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Noch bevor der Abstimmungskampf zur Änderung der direkten Bundessteuer zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, über die im Mai 2020 hätte abgestimmt werden sollen, richtig begonnen hatte, gab der Bundesrat im März 2020 bekannt, die Abstimmung aufgrund des Corona-bedingten Lockdowns auf September 2020 zu verschieben.
Die Abstimmungsvorlage umfasste zwei Aspekte: einerseits die im Titel aufgeführte Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs von CH 10'000 auf CHF 25'000, andererseits die der Vorlage von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit hinzugefügte Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000. Im Zentrum der Abstimmungskampagne stand der zweite Aspekt, die Erhöhung des Kinderabzugs, wobei dieselbe Frage die Diskussion dominierte, die schon im Rahmen der Parlamentsdebatte im Mittelpunkt gestanden hatte: Wer profitiert von den Kinderabzügen? Zur Beantwortung dieser Frage stützten sich beide Seiten auf die Daten der ESTV, welche Finanzminister Maurer in der Parlamentsdebatte präsentiert hatte.
Die Befürworterinnen und Befürworter stellten den Nutzen der Vorlage für den Mittelstand in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. «Der Mittelstand profitiert», warb etwa die CVP auf ihrer Internetseite. Stütze man sich auf die Definition des BFS für «Mittelstand», erhalte der Mittelstand 49 Prozent der Ermässigungen, argumentierte Marianne Binder-Keller gegenüber dem Sonntagsblick. Gegen diese Darstellung wehrten sich die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage: Der (obere) Mittelstand profitiere zwar auch, in erster Linie nütze die Vorlage aber vor allem den Gutverdienenden, kritisierten sie: Je höher das Einkommen, desto grösser sei der Spareffekt. 70 Prozent der Gesamtentlastung kämen so den 15 Prozent der Familien mit den höchsten Löhnen zu, während 45 Prozent der Familien keine Entlastung erfahren würden, da sie keine Bundessteuern bezahlten. Gar als «Klientelpolitik» bezeichnete etwa das liberale Komitee, vor allem bestehend aus Mitgliedern der GLP, die Vorlage. Noch einseitiger sei die Verteilung schliesslich, wenn nicht nur die Familien, sondern alle Haushalte, also auch die Alleinstehenden und die kinderlosen Paare, die ja ebenfalls von den Steuerausfällen betroffen wären, berücksichtigt würden, betonte überdies Jacqueline Badran (sp, ZH). Berücksichtige man diese ebenfalls, profitierten lediglich sechs Prozent aller Haushalte von 70 Prozent der Steuerausfälle. Man lasse jedoch den Mittelstand im Glauben, dass er von der Vorlage profitiere, indem in der Debatte sowie im Abstimmungsbüchlein jeweils das steuerbare Einkommen aufgeführt werde. Dies sei «total irreführend» (Badran gemäss Blick), da niemand die Höhe seines persönlichen steuerbaren Einkommens kenne. Die ESTV begründete die Verwendung des steuerbaren Einkommens jedoch damit, dass sich der tatsächliche Steuerbetrag beim Bruttoeinkommen zwischen verschiedenen Personen stark unterscheiden könne.
Obwohl die Befürworterinnen und Befürworter immer betonten, dass die Mehrheit der Familien profitiere, gab zum Beispiel Philipp Kutter (cvp, ZH), der die Erhöhung der Kinderabzüge im Nationalrat eingebracht hatte, in einem Interview gegenüber der NZZ unumwunden zu, dass die Vorlage auch eine Steuersenkung für Gutverdienende beinhalte: Über den Steuertarif seien allgemeine Steuersenkung für Gutverdienende «chancenlos», mehrheitsfähig sei einzig der «Weg über die Kinderabzüge».

Nicht nur der Mittelstand, sondern auch die Familien standen im Zentrum der Vorlage. Diese müssten endlich unterstützt werden, betonte Philipp Kutter, was mithilfe der aktuellen Vorlage möglich sei: 60 Prozent aller Familien könnten von einer Erhöhung des Kinderabzugs profitieren. Dem entgegnete etwa die NZZ, dass die Familien in den letzten Jahren stark entlastet worden seien (v.a. durch die Reduktion der Bundessteuer für Haushalte mit Kindern), deutlich stärker zumindest als Kinderlose. Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) befürwortete indes insbesondere, dass durch die aktuelle Vorlage alle Familienmodelle unabhängig der Betreuungsform entlastet würden. Die Gesellschaft habe als Ganzes ein Interesse daran, dass die Leute Kinder bekommen, ergänzte Kutter. Familiäre Strukturen seien für die Gesellschaft wichtig, überdies sei man dadurch weniger auf Zuwanderung angewiesen, die ja ebenfalls teilweise auf Ablehnung stosse. Demgegenüber wurde in der NZZ die Frage diskutiert, ob Kinderabzüge überhaupt gerechtfertigt seien. So könne man es als private Konsumentscheidung ansehen, Kinder zu haben; in diesem Falle würden Kinderabzüge der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit widersprechen. Es gäbe aber einen politischen Konsens, dass das Steuerrecht Kinderkosten berücksichtigen solle. Die Entscheidung, wie diese Unterstützung erfolgen solle (durch degressiv wirkende Kinderabzüge, neutral wirkende Abzüge vom Steuerbetrag oder durch progressiv wirkende Kinderzulagen zum Erwerbseinkommen), sei dann eine weitere, umverteilungspolitische Entscheidung.

Ein weiteres Argument der Gegnerinnen und Gegner der Erhöhung des Kinderabzugs lag in den daraus folgenden hohen Kosten: Die Vorlage verursache voraussichtlich fast 40mal höhere Kosten, als für die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs geplant worden war, und übertreffe damit auch die Kosten der medial deutlich umstritteneren Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs. Dadurch sei zukünftig weniger Geld für andere, sinnvollere Projekte vorhanden, argumentierten sie. SP, Grüne und die Kritikerinnen und Kritiker der Vorlage aus der FDP stellten dabei insbesondere die Individualbesteuerung in den Mittelpunkt. Dieser sprachen sie eine deutlich grössere Wirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen zu als den Drittbetreuungsabzügen. Da sie aber ebenfalls zu hohen Steuerausfällen führen würde, befürchteten sie, dass die Abschaffung der Heiratsstrafe bei Annahme der aktuellen Vorlage auf die lange Bank geschoben würde, weil kein Geld mehr vorhanden wäre. Verstärkt wurde dieses Argument durch die hohen Kosten zur Bewältigung der Corona-Pandemie: Hatte der Bundesrat während der Budgetdebatte fürs Jahr 2020 noch mit einem Überschuss von CHF 344 Mio. gerechnet, wurde jetzt ein Defizit über CHF 20 Mrd. erwartet. Die Medien vermuteten von diesem Defizit nicht nur Auswirkungen auf die Vorlage zum Drittbetreuungs- und zum Kinderabzug, sondern auch auf die gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen zu den Kampfflugzeugen und über den Vaterschaftsurlaub. «Angesichts enormer Zusatzlasten kann sich unsere Gesellschaft erst recht keine Steuergeschenke mehr leisten, die nichts bringen», argumentierte etwa GLP-Nationalrat Thomas Brunner (glp, SG). Das sahen die Befürwortenden anders, Philipp Kutter etwa betonte: «Das wird den Bund nicht umbringen».

Schliesslich waren sich Befürwortende und Gegnerschaft nicht einig, inwiefern das ursprüngliche Ziel der Vorlage, die Förderung der Beschäftigung hochgebildeter Personen, insbesondere von Frauen, durch die Ergänzung der Kinderabzüge gefördert wird. Raphaela Birrer argumentierte im Tages-Anzeiger, dass die Erhöhung der Kinderabzüge die Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit verstärke. In einer Studie zur Wirkung der beiden Abzüge (Kinderabzug und Drittbetreuungsabzug) auf die Erwerbstätigkeit bestätigte Avenir Suisse diesen Effekt nur bedingt: Zwar senkten beide Abzüge den Grenzsteuersatz (also die Besteuerung von zusätzlichem Einkommen) und förderten damit die Erwerbstätigkeit, jedoch sei der entsprechende Effekt des Kinderabzugs gering. Zudem senke er auch den Grenzsteuersatz von Einverdienerhaushalten, wodurch die Erwerbstätigkeit von Frauen nicht gesteigert werde. Von der Erhöhung des Betreuungskostenabzugs sei hingegen ein deutlich stärkerer Effekt auf die Erwerbstätigkeit zu erwarten, damit könne der Anreiz des aktuellen Steuersystems für Zweitverdienende, nicht oder nur wenig zu arbeiten, gemildert werden. Die GLP stellte entsprechend insbesondere diesen Aspekt in den Mittelpunkt und sprach von einer Mogelpackung, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Erhöhung des Kinderabzugs nicht verbessert werde. Nationalrätin Christa Markwalder (fdp, BE), die sich ebenfalls im liberalen Komitee engagierte, reichte im Juni 2020 eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 20.455) ein, mit der sie das Originalanliegen der Vorlage, also den Drittbetreuungsabzug, erneut aufnahm. Damit sollte dieser bei einer Ablehnung der Vorlage möglichst schnell verwirklicht werden können.
Die Frage, ob die Vorlage Anreize zur Erhöhung der Erwerbstätigkeit beinhalte oder nicht, hatte aber noch eine zweite Komponente. So störte sich die Weltwoche überhaupt daran, dass das Steuerrecht «für alle möglichen Zwecke instrumentalisiert» werde. Es sei nicht dafür da, «bestimmte Lebensmodelle zu fördern», argumentierte Katharina Fontana. Zudem sei es unmöglich, Steuergerechtigkeit herzustellen, zumal sich niemand jemals gerecht besteuert fühle.

Bezüglich der Komitees gibt es weniger zu sagen. Auf der Befürworterseite der Vorlage standen insbesondere die CVP und die SVP. Ja-Parolen gaben auch die BDP, EVP und die FDP.Liberalen aus, unterstützt wurden sie vom Gewerbeverband. Die Medien interessierten sich indes insbesondere für die Position der Freisinnigen, zumal sie die Vorlage im Parlament anfangs bekämpft, ihr mit ihrem Meinungswandel dann aber zum Durchbruch verholfen hatten. Nun wolle sich die Partei nicht an der Kampagne beteiligen, so die WOZ, zumal sie intern gespalten war: Einzelne Personen, darunter Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) und Nationalrätin Christa Markwalder, sprachen sich gegen die Vorlage aus und beteiligten sich gar am liberalen Nein-Komitee. Dieses setzte sich insbesondere aus Mitgliedern der GLP zusammen und kämpfte vor allem dagegen, dass die «Mogelpackung» viel koste, aber keine oder gar negative Auswirkungen hätte. Damit würden «keine Anreize für arbeitstätige Elternteile geschaffen», betonte Kathrin Bertschy (glp, BE). Auf linker Seite kämpften vor allem die SP und die Grünen, welche die Unterschriften für das Referendum gesammelt hatten, für ein Nein. Unterstützt wurden sie von den Gewerkschaften, aber auch Avenir Suisse sprach sich gegen die Kinderabzüge aus. Stimmfreigabe erteilten hingegen unter anderem die FDP Frauen. Sie befürworteten zwar den Drittbetreuungsabzug, störten sich aber an den hohen Kosten des Kinderabzugs, durch den das wichtigere Projekt der Individualbesteuerung weiter hinausgeschoben werde. Auch der Arbeitgeberverband entschied sich für Stimmfreigabe, nachdem er das Projekt im Parlament noch bekämpft hatte, da es «kaum zu einer stärkeren Arbeitstätigkeit der Eltern beitrage», wie der Blick berichtete. Dasselbe geschah mit Economiesuisse, der das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Vorlage anfangs zu wenig ausgewogen gewesen sei. Der Sonntags-Blick vermutete, dass sich die Verbände nicht zu einer Nein-Parole hätten durchringen können, da das Referendum «aus dem falschen politischen Lager» stammte. Interessant war für die Medien schliesslich auch die Position des Bundesrates, insbesondere von Finanzminister Maurer. Dieser hatte die Vorlage im Parlament mit deutlichen Worten bekämpft, vertrat nun aber – wie im Gesetz für politische Rechte geregelt – die Position des Parlaments. Ersteres hatte er so gut getan, dass sich auch die NZZ nicht sicher war, ob er denn nun die Vorlage persönlich befürworte, wie seine Partei, oder sie ablehne.

Der Abstimmungskampf zur Vorlage verlief ungemein schwach. So stand sie deutlich im Schatten der Corona-Pandemie sowie der anderen vier Vorlagen. Sie wurde gemäss Analysen vom Fög und von Année Politique Suisse einerseits nur sehr schwach in Zeitungsinseraten beworben und andererseits auch in den Medien vergleichsweise selten thematisiert. Die briefliche Stimmabgabe deutete anfänglich auf mässiges Interesse am Super-Sonntag hin, wie der Abstimmungstag mit fünf Vorlagen in den Medien genannt wurde. Die SP schaltete sieben kurze Animationsfilme und gab ein Comic-Heftchen zu den Filmen aus, um zu verhindern, dass die Vorlage untergeht. Die ersten Vorumfragen Mitte August 2020 zeigten dann auch, dass die Meinungsbildung zur Vorlage noch nicht weit fortgeschritten war. Auf diese Tatsache wurde in den entsprechenden Berichten das Zwischenergebnis, wonach die Sympathisierenden von SP und Grünen die Vorlage mehrheitlich befürworteten, zurückgeführt. Besserverdienende gaben zu diesem Zeitpunkt an, der Vorlage eher zuzustimmen. Christian Levrat (sp, FR) hoffte, diese Personen durch die Kampagne noch umstimmen zu können. Die erste Tamedia-Umfrage ergab insgesamt eine Zustimmung («dafür» oder «eher dafür») von 55 Prozent und eine Ablehnung von 37 Prozent, während die SRG-Vorumfrage mit 51 Prozent zu 43 Prozent zu ähnlichen Ergebnissen kam. Diese Zahlen kehrten sich bis zum Termin der letzten Welle Mitte September um: Die Tamedia-Umfrage ergab eine Zustimmung von 46 Prozent und eine Ablehnung von 51 Prozent, die SRG-Umfrage eine von 43 Prozent zu 52 Prozent. Bei den Sympathisierenden von SP und Grünen war die Zustimmung vom ersten zum zweiten Termin gemäss SRG-Umfragen um 19 respektive 14 Prozentpunkte gesunken, bei den Sympathisierenden der GLP ebenfalls um 12 Prozentpunkte. Bei den übrigen Parteien nahm sie ebenfalls leicht ab.

