladen, sich der BRICS-Staatengruppe anzuschliessen. Durch diesen Staatenzusammenschluss würden 40 Prozent der Weltbevölkerung und 36 Prozent der Weltwirtschaft repräsentiert werden. Diesen Staaten werde also bald ein noch grösseres politisches und wirtschaftliches Gewicht zukommen. Molina erläuterte für die Kommission, dass im geforderten Bericht Klarheit darüber geschaffen werden soll, wie sich die Schweiz in Bezug auf den Anspruch der BRICS-Staaten, den Multilateralismus aktiv zu gestalten, stelle; auch solle analysiert werden, welchen Einfluss die Staatengruppe in den nächsten Jahren auf die Sicherheit und Blockbildung in Europa haben wird und welche Strategie die Schweiz diesbezüglich verfolgen wolle. Schliesslich müsse auch das aussenwirtschaftliche Potential der BRICS-Staaten für die Schweiz diskutiert werden. Aussenminister Cassis erörterte, dass das Auftreten der BRICS-Staaten sowohl als wachsendes Selbstbewusstsein des globalen Südens, als auch als Zeichen der Kritik am heutigen westlichen Einfluss auf die internationale Ordnung gewertet werden kann.
Anschliessend wurde das Postulat stillschweigend angenommen.

Bericht des Bundesrates zu den Brics-Staaten (Po. 23.3970)

Der Ständerat widmete sich in der Wintersession 2023 der Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kommissionssprecher Martin Schmid (fdp, GR) gab gekannt, dass das Geschäft in der vorberatenden WAK-SR unbestritten war, dass die Kommission aber eine Diskussion über die Besteuerung in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführt habe. Diese erhöben keine Einkommenssteuern, sondern lediglich eine reduzierte Körperschaftssteuer von 9 Prozent. Vor diesem Hintergrund sei die Befürchtung aufgetaucht, dass Personen, die in der Schweiz oder in Europa mit Sanktionen belegt wurden, ihren Wohnsitz in einen Staat wie die VAE verlegen könnten, dadurch «die Vorteile der Doppelbesteuerungsabkommen in Anspruch nehmen könn[t]en» und quasi von einer doppelten Nichtbesteuerung profitierten. Ständerat Schmid forderte den Bundesrat dazu auf, diesen Aspekt bei zukünftigen Verhandlungen zu DBA zu beachten. Der Sinn von DBA liege schliesslich darin, eine doppelte Besteuerung zu verhindern, nicht aber die Besteuerung an sich. Finanzministerin Karin Keller-Sutter nahm diesen Hinweis zur Kenntnis und plädierte im Übrigen dafür, die Änderung des DBA zu genehmigen, da diese ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis darstelle und sich positiv auf die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen auswirken werde. In der Gesamtabstimmung genehmigte der Ständerat das Änderungsprotokoll mit 37 zu 1 Stimmen.

In den Schlussabstimmungen am Ende der Wintersession nahm der Nationalrat das Geschäft mit 138 zu 52 Stimmen (8 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen und die Enthaltungen stammten aus den Reihen der SVP-Fraktion. Der Ständerat stimmte dem Geschäft mit 38 zu 2 Stimmen (5 Enthaltungen) zu.

Doppelbesteuerung. Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (BRG 23.043)
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

