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Der Bundesrat beschloss Anfang November 2019, die Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung (SEFV) per Jahresbeginn 2020 in Kraft treten zu lassen. Er setzte damit fünf Anpassungen um, die er zuvor in die Vernehmlassung geschickt hatte. Die Änderungen betrafen unter anderem die Beitragspflichten der Atomkraftwerkbetreiber. Diese Zahlungen hätten erhöht werden sollen, da (aufgrund der angepassten Anlagerendite und Teuerungsrate) die Beitragspflichten von jährlich insgesamt CHF 96 Mio. auf CHF 183.7 Mio. angestiegen wären.
Am 6. Februar 2020 gab jedoch das Bundesgericht einer am 9. Mai 2018 eingereichten Beschwerde der Axpo Power AG, der BKW, der beiden Kernkraftwerke Gösgen-Däniken und Leibstadt sowie des Zwischenlagers Würenlingen gegen eine Verfügung des UVEK vom 12. April 2018 statt. In jener Verfügung hatte das UVEK die Kosten für die beiden Fonds festgelegt und die Beträge gegenüber jenen der Verwaltungskommission des STENFO beim Stilllegungsfonds um CHF 46 Mio. und beim Entsorgungsfonds um CHF 1.051 Mrd. erhöht. Der Bundesrat hatte zwar am 7. Oktober 2015 eine Änderung der Verordnung zum Kernenergiegesetz beschlossen, wonach ab 2016 das UVEK die Jahresbeiträge bestimmen soll, das Bundesgericht hielt jedoch fest, dass das Kernenergiegesetz keine solche Delegation an das UVEK vorsehe und die Verwaltungskommission des STENFO, in welcher auch Beitragspflichtige vertreten sind, die Jahressätze zu bestimmen habe. Gemäss Bundesgericht dürfe also nicht das UVEK, sondern nur die Verwaltungskommission des STENFO Verfügungen zu den berechneten Stilllegungs- und Entsorgungskosten erlassen. Der Bundesrat sei durch das UVEK lediglich befugt, Regeln darüber erlassen, wie die Beiträge zu bemessen seien, hielt das Bundesgericht weiter fest. Als Folge des Entscheids wird nun die Verwaltungskommission des STENFO über die Höhe der Einzahlungen für den Zeitraum 2017–2021 befinden. Der Entscheid des Bundesrates zur Delegation der Kostendefinition an das UVEK wurde infolgedessen korrigiert.
Wie in der Medienmitteilung des Bundesrates Ende 2019 zu lesen war, sollte mit der Revision sichergestellt werden, dass die Atomkraftbetreiber für die gesamten Kosten für die Stilllegung und Entsorgung der Atomkraftwerke und des atomaren Abfalls aufkommen: «Wesentlich ist, dass die Beitragspflichtigen für die gesamten Stilllegungs- und Entsorgungskosten aufkommen müssen. An dieser Verpflichtung ändert sich nichts.» Ungemach in diesen Grundsatz brachte im Sommer 2020 jedoch ein vom «Blick» veröffentlichtes geheimes Gutachten eines Anwaltsbüros im Auftrag der Verwaltungskommission des STENFO, wonach ein hohes Risiko bestehe, dass am Ende der Bund – und damit die Steuerzahlenden – bei der Finanzierung in die Bresche springen müssten. Grund dafür sei die Gefahr eines Dominoeffekts, bei dem Partner von AKW-Betreiberfirmen die finanzielle Notlage einer gewichtigen Atomkraftbetreiberin – wie beispielsweise Alpiq oder Axpo – nicht mehr ausgleichen könnten und selbst in Geldnöte gerieten.
Dass die Frage der Finanzierungsaspekte noch nicht vollständig geklärt ist und sich auch die AKW-Betreiberfirmen nicht immer einig sind, zeigte sich nebst den vielen Anpassungen und Diskussionen auch durch Gerichtsentscheide: Ende 2020 unterlagen beispielsweise die BKW vor Bundesgericht einem Anliegen ihrer Konkurrentinnen Axpo und Alpiq bezüglich der Rendite der Fondsgelder. Geringste Anpassungen bei den Vorgaben können aufgrund des langen Zeithorizontes der Geldanlagen zu grossen Kostenunterschieden führen und bieten damit einen Nährboden für verschiedenste Unstimmigkeiten zwischen den Akteuren.