Das Resultat der Abstimmung zur Änderung der direkten Bundessteuer über die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten war schliesslich deutlicher, als die Vorumfragen und die Ausgangslage viele Kommentatorinnen und Kommentatoren hatten vermuten lassen: Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnte das Stimmvolk die Vorlage mit einer vergleichsweise hohen Stimmbeteiligung von 59.2 Prozent deutlich ab. Dieses Nein lasse jedoch einigen Interpretationsspielraum, betonten die Medien. So gab es zwischen den Kantonen doch beträchtliche Unterschiede: Am kritischsten zeigte sich die Stimmbevölkerung im Kanton Appenzell-Ausserrhoden (28.1%), gefolgt von denjenigen in Appenzell-Innerrhoden (29.3%) und Bern (29.5%), am höchsten lag die Zustimmung im Tessin (52.0%) und in Genf (50.1%), beide Kantonsbevölkerungen hätten die Vorlage angenommen. Allgemein wurde gemäss BFS ersichtlich, dass die italienischsprachige (52.0%) und die französischsprachige Schweiz (48.5%) der Vorlage deutlich mehr abgewinnen konnten als die Deutschschweiz. Kaum Unterschiede waren zwischen Stadt und Land erkennbar: Die ländlichen Regionen (35.3%) lehnten die Vorlage ähnlich stark ab wie die Kernstädte (35.8%). Das Resultat könne nicht mit dem Links-Rechts-Schema erklärt werden, betonte die NZZ. Stattdessen seien vor allem die persönliche Einstellung zur Familienpolitik und zur Rolle des Staates relevant gewesen. Die externe Kinderbetreuung würde in der Romandie stärker akzeptiert und durch den Staat stärker unterstützt als in der Deutschschweiz, betonte denn auch CVP-Ständerätin Marianne Maret (cvp, VS) gegenüber der NZZ. Entsprechend habe in der Westschweiz vor allem der Drittbetreuungsabzug im Mittelpunkt gestanden, während in der Deutschschweiz hauptsächlich über den Kinderabzug diskutiert worden sei, stellte SP-Nationalrätin Franziska Roth (sp, SO) fest. Eine zu späte Kampagne in der Romandie machte schliesslich SP-Nationalrat Roger Nordmann für den hohen Anteil Ja-Stimmen in der französischsprachigen Schweiz verantwortlich. Christian Levrat erachtete das Ergebnis insgesamt als Absage des Volkes an die bürgerliche Steuerpolitik und als Ausblick auf andere bürgerliche Projekte zur Abschaffung der Stempelabgabe, der Industriezölle, des Eigenmietwerts oder der Heiratsstrafe. Stattdessen müssten nun Familien mit tiefen und mittleren Einkommen entlastet werden, insbesondere durch die Senkung der Krankenkassenprämien und die kostenlose Bereitstellung von Kita-Plätzen. Philipp Kutter wollte die Entlastung von Familien weiterverfolgen und plante anstelle des Kinderabzugs einen Abzug vom Steuerbetrag. Dass neben der Erhöhung des Kinderabzugs auch die Erhöhung des Drittbetreuungsabzugs gescheitert war, erachtete Christa Markwalder nicht als entmutigend und setzte auf ihre eingereichte parlamentarische Initiative. Anders als bei der ersten Behandlung des Themas im Nationalrat, als sich die SP- und die Grüne-Fraktion gegen Eintreten ausgesprochen hatten, kündigte Christian Levrat an, die parlamentarische Initiative zu unterstützen. Dies sei aber nur ein erster Schritt, zusätzlich brauche es auch Lösungen, die sich für die Mehrheit der Bevölkerung auszahlten.


Abstimmung vom 27. September 2020

Beteiligung: 59.2%
Ja: 1'164'415 (36.8%)
Nein: 2'003'179 (63.2%)

Parolen:
- Ja: BDP (1*), CVP, EVP (1*), FDP (1*), SVP; SGV
- Nein: EDU, GLP (1*), GPS, PdA, SD, SP; SGB, SSV, Travail.Suisse, VPOD
- Stimmfreigabe: Economiesuisse, SAV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Bereits am folgenden Tag setzte sich der Ständerat mit dem Nachtrag I zum Voranschlag 2020 und den dazugehörigen Nachmeldungen auseinander und auch in der kleinen Kammer ging die Verwendung der Superlative weiter. Dabei hatte der Ständerat über zwei neue Anträge seiner Finanzkommission zu entscheiden: Die FK-SR schlug einen Kredit über CHF 67 Mio. zur Unterstützung des Tourismus sowie einen Kredit über CHF 50 Mio. zur Übernahme eines Anteils an bestimmten Geschäftsmieten vor, obwohl die entsprechende Gesetzesgrundlage für die Unterstützung im Tourismus wie auch bei den Geschäftsmieten noch geschaffen werden musste. Der Kredit für den Tourismus beruhe auf zwei unterschiedlichen Anträgen, erklärte Kommissionspräsident Hegglin (cvp, ZG). CHF 27 Mio. seien als Ersatz für die wegfallenden Tourismusabgaben vorgesehen, mit CHF 40 Mio. solle in den nächsten drei Jahren eine Werbekampagne für den Schweizer Tourismus geführt werden. Damit wolle man die ausländischen Touristen von Ferien in der Schweiz überzeugen, ergänzte Christian Levrat (sp, FR). Bundesrat Maurer kritisierte, dass das Geld gemäss diesem Vorschlag nicht in der Schweiz bleibe, sondern «irgendwelchen Werbebüros und Plakat- und Werbeagenturen irgendwo in China» zugutekomme. Er bat deshalb den Rat darum, ein entsprechendes Unterstützungsprojekt des Bundesrates für den Tourismus abzuwarten, das dann tatsächlich den Schweizer Unternehmen im Tourismusbereich zugute käme. Hans Wicki (fdp, SR) wehrte sich gegen diese Darstellung des Finanzministers und wies als Mitglied eines Steering Committee von Tourismus Schweiz daraufhin, dass die Werbekampagne für das Jahr 2021 bereits in diesem Sommer geplant und Zahlungsverpflichtungen eingegangen werden müssten. Damit wolle man auch nicht in China, sondern in der Schweiz Werbung machen. Nicht nur der Bundesrat, auch eine Minderheit Knecht (svp, AG) lehnte den entsprechenden Antrag der Kommissionsmehrheit mit Verweis auf die bereits existierenden Fördergelder für den Schweizer Tourismus ab. Dennoch sprach sich der Ständerat mit 33 zu 5 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) für den Mehrheitsantrag aus.
Bei den Geschäftsmieten beantragte die Kommission CHF 50 Mio. Diese Zahl komme zustande, indem man von 15'000 betroffenen Mietverhältnissen, einer durchschnittlichen relevanten Miete von CHF 7'800 und einer durchschnittlichen Einschränkung von 1.5 Monaten ausgehe, erklärte Hegglin für die Kommission. Diese Schätzungen wiederum beruhten auf dem ursprünglichen Vorschlag der WAK-SR, wonach Geschäftsmieten bis zu CHF 5'000 pro Monat erlassen und Geschäftsmieten ab CHF 5'000 von Mietenden, Vermietenden und Bund zu je einem Drittel übernommen werden sollten. Auch dagegen wehrte sich eine Minderheit Knecht, deren Sprecher betonte, dass durch eine entsprechende Regelung Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit nicht mehr gewährleistet seien, die Regelung zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde und erhebliches Missbrauchspotenzial bestehe. Christian Levrat kritisierte die Minderheit hingegen dafür, dass sie die Entscheidung des Vorabends angreife, aber im Rahmen der Nachtragsdiskussion keine finanzpolitischen Begründungen dafür liefere. «Wir machen uns lächerlich, wenn wir an einem Montagabend um 22 Uhr eine Regelung verabschieden und am Dienstagmorgen um 11 Uhr die Finanzierung dieser Regelung ablehnen», warb er für Annahme des Mehrheitsantrags. Mit 26 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Rat für den Kredit zu den Geschäftsmieten aus. Ob dieser überhaupt fällig werden würde, war jedoch unklar: Die WAK-NR hatte die entsprechende Motion zur Grundlage der Übernahme der Geschäftsmieten in der Zwischenzeit verworfen und sich für einen eigenen Vorschlag stark gemacht.
Eine weitere Differenz zum Erstrat schlug die FK-SR beim Kredit für die Institutionen zur Kinderbetreuung vor: Statt der vom Nationalrat vorgesehenen CHF 100 Mio. sollten nur CHF 65 Mio. für die Kinderbetreuung gesprochen werden. Diese Differenz stamme daher, dass der Bund ursprünglich 50 Prozent der entgangenen Elternbeiträge übernehmen sollte, nun seien es aber mindestens ein Drittel, erklärt Eva Herzog (sp, BS). Da der Bund mit der Kultur und dem Sport zwei Bereiche unterstütze, die ebenfalls Sache der Kantone seien, ziehe das Föderalismusargument diesbezüglich nicht, nahm sie die Kritik an der Finanzhilfe für die Kinderbetreuung vorweg. Dem widersprach in der Folge der Finanzminister, der auf das Sportförderungsgesetz und das Kulturförderungsgesetz als Grundlage für die entsprechenden Unterstützungskredite hinwies. Er bat folglich um Zustimmung zur Minderheit Salzmann (svp, BE), die auf diesen Betrag verzichten wollte. Mit 25 zu 15 Stimmen (bei 1 Enthaltung) beharrte der Rat jedoch auf der Unterstützung für die Kinderbetreuung und stimmte dem Vorschlag der FK-SR zu.
Kaum Neuerungen gab es bei den übrigen Kreditposten. Eine weitere Minderheit Knecht beantragte, unter Anführung derselben Argumentation wie tags zuvor die Minderheit Guggisberg (svp, BE) in der grossen Kammer, die Soforthilfe für Kulturschaffende zu streichen und die Ausfallentschädigungen im Kulturbereich zu reduzieren. Beide Anträge lehnte der Rat ab. Dabei wurde auf eine Auszählung der Stimmen verzichtet: Wie Ständeratspräsident Stöckli (sp, BE) zuvor angekündigt hatte, beschränkten sich die Stimmenzählenden aufgrund des klaren Resultats auf das Feststellen eines offensichtlichen Mehrs.
Schliesslich bestätigte der Ständerat auch die Kredite für die Luftverkehrsunternehmen (CHF 1.275 Mrd.) und die flugnahen Betriebe (CHF 600 Mio. Verpflichtungskredit und CHF 600 Mio. Nachtragskredit), Ersteres entgegen einer Minderheit Thorens Goumaz (gp, VD), die aus ökologischen Gründen auf den Luftverkehrskredit verzichten wollte: Man dürfe nun im Flugverkehrsbereich nicht zur alten Normalität zurückkehren, sondern müsse die Fluggesellschaften zum Handeln verpflichten, bevor man die entsprechenden Kredite gewähre. Es seien schliesslich nicht diese zwei Fluggesellschaften systemrelevant, sondern «c'est le climat qui est d'importance systémique». Mit 30 zu 5 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Rat jedoch deutlich für die zwei Kredite aus. Hingegen nahm der Ständerat bei den Rahmenbedingungen der Kreditverwendung eine Änderung vor, indem er sich sowohl bei den Luftverkehrsunternehmen als auch bei den flugnahen Betrieben gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Klimaziele des Bundesrates und zur Rückerstattung der durch Reisebüros bezahlten Flüge aussprach, diesen stattdessen jedoch die Suche nach sozialverträglichen Lösungen mit den Sozialpartnern im Falle eines Personalabbaus vorschreiben wollte.