In der Wintersession 2023 befasste sich der Ständerat mit der parlamentarischen Initiative Nussbaumer (sp, BL) zur Ergänzung des Parlamentsgesetzes mit parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten in Europafragen. Damian Müller (fdp, LU) stellte das Geschäft vor und erläuterte, dass die Mehrheit der vorberatenden APK-SR dem zustimmenden Beschluss des Nationalrates folgen wolle. Eine Minderheit Gmür-Schönenberger (mitte, LU) forderte hingegen Nichteintreten. Die Mitte-Politikerin vertrat die Ansicht, dass der im Vorstoss verlangte Planungsbericht ein Ding der Unmöglichkeit sei, da sich die Verhandlungen zu den verschiedenen EU-Programmen jeweils in unterschiedlichen Stadien befänden. Der geforderte Bericht wäre daher lediglich «eine absolut unvollständige Momentaufnahme». Aussenminister Cassis hingegen betonte, dass der Bundesrat das Interesse des Parlaments anerkenne, über die notwendigen Informationen zu den gesamten Beziehungen Schweiz-EU zu verfügen und sprach sich daher für Eintreten und für die entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über die Bundesversammlung aus. In der Folge sprach sich der Ständerat mit 25 zu 18 Stimmen und 1 Enthaltung für Eintreten aus. In der Gesamtabstimmung nahm er den Entwurf mit demselben Stimmenverhältnis an.
In den Schlussabstimmungen sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 131 zu 67 Gegenstimmen der SVP für den Entwurf aus. Der Ständerat nahm das Geschäft mit 31 zu 14 Stimmen an.

Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs (Pa. Iv. 20.496)

In der Wintersession 2023 folgte der Nationalrat dem Ständerat und der vorberatenden RK-NR und entschied, das «Übereinkommen Nr. 190 der internationalen Arbeitsorganisation zur Beseitigung der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz» vorerst nicht zu ratifizieren, sondern die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Die Kommissionssprechenden Tamara Funiciello (sp, BE) und Nicolas Walder (gp, GE) berichteten, dass die Kommissionsmehrheit die Ansicht vertrat, dass die vom Ständerat geforderten zusätzlichen Abklärungen zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des ILO-Übereinkommens durchgeführt werden sollen; nicht zuletzt um ein Scheitern der ganzen Vorlage zu verhindern. Nach dem Votum von Wirtschaftsminister Parmelin, welcher unterstrich, dass der Bundesrat die Ratifizierung des Abkommens befürworte, aber auch bereit sei, die gewünschten Arbeiten durchzuführen, wurde der Rückweisungsantrag an den Bundesrat stillschweigend angenommen.

Übereinkommen Nr. 190 und Bericht über die Erklärung zum hundertjährigen Bestehen der internationalen Arbeitsorganisation (BRG 22.045)

Die SP-Fraktion forderte mit einer im Februar 2023 und damit rund ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs eingereichten Motion, dass die Schweiz in Zusammenarbeit mit verschiedenen Minenräumungsorganisationen ein internationales Programm zur Räumung von Minen in der Ukraine auf die Beine stellen soll. Die SP-Fraktion verwies auf die drei bereits bestehenden Zentren in der Schweiz, die im Bereich der Minenräumung aktiv sind: Die Fondation suisse de déminage, das Internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung in Genf sowie das Kompetenzzentrum der Schweizer Armee ABC-KAMIR. Die Schweiz verfüge dadurch über ein grosses Potential, um die Ukraine bei der Minenräumung noch stärker zu unterstützen. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Er wies jedoch darauf hin, dass die Unterstützung der Schweiz spezifisch auf die Bedürfnisse der Ukraine abgestimmt werden müsse.
Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit der Thematik, da die Motion von Benjamin Fischer (svp, ZH) bekämpft worden war. Dieser argumentierte im Rat, dass die Schweiz bereits genügend finanzielle Mittel für die Minenräumung in der Ukraine gesprochen habe. Ausserdem müsse das Ende des Krieges abgewartet werden, bis eine wirkliche Entminung durchführbar sei. Anschliessend sprach sich die grosse Kammer mit 129 zu 65 Stimmen für Annahme der Motion aus. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt aus der SVP-Fraktion.

