Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Öffentliche Finanzen
  • Sparmassnahmen
  • Finanzplan und Sanierungsmassnahmen

Akteure

Prozesse

215 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Jahresrückblick 2023: Öffentliche Finanzen

Im Themenbereich «Öffentliche Finanzen» standen im Jahr 2023 drei Aspekte im Mittelpunkt des medialen und parlamentarischen Interesses: die Abstimmung über die OECD-Mindestbesteuerung – wie aus Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2023 deutlich wird –, die Mehrwertsteuerrevision sowie das Bereinigungsprogramm für das Budget 2024 und die Finanzplanjahre 2025–2027. Verglichen mit anderen Jahren blieb das mediale Interesse an der Finanzpolitik im Berichtsjahr jedoch gering (siehe Abbildung 2).

Im Juni 2023 sprachen sich die Stimmbevölkerung und die Kantone deutlich für die sogenannte OECD-Mindestbesteuerung aus. Mit dieser hatte der Bundesrat das OECD/G20-Projekt zur Einführung einer Mindestbesteuerung für bestimmte Unternehmen umgesetzt. Direkt änderte die Reform nichts an der Besteuerung der meisten Unternehmen – betroffen waren nur die grössten Unternehmen in der Schweiz –, sie gab jedoch den Kantonen zusätzliche finanzielle Mittel in die Hand, etwa um die Unternehmenssteuern für alle Unternehmen zu senken.

Bei der Ehepaar- und Familienbesteuerung stand 2023 die Forderung nach Einführung der Individualbesteuerung im Zentrum. Eine solche verlangten sowohl die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» als auch parlamentarische Vorstösse, und auch der Bundesrat arbeitete – im Auftrag des Parlaments – an einer entsprechenden Vorlage. Ende August 2023 präsentierte er nach erfolgter Vernehmlassung, bei der auch gewichtige Stimmen eine Beibehaltung der Ehepaarbesteuerung forderten, seine Eckwerte dazu.

Abgeschlossen wurde 2023 die neuste Mehrwertsteuerrevision, mit welcher Bundesrat und Parlament zahlreiche angenommene Motionen umsetzten. Unter anderem wurde auf diesem Wege eine Besteuerung der elektronischen Versandhandelsplattformen geschaffen, der Mehrwertsteuersatz auf Damenhygieneartikel reduziert oder die Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen in der Mehrwertsteuer behoben. Diese Revision fand kaum Eingang in die mediale Berichterstattung.

Medial relativ eng begleitet wurde hingegen das Sparprogramm für das Budget 2024, das vom Bundesrat offiziell als «Bereinigungsmassnahmen» betitelt wurde. Bereits im 2022 präsentierten Finanzplan 2024–2026 hatte der Bundesrat angekündigt, dass die Einhaltung der Schuldenbremse aufgrund von vom Parlament beschlossenen Ausgaben bei fehlender Gegenfinanzierung Sparmassnahmen nötig machen werde. Im Frühjahr 2023, nach Bekanntgabe eines Defizits von CHF 4.3 Mrd. für das Jahr 2022, präzisierte die Regierung ihren Vorschlag für Sparmassnahmen: Für das Jahr 2024 sollte insbesondere bei schwach gebundenen Ausgaben, also etwa bei der Armee, der Bildung, der Landwirtschaft oder der internationalen Zusammenarbeit, gespart werden, in den Finanzplanjahren 2025–2027 auch bei einzelnen stark gebundenen Ausgaben, zum Beispiel im AHV-Bereich bei der Witwenrente. Um zukünftig weniger Sparprogramme nötig zu machen, legte die Regierung im Auftrag dreier parlamentarischer Vorstösse einen Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen vor. So sollte budgettechnischen Fragen bereits bei Ausarbeitung neuer Ausgabenposten im Parlament mehr Beachtung zukommen.

Die nach Bekanntgabe der bundesrätlichen Sparpläne in den Medien entbrannten Diskussionen über Sinn und Unsinn von Sparmassnahmen wurden zusätzlich dadurch erhitzt, dass der Bundesrat beinahe zur selben Zeit im Nachtrag Ia zum Voranschlag 2023 Verpflichtungskredite zur Übernahme der CS durch die UBS in der Höhe von CHF 109 Mrd. beantragte (vgl. Jahresrückblick zu Geld, Währung und Kredit). Während die FinDel die entsprechenden Kredite dringlich guthiess, lehnte sie das Parlament in einer ausserordentlichen Session zur CS-Übernahme ab. Da der Bundesrat nach Zusage der FinDel aber bereits rechtsgültige Verträge eingegangen war, blieb diese Ablehnung lediglich ein symbolischer Akt.

Jahresrückblick 2023: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2023

Als Zweitrat diskutierte der Ständerat in der Wintersession 2023 den Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sowie für eine Änderung der Behandlung des Bundesbeschlusses über die Planungsgrössen des Voranschlags. Die Kommissionssprecherin Johanna Gapany (fdp, FR) empfahl dem Rat, im ersten Teilprojekt zu den Planungsgrössen den Änderungen des Nationalrats zu folgen, was der Ständerat auch stillschweigend tat. Im zweiten Teilprojekt zur Einbeziehung der Finanzkommission empfahl sie ebenfalls dem Nationalrat zu folgen und somit der Streichung der Kompetenzerweiterungen für die Finanzkommission zuzustimmen. Der Ständerat folgte der Empfehlung der Kommissionssprecherin auch hier stillschweigend. Uneinigkeit herrschte jedoch bezüglich des Verfahrens bei Erlassentwürfen von Kommissionen, wobei die FK-SR vorschlug, dem Nationalrat zu folgen, welcher vorsah, die Finanzkommission bei Erlassentwürfen der Kommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen stärker einzubeziehen und zeitgleich mit dem Bundesrat zur Stellungnahme einzuladen. Ein Gegenantrag der SPK-SR beantragte hingegen, bei geltendem Recht zu bleiben und den stärkeren Einbezug der Finanzkommission nicht gesetzlich zu verankern. Daniel Fässler (mitte, AI) begründete den Antrag der SPK-SR damit, dass Finanzkommissionen bereits heute das Recht hätten, Mitberichte zu erlassen, und die finanzpolitische Bewertung nicht nur Aufgabe der Finanzkommissionen, sondern auch der Sachbereichskommissionen sei. Ausserdem seien im Ständerat alle Mitglieder der Finanzkommissionen ebenfalls in Sachbereichskommissionen vertreten, womit die finanzpolitische Kompetenz in den Sachbereichskommissionen bereits sichergestellt sei. Peter Hegglin (mitte, ZG) hingegen argumentierte für die Finanzkommission, dass es im Nationalrat selten bis nie vorkomme, dass ein Mitglied sowohl in einer Sachbereichskommission als auch in der Finanzkommission vertreten sei. Daher könne es passieren, dass Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen, die in Sachbereichskommissionen vorbereitet werden, der Finanzkommission nicht zur Kenntnis gebracht würden. Der Antrag der SPK-SR wurde schliesslich mit 20 zu 17 Stimmen gegenüber dem Antrag der Finanzkommission, dem Nationalrat zu folgen, angenommen. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Ständerat mit 36 zu 1 Stimmen deutlich für den veränderten Entwurf aus, womit das Geschäft zurück an den Nationalrat ging.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