Nachtrag I zum Voranschlag 2020 (BRG 20.007)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

Wie angekündigt begann die SP kurze Zeit nach der parlamentarischen Schlussberatung mit der Unterschriftensammlung für das Referendum gegen die Erhöhung des Kinderabzugs. Die Partei wehrte sich dagegen, dass zukünftig CHF 10'000 statt wie bisher CHF 6'500 pro Kind von den Steuern abgezogen werden können. Von diesem «Reichenbonus» würden Alleinerziehende respektive Eltern mit zwei Kindern erst ab einem Jahreseinkommen von CHF 100'000 respektive CHF 120'000 profitieren, den Maximalbetrag erreiche man erst ab CHF 200'000 respektive 300'000, betonten Exponentinnen und Exponenten der Partei. Bei einem Jahreseinkommen von CHF 100'000 zahle man jährlich CHF 90 bis 210 weniger Steuern, bei einem Einkommen von CHF 150'000 CHF 168 bis 490 weniger und ab einem Einkommen von CHF 200'000 CHF 910. So kämen entsprechend 70 Prozent der Entlastung den 15 Prozent der Familien mit den höchsten Einkommen zu Gute. «Die, die jetzt entlastet werden, merken nicht einmal, dass sie entlastet werden», kritisierte etwa Anita Fetz (sp, BS) die Massnahme. Stattdessen könnten für dieselben Kosten von CHF 350 Mio. die Prämienverbilligungen um über 10 Prozent aufgestockt werden. Dieser Kritik hatte Finanzminister Maurer in der Parlamentsdebatte beigepflichtet: 85 Prozent aller Familien würden kaum oder gar nicht von der Änderung profitieren. «Das ist eine Steuerentlastung für höhere Einkommen. Das kann man wollen, aber dann darf man das nicht als Familienvorlage verkaufen», betonte er. Diese Kritik liess Beat Walti (fdp, ZH) gegenüber der NZZ nicht gelten: Zwar profitierten die Familien von Gutverdienenden von dieser Änderung, sie bezahlten aber auch den Grossteil der Steuern – 44 Prozent der Familien mit Kindern bezahlen keine Bundessteuer – und trügen dadurch eine erhebliche Abgabenlast mit einer Grenzbelastung gegen 50 Prozent. Wenn man schon die Progression nicht ändern könne, müsse man halt die Abzüge erhöhen.
Mit dem Hauptargument des «Reichenbonus» machte sich die SP Schweiz zusammen mit den Grünen an die Unterschriftensammlung. Unterstützt wurden sie gemäss Medien ab Ende November von einem liberalen Nein-Komitee – hauptsächlich bestehend aus Mitgliedern der GLP und einzelnen Jungfreisinnigen. Dieses kritisierte die Erhöhung des Kinderabzugs als «Herdprämie» oder als «Konkubinatsstrafe». Ursprünglich habe die Vorlage dazu gedient, die Arbeitsanreize für gutverdienende Frauen zu erhöhen. Dadurch dass nun die Kinderabzüge aber für alle Familien erhöht würden, würden die Arbeitsanreize von Frauen mit mehreren Kindern verringert, kritisierte etwa Kathrin Bertschy (glp, BE) die Änderung. Durch die Unterstützung von Einverdiener-Haushalten – neben anderen Haushaltsformen – würde auch ein konservatives Familienbild gestärkt. Unterstützung erhielten die Referendumsführenden dabei auch von Avenir Suisse. Deren Forschungsleiter Marco Salvi betonte gegenüber der Presse, dass ein Zielkonflikt zwischen finanzieller Entlastung der Familien und Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestehe und diese Vorlage nur wenig zur Stärkung der Vereinbarkeit beitrage – und allenfalls sogar kontraproduktiv sei. Die Experten der Steuerverwaltung erwarteten gemäss Medien aufgrund sich gegenseitig aufhebender Effekte auch «keinen nennenswerten Einfluss» auf die Arbeitsanreize von Zweitverdienenden.
Zwar zeigten sich auch die Kantone nicht erfreut über die Vorlage, zumal sie diese CHF 70 Mio. pro Jahr kosten würde, ohne dass sie zuvor in einer Vernehmlassung die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Meinung zu der Erhöhung der Kinderabzüge kundzutun. Dennoch wollten sie sich nicht an einem Referendum beteiligen.

Am 14. Januar 2020 reichte die SP nach eigenen Angaben 60'000 beglaubigte Unterschriften ein, was die NZZ als «Machtdemonstration» der Partei verstand, die «scheinbar mühelos» ein Referendum zustandegebracht habe. Parteipräsiedent Levrat (sp, FR) betonte denn auch gegenüber dem Blick, dass man das Referendum aus eigener Kraft zustande gebracht habe. Ende Januar bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen des Referendums mit 53'088 gültigen Unterschriften.

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Nach seiner Rückweisung des Bundesgesetzes über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen an die Kommission in der Frühjahrssession 2019 behandelte der Ständerat das entsprechende Gesetz in der Wintersession desselben Jahres erneut. Offen sei nur noch eine – jedoch eine gewichtige – Differenz, betonte Kommissionssprecher Bischof (cvp, SO). Diesbezüglich habe die Kommissionsmehrheit entschieden, die zuvor vom Ständerat als unklar kritisierte Klausel zum guten Glauben zu präzisieren. So wolle die Kommissionsmehrheit Bussen weiterhin in zwei Ausnahmefällen für abzugsfähig erklären, nämlich wenn der Ordre-public-Vorbehalt verletzt sei oder wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen könne, dass es «alles Zumutbare unternommen hat, um sich [nach ausländischem Recht] rechtskonform zu verhalten». Ob dies der Fall gewesen sei, müsse das Unternehmen in einem Steuerverfahren und, wenn die Steuerbehörde dies bestreite, in einem Nachverfahren darlegen. Die Beweislast läge somit beim steuerpflichtigen Unternehmen, sie müsse aber keinen Vollbeweis erbringen; eine Glaubhaftmachung genüge. Eine Minderheit Hefti (fdp, GL) hielt eine Präzisierung des Begriffs für unnötig und beantragte die vorherige Formulierung zur Annahme. Kurz vor der Abstimmung zog Thomas Hefti jedoch seinen Antrag zurück. Die zweite Minderheit Levrat (sp, FR) beantragte, dem Bundesrat zu folgen und auf eine Abzugsfähigkeit zu verzichten. Letzterem Antrag pflichtete auch Finanzminister Maurer bei, der auf eine grössere Rechtssicherheit beim bundesrätlichen Vorschlag und auf mögliche Vollzugsprobleme beim Mehrheitsantrag hinwies.
Mit 26 zu 14 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsantrag und die neue Formulierung der Kommission aus.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (BRG 16.076)
Dossier: Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen

In der Wintersession 2019 behandelte der Ständerat als Erstrat den Voranschlag 2020. Hannes Germann (svp, SH) stellte die Vorlage im Namen der Kommission vor. Er bezeichnete die Budgetsituation als positiv, zumal trotz STAF und allgemein starkem Ausgabenwachstum dank der Dynamik bei der direkten Bundessteuer und den Verrechnungssteuern ein Überschuss erwartet werde. Er verwies auf die Nachmeldung des Bundesrates vom 27. September 2019, in der dieser eine Nachzahlung von Genossenschaftsbeiträgen an die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle in der Höhe von CHF 158 Mio. beantragt hatte. Nach einem Überblick stellte er die Mehrheitsanträge der FK-SR kurz vor, die gegenüber der Bundesratsvorlage Mehrausgaben von CHF 122.3 Mio. mit sich bringen würden. In der Folge diskutierte der Ständerat ausschliesslich über diese Kommissionsanträge.
Die Erhöhung der Unterstützung von Organisationen im Bereich der ausserschulischen Kinder- und Jugendförderung um CHF 4 Mio. auf CHF 14 Mio. lehnte Bundesrat Maurer als Bagatellsubvention ab; die Gewährung solcher sei aber nicht Aufgabe des Bundes, erklärte er. Peter Hegglin (cvp, ZG) betonte hingegen, dass sich der Bund seit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes im Jahr 2013 jährlich mit CHF 10 Mio. an diesen Organisationen beteilige. Da sich die Zahl der Anspruchsgruppen seither stetig vergrössert habe, die Beträge des Bundes jedoch gleich geblieben seien, seien die Beiträge an die einzelnen Organisationen um fast 40 Prozent gesunken. Mit 27 zu 13 Stimmen folgte die kleine Kammer der Kommission in diesem Punkt.
Diskussionen gab es ansonsten nur noch bezüglich der Bildungsausgaben. Hier beabsichtigte die Kommissionsmehrheit eine Erhöhung des Finanzierungsbeitrags an die ETH (+CHF 30 Mio.), der Beiträge für die berufliche Bildung (+CHF 15 Mio.), der Grundbeiträge an die Universitäten (+CHF 20 Mio.) und die Fachhochschulen (+CHF 15 Mio.), der Ausbildungsbeiträge (+CHF 764'100), der Finanzhilfen für WeBiG (+CHF 200'300), der Beiträge für die Institutionen der Forschungsförderung (+CHF 15 Mio.) sowie der Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung (+CHF 3.1 Mio.). Damit nehme man wie bereits im Voranschlag 2019 Bezug auf die BFI-Botschaft 2017-2020, wobei die darin beschlossenen Ausgaben später um 3 Prozent reduziert worden waren, um die Kostenbremse einhalten zu können, erklärte Erich Ettlin (cvp, OW) für die Kommission. Da es die Finanzlage des Jahres 2020 erlaube, wolle man hier zu den ursprünglichen Beträgen zurückkehren, nicht aber in den Finanzplanjahren, dort müsse man dies in den jeweiligen Voranschlägen neu diskutieren. Eine Minderheit Hefti (fdp, GL) beantragte, dem Bundesrat zu folgen und auf die Erhöhungen zu verzichten. Der Bund schenke dem Bildungsbereich – richtigerweise – bereits genügend Aufmerksamkeit, die entsprechenden Ausgaben würden von CHF 7.7 Mrd. (2018) auf voraussichtlich CHF 8.6 Mrd. (2023) ansteigen, argumentierte Hefti. Weitere, «giesskannenartige» Erhöhungen sollten nicht zum Gewohnheitsrecht werden. Auch Finanzminister Maurer lehnte die Erhöhung ab. Man habe damals die nicht eingetretene Teuerung überall herausgerechnet, wie es das Parlament später im Rahmen der Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) bestätigt habe, einzig den Bildungsbereich nehme das Parlament immer wieder von dieser Änderung aus. Dennoch sprach sich der Ständerat deutlich für die verschiedenen Erhöhungen aus.
Den übrigen Anträgen der Kommission folgte der Rat ohne grössere Diskussionen: Für die finanzielle Unterstützung von Selbsthilfeprojekten bezüglich der Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen beantragte die Kommission eine Budgeterhöhung von CHF 150'000 auf CHF 2 Mio. sowie eine Fortsetzung in den Finanzplanjahren. Da im Parlament noch verschiedene Vorstösse für eine Fristverlängerung zur Gesuchseinreichung für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen hängig seien und der Bundesrat Empfehlungen einer unabhängigen Expertenkommission «Administrative Versorgung» prüfe, solle dieser Betrag als Spielraum für solche Projekte geschaffen werden, erklärte Christian Levrat (sp, FR) für die Kommission. Mit 27 zu 13 Stimmen sprach sich der Ständerat für diese Erhöhung aus. Im Sportbereich erhöhte er einstimmig die Kredite für Sportverbände und andere Organisationen (+CHF 10 Mio.), für nationale Sportanlagen (+CHF 5 Mio.) und für Wertberichtigungen im Transferbereich (+CHF 5 Mio.) in Voranschlag und Finanzplan, um den «Zeitraum bis zum frühestens für 2022 vorgesehenen Inkrafttreten des nächsten Nationalen Sportanlagenkonzepts zu überbrücken», wie Hannes Germann zuvor für die Kommission erklärt hatte. Den Kredit für Schweiz Tourismus erhöhte der Rat zur Umsetzung des vom Parlament gefassten Beschlusses zur Wirtschaftsförderung um CHF 2.375 Mio. Einstimmig nahm der Ständerat in der Folge den Bundesbeschluss Ia über den Voranschlag für das Jahr 2020 an.
Einen Änderungsantrag stellte die Kommission noch für den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2020: Hier beabsichtigte sie, die Aufstockung bei den Institutionen der Forschungsförderung dem Schweizerischen Nationalfonds zukommen zu lassen, während die Minderheit Hefti diese Vorschrift genauso ablehnte wie die Erhöhung selbst. Einstimmig nahm der Ständerat die Änderung an. Der Bundesbeschluss II über den Finanzplan für die Jahre 2021-2023 bedarf keiner Gesamtabstimmung, hingegen stimmte der Ständerat dem Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2020 sowie dem Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2020 einstimmig zu.

Voranschlag 2020 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2021-2023 (BRG 19.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2020: Voranschlag und Staatsrechnung

In jeweils vier Sitzungen bereinigten National- und Ständerat das Bundesratsgeschäft über die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten. Die beiden Räte konnten sich in der Frage, ob der Kinderabzug bei den direkten Bundessteuern pro minderjährigem oder in schulischer Ausbildung stehendem Kind von CHF 6'500 auf CHF 10'000 erhöht werden soll, bis zum Ende des Differenzbereinigungsverfahrens nicht einigen: Der Nationalrat befürwortete die entsprechende Erhöhung, wobei die Zustimmung zwischen den Behandlungen von 98 zu 90 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) auf 126 zu 67 Stimmen (bei 1 Enthaltung) stieg. Die FDP-Liberale-Fraktion hatte dazwischen vom gegnerischen ins Befürworterlager des erhöhten Abzugs gewechselt. Beat Walti (fdp, ZH) erklärte, man könne zu diesem Punkt stehen, da er als Konter gegen einen Abzug von CHF 25'000 für alle Familien ohne Erwerbserfordernis ins Gesetz aufgenommen worden sei. Im Grundsatz sei es auch nicht falsch, die Familien steuerlich zu entlasten. Die SP-, die Grüne und die GLP-Fraktion lehnten die Änderungen bis zum Schluss ab. Sie komme vor allem Familien mit hohen Einkommen zugute, kritisierte zum Beispiel Prisca Birrer-Heimo (sp, LU). Zudem schränke sie den Handlungsspielraum für Massnahmen ein, die wirkungsvoller und effizienter wären, legte Kathrin Bertschy (glp, BE) das Hauptargument für die grünliberale Ablehnung dar.
Diese Argumente dominierten auch das Differenzbereinigungsverfahren im Ständerat. Kurz vor dessen erster Behandlung des Geschäfts hatte die WAK-SR gemäss ihrem Sprecher Pirmin Bischof (cvp, SO) ihre Position geändert: Da das Bundesratsgeschäft zur Abschaffung der Heiratsstrafe kurz zuvor an die Kommission zurückgewiesen worden sei, wodurch man zwar einerseits Geld spare, aber andererseits die Ehepaare vorerst nicht unterstützen könne, wolle man wenigstens die Kinderzulagen erhöhen. Der Ständerat sprach sich jedoch mit 22 zu 21 Stimmen und mit 23 zu 20 Stimmen zweimal für Minderheitsanträge auf Festhalten aus. Die folglich notwendig gewordene Einigungskonferenz empfahl die Position des Nationalrats mit 19 zu 7 Stimmen zur Annahme, eine Minderheit Birrer-Heimo sprach sich für die Abschreibung der gesamten Vorlage in dieser Form aus. Ihr Antrag war jedoch im Nationalrat wie erwartet chancenlos: Mit 124 zu 55 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stimmte die grosse Kammer der Vorlage erneut zu. Im Ständerat stellte Paul Rechsteiner (sp, SG) einen Ordnungsantrag auf Rückweisung an die Kommission als Alternative zum Abschreibungsantrag. Die Kommission solle die «finanziellen und verteilungspolitischen Folgen auch im Quervergleich der Steuervorlagen unter Einbezug der Kantone» abklären; Finanzminister Maurer versprach eine Auslegeordnung bis zur Wintersession. Der Ständerat lehnte jedoch den Ordnungsantrag mit 23 zu 15 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab und stimmte schliesslich dem Antrag der Einigungskonferenz mit 21 zu 20 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) äusserst knapp zu. Somit setzte sich der Nationalrat mit seiner Version durch. Die Schlussabstimmungen waren nur noch Formsache, mit denselben Allianzen wie zuvor nahmen der Nationalrat die Vorlage mit 132 zu 62 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) und der Ständerat mit 25 zu 17 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Damit war das Geschäft jedoch noch nicht vom Tisch: SP-Fraktionschef Nordmann (sp, VD) kündigte noch vor der Schlussabstimmung an, dass seine Partei ein weiteres Mal das Referendum «gegen eine verfehlte steuerpolitische Vorlage» ergreifen werde.

