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Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine kam es zu Schwierigkeiten in internationalen Lieferketten und in der Verfügbarkeit gewisser Güter und Energieträger. Im Jahr 2022 standen deshalb die wirtschaftliche Versorgungssicherheit sowie die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vermehrt im Interesse der medialen Berichterstattung sowie im Fokus einiger parlamentarischer Vorstösse.
Zentral waren dabei die Pflichtlager, wie beispielsweise jenes für Treibstoffe: Während dieses über Jahrzehnte nie angezapft worden war, musste der Bundesrat im vergangenen Jahrzehnt mehrfach Reserven für den Markt freigeben (2010, 2015, 2018 und 2019). Zu den Hauptursachen für die Versorgungsengpässe auf dem freien Markt zählten vor allem der tiefe Rheinpegel in trockenen Sommern – welcher den Import über die Rheinschifffahrt erschwerte –, Streiks im Ausland und Probleme in Raffinerien. Auch im Sommer 2022 musste der Bundesrat das Pflichtlager teilweise freigeben – dazu beigetragen hat auch der Krieg in der Ukraine. Im März 2022 öffnete der Bundesrat zudem das Pflichtlager für Opioide. Dieser Schritt sei aufgrund einer «schweren Mangellage» an Schmerzmitteln auf dem Schweizer Markt notwendig geworden, die durch Kapazitätsprobleme in der Herstellung solcher Medikamente verursacht worden sei, erklärte der Bundesrat dazu. Neben der Freigabe von bestehenden Pflichtlagern wurden auch neue eingeführt: So kam 2022 ein Pflichtlager für Rapssaatgut neu dazu. Bereits 2020 führte der Bundesrat das Pflichtlager für Ethanol – das 2018 aufgelöst worden war – wieder ein (vgl. Mo. 20.3448), da es zu Beginn der Covid-19-Pandemie zu Versorgungsschwierigkeiten mit Ethanol für die Produktion von Desinfektionsmitteln gekommen war. Die Pflichtlager erstreckten sich im Jahr 2022 deshalb über Zucker, Reis, Speiseöle und -fette, Getreide, Kaffee, Futtermittel, Stickstoff-Dünger, Benzin, Dieselöl, Flugpetrol, Heizöl sowie Heizöl extra leicht (für Zweistoffanlagen), Uran-Brennelemente, Rapssaatgut, diverse Arzneimittel und Impfstoffe, Kunststoffe (Polyethylen-Granulate zur Herstellung von Desinfektionsmittelflaschen sowie Zusatzstoffe) und Ethanol. Wie die Aargauer Zeitung im Juni 2022 schrieb, erwiesen sich diese «Überbleibsel aus dem Kalten Krieg» plötzlich wieder als sinnvolle Massnahmen, um aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
Auch organisatorisch erkannte der Bundesrat beim Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung Handlungsbedarf: Im März 2022 kündigte er an, das dafür zuständige BWL personell aufstocken zu wollen. Insbesondere der Chefposten im Bundesamt soll dabei zu einer Vollzeitstelle ausgebaut werden – bisher war dieser Milizposten mit einem Pensum von 40 Prozent verbunden.
Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungssicherheit beschäftigte auch die Mitte-Fraktion, welche bei essenziellen Gütern eine Reduktion der Abhängigkeit vom Ausland verlangte – eine Motion, die der Ständerat im Herbst 2022 als Zweitrat jedoch fallen liess. Im Sommer veröffentlichte der Bundesrat zudem einen Bericht zu einer angenommen Motion Häberli-Koller (mitte, TG; Mo. 20.3268), welche ebendiese wirtschaftlichen Abhängigkeiten bei essenziellen Gütern aufzeigte. Weiter wollte der Nationalrat auch die Situation der Versorgungssicherheit mit Metallen und seltenen Erden geklärt haben und überwies im Herbst 2022 ein entsprechendes Postulat Schneider-Schneiter (mitte, BL; Po. 20.3950) an den Bundesrat.
Des Weiteren trat das Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung im Zusammenhang mit der drohenden Energieknappheit im Winter 2022/2023 in den Fokus der öffentlichen Debatte. Nebst den durch den Bund in Auftrag gegebenen Pflichtlagern standen auch die privaten Notvorräte im Fokus. So rief beispielsweise der Regierungsrat des Kantons Zürich im September 2022 die Bevölkerung dazu auf, einen Notvorrat anzulegen, um gegen die Energieknappheit gewappnet zu sein. Der Notvorrat solle dabei aus Wasser und Getränken, Lebensmitteln, Gebrauchsgütern, Hygieneartikeln sowie einer Hausapotheke bestehen. Auch das BLV habe in diesem Zusammenhang seine Informationstätigkeit verstärkt, berichtete die NZZ.
Die Diskussion weitete sich zuletzt auch auf den militärischen Bereich aus: Die vielen Bunkeranlagen in privaten sowie öffentlichen Gebäuden in der Schweiz gewannen im Jahr 2022 aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der atomaren Drohungen seitens Russlands plötzlich wieder an medialem Interesse. Als einziger Kanton hat dabei Luzern die Zuteilung der Bevölkerung auf die Bunkeranlagen online veröffentlicht. Die Aargauer Zeitung berichtete zudem darüber, in welchen Kantonen genügend Schutzplätze und in welchen gemessen an der wohnhaften Bevölkerung zu wenig Schutzplätze vorhanden sind. Während etwa der Kanton Graubünden eine Abdeckung von 146 Prozent aufweise, könne der Kanton Genf nur 72 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohnern im Ernstfall einen Schutzplatz anbieten. Gesamtschweizerisch betrachtet bestehe allerdings eine Abdeckung von über 100 Prozent.