nationalen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds aufstocken

Jahresrückblick 2019: Energie

Einen grossen Umbruch erlebte die Schweizer Energiepolitik 2019 mit der ersten Ausserbetriebnahme eines konventionell genutzten Kernkraftwerks der Schweiz. Am 20. Dezember um 12:30 Uhr wurde dem Atomkraftwerk Mühleberg (BE), das seit 1972 Elektrizität für die Schweiz geliefert hatte, sprichwörtlich der Stecker gezogen. Die Betreiberfirma BKW hatten schon Ende Oktober 2013 angekündigt, das «Atomi» – wie es Anwohnerinnen und Anwohner der Region nannten – vom Netz nehmen und die Rückbauarbeiten der Anlage bis im Jahr 2034 vollenden zu wollen. Ende 2019 wurde ebenfalls klar, dass das nahe Basel gelegene und seit Jahren in Kritik stehende elsässische AKW Fessenheim im Jahr 2020 den Betrieb einstellen wird.
Gleichzeitig sorgte in den Medien 2019 eine per 1. Februar in Kraft getretene Verordnungsanpassung im Kernenergiebereich für Furore. Der Bundesrat hatte in Artikel 123. Abs. 2 der Strahlenschutzverordnung eine Präzisierung vorgenommen, wonach natürliche Störfälle, die im Schnitt einmal alle 10'000 Jahre vorkommen – beispielsweise ein stärkeres Erdbeben – klar der Störfallkategorie 3 zugeordnet werden sollen. Bisher war in der Verordnung nicht klar ersichtlich gewesen, ob solche Ereignisse der Störfallkategorie 2 oder 3 zugeordnet werden müssen. Die Präzisierung hat zur Folge, dass die AKWs bei Erdbeben dieser Art den weniger strengen Strahlendosisgrenzwert vom 100 mSv (Kategorie 3) anstatt jenem von 1 mSv (Kategorie 2) einhalten müssen und somit bei einem solchen Unfall mehr Radioaktivität austreten dürfte, als bei einer Einteilung in die Kategorie 2 erlaubt gewesen wäre. Die Änderung war – zumindest in den Augen der Kritikerinnen und Kritiker – insofern auch (rechtsstaatlich) brisant, als parallel zur Verordnungsanpassung ein gerichtliches Verfahren um genau diese Verordnungsstelle im Gange war, parlamentarische Prozesse in die Wege geleitet wurden (Po.18.3175; Mo. 18.3010; Mo. 18.4233) und in der Vernehmlassung diesbezüglich viele kritischen Stimmen laut geworden waren. Ein strengerer Grenzwert hätte aber vor allem bedeutet, dass beispielsweise die Kernenergieanlagen in Beznau die Sicherheitsbestimmungen (zumindest vorübergehend) nicht mehr erfüllt hätten und folglich vom Netz hätten genommen werden müssen. Mit dieser Frage musste sich 2019 auch die UREK-SR intensiv befassen, die selbst nach umfangreichen Anhörungen ein Kommissionspostulat als Erweiterung des in drei Sitzungen diskutierten ständerätlichen Postulats mit dem Ziel einreichte, bessere Kenntnisse über die Folgen dieser Verordnungsrevisionen für die Bevölkerung zu erlangen. Stillschweigend nahm das Stöckli das heiss diskutierte Postulat im Frühling 2019 an.
Zentrales Thema im Kernenergiebereich bildete zudem 2019 auch weiterhin die Suche nach geeigneten Standorten für die Errichtung von Tiefenlagern für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen aus Kernkraftwerken sowie aus der Forschung. Nach Abschluss der zweiten Etappe im Sommer 2018 begannen in der dritten Etappe vorwiegend auch im Jahr 2019 nach und nach verschiedenste Sondierbohrungen in den in der engeren Auswahl stehenden Standortgebieten Jura Ost (AG), Nördlich Lägern (AG und ZH) und Zürich Nordost (TG und ZH). In den betroffenen Regionen wurden diese detaillierten Untersuchungen der Umweltbeschaffungen zum Dauerbrenner in den lokalen Zeitungen, vor allem auch deshalb, weil diese nun deutlich sichtbaren Arbeiten teils auf grossen Widerstand aus der lokalen Bevölkerung stiessen. Der Bundesrat rechnete indes damit, im Jahr 2029 den definitiven Standortentscheid für ein geologisches Tiefenlager bekannt geben zu können.