Vorbereitung und Unterstützung der humanitären Minenräumung in der Ukraine (Mo. 23.3027)

Auch im Nationalrat, der das Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien in der Wintersession 2023 beriet, gab es links-grünen Widerstand gegen das Geschäft: Während die Mehrheit der APK-NR auf Eintreten plädierte, beantragte eine Minderheit um Nicolas Walder (gp, GE) Nichteintreten. Dieser wies – wie zuvor bereits Carlo Sommaruga (sp, GE) im Ständerat – darauf hin, dass mit dem Abkommen nur ausländische Investoren Zugang zu privaten Schiedsgerichten erhielten, nicht jedoch die lokalen Wirtschaftsakteure oder die Zivilgesellschaft. Darüber hinaus sei es nicht angemessen, dass mit diesem Abkommen sämtliche Investitionen geschützt würden. Aus Sicht der Minderheit sollten beispielsweise Investitionen in fossile Energieträger vom Schutz ausgenommen werden. Nach diesem Votum signalisierten die Fraktionen der FDP.Liberalen, der Mitte und der SVP Zustimmung zum Geschäft. Die Vertreterinnen und Vertreter der SP- und der Grünen-Fraktion sprachen sich gegen das Abkommen aus. Eintreten wurde mit 127 zu 64 Stimmen bei 4 Enthaltungen beschlossen.
In der Gesamtabstimmung sprachen sich die Mitglieder der grossen Kammer mit 125 zu 62 bei 8 Enthaltungen für den Entwurf aus. Nebst den fast geschlossen stimmenden bürgerlichen Parteien hatte sich auch die GLP-Fraktion für das Geschäft ausgesprochen.

Im Rahmen der Schlussabstimmungen nahm der Nationalrat die Vorlage mit 132 zu 64 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Für Ablehnung des Abkommens stimmten die SP- und die Grünen-Fraktion sowie ein Mitglied der SVP-Fraktion. Im Ständerat wurde das Geschäft mit 39 zu 6 Stimmen angenommen. Auch hier stammten die Gegenstimmen von Mitgliedern der SP sowie der Grünen.

Schutz von Investitionen. Abkommen mit Indonesien (BRG 23.035)

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2023 mit dem Abkommen zwischen der Schweiz und Panama über Rechtshilfe in Strafsachen. Carlo Sommaruga (sp, GE) erläuterte den Inhalt des Abkommens seitens der zuständigen RK-SR. Der Genfer SP-Ständerat fasste zusammen, dass das Abkommen eine bessere Bekämpfung der internationalen Kriminalität ermögliche, gleichzeitig die Rechte der Beschuldigten wahre sowie auch die Grundsätze der Schweizer Rechtsordnung beachte. Die Kommission schlage einstimmig Eintreten und Annahme des Abkommens vor. Nachdem auch Justizministerin Baume-Schneider für die Genehmigung des Abkommens plädierte, schritt die kleine Kammer zur Abstimmung. Eintreten war unbestritten und auch in der Gesamtabstimmung wurde das Geschäft einstimmig angenommen.

Rechtshilfe in Strafsachen. Abkommen mit der Republik Panama (BRG 23.058)

Die APK-NR rief den Bundesrat in einer Motion dazu auf, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Republik Korea (Südkorea) zu stärken und zu modernisieren. Sie forderte unter anderem einen besseren Marktzugang für Agrarprodukte, die Beseitigung von Handelshemmnissen sowie eine Vereinfachung bei Zollverfahren, Ursprungsregeln und Produktprüfungen. Auf der Wunschliste standen auch Verbesserungen im Bereich des Geistigen Eigentums und beim Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt sowie ein besserer Schutz für bilaterale Investitionen. Die Kommission wies zusammenfassend darauf hin, dass das 2006 abgeschlossene Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und der Republik Korea jenem zwischen der EU und der Republik Korea in gewissen Bereichen hinterherhinke.
Der Bundesrat teilte das Bestreben der APK-NR, das FHA zwischen der EFTA und Südkorea zu modernisieren. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Schweizer Anbieter auf dem südkoreanischen Markt gegenüber Drittstaaten nicht mehr benachteiligt werden. Zwar habe sich Südkorea offen gegenüber einer Aktualisierung des FHA gezeigt, auf der technischen Ebene hätten bislang jedoch noch keine Fortschritte erzielt werden können. Der Bundesrat beantragte die Motion allerdings trotzdem zur Ablehnung, weil deren Erfüllung von der Bereitschaft Südkoreas und der anderen EFTA-Mitgliedern, das FHA zu modernisieren, abhänge. Zudem enthalte die Motion auch Elemente, die nicht im Rahmen eines FHA geklärt werden könnten, beispielsweise Steuerfragen und der Schutz von Investitionen.