In der Herbstsession 2023 beriet der Nationalrat als Erstrat den Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sowie für eine Änderung der Behandlung des Bundesbeschlusses über die Planungsgrössen des Voranschlags. Die beiden Kommissionssprecher Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) und Roland Fischer (glp, LU) präsentierten dem Rat die beiden Teilprojekte, wobei sie die besseren Einflussmöglichkeiten für die Finanzkommissionen respektive den grösseren Handlungsspielraum für das Parlament bei den Planungsgrössen hervorhoben. Während die Änderungen zu den Planungsgrössen wenig umstritten waren und stillschweigend angenommen wurden, beantragte eine Minderheit Gysi (sp, SG) die Ablehnung der Kompetenzerweiterungen für die Finanzkommissionen. Barbara Gysi sprach dabei auch als Vizepräsidentin der SGK-NR, die ebenfalls eine Streichung dieser Neuerung forderte. Man wehre sich dagegen, dass die Finanzkommissionen mehr Rechte erhielten als die Sachbereichskommissionen, erklärte sie. Die Finanzkommissionen könnten sich bereits jetzt gegenüber den Sachbereichskommissionen äussern und hätten zudem bereits teilweise die Möglichkeit, Anträge zu stellen. Eine Formalisierung dieser Kompetenzen lehne man aus Zeitgründen und zur Verhinderung einer «Übersteuerung der Sachpolitik durch die Finanzpolitik» ab. Mit 92 zu 86 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) setzte sich die Minderheit auf Streichung dieser neuen Bestimmung in der folgenden Abstimmung durch, wobei der Minderheitsantrag von Mehrheiten der SP, FDP, Mitte und Grünen sowie von einer Minderheit der SVP unterstützt wurde. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 127 zu 53 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) für den so veränderten Entwurf aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von einer Mehrheit der SP-Fraktion sowie von Minderheiten der SVP-, Mitte- und Grünen-Fraktionen. Das SP-Votum auf Ablehnung des Entwurfs hatte Samuel Bendahan (sp, VD) zuvor damit begründet, dass auch die weniger umstrittenen Punkte des Entwurfs die Parlamentsarbeit administrativ verkomplizieren würden.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

Im Juni 2023 forderte Erich Ettlin (mitte, OW) den Bundesrat in einem Postulat auf, Möglichkeiten für eine Flexibilisierung der gebundenen Ausgaben sowie ihre Vor- und Nachteile in einem Bericht darzulegen. Da gebundene Ausgaben kurzfristig kaum steuerbar seien, müssten Entlastungsprogramme immer auf die kurzfristigen oder ungebundenen Ausgaben – etwa in den Bereichen Bildung und Forschung, Landwirtschaft, Armee oder Entwicklungshilfe – fokussieren, wodurch diese Bereiche einseitig belastet würden. Folglich solle der Bundesrat prüfen, ob es etwa möglich wäre, bestimmte gebundene Kosten über einen beschränkten Zeitraum zu reduzieren. Der Bundesrat beantragte das Postulat zur Annahme und gab an, es im Rahmen des Postulats 21.4337 zu beantworten. In der Herbstsession 2023 nahm der Ständerat den Vorstoss stillschweigend an.

Einfacherer Haushaltsausgleich durch die Flexibilisierung gebundener Ausgaben (Po. 23.3605)

Rückblick über die 51. Legislatur: Öffentliche Finanzen

Autorin: Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Im Bereich der öffentlichen Finanzen wird die 51. Legislatur insbesondere aufgrund der hohen entstandenen Defizite in den Bundesfinanzen in Erinnerung bleiben. So führten die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie und gegen ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen in den Jahren 2020 und 2021 zu Rekorddefiziten von CHF 15.8 Mrd. respektive CHF 12.2 Mrd., und im Jahr 2022 fiel nochmals ein Defizit von CHF 4.3 Mrd. an. In der Folge verlängerte das Parlament unter anderem die Abbaufrist für diese Schulden, wodurch er sich erhoffte, auf grosse Sparprogramme in der kommenden Legislatur verzichten zu können. Dennoch schlug der Bundesrat für 2025 ein sogenanntes «Entlastungspaket» vor, um andere bereits gesprochene oder geplante Ausgabenerhöhungen abzufedern, etwa bei den Armeeausgaben, den Ausgaben für den Klimaschutz oder bei der familienergänzenden Kinderbetreuung.

Im Fokus standen in diesem Themenbereich ansonsten insbesondere die Unternehmenssteuern, namentlich das OECD/G20-Projekt zur Einführung einer Mindestbesteuerung für die Unternehmen. Nachdem schon länger über das Projekt diskutiert worden war, wurde dieses im Juni 2021 konkret: Zukünftig sollen Unternehmen, deren Muttergesellschaften in den am Projekt teilnehmenden Sitzstaaten nicht zu mindestens 15 Prozent besteuert werden, in anderen teilnehmenden Staaten um die entsprechende Differenz höher besteuert werden können. Um einen Abfluss der Steuergelder ins Ausland zu verhindern, erarbeitete der Bundesrat eine Verfassungsänderung zur Umsetzung dieser OECD-Mindestbesteuerung, die noch während der Legislatur von der Stimmbevölkerung mit 78 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen wurde.

Wie in der vorangegangenen Legislatur blieb aber auch die Besteuerung der natürlichen Personen Thema: Gleich zu Beginn der Legislatur wies der Nationalrat den bundesrätlichen Vorschlag für eine «ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung» an die Regierung zurück, da dieser den gesellschaftlichen Entwicklungen nicht genügend Rechnung trage. In der Folge wurden die Anstrengungen zur Einführung einer Individualbesteuerung intensiviert, etwa durch eine entsprechende Forderung in der Legislaturplanung 2019–2023. Im Mai 2022 präsentierte der Bundesrat schliesslich erste Eckwerte für eine spätere Botschaft. Die Einführung der Individualbesteuerung forderte auch eine Volksinitiative, die 2022 zustande kam, sowie thematisch ähnliche parlamentarische Vorstösse.

Üblicherweise diskutiert das Parlament im Themenbereich der öffentlichen Finanzen am ausführlichsten über die jährlichen Voranschläge, also über das Bundesbudget. Dies ist insofern naheliegend, als es (fast) nie um höhere Beträge geht als in den jeweils in der Wintersession diskutierten Voranschläge. Tatsächlich finden sich auch in der aktuellen Legislatur die Bundesbudgets der Jahre 2023, 2022, 2021 und 2020 auf den vorderen Rängen der am intensivsten diskutierten Geschäfte in diesem Themenbereich. Im Voranschlag 2023 plante der Bundesrat beispielsweise Einnahmen und Ausgaben in der Höhe von CHF 80.3 Mrd. respektive CHF 76.6 Mrd. Am meisten finanzpolitische Redezeit widmete das Parlament in dieser Legislatur jedoch dem Nachtrag I zum Voranschlag 2023, bei dem es insbesondere um zwei Verpflichtungskredite in der Höhe von CHF 109 Mrd. im Rahmen der Übernahme der CS durch die UBS ging. Nach langwierigen Debatten lehnte der Nationalrat eine nachträgliche Bestätigung der von der FinDel bereits bevorschussten Kredite ab – jedoch wohl ohne rechtliche Konsequenzen, da der Bundesrat nach der Bevorschussung bereits rechtlich bindende Verträge eingegangen war und die UBS die Sicherheiten noch im Sommer 2023 ungenutzt kündigte.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Öffentliche Finanzen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Im Juni 2023 präsentierte die FK-NR ihren Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen in Umsetzung ihrer parlamentarischen Initiative. Damit sollen die Finanzkommissionen zwischen Ausarbeitung eines Entwurfs und Behandlung durch den Erstrat mehr Einflussmöglichkeiten erhalten. Bei Erlassentwürfen «mit erheblichen finanziellen Auswirkungen» sollten sie zukünftig zwingend zum Mitbericht eingeladen werden und dabei auch finanzpolitische Anträge an die Räte stellen dürfen – bisher war die Einladung an sie freiwillig, ausser bei Entwürfen für Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen. Stammen entsprechende Erlassentwürfe von anderen Kommissionen, müssten zukünftig nicht nur der Bundesrat, sondern auch die Finanzkommissionen zur Stellungnahme eingeladen und ihre Änderungsvorschläge vor der Debatte im Erstrat beraten werden. Gleichzeitig soll die FK-interne Schwelle für «Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen» erhöht werden: Neu sollen sich die Kommissionen zu Erlassentwürfen mit wiederkehrenden Ausgaben, Mehr- oder Mindereinnahmen von über CHF 50 Mio. (anstelle der bisherigen CHF 25 Mio.) oder zu Erlassentwürfen mit neuen einmaligen Ausgaben, Mehr- oder Mindereinnahmen von CHF 200 Mio. (anstelle der bisherigen CHF 100 Mio.) äussern dürfen.
Also zweiter Bestandteil des vorgelegten Entwurfs schlug die FK-NR in Übereinstimmung mit einer zweiten durch sie lancierten parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 21.503) eine Änderung des Differenzbereinigungsverfahrens bei den Planungsgrössen vor: Neu sollte die Einigungskonferenz nicht mehr nur bei den Bundesbeschlüssen über die Legislaturplanung und über den Finanzplan, sondern auch beim Bundesbeschluss über die Planungsgrössen im Voranschlag «zu jeder Differenz einen Einigungsantrag» stellen können, über welche die Räte anschliessend einzeln abzustimmen hätten. Bisher konnte der Vorschlag der Einigungskonferenz zu den Planungsgrössen nur als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden, wobei bei Ablehnung auch die übereinstimmenden Entscheide der beiden Räte entfielen und stattdessen die vom Bundesrat in seiner Botschaft vorgeschlagenen Planungsgrössen galten. Um aber zukünftig inkohärente Beschlüsse etwa zwischen Planungsgrössen und Voranschlag zu verhindern, sollten nun neu auch bei den Planungsgrössen einzelne Anträge gestellt werden können.