Das im Bereich der Wasserkraft dominierende Thema war zum einen die Frage nach der Festlegung des Wasserzinsmaximums – also die maximal mögliche durch den Kanton festgelegte Abgeltung der Wasserkraftwerkbetreiber an den Kanton für die Nutzung des öffentlichen Gutes Wasserkraft. Während die eine Seite für eine Senkung ebendieses Maximums plädierte mit der Begründung, die inländische Wasserkraft so finanziell besser aufstellen zu können, setzten sich in der Schlussabstimmung vom Mai 2019 die Gebirgskantone durch, die sich für eine Verlängerung des derzeit geltenden Wasserzinsregimes von CHF 110 pro Kilowatt Bruttoleistung bis Ende 2024 eingesetzt hatten.
Zum anderen diskutierten die UREK-Kommissionen und die Räte eine parlamentarische Initiative, die eine Anpassung der Regelungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen verlangte. Demnach sollen bei Neukonzessionierungen für bestehende Wasserkraftanlagen die Rahmenbedingungen so geändert werden, dass die Basis für die Beurteilung für die Festlegung von Umweltkompensationsmassnahmen neu auf den Zustand zum Zeitpunkt der Konzessionseinreichung festgelegt werden soll. Nach bisheriger Regelung mussten Umweltschutzkompensationsmassnahmen auf Basis des Zustandes vor Errichtung der Anlage erfolgen. Da die Anlagen aber teilweise schon seit über 80 Jahren bestehen, die Ermittlung des ursprünglichen Landschaftsbildes sich als schwierig erwies und die Wasserkraftwerkbetreiber somit hoher Unsicherheit und hohen Kosten begegnen würden, stimmte eine Mehrheit des Nationalrates im Herbst 2019, sowie auch eine Mehrheit des Ständerates in der Wintersession für diese Lockerung der Umweltschutzbestimmungen. Eine Minderheit hatte vergebens die Meinung des Bundesrates vertreten und versucht, eine Formulierung beizubehalten, die mehr Massnahmen zugunsten der Umwelt beinhaltete.

Im Bereich der fossilen Energieträger sorgte eine Ankündigung des Bundesrates von Ende Oktober für grosses Aufsehen, in welcher er die Vernehmlassung für die Schaffung eines neuen Gasversorgungsgesetzes (GasVG) eröffnete. Der Bundesrat beabsichtigte demnach, den Gasmarkt in der Schweiz teilweise zu öffnen. Analog zum Modell im Strommarkt könnten so künftig Grosskundinnen und Grosskunden ihren Anbieter frei auf dem Markt wählen. Mit der Schaffung des neuen GasVG soll zudem eine spezielle Gasmarktordnung geschaffen werden, die den bisher sehr vage geregelten Gasmarkt besser koordinieren soll. Ein kleines Erdbeben mit nationaler Ausstrahlkraft verursachte zudem die kantonale Berner Energievorlage, die am 10. Februar 2019 eine knappe Abfuhr an der Urne erhielt. Die Vorlage beinhaltete Massnahmen im Gebäudebereich, mit denen die Energieziele des Bundes auf kantonaler Ebene – unter anderem durch den Ersatz von Gas- und Ölheizungen durch Technologien erneuerbarer Energiequellen – hätten umgesetzt werden sollen.

Ein in den Medien stark aufgegriffenes Thema war die Frage nach der Revision des Stromversorgungsgesetzes – also einer Neugestaltung des Strommarktdesigns dergestalt einer Strommarktliberalisierung mit einer freien Wahl des Stromanbieters für alle. Diese Diskussion war stets auch verknüpft mit der Frage nach einem Stromabkommen mit der EU, das eine solche Strommarktliberalisierung als Voraussetzung vorsieht. Die Arbeiten und Verhandlungen in diesem Bereich werden sich wohl in den kommenden Jahren fortsetzen.