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

Im August 2019 setzte sich die WAK-SR mit dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer bezüglich einer ausgewogenen Paar- und Familienbesteuerung auseinander und zeigte sich mit der bundesrätlichen Botschaft mehrheitlich einverstanden: Eintreten war unbestritten und die Kommission nahm die Vorlage mit nur einer Änderung – die Kommission will den Elterntarif nicht abschaffen – mit 8 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Dennoch war die Behandlung der Vorlage keinesfalls so einhellig, wie diese Resultate vermuten lassen: Die Kommission lehnte äusserst knapp, mit 6:6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten, zwei Rückweisungsanträge an den Bundesrat zur Schaffung von alternativen Besteuerungsmodellen respektive einer zivilstandsneutralen Ausgestaltung des Gesetzes ab. Ähnlich knapp sprach sie sich auch gegen Minderheitsanträge auf die Streichung des Zweiverdienerabzugs, des Einverdienerabzugs sowie des Verheiratetenabzugs aus.

Die entsprechenden Minderheitsanträge versprachen Spannung in die Behandlung durch den Ständerat in der Herbstsession 2019 zu bringen. Eine Minderheit Hefti (fdp, GL) wollte den Bundesrat beauftragen, auf die Individualbesteuerung oder andere alternative Steuermodelle zu setzen, während eine Minderheit Caroni (fdp, AR) auch Paaren im qualifizierten Konkubinat die Möglichkeit geben wollte, die Steuern alternativ berechnen zu lassen. Kommissionssprecher Bischof (cvp, SO) fasste die neuere Vorgeschichte dieses Geschäfts zusammen und verwies darauf, dass diese Vorlage allenfalls als faktischer Gegenvorschlag zur Volksinitiative der CVP, nicht aber als tatsächlicher, indirekter Gegenvorschlag verstanden werden könne. Die Frist für eine allfällige erneute Abstimmung, die der Bundesrat auf den 27. September 2020 gesetzt habe, könne bei einer Verbindung der Initiative mit dieser aktuellen Vorlage und im Falle der Rückweisung Letzterer an den Bundesrat nicht eingehalten werden.
In der Folge legte Thomas Hefti seinen Minderheitsantrag dar. Er erklärte, dass der administrative Mehraufwand durch den sogenannten «Mehrfachtarif mit alternativer Steuerberechnung» vermutlich deutlich grösser sei, als der Bundesrat jetzt anerkenne, und dass die Zuordnung der Einkommen, zum Beispiel bei Ehepartnern mit einem gemeinsamen Geschäft, vermutlich nicht immer so einfach sei. Zudem habe dieser Vorschlag zahlreiche Probleme zur Folge, die ihrerseits neue Lösungen und Probleme nach sich zögen. Dies alles könne umgangen werden, wenn man stattdessen auf die im Kanton Waadt bereits bewährte Individualbesteuerung setze. Andrea Caroni verwies in der Folge und in Bezug zu seinem Minderheitsantrag darauf, dass es eben nicht nur die Heiratsstrafe gebe, sondern diese auf Kantonsebene durch verschiedene Boni aufgehoben würde und es auch einen Heiratsbonus sowie eine Konkubinatsstrafe gebe. Die aktuelle Vorlage wolle nun wieder eine Bevorzugung eines Zivilstandes schaffen – Ehepaare würden neu im schlimmsten Fall gleich behandelt wie Konkubinatspaare, aber allenfalls besser gestellt. Zudem würden diejenigen Instrumente, die zur Milderung der Heiratsstrafe geschaffen worden seien, konkret also der Verheiratetentarif, der Zweiverdienerabzug, und neu auch der Einverdienerabzug, beibehalten und die Verheirateten so sogar noch stärker bevorzugt. «Das wären dann also ein Fünfer, ein Weggli und ungefähr drei Bäckersfrauen dazu», kritisierte er. Man solle es daher den Konkubinatspaaren ermöglichen, dieselben Vorteile zu geniessen wie die Verheirateten.
Die folgenden Wortmeldungen verdeutlichten den Graben im Rat: Unterstützung erhielt der Antrag Hefti von linker Seite; Anita Fetz (sp, BS), Christian Levrat (sp, FR) und Paul Rechsteiner (sp, SG) meldeten sich unterstützend zu Wort. Konrad Graber (cvp, LU) hingegen nannte den Minderheitsantrag Hefti aufgrund seiner Wirkung «ein Spielen auf Zeit», da es im Rat zwei ungefähr gleich starke Lager für die Individualbesteuerung und für ein Splitting gebe, wie es Hans-Rudolf Merz in seiner Zeit als Finanzminister einmal formuliert habe. Eine Rückweisung an den Bundesrat habe folglich eine Verzögerung um zwei bis drei Jahre zur Folge, anschliessend sei man aber noch immer nicht klüger. Deshalb solle man diese mit der Verfassung konforme Vorlage, wie sie heute auf dem Tisch liege, beraten und ihr zustimmen. Mit diesem Fazit zeigten sich Mitglieder der CVP, der SVP und teilweise der FDP sowie Finanzminister Maurer einverstanden.
Nach zahlreichen Hinweisen verschiedener Sprecher darauf, dass dieses Problem seit 35 Jahren auf eine Lösung warte, sprach sich der Rat ohne Gegenantrag für Eintreten aus. Mit 25 zu 18 Stimmen stimmte der Ständerat in der Folge jedoch für den Minderheitsantrag Hefti und somit für eine Rückweisung an den Bundesrat sowie für eine umfassende Neubehandlung durch Letzteren, worauf Andrea Caroni seinen Minderheitsantrag zurückzog.

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung; BRG 18.034)
Dossier: Abschaffung der Heiratsstrafe
Dossier: Reform der Ehe- und Familienbesteuerung seit 2000 – Gemeinschaftsbesteuerung oder Individualbesteuerung?
Dossier: Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung

«Der Bundesrat will für einmal nicht die Welt verbessern, (...) er will ein ganz kleines Steuerproblem lösen», beteuerte Finanzminister Maurer gegen Ende der nationalrätlichen Debatte zur Erhöhung des Steuerabzugs von Kosten für die Betreuung von Kindern durch Dritte in der Frühjahrssession 2019. Der Bundesrat hatte beabsichtigt, im Rahmen seiner Fachkräfte-Initiative den Steuerabzug für externe Kinderbetreuung zu erhöhen, um so für Personen mit hohen Einkommen Anreize zu schaffen, sich trotz Kindern stärker in die Arbeitswelt zu integrieren. Finanzminister Maurer rechnete mit etwa 2500 Vollerwerbsstellen, die so besetzt werden könnten. Das beschränkte Zielpublikum der Massnahme erachteten aber verschiedene Kommissionsminderheiten als diskriminierend – diese reichten folglich weiterführende Vorschläge ein.
Den Anfang machte Jacqueline Badran (sp, ZH) mit einem Rückweisungsantrag an die WAK-NR: Diese solle anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderung einen Systemwechsel hin zu einem Gutschriftensystem für Kinder einrichten, durch das Familien unabhängig von Lebensform und Einkommen für jedes Kind eine Gutschrift erhielten. Die bisherigen Kinderabzüge sollten hingegen gestrichen werden. Dadurch könne die Ungleichbehandlung der Familien aufgrund ihrer Einkommenshöhe durch die bisherige Regelung korrigiert werden. Der Nationalrat folgte diesem Antrag nicht und sprach sich mit 134 zu 54 Stimmen für Eintreten aus.
Regula Rytz (gp, BE) erachtete Familien mit hohen Einkommen durch die aktuelle Regelung als benachteiligt, da diese die Betreuungsplätze durch ihre Steuern finanzierten, selbst aber keine finanzielle Unterstützung erhielten und die vollständigen Betreuungstarife bezahlen müssten. Daher wollte sie diese Familien entlasten, indem der vom Bundesrat vorgesehene Abzug auf die Betreuung in institutionellen Betreuungsformen wie Kitas, Tagesschulen, Tagesfamilien oder Tagesmütter begrenzt würde. Dadurch könne überdies verhindert werden, dass die Kosten von privat angestellten Nannys, die überdies Hausarbeit verrichteten, ebenfalls abgezogen werden könnten, argumentierte Rytz. Ihr Antrag fand jedoch nur in der SP und bei den Grünen Unterstützung und wurde mit 139 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) verworfen.
Auch Thomas Aeschi (svp, ZG) argumentierte mit einer Ungleichbehandlung verschiedener Familien: Er kritisierte, dass die Vorlage nur jenen Familien Betreuungsabzüge gewähre, die ihre Kinder gegen Entgelt fremdbetreuen liessen. Familien, die ihre Kinder selbst betreuten oder private Lösungen gefunden hätten, würden so diskriminiert. Darum schlug er vor, den Abzug der Kinderdrittbetreuungskosten auch dann zu gewähren, wenn keine direkten Kosten anfielen. Diese Lösung – gemäss Kommissionssprecherin Kathrin Bertschy (glp, BE) von der Kommission als Neuauflage der SVP-Familieninitiative eingestuft – fand nur bei einem Grossteil der SVP-Fraktion, der Hälfte der CVP/EVP-Fraktion und bei einem Mitglied der BDP Anklang und wurde folglich mit 116 zu 74 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) abgelehnt.
In eine ähnliche Richtung ging der Einzelantrag Kutter (cvp, ZH), der die allgemeinen Kinderabzüge, also unabhängig von der Betreuungssituation der Kinder, von CHF 6'500 auf CHF 10'000 erhöhen wollte. Trotz des Einwands des Finanzministers, dass ein Vorschlag, der CHF 350 Mio. koste, nicht einfach angenommen werden könne, ohne dass er zuvor in der Vernehmlassung gewesen sei, stimmte ihm der Rat mit 100 zu 92 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu: Die Fraktionen der SVP und der CVP/EVP sowie eine Mehrheit der BDP-Fraktion stellten sich hinter die höheren Kinderabzüge.
In der Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 131 zu 48 Stimmen (bei 14 Enthaltungen) für die Vorlage aus. Die Nein-Stimmen stammten von den Mitgliedern der SP, von einem Teil der Grünen sowie von einzelnen SVP-Mitgliedern.

Steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten

«Historischer Kompromiss» (Hannes Germann; svp, SH), «gelebte Solidarität» (Werner Hösli; svp, GL), «Garant für einen funktionierenden Föderalismus und auch für den nationalen Zusammenhalt» (Peter Hegglin; cvp, ZG). Mit diesen, grossen Enthusiasmus demonstrierenden Worten begann die Debatte zum Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) in der Wintersession 2018 im Ständerat. Auch die FK-SR hatte zuvor in ihrer Medienmitteilung vom Oktober 2018 betont, die Vorlage sei «ausgewogen» und trage den Interessen der Geber- und Nehmerkantone sowie des Bundes Rechnung. Entsprechend eindeutig nahm sie diese mit 10 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Ganz so einhellig wie es zu Beginn der Debatte den Anschein machte, war die Stimmung im Rat dann aber doch nicht. Raphaël Comte (fdp, NE) kritisierte die allgemeine Haltung, den Antrag der KdK als heiligen Text und somit als unabänderlich darzustellen. Der Bundesrat hatte dem Parlament nämlich eine im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf unveränderte Version vorgelegt, obwohl eine Minderheit der Kantone Vorbehalte angemeldet hatte – darunter auch Neuenburg – oder den Entwurf als Ganzes gar ablehnte. Beat Rieder (cvp, VS) ergänzte diese Kritik durch die Sicht eines Vertreters eines der beiden Kantone, die sich in der Vernehmlassung gegen die Vorlage ausgesprochen hatten: Die Reduktion der Finanzierung des Fonds um CHF 400 Mio. komme einer Schwächung des Finanzausgleichs gleich, zudem seien die Auswirkungen der Revision einseitig zulasten der Nehmerkantone verteilt, bemängelte er. Denn während die Geberkantone dadurch jährlich zwischen CHF 6 Mio. und CHF 43 Mio. einsparen könnten, müssten die Nehmerkantone jährlich Verluste zwischen CHF 6 Mio. und CHF 146 Mio. tragen. «Die Vorlage taugt nur, wenn die fiskalpolitischen Disparitäten zwischen den reichen und den armen Kantonen kleiner und nicht grösser werden», rief er den Zweck der NFA in Erinnerung. Er bat den Rat deshalb um die Unterstützung zweier Minderheitsanträge, welche den Verwendungszweck der frei werdenden Mittel des Bundes ändern und so die Verluste der ressourcenschwächsten Kantone stärker abfedern sollten.
Der erste Minderheitsantrag Fournier (cvp, VS) verlangte, den über die Jahre abnehmenden Betrag für die Abfederungsmassnahmen durch einen gleich bleibenden Durchschnittswert zu ersetzen. Die Beteuerungen von Hannes Germann, verschiedenen anderen Ständerätinnen und Ständeräten sowie von Finanzminister Maurer, wonach die Bestimmung bezüglich des über die Jahre abnehmenden Betrags den Kompromiss erst ermöglicht hätte und dieser durch diesen Minderheitsantrag gefährdet sei, bestritt Christian Levrat (sp, FR) vehement. Mit 34 zu 8 Stimmen entschied sich der Ständerat dennoch für den bundesrätlichen Vorschlag. Auch der zweite Minderheitsantrag Fournier mit der Forderung, die Abfederungsmassnahmen nicht pro Kopf, sondern entsprechend den Verlusten durch die Neuregelung zu verteilen, wurde mit 33 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Alle übrigen Punkte passierten die grosse Kammer diskussionslos und auch in der Gesamtabstimmung stellte sich der Ständerat deutlich hinter die Vorlage: Mit 37 zu 3 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) nahm er die Vorlage an. Die ablehnenden Voten stammten – wie bereits in der Vernehmlassung – von der Vertreterin und dem Vertreter des Kantons Jura und des Kantons Wallis, wobei der zweite Walliser Vertreter Jean-René Fournier (cvp, VS) als Ratspräsident keine Stimme abgab.