Im August 2023 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag. Er verzichtete darauf, die Änderungen zum Einbezug der Finanzkommissionen beim Mitberichtsverfahren oder den Stellungnahmen zu kommentieren, da diese «parlamentsinterne Prozesse» beträfen. Hingegen befürwortete er die Änderung der Einigungsregeln bei den Planungsgrössen, da damit in umstrittenen Fällen eine Ablehnung des ganzen Bundesbeschlusses verhindert werden könne. Dadurch werde auch «das Instrument der Planungsgrössen sowie der Ziele, Messgrössen und Sollwerte zu Leistungsgruppen» gestärkt.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

In der Sommersession 2023 setzte sich der Nationalrat mit der Motion der FK-SR zur Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen auseinander. Die FK-NR hatte zuvor mit 16 zu 9 Stimmen Annahme der Motion beantragt, da gemäss Prognosen ab dem Jahr 2025 bei den Bundesfinanzen ein hohes strukturelles Defizit zu erwarten sei. Die Erhebung des Sparpotenzials «bei ungebundenen wie auch bei schwach und mittel gebundenen Aufgaben» könne zur Sanierung der Bundesfinanzen beitragen. Eine Kommissionsminderheit Fehlmann Rielle (sp, GE) sprach sich gegen den Vorstoss aus, da der Bund die ordnungsgemässe Verwendung der Finanzmittel sowieso überprüfe. Zudem verwies sie auf die strukturellen Überschüsse seit 2008 in der Höhe von CHF 20 Mrd. sowie auf die vom Bundesrat geplanten Ausgabenkürzungen um 2 Prozent für das Jahr 2024. Gegen den Willen der SP- und der Grünen-Fraktionen sprach sich der Nationalrat mit 121 zu 67 Stimmen für Annahme des Vorstosses aus.

Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen (Mo. 22.4273)

Die SVP-Fraktion beantragte im September 2022 in einer parlamentarischen Initiative, die Schuldenbremse um eine Obergrenze für das Ausgabenwachstum zu ergänzen, so dass das Ausgabenwachstum das Wirtschaftswachstum über einen Konjunkturzyklus hinweg nicht übersteigen darf. Mit der aktuellen Regelung dürften die Ausgaben in einem Konjunkturzyklus die Einnahmen nicht übersteigen – neu solle aber eben auch das Ausgabenwachstum unter dem Wirtschaftswachstum zu liegen kommen. Die FK-NR beantragte mit 17 zu 7 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Heute sei ein Ausgabenwachstum möglich, wenn gleichzeitig die Einnahmen stiegen, zudem schränke die vorgeschlagene Regelung die Flexibilität des Bundes in Krisenzeiten ein. Eine Minderheit Guggisberg (svp, BE) beantragte hingegen Folgegeben.
In der Frühjahrssession 2023 debattierte der Nationalrat die Vorlage. Minderheitensprecher Guggisberg kritisierte, dass die Staatsausgaben seit 1990 deutlich stärker gewachsen seien als die Wirtschaft, was man mit dieser neuen Regel korrigieren wolle. Alois Gmür (mitte, SZ) erachtete die neue Regelung im Namen der Kommissionsmehrheit dennoch nicht für nötig, zumal die «ordentlichen Ausgaben seit der Einführung der Schuldenbremse in etwa gleich stark gewachsen sind wie die Wirtschaft». Mit 137 zu 53 Stimmen – Letztere stammten gänzlich von Mitgliedern der SVP-Fraktion – sprach sich der Nationalrat gegen Folgegeben aus. Damit ist die parlamentarische Initiative erledigt.

Ergänzung der Schuldenbremse, damit das Ausgabenwachstum über einen Konjunkturzyklus hinweg das Wirtschaftswachstum nicht übersteigt (Pa.Iv. 22.458)

Im November 2022 wollte die FK-SR den Bundesrat in einer Motion mit einer Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen beauftragen. Im gleichzeitig mit dem Voranschlag 2023 behandelten Finanzplan 2024–2026 konnte der Bundesrat die Schuldenbremse aufgrund steigender Ausgaben – unter anderem für die Armee, für die Horizon Europe-Überbrückung und für die indirekten Gegenvorschläge zur Gletscherinitiative und zur Prämienentlastungsinitiative – nicht mehr einhalten. Für die fehlenden CHF 3 Mrd. jährlich sollte der Bundesrat daher das Sparpotenzial der bisherigen gebundenen und ungebundenen Ausgaben untersuchen. Der Bundesrat sprach sich für Annahme der Motion aus, zumal er sowieso ein entsprechendes Bereinigungskonzept für den Voranschlag 2024 und die Finanzplanjahre am Erarbeiten sei. Gleichzeitig forderte er das Parlament aber auch zu «Zurückhaltung» bei zukünftigen Ausgaben auf. In der Frühjahrssession 2023 nahm der Ständerat die Motion stillschweigend an.

Überprüfung der staatlichen Aufgaben und Leistungen (Mo. 22.4273)

Nachdem die Motion Hegglin (mitte, ZG) für eine verbesserte Finanzplanung und -steuerung beim Bund in der Herbstsession 2022 der FK-SR zur Vorberatung zugewiesen worden war, empfahl diese die Motion im November 2022 mit 5 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zur Annahme. Die Kommission teilte die Ansicht des Motionärs, dass die bestehenden Finanzplanungsinstrumente nur eine kurzfristige oder sehr langfristige, jedoch keine mittelfristige Perspektive mit einem Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren erlaubten. Die Motion verpflichte den Bundesrat zudem neu zur Schaffung von Korrekturmassnahmen bei einer Verschlechterung der Finanzaussichten. Eine Kommissionsminderheit sah in der Motion hingegen keinen Mehrwert, da die entsprechenden Instrumente bereits vorhanden seien. Letztere Ansicht teilte nicht nur der Bundesrat, sondern wohl auch die Mehrheit des Ständerats, der den Vorstoss in der Wintersession 2022 mit 22 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ablehnte.

Eine verbesserte Finanzplanung und -steuerung beim Bund (Mo. 22.3542)

Zu Beginn der Wintersession 2022 machte sich der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2024–2026. Anna Giacometti (fdp, GR) und Jean-Pierre Grin (svp, VD) präsentierten dem Rat das Budget und die Änderungsvorschläge der Kommissionsmehrheit. Beide betonten die «düsteren finanzpolitischen Aussichten» (Giacometti), welche in den Finanzplanjahren grosse Korrekturmassnahmen nötig machen würden. Besser sehe es noch für das Jahr 2023 und somit für den Voranschlag aus, hier schlug die Kommissionsmehrheit gar Mehrausgaben von CHF 11.2 Mio. vor, womit die Schuldenbremse immer noch eingehalten werden könne. Insgesamt beantragte die Kommission sieben Änderungen am bundesrätlichen Voranschlag, welche der Rat allesamt annahm. Kaum Erfolg hatten hingegen die Minderheitsanträge.