Gesellschaftliche Debatte um die wirtschaftliche Versorgungssicherheit im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und Covid-19
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern
Dossier: Covid-19-Krise und Ukrainekrieg: Anpassung der wirtschaftlichen Landesversorgung

Ende Sommer 2022 präsentierte der Bundesrat den Bericht zur angenommenen Motion Häberli-Koller (mitte, TG) betreffend die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Schweiz bei essentiellen Gütern vom Ausland. Das Dokument listet Erfahrungen der Schweiz und des Auslands im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie sowie des Ukraine-Krieges auf und zeigt Massnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit essentiellen bzw. lebenswichtigen Gütern auf.
Im Bericht hielt die Regierung unter anderem fest, dass die Schweiz bei Importen von Energieträgern und von Nahrungsmitteln stark von den Nachbarstaaten – vor allem von Deutschland – abhängig sei. Bei Medikamenten bestehe zudem eine starke Abhängigkeit von einigen wenigen Lieferanten. Der Bundesrat betonte, dass eine offene Volkswirtschaft gemäss mehreren Studien zwar eine höhere Abhängigkeit von Lieferketten aufweise, jedoch gleichzeitig eine grössere Resilienz zeige und besser auf Ereignisse wie beispielsweise Naturkatastrophen oder Kriege reagieren könne. Aktuelle, globale Bestrebungen zur Renationalisierung verschiedenster internationaler Liefer- und Produktionsketten bewertete er damit skeptisch. Stattdessen plädierte er für eine multilaterale Aussenwirtschaftspolitik, in welcher die Privatwirtschaft eine zentrale Rolle einnimmt und die mit wirksamen, staatlichen Instrumenten der wirtschaftlichen Landesversorgung ergänzt wird. Die Versorgungssicherheit baue dabei grob auf vier Pfeilern auf: erstens auf der Stärkung der weltweiten wirtschaftlichen Kooperationen und dem Abbau von Handelshemmnissen, zweitens auf der Sicherstellung der durch den Staat kontrollierten wirtschaftlichen Landesversorgung – beispielsweise durch die Ausweitung von Pflichtlagern oder die Festlegung von Sektorstrategien –, drittens auf der Eigenverantwortung der Privatwirtschaft durch die Betonung der subsidiären Rolle des Staates und viertens auf weiteren Massnahmen wie der Reduktion der Lebensmittelverschwendung oder der Förderung der Kreislaufwirtschaft.