Änderung des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (BRG 18.075)
Dossier: Revision des Finanz- und Lastenausgleichs (seit 2015)

In der Herbstsession 2018 behandelte der Nationalrat den AHV-Steuer-Deal. Die Eintretensdebatte drehte sich vor allem um die Frage, welche Gruppen von der Vorlage respektive ihrer Ablehnung profitieren würden: Sind es die Reichen, der Mittelstand, die «Büezer», Alte oder Junge? Eingangs wurden ein Minderheitsantrag Bertschy (glp, BE) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Matter (svp, ZH) auf Rückweisung an die Kommission behandelt. Kathrin Bertschy begründete ihren Antrag damit, dass die Grünliberale Fraktion zwar für die Beratung der Steuervorlage 17 sei – diese sei ausgewogener als frühere Vorlagen und müsse der Bevölkerung entsprechend erklärt werden –, aber die Finanzspritze an die AHV ablehne. Damit werde die Steuervorlage schlechtgemacht und eine Reform der AHV aufgeschoben. Thomas Matter erklärte, dass die SVP-Fraktion die Vorlage mit dem Auftrag, eine schlankere Version ohne AHV-Zustupf auszuarbeiten, an die Kommission zurückweisen wolle. Die Verknüpfung sei ein «Affront gegenüber dem Souverän», da dieser durch die Verknüpfung der Vorlagen seinen Willen nicht klar äussern könne. Nicht begeistert zeigte sich Finanzminister Maurer vom Antrag Matter. Die Idee einer «schlanken» Vorlage sei bereits mehrfach eingebracht und abgelehnt worden, unter anderem 2014 von den Kantonen sowie im Rahmen der USR III von den Kommissionen. Da die nächste Vorlage nicht besser werde, solle man dem Kompromiss, der einen sozialen Ausgleich als Lehre aus der Ablehnung der USR III beinhalte, zustimmen. Eintreten wurde klar mit 188 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gutgeheissen; der Antrag Matter stiess mit 119 Stimmen zu 63 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) ausserhalb der SVP kaum auf Zustimmung.
Der Nationalrat beriet den AHV-Steuer-Deal aufgeteilt in vier Blöcke, schuf dabei aber bei 37 Minderheitsanträgen nur gerade zwei Differenzen zum Ständerat. Einerseits entschied er sich mit 110 zu 83 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) für den Minderheitsantrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL). Demnach sollen die Kantone neu die Auswirkungen der Vorlage auf die Gemeinden nicht nur berücksichtigen müssen, wie es der Ständerat beschlossen hatte, sondern «angemessen abgelten». Gemäss der Minderheitensprecherin sei dies keine «semantische Variation der Formulierung, sondern [...] ein verbindlicher Auftrag», der nötig sei, da die Gemeinden die Revision mittragen müssten. Andererseits beschloss die grosse Kammer bezüglich des Kapitaleinlageprinzips (KEP), die Ausnahme für Zuzüge zeitlich zu verlängern. Der Ständerat hatte entschieden, dass die neuen Regelungen für Zuzüge seit dem Inkrafttreten der USTR II keine Geltung haben sollten, der Nationalrat nahm nun auch die Zuzüge ab dem Abstimmungsdatum zur USTR II von den Regelungen aus. Zudem beschloss er, dass sich die Ausnahme für Zuzüge nicht auf Teilliquidationen erstrecken soll.
Ansonsten stimmte der Nationalrat dem Erstrat in allen Belangen zu, wobei die meisten Minderheitsanträge deutlich scheiterten. Bezüglich der Zusatzfinanzierung der AHV wurden etwa Anträge zur Höhe des Bundesbeitrags an die AHV sowie zur Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 gestellt. Im Rahmen der Gegenfinanzierung der Unternehmenssteuerreform wurden alternative Mindestwerte für die Dividendenbesteuerung beim Bund (zwischen 50 und 90 Prozent) sowie in den Kantonen (zwischen 0 und 90 Prozent) diskutiert, die jedoch im Rat keine Mehrheit fanden. Zu den eigentlichen Massnahmen der Unternehmenssteuerreform lehnte der Rat verschiedene Minderheitsanträge für eine Verschärfung der Abzugsmöglichkeiten respektive für eine Verlängerung der Übergangsfristen ab.
Knapp wurde es einzig bei der Forderung einer Minderheit Rytz (gp, BE) nach einer formellen Trennung des AHV- und Unternehmenssteuerteils der Vorlage unter Beibehaltung der inhaltlichen Verknüpfung. Dadurch sollten zu beiden Teilen getrennte Referenden stattfinden können, die Inkraftsetzung der beiden Vorlagen sollte jedoch weiterhin verknüpft bleiben – sie sollten also weiterhin gemeinsam oder gar nicht in Kraft treten können. Dies lehnte der Nationalrat mit 101 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Für eine formelle Trennung sprachen sich die SVP, GLP und BDP einstimmig, sowie die Grünen teilweise aus. Dadurch wurden auch zwei Anträge Grossen (glp, BE) und Moser (glp, ZH) auf Nichteintreten auf die AHV-Vorlage sowie auf vollständige rechtliche Trennung der beiden Vorlagen obsolet.
Mit 114 zu 68 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat schliesslich deutlich für den AHV-Steuer-Deal aus. Dagegen stimmten die GLP-Fraktion, Mehrheiten der SVP- und der Grünen-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

In der Herbstsession 2018 beschäftigte sich der Ständerat mit der Revision des Verrechnungssteuergesetzes, insbesondere mit den drei vom Nationalrat gegenüber der bundesrätlichen Botschaft geschaffenen Änderungen. Beim «Kernstück der Revision», wie es Kommissionssprecher Bischof (cvp, SO) ausdrückte, hatte sich die WAK-SR mit 9 zu 3 Stimmen auf die Seite des Nationalrats geschlagen: Nachmeldungen sollen nicht nur bis zum Ende der Einsprachefrist zur Veranlagung möglich sein, sondern auch, solange Veranlagungs- oder Nachsteuerverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, die Veranlagung also noch hängig ist. Diese Möglichkeit gelte aber nicht endlos, erklärte Bischof dem Rat: Bereits mit der bisherigen Rechtsetzung sei eine Rahmenfrist von 3 Jahren im Regelfall vorgesehen. Finanzminister Maurer erachtete diese Änderung als problematisch: Die Steuerpflichtigen hätten die Pflicht, die Veranlagung zu prüfen, wodurch fahrlässig verursachte falsche Angaben bereits entdeckt werden sollten. Liesse man den Steuerpflichtigen aber so viel Spielraum, wie es der Nationalrat und die Kommission beabsichtigten, würden es einige Personen womöglich «darauf ankommen lassen». Dann könnten sie die Rückerstattungen der Verrechnungssteuer bei einer allfälligen Verfahrenseröffnung «in letzter Minute» noch geltend machen und dies als Fehler oder Unterlassung deklarieren. Auch eine Minderheit Levrat (sp, FR) sprach sich für die Regierungsvorlage aus. Das Argument der Befürworter der nationalrätlichen Lösung, wonach die Regelung nur für Fahrlässigkeit, nicht aber für Betrugsabsichten gelte, liess Levrat nicht gelten: Solche Betrugsabsicht könnten kaum je nachgewiesen werden, argumentierte er. Trotz dieser Einwände folgte der Ständerat der Mehrheit seiner Kommission mit 30 zu 13 Stimmen.
Ein weiterer Streitpunkt betraf das Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken und Unsicherheit darüber, ob eine generelle Rückwirkung bis zum 1. Januar 2014 – wie sie der Nationalrat beschlossen hatte – auch für rechtskräftig abgeschlossene Fälle gelten würde, reichte eine Minderheit um Martin Schmid (fdp, GR) einen Alternativvorschlag ein: Eine Rückwirkung soll dann möglich sein, wenn «über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.» Diesem Minderheitsantrag folgte der Ständerat mit 24 zu 18 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Zudem nahm die kleine Kammer einen Änderungsantrag der Kommission bezüglich der Meldefrist für Gewinne aus Geldspielen an, da diesbezüglich eine Inkongruenz zum Geldspielgesetz bestanden hatte. In der Gesamtabstimmung stimmte die Ständekammer der Revision des Verrechnungssteuergesetzes mit 30 Stimmen bei 11 Enthaltungen zu.

Noch in der Herbstsession 2018 bereinigten die Räte die Verrechnungssteuerrevision. Ohne grosse Diskussionen folgte der Nationalrat der kleinen Kammer in allen restlichen Differenzen und stimmte der Vorlage stillschweigend zu. Mit 38 zu 1 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) und 137 zu 55 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahmen die beiden Räte die Revision in den Schlussabstimmungen an, im Nationalrat sprachen sich die Fraktionen der SP und der Grünen geschlossen gegen die Vorlage aus.

Revision der Verrechnungssteuer

Von einem «halben Wunder» (Christian Levrat, sp, FR) über eine «Schnapsidee» (Michael Hermann im Tages-Anzeiger) bis hin zu einem «Affront gegen die direkte Demokratie» (Michael Schönenberger in der NZZ) reichten die Beurteilungen des Coups der WAK-SR. Diese hatte in der Pressekonferenz nach ihrer ersten Sitzung zur Steuervorlage 17 alle überrascht, indem sie sich einstimmig für einen eigenen, neuen Vorschlag zur SV17 ausgesprochen hatte: Als soziale Ausgleichsmassnahme soll nicht mehr wie vom Bundesrat vorgeschlagen der Mindestansatz für das Kindergeld erhöht, sondern mehr Geld für die AHV zur Verfügung gestellt werden. Pro Franken, der durch die Steuererleichterungen für Unternehmen weniger an Steuereinnahmen generiert wird, soll ein Franken in die AHV fliessen. Da die WAK-SR mit Kosten von CHF 2.1 Mrd. rechnet, soll entsprechend derselbe Betrag der AHV zu Gute kommen, was diese finanziell bis 2024 oder 2025 absichern soll. Dazu sollen zukünftig das ganze Demografieprozent der Mehrwertsteuer in die AHV fliessen (CHF 520 Mio.) und der Bundesbeitrag an die AHV von 19.55 auf 20.2 Prozent (CHF 300 Mio.) sowie die Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern um je 0.15 Prozentpunkte erhöht werden (CHF 1.2 Mrd.). Dies war jedoch nicht die einzige Neuerung der Kommission: Bei der Gegenfinanzierung reduzierte sie die minimale kantonale Dividendensteuer von 70 auf 50 Prozent, was ungefähr CHF 300 Mio. kostet. Damit soll ein Referendum des SGV oder von Swiss Family Business verhindert werden. Stattdessen soll das Kapitaleinlageprinzip (KEP) mit einer Rückzahlungsregel und einer Teilliquidationsregel eingeschränkt werden: Zukünftig sollen Reserven aus Kapitaleinlagen höchstens in dem Umfang steuerfrei ausgeschüttet werden können, in dem auch steuerbare Dividendenzahlungen vorgenommen werden (Rückzahlungsregel). Beim Rückkauf eigener Aktien müssen solche Reserven zudem im gleichen Umfang reduziert werden wie die Gewinnreserven (Teilliquidationsregel). Diese Regelung gilt jedoch nur für in der Schweiz kotierte Firmen, nicht aber für Kapitaleinlagereserven, die innerhalb eines Konzerns zurückbezahlt werden oder die im Rahmen eines Zuzugs in die Schweiz nach Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform II entstanden sind. Dies soll Bund und Kantonen Mehreinnahmen von CHF 150 Mio. generieren. Auch die sogenannte Lex Zürich soll nun doch eingeführt werden, wobei die zinsbereinigte Gewinnsteuer in «Abzug für Eigenfinanzierung» umbenannt wird und nur Hochsteuerkantonen, in denen die effektive Steuerbelastung für Unternehmen auf allen drei Ebenen über 18.03 Prozent liegt – konkret also nur dem Kanton Zürich –, zur Verfügung stehen soll.

Entstanden war der Kompromiss der Kommission gemäss «NZZ am Sonntag» und Tages-Anzeiger durch Verhandlungen der «Schattenregierung aus dem Stöckli», wie es die «NZZ am Sonntag» formulierte: Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber soll die Initiative ergriffen und Ständeratspräsidentin und Kontaktfrau zum Arbeitgeberverband Karin Keller-Sutter (fdp, SG), SP-Präsident Christian Levrat, Kommissionspräsident Pirmin Bischof (cvp, SO), Ruedi Noser (fdp, ZH) als Kontakt zu Economiesuisse sowie Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner (sp, SG) ins Boot geholt haben. Sie alle seien sich der Relevanz der SV17 und der sozialpolitischen Kompensation bewusst gewesen, hätten aber die Erhöhung der Kinderzulagen für ein untaugliches Instrument gehalten und sich vor einem Referendum – sei es von bürgerlicher Seite aufgrund der Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der Kinderzulagen oder von linker Seite wegen der geplanten Steuerrabatte – gefürchtet. In der Kommission sei man sich daher einig gewesen, dass man einen Kompromiss finden müsse, der von allen grossen Parteien und Organisationen mitgetragen werde. Trotz grosser inhaltlicher Unterschiede hätten sich alle dreizehn Mitglieder der WAK-SR einstimmig für das vorgeschlagene Konzept ausgesprochen.