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit dem Vorstoss. Für die Kommission stellten Christine
Bulliard-Marbach (mitte, FR) und Laurent Wehrli (fdp, VD) die Motion vor. Laurent Wehrli betonte, dass sich die Kommission darüber im Klaren sei, dass diese Motion nur für die Schweizer Regierung, nicht jedoch für die anderen EFTA-Staaten bindend sei. Danach plädierte Bundesrat Parmelin aus den genannten Gründen noch einmal für Ablehnung. Der Nationalrat sprach sich dennoch einstimmig für Annahme der Motion aus.

Modernisierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Republik Korea (Mo. 23.4321)

Einige Tage nachdem die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates eine Motion für ein Verbot der Hamas eingereicht hatte, forderte dies auch die SiK-SR mit einer identischen Motion.
Der Ständerat behandelte den Vorstoss in der Wintersession 2023. Kommissionssprecher Werner Salzmann (svp, BE) sowie Daniel Jositsch (sp, ZH), Mathias Zopfi (gp, GL) und Benedikt Würth (mitte, SG) verurteilten die Taten der Hamas einhellig und sprachen sich dafür aus, die Organisation zu verbieten. Carlo Sommaruga (sp, GE) prangerte die von der Hamas begangenen «actes barbares» ebenfalls an, wies in seinem Votum aber auch auf einige Punkte hin, die es seiner Ansicht nach bei einem Verbot zu beachten gebe. Er erinnerte an die Vermittlerrolle der Schweiz in zahlreichen Konflikten und befürchtete, dass die Schweiz diese Rolle im Nahost-Konflikt im Falle eines Hamas-Verbots nicht mehr wahrnehmen könne. Zudem bewirke ein Verbot in der Schweiz nicht viel, da die Finanzierung der Hamas vom Iran und Katar aus geschehe und nicht via die Schweiz. Der Genfer Ständerat thematisierte auch das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung und schloss sein Votum mit der Hoffnung, dass sich der Bundesrat weiterhin für eine Zweistaatenlösung einsetzen werde.
Anschliessend wurde die Motion stillschweigend angenommen. Da der Nationalrat die gleichlautende Motion der SiK-NR einige Tage später ebenfalls annahm, ist diese Motion nun überwiesen.

Die Terrororganisation «Hamas » verbieten (Mo. 23.4329)
Dossier: Hamas

Russische und andere ausländische Spione konsequent auszuweisen forderte die APK-NR in einer im September 2023 eingereichten Motion. Die Kommission begründete ihren Vorstoss mit dem Umstand, dass die verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeit in der Schweiz zwar strafbar sei, sich viele Personen des diplomatischen Corps jedoch auf die Immunität gemäss Wiener Übereinkommen berufen können. Daher bleibe zur Verhinderung der Spionage letztlich nur die konsequente Ausweisung dieser Personen aus der Schweiz übrig. Eine Minderheit um Roland Büchel (svp, SG) beantragte, die Motion abzulehnen. Der Bundesrat hingegen wollte die Motion annehmen.