Biens essentiels. Réduire notre dépendance économique (Mo. 20.3268)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

In Umsetzung der Änderung des Zolltarifgesetzes gab der Bundesrat im Februar 2022 bekannt, sämtliche Einfuhrzölle auf Industrieprodukte per 1. Januar 2024 aufzuheben. Betroffen davon sind sämtliche Güter mit Ausnahme von Agrarprodukten und Lebensmitteln (inkl. landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte und Futtermittel). Von der Massnahme profitieren sollen Konsumentinnen und Konsumenten dank günstigerer Importkonsumgüter sowie Schweizer Unternehmen, die damit günstigeren Zugang zu Vorleistungen aus dem Ausland erhalten und gleichzeitig wettbewerbsfähiger werden sollten. Die Aufhebung der Industriezölle ermögliche es zudem, das feinteilige und komplexe Zolltarifnummernsystem (Tariflinien) zu vereinfachen. Unternehmen sowie die Verwaltung würden durch diese Vereinfachung der Zolltarifstruktur auch administrativ entlastet, erklärte der Bundesrat. Weiterhin bestehen bleibt hingegen die Pflicht, die Einfuhren am Zoll anzumelden und die Waren mit den korrekten Zolltarifnummern zu deklarieren. Die Frist von zwei Jahren bis zur Umsetzung verschaffe Unternehmen und Verwaltung genügend Zeit für die Umstellung, erklärte der Bundesrat sein Handeln in der Medienmitteilung weiter.
Die Aufhebung der Industriezölle war Teil des 2017 vom Bundesrat angekündigten Massnahmenpakets «Importerleichterungen», mit dem Ziel, Handelshemmnisse abzubauen und gegen die «Hochpreisinsel Schweiz» vorzugehen.

Loi sur le tarif des douanes. Modification (Suppression des droits de douane sur les produits industriels; MCF 19.076)

Après l'adoption de la motion Häberli-Koller (pdc, TG) par la chambre des cantons, la commission de la politique de sécurité du Conseil national (CPS-CN) s'est penchée sur l'objet en parallèle de l'objet 20.3906. La CPS-CN a recommandé une adoption de la motion par 13 voix contre 11. La majorité de la CPS-CN a estimé que la crise planétaire de Covid-19 a mis en lumière notre dépendance économique ainsi que les faiblesses de la sécurité d'approvisionnement. Elle a préconisé donc une réduction de la dépendance helvétique aux chaînes de production internationales, notamment en matière d'alimentation, d'énergie et de biens liés à la santé. A l'opposé, une minorité PLR-UDC-PVL a recommandé un rejet. Elle considère que les bases légales existantes sont suffisantes pour garantir la sécurité d'approvisionnement helvétique en temps de crise.
A la chambre du peuple, la motion a été adoptée par 130 voix contre 54 et 4 abstentions. Si les parlementaires PLR (27) et PVL (13) ont voté en bloc contre la motion, seuls 14 parlementaires UDC les ont rejoints. La gauche et le groupe du Centre ont ainsi été accompagnés par 28 parlementaires UDC qui ont fait pencher la balance en faveur de la motion.

Biens essentiels. Réduire notre dépendance économique (Mo. 20.3268)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Selon Brigitte Häberli-Koller (pdc, TG), la pandémie de Covid-19 a mis en lumière la dépendance helvétique aux chaînes de production et de livraison internationales. Elle cite notamment la dépendance de notre système de santé. Par conséquent, elle a déposé une motion qui demande au Conseil fédéral de réduire notre dépendance économique afin de garantir la sécurité d'approvisionnement. Cette motion suit des objectifs similaires à la motion 20.3906.
Pour sa part, le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. Il estime que si la pandémie a mis sous pression les chaînes d'approvisionnement et de production internationales, l'ensemble des blocages de livraison ont pu être résolus grâce à l'économie helvétique, aux interventions du SECO et aux bonnes relations internationales de la Suisse. De plus, il considère que la sécurité d'approvisionnement est garantie par la loi sur l'approvisionnement du pays (LAP). Au final, plutôt que des mesures «prématurées», le Conseil fédéral propose l'adoption du postulat 20.3433.
La chambre des cantons a adopté la motion par 28 voix contre 8 et 1 abstention.