Die bürgerlichen Parteien und Verbände zeigten sich von diesem Kompromiss nicht begeistert. Die SVP, die GLP, Economiesuisse und der Arbeitgeberverband beanstandeten die Vermischung des Finanz- und Gesundheitsdossiers und sprachen sich gegen sachfremde Verknüpfungen aus. Diese würden es den Bürgern verunmöglichen, sich frei für oder gegen die verschiedenen Elemente des Deals zu entscheiden. Eine «Verknüpfung sachfremder Themen grenzt an Nötigung des Stimmvolks», betonte Jürg Grossen (glp, BE). In den Medien und im Parlament war man sich zudem nicht sicher, ob eine solche Verknüpfung verfassungsrechtlich zulässig sei; verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier betonten, dass eine entsprechende Volksinitiative wohl wegen fehlender Einheit der Materie für ungültig erklärt werden würde. Die WAK-SR hatte diesbezüglich ein schriftliches Gutachten beim Bundesamt für Justiz (BJ) eingeholt, welches den Kompromiss für «vertretbar» hielt. Zwar gelte das Gebot der Einheit der Materie auch bei Gesetzesvorlagen, solle dort aber «nicht mit derselben Strenge gehandhabt werden [...] wie bei Teilrevisionen der Verfassung», erklärte das BJ. Das Gesetzgebungsverfahren sei strukturell einer Totalrevision, bei der die Einheit der Materie nicht relevant sei, näher als eine Volksinitiative. Dem Gesetzgeber stehe daher bei der Kompromissfindung ein vergleichsweise grosser Gestaltungsspielraum zu. Des Weiteren kritisierten Exponenten der SVP, FDP und des Gewerbeverbandes insbesondere die Finanzspritze an die AHV ohne Erhöhung des Frauenrentenalters. Es bedürfe dringend auch Massnahmen auf Leistungsseite, war mehrfach zu vernehmen, zumal die Linke aufgrund dieser Zusatzfinanzierung später womöglich nicht mehr für eine umfassende AHV-Reform gewonnen werden könne, da man ihr nichts mehr anzubieten habe. Der Arbeitgeberverband, einer der vehementesten Kritiker des Kompromisses, schlug daher vor, das Rentenalter der Männer auf 66, das der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen. Auch die Jungparteien der Grünen, der SVP, der FDP, der CVP und der BDP erklärten ihre Ablehnung des Vorschlags; die jungen Grünliberalen drohten sogar damit, allenfalls das Referendum zu ergreifen. Die Jungparteien kritisierten vor allem die starke Umverteilung von Jung zu Alt, durch welche die Jungen einmal mehr die ganze Last der Revision der Altersvorsorge tragen müssten. Das strukturelle Problem der AHV werde durch finanzielle Zuschüsse auf Kosten der Jungen überdeckt, aber nicht gelöst, erklärte zum Beispiel der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt.

Gemischt waren auch die Rückmeldungen von linker Seite: Die SP nannte den Vorschlag «akzeptabel». Der SGB sprach sich für den Kompromiss aus, TravailSuisse gab sich zwar erst kritisch, liess aber durchblicken, den Kompromiss wohl auch mitzutragen. SP-Präsident Christian Levrat betonte, dass dieser Vorschlag zum sozialen Ausgleich beitrage: Dadurch dass die Summe der Lohnbeiträge bis zu einem jährlichen Bruttolohn von CHF 130‘000 höher sei als die Summe der erhaltenen AHV-Renten, finanzierten 7 Prozent der Grossverdiener faktisch die AHV-Reform. Personen mit tiefen oder mittleren Löhnen würden also davon profitieren. Diese Argumentation überzeugte die Grünen, Teile der SP und verschiedene entwicklungspolitische NGOs jedoch nicht. Sie erklärten, die Vorlage nicht unterstützen zu wollen, da diese zu enormen Steuerausfällen führe, den internationalen Steuerwettbewerb weiter anheize und gegenüber ärmeren Staaten unfair sei. Zudem handle es sich bei dem AHV-Zuschuss nicht um eine Kompensation, wie viele Befürworter des Vorschlags loben würden, da einmal mehr die Arbeitnehmenden die entstehenden Kosten übernehmen müssten und nicht die Unternehmen.

Neben den Parteien und Verbänden äusserte auch ein Teil der Kantone Kritik am Kompromissvorschlag. Mit der Wiederaufnahme der zinsbereinigten Gewinnsteuer war die WAK-SR einer Forderung von Kanton und Stadt Zürich nachgekommen. «Wir mussten Zürich, dem Wirtschaftsmotor der Schweiz, in diesem Punkt entgegenkommen», erklärte Christian Levrat. Da das Instrument stark umstritten ist, sah man es aber nur für Hochsteuerkantone vor, obwohl es elf weitere Kantone ebenfalls gerne angewendet hätten. Diese Regelung verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung und verhindere einen fairen Steuerwettbewerb, befand Cornelia Stamm Hurter (SH, svp), Finanzdirektorin des Kantons Schaffhausen – der zu eben diesen elf Kantonen gehört. Auch Hannes Germann (svp, SH) kritisierte die Lex Zürich und nannte sie einen «Sündenfall». Finanzminister Maurer hingegen verteidigte den Vorschlag der WAK-SR: «Es macht keinen Sinn, die beste Kuh nicht zu füttern – würde ich jetzt als alter Bauer sagen». Der Steuerabzug könne aber nicht für alle Kantone eingeführt werden, weil der Widerstand dagegen zu gross sei. WAK-SR-Präsident Pirmin Bischof ergänzte, dass auch andere Kantone den Abzug für Eigenfinanzierung einführen könnten; sie müssten dazu einfach ihre Gewinnsteuern erhöhen.

Trotz kritischer Stimmen aus dem ganzen politischen Spektrum blieben Referendumsdrohungen und Fundamentalopposition gegen den Kompromissvorschlag mehrheitlich aus. Selbst der Arbeitgeberverband wollte sich als einer der stärksten Kritiker des Vorschlags nicht festlegen, ob er bei Annahme der Vorlage durch das Parlament wirklich das Referendum ergreifen würde. Die zurückhaltenden Reaktionen der meisten Akteure würden verdeutlichen, dass sich alle bewusst seien, dass sehr viel auf dem Spiel stehe, war die einhellige Meinung in den Medien. Schliesslich habe die Vorlage wegen des grossen Zeitdrucks gute Erfolgsaussichten: Das «Parlament hat gar keine Gelegenheit, den Deal zu zerreden», erklärte die «Schweiz am Wochenende».

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Im November 2016 legte der Bundesrat eine Botschaft zum Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen vor, welche die Motion Luginbühl (bdp, BE) umsetzte. Der Motionär hatte verlangt, dass Bussen mit Strafzweck steuerlich nicht abziehbar, also nicht zum geschäftsmässig begründeten Aufwand gehören sollten. Der Bundesrat ergänzte diese Regelung in seiner Botschaft um die Nichtabzugsfähigkeit von Bestechungszahlungen an Private – eine solche Regelung für Zahlungen an Amtsträger war bereits in Kraft – sowie um Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten oder um Gegenleistungen für die Begehung von Straftaten, sofern diese Zahlungen nach schweizerischem Recht strafbar sind. Bezüglich letzteren Straftaten erwähnte der Bundesrat in der Botschaft zum Beispiel Terrorismusfinanzierung oder die Miete von für strafbare Tätigkeiten verwendeten Räumen. Diese Aspekte waren bisher nicht ausdrücklich geregelt gewesen. Gewinnabschöpfende Sanktionen ohne Strafzweck sollten auch weiterhin abzugsfähig bleiben.

In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Ständerat die Vorlage als Erstrat. Dabei schlug die WAK-SR mit einem Änderungsantrag vor, die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung abzuschwächen: Vom Ausland verhängte Bussen sollen weiterhin steuerlich abzugsfähig bleiben. Gegen diese „Subventionierungsvorlage für kriminelle Unternehmen“, wie es Christian Levrat (sp, FR) nannte, wehrte sich eine Kommissionsminderheit heftig. Levrat kritisierte, dass die Vorlage ursprünglich zum Ziel hatte, Rechtssicherheit zu schaffen und die Abzugsfähigkeit von Bussen zu unterbinden. Da das Bundesgericht in der Zwischenzeit in einem Urteil die Forderungen des Motionärs bestätigt hatte (2C_916/2014, 2C_917/2014), sei die Vorlage eigentlich gar nicht mehr nötig. Die WAK-SR bediene sich dieser jetzt aber, um das Gegenteil zu erreichen, nämlich eine Abschwächung des geltenden Rechts. Es könne nicht sein, dass der Bund zum Beispiel einen Fünftel der US-Bussen gegen die Schweizer Banken übernehmen müsse. Auch der Motionär liess kein gutes Haar am Antrag der Kommissionsmehrheit, der „die Zielrichtung des ursprünglichen Auftrages“ untergrabe. Dadurch würden Unternehmen geradezu eingeladen, Gesetze zu brechen, was im Extremfall als Wettbewerbsnachteil für gesetzestreue Unternehmen verstanden werden könne.
Ruedi Noser (fdp, ZH) bezeichnete die Argumentation der Minderheit als populistisch. Man dürfe nicht nur die internationalen Grosskonzerne vor Augen haben, sondern müsse auch an die KMU denken, die durch eine solche Busse Konkurs gehen können. In der Schweiz gelte das Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Wenn ein Unternehmen also kein Geld mehr habe, könne es auch nicht besteuert werden. Das sei nur fair, zumal der Fiskus auch auf illegal entstandenen Gewinnen Steuern erhebe. Zudem komme es bei den „täglichen Arbeiten des Unternehmers“ im Ausland zu unrechtmässigen oder unverhältnismässigen Bussen, daher müsse man jeweils die Umstände der Bussen mitberücksichtigen. In der Folge entbrannten heftige Diskussionen um die Frage, inwiefern der Ordre-public-Vorbehalt – gemäss welchem Bestimmungen ausländischen Rechts nicht angewendet werden können, wenn das Ergebnis gegen das Rechtsgefühl des schweizerischen Rechts verstösst – die Unternehmen bei Annahme der Vorlage vor unrechtmässigen oder unverhältnismässigen Bussen schützen würde.
Finanzminister Maurer fasste die Situation des Ständerates zusammen: Entweder man akzeptiere, dass möglicherweise unrechtmässige Bussen nicht abgezogen werden könnten oder dass Bussen mit strafrechtlichem Hintergrund weiter abzugsfähig seien. Anfänglich seien jedoch in der Kommissionsberatung während sechs Stunden acht weitere Varianten diskutiert worden, die Kommissionsmehrheit habe sich aber am Schluss für die „Alles-oder-nichts“-Variante, wie es Roberto Zanetti (sp, SO) bezeichnete, entschieden. Mehrfach äusserten die Ständerätinnen und Ständeräte jedoch die Hoffnung, die Schwesterkommission könne allenfalls später eine bessere Lösung präsentieren.
Nach ausführlicher Debatte wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen. Da die Detailberatung bereits im Rahmen der Eintretensdebatte vorweggenommen worden war, ging der Rat gleich zu den Detailabstimmungen über. Umstritten waren dabei nur die Abzugsmöglichkeiten für Bussen aus dem Ausland, wobei sich die Minderheit mit 28 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung durchsetzte. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den bundesrätlichen Vorschlag mit 30 zu 6 Stimmen bei fünf Enthaltungen an; Bussen aus dem Ausland sollen folglich genauso wenig abzugsfähig sein wie Bussen aus der Schweiz.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen (BRG 16.076)
Dossier: Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen

In der ersten Sitzung des Differenzbereinigungsverfahrens zum Voranschlag 2018 erledigte der Ständerat kaum Differenzen. Einzig bei der Einlage in die Publica respektive den Lohnmassnahmen für das Bundespersonal und teilweise bei der Landwirtschaft schwenkte er auf die Linie des Nationalrates um. Somit verzichtete der Bund auf die einmalige Einlage in die Publica und erhöhte stattdessen die Löhne des Bundespersonals um 0.6 Prozent. Im Bereich der Landwirtschaft wurden mehrere Stimmen aus den SVP-, CVP- und FDP-Fraktionen laut, welche das bisherige Vorgehen der kleinen Kammer kritisierten. So sei es nicht in Ordnung, dass man mit der Landwirtschaft – und damit mit den Bauernfamilien – taktische Spiele spiele und sie „quasi immer so in Geiselhaft“ nehme, betonte zum Beispiel Peter Hegglin (cvp, ZG). Dem entgegneten Christian Levrat (sp, FR) und Anita Fetz (sp, BS), dass es sich keinesfalls um Spielchen handle, sondern um eine Gleichbehandlung der zwei Räte. Man brauche für die nächste Runde des Differenzbereinigungsverfahrens und für die Einigungskonferenz noch Verhandlungsspielraum, sonst bräuchte der Ständerat diesbezüglich nicht mehr zu tagen. Dennoch entschied sich die kleine Kammer, dem Nationalrat bei den landwirtschaftlichen Strukturverbesserungen entgegenzukommen, und folgte dem bundesrätlichen Vorschlag, der einen Mittelweg zwischen der Position des Nationalrats und jener des Ständerats in der ersten Runde darstellte. Bei den Direktzahlungen folgte der Ständerat der Minderheit seiner FK-SR mit 25 zu 17 Stimmen (0 Enthaltungen) und damit dem Beschluss des Nationalrats. Ansonsten hielt der Ständerat an seinen Beschlüssen fest. Bei den freigewordenen Geldern der Altersvorsorge 2020 lehnte er einen Minderheitsantrag Müller Philipp (fdp, AG) ab, der alles Geld für den Schuldenabbau verwenden wollte. Der nationalrätliche Vorschlag wurde nicht eingebracht.