Das geplante Defizit in den Finanzplanjahren war auch Thema in den folgenden Fraktionsvoten. Als besonders dramatisch erachtete etwa Lars Guggisberg (svp, BE) die finanzielle Situation des Bundes: Man befinde sich «finanzpolitisch seit Jahren im freien Fall», zumal das Parlament immer mehr Geld ausgebe als vorhanden sei. Nun müsse man Prioritäten setzen, weshalb die SVP insbesondere im Finanzplan entsprechende Kürzungsanträge stelle. Ähnlich formulierte es Alex Farinelli (fdp, TI) für die FDP-Fraktion, der die Bundesfinanzen mit der Titanic verglich – zwar scheine alles ruhig, bei genauerer Betrachtung sei «das Bild, insbesondere das mittelfristige, [aber] wesentlich problematischer und beunruhigender». Auch er verlangte daher die Setzung von Prioritäten. Demgegenüber hob Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) das positive strukturelle Saldo des Voranschlags hervor, betonte aber auch, dass man für die Finanzplanjahre Korrekturmassnahmen einbringen müsse – insbesondere auch, weil die Gewinnausschüttung durch die SNB ausbleiben könne.
Deutlich weniger besorgt zeigten sich die Sprechenden der anderen Fraktionen über die finanzpolitische Situation. Roland Fischer (glp, LU) erachtete in Anbetracht der tiefen Schuldenquote des Bundes nicht in erster Linie die Defizite als problematisch, sondern die Ausgestaltung der Schuldenbremse, die es nicht erlaube, Schulden zu machen, um Investitionen zu tätigen. Auch Sarah Wyss (sp, BS) zeigte sich durch die «Mehrbelastungen ab 2024 [...] nicht besonders beunruhig[t]». Man müsse zwar reagieren, dabei aber vor allem auf Nachhaltigkeit setzen und von «kurzfristige[r] Sparwut» absehen. Gerhard Andrey (gp, FR) sah die Schuld für die finanzpolitischen Probleme vor allem bei denjenigen Mitgliedern des Parlaments, welche das Armeebudget stark aufgestockt und einen Abbau der Corona-Schulden über zukünftige Überschüsse durchgesetzt hätten. Statt über Sparmassnahmen solle man aber nun über zusätzliche Einnahmen, etwa im Rahmen einer Erbschaftssteuer, sprechen.

In der Folge behandelte der Nationalrat den Voranschlag 2023 in sechs Blöcken, beginnend mit einem ersten Block zu den Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hierbei lagen dem Rat keine Mehrheitsanträge der Kommission vor, jedoch zahlreiche Minderheitsanträge von Mitgliedern der Polparteien. Einerseits verlangten Minderheiten Badertscher (gp, BE), Friedl (sp, SG), Wettstein (gp, SO) sowie zwei Einzelanträge Pasquier-Eichenberger (gp, GE) etwa eine Aufstockung der Beiträge für humanitäre Aktionen oder an die Entwicklungszusammenarbeit mit den Ländern des Ostens, teilweise auch in den Finanzplanjahren. Andererseits forderten Minderheiten Grin (svp, VD), Guggisberg (svp, BE), Fischer (svp, ZH) sowie ein Einzelantrag der SVP-Fraktion etwa eine Reduktion des Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten, an die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit oder an die Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer (teilweise auch oder nur in den Finanzplanjahren) sowie die ordentliche Verbuchung der Ausgaben für Kriegsvertriebene aus der Ukraine. Die Minderheitsanträge blieben jedoch allesamt erfolglos.

Im zweiten Block zu Kultur, Bildung, Forschung, Familie und Sport lagen dem Nationalrat vier Kommissionsanträge vor. Im Sportbereich wollte die Kommission einerseits einen Kredit für die Sportverbände zugunsten der nationalen Meldestelle von Swiss Sport Integrity um CHF 360'000 aufstocken, zumal seit deren Schaffung Anfang 2022 dreimal mehr Meldungen eingegangen seien, als erwartet worden waren. CHF 650'000 sollten zudem für die Ausrichtung der Staffel-Weltmeisterschaft 2024 in Lausanne gesprochen werden, wobei der Bund einen Drittel der Gesamtfinanzierung übernehmen würde. Keine Aufstockung, sondern eine ausdrückliche Verwendung der CHF 390'000, welche der Bundesrat im Bereich Kinderschutz/Kinderrechte veranschlagt hatte, für eine Übergangslösung zur Stärkung der Kinderrechte verlangte die Kommission bei den Krediten des BSV. Eine Übergangslösung war nötig geworden, weil die Ombudsstelle für Kinderrechte, für die der Betrag gedacht war, noch nicht über eine gesetzliche Grundlage verfügte. Schliesslich verlangte die Kommission, dass CHF 35 Mio., welche nach dem Ausschluss der Schweiz aus Horizon Europe bei den EU-Forschungsprogrammen nicht benötigt werden, stattdessen Innosuisse zugesprochen werden. Der Nationalrat hiess alle vier Kommissionsanträge stillschweigend gut.
Weitere CHF 50 Mio. aus dem Kredit der EU-Forschungsprogramme zum Kredit für die Institutionen der Forschungsförderung verschieben wollte eine Minderheit Munz (sp, SH). Zudem verlangten zwei weitere Minderheiten Munz Aufstockungen bei der internationalen Mobilität Bildung zugunsten des Programms Erasmus+. Die Kredite gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag reduzieren wollten hingegen eine Minderheit I Grin bei den Institutionen der Forschungsförderung sowie eine Minderheit Guggisberg in den Finanzplanjahren bei der internationalen Mobilität Bildung und bei den Stipendien an ausländische Studierende. Mit 123 zu 68 Stimmen kürzte der Nationalrat in Übereinstimmung mit der Minderheit Munz den Kredit der EU-Forschungsprogramme zugunsten der Institutionen der Forschungsförderung, lehnte aber ansonsten sämtliche Minderheitsanträge ab. Dazu gehörten auch zwei Minderheiten Nicolet (svp, VD), welche bei Pro Helvetia (auch in den Finanzplanjahren) und bei der familienergänzenden Kinderbetreuung kürzen wollten.

Im Block 3 zu Umwelt und Energie hiess der Nationalrat die veranschlagten CHF 42 Mio. für Programme von EnergieSchweiz für den Heizungsersatz, zur Dekarbonisierung von Industrie und Gewerbe, zur Einführung von neuen Technologien und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie CHF 4 Mrd. für den Rettungsschirm Elektrizitätswirtschaft, welchen der Bundesrat in einer Nachmeldung beantragt hatte, gut. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) hatte erfolglos eine Kürzung bei den Programmen von EnergieSchweiz im Voranschlag und in den Finanzplanjahren gefordert. Erfolglos blieben auch alle anderen Minderheiten etwa zur Streichung von CHF 10 Mio. für eine Winter-Energiespar-Initiative, zur Reduktion des Kredits für die Reservekraftwerke, aber auch für eine Erhöhung des Kredits für die Reservekraftwerke um CHF 100 Mio., um eine Erhöhung der Energiekosten für die Bevölkerung zu verhindern.

Erfolglos blieben auch sämtliche Minderheitsanträge im vierten Block zu den Themen «soziale Wohlfahrt, Gesundheit und Sicherheit», wo etwa eine Minderheit Wettstein (gp, SO) eine Erhöhung des Bundesbeitrags an das Schweizerische Rote Kreuz oder verschiedene Minderheiten Kürzungen beim Rüstungsaufwand oder bei verschiedenen Positionen zur Verteidigung beantragten.