Biens essentiels. Réduire notre dépendance économique (Mo. 20.3268)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Der Nationalrat setzte sich in der Frühjahrssession erneut mit der Swissness-Vorlage auseinander. Im Vordergrund der Differenzbereinigung des Markenschutzgesetzes standen die genauen Kriterien, die zur Anwendung gelangen sollten, damit bestimmte Produkte in den Genuss der geographischen Herkunftsbezeichnung kamen. Im Bereich der Lebensmittel räumte die grosse Kammer eine gewichtige Differenz aus, indem sie auf die Linie des Ständerats einschwenkte: Mit einer Mehrheit von 107 zu 80 Stimmen entschied der Nationalrat, dass mindestens 80 Prozent des Rohstoffgewichts aus der Schweiz stammen musste, damit Lebensmittel als Schweizer Produkte galten. Ausgenommen von dieser Regelung waren Rohstoffe, die nicht in der Schweiz produziert werden konnten (z. B. Kakao) oder temporär nicht zur Verfügung standen. Somit verabschiedete sich der Nationalrat von seinem im Vorjahr beschlossenen Modell, das von der verarbeitenden Nahrungsmittelindustrie bevorzugt wurde. Dieses sah eine Unterscheidung zwischen wenig und stark verarbeiteten Lebensmitteln vor, wobei für Letztere ein Mindestanteil von lediglich 60 Prozent vorgesehen war. Für Aufsehen sorgte eine Sonderregelung in Bezug auf die Milchprodukte. Der Nationalrat entschied sich mit 128 zu 56 Stimmen, dass diese nur dann als einheimisch gelten würden, wenn die verwendete Milch ausschliesslich aus der Schweiz stammte. Bei den Industrieprodukten hielt der Nationalrat an seiner ursprünglichen Forderung nach einem Schwellenwert von 60 Prozent der Herstellungskosten fest, wobei die Kosten für Qualitätssicherung und Zertifizierung darin berücksichtigt werden konnten. Der Ständerat hatte sich im vergangenen Jahr für einen Anteil von 50 Prozent entschieden, der auch die Forschungs- und Entwicklungskosten einschloss. Diese Schwellenwerte gaben Anlass zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen den betroffenen Industriezweigen. So drohte die Fédération horlogère (FH), der Dachverband der Uhrenindustrie, anfangs März aus der Economiesuisse auszutreten, da sich Letztere für die weniger strikte Variante von 50 Prozent eingesetzt hatte. In der Sommersession folgte der Ständerat bezüglich der Industrieprodukte der strikteren Version des Nationalrats. Mit 22 zu 21 Stimmen kam dieser Entscheid hauchdünn zu Stande. Somit konnte die letzte bedeutende Differenz bereinigt werden. Zudem sprach sich die kleine Kammer bei den Milchprodukten in Übereinstimmung mit dem Nationalrat zu Gunsten der einheimischen Landwirtschaft aus. Demnach mussten 100 Prozent des Rohstoffs Milch Schweizerischer Herkunft sein. Im Rahmen der Schlussabstimmungen wurde das Markenschutzgesetz im Nationalrat mit 135 zu 47 und im Ständerat mit 26 zu 13 Stimmen angenommen. Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV), der dazu aufgerufen hatte, die Vorlage abzulehnen, verzichtete darauf, das Referendum zu ergreifen. Weit weniger umstritten erwies sich mit der Revision des Wappenschutzgesetzes der zweite Bestandteil der Swissness-Vorlage. Diese bezweckt eine Legalisierung der Verwendung der Schweizer Fahne und des Schweizerkreuzes auf Produkten von Unternehmen, welche die im Rahmen des Markenschutzgesetzes festgelegten Herkunftskriterien erfüllten. In der Schlussabstimmung wurde das Wappenschutzgesetz im Ständerat einstimmig und im Nationalrat mit nur einer einzigen Gegenstimme gutgeheissen.