Für die erste Sitzung des Differenzbereinigungsverfahrens im Nationalrat beabsichtigte die FK-NR, zahlreiche Differenzen zu bereinigen, wogegen jedoch wie bereits in der ersten nationalrätlichen Behandlung des Voranschlags erneut zahlreiche Minderheitsanträge gestellt wurden. Dennoch pflichtete die grosse Kammer dem Erstrat in zahlreichen Punkten bei: Der höhere Betrag des Ständerats obsiegte somit bei den Familienorganisationen und der ausserschulischen Kinder- und Jugendförderung, bei Swisstopo, den Globalbudgets der Spielbankenkommission, der Steuerverwaltung und der Finanzkontrolle sowie beim Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich. Bei der Unterstützung kultureller Organisationen und beim Globalbudget des SEM setzte sich der tiefere Betrag des Ständerats durch. Auch bei den vier verbliebenen Differenzen bezüglich der Landwirtschaft stimmte der Nationalrat der kleinen Kammer zu, wodurch Letztere, wie Christian Levrat und Anita Fetz befürchtet hatten, ihre Trümpfe für die übrigen Verhandlungsrunden verlor. Nachdem eingangs dieser Runde im Nationalrat vor allem darüber diskutiert worden war, ob durch die Verwendung der CHF 442 Mio. für die AHV der in der Abstimmung vom 24. September 2017 ausgedrückte Volkswille verletzt würde oder nicht, hielt die grosse Kammer an ihrem Beschluss fest. Damit schloss der Voranschlag des Nationalrates jedoch mit einem strukturellen Defizit von 31 Millionen Franken, wodurch die Schuldenbremse nicht eingehalten werden könnte.

Nachdem der Ständerat in seiner nächsten Sitzung des Differenzbereinigungsverfahrens lediglich bei der Qualitätssicherung Milch, wo er ursprünglich dafür sorgen wollte, dass die Branche wie alle anderen auch ihre Qualitätssicherung selber bezahlt, äusserst knapp eingelenkt hatte, lagen dem Nationalrat in der letzten Sitzung noch zwölf Differenzen vor. Bei der Kulturabgeltung an die Stadt Bern, dem Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) sowie der Finanzierung des Schweizerischen Sozialarchivs und der Schweizerischen Friedensstiftung swisspeace lenkte der Nationalrat ein. Somit verblieben für die Einigungskonferenz noch acht Differenzen, wovon vor allem die Frage, was mit den CHF 442 Mio. geschehen solle, finanziell ins Gewicht fiel.

Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019-2021 (BRG 17.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2018: Voranschlag und Staatsrechnung

Der Nachtrag II zum Voranschlag 2017 beinhaltete neun Nachtragskredite in der Höhe von insgesamt CHF 107 Mio. Mehr als die Hälfte davon (CHF 60 Mio.) beantragte das Eidgenössische Personalamt zur Abfederung der Senkung des technischen Zinssatzes bei der Pensionskasse des Bundes, der Publica. Der Bundesrat wollte die für die Versicherten dadurch entstehenden Leistungseinbussen von 10 Prozent durch eine einmalige Einlage von CHF 160 Mio. auf die Altersguthaben und durch eine Erhöhung der Sparbeiträge auf maximal 5 Prozent reduzieren. Dies sollte mittels dreier Tranchen in den Jahren 2017 (70 Mio.), 2018 (70 Mio.) und 2019 (26 Mio.) geschehen, wovon CHF 10 Mio. der ersten Tranche mit den Sammelkrediten des EPA kompensiert würden. Im Gegenzug würden die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung in Übereinstimmung mit der Motion Dittli (fdp, UR) 2018 auf einen Teuerungsausgleich verzichten.
Weitere CHF 32 Mio. beantragte der Bundesrat nachträglich für Zahlungen bezüglich der Erweiterung der EU, wobei dieser Kredit grösstenteils Rückerstattungen an die Partnerstaaten für deren Projektausgaben beinhaltete. Dieser Nachtrag war nötig geworden, weil provisorische Auszahlungspläne oft nicht eingehalten werden konnten, sei es aufgrund von Projektverzögerungen durch komplexe Beschaffungsverfahren und Einsprüche, aufgrund der Frankenaufwertung oder weil für das Jahr 2016 geplante Auszahlungen aufgrund von Verzögerungen erst im Jahr 2017 getätigt werden konnten.
Die restlichen knapp CHF 15 Mio. verteilten sich auf sieben weitere Projekte. Der Kredit zur Zahlung von Vergütungszinsen in der Höhe von CHF 6.2 Mio. war mit der Autorisierung der FinDel bereits als Vorschuss ausbezahlt worden. Die Vergütungszinsen werden aufgrund des NFB in einem eigenen Kredit verbucht, jedoch war im Voranschlag 2017 aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids zur Umsatzabgabe und eines Rechtsfalls bei der Mehrwertsteuer zu wenig Geld budgetiert worden. Da aber die Vergütungszinsen jeweils innert 30 Tagen fällig werden, war ein Vorschuss nötig geworden.

In der Wintersession 2017 behandelte zuerst der Ständerat das Geschäft gemeinsam mit dem Voranschlag 2018. Umstritten waren lediglich die flankierenden Massnahmen zur Senkung des technischen Zinssatzes bei der Publica. Eine Minderheit Hegglin (cvp, ZG), unterstützt von Werner Hösli (svp, GL), beantragte, diesen Nachtragskredit abzulehnen. Beide Ständeräte betonten, dass es für sie – und offensichtlich auch für die Bundesverwaltung, die ihnen keine entsprechenden Unterlagen in nützlicher Frist liefern konnte – schwierig sei, „den Beschluss und seine Folgen im Vergleich zu Leistungen anderer Körperschaften ein[zu]schätzen“. Bisher seien aber die Vorsorgewerke des Bundes grosszügig gewesen, vermutlich auch deutlich grosszügiger als diejenigen der Steuerzahler. Zudem würden diese Einlagen nicht zur Stabilisierung der Kasse beitragen, so dass bei einer paritätischen Ausfinanzierung einer allfälligen zukünftigen Unterdeckung der Bund wiederum werde zahlen müssen. Aus einem anderen Gesichtspunkt kritisierte Christian Levrat (sp, FR) den Vorschlag: Dadurch dass die Rekapitalisierung auf Kosten des Teuerungsausgleichs – der 2018 etwa CHF 33 Mio. ausmache – zustande komme, sei der hier bezahlte Betrag in fünf Jahren bereits wieder hereingeholt. Somit würde die Senkung des technischen Zinssatzes in den kommenden Jahren ausschliesslich von den Arbeitnehmenden bezahlt. Dies sei ein schlechter Deal für die Bundesangestellten. Zudem lägen die Leistungen der Publica höchstens im Mittelfeld, vor allem verglichen mit Pensionskassenleistungen von Grossunternehmen. Finanzminister Maurer betonte, dass dieses Paket eine Kompromisslösung mit den Personalverbänden darstelle und der Bund bei Lohnerhöhungen im Vergleich zur Privatwirtschaft eher hinterherhinke. Auch der Bund sei aber darauf angewiesen, die besten Mitarbeitenden anheuern zu können. Zudem hätten die Bundesangestellten seit dem Jahr 2000 deutlich mehr an den Primatwechsel bezahlt als der Bund. Wie bereits die FK-SR entschied sich auch der Ständerat, dem Bundesrat in diesem Anliegen zu folgen. Mit 24 zu 19 Stimmen (2 Enthaltungen) nahm er den Nachtragskredit an.

BRG Nachtrag II zum Voranschlag 2017
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

Ursprünglich im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 2017-2019 geplant, hatten die Büros des National- und Ständerats im Herbst 2016 die Behandlung des Bundesgesetzes über Aufgaben, Organisation und Finanzierung der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht (ESAG) sistiert und den Rechtskommissionen zugewiesen. Die Vorlage sollte die Rahmenbedingungen für die Umwandlung der ESA in eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigener Rechnung festlegen. Mit der Sistierung sollten jedoch zuerst die Entscheidungen des Parlaments zu konnexen Geschäften abgewartet werden.
Im April 2017 gab die RK-SR bekannt, dass sie mit 9 zu 2 Stimmen (bei einer Enthaltung) keine Auslagerung der Stiftungsaufsicht möchte und somit auf ein Eintreten verzichte. Zuvor hatte sie Vertretungen der Stiftungsverbände Swissfoundations und Profonds angehört und den Evaluationsbericht der EFK zur Wirksamkeit von „klassischen" Stiftungen beraten. Dabei kritisierte die Mehrheit der RK-SR insbesondere, dass sich die Vorlage des Bundesrates ausschliesslich mit der Organisation der Stiftungsaufsicht befasse und die Thematik nicht umfassend behandle.
Für die RK-SR erklärte Fabio Abate (fdp, TI) dem Ständerat in der Sommersession, dass die ESA durch die Umwandlung formell von Weisungen des Bundesrates oder von Verwaltungsbehörden befreit wäre und vollständig eigenfinanziert würde. Dadurch könne der Bundeshaushalt durch eine Reduktion des Personalbestands um CHF 650'000 pro Jahr entlastet werden. Gleichzeitig könne dadurch die Plafonierung des Bundespersonalbestands umgangen werden, welche selbst die Schaffung gebührenfinanzierter neuer Stellen verhindere. Keinen Einfluss hätte dies auf die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches zu Inhalt und Umfang der Stiftungsaufsicht oder auf die Kompetenzaufteilung zwischen der eidgenössischen Stiftungsaufsicht und den kantonalen Stiftungsaufsichtsbehörden. Gerade diesen letzten Punkt bestritt jedoch Ständerat Cramer (gp, GE): Zur Auslagerung der Stiftungsaufsicht müsse gemäss EFK zwingend das Zivilgesetzbuch (v.a. Art. 84) angepasst werden, was ausführliche Änderungen sowie ein Vernehmlassungsverfahren mit sich bringen würde. Entsprechend sei die Aufarbeitung dieser Vorlage durch den Bundesrat unvollständig. Roland Eberle (svp, TG) ergänzte zusammenfassend, dass die heutige Stiftungsaufsicht auf Bundes- und Kantonsebene funktioniere und es sich somit lediglich um ein Ressourcenproblem handle. Dies sei aber nicht Grund genug, ein gut funktionierendes System infrage zu stellen. Demgegenüber argumentierten Christian Levrat (sp, FR) und Bundesrat Berset, dass sie bisher kaum Gründe gehört hätten, nicht auf das Geschäft einzutreten. So sei die Tatsache, dass die Vorlage im Rahmen des Stabilisierungsprogramms eingebracht worden war, kaum Grund genug, den Änderungsvorschlag noch nicht einmal zu besprechen. Der Innenminister betonte zudem, dass sich diese Organisationsform in sechzehn Kantonen bereits bewährt habe und dass die EFK gemäss ihrem Bericht eine Umwandlung ausdrücklich unterstütze. Dennoch sprach sich der Ständerat mit 31 zu 8 Stimmen (4 Enthaltungen) relativ deutlich gegen ein Eintreten aus.

Stabilisierungsprogramm 2017-2019

Nachdem der Nationalrat den Voranschlag 2017 in der ersten Runde abgelehnt hatte, stand vier Tage später dessen Behandlung durch den Ständerat an. Der Antrag seiner Finanzkommission beinhaltete ein strukturelles Defizit von CHF 13,4 Mio., das es im Laufe der Behandlung zu beseitigen galt. Stattdessen zeigte sich der Ständerat aber mehrheitlich grosszügig: Zum einen erklärte er sich einverstanden, die vom Bundesrat vorgeschlagenen CHF 400 Mio. für den Asylbereich ausserordentlich zu verbuchen und somit von der Schuldenbremse auszunehmen. Zum anderen erhöhte er das Budget gegenüber dem Bericht des Bundesrates vor allem im Bildungsbereich und in der Landwirtschaft. So wollte der Bundesrat zum Beispiel die Direktzahlungen an die Bauern um knapp CHF 62 Mio. kürzen, der Ständerat entschied sich aber mit 21 zu 20 Stimmen knapp dagegen. Dies obwohl Christian Levrat (sp, FR) darauf hingewiesen hatte, dass der Ständerat im Differenzbereinigungsverfahren auf ein Druckmittel angewiesen sei, um dem Nationalrat einen Kompromiss bei dessen geplanten Kürzungen im Asylbereich und in der Verwaltung abringen zu können. Dadurch dass sich bei einer Einigungskonferenz zum Budget bei Uneinigkeit zwischen den Räten jeweils der tiefere Betrag durchsetzt, blieben dem Ständerat mit diesem Entscheid lediglich die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte als Druckmittel. Überall sonst hatte der Nationalrat in der ersten Behandlung des Voranschlags tiefere Beträge budgetiert als nun der Ständerat. Insgesamt beinhaltete der Voranschlag nach der Behandlung durch den Ständerat ein strukturelles Finanzierungsdefizit von CHF 13,7 Mio., wodurch er die Vorgaben der Schuldenbremse verletzte. Dennoch nahm ihn die grosse Kammer mit 39 zu 4 Stimmen an, wohlwissend, dass diese Differenz in späteren Runden noch korrigiert werden würde.