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit dem Anliegen. Für die Motion stellten Fabian Molina (sp, ZH) und Nicolas Walder (gp, GE) die Motion vor. Minderheitensprecher Büchel argumentierte, dass die Schweiz russische Diplomaten nicht lediglich «auf der Basis von ‹Hörensagen›» ausweisen könne, es brauche immer eine sorgfältige Einzelprüfung. Ausserdem befürchtete Büchel, dass Russland im Gegenzug auch Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten ausweisen werde. In der Folge werde es für die Schweiz schwierig, ihre diplomatischen Aufgaben in Russland zu erfüllen. Verteidigungsministerin Viola Amherd resümierte, dass es «zwischen der Meinung der Minderheit und jener der Mehrheit eigentlich gar keine Differenz» gebe, da alle Redner die Auffassung teilten, dass Personen, welche nachrichtendienstliche Tätigkeiten ausführen und die Sicherheit der Schweiz gefährden, ausgewiesen werden sollen. Der Bundesrat werde bei Annahme der Motion seine Praxis anpassen, indem jeder einzelne Fall im Sicherheitsausschuss des Bundesrates diskutiert werde. Wenn festgestellt werde, dass eine verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeit ausgeführt wurde, werde die betroffene Person ausgewiesen. Nach einigen Rückfragen seitens der SVP-Fraktion schritt der Nationalrat zur Abstimmung und nahm die Motion mit 103 zu 74 Stimmen (19 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen sowie die Enthaltungen stammten von der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion.

Russische und andere ausländische Spione konsequent ausweisen (Mo. 23.3969)

Die APK-NR forderte den Bundesrat mit einem im Oktober 2023 eingereichten Postulat dazu auf, eine umfassende Revision des Aussenwirtschaftsgesetzes zu prüfen. Im verlangten Bericht solle der Bundesrat etwa festlegen, welche Prinzipien in den Bereichen Menschen- und Arbeitsrechte, Eigentumsrechte und Patentschutz beim Abschluss von neuen Abkommen eingehalten werden müssen. Weiter sollen auch die beiden Aussenpolitischen Kommissionen mehr Informationen zu den Verhandlungen über aussenwirtschaftliche Abkommen erhalten, insbesondere wenn sich die Verhandlungen als schwierig erweisen. Schliesslich soll auch die demokratische Legitimation solcher Abkommen gestärkt werden.
Eine Kommissionsminderheit um Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) beantragte, das Postulat abzulehnen. Auch der Bundesrat lehnte das Postulat ab. Er argumentierte, dass die Zusammenarbeit zwischen Bundesrat und Parlament in der Aussenwirtschaftspolitik gut funktioniere; das WBF informiere die aussenpolitischen Kommissionen regelmässig auch über die wichtigen aussenwirtschaftspolitischen Entwicklungen. Im Hinblick auf die Prinzipien, welche in den Verhandlungen über neue Abkommen eingehalten werden sollen, wies der Bundesrat darauf hin, dass er sich in der Aussenwirtschaftsstrategie zur Förderung des nachhaltigen Handels im Sinne der Agenda 2030 und der Nachhaltigkeitsziele der UNO verpflichtet habe. Schliesslich machte der Bundesrat darauf aufmerksam, dass Verträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten, bereits dem fakultativen Referendum unterlägen. Zudem müsse für alle Verträge, die referendumspflichtig seien, eine Vernehmlassung durchgeführt werden. Zusammenfassend stellte der Bundesrat fest, dass der aktuelle Rechtsrahmen in der Aussenwirtschaftspolitik nicht geändert werden müsse. Er sei jedoch bereit, in einem Bericht zu analysieren, wie den Forderungen des Postulats ohne rechtliche Änderungen entsprochen werden könne.
Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit dem Anliegen seiner Kommission. Kommissionssprecherin Brigitte Crottaz (sp, VD) erläuterte, dass die APK-NR im März 2023 eine parlamentarische Initiative mit denselben Punkten wie im vorliegenden Postulat eingereicht hatte. Da diese Initiative bei der Schwesterkommission keine Zustimmung gefunden habe, habe die nationalrätliche APK beschlossen, die Initiative zu sistieren und das vorliegende Postulat einzureichen. Brigitte Crottaz betonte, dass es im Bereich der Aussenpolitik zahlreiche offene Fragen zur parlamentarischen Mitwirkung gebe. So sage die Bundesverwaltung seit Jahren, dass sie eine Definition für «Abkommen mit wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen» vorlegen werde, dies sei bislang jedoch nicht geschehen. Darüber hinaus habe das knappe Abstimmungsergebnis über das FHA mit Indonesien gezeigt, dass der Bevölkerung der Einbezug von Menschenrechten, Klimagerechtigkeit und anderen Nachhaltigkeitsanliegen in neue Abkommen ein wichtiges Anliegen sei. Minderheitssprecher Hans-Peter Portmann liess hingegen kein gutes Haar am Postulat. Er kritisierte die Kommissionsmehrheit scharf und bezeichnete den Vorstoss als «parteipolitische[n] Missbrauch» durch Mitte-Links. Er argumentierte, dass er der Revision des Aussenwirtschaftsgesetzes gegenüber offen stehe, ein entsprechender Vorstoss aber ergebnisoffen formuliert werden müsse. Portmann gab zudem zu Bedenken, dass einige der Punkte bereits erfüllt seien, so würden die APK bereits regelmässig in den Sitzungen über laufende Verhandlungen informiert und konsultiert. Nachdem sich auch Wirtschaftsminister Parmelin in seinem Votum noch einmal gegen den Vorstoss ausgesprochen hatte, schritt die grosse Kammer zur Abstimmung. Sie nahm den Vorstoss knapp mit mit 95 zu 89 Stimmen bei 1 Enthaltung an. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden FDP.Liberalen- und der SVP-Fraktion.