Swissness-Vorlage (BRG 09.086)
Dossier: Swissness - Schutz der Marke Schweiz

Im Berichtsjahr setzte sich das eidgenössische Parlament auf intensive Art und Weise mit der Swissness-Vorlage auseinander. Die entsprechende Botschaft hatte der Bundesrat bereits im Jahr 2009 verabschiedet. Die Landesregierung hatte sich mit diesem Geschäft zum Ziel gesetzt, die « Marke Schweiz », deren Mehrwert gemäss Schätzungen rund 5,8 Milliarden Franken pro Jahr betrug, langfristig zu erhalten und ihre Stellung zu sichern. Dazu sollte das Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz) geändert und das Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz) totalrevidiert werden. Im Rahmen des Markenschutzgesetzes schlug der Bundesrat vor, neue Kriterien zur präziseren Bestimmung der geographischen Herkunft eines Produkts zu verankern. Was deren Bestimmung betraf, beantragte er eine Unterteilung in drei Kategorien: Naturprodukte, verarbeitete Naturprodukte und andere Produkte, wobei in der letztgenannten Kategorie Industrieprodukte im Vordergrund standen. Um die missbräuchliche Verwendung von « Swiss made » durch ausländische Unternehmen zu bekämpfen, sah die Vorlage ausserdem ein Register für geographische Markenangaben sowie die Schaffung eines Schweizer Schutztitels vor. Mit der Revision des Wappenschutzgesetzes bezweckte der Bundesrat die Unterscheidung zwischen dem Schutz des Wappens der Eidgenossenschaft (Schweizerkreuz in einem Wappenschild) einerseits und der Schweizer Fahne und des Schweizerkreuzes andererseits. Während das Wappen der ausschliesslichen Verwendung durch die Eidgenossenschaft vorbehalten blieb, sollten die Schweizer Fahne und das Schweizerkreuz auch auf Produkten von jenen Unternehmen angebracht werden dürfen, welche die zu bestimmenden Herkunftskriterien der « Marke Schweiz » erfüllten In der Frühlingsession befasste sich der Nationalrat als Erstrat mit der Swissness-Vorlage. Während mit dem Schutz der « Marke Schweiz » die Hauptzielsetzung unbestritten war, entbrannte eine heftige Debatte über die genauen Kriterien, die zur Anwendung gelangen sollten, damit ein bestimmtes Produkt in den Genuss der geographischen Herkunftsbezeichnung kam. Der bundesrätliche Entwurf erfuhr eine gewichtige Differenzierung. In Abweichung zum Bundesrat, der bei den verarbeitenden Naturprodukten einen einheimischen Anteil von mindestens 80 Prozent des Rohstoffgewichts vorschlug, beschloss der Nationalrat, zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln zu unterscheiden. Bei stark verarbeiteten Lebensmitteln sollten 60 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen und 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Bei wenig verarbeiteten Lebensmitteln sollte dagegen eine entsprechende 80-Prozent-Regel gelten. Von diesen Anforderungen ausgeschlossen wurden Rohstoffe, die nicht in der Schweiz produziert werden konnten (z. B. Kakao) oder temporär nicht zur Verfügung standen. Ausserdem folgte die grosse Kammer dem Bundesrat in Bezug auf die Restkategorie. Demnach mussten bei industriellen und anderen Produkten mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten (inklusive Forschung und Entwicklung) in der Schweiz anfallen. Diese Lösung setzte sich mit 96 zu 84 Stimmen gegenüber einem Anteil von 50 Prozent durch, welcher namentlich von den Vertretern der exportierenden Industrie bevorzugt wurde. Aufgrund von zahlreichen Einzelanträgen wurde die Swissness-Vorlage im Ständerat nicht wie geplant in der Herbst-, sondern erst in der Wintersession beraten. Nach dem Nationalrat sprach sich auch die kleine Kammer für einen besseren Schutz der « Marke Schweiz » aus. Der Ständerat wich jedoch in zwei wichtigen Punkten vom Nationalrat ab. Was die industriellen Produkte betraf, setzte sich mit 24 zu 18 Stimmen die tiefere 50-Prozent-Hürde durch. Bei den verarbeiteten Naturprodukten verwarf der Ständerat die Unterscheidung zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln. Eine Mehrheit von 29 zu 13 Stimmen erachtete die Anwendung der vom Nationalrat beschlossenen Differenzierung als zu kompliziert. In Übereinstimmung mit dem bundesrätlichen Vorschlag sollten bei allen verarbeiteten Produkten mindestens 80 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Zur Differenzbereinigung ging die Swissness-Vorlage zurück an den Erstrat. Das Geschäft wurde im Nationalrat auf die Frühjahrssession 2013 traktandiert.