Im fünften Block zu Standortförderung, Steuern und Landwirtschaft gab es nur einzelne Forderungen zu den ersten beiden Bereichen, etwa verlangte eine Minderheit Gysi (sp, SG) zusätzliche Mittel und Stellen in der Steuerverwaltung für mehr Mehrwertssteuerkontrollen und eine Minderheit Guggisberg eine Streichung der Neuen Regionalpolitik, da diese Aufgabe der Kantone sei. Das Hauptinteresse des Nationalrats galt in diesem Block aber der Landwirtschaft, zu der zahlreiche Mehr- und Minderheitsanträge vorlagen: Die Kommissionsmehrheit verlangte eine Erhöhung des Kredits für die Qualitäts- und Absatzförderung zugunsten des Schweizer Weins um CHF 6.2 Mio. (in Umsetzung einer Motion 22.3022, die vom Nationalrat angenommen, aber vom Ständerat an die WAK-SR verwiesen worden war). Eine Minderheit Munz wollte stattdessen einen Teil der bereits veranschlagten Mittel zur Umsetzung der Motion einsetzen, der Nationalrat folgte jedoch seiner Kommissionsmehrheit und beschloss die Krediterhöhung. Weiter beantragte die Kommissionsmehrheit, in den Planungsgrössen zu den Direktzahlungen die Höhe der Versorgungssicherheitsbeiträge auf CHF 1.1 Mrd. festzuschreiben, so dass diese entgegen der Absicht des Bundesrates nicht gekürzt werden könnten. Der Nationalrat folgte auch dieser Kommissionsmehrheit, während eine Minderheit Munz besagte Planungsgrösse erfolglos streichen wollte. Schliesslich sollten die Mittel für Wildtiere, Jagd und Fischerei gemäss Kommissionsmehrheit um CHF 4 Mio. zugunsten von Sofortmassnahmen für den Herdenschutz aufgestockt werden, wobei der Nationalrat auch hier der Komissionsmehrheit und nicht einer Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) auf Beibehalten des bundesrätlichen Betrags folgte. Erfolgreich war zudem eine Minderheit Grin für eine Erhöhung des Kredits für die Pflanzen- und Tierzucht um CHF 3.9 Mio. zugunsten einheimischer Nutztierrassen, nicht aber ein weiterer Minderheitsantrag Grin für einen Verzicht auf die Aufstockung des Funktionsaufwands beim Bundesamt für Landwirtschaft um CHF 900'000 zur Umsetzung einer parlamentarischen Initiative zur Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln.

Im sechsten Block ging es abschliessend um den Eigenaufwand des Bundes und um die Schuldenbremse, wobei die Kommissionsmehrheit nur einen Antrag auf Änderung gegenüber der bundesrätlichen Version stellte: Bei den Planungsgrössen zum BABS sollte der Soll-Wert der Kundenzufriedenheit bei den Ausbildungsleistungen von 80 auf 85 Prozent und in den Finanzplanjahren auf 90 Prozent erhöht werden. Stillschweigend hiess der Nationalrat die Änderung gut. Zudem lagen zahlreiche Minderheitsanträge Nicolet auf Kürzungen im Personalbereich verschiedener Bundesämter (BAFU, BAG, BAK, BAV, BFS) sowie beim UVEK vor, die jedoch allesamt abgelehnt wurden – genauso wie weitere Kürzungsanträge im Personalbereich sowie bei den Sach- und Betriebsausgaben des SEM, zur Kürzung des Personalaufwands im Bereich der Social-Media-Strategie und der Digitalisierung sowie für Querschnittskürzungen beim BBL. Abgelehnt wurde aber auch ein Minderheitsantrag Schneider Schüttel zur Schaffung von zwei zusätzlichen Stellen beim BLV im Bereich Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Schliesslich scheiterte auch ein Antrag der SVP-Fraktion, die aus der Gewinnausschüttung der SNB veranschlagten Einnahmen von CHF 666.7 Mio. zu streichen, da die SNB diese nach ihren Verlusten voraussichtlich nicht würde tätigen können.

Nach langen Diskussionen, bei denen sämtliche Mehrheits- sowie einzelne Minderheitsanträge angenommen worden waren, hiess der Nationalrat den Voranschlag in der Gesamtabstimmung mit 137 zu 49 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gut. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von einem Mitglied der Grünen. Angenommen wurden in der Folge auch der Bundesbeschluss über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2023 (138 zu 50 Stimmen bei 2 Enthaltungen), der Bundesbeschluss über den Finanzplan für die Jahre 2024-2026 (179 zu 12 Stimmen) sowie der Bundesbeschluss über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2023 (191 zu 0 Stimmen).

Voranschlag 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2024-2026 (BRG 22.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

Im November 2022 reichte die FK-NR eine parlamentarische Initiative ein mit der Forderung, dass die Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen zwingend einbezogen werden müssen. Dies sollte es ihnen erlauben, ihren Auftrag, «sich mit allen grundlegenden Fragen der finanziellen Führung des Bundes zu befassen», wahrzunehmen. Als Begründung führte die Kommission zahlreiche finanzpolitisch wirksame Entscheide des Parlaments an, bei denen die Finanzkommissionen zuvor nicht immer angehört worden waren – etwa die Aufstockung der Armeeausgaben oder die indirekten Gegenvorschläge zur Gletscher- und zur Prämienentlastungsinitiative. Einstimmig hiess die FK-SR die Initiative ihrer Schwesterkommission gut, woraufhin diese nun einen Erlassentwurf erarbeiten wird.

Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorstössen und Erlassentwürfen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen sicherstellen (Pa.Iv. 22.483)

Eine verbesserte Finanzplanung und -steuerung beim Bund verlangte Peter Hegglin (mitte, ZG) im Juni 2022. Konkret soll der Bundesrat zukünftig eine mehrjährige, dem Parlament vorzulegende Finanzstrategie als Teil der strategischen Ziele erarbeiten. Diese soll eine kohärente Zielsetzung, Massnahmen zur Zielerreichung, eine Beurteilung möglicher Risikofaktoren sowie entsprechende Lösungsvorschläge enthalten. Zwar bestünden bereits kurz-, mittel- und langfristige Planungsinstrumente, diese seien aber zu wenig verbindlich und zu wenig miteinander verknüpft. Entsprechend würden langfristige Risikoanalysen auch zu wenig in die Finanzplanung einfliessen und die Langfristperspektive allgemein zu wenig beachtet, wie etwa ein Bericht des EFD aufgezeigt habe. Eine verbesserte Planung sei aber aufgrund von «mittel- bis langfristig [...] enormen Herausforderungen» nötig, so der Motionär.
Der Bundesrat erachtete ein solches zusätzliches Instrument als nicht notwendig und beantragte die Motion zur Ablehnung. Stattdessen verwies er auf zwei neue Instrumente, mit denen er die mittel- und langfristige Planung stärken wolle: die Berichte zur Langfristperspektive für die öffentlichen Finanzen und die Mittelfristperspektive sowie die steuer- und finanzpolitischen Prioritäten im Legislaturfinanzplan. Darüber hinaus betonte er, dass auch neue Finanzplaninstrumente die grossen externen Entwicklungen der letzten drei Jahre nicht hätten zu erfassen vermögen.
In der Herbstsession 2022 wies der Ständerat die Motion einem Ordnungsantrag Stark (svp, TG) folgend stillschweigend seiner Kommission zur Vorberatung zu.

Eine verbesserte Finanzplanung und -steuerung beim Bund (Mo. 22.3542)

In der Herbstsession 2022 beschäftigte sich der Ständerat mit der von der WAK-NR eingereichten Motion für die vollumfängliche Verwendung des Bundesanteils an den SNB-Ausschüttungen zum Abbau der Covid-19-Schulden. Zuvor hatte die FK-SR die Motion mit 10 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zur Ablehnung empfohlen. Stattdessen habe die Kommission bereits 2021 vorgeschlagen, nur die Zusatzausschüttungen in der Höhe von maximal CHF 4 Mrd. jährlich für den Covid-19-Schuldenabbau einzusetzen. Während «ordentliche Ausgaben durch ordentliche Einnahmen» finanziert werden müssen und somit der Grundbetrag der Ausschüttungen in der Höhe von CHF 2 Mrd. ordentlich verbucht werden soll, könnten die volatileren Zusatzausschüttungen durchaus als ausserordentliche Einnahmen verbucht werden. Eine Minderheit Knecht (svp, AG) beantragte hingegen die Annahme der Motion und somit auch eine Verwendung des Grundbetrags der SNB-Ausschüttungen zum Abbau der pandemiebedingten Schulden in zehn bis zwölf Jahren, um den «Druck auf die ordentlichen Ausgaben des Bundes aufrechterhalten» zu können. Zumal sich der Ständerat gleich vor der Beratung der Motion für einen Schuldenabbau ohne Verwendung des Grundbetrags der SNB-Ausschüttungen ausgesprochen und diese Frage damit bereits erledigt hatte, zog Hansjörg Knecht seinen Minderheitsantrag zurück. In der Zwischenzeit hatte sich auch herausgestellt, dass die Finanzlage der SNB im Sommer 2022 für Ende des Jahres eher darauf hindeutete, dass es womöglich weder zu Ausschüttungen des Grundbetrags noch des Zusatzbetrags kommen wird. Der Ständerat lehnte die Motion in der Folge stillschweigend ab.