Revision des Aussenwirtschaftsgesetzes (Po. 23.4320)

Auch im Nationalrat war die Garantieverpflichtung für ein Darlehen an den neu geschaffenen Treuhandfonds des IWF für Resilienz und Nachhaltigkeit unbestritten. Die Vorlage wurde in der Wintersession 2023 seitens APK-NR von Nicolas Walder (gp, GE) und Christine Badertscher (gp, BE) sowie von Finanzministerin Karin Keller-Sutter vorgestellt. Eintreten wurde anschliessend ohne Gegenantrag beschlossen. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer den Entwurf mit 177 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung an. Die wenigen Ablehnungen sowie die Enthaltung stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

IWF. Garantieverpflichtung für ein Darlehen an den Treuhandfonds (BRG 23.044)

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2023 mit dem Beitritt zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen. Auch im Zweitrat war das Geschäft unumstritten. Nachdem Min Li Marti (sp, ZH) und Raphaël Mahaim (gp, VD) die Vorlage seitens der RK-NR vorgestellt und Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider auf ein Votum verzichtet hatte, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen. In der Detailberatung wurden keine Änderungen an der Vorlage vorgenommen. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer das Geschäft schliesslich einstimmig an. Auch in den darauffolgenden Schlussabstimmungen demonstrierten die beide Räte Einstimmigkeit.

Haager Gerichtsstandsübereinkommen. Genehmigung und Umsetzung (BRG 23.045)

In Zusammenhang mit der Beratung der Vorlage zur Genehmigung und Umsetzung des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen (BRG 23.045) wurde die Motion 21.3455 der RK-SR «Die Schweiz als internationalen Gerichtsstandort weiter stärken» in der Herbstession 2023 respektive in der Wintersession 2023 von beiden Räten abgeschrieben.