Swissness-Vorlage (BRG 09.086)
Dossier: Swissness - Schutz der Marke Schweiz

Das Cassis-de-Dijon-Prinzip, das die Schweiz mit der Revision des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) mit einseitiger Wirkung eingeführt hatte, blieb auch nach seinem Inkrafttreten Anfang Juli v.a. im Lebensmittelbereich politisch umstritten. SVP- und Landwirtschaftsvertreter im Nationalrat wollten der befürchteten Nivellierung der Lebensmittelqualität nach unten die gesetzliche Grundlage entziehen. Nach dem gescheiterten Referendum gegen das Gesetz und der vergeblichen Opposition gegen die Verordnung zum revidierten THG Ende 2009, verlangten Erich von Siebenthal (svp, BE) und 39 Mitunterzeichnende der SVP und der Lega dei Ticinesi im Dezember 2010 in einer Motion die Streichung des Cassis-de-Dijon-Prinzips aus dem THG. Gleichzeitig lancierte Jacques Bourgeois (fdp, FR) eine Parlamentarische Initiative, welche die Streichung der Lebensmittel aus dem THG forderte und quer durch alle Parteien 86 Mitunterzeichnende fand. Beide Geschäfte standen Ende 2010 noch zur Behandlung im Plenum an. Bis Ende des Jahres hatte das Bundesamt für Gesundheit gemäss einer ersten Zwischenbilanz 21 Gesuche für den Import von Lebensmitteln nach dem Cassis-de-Dijon-Prinzip gutgeheissen und deren 14 abgelehnt. Gegen sechs Entscheide waren beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerden hängig.

Revision des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse - Cassis-de-Dijon-Prinzip
Dossier: Cassis-de-Dijon-Prinzip

Bereits vor der Übernahme des Cassis-de-Dijon-Prinzips durch die Schweiz waren die Lebensmittelqualität und damit verbunden die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen Lebensmittel produziert werden, Thema verschiedener politischer Vorstösse. Im Berichtsjahr nahm die WAK-NR den Vorschlag ihrer Schwesterkommission im Ständerat auf, fünf 2008 und 2009 eingereichte Standesinitiativen ähnlicher Stossrichtung aus den Kantonen Freiburg (08.326), Jura (08.301), Neuenburg (08.307), Waadt (09.311) und Genf (08.320) gemeinsam zu prüfen. Sie fasste zwei der drei Hauptanliegen der Initiativen in je einer Motion und einem Postulat zusammen und brachte sie in der Wintersession zur Diskussion in den Rat. Mit 133 zu 27 Stimmen – gegen eine Minderheit aus der SVP- und eine Mehrheit der liberalen Fraktion – nahm der Rat die Motion an, die den Bundesrat dazu auffordert, sich in internationalen Wirtschaftsverhandlungen nicht nur durch Freihandelsbestrebungen leiten zu lassen, sondern sich dabei auch für die Verbesserung der sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen einzusetzen. Daneben überwies die grosse Kammer ein Postulat, das den Bundesrat beauftragte, die staatlich anerkannten Nachhaltigkeitslabels der EU zu prüfen und die Vor- und Nachteile dieser Form der Konsumenteninformation im nationalen, aber auch internationalen Kontext zu diskutieren. Nachdem der Nationalrat mit der Annahme der beiden Vorstösse den Vorschlägen seiner Kommission gefolgt war, gab er danach und gegen ihren Willen mit einer relativ knappen Mehrheit von 85 zu 76 Stimmen auch den fünf Standesinitiativen Folge.

Respect des normes environnementales et sociales

Obschon sich das Parlament bis Ende des Berichtsjahrs noch nicht mit der Swissness-Vorlage beschäftigt hat, wurde die Ende 2009 vom Bundesrat vorgelegte Botschaft in den Medien häufig thematisiert. Kritik wurde insbesondere aus der Lebensmittel- und Uhrenbranche laut. Aber auch Unternehmen des Detailhandels sorgten sich um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Vorbehalte wurden v.a. in Bezug auf die vorgesehene Ausgestaltung des Rohstoff- und des Wertschöpfungskriteriums laut. Ersteres bestimmt, dass grundsätzlich 80% des Rohstoffgewichts eines Nahrungsmittels schweizerischer Provenienz sein muss, um unter Schweizer Herkunftsangabe vermarktet werden zu können (Ausnahmen gelten für Rohstoffe, die in der Schweiz nicht, oder vorübergehend nicht in genügender Menge, vorkommen). Für die industriellen Produkte soll die analoge Regel einer mindestens sechzigprozentigen Wertschöpfung gelten.