Utiliser la «distribution» que la BNS envisage de verser à la Confédération pour réduire l'endettement lié à la crise du coronavirus (Mo. 20.3450)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

In der Herbstsession 2022 bereinigte das Parlament die Änderung des Finanzhaushaltgesetzes zum Abbau der coronabedingten Verschuldung. Bei der ersten Beratung im Ständerat lagen ähnliche Anträge vor wie zuvor bei der Beratung im Erstrat. Jedoch hatte sich die Ausgangslage verändert: Während der Bundesrat und auch der Nationalrat bei seiner Erstberatung davon ausgegangen waren, die ausserordentlichen Ausschüttungen der SNB für den Covid-19-Schuldenabbau verwenden zu können, hatte der Bundesrat in der Zwischenzeit als Antwort auf eine Frage von Gerhard Andrey (gp, FR) bekannt gegeben, dass Bund und Kantone gemäss den vorläufigen, bis Juni 2022 vorliegenden Zahlen von der SNB am Ende des Jahres weder den Grundbetrag noch Zusatzausschüttungen erhalten würden – diese Zahlen könnten sich aber bis Ende Jahr durchaus noch ändern, wie der Bundesrat betont hatte. Die FK-SR rechnete in der Folge jedoch nicht mehr mit den entsprechenden Geldern, was die Dauer des Schuldenabbaus deutlich verlängern würde, wie verschiedene Sprechende betonten. Dennoch beabsichtigte die Kommissionsmehrheit, die Corona-bedingten Schulden, die sich Ende 2022 auf etwa CHF 26 Mrd. belaufen werden, mithilfe der zukünftigen ordentlichen Überschüsse abzubauen und dabei auf eine Verwendung eines Teils der bisherigen ordentlichen Überschüsse auf dem Ausgleichskonto, wie sie der Nationalrat vorgeschlagen hatte, zu verzichten. Entsprechend wollte die Mehrheit der FK-SR die Dauer des Schuldenabbaus ebenfalls wie vom Bundesrat vorgesehen bis 2035, bei ausserordentlichen Ereignissen bis 2039 verlängern. Sowohl Kommissionssprecherin Gapany (fdp, FR) als auch Finanzminister Maurer äusserten sich zum Vorschlag der Kommissionsmehrheit. Letzterer argumentierte, dass auf dem Ausgleichskonto nicht wirklich Geld liege, «sondern das ist einfach die Statistik des ordentlichen Bundeshaushalts». Folglich wäre die Verrechnung der beiden Konten ein «Signal, dass wir bereit sind, in der Finanzpolitik die Zügel zu lockern». Diese Befürchtung teilte eine Minderheit I Hegglin (mitte, ZG), die in Übereinstimmung mit dem Nationalrat die Hälfte der Schulden auf dem Amortisationskonto durch die ordentlichen Überschüsse finanzieren und im Gegenzug die Abbaufrist verkürzen wollte, nicht. Vielmehr entwickelte sich eine Diskussion zur Frage, welche Massnahme die grösste Freiheit für das Parlament mit sich bringe: die Beibehaltung des Überschusses auf dem Ausgleichskonto oder eine schnelle Tilgung der Schulden auf dem Amortisationskonto. Eine Minderheit II Herzog (sp, BS) wollte überdies nicht nur einen Teil, sondern gar den ganzen Überschuss auf dem Ausgleichskonto zum Covid-19-Schuldenabbau verwenden, um den mittel- oder langfristig grösstmöglichen Handlungsspielraum zu schaffen. Die Minderheitensprecherin zog ihren Antrag jedoch später zurück. Mit 28 zu 16 Stimmen sprach sich der Ständerat anschliessend für den Mehrheitsantrag und somit gegen eine Verwendung des Überschusses auf dem Ausgleichskonto aus.

Noch in der Herbstsession folgte der Nationalrat seinem Schwesterrat in dieser Frage. Die Kommissionsmehrheit beantragte, an der ursprünglichen Position des Nationalrats festzuhalten und weiterhin eine Verrechnung eines Teils des Überschusses auf dem Ausgleichskonto mit dem Amortisationskonto vorzunehmen und im Gegenzug die Frist für den Schuldenabbau zu kürzen. Eine Minderheit Guggisberg (svp, BE) wollte jedoch dem Bundesrat folgen, unter anderem da eine Vermischung der beiden Konten der von der Stimmbürgerschaft angenommenen Idee der Schuldenbremse widerspreche, wie Lars Guggisberg argumentierte. Mit 105 zu 83 Stimmen sprach sich der Nationalrat für diesen Minderheitsantrag und somit gegen eine Verrechnung der beiden Konten aus und bereinigte damit die einzige Differenz zum Ständerat. Die SP-, Grünen- und Grünliberalen-Fraktionen sowie ein Mitglied der Mitte-Fraktion waren dabei der Kommissionsmehrheit gefolgt.

In den Schlussabstimmungen nahm der Nationalrat die Änderung des FHG mit 152 zu 23 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) an, der Ständerat einstimmig (45 zu 0 Stimmen). Die Gegenstimmen und Enthaltungen im Nationalrat stammten von Mitgliedern der Grünen Fraktion.

Bundesrätlicher Vorschlag zum Abbau der Covid-19-Schulden (BRG 22.020)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Im September 2022 zog Motionär Peter Hegglin (mitte, ZG) seinen Vorstoss für einen verträglichen Abbau der Covid-19-Schulden stillschweigend zurück. Noch im selben Monat verabschiedete das Parlament die Änderung des Finanzhaushaltgesetzes zum Abbau der coronabedingten Verschuldung. Zuvor war die in der Motion enthaltene Idee, dass ein Teil des positiven Saldos des Ausgleichskontos für den Schuldenabbau auf dem Amortisationskonto verwendet werden könnte, als eine von zwei Möglichkeiten in die Botschaft des Bundesrates eingeflossen – das Parlament hatte sich in der Folge aber dagegen entschieden.

Die Covid-19-Schulden sollen verträglich abgebaut werden (Mo. 20.4576)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Bereits in der Sommersession 2022 machte sich der Nationalrat an die Beratung der Änderung des Finanzhaushaltgesetzes zum Abbau der coronabedingten Verschuldung. Die beiden Kommissionssprecher Heinz Siegenthaler (mitte, BE) und Alex Farinelli (fdp, TI) fassten dabei die finanzpolitische Situation der letzten Jahre zusammen: Vor der Corona-Pandemie habe man während 20 Jahren keine neuen Schulden gemacht und gar CHF 23 Mrd. auf dem Ausgleichskonto angehäuft. Demgegenüber stünden Schulden in der Höhe von CHF 25 bis 30 Mrd., welche Corona-bedingt in den letzten Jahren entstanden seien. Für deren Abbau sehe der Bundesrat jährliche Zahlungen von CHF 1 Mrd. aus dem ordentlichen Haushalt und CHF 1.3 Mrd. «aus der ausserordentlichen Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank» vor – Letztere hatte der Bundesrat bereits im Juni 2022 für diesen Zweck gesprochen –, wobei die Frist für den Schuldenabbau von sechs auf zwölf Jahre erhöht werden soll. Die Mehrheit der FK-NR sprach sich jedoch für den zweiten Vorschlag aus, den der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt hatte: Die Hälfte der Corona-bedingten Schulden auf dem Amortisationskonto soll mit den Geldern auf dem Ausgleichskonto beglichen werden, während die andere Hälfte durch zukünftige Überschüsse sowie durch die ausserordentlichen Ausschüttungen der SNB abgebaut werden soll. Damit sei ein Schuldenabbau innert acht Jahren möglich, was die Kommissionsmehrheit bevorzuge, argumentierte Siegenthaler. Zusätzlich zur Position der Kommissionsmehrheit lagen verschiedene Minderheitsanträge vor: Eine Minderheit I Wyss (sp, BS) beantragte, das vollständige Guthaben auf dem Ausgleichskonto für den Corona-Schuldenabbau zu verwenden. Damit könne man sicherstellen, dass auch zukünftig genügend Geld für kommende Herausforderungen vorhanden sei. Eine Minderheit II Guggisberg (svp, BE) wollte dem Bundesrat folgen und die bereits angesparten Gelder auf dem Ausgleichskonto belassen. Stattdessen sollten die ordentlichen Gewinnausschüttungen der SNB in der Höhe von CHF 660 Mio., welche bisher in das Bundesbudget flossen, für die Tilgung der Corona-Schulden eingesetzt werden. Bezüglich der Abbaufristen plädierte eine Minderheit Gysi (sp, SG) für den vom Bundesrat vorgesehenen zwölfjährigen Schuldenabbau. Ein Abbau über drei Legislaturen sei sinnvoll, zumal sich die Schweiz dies leisten könne, die Covid-19-Pandemie eine «Jahrhundertkrise» darstelle und man auch in den letzten 20 Jahren Schulden in der Höhe von CHF 29 Mrd. abgebaut habe, argumentierte die Minderheitensprecherin. Der Nationalrat folgte jedoch in sämtlichen Anträgen seiner Kommissionsmehrheit. Die zwei Minderheiten Guggisberg fanden bei Mitgliedern der SVP-Fraktion, die Minderheiten Wyss und Gysi bei Mitgliedern der SP-, Grünen- und GLP-Fraktion sowie der EVP Zustimmung. Mit 133 zu 51 Stimmen nahm der Nationalrat die Revision in der Gesamtabstimmung gegen den Willen der SVP-Fraktion an.