Voranschlag 2017 (BRG 16.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2017: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Herbstsession 2016 behandelte der Ständerat als Erstrat das Stabilisierungsprogramm 2017-2019. Roberto Zanetti (sp, SO) stellte einen Minderheitsantrag auf Rückweisung, der den Auftrag an den Bundesrat beinhaltete, die Berechnung des Konjunkturfaktors an die makroökonomischen Gegebenheiten anzupassen und entsprechend die Handhabung der Schuldenbremse zu überprüfen. Die kleine Kammer lehne diesen Antrag mit 31 zu 13 Stimmen und der Begründung ab, dass die Schuldenbremse nicht in Frage gestellt werden sollte. Bei der Behandlung des Programms reduzierte der Ständerat die Sparanstrengungen des Bundesrates deutlich. Während der Bundesrat Einsparungen von CHF 796 Mio. (2017), CHF 898 Mio. (2018) und CHF 978 Mio. (2019) vorgesehen hatte, verringerte die kleine Kammer diese auf CHF 652 Mio. (2017), 637 Mio. (2018) und 702 Mio. (2019). Insbesondere bezüglich der Landwirtschaft und der Bildung zeigte sich der Ständerat grosszügig: Bei der Landwirtschaft strich er sämtliche Sparmassnahmen bei den Direktzahlungen (CHF 62-69 Mio. jährlich), da die Einkommen der Bauern – wie Peter Hegglin (cvp, ZG) argumentierte – bereits sehr tief wären und sich Letztere gerade erst auf die neuen Zielsetzungen, Grundlagen und Rahmenbedingungen der Agrarpolitik 2014-2017 eingestellt hätten. Unverändert beliess der Ständerat die Vorlage des Bundesrates bezüglich der Investitionskredite und der landwirtschaftlichen Strukturverbesserungen. Bei den Bildungsausgaben reduzierte er den vom Bundesrat vorgeschlagenen Sparbetrag um CHF 74-108 Mio. und folgte damit dem Antrag Noser (fdp, ZH) als Sprecher der WBK-SR. Als Kantonsvertreter verzichtete der Ständerat zudem gegen den Willen des Bundesrates darauf, die Integrationsbeiträge an die Kantone sowie die Bundesanteile an den Krankenkassenprämien-Verbilligungen zu reduzieren, da dies zu einer Mehrbelastung der Kantone geführt hätte. Zusätzlich zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Sparanstrengungen wollte die FK-SR hingegen bei der Entwicklungshilfe sparen. Als Befürworter dieser zusätzlichen Reduktion um weitere CHF 100 Mio. argumentierte zum Beispiel Philipp Müller (fdp, AG), dass die diesbezüglichen Ausgaben in den letzten Jahren stetig angestiegen seien, ihre Wirkung hingegen fraglich sei. Werner Hösli (svp, GL) ergänzte, dass die bisherigen Zahlungen offensichtlich die steigenden Asylkosten nicht hatten verhindern können. Christian Levrat (sp, FR) rief dementgegen in Erinnerung, dass das Parlament die APD-Quote – also den prozentualen Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen – im Februar 2011 auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) erhöht hatte. Zudem könne die zusätzliche Reduktion gemäss Bundesrat Burkhalter zur Streichung ganzer Projekte in Nordafrika, dem Mittleren Osten und Afghanistan führen. Knapp entschied sich der Ständerat mit 25 zu 19 Stimmen gegen seine Kommission und erhöhte den Sparbetrag bei der Entwicklungshilfe nicht zusätzlich. In der Wintersession 2016 befasste sich der Nationalrat mit diesem Geschäft.

Stabilisierungsprogramm 2017-2019

Noch bevor sich die Räte ein zweites Mal mit dem Bundesgesetz über die Unternehmenssteuerreform III (USR III) auseinandersetzen konnten, ereignete sich Wegweisendes: Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-SR) präsentierte im April 2016 einen Kompromissvorschlag. Dieser sah im Kern eine USR III mit der vom Nationalrat unterstützen zinsbereinigten Gewinnsteuer, den vom Ständerat propagierten Kantonsanteilen an der direkten Bundessteuer von 21,2% und einer Teilbesteuerung der Dividenden von mindestens 60% vor. Die Steuererleichterungen für Schifffahrtsunternehmen (Tonnage-Tax), die der Nationalrat in die Vorlage aufgenommen hatte, wollte die WAK-SR indes ausklammern und zu einem späteren Zeitpunkt separat weiterverfolgen. Da bei der Frage der Teilbesteuerung von Dividenden - beide Räte hatten sich für die Beibehaltung des geltenden Rechts ausgesprochen - keine Differenz bestand, musste, bevor der Kompromissvorschlag in den Ständerat geschickt werden konnte, die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-NR) in diesem Punkt einen Rückkommensantrag gutheissen. Dies tat sie aber nicht. Mit 15 zu 10 Stimmen sprach sie sich gegen eine Harmonisierung bei der Teilbesteuerung von Dividenden aus. Die USR III solle den Kantonen, so die WAK-NR, möglichst offen lassen, wie sie auf die Abschaffung der kantonalen Steuerstati reagieren möchten. Die WAK-SR zeigte sich enttäuscht über die fehlende Kompromissbereitschaft. Ständerat Zanetti (sp, SO) sprach im Namen der Kommission gar von einem Affront. Fortan waren die Beratungen von taktischen Entscheidungen und verhärteten Fronten geprägt. So lehnte der Ständerat die Einführung der zinsbereinigten Gewinnsteuer auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital mit 26 zu 19 Stimmen ab. Die Tonnage-Tax klammerte er mit 31 zu 14 Stimmen aus der USR III aus und überführte sie in eine eigene Vorlage, die er zur weiteren Prüfung an den Bundesrat zurückwies. Bei den Kantonsanteilen an der direkten Bundessteuer hielt der Ständerat mit 29 zu 13 Stimmen an der Differenz fest. Kurze Zeit später tat dies auch der Nationalrat, der sich überdies erneut mit 129 zu 56 Stimmen bei 3 Enthaltungen für die zinsbereinigte Gewinnsteuer aussprach. Dafür folgte die grosse Kammer dem Ständerat bei der Tonnage-Tax, die damit definitiv nicht mehr Teil der Vorlage war, und lenkte überdies bei der Inputförderung ein, indem sie die maximalen Abzüge für Forschung und Entwicklung auf 150% der tatsächlichen Kosten beschränkte. Ein Antrag einer Minderheit Jans (sp, BS), die auf die Teilbesteuerung von Dividenden zurückkommen wollte, wurde mit 54 zu 127 Stimmen abgelehnt. In der dritten Beratungsrunde gipfelten die strategischen Ränkespiele in einem Vorschlag der ständerätlichen Wirtschaftskommission, Kantonen, die Dividenden zu mindestens 60% besteuern, die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer zu erlauben. Der Antrag der WAK-SR sorgte dann auch für heftige Reaktionen. Ruedi Noser (fdp, ZH), der gegen eine Anpassung der Dividenbesteuerung war, sah den Anstand in Bezug auf den Umgang der Kommissionen geritzt, da man den abgewiesenen Rückkommensantrag so einfach umgehe. Christian Levrat (sp, FR), der gegen die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer Stellung bezogen hatte, sprach seinerseits von einem Verstoss gegen das Parlamentsgesetz. Am Ende war die WAK-SR dann doch erfolgreich. Ihr Antrag wurde mit 22 zu 20 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Und auch im Nationalrat vermochte das Gewinnsteuer-Teilbesteuerungs-Paket zu überzeugen und wurde mit 122 zu 64 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Die SP und die Grünen hatten es geschlossen abgelehnt. Zudem hatten sich 11 Vertreter der SVP dagegen ausgesprochen. Auch bei den Kantonsanteilen an der direkten Bundessteuer kam der Nationalrat dem Ständerat entgegen und stimmte einer Erhöhung auf 21,2% mit 140 zu 49 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Damit waren alle Differenzen bereinigt und die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.

BRG Unternehmenssteuerreform III (BRG 15.049)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)
Dossier: Referenden gegen die Abschaffung der Verrechnungssteuer

Im März 2016 befasste sich die grosse Kammer mit der Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens. Die Beratung des bundesrätlichen Entwurfs, der im Spätherbst 2014 präsentiert worden war, hatte sich aufgrund der bevorstehenden Unterzeichnung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Italien, das Ende 2015 paraphiert wurde, verzögert. In der Detailberatung schuf der Nationalrat mehrere Differenzen zum Vorschlag des Bundesrates. Bei der Frage der pauschalen Quellensteuerabzüge folgte die grosse Kammer seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-NR) und sprach sich mit 96 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen dafür aus, dass die Kantone in Zukunft offenlegen müssen, auf welche Weise sie die Pauschalen für Berufskosten und Versicherungsprämien festsetzen. Diese seien für Steuerpflichtige relevant, weshalb Transparenz in diesem Bereich angebracht sei, argumentierte Kommissionssprecherin Bertschy (glp, BE). Zudem kippte der Nationalrat mit 129 zu 61 Stimmen bei einer Enthaltung eine vom Bundesrat geplante und von einer Minderheit Leutenegger Oberholzer (sp, BL) verteidigte Solidarhaftungsklausel, nach der Mitglieder der Verwaltung und Geschäftsführung für die Entrichtung der Quellensteuer gehaftet hätten, aus seiner Version der Gesetzesrevision. Leutenegger Oberholzers Warnung vor Steuerausfällen vermochte ausserhalb der Reihen von SP und Grünen nur sieben Nationalräte zu überzeugen. Auch beim Thema der Bezugsprovisionen schuf der Nationalrat eine Differenz. Der Bundesrat wollte diese auf 1% des gesamten Quellensteuerbetrags festlegen. Der Nationalrat sprach sich jedoch mit 136 zu 55 Stimmen für einen Antrag Regazzi (cvp, TI) aus, der den Kantonen mehr Spielraum lassen will. Sie sollen den Schuldnern der steuerbaren Leistung Bezugsprovisionen von bis zu 2% gewähren können. Eine weitere Differenz betraf die Höhe des Steuerabzugs von ausländischen Künstlern, denen der Bundesrat – wie Sportlern und Referenten – einen Abzug von 20% der Bruttoeinkünfte als Gewinnungskosten zugestehen wollte. Auf Antrag der WAK-NR erhöhte der Nationalrat diesen Pauschalabzug auf 50%. In der Gesamtabstimmung stimmte die grosse Kammer dem Entwurf mit 185 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu und reichte das Geschäft an den Ständerat weiter.

Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens

In der Wintersession 2015 beschäftigten sich die Räte mit dem Voranschlag 2016, der vom Bundesrat im August verabschiedet worden war und Einsparungen im Umfang von CHF 1,3 Mrd., davon nach Angaben von Finanzministerin Widmer-Schlumpf rund CHF 870 Mio. Querschnittkürzungen, vorsah. Der als Erstrat fungierende Ständerat schuf in der ersten Lesung nur gerade eine Differenz zum Budgetvorschlag des Bundesrates. Auf Antrag seiner Finanzkommission (FK-SR) hiess er diskussionslos eine Aufstockung des Budgets für die Dachverbände der Familienorganisationen um CHF 770'000 auf neu CHF 2 Mio. gut. Ein Minderheitsantrag Häberli-Koller (cvp, TG), der die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte („Schoggigesetz“) um CHF 26,7 Mio. auf CHF 94,6 Mio. erhöhen wollte, scheiterte knapp mit 21 zu 23 Stimmen. Ebenso wurden Einzelanträge der Ständeräte Engler (cvp, GR), der die Beiträge an Schweiz Tourismus (19 zu 25 Stimmen) und für die Exportförderung (18 zu 23 Stimmen) aufstocken wollte, und Baumann (cvp, UR), der die Direktzahlungen an die Landwirtschaft auf dem Niveau des Vorjahres (CHF 2,8 Mrd.) belassen wollte (19 zu 21 Stimmen), abgelehnt. Grössere Anpassungen am bundesrätlichen Vorschlag nahm der Nationalrat vor. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm die grosse Kammer mit 103 zu 84 Stimmen den Antrag einer von SVP, FDP und GLP unterstützen Minderheit Vitali (fdp, LU) an, die die Sach- und Betriebsausgaben des Bundes um CHF 125 Mio. kürzen und damit auf das Niveau des Jahres 2014 zurückschrauben wollte. Die von einer Minderheit Schibli (svp, ZH) geforderten Querschnittskürzungen bei den Bundesausgaben (CHF 3,1 Mrd.) und beim Personalaufwand (CHF 162 Mio.) gingen dem Nationalrat dann aber zu weit und wurden deutlich abgelehnt. Hingegen hiess die grosse Kammer mit 92 zu 91 Stimmen eine von einer Minderheit Pieren (svp, BE) geforderte Reduktion der Mittel für Massnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung um CHF 2 Mio. gut. Der Landwirtschaft sprach der Nationalrat für 2016 indes mehr Mittel zu, als vom Bunderat vorgesehen gewesen war. Bei den Direktzahlungen an die Bauern und beim Schoggigesetz folgte die grosse Kammer mit 125 zu 56 Stimmen bzw. 117 zu 72 Stimmen den Mehrheitsanträgen ihrer Finanzkommission (FK-NR) und sprach sich dafür aus, die Beiträge im Vergleich zu 2015 nicht zu kürzen. In der zweiten Lesung hielt der Ständerat in sämtlichen Punkten am Vorschlag des Bundesrates fest, wobei bei den landwirtschaftlichen Differenzen wiederum nur wenige Stimmen den Ausschlag gaben. Der Nationalrat schwenkte seinerseits in der zweiten Lesung bei einer Differenz auf die Linie des Ständerates um. Mit 112 zu 77 Stimmen sprach er sich gegen die Budgetkürzung bei den Massnahmen zur Gleichstellung aus. Die gesamte SVP und ein Drittel der FDP-Liberalen-Fraktion hatten für die Kürzung gestimmt. Von den verbleibenden Differenzen konnte in der dritten und letzten Beratungsrunde dann nur noch eine bereinigt werden. Die kleiner Kammer folgte mit 23 zu 21 Stimmen einer Minderheit Hösli (svp, GL) und stimmte damit dem Vorschlag des Nationalrats zu, die Landwirtschaft nach 2015 auch 2016 mit Direktzahlungen in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. zu unterstützen. Damit musste der Voranschlag wie bereits im Vorjahr vor die Einigungskonferenz.

Voranschlag 2016 (BRG 15.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2016: Voranschlag und Staatsrechnung