Swissness-Vorlage (BRG 09.086)
Dossier: Swissness - Schutz der Marke Schweiz

Im November publizierte der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Markenschutzgesetzes und zu einem neuen Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (so genannte Swissness-Vorlage). Die Herkunftsbezeichnung Schweiz (und die damit oft in Zusammenhang gebrachten Charakteristiken wie Qualität, Zuverlässigkeit etc.) erwirkt nach Ansicht des Bundesrates für eine Vielzahl von Produkten einen Mehrwert im internationalen Wettbewerb. Da die Marke Schweiz aber bisher kaum oder gar nicht definiert ist, wird sie auch von Anbietern verwendet, deren Produkte wenig bis gar keinen Zusammenhang mit der Schweiz haben. Dasselbe gilt auch für die Verwendung des schweizerischen Wappens. Die angestrebte genaue Definition der Herkunft einer Ware oder Dienstleistung ist allerdings in der heutigen globalisierten und hoch arbeitsteiligen Wirtschaft alles andere als einfach. Der Bundesrat schlug vor, bei unverarbeiteten Naturprodukten (Metalle, Lebensmittel) den Ort der Gewinnung (Erzmine, Ernteort) als einziges Kriterium zuzulassen. Bei verarbeiteten Produkten wird hingegen von einem Mindestanteil des Wertzuwachses ausgegangen. Für die verarbeiteten Naturprodukte müssen mindestens 80% des Gewichts der Rohstoffe oder der Zutaten, aus denen sich das Produkt zusammensetzt, aus dem Inland stammen. Bei industriellen Erzeugnissen müssen mindestens 60% der Herstellungskosten des Produkts in der Schweiz anfallen. Dabei dürfen die Forschungs- und Entwicklungskosten berücksichtigt werden, nicht hingegen die Vermarktungs- und Servicekosten. Ausnahmen von dieser Regelung sind aber in bestimmten Fällen zugelassen. So etwa bei verarbeiteten Produkten, deren hauptsächliche Rohstoffe in der Schweiz nicht oder nur in ungenügenden Mengen vorkommen (z.B. Kakao für die Schokoladeherstellung oder Seide für Textilien). Erforderlich ist in diesen Fällen aber, dass das Produkt erst durch die Verarbeitung seine besondere Eigenschaft erhält (z.B. Verarbeitung von Milch zu Käse oder Metallteilen zu einer Uhr). Die geschützte Herkunftsangabe kann auch für Dienstleistungen beansprucht werden. Ein Unternehmen muss dafür aber nicht nur eine Postadresse, sondern ein Zentrum der tatsächlichen Verwaltung in der Schweiz haben. Einige schweizerische Produzenten reagierten auf die Vorschläge negativ und bezeichneten die postulierten Grenzwerte als zu anspruchsvoll. Für die Konsumentenorganisationen gingen demgegenüber die Ausnahmeregelungen bei Produkten, deren Hauptkomponenten in der Schweiz knapp sind, zu weit (als mögliches negatives Beispiel wurde die Verwendung von brasilianischem Rindfleisch zur Produktion von schweizerischem Bündner Trockenfleisch erwähnt).

Das neue Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen führt eine klar definierte Unterscheidung ein: Das Wappen (Schweizerkreuz in einem Wappenschild) der Eidgenossenschaft darf grundsätzlich nur noch von dieser selbst oder von ihren Einheiten verwendet werden. Den wenigen Firmen, die das Schweizerwappen seit Jahrzehnten für Waren und Dienstleistungen aus der Schweiz verwenden, kann das EJPD ein Weiterbenutzungsrecht erteilen. Die Schweizerfahne und das Schweizerkreuz hingegen dürfen künftig von allen Herstellern von Produkten und Anbietern von Dienstleistungen verwendet werden, welche die Voraussetzungen zur Verwendung der Markenbezeichnung «Schweiz» erfüllen.

Swissness-Vorlage (BRG 09.086)
Dossier: Swissness - Schutz der Marke Schweiz