Schweiz als internationalen Gerichtsstandort weiter stärken

Die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur finanziellen Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik stand in der Wintersession 2023 auf dem Programm des Nationalrates, der die Vorlage als Erstrat beriet. Min Li Marti (sp, ZH) und Jacqueline de Quattro (fdp, VD) stellten die Vorlage seitens der SPK-NR vor. Sie berichteten, dass in der Kommissionssitzung einige kritische Fragen zur Vorlage gestellt wurden, zum einen zur Höhe und zur weiteren Entwicklung der Kosten für die Schweiz, zum anderen zu Menschenrechtsverletzungen an den Schengen-Aussengrenzen. Diese beiden Thematiken wurden dann auch in den Fraktionsvoten der SVP respektive der Grünen aufgegriffen. Während die SVP-Fraktion aufgrund der ihres Erachtens unfairen Kostenschlüssels zulasten der Schweiz und des nicht funktionierenden Grenzschutzes gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollte (Minderheit Hess; svp BE), berichtete Marionna Schlatter (gp, ZH) seitens der Grünen-Fraktion, dass diese einen Solidaritätsbeitrag an die besonders belasteten Staaten an den EU-Aussengrenzen im Grundsatz befürworte, solange garantiert werde, dass die Gelder nicht zur Anwendung von menschenrechtswidrigen Praktiken verwendet werden. Aufgrund dieses Vorbehalts werde sich ein Grossteil der Fraktion der Stimme enthalten. Für die SP-Fraktion wies Priska Seiler Graf (sp, ZH) darauf hin, dass ihre Partei hinter der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes stehe. Auch die SP-Fraktion bitte jedoch den Bundesrat darauf hinzuarbeiten, dass «keine Schweizer Gelder an Staaten fliessen, welche systematisch Pushbacks durchführen.» Die FDP- und die Mitte-Fraktion sprachen sich vorbehaltlos für die Vorlage aus. Anschliessend verteidigte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider den Verteilschlüssel: Dieser richte sich nach dem BIP der teilnehmenden Staaten, entsprechend sei es legitim, dass die Schweiz einen höheren Beitrag als andere Länder leiste. Zudem profitiere die Schweiz stark von effizienteren Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen, da diese zur Sicherheit der Schweiz beitrügen. Hinsichtlich der Bedenken der Grünen und der SP hielt Baume-Schneider fest, dass der Bundesrat die Einhaltung der Menschenrechte als äusserst wichtig erachte. Er habe daher unter anderem zwei Experten in das Grundrechtsbüro von Frontex entsandt.
Nach diesen Voten stimmte die grosse Kammer über Eintreten ab. Mit 103 zu 65 Stimmen bei 21 Enthaltungen trat der Nationalrat auf das Geschäft ein. Die ablehnenden Stimmen stammten wie angekündigt von der SVP-Fraktion, die Enthaltungen von den Grünen. Mit einem sehr ähnlichen Stimmenverhältnis (105:65; 21 Enthaltungen) wurde die Vorlage in der anschliessenden Gesamtabstimmung gutgeheissen.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands. Finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (BRG 23.059)

Als eines der ersten Geschäfte behandelte der nach den Wahlen neu zusammengestellte Nationalrat in der Wintersession 2023 das Bundesgesetz über die SIFEM. Die Kommissionssprecherinnen Christine
Badertscher (gp, BE) und Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) stellten das Geschäft vor und erläuterten, dass die Kommission das Gesetz begrüsse. Eintreten war denn auch unbestritten. Die Mehrheit der vorberatenden APK-NR und in der Folge auch die grosse Kammer folgten in allen diskutierten Punkten dem Bundesrat. Keine Mehrheiten fanden entsprechend die vier Minderheitsanträge aus der Kommission: Eine Minderheit Friedl (sp, SG) hatte verlangt, dass die SIFEM spezifische Massnahmen für die Chancengleichheit von Mann und Frau ergreift. Eine zweite Minderheit Friedl hatte den Artikel über die Geschäftstätigkeit um einen Passus zur Stärkung der Investitionen in den am wenigsten entwickelten Ländern ergänzen wollen. Ein explizites Investitionsverbot in fossile Energieträger hatte die Minderheit Crottaz (sp, VD) verlangt. Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) wiederum hatte in der letzten Minderheit gefordert, dass die SIFEM ihre Arbeit mit den Tätigkeiten der relevanten Bundesstellen, insbesondere mit der DEZA und dem SECO, abstimmt. Einen ähnlich formulierten Passus hatte der Ständerat in der Herbstsession 2023 angenommen.
In der Gesamtabstimmung wurde die unveränderte Vorlage schliesslich einstimmig gutgeheissen.