Bundesrätlicher Vorschlag zum Abbau der Covid-19-Schulden (BRG 22.020)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Im März 2022 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft für eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes zum Abbau der coronabedingten Verschuldung. Den abzubauenden Fehlbetrag auf dem Amortisationskonto schätzte er bis Ende 2022 auf CHF 25 bis 30 Mrd. Nach geltendem Recht sei ein Abbau des ausserordentlichen Finanzierungsdefizits innert sechs Jahren durch budgetierte Finanzierungsüberschüsse nötig. Bereits früh waren sich Regierung und Parlament aber einig geworden, dass ein ordentlicher Abbau aus Angst vor wirtschaftlichem Schaden vermieden werden solle. Ein ordentlicher Abbau hätte selbst mit den Zusatzausschüttungen durch die SNB Einsparungen im ordentlichen Haushalt von jährlich CHF 3.7 Mrd. zur Folge gehabt. Bereits im Juni 2021 hatte der Bundesrat entschieden, den Bundesanteil an der Zusatzausschüttung der SNB auf dem Amortisationskonto zu verbuchen (voraussichtlich durchschnittlich CHF 1.3 Mrd.) und somit für den Abbau der entsprechenden Defizite einzusetzen. In der vorliegenden Botschaft beantragte er überdies eine temporäre Anpassung der Ergänzungsregel zur Schuldenbremse im Finanzhaushaltgesetz: So sollte die Amortisationsfrist bis 2035 (bei besonderen Ereignissen gar bis 2039) verlängert und die strukturellen Finanzierungsüberschüsse gemäss Staatsrechnung zum Abbau des Defizits auf dem Amortisationskonto verwendet werden (voraussichtlich durchschnittlich CHF 1 Mrd.). Nach geltendem Recht werden nur die budgetierten strukturellen Finanzierungsüberschüsse dem Amortisationskonto gutgeschrieben. Letztere Massnahme erlaube einen Abbau des Fehlbetrags innert 11 bis 13 Jahren. Damit entschied sich der Bundesrat für die erste seiner im Juni 2021 präsentierten Abbaumöglichkeiten. Den zweiten Vorschlag, die ordentlichen Überschüsse der letzten Jahre, die eigentlich für den Abbau der ordentlichen Defizite eingesetzt werden sollten, für die Tilgung der Hälfte oder gar der ganzen Covid-19-Defizite zu verwenden, lehnte er genauso ab, wie eine Amortisation des Fehlbetrags gemäss geltendem Recht oder einen Verzicht auf den Abbau des Fehlbetrags. Er wolle «so wenig wie möglich in die bewährte Systematik der Schuldenbremse eingreifen», gleichzeitig aber das ganze Defizit abbauen, um die «gute finanzpolitische Ausgangslage» wiederherzustellen, für zukünftige Krisen gewappnet zu sein und die finanzpolitische Verlässlichkeit der Schweiz zu unterstreichen.

Bundesrätlicher Vorschlag zum Abbau der Covid-19-Schulden (BRG 22.020)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Nachdem das Parlament in der Sondersession im Mai 2020 Corona-bedingte Kredite über CHF 16 Mrd. und Verpflichtungskredite über CHF 40 Mrd. gutgeheissen hatte, machten sich verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier Gedanken darüber, wie diese und die noch erwarteten Covid-19-Ausgaben finanziert werden könnten. Regula Rytz (gp, BE) schlug vor, die Kosten der Corona-Pandemie durch einen von 2020 bis 2025 befristeten Solidaritäts-Zuschlag auf Dividenden und Kapitaleinlagereserven in der Höhe von 2 bis 3 Prozent ihres Wertes zu finanzieren. Damit sollten diejenigen Unternehmen, die nicht oder nicht stark unter der Pandemie litten und gar Dividenden ausschütten könnten, einen Solidaritätsbeitrag zugunsten der stark betroffenen Unternehmen bezahlen. Zudem sei die Massnahme volkswirtschaftlich sinnvoll, da damit die starke Corona-bedingte Belastung von Bund und Kantonen etwas gelindert werden könne. Der Bundesrat sprach sich gegen einen entsprechenden Zuschlag aus, zumal er die Krise mithilfe der bestehenden Einnahmequellen meistern wolle. Zusätzliche Steuern und Abgaben würden die Rezession gar noch verschlimmern, befürchtete er. Neben dem Argument, dass für eine solche Regelung eine Verfassungsänderung nötig wäre, verwies er unter anderem darauf, dass die Unternehmen die entsprechenden Auszahlungen aufschieben und erst nach 2025 tätigen könnten. Im Nationalrat, der diese und ähnliche Motionen in der Frühjahrssession 2022 behandelte, stiess der Vorstoss lediglich bei den Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion auf Zustimmung, er wurde mit 127 zu 66 Stimmen abgelehnt.

Solidaritäts-Zuschlag auf Dividenden und Kapitaleinlagereserven (Mo. 20.3362)
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Klarheit bezüglich der Abzahlung der Corona-bedingten ausserordentlichen Leistungen – unter Beibehaltung der Schuldenbremse – sowie bezüglich der Folgen der Pandemie für die Sozialwerke verlangten Marcel Dettling (svp, SZ; Mo. 20.3392) und Werner Salzmann (svp, BE; Mo. 20.3414) im Mai 2020 in zwei gleichlautenden Motionen. So sollte der Bundesrat eine Lösung zur Behebung des Defizits auf dem Amortisationskonto in der Höhe von CHF 40 Mrd. innert sechs bis acht Jahren, zu den jährlichen Steuerausfällen von CHF 5 Mrd. und zu den Problemen für die AHV und die Pensionskassen präsentieren. Der Bundesrat empfahl die Motionen zur Ablehnung. Einen Abbau des Defizits auf dem Amortisationskonto innert sechs Jahren, wie es das FHG vorsieht, lehnte die Regierung ab; damit würde der Finanzhaushalt zu stark unter Druck gesetzt und die konjunkturelle Erholung gefährdet. Bezüglich der Probleme für die Sozialwerke verwies der Bundesrat auf die neuen Finanzperspektiven von AHV, IV und EO vom Juli 2020.
In der Ständeratsdebatte zur Motion Salzmann in der Herbstsession 2020 konnte Bundesrat Maurer zumindest teilweise Entwarnung geben – die Corona-bedingten Ausgaben betrügen bisher nicht CHF 40 Mrd., sondern «nur noch» CHF 20 Mrd. «Aber 20 Milliarden Franken sind eben immer noch sehr, sehr, sehr viel Geld», betonte der Finanzminister. Obwohl man die grundsätzliche Stossrichtung der Motionen teile, könne man nicht sämtliche Fragen zur Schuldenproblematik in einem Gesamtpaket beantworten, sondern müsse sie jeweils einzeln angehen. Mit 23 zu 16 Stimmen sprach sich der Ständerat gegen eine Annahme der Motion Salzmann aus. Dasselbe Ergebnis verzeichnete die Motion Dettling in der Frühjahrssession 2022: Der Nationalrat lehnte sie mit 138 zu 53 Stimmen ab. Unterstützung fand sie nur bei der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion. In der Zwischenzeit sei die «Motion von der Entwicklung der letzten zwei Jahre überholt worden», betonte Bundesrat Maurer und verwies dabei auf den Entwurf zur Revision des FHG.

