Im Februar 2015 legte der Bundesrat seinen „Too-big-to-fail“-Bericht vor. Zum einen kam er damit einer aus Artikel 52 des Bankengesetzes erwachsenden Verpflichtung nach, wonach die 2011 beschlossenen Massnahmen im Zusammenhang mit der „Too-big-to-fail“-Problematik bis spätestens im März 2015 auszuwerten und im internationalen Kontext zu vergleichen waren. Zum anderen griff der vorgelegte Bericht die Anliegen zweier hängiger Postulate (Postulat WAK-SR, Postulat SP-Fraktion) auf.
Laut dem Bericht hat der Vergleich der eidgenössischen Regelungen mit den Vorgaben anderer Staaten ergeben, dass die Schweiz stark auf prudenzielle Instrumente und dabei insbesondere auf eine hohe risikogewichtete Eigenkapitalquote setze. Wie andere Länder ergreife auch die Schweiz zudem Massnahmen, um Banken durch eine verbesserte Organisationsstruktur krisenresistenter zu machen. Während andere Staaten detaillierte Vorgaben machten und, beispielsweise besonders risikoreiche Aktivitäten verbieten, überlasse die Schweiz das Treffen von konkreten Massnahmen den einzelnen Banken und gebe lediglich die Rahmenbedingungen vor. Der Bericht wies zudem darauf hin, dass das „Too-big-to-fail“-Problem in der Schweiz ein besonders Triftiges sei, da der Bankensektor im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt eine besonders gewichtige Rolle spiele. Grundsätzlich wurde dem schweizerischen Vorgehen jedoch ein gutes Zeugnis ausgestellt, eine Neuausrichtung der Regulierungsbemühungen ist laut den Autoren nicht notwendig. In diesem Zusammenhang wurde auch von der Bildung sogenannter Trennbankensysteme, wie sie in im Postulat der SP-Fraktion angeregt worden waren, abgeraten. Zum einen verzichteten auch die anderen Länder auf das Errichten konsequenter Trennbankensysteme; zum anderen sei die dafür notwendige Unterscheidung von risikoarmen und -reichen Geschäftsbereichen nicht einfach.
Der Bericht enthielt auch eine Einschätzung darüber, wie weit die getroffenen Massnahmen bereits umgesetzt wurden. Die Situation betreffend Eigenmittel der Banken sei bis anhin zufriedenstellend. Sowohl risikogewichtete als auch nicht gewichtete Quoten lagen zum Zeitpunkt über den Mindestanforderungen. Damit sollte es den Finanzinstituten gelingen, die bis 2019 vollständig erhöhten Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen. Hinsichtlich organisatorischer Massnahmen, die auf verbesserte Liquidierbarkeit und Sanierung der Banken in einem Krisenfall abzielten, bestand hingegen noch Handlungsbedarf. Laut dem Bericht wäre die Möglichkeit einer geordneten Abwicklung einer Bank im Krisenfall noch nicht gegeben.
Des Weiteren kamen die Verfasser des Berichts zum Schluss, dass auch die vollständige Umsetzung aller bis anhin verabschiedeten Massnahmen nicht ausreiche, um das „Too-big-to-fail“-Problem in der Schweiz zu beheben. Um dies zu ändern, gab die Expertengruppe zur Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie in ihrem Schlussbericht diverse Empfehlungen ab: Im Bereich der Eigenmittel galt es laut diesem Bericht erstens, die Risikoberechnungsmethoden, die die Banken für die Festlegung ihrer risikogewichteten Eigenkapitalquote verwenden, zu überprüfen und allenfalls Anpassungen vorzunehmen. Zweitens seien die quantitativen Eigenkapitalanforderungen dergestalt anzupassen, dass die Schweiz in dieser Beziehung international eine führende Rolle übernehmen könne. Drittens rieten die Experten, die Bedingungen an das Eigenkapital bezüglich seiner Qualität zu verschärfen, damit die schweizerischen Vorgaben direkt mit den international geltenden Basel-III-Standards vergleichbar würden. Hinsichtlich organisatorischer Massnahmen wurde die Empfehlung ausgesprochen, einen fixen Zeitpunkt festzulegen, bis wann systemrelevante Banken einen Notfallplan umsetzen müssen. Zudem wurde auf die Wichtigkeit von Rechtssicherheit und -durchsetzungsfähigkeit im Falle einer Krise hingewiesen. Der Bericht spricht sich sodann auch für die bereits beschlossene regelmässige Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen „Too-big-to-fail“-Instrumente aus.
Im Oktober 2015 gab der Bundesrat bekannt, wie er die „Too-big-to-fail“-Regeln ausgestalten wolle. Dabei wurde ersichtlich, dass er die von der Expertengruppe zur Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie ausgesprochenen Empfehlungen grösstenteils berücksichtigte. Das Kernelement der ab 2019 geltenden Vorgaben stellten dabei die neuen Eigenmittelanforderungen dar: Alle systemrelevanten Bankinstitute werden dazu verpflichtet, 4,5% der ungewichteten Aktiven (Leverage Ratio) und 12,9% der gewichteten Aktiven als Eigenmittel zu halten. Für die Grossbanken UBS und CS gelten aufgrund der progressiven Bemessungsgrundlage mit 5% für die Leverage Ratio und 14,3% für die gewichteten Aktiven höhere Zielwerte. Diese Eigenmittel dürfen zu höchstens 1,5% im Falle der Leverage Ratio und zu maximal 3,29% bezüglich gewichteter Aktiven in Form von wandelbaren Anleihen (Fremdkapital, das mit Eintreten eines vertraglich festgehaltenen Ereignisses in Eigenkapital umgewandelt wird), vorliegen. Der Rest muss aus hartem Eigenkapital, zusammengesetzt aus einbezahltem Gesellschaftskapital und zurückbehaltenen Gewinnen, bestehen. Bei diesen Anforderungen handelt es sich um sogenannte „going-concern“-Anforderungen, die dazu dienen sollen, dass eine Bank über genügend Kapital verfügt, um ihre Geschäfte auch in Krisenzeiten weiterführen zu können. Als Ergänzung dazu legte der Bundesrat „Gone-concern“-Vorgaben fest. Deren Ziel ist es, Banken dazu zu verpflichten, ausreichend Kapital zu halten, um eine allfällige Sanierung und Abwicklung eines Teils des Geschäfts ohne Staatshilfe finanzieren zu können. Auch diese Anforderungen legte der Bundesrat auf einer Höhe von 5% für die risikoungewichteten Aktiven und auf 14,3% für gewichtete Aktiven an. Dieses Kapital soll in Form von „Bail-in“-Instrumenten (Anleihen, die auf Anordnung der Finanzmarktaufsicht in Eigenkapital umgewandelt werden), aufgenommen werden. Zudem seien erleichterte „Gone-concern“-Anforderungen möglich, sofern eine Bank zeigen könne, dass sie über eine global vereinfachte Abwicklungsfähigkeit verfüge. „Gone-concern“-Anforderungen sollen ausschliesslich für international tätige systemrelevante Banken gelten; die Notwendigkeit von „Gone-concern“-Anforderungen für national tätige systemrelevante Geldhäuser will der Bundesrat bis spätestens im Februar 2017 prüfen. Zudem legte der Bundesrat, wie vom Expertengremium gefordert, einen Zeitpunkt für das Bereithalten der Notfallpläne fest: Diese müssen bis 2019 umgesetzt sein.

„Too-big-to-fail“-Bericht und daraufhin beschlossene Massnahmen (2015)
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008