Bundesgesetz über die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft SIFEM (BRG 22.084)

Ende November 2023 empfing das Staatsoberhaupt von Oman, Sultan Haitham Bin Tariq Al Said, Bundespräsident Alain Berset zu einem Präsidialbesuch. Dies war der erste Schweizer Präsidialbesuch in den seit 50 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Alain Berset wurde bei seiner Visite von einer Delegation der Schweizer Wissenschaft und Wirtschaft begleitet. Die bilateralen Gespräche drehten sich um erneuerbare Energiequellen, um den Tourismus sowie um Fragen der Friedensförderung. Der Schweizer Bundespräsident nahm während seines Aufenthalts im Oman auch an einem Anlass zu «Gesundheit und Frieden» teil, der von der Schweiz, dem Oman sowie der WHO organisiert wurde. Anschliessend reiste Alain Berset weiter nach Dubai (VAE), um am Auftakt der 28. UNO-Klimakonferenz teilzunehmen.

Präsidialbesuch in Oman

Aussenminister Ignazio Cassis nahm am 30. OSZE-Ministerrat teil, welcher von 30. November bis 1. Dezember 2023 in Skopje stattfand. Der Medienmitteilung des Bundesrates konnte entnommen werden, dass sich die OSZE aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine (beides sind Mitgliedstaaten) in einer schwierigen Situation befinde. Dieser Krieg habe zu einem Vertrauensverlust unter den OSZE-Teilnehmerstaaten geführt und blockiere wichtige Entscheide innerhalb der Organisation. So habe man sich etwa erst kurz vor dem Treffen der Aussenminister darauf einigen können, dass Malta den Vorsitz im Jahr 2024 übernimmt. Bundesrat Cassis versuchte sich in Skopje dafür einzusetzen, dass die Prinzipien der OSZE aufrechterhalten bleiben und dass diese insgesamt handlungsfähig bleibt.
Die Aargauer Zeitung wusste ferner zu berichten, dass Russland nicht nur zu verhindern gewusst habe, dass Estland den Vorsitz in 2024 übernimmt, sondern nach wie vor wichtige Budget- und Personalentscheidungen hinauszögere.

Bundesrat Ignazio Cassis nimmt am 30. OSZE-Ministerrat in Skopje teil

Ende November 2023 beschloss der Bundesrat weitere Schritte in Sachen Hamas-Verbot. Er beauftragte das EJPD und das VBS, in Zusammenarbeit mit dem EDA ein spezifisches Gesetz über ein Verbot der Hamas auszuarbeiten. Damit sollen die Behörden ein Mittel erhalten, um allfälligen Aktivitäten oder der Unterstützung der Hamas in der Schweiz Einhalt zu gebieten. Des Weiteren habe der Bundesrat nach einer Analyse der Zusammenarbeit mit sämtlichen palästinensischen Partner-NGO beschlossen, die Verträge mit drei von elf Partnern nicht weiterzuführen, da bei diesen Unregelmässigkeiten hinsichtlich der Einhaltung des Verhaltenskodex und der vertraglichen Antidiskriminierungsklausel festgestellt worden seien.
Die Medien befanden, dass der Beschluss, ein Verbot auszuarbeiten, einem Paradigmenwechsel gleichkomme, da sich die Schweiz bis dahin eng an die Beschlüsse der UNO gehalten habe; in diesem Falle habe die Schweiz jedoch autonom gehandelt. Die Schweiz habe ausserdem des Öfteren den Standpunkt vertreten, dass ein solches Verbot faktisch keine Wirkung entfalten werde sowie die guten Dienste und die Vermittlerrolle der Schweiz in Frage stellen könne. Wie der Liberté entnommen werden konnte, war für Aussenminister Cassis die Schwere der Taten, die durch die Hamas ausgeführt wurden, ausschlaggebend für das Verbot. Ausserdem habe Cassis argumentiert, dass die Schweiz sich nicht mehr einfach den Entscheiden des UNO-Sicherheitsrats anschliessen könne. Dieser sei vor dem Hintergrund einer multipolaren, fragmentieren Weltordnung nicht mehr in der Lage, über solche Konflikte klar zu urteilen.

Reaktion des Bundesrates auf die Terroranschläge der Hamas gegen Israel
Dossier: Hamas