Umfassende Lösung zur Bewältigung der Corona-Krise. Stabilisierung des Bundeshaushaltes und der Sozialwerke (Mo. 20.3392 und Mo. 20.3414)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?

Nachdem ihr die Motion Juillard (mitte, JU; Mo. 20.3285) für eine Nutzung der Ventilklausel für den Abbau der Covid-19-Schulden zugewiesen worden war, hatte die SGK-SR im Oktober 2020 entschieden, die entsprechende Beratung bis zum Vorliegen der bundesrätlichen Botschaft über den Schuldenabbau aufzuschieben. Hingegen zog die Mitte-Fraktion ihre gleichlautende Motion 20.3300 in der Frühjahrssession 2022 zurück. Sie erachtete diese als «nicht mehr aktuell» und machte stattdessen Werbung für einen Alternativvorschlag zu den zwei vom Bundesrat in seiner mittlerweile erschienenen Botschaft vorgeschlagenen Möglichkeiten zum Abbau der Corona-bedingten Verschuldung: Statt den gesamten Betrag über die ausserordentlichen Einnahmen (Variante 1 des Bundesrates) oder über die ordentlichen Überschüsse (Variante 2 des Bundesrates) abzubauen, sollten zwei Drittel über die ordentlichen Überschüsse und ein Drittel über die ausserordentlichen Einnahmen finanziert werden, schlug Leo Müller (mitte, LU) im Rahmen der Rückzugsankündigung der Mitte-Motion vor. Dadurch könne man «im Ausgleichskonto gewisse Reserven» für allfällige zukünftige Krisen behalten. Im Mai 2022 zog schliesslich auch Charles Juillard seine Motion in Anbetracht der bundesrätlichen Botschaft zurück.

Schuldenbremse respektieren – Ventilklausel nutzen! (Mo. 20.3285)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?

Im November 2021 gab der Bundesrat bekannt, die vom Parlament beschlossene Optimierung der Haushaltssteuerung per 1. Januar 2022 in Kraft zu setzen. Die periodengerechtere Haushaltssteuerung und das einfachere Nachtragsverfahren werden somit in Voranschlag und Rechnung des Jahres 2023 erstmals eingesetzt.

Vereinfachung und Optimierung der Haushaltssteuerung

Ende 2019 forderte Ada Marra (sp, VD) eine Untersuchung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Parameter für eine Anpassung der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse sei auf die Zeit um 2001 ausgerichtet, als die Staatsverschuldung und die Defizite deutlich höher gewesen seien. Heute liege die Schuldenquote jedoch deutlich tiefer, zudem seien Schulden aufgrund der Negativzinsen gewinnbringend. Statt also die Haushaltsüberschüsse vollständig für den Schuldenabbau zu verwenden, sollten sie für dringend notwendige Investitionen genützt werden, forderte die Postulantin. Der Bundesrat stritt jedoch einen entsprechenden Reformbedarf ab, zumal der Bund die notwendigen Investitionen auch ohne Änderung finanzieren könne. In der Herbstsession 2021 lehnte der Nationalrat den Vorstoss mit 100 zu 83 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Auf Zustimmung stiess das Postulat bei der SP- und der Grünen-Fraktion, bei der Mehrheit der GLP-Fraktion sowie bei den Mitgliedern der EVP.

Für eine geschmeidigere Schuldenbremse (Po. 19.4475)
Dossier: Schuldenbremse

Im Mai 2021 schlug die FK-SR in einer Motion vor, die Zusatzausschüttungen des Jahres 2020 (CHF 660 Mio.) der SNB dem Amortisationskonto gutzuschreiben und somit zum Abbau der Corona-Schulden zu verwenden. Anders als die Motion ihrer Schwesterkommission, welche neben den Zusatzausschüttungen auch den Grundbetrag der Ausschüttungen auf das Amortisationskonto buchen wollte, plante die ständerätliche Kommission, den Grundbetrag über CHF 2 Mrd. wie geplant dem ordentlichen Haushalt zukommen zu lassen. Demnach hätten «Zusatzausschüttungen [...] klar den Charakter von ausserordentlichen Einnahmen», begründete die Kommission ihren Vorstoss. Im August 2021 beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion, da er den generellen Vorschlag der ständerätlichen Kommission in der Zwischenzeit als eine von zwei Möglichkeiten in seine Botschaft zum Abbau der Covid-19-Schulden aufgenommen hatte: So sollen die Schulden neben der Verwendung der ordentlichen Überschüsse in den kommenden Jahren entweder über die Zusatzausschüttungen der SNB oder über eine Umbuchung der als ordentliche Überschüsse verbuchten Erträge aus früheren Jahren abgebaut werden. Gleichzeitig hatte er jedoch darauf verzichtet, die bereits verbuchten Zusatzausschüttungen aus dem Jahr 2020 neu zuzuweisen und seine Regelung stattdessen auf die ab 2021 anfallenden Ausschüttungen beschränkt.
Nachdem Bundesrat und Kommission dieses aktuelle Projekt des Bundesrates in der Herbstsession 2021 erläutert hatten, zog die Kommission ihre Motion, die von einer Minderheit Zanetti (sp, SO) abgelehnt worden war, zurück.

Zusatzausschüttungen der SNB dem Amortisationskonto gutschreiben (Mo. 21.3603)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?

Ende Juni 2021 gab der Bundesrat bekannt, wie die Covid-19-Schulden abgebaut werden sollen, wobei er mit einem Schuldenbetrag von CHF 30 Mrd., welche auf dem Amortisationskonto verbucht sind, rechnete. Ein Abbau ist aufgrund der «Ergänzungsregel» des Bundeshaushalts nötig, die einen Abbau der Schulden, welche als ausserordentliche Ausgaben auf dem Amortisationskonto verbucht wurden, innert sechs Jahren vorsieht. Für diesen Schuldenabbau präsentierte der Bundesrat zwei Varianten zur Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes (FHG): Gemäss der ersten Variante sollten die Schulden bis ins Jahr 2035 abgebaut werden müssen – die sechsjährige Frist zum Abbau der Schulden auf dem Amortisationskonto würde somit verdoppelt –, wodurch jährlich CHF 2.3 Mrd. anfallen würden. Diese sollten durch eine fixe Verbuchung der SNB-Zusatzausschüttungen als ausserordentliche Einnahmen – gemäss Vereinbarung des EFD mit der SNB seien dies jährlich durchschnittlich CHF 1.3 Mrd. – sowie durch die jährlichen ordentlichen Kreditreste, die v.a. durch Budgetunterschreitungen entstehen, beglichen werden. Die zweite Variante sah vor, die ordentlichen Überschüsse der letzten Jahre, die eigentlich für den Abbau der ordentlichen Schulden eingesetzt werden sollten, für die Tilgung der Hälfte der Covid-19-Schulden einzusetzen. Die andere Hälfte der Schulden soll ebenfalls über die zukünftigen Kreditreste abbezahlt werden. Diese Variante hätte gemäss Bundesrat den Vorteil, dass die Amortisationsfrist gegenüber dem ersten Vorschlag verkürzt werden könnte. Gemäss beiden Varianten sollte der Schuldenabbau ohne Sparprogramme möglich sein. Lehnt das Parlament beide Varianten ab und sieht auch sonst keine Massnahmen zur Verlängerung der Amortisationsfrist vor, müsste je ein Teil der Schulden bis ins Jahr 2026 (CHF 10 Mrd.) respektive bis 2027 (CHF 20 Mrd.) abgebaut werden, wodurch es gemäss Bundesrat vermutlich zu Sparprogrammen kommen würde.
Ende August 2021 schickte der Bundesrat die zwei Vorschläge zur Änderung des FHG bis Ende November 2021 in die Vernehmlassung.

Bundesrätlicher Vorschlag zum Abbau der Covid-19-Schulden (BRG 22.020)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits