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In der Herbstsession 2021 setzte sich der Nationalrat mit dem Entwurf der WAK-NR zur Grenze der Mehrwertsteuerpflicht für ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine und gemeinnützige Institutionen auseinander. Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Samuel Bendahan (sp, VD) präsentierten den Entwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Feller (fdp, VD) für die Kommission: Demnach soll die Umsatzgrenze für die entsprechenden Vereine von CHF 150'000 auf CHF 200'000 erhöht werden. Die bisherige Grenze werde von den Vereinen «relativ schnell überschritten», die danach nötige Mehrwertsteuerabrechnung sei aber trotz der Pauschalsteuersatzmethode für die ehrenamtlich tätigen Personen sehr kompliziert. Von der Erleichterung würden nur wenige Vereine – Bendahan sprach von 106 Vereinen – profitieren, diese aber teilweise sehr stark. Nachdem sich Sprecherinnen und Sprecher der SVP, der SP, der FDP, der Grünen sowie der Mitte für eine Annahme des Entwurfs ausgesprochen hatten, verteidigte Finanzminister Mauer die Forderung des Bundesrates nach Nichteintreten. Der Bundesrat bezweifelte einerseits die Verhältnismässigkeit, wenn 106 Vereinen jährliche Einsparungen über CHF 1 Mio. gewährt würden, während die Vereine insgesamt jährlich CHF 70 Mio. J+S-Gelder erhielten. Damit stehe der bürokratische Aufwand «in keinem Verhältnis» zum Nutzen dieser Massnahme. Andererseits kritisierte Maurer die Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den Gastro-Betrieben – etwa wenn die Vereine eine Buvette oder eine Festwirtschaft betreiben –, welche ab einem Umsatz von CHF 100'000 steuerpflichtig sind. Wie sich in den vorgängigen Voten abgezeichnet hatte, sprach sich der Nationalrat erst mit 169 zu 14 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für Eintreten aus und nahm den Entwurf anschliessend in der Gesamtabstimmung mit 170 zu 15 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Ablehnend äusserte sich nur eine Mehrheit der GLP-Fraktion sowie je ein Mitglied der SP- und der FDP-Fraktion.

Sport- und Kulturvereine. Anheben der Umsatzgrenze für die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht

In der Herbstsession 2021 hiess der Nationalrat die Immobilienbotschaft EFD 2021 ohne grosse Diskussionen gut. Finanzminister Maurer hob insbesondere die diesjährige Konzentration der Botschaft auf den Sportbereich und auf den Kanton Tessin hervor. Bezüglich der Verwaltungsgebäude plane der Bund in der nächsten Etappe des Unterbringungskonzepts 2024, nur noch 80 Prozent der Büroarbeitsplätze zu realisieren, dort jedoch den Standard Multispace zu berücksichtigen, «damit die Leute sich dort auch wohlfühlen können». Zusätzlich sind Coworking-Gebäude geplant, in Zürich sei bereits ein solches Gebäude in Betrieb genommen worden. Einstimmig verabschiedete der Nationalrat die Botschaft mit 179 Stimmen.

Immobilienbotschaft EFD 2021

Im September 2021 lehnte der Nationalrat eine Motion von Jean-Luc Addor (svp, VS; Mo. 20.3039) und ein Postulat von Jean-Pierre Grin (svp, VD; Po. 19.4375) zur Einführung eines Familienquotienten zur Beseitigung der Heiratsstrafe ab. Neu soll folglich bei der direkten Bundessteuer ein Familienquotientensystem, das auf einer Besteuerung nach Konsumeinheiten beruht, eingeführt respektive geprüft werden. Dadurch würden die «Steuerpflichtigen mit Familienlasten gleichbehandelt», unabhängig ihres Zivilstandes, jedoch in Abhängigkeit des Einkommens und der Familiengrösse, wie Addor erläuterte. Dieses Modell orientiere sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sei «neutral hinsichtlich der Verteilung der Einkommen» und benachteilige das Zweiteinkommen weniger als verschiedene Alternativen. Der Bundesrat verwies auf seine Antwort auf eine Interpellation Addor (Ip. 19.3450) sowie auf die Auslegeordnung zur Ehe- und Familienbesteuerung, welche er im Rahmen des Bundesratsgeschäfts für eine ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung bereits am Erarbeiten sei, und empfahl die Motion sowie das Postulat zur Ablehnung. Mit 133 zu 52 Stimmen (Mo. 20.3039) respektive 122 zu 61 Stimmen (bei 2 Enthaltungen; Po. 19.4375) sprach sich der Nationalrat gegen die zwei Vorstösse aus.

Familienquotient zur Beseitigung der Heiratsstrafe (Mo. 20.3039 und Mo. 19.4375)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?

Ende 2019 forderte Ada Marra (sp, VD) eine Untersuchung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Parameter für eine Anpassung der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse sei auf die Zeit um 2001 ausgerichtet, als die Staatsverschuldung und die Defizite deutlich höher gewesen seien. Heute liege die Schuldenquote jedoch deutlich tiefer, zudem seien Schulden aufgrund der Negativzinsen gewinnbringend. Statt also die Haushaltsüberschüsse vollständig für den Schuldenabbau zu verwenden, sollten sie für dringend notwendige Investitionen genützt werden, forderte die Postulantin. Der Bundesrat stritt jedoch einen entsprechenden Reformbedarf ab, zumal der Bund die notwendigen Investitionen auch ohne Änderung finanzieren könne. In der Herbstsession 2021 lehnte der Nationalrat den Vorstoss mit 100 zu 83 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Auf Zustimmung stiess das Postulat bei der SP- und der Grünen-Fraktion, bei der Mehrheit der GLP-Fraktion sowie bei den Mitgliedern der EVP.

Für eine geschmeidigere Schuldenbremse (Po. 19.4475)
Dossier: Schuldenbremse

Im März 2021 reichte Marianne Binder-Keller (mitte, AG) zwei Postulate ein (Po. 21.3189 und Po. 21.3190), mit denen sie einen Vergleich der Gemeinschaftsbesteuerung mit Vollsplitting und der Individualbesteuerung hinsichtlich steuerlicher, bürokratischer und vollzugstechnischer Aspekte forderte. So sollte der Bundesrat etwa zu den Nachteilen der Individualbesteuerung hinsichtlich Abzügen, zur Anzahl zu verfassender Steuererklärungen, zu den Problemen für die Kantone bei Umstellung auf Bundes-, jedoch nicht auf Kantonsebene oder zur Missbrauchsgefahr durch die Streichung der Solidarhaftung der Ehegatten Bericht erstatten. Das zweite Postulat forderte Auskunft zur Stärke des Eingriffs «in die freie Wahl der Lebensformen» der zwei Besteuerungsarten, zu ihren Folgen auf die Anerkennung der Familienarbeit sowie auf die Möglichkeiten für Erwerbspausen. Der Bundesrat betonte, die Fragen der beiden Motionen im Rahmen seiner Auslegeordnung zu verschiedenen Modellen der Ehe- und Familienbesteuerung beantworten zu wollen, und empfahl das Postulat zur Annahme. Beide Vorstösse wurden von Christa Markwalder (fdp, BE) in der Sommersession 2021 bekämpft, da sie sich an der «tendenziösen Fragestellung der Postulantin» zugunsten des Vollsplittings störte. Zudem brauche es keine neuen Berichte – es gebe bereits verschiedene neuere Studien dazu –, stattdessen müsse die Individualbesteuerung endlich umgesetzt werden, wie Markwalder während der Beratung der Vorstösse in der Herbstsession 2021 darlegte. Mit 97 zu 76 Stimmen (bei 1 Enthaltung) respektive mit 103 zu 77 Stimmen (bei 1 Enthaltung) lehnte der Nationalrat beide Postulate ab. Ein ähnliches Postulat von Benedikt Würth (mitte, SG; Po. 21.3285) hatte der Ständerat in der Sommersession 2021 angenommen.

Bericht zu Gemeinschaftsbesteuerung mit Vollsplitting versus Individualbesteuerung (Po. 21.3189 und Po. 21.3190)
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

In der Herbstsession 2021 setzte sich nach der WAK-SR auch der Ständerat mit der Motion Caroni (fdp, AR) für einen Einheitssatz für die Mehrwertsteuer mit möglichst wenigen Ausnahmen auseinander. Kommissionssprecher Levrat (sp, FR) erläuterte noch einmal die Mehrheitsposition: Demnach erachtete es die Mehrheit der Kommission als ausserordentlich schwierig, die für dieses Projekt nötigen Mehrheiten zu erhalten, und lehnte überdies die daraus folgende Erhöhung der Preise der aktuell reduzierten Güter, etwa von Lebensmitteln, ab. Schliesslich seien vereinfachte Mehrwertsteuererklärungen heute bereits möglich. Ruedi Noser (fdp, ZH) würdigte zwar die entsprechenden Vereinfachungsbemühungen der Verwaltung, erachtete das aktuelle System aber als zu komplex – zumal es vom Parlament auch laufend verkompliziert werde. Eine Vereinfachung würde die Schweiz in Europa konkurrenzfähig machen, zudem könnten wie bei der vorgeschlagenen Revision von 2008 Sozialmassnahmen eingebaut werden, um eine Benachteiligung der Personen mit niedrigeren Einkommen zu verhindern. Motionär Caroni verwies auf die Kosten von jährlich knapp CHF 1.8 Mrd. für den mehrwertsteuerbedingten Aufwand von Bürokratie, Verwaltung und Gerichten, die mit einem Einheitssatz deutlich reduziert werden könnten. Nach verschiedenen weiteren Wortmeldungen lehnte der Ständerat die Motion mit 27 zu 13 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab.

Einheitssatz für die Mehrwertsteuer (Mo. 21.3444)
Dossier: Vereinfachung des Steuersystems

Im Mai 2021 schlug die FK-SR in einer Motion vor, die Zusatzausschüttungen des Jahres 2020 (CHF 660 Mio.) der SNB dem Amortisationskonto gutzuschreiben und somit zum Abbau der Corona-Schulden zu verwenden. Anders als die Motion ihrer Schwesterkommission, welche neben den Zusatzausschüttungen auch den Grundbetrag der Ausschüttungen auf das Amortisationskonto buchen wollte, plante die ständerätliche Kommission, den Grundbetrag über CHF 2 Mrd. wie geplant dem ordentlichen Haushalt zukommen zu lassen. Demnach hätten «Zusatzausschüttungen [...] klar den Charakter von ausserordentlichen Einnahmen», begründete die Kommission ihren Vorstoss. Im August 2021 beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion, da er den generellen Vorschlag der ständerätlichen Kommission in der Zwischenzeit als eine von zwei Möglichkeiten in seine Botschaft zum Abbau der Covid-19-Schulden aufgenommen hatte: So sollen die Schulden neben der Verwendung der ordentlichen Überschüsse in den kommenden Jahren entweder über die Zusatzausschüttungen der SNB oder über eine Umbuchung der als ordentliche Überschüsse verbuchten Erträge aus früheren Jahren abgebaut werden. Gleichzeitig hatte er jedoch darauf verzichtet, die bereits verbuchten Zusatzausschüttungen aus dem Jahr 2020 neu zuzuweisen und seine Regelung stattdessen auf die ab 2021 anfallenden Ausschüttungen beschränkt.
Nachdem Bundesrat und Kommission dieses aktuelle Projekt des Bundesrates in der Herbstsession 2021 erläutert hatten, zog die Kommission ihre Motion, die von einer Minderheit Zanetti (sp, SO) abgelehnt worden war, zurück.

Zusatzausschüttungen der SNB dem Amortisationskonto gutschreiben (Mo. 21.3603)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?

Der Ständerat folgte der Empfehlung seiner Kommission und gab der Standesinitiative des Kantons Genf für Unterhaltsbeiträge an erwachsene Kinder bis 25 Jahren in Ausbildung in der Herbstsession 2021 stillschweigend keine Folge. Erich Ettlin (mitte, OW) anerkannte zuvor für die Kommission zwar die Problematik, betonte aber, dass die Umsetzung der Initiative die «Ungleichbehandlung zwischen getrennt lebenden und verheirateten Paaren verstärk[en]» würde, da Letztere lediglich den allgemeinen Kinderabzug beanspruchen könnten. Stattdessen spielte er den Ball den Kantonen zu, die ja die Möglichkeit hätten, die allgemeinen Kinderabzüge zu erhöhen.

Abzug für Unterhaltsbeiträge an erwachsene Kinder (Kt.Iv. 20.321)

Noch bevor der Nachtrag IIa vom Parlament behandelt worden war, reichte der Bundesrat Mitte September 2021 den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 in der Höhe von CHF 79.4 Mio. nach. Damit sollten insbesondere wie bereits im Vorjahr coronabedingte Einnahmenausfälle im Schienengüterverkehr (CHF 25 Mio.) abgegolten und das verstärkte Engagement in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban (CHF 23 Mio.) finanziert werden. Zudem wurden Leistungen des Bundes an die ALV (16.7 Mio.) nötig, da der veranschlagte Bundesbetrag für das laufende Jahr sowie der ausbezahlte Bundesbetrag des Vorjahres zu tief waren. Auch die Zulagen an die Milchwirtschaft (CHF 10 Mio.) mussten im Jahr 2021 aufgrund eines grösseren Milchkuhbestands erhöht werden. CHF 20 Mio. waren schliesslich als Verpflichtungskredit zur Deckung von Kursschwankungen beim «Aufklärungsdrohnensystem 15» vorgesehen, CHF 7 Mio. für die Behebung von Unwetterschäden vom Juli 2021 bei der Bahninfrastruktur und CHF 8.5 Mio. stellten Kreditübertragungen aus dem Voranschlag 2020 dar.

Nachtrag II zum Voranschlag 2021 (BRG 21.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Herbstsession 2021 beriet das Parlament den Nachtrag IIa zum Voranschlag 2021. Peter Hegglin (mitte, ZG) präsentierte die Nachtragskredite in der Höhe von CHF 644 Mio. dem Ständerat. Die FK-SR habe zwar alle bundesrätlichen Anträge gutgeheissen, störe sich jedoch an der «Kurzfristigkeit der Botschaft», zumal den Subkommissionen keine Zeit für eine vorgängige Beratung geblieben sei. «Nach mehr als eineinhalb Jahren Corona-Krise sollten wir wieder zum normalen zweiteiligen Nachtragskreditverfahren zurückkehren können», forderte der Kommissionssprecher. Kaum Aufmerksamkeit erzielte im Ständerat die Tatsache, dass die Vorgaben der Schuldenbremse aufgrund des Nachtragskredits nicht erfüllt werden könnten: Dieser Nachtragskredit würde das veranschlagte Defizit im ordentlichen Budget auf CHF 2.4 Mrd. erhöhen, obwohl dieses gemäss Schuldenbremse im Jahr 2021 nur bei CHF 1.9 Mrd. liegen dürfte. Hingegen kündigte Finanzminister Maurer an, dass der Bund Ende Jahr wohl CHF 5 Mrd. weniger an ausserordentlich verbuchten Corona-bedingten Kreditposten benötigen werde, als im Budget vorgesehen war. Dieses Geld werde folglich gemäss der vorgeschlagenen Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes in den Abbau der Covid-19-Schulden fliessen.
Diskussionen gab es in der Folge zum Antrag, dem Bundesrat die Kompetenz zur Weitergabe von 4 Millionen Impfdosen des Covid-19-Impfstoffes AstraZeneca an die Covax-Initiative der WHO zu erteilen. Die Covax-Initiative setzt sich für einen weltweiten gerechten Zugang zu den Covid-19-Impfstoffen ein. Beat Rieder (mitte, VS) fürchtete sich vor einem Reputationsrisiko für die Schweiz, wenn sie Impfstoffe, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, «einfach irgendwo in Drittländer exportiere[...]». Sinnvoller sei es, der Covax-Initiative den Gegenwert der Impfstoffe in Franken zu überweisen. Der Finanzminister anerkannte zwar den entsprechenden Vorbehalt, erachtete diesen «Beitrag der Schweiz» ob den zahlreichen, auch europäischen Staaten – wie der Kommissionssprecher ergänzte –, in denen der Impfstoff eingesetzt wird, dennoch als wertvoll. Ohne Gegenstimmen, aber mit 3 Enthaltungen, nahm der Ständerat den Nachtrag IIa sowie einstimmig den Bundesbeschluss II über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2021 an.

Im Gegensatz zum Ständerat lagen einige Tage später im Nationalrat drei Minderheitsanträge Guggisberg (svp, BE) vor. So verlangten die Minderheiten, die Nachtragskredite für das Globalbudget des BAG, den Beitrag an Gesundheitsschutz und Prävention zur Überwachung neuer Virusvarianten und denjenigen für das Globalbudget des BFS allesamt im Budget des EDI zu kompensieren. Der Minderheitensprecher verwies auf die CHF 24.4 Mrd., welche zur Bewältigung der Pandemie bereits bewilligt worden seien, sowie auf die zu erwartenden und bereits angekündigten Budgetunterschreitungen in der Höhe von bis zu CHF 8 Mrd. – auch im EDI. Folglich sollten diese nun zusätzlich beantragten Kredite departementsintern kompensiert werden. Nach zahlreichen Wortmeldungen bat der Finanzminister die grosse Kammer, auf die Kompensation zu verzichten, da damit die Transparenz verringert werde. Man wolle Ende Jahr klar ausweisen können, was die einzelnen Kreditpositionen gekostet haben und wo Kreditreste bleiben. «Ich glaube, wir sollten alles, was in dieser Krise ausserordentlich passiert ist, auch ausserordentlich ausweisen», begründete der Finanzminister seine ablehnende Haltung. Mit jeweils 140 respektive 139 zu 54 Stimmen lehnte der Nationalrat die drei Minderheitsanträge gegen den Widerstand der SVP-Fraktion ab. Keine Diskussionen gab es zu den übrigen Nachtragskrediten: Der Nationalrat hiess die Zusatzkredite über CHF 411 Mio. – etwa den Kredit zur Bewältigung der Covid-Pandemie (CHF 164 Mio.), den Kredit für die Passivzinsen (CHF 85 Mio.), den Verpflichtungskredit «Wald 2020-2024» (CHF 100 Mio.) – sowie die Investitionen über CHF 233 Mio. in den BIF stillschweigend gut und verabschiedete sie in der Gesamtabstimmung mit 155 zu 39 Stimmen. Auch der Bundesbeschluss II über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2021 wurde mit 153 zu 41 Stimmen gutgeheissen, wobei die ablehnenden Stimmen erneut von Mitgliedern der SVP-Fraktion stammten.

Nachtrag II zum Voranschlag 2021 (BRG 21.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Herbstsession 2021 bereinigte das Parlament die parlamentarische Initiative von Christa Markwalder (fdp, BE) für eine Erhöhung der steuerlichen Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von CHF 10'100 auf CHF 25'000. Dem Ständerat lag als Zweitrat ein Antrag der Kommissionsmehrheit auf Erhöhung des Elterntarifs von CHF 251 pro Kind auf CHF 300 pro Kind vor. Der Elterntarif definiert den Betrag, den Eltern pro Kind auf den geschuldeten Betrag der direkten Bundessteuer in Abzug bringen können. Kommissionssprecher Engler (mitte, GR) begründete diesen Entscheid der Mehrheit damit, dass nun im Unterschied zur Bundesratsvorlage nicht mehr der Kinderabzug erhöht würde, sondern der Steuerbetrag – also der Abzug von den tatsächlich zu bezahlenden Steuern. Davon würden in absoluten Zahlen «alle Steuerpflichtigen in gleichem Masse profitieren», «in Relation zu ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit [würden sogar] gerade die einkommensschwächeren Familien» am stärksten profitieren. Dies sei zudem «eine Geste gegenüber jenen Familien [...], die sich bewusst entschieden haben, für eine gewisse Zeit selbst für die Betreuung ihrer Kinder aufzukommen». Bezüglich des Abstimmungsergebnisses vom September 2020 betonte er, dass man nicht genau wisse, wogegen sich die Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger genau gewehrt habe. Minderheitensprecher Levrat (sp, FR) kritisierte insbesondere den fehlenden Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Abzugs der Drittbetreuungskosten, bei dem es um konkrete, nachzuweisende Kosten gehe, und der allgemeinen Erhöhung des Elterntarifs. Zudem widersprach er der Darstellung, dass alle Bürgerinnen und Bürger von der Erhöhung des Elterntarifs profitieren würden, zumal die Hälfte aller Personen, nämlich diejenige mit den geringsten Einkommen, nicht profitieren könnten, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Er warf der Kommissionsmehrheit vor, die parlamentarische Initiative zu missbrauchen, um ihre familienpolitischen Ziele durchzusetzen, und warnte davor, mit der Vermischung zweier Themen den bei der Bundesratsvorlage begangenen Fehler zu wiederholen. Mit 25 zu 14 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und nahm die Erhöhung des Elterntarifs in die Vorlage auf. Mit ähnlicher Stimmenzahl (26 zu 13 Stimmen bei 1 Enthaltung) passierte die Vorlage daraufhin die Gesamtabstimmung. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP- und der Grünen-Fraktion.

Einige Tage später startete der Nationalrat ins Differenzbereinigungsverfahren. Offen war nur noch die Frage des Elterntarifs, wobei die Kommissionsmehrheit Festhalten – also den Verzicht auf die Erhöhung des Elterntarifs – empfohlen hatte, während eine Minderheit Ritter (mitte, SG) dem Ständerat folgen wollte. Nach einer langen Diskussion zu den Fragen, wer von der Vorlage profitieren soll und was die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit ihrem Stimmentscheid im September 2020 hatten ausdrücken wollen, folgte die grosse Kammer ihrer Kommissionsmehrheit und entschied sich mit 112 zu 79 Stimmen gegen die Erhöhung des Elterntarifs. Hatten sich im Ständerat nur SP und Grüne gegen diese Erhöhung gewehrt, waren es nun im Nationalrat zusätzlich auch Mitglieder der FDP.Liberalen und der GLP.

Tags darauf empfahl die Mehrheit der WAK-SR dem Ständerat, diesbezüglich einzulenken und dem Nationalrat zu folgen, um «den unbestrittenen Teil der Vorlage [...] nicht länger hinauszuzögern oder gar zu gefährden». Stillschweigend folgte der Rat seiner Kommission und bereinigte damit die Vorlage im Sinne des Bundesrates. Zum Schluss wies diese nun dieselbe Form auf, welche der Bundesrat im Mai 2018 vorgeschlagen hatte: So können neu CHF 25'000 statt wie bisher CHF 10'100 für die Drittbetreuung jedes Kindes von den Steuern abgezogen werden, «soweit diese Kosten in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit [...] stehen». Damit sollen Erwerbsanreize für Zweitverdienende mit hohen Einkommen geschaffen und etwa 2'500 gut bezahlte Vollzeitstellen besetzt werden können, wie Finanzminister Maurer erklärt hatte. Mit 141 zu 46 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) und 39 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahmen beide Kammern die Änderung in den Schlussabstimmungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten im Nationalrat grösstenteils von einer Mehrheit der SVP-Fraktion und einer Minderheit der SP-Fraktion und im Ständerat von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr (Pa. Iv. 20.455)

Im September 2021 zog die FK-NR ihre Motion kommentarlos zurück. Darin hatte sie verlangt, die Corona-bedingten Mehrkosten nicht als ausserordentliche Ausgaben und somit nicht auf dem Amortisationskonto zu verbuchen. Unterdessen hatte der Bundesrat – mit Zustimmung des Parlaments – jedoch bereits im Jahr 2020 die entsprechenden Kosten auf das Amortisationskonto gebucht und plante, dasselbe auch für das Jahr 2021 zu tun. Zudem hatte er aber auch einen Vorschlag unterbreitet, wie die entsprechenden Schulden abgebaut werden sollen.

Keine Buchung der Covid-19-Kosten auf das Amortisationskonto der Schuldenbremse (Mo. 20.3470)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?

Geradezu bescheiden wirkte der Nachtrag IIa zum Voranschlag 2021 im Vergleich zu den bisherigen Nachtragskrediten der Jahre 2020 und 2021 in Milliardenhöhe: 9 Nachtragskredite in der Höhe von insgesamt CHF 411.3 Mio. beantragte der Bundesrat dem Parlament Ende August 2021.
CHF 233.1 Mio. sollten in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) einbezahlt werden, weil die Ausbauschritte 2025 und NEAT früher realisiert werden konnten und die Kosten daher früher anfielen. Zudem sollten damit Corona-bedingte Betriebsabgeltungen vorgenommen werden. Auch weitere Nachtragskredite ohne Corona-Bezug lagen vor: CHF 5.8 Mio. beantragte der Bundesrat zur Vergleichszahlung an den Flughafen Dübendorf für die Auflösung des Vertrags bezüglich Umnutzung in ein ziviles Flugfeld, CHF 800'000 für auf der Änderung des Jagdgesetzes beruhende Massnahmen zum Herdenschutz, CHF 25 Mio. sowie einen Verpflichtungskredit über CHF 100 Mio. zur Umsetzung der Motion Fässler (mitte, AI; Mo. 20.3745) zur Pflege des Waldes.
Zudem sah die Regierung weitere CHF 164 Mio. für Corona-Massnahmen vor, nämlich für einen grösseren Funktionsaufwand des BAG (CHF 37 Mio.) und des BFS (CHF 7 Mio.) für Informatiklösungen, für Mehrkosten bei den Bundesasylzentren durch Abstands- und Hygienevorschriften (CHF 12 Mio.) sowie für die Überwachung von neuen Virusvarianten (CHF 5 Mio.). Damit stiegen die beantragten Corona-bedingten Kredite für das Jahr 2021 auf CHF 24.46 Mrd.
Schliesslich zeichnete sich ein Ertragsverlust gegenüber dem Voranschlag 2021 bei den Negativzinsen ab (CHF 85 Mio.): Weil der Bund einen tieferen kurzfristigen Finanzierungsbedarf hatte als erwartet und somit tiefere offene Geldmarkt-Buchforderungen verzeichnete, verringerte sich die Aufwandminderung durch die Negativzinsen. Somit stiegen also die Ausgaben des Bundes, weil er weniger Geld ausgeliehen hatte – diese zusätzlichen Ausgaben beantragte er nun per Nachtragskredit.

Nachtrag II zum Voranschlag 2021 (BRG 21.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung

Im August 2021 präsentierte der Bundesrat den Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025. Dabei rechnete er mit einer Normalisierung der Haushaltslage im Budgetjahr, welche sich durch ein ausgeglichenes ordentliches Budget für das Jahr 2022 (ordentliches Finanzierungsergebnis: CHF 23 Mio.) und durch verglichen mit dem Vorjahr deutlich tieferen ausserordentlichen Ausgaben (CHF 925 Mio. statt CHF 4.1 Mrd. im Vorjahr) auszeichnen sollte. Gegenüber dem Voranschlag des laufenden Jahres veranschlagte der Bundesrat einen Anstieg der ordentlichen Einnahmen um CHF 1.3 Mrd. auf CHF 77.1 Mrd., welchen er auf höhere Beiträge bei der Gewinnsteuer und einen erneuten Anstieg der Verrechnungssteuer – bei gleichzeitigem Sinken der Stempelsteuer-Einnahmen aufgrund der geplanten Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital – zurückführte. Gleichzeitig rechnete er mit einer Reduktion der ordentlichen Ausgaben um CHF 720 Mio. auf ebenfalls CHF 77.1 Mrd., zumal das Ausgabenwachstum tiefer ausfallen sollte als das erwartete Wirtschaftswachstum und damit als das erwartete Einnahmenwachstum und weil 2022 tiefere Corona-Ausgaben anfallen sollten. Bei hohen ausserordentlichen Einnahmen (CHF 1.5 Mrd.) durch die Zusatzausschüttungen der SNB sollte somit ein deutlich positives Finanzierungsergebnis von CHF 619 Mio. und ein struktureller Überschuss von CHF 640 Mio. resultieren. Dabei rechnete er mit einem Wachstum des realen BIP von 3.3 Prozent, also mit einem leicht tieferen Wachstum, als für das Vorjahr vorgesehen gewesen war (3.6%), sowie mit einer gleichbleibenden Teuerung (0.5%). Trotz der Normalisierung der Haushaltslage budgetierte der Bundesrat erneut CHF 1.2 Mrd. zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, welche er insbesondere für Bürgschaftsverluste, Impfstoffe und zur Unterstützung der Eventbranche und des Tourismus einzusetzen plante. Keine entsprechenden Ausgaben veranschlagte er hingegen für die Finanzplanjahre, in denen er trotz reduzierten Einnahmen aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung im Rahmen der AHV 21, der Abschaffung der Industriezölle sowie der Verrechnungssteuerreform jeweils ein mehr oder weniger ausgeglichenes Finanzierungsergebnis erwartete. Bereits im Bericht zum Voranschlag 2022 kündigte der Bundesrat jedoch an, dass er womöglich noch vor Behandlung des Geschäfts im Parlament eine Nachmeldung zum Voranschlag nachreichen werde.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Im April 2021 veröffentlichte die WAK-NR ihren Entwurf zur Forderung, dass die Grenze der Mehrwertsteuerpflicht für ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine und gemeinnützige Institutionen, die heute bei CHF 150'000 pro Jahr liegt, erhöht wird. Die Mehrwertsteuer bereite den Vereinen einen «erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand» und binde dadurch Ressourcen, die andersweitig eingesetzt werden könnten. Die Kommission schlug, wie in der parlamentarischen Initiative gefordert, eine Erhöhung der Umsatzgrenze auf CHF 200'000 vor, wovon 106 Vereine und gemeinnützige Organisationen profitieren würden und wodurch dem Bund ungefähr CHF 1 Mio. jährlich an Steuereinnahmen entgehen würde.

Im August 2021 nahm der Bundesrat Stellung zum Entwurf. Wie bereits in der Debatte zur parlamentarischen Initiative sprach er sich gegen die Erhöhung der Umsatzgrenze aus, weil er Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Leistungserbringenden befürchtete. Dies würde überdies dadurch verschärft, dass die meisten Leistungen der betroffenen Vereine und Institutionen bereits von der Mehrwertsteuer befreit sind (etwa Eintrittsgelder bei Veranstaltungen). Schliesslich bestünden bereits administrative Erleichterungen für Vereine und gemeinnützige Institutionen durch Pauschalsteuersätze, betonte er.

Sport- und Kulturvereine. Anheben der Umsatzgrenze für die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht

Im Juli 2021 veröffentlichte das EFD einen Bericht zu einer möglichen Neuregelung der Berufskosten von unselbständig Erwerbenden. Das Departement sei vom Bundesrat zusammen mit den Kantonen beauftragt worden, «das geltende Recht zum steuerlichen Abzug der Berufskosten zu überprüfen», insbesondere hinsichtlich der Telearbeit. Durch eine Neuregelung der Pauschalabzüge sollte die Neutralität gegenüber verschiedenen Arbeitsformen wiederhergestellt werden, wie es teilweise auch die abgelehnte Motion Ryser (gp, SG) gefordert hatte. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe habe acht Varianten zu einer Pauschalierung geprüft, wobei eine Mehrheit der Arbeitsgruppe einen pauschalen Abzug für alle Berufskosten, auch für die Fahrtkosten, bevorzugte. Diese Variante biete die stärkste Vereinfachung und die grösste Neutralität gegenüber den Arbeitsformen, bedeute jedoch aufgrund des Einschlusses der Fahrtkosten auch die grösste Änderung gegenüber der bisherigen Regelung. Eine Minderheit bevorzugte eine Pauschale bei gleichzeitiger Beibehaltung des Fahrtkostenabzugs.

Steuerliche Gleichstellung von Telearbeit

Einen Einheitssatz für die Mehrwertsteuer mit möglichst wenigen Ausnahmen forderte Andrea Caroni (fdp, AR) im März 2021 in einer Motion. Die grosse Komplexität der aktuellen Mehrwertsteuer führe zu grossem administrativen und finanziellen Aufwand, eine Vereinfachung hätte Entlastungen für Unternehmen, Konsumentinnen und Konsumenten, Arbeitnehmende und den Staat zur Folge. Caroni verwies auf einen bundesrätlichen Vereinfachungsvorschlag aus dem Jahr 2008 und forderte nun diesbezüglich einen «zweiten Anlauf». Er befürworte in der Tat ein Einheitssatz-Modell, erklärte der Bundesrat in seiner Stellungnahme, entsprechende Vorschläge – neben seinem Vorschlag von 2008 verwies er auch auf ein weiteres gescheitertes Projekt aus dem Jahr 2013 sowie auf zwei gescheiterte Motionen (Mo. 15.3225; Mo. 15.3386) – seien jedoch bisher erfolglos geblieben. Zudem sei aktuell aufgrund der Corona-Pandemie nicht der richtige Moment, um die Mehrwertsteuer auf bisher reduziert besteuerten Gütern zu erhöhen. Stattdessen solle die geltende Mehrwertsteuer vereinfacht werden. In der Sommersession wies der Ständerat die Motion auf Antrag von Roberto Zanetti (sp, SO) ihrer WAK-SR zur Vorberatung zu. Die Kommission solle etwa den Aufwand der bisherigen Regelung für die Unternehmen sowie die politische Machbarkeit einer Vereinfachung prüfen, hatte Roberto Zanetti zuvor gefordert. In der Folge schlug die Kommissionsmehrheit mit 8 zu 5 Stimmen eine Ablehnung der Motion vor, da auch sie keine politische Mehrheit für eine solche Vereinfachung sah und stattdessen auf Projekte mit alternativen Vereinfachungsmöglichkeiten verwies. Eine Minderheit Noser (fdp, ZH) billigte jedoch dem Einheitssatz das grösste Vereinfachungspotenzial zu und beantragte deshalb die Annahme der Motion.

Einheitssatz für die Mehrwertsteuer (Mo. 21.3444)
Dossier: Vereinfachung des Steuersystems

Ende Juni 2021 gab der Bundesrat bekannt, wie die Covid-19-Schulden abgebaut werden sollen, wobei er mit einem Schuldenbetrag von CHF 30 Mrd., welche auf dem Amortisationskonto verbucht sind, rechnete. Ein Abbau ist aufgrund der «Ergänzungsregel» des Bundeshaushalts nötig, die einen Abbau der Schulden, welche als ausserordentliche Ausgaben auf dem Amortisationskonto verbucht wurden, innert sechs Jahren vorsieht. Für diesen Schuldenabbau präsentierte der Bundesrat zwei Varianten zur Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes (FHG): Gemäss der ersten Variante sollten die Schulden bis ins Jahr 2035 abgebaut werden müssen – die sechsjährige Frist zum Abbau der Schulden auf dem Amortisationskonto würde somit verdoppelt –, wodurch jährlich CHF 2.3 Mrd. anfallen würden. Diese sollten durch eine fixe Verbuchung der SNB-Zusatzausschüttungen als ausserordentliche Einnahmen – gemäss Vereinbarung des EFD mit der SNB seien dies jährlich durchschnittlich CHF 1.3 Mrd. – sowie durch die jährlichen ordentlichen Kreditreste, die v.a. durch Budgetunterschreitungen entstehen, beglichen werden. Die zweite Variante sah vor, die ordentlichen Überschüsse der letzten Jahre, die eigentlich für den Abbau der ordentlichen Schulden eingesetzt werden sollten, für die Tilgung der Hälfte der Covid-19-Schulden einzusetzen. Die andere Hälfte der Schulden soll ebenfalls über die zukünftigen Kreditreste abbezahlt werden. Diese Variante hätte gemäss Bundesrat den Vorteil, dass die Amortisationsfrist gegenüber dem ersten Vorschlag verkürzt werden könnte. Gemäss beiden Varianten sollte der Schuldenabbau ohne Sparprogramme möglich sein. Lehnt das Parlament beide Varianten ab und sieht auch sonst keine Massnahmen zur Verlängerung der Amortisationsfrist vor, müsste je ein Teil der Schulden bis ins Jahr 2026 (CHF 10 Mrd.) respektive bis 2027 (CHF 20 Mrd.) abgebaut werden, wodurch es gemäss Bundesrat vermutlich zu Sparprogrammen kommen würde.
Ende August 2021 schickte der Bundesrat die zwei Vorschläge zur Änderung des FHG bis Ende November 2021 in die Vernehmlassung.

Bundesrätlicher Vorschlag zum Abbau der Covid-19-Schulden (BRG 22.020)
Dossier: Wie sollen die Kosten der Covid-19-Krise verbucht und die Schulden abgebaut werden?
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Ende Juni 2021 gab das EFD in Erfüllung der Motion Jauslin (fdp, AG) eine Vereinheitlichung der Verzugs- und Vergütungszinssätze auf Abgaben und Steuern per 1. Januar 2022 bekannt. Demnach soll der einheitliche Rückerstattungs- und Verzugszins bei 4.0 Prozent liegen, während der Vergütungszinssatz für freiwillige Vorauszahlungen weiterhin 0.0 Prozent beträgt. Aufgehoben werden die Verordnungen über die Verzugs- und Vergütungszinssätze, über den Verzugszins bei der Automobilsteuer, über die Verzugs- und Vergütungszinssätze auf der Tabak- und Biersteuer und über die Verzinsung ausstehender Stempelabgaben sowie ausstehender Verrechnungssteuern.

Harmonisieren der Zinsen bei Bundessteuererlassen (Mo. 16.3055)

Zwischen Juni und Oktober 2020 führte der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Revision des Mehrwertsteuergesetzes durch. Die Regierung plante unzählige Änderungen des Mehrwertsteuergesetzes in den Bereichen Steuerpflicht, Steuerabrechnung und Steuersicherung. Insbesondere war geplant, die ausländischen Versandhandelsunternehmen neu als Leistungserbringende einzustufen, wodurch sie als Lieferanten die Mehrwertsteuer auf alle verkauften Produkte entrichten müssten. Zudem sollten in der Revision zahlreiche parlamentarischen Vorstösse umgesetzt werden.

Im September 2021 präsentierte die ESTV ihren Vernehmlassungsbericht zu den 97 eingegangenen Stellungnahmen, unter anderem von 24 Kantonen, 5 Parteien (CVP, FDP, GPS, SPS und SVP) und 63 Organisationen wie die Dachverbände der Städte und Gemeinden, Dachverbände der Wirtschaft, FDK und übrige Organisationen aus sehr heterogenen Bereichen wie die Post oder die SBB, das Mehrwertsteuer-Konsultativgremium KG, verschiedene Verbände aus dem Gastro- oder Tourismusbereich, aber beispielsweise auch Amazon Services Europe Sàrl oder Rakuten Europe Sàrl (beide mit Sitz in Luxembourg), Curafutura und Santésuisse, der Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP), Greenpeace und WWF oder die Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten. Dabei stiessen die zahlreichen Regelungen auf deutlich unterschiedlichen Anklang. Keiner der Vernehmlassungsteilnehmenden sprach sich gegen die Einführung der Plattformbesteuerung aus, auch wenn durchaus Vorbehalte oder Verbesserungsvorschläge vorgebracht wurden. Auch die Auskunftspflicht für Versandhandels- und Dienstleistungsplattformen oder die Einführung des elektronischen Nachweises für die Ausfuhr im Reiseverkehr wurden trotz Fragen und Alternativvorschlägen grundsätzlich akzeptiert.
Als «begrüsst von fast allen» teilte die ESTV verschiedene andere Regelungen, etwa den reduzierten Steuersatz für Produkte der Monatshygiene, die Steuerausnahme für die aktive Teilnahme an kulturellen Anlässen oder die Steuerausnahme für Leistungen der koordinierten Versorgung ein, die jeweils nur von Economiesuisse und teilweise von SwissHoldings abgelehnt wurden.
Die übrigen Massnahmen stiessen auf mehr oder weniger starke Ablehnungen. Besonders kritisch zeigten sich der Schweizerische Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand (EXPERTsuisse) und das Mehrwertsteuer-Konsultativgremium, die zahlreiche der weiteren Bestimmungen, teilweise zusammen mit anderen Akteuren, ablehnten. Auf besonders breiten Widerstand stiess etwa die Ausweitung der Bezugsteuer bei Business to Business-Leistungen (B2B-Leistungen) ausländischer Unternehmen sowie die Beweiserleichterung für ein Gemeinwesen bei Subventionen.

Revision des Mehrwertsteuergesetzes: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft (BRG 21.019)
Dossier: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer globalisierten Wirtschaft – Das Bundesratsgeschäft (BRG 21.019) und der Weg dahin

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Zusammenfassung
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Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (BRG 21.019)

Mit der im September 2021 vorgelegten Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes beantragte der Bundesrat die Umsetzung zahlreicher Motionen und Postulate. Hauptbestandteil der Revision war die neue Besteuerung der elektronischen Versandhandelsplattformen gemäss einer Motion Vonlanthen (damals noch cvp, FR; Mo. 18.3540), darüber hinaus wurde aber etwa auch der Mehrwertsteuersatz auf Damenhygieneartikel reduziert (gemäss einer Motion Maire: sp, NE; Mo. 18.4205) oder die Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen in der Mehrwertsteuer behoben (gemäss einer Motion Page: svp, FR; Mo. 17.3657). Das Parlament entschied sich zudem, auch die Mehrwertsteuerausnahmen im Gesundheitsbereich teilweise neu zu regeln.

Chronologie
Vernehmlassung
Botschaft
Erstrat
Zweitrat
Differenzbereinigung
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Revision des Mehrwertsteuergesetzes: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft (BRG 21.019)
Dossier: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer globalisierten Wirtschaft – Das Bundesratsgeschäft (BRG 21.019) und der Weg dahin

Während der Grossteil des Bundesgesetzes über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts bereits in der Frühjahrssession 2021 bereinigt worden war, beschäftigte sich der Nationalrat in der Sommersession 2021 mit der «Anpassung der gesetzlichen Grundlage zur Nutzung der Daten im Verarbeitungssystem des Dienstes ÜPF». Diesen Aspekt hatte die KVF-NR, welcher der Nationalrat diesen zweiten Erlass zugewiesen hatte, in der Zwischenzeit beraten und dabei unter anderem auch den EDÖB Adrian Lobsiger sowie die Kripo-Chefin der Kantonspolizei Zürich, Lentjes Meili, angehört. Kommissionssprecher Fluri (fdp, SO) präsentierte dem Rat den Entwurf. Wie bereits in der Kommissionsberatung drehte sich die anschliessende Diskussion um die Frage, was genau das Ziel dieser Gesetzesänderung sei. Kurt Fluri erachtete den vorliegenden Entwurf als «gesetzliche Grundlage für die Visualisierungsfunktion des Datenverarbeitungssystems des Dienstes ÜPF». Damit soll eine bisher nur in der Verordnung geregelte Analysefunktion gesetzlich verankert werden, die es den Strafverfolgungsbehörden der Kantone ermögliche, «Schlüsse zu Personennetzwerken sowie zu Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten» zu ziehen, ohne ein eigenes Analysesystem aufbauen zu müssen. Entsprechend erachte die Kommissionsmehrheit diese Vorlage als «Verbesserung der Rechtsgrundlage, nicht aber [als] Ausweitung der Datensammlungen». Der EDÖB befürworte gemäss Fluri die Schaffung der gesetzlichen Grundlage, habe aber betont, dass sie nicht «im Sinne einer Zweckänderung oder -erweiterung» ausgelegt werden dürfe. Eine Minderheit Pult (sp, GR) bezweifelte hingegen die Darstellung der Verwaltung, dass «die Analysefunktion [...] in der Praxis eine reine Visualisierungsfunktion» sei, zumal eine Analyse weiter gehe als eine Visualisierung. So habe der Datenschutzbeauftragte in der Kommissionssitzung erklärt, dass es neben einer Visualisierung auch um Alarmierung und Sprechendenerkennung gehe. Davon sei bisher aber noch nie die Rede gewesen. Da somit unklar sei, was genau denn nun das Ziel dieses Entwurfs sei, müsse der Bundesrat in einem Zusatzbericht den Zweck des Gesetzes erläutern. Folglich verlangte die Minderheit Pult eine Rückweisung dieser zweiten Vorlage an den Bundesrat. Vor der Abstimmung verdeutlichte Bundesrätin Karin Keller-Sutter die Möglichkeiten dieser Analysefunktion: Damit könnten die Strafverfolgungsbehörden «Schlüsse aus Personennetzwerken sowie Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten» ziehen, Gespräche mithören, nachhören oder verschriften, Vorgänge kommentieren, eine Alarmfunktion programmieren, wenn eine Person einen bestimmten Perimeter betritt, sowie eine IP-Analyse oder eine Spracherkennung durchführen. Dabei würden aber nur Daten verwendet, deren Sammlung ein Zwangsmassnahmengericht genehmigt habe. Keine dieser Funktionen sei zudem neu, alle würden jetzt bereits durch die entsprechende Verordnung geregelt, betonte sie überdies. In der Folge sprach sich der Nationalrat mit 104 zu 70 Stimmen gegen den Rückweisungsantrag Pult aus; Unterstützung fand dieser bei der SP, den Grünen und der GLP. Auch zwei Minderheitenanträge Trede (gp, BE) auf Streichung der entsprechenden Bestimmungen fanden im Rat keine Mehrheit. Mit 105 zu 80 Stimmen (bei 1 Enthaltung) hiess der Nationalrat den Entwurf in der Gesamtabstimmung gut. Neben den ablehnenden Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen sprach sich auch Lukas Reimann (svp, SG) gegen den Entwurf aus.

Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts (BRG 20.067)

Im Juni 2021 gab der Bundesrat die Ausgleichszahlungen des Finanzausgleichs für das Jahr 2022 bekannt. Demnach steigen die Zahlungen gegenüber dem Vorjahr um CHF 91 Mio. und betragen im Jahr 2022 insgesamt CHF 5.3 Mrd. Dieser Anstieg ist vor allem auf die Erhöhung des soziodemografischen Lastenausgleichs (um CHF 62 Mio.) und auf die Ausgleichszahlungen an die ressourcenschwächsten Kantone (CHF 120 Mio.) zurückzuführen, wie sie in der FiLaG-Revision 2019 beschlossen worden waren. Ebenfalls im Zusammenhang mit dieser Revision wurde der Zielwert der garantierten Mindestausstattung für das Jahr 2022 zum letzten Mal reduziert, er kam neu bei 86.5 Prozent zu liegen (2021: 87.1%). Der Ressourcenausgleich (vertikal und horizontal) sank insgesamt um CHF 74 Mio., was neben der tieferen Dotation (CHF -210 Mio.) auch der Erhöhung des Ressourcenpotenzials (CHF 114 Mio.) und der Disparitäten (CHF 23 Mio.) geschuldet war. Insgesamt stieg der Ressourcenausgleich bei 14 Kantonen an – insbesondere bei den Kantonen Schwyz und St. Gallen (je plus 2.0 Indexpunkte) – und sank bei 12 Kantonen – insbesondere beim Kanton Obwalden (-14.4 Indexpunkte). Letzterer Kanton wechselte damit auch vom Lager der Nettozahler, das im Jahr 2022 noch aus den Kantonen Basel-Stadt, Genf, Nidwalden, Schwyz, Zug und Zürich besteht, ins Lager der Nettoempfänger. Den Grund für den starken Rückgang des Ressourcenpotenzials des Kantons Obwalden sieht der Bericht in einem Einmaleffekt aus dem Jahr 2015, welcher das Einkommen pro Einwohnerin und Einwohner in diesem Jahr stark erhöht hatte und bis im Vorjahr in die Berechnung des Ressourcenpotenzials eingeflossen war.
Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Ausgleichszahlungen berichtete der Bundesrat auch über die Vernehmlassung zu einer von der FDK geforderten Verordnungsänderung aufgrund eines Sonderfalls im Kanton Bern 2021. Dieser Änderungsvorschlag traf nur bei 2 Kantonen auf Zustimmung, die übrigen 24 und mit ihnen die FDK lehnten es ab, das Finanzausgleichssystem aufgrund von Sonderfällen zu ändern.

Finanzausgleichszahlungen 2022
Dossier: Jährliche Finanzausgleichszahlungen

Ende Mai 2021 nahm der Bundesrat schriftlich Stellung zur parlamentarischen Initiative für eine Erhöhung der steuerlichen Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung. Er verwies dabei wie auch bereits in seiner Stellungnahme zur 2020 an der Volksabstimmung gescheiterten Vorlage zur Erhöhung der steuerlichen Kinderabzüge auf den Nutzen einer solchen Regelung, die zu einer «besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität» und zu steigenden Steuereinnahmen führen würde. Hingegen lehnte er die von der Kommissionsminderheit vorgeschlagene Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs ab, da er darin eine Missachtung des Volkswillens sah.

In der Sommersession 2021 setzte sich der Nationalrat mit der Thematik auseinander und behandelte dabei zuerst einen Minderheitsantrag Dettling (svp, SZ) auf Nichteintreten. Marcel Dettling argumentierte, dass die Bundesratsvorlage gemäss Nachabstimmungsbefragung in erster Linie abgelehnt worden sei, weil nur Gutverdienende davon profitiert hätten. Dies sei aber auch bei der neuen Vorlage der Fall, weshalb man den Volkswillen achten und auf eine erneute Behandlung dieses Themas verzichten solle. Die Sprecherinnen der Kommissionsmehrheit, Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Sophie Michaud Gigon (gp, VD), verwiesen darauf, dass die Kinderdrittbetreuungskosten «im Abstimmungskampf praktisch unbestritten» geblieben seien – kritisiert worden sei vor allem die Erhöhung der Kinderabzüge. Mit 125 zu 52 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Zur Mehrheit der SVP-Fraktion, die sich gegen Eintreten aussprach, gesellten sich auch Minderheiten der SP und der Grünen. Letztere störten sich wohl allgemein an der Erhöhung der Steuerabzüge, zumal man kein «Fan von Steuersubventionen via Abzüge» sei, wie Jacqueline Badran (sp, ZH) betonte – aber dennoch Eintreten empfahl. Im Anschluss begründete Thomas Aeschi (svp, ZG) seinen «moderaten Minderheitsantrag» auf Erhöhung der Kinderabzüge von CHF 6'500 auf CHF 8'250, den er als Kompromiss zum Abzug von CHF 10'000 im Rahmen des an der Urne gescheiterten Bundesratsgeschäfts erachtete. Damit könnten auch «selbstbetreuende Familien – eigentlich [...] alle Familien, die Kinder haben» unterstützt werden. Mit 104 zu 79 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat diese erneute Erhöhung des Kinderabzugs ab. Unterstützt worden war der Vorschlag von der SVP-Fraktion, von einer Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie von einem Mitglied der FDP-Fraktion. Im Anschluss daran nahm die grosse Kammer den Entwurf mit 145 zu 32 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) an, wobei die ablehnenden Stimmen wie zuvor bei der Eintretensabstimmung von der Mehrheit der SVP und Minderheiten der SP und der Grünen stammten.

Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr (Pa. Iv. 20.455)

Ab Juni und Juli 2021 konkretisierten sich die Pläne der OECD zur Unternehmensbesteuerung. Diese enthielten zwei Säulen: die Versteuerung der Gewinne von Grosskonzernen sowie eine Mindeststeuer für grössere Unternehmen. Die erste Säule beinhaltete eine Regelung zum Ort der Besteuerung von Gewinnen internationaler Unternehmen mit einer Gewinnmarge über 10 Prozent. Diese sollten die entsprechenden Gewinne neu zu 20 Prozent in den Staaten ihrer Absatzmärkte versteuern müssen. Diese Säule zielte ursprünglich auf die Besteuerung der Gewinne digitaler Konzerne ab, ausgenommen werden hier vermutlich Rohstofffirmen und die Finanzindustrie. Dabei blieb unklar, welche Unternehmen in der Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein würden, vermutlich würden es nur einzelne sein, war sich die Presse einig. Regelmässig genannt wurden in den Medien Glencore und Nestlé – sofern die Rohstofffirmen nicht ausgeschlossen werden.
Die zweite Säule der neuen OECD-Unternehmensbesteuerung betraf die Schaffung einer Mindeststeuer für grössere Unternehmen: Zukünftig sollen Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro und einer Gewinnmarge ab 10 Prozent ihre Gewinne in allen Staaten mindestens zu 15 Prozent versteuern müssen. Wenn die Steuern in einem Land unter 15 Prozent liegen, sollen andere Staaten die Steuerdifferenz für die jeweiligen Unternehmen erheben können. Unklar war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch die Ausgestaltung der Mindeststeuer, etwa die Bemessungsgrundlage oder die Definition des steuerbaren Gewinns. Somit blieb auch unklar, wie stark die Schweiz von dieser Regelung tatsächlich betroffen sein wird. Die Medien gingen von etwa 200 bis 300 betroffenen Unternehmen in der Schweiz aus, wobei zusätzlich auch Tochtergesellschaften ausländischer Grossfirmen hinzukommen könnten. 18 Kantone wiesen Ende 2021 einen Steuersatz unter 15 Prozent auf, am geringsten besteuert wurden die Unternehmen im Kanton Zug mit 11.91 Prozent – wobei die Besteuerung in einzelnen Gemeinden gar noch tiefer lag (Meggen LU: 11.3%). Berücksichtigt werden müssen vermutlich aber auch andere Vergünstigungen für Unternehmen, welche beispielsweise im Kanton Zürich den tatsächlichen Steuersatz einzelner Unternehmen auf 11 Prozent senken.

In den Medien führten insbesondere die Pläne für die Mindestbesteuerung zu grosser Resonanz – grösstenteils negativer Art. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft forderten im Gegenzug alternative Unterstützungsmassnahmen für die Schweizer Wirtschaft. Zwar erhöhten die OECD-Regeln die Besteuerung auch in anderen Staaten, diese wiesen jedoch nicht so hohe Lohnkosten auf wie die Schweiz, wurde argumentiert. Entsprechend wurden zum Beispiel Subventionen für Forschung und Entwicklung, für Weiterbildungskosten, Entlastungen der Unternehmen bei den Sozialversicherungen oder Lohnzuschüsse für das Management gefordert. Ergänzend wurde auch darauf hingewiesen, dass andere Standortfaktoren, wie qualifiziertes Personal, Infrastruktur, Rechtssicherheit und flexibles Arbeitsrecht durch diese Reform umso wichtiger würden.
Die Reformvorschläge stiessen jedoch nicht nur auf Kritik. Finanzminister Maurer etwa zeigte sich gelassen und betonte, dass die Schweiz entsprechende Regelungen im Hinblick auf ihre anderen Trümpfe durchaus verkraften könne. Andere Stimmen erachteten die Reform in den Medien überdies als dringend nötig: So fänden gerade die grössten und mächtigsten Unternehmen immer neue Schlupflöcher zur Umgehung der Besteuerung, was mit der Reform zumindest teilweise verhindert werden könne.
Diskutiert wurden in den Medien auch Möglichkeiten zur Umsetzung der Mindestbesteuerung. So könnten die Unternehmen etwa freiwillig auf Vergünstigungen verzichten, um eine Besteuerung von 15 Prozent zu erreichen. Diskutiert wurde auch, ob die Mindestbesteuerung alle Unternehmen treffen solle – also auch KMU – oder nur diejenigen, die von der OECD-Reform betroffen sind. Dabei war zunächst unklar, ob unterschiedliche Steuersätze für KMU und Grosskonzerne verfassungsrechtlich überhaupt möglich sind.

Bereits im Juli 2021 gab der Bundesrat bekannt, sich den Eckwerten zur internationalen Unternehmensbesteuerung anschliessen zu wollen – jedoch nur unter Bedingungen und mit grossen Bedenken. So verlangte er explizit, dass «die Interessen kleiner, innovativer Länder angemessen berücksichtigt und bei der Umsetzung die nationalen Gesetzgebungsverfahren respektiert werden». Entsprechend kritisierte der Bundesrat in der Folge auch den Zeitplan der OECD, der eine Einführung bis 2023 vorsah. Dies sei für die Schweiz aufgrund der direkten Demokratie nicht umsetzbar, betonte die Regierung. Im Januar 2022 gab der Bundesrat bekannt, die Mindestbesteuerung mit einer Verfassungsänderung umsetzen und die Details basierend darauf in einer temporären Verordnung regeln zu wollen. Dies erlaube eine Inkraftsetzung der Änderungen auf den 1. Januar 2024 – anschliessend könne man «auf dem ordentlichen Weg» ein Gesetz dazu erlassen.

Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (OECD-Mindestbesteuerung; BRG 22.036)