Allgemein betrachtet verzeichnete das Kapitel «Energie» 2019 im Vergleich zu den Jahren 2016-2018 einen starken Rückgang an Zeitungsberichterstattungen – wie eine Analyse von APS Ende 2019 zeigte. Während der Themenbereich «Energie» in den Jahren 2016 und 2017 zwischen 3.5 bis fast 4 Prozent aller erfassten Zeitungsberichterstattungen ausmachte, halbierte sich dieser Anteil in den Jahren 2018 sowie 2019 um mehr als die Hälfte. Dies lässt sich wohl mit den beiden Volksabstimmungen «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» von Ende 2016 sowie der Energiestrategie 2050 erklären, die ebenfalls in einer Referendumsabstimmung im Mai 2017 ihren Höhepunkt fand, und die für eine starke Berichterstattung sorgten. Innerhalb des Jahres 2019 liess sich ein leichtes Sommertief sowie ein Anstieg der Zeitungsberichterstattung auf die Herbstsession hin feststellen, wobei der Höchstwert von gut 2.4 Prozentpunkten im Jahresvergleich immer noch tief ausfiel.

Jahresrückblick 2019: Energie
Dossier: Jahresrückblick 2019

In der Wintersession 2019 folgte der Ständerat dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit und gab mit 26 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Walliser Standesinitiative für eine Lockerung des Gewässerschutzgesetzes keine Folge. Ausgangspunkt für die Standesinitiative war ein Bundesgerichtsentscheid um Restwassermengen für die Wasserkraftanlage Chippis-Rhone (VS) gewesen: In Anwendung des neu geltenden Gewässerschutzgesetzes im Zuge der Neukonzessionierung war die Betreiberin verpflichtet worden, die strengeren Umweltbestimmungen einzuhalten und insbesondere Vorgaben zu Restwassermengen – dem Anteil an Wasser, der nicht gestaut werden darf und ungehindert weiterfliessen können muss – im Sinne einer verbesserten Biodiversität zu beachten. Diese Massnahmen würden aber zu starken Einbussen in der Stromproduktion führen, was nicht mit den Wasserkraftausbauzielen der Energiestrategie 2050 einhergehe, argumentierte Ständerat Beat Rieder (cvp, VS). Er lieferte sich im Rat ein kleines Wortgefecht mit dem Kommissionsmehrheitssprecher Roberto Zanetti (sp, SO), der davor warnte, diese Bestimmung im Gewässerschutzgesetz anzutasten, die damals im Sinne einer Kompromisslösung als indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» Einzug ins Gesetz gefunden hatte. «Man kann sich auch beim Umgang mit Wasser die Finger verbrennen», ermahnte Zanetti seinen Walliser Amtskollegen.

Wasserkraft. Für eine Lockerung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (Kt. Iv. VS 18.310)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015
Dossier: Wasserkraft: Konzessionserneuerungen und Umweltmassnahmen
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Mitte März 2019 endete die Vernehmlassung zur Teilrevision der Stilllegungs- und Entsorgungsverordnung (SEFV). Im Kern beinhaltete die Revision fünf Anpassungen: Erstens sollte der von der Strombranche stark kritisierte pauschale Sicherheitszuschlag wieder gestrichen werden, da mit der neuen Berechnungsmethode der Kostenstudie 2016 solche kalkulatorischen Unsicherheiten bereits einberechnet werden. Zweitens sollte auch der Rückforderungsprozess zum Herauslösen von Fondsmitteln konkretisiert und erleichtert werden. Dies waren die zwei Punkte in der Revision, die gemäss dem Vernehmlassungsbericht vom November 2019 sowohl von der Strombranche als auch von einer Mehrheit der Kantone begrüsst wurden. Starke Kritik seitens der Kernkraftbranche und beispielsweise des Kantons Zürich gab es hingegen für die weiteren Anpassungen. So sollten drittens die Anlageparameter auf die einbezahlten Mittel gesenkt werden und viertens eine Anpassung der personellen Zusammensetzung der Betreibergesellschaften in den Organen des STENFO vorgenommen werden. Mit letzterer Änderung sollten die unabhängigen Mitglieder des Rats gestärkt werden. Diese «Good-Governance-Strategie», wie sie die Befürwortenden bezeichneten, missfiel den Kernkraftwerkbetreibern, da sie die Kosten für die Stilllegung und Entsorgung der AKW zu tragen hätten und die nötige Fachkompetenz für die Verwaltung der Fonds mitbringen würden, so der Verband Swissnuclear. Der fünfte Punkt des Entwurfs beinhaltete Anpassungen beim Rückerstattungsprozess. So sollten im Falle einer Überdeckung der Soll-Fondsbeiträge die überschüssigen Beträge erst zum Zeitpunkt der Schlussabrechnung zurückbezahlt werden können.
Mit der Revision wolle der Bundesrat erreichen, dass für die Stilllegung und Entsorgung der AKW genügend finanzielle Mittel in den beiden Fondstöpfen liegen und nicht der Fiskus am Ende in die Bresche springen müsse, so die NZZ.

nationalen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds aufstocken

Eine vom Kanton Wallis im Mai 2018 eingereichte Standesinitiative forderte von den eidgenössischen Räten, die nationalen Bestimmungen für die Wasserkraft – im Besonderen jene im Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer – zu lockern. Der Grosse Rat des Kantons Wallis fundierte diese Forderung mit dem Argument, dass durch die im Jahre 1991 eingeführten Umweltschutzbestimmungen das Wasserkraftpotential in der Schweiz nicht ausreichend ausgeschöpft werden könne. Der Gebirgskanton sah das Problem dabei vor allem in den zu leistenden Kosten für Kompensations- und Umweltmassnahmen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung, welche in den kommenden Jahren im Zuge der anstehenden Neukonzessionierungen bei einem Grossteil aller Anlagen zu leisten sind. Gemäss der im «Nouvelliste» genannten Studie des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands (SWV) würden sich demnach die schweizweiten Stromproduktionsverluste nach den Neukonzessionierungen in der Wasserkraft aufgrund der neu einzuhaltenden Umweltvorschriften auf elf Prozent belaufen. Die bisher geltenden Konzessionen stammen grösstenteils noch aus den Jahren vor 1991 und müssen deshalb die strengeren Gewässerschutzbestimmungen noch nicht einhalten, erklärte etwa die Westschweizer Zeitung «Le Temps».
Die UREK-SR zeigte sich im Januar 2019 zuerst noch unentschlossen und bat die Verwaltung deshalb, aktuelle Datengrundlagen zu liefern, um abschätzen zu können, ob und wie die aktuell geltenden Umweltvorschriften bei der Neukonzessionierung von Wasserkraftanlagen die Ziele im Zubau der Wasserkraft gemäss der Energiestrategie 2050 beeinflussen. Im September desselben Jahres beantragte die Kommission nach Begutachtung der Datengrundlagen mit 7 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung, der Walliser Standesinitiative keine Folge zu geben. Nach Ansicht der Kommissionsmehrheit würden die geltenden Umweltschutzvorschriften die Ausbauziele in der Wasserkraft gemäss der Energiestrategie 2050 nicht behindern.

Wasserkraft. Für eine Lockerung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (Kt. Iv. VS 18.310)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015
Dossier: Wasserkraft: Konzessionserneuerungen und Umweltmassnahmen
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Da die Aare im Jahr 2018 beim AKW Beznau die in der Gewässerschutzverordnung aus dem Jahr 1999 festgelegte Temperaturlimite von 25 Grad Celsius während mehrerer Tage deutlich überschritten hatte, startete das BFE im Juli 2019 ein Verfahren für eine allfällige Anpassung oder Neuerteilung der Bewilligung für die Kühlwasserleitung der Anlagen in Beznau. Diese basierte zum aktuellen Zeitpunkt noch auf der weniger strengen Verordnung über Abwasserleitungen aus dem Jahr 1975, welche keine Grenze bei 25 Grad Celsius kennt. Als Sofortmassnahme verfügte das BFE zudem eine Regelung für den Sommer 2019, wonach die Betreiberin Axpo die Leistung der beiden Reaktoren bei einer Überschreitung der Aaretemperatur von 25 Grad Celsius drosseln oder ganz herunterfahren muss.

Kühlwasser AKW 25 Grad Celsius Limite

Das Thema Endlagerung radioaktiver Abfälle und die Suche nach geeigneten Standorten für die Errichtung von Tiefenlagern vermochte in den Medien ein starkes Echo herbeizuführen. Die Standortwahl für geologische Tiefenlager erfolgt dabei gemäss dem «Sachplan geologische Tiefenlager» in drei Etappen. Im November 2018 kündigte der Bundesrat nach einer umfangreichen Vernehmlassung an, dass die zweite Etappe abgeschlossen sei. Nach einer groben Auslegung möglicher Gebiete in der ersten Etappe sei in der zweiten Etappe eine präzisere Auswahl möglicher Standorte getroffen worden. In der dritten Etappe werden nun die in der verfeinerten Betrachtung gefundenen Standortgebiete Jura Ost (AG), Nördlich Lägern (AG und ZH) und Zürich Nordost (TG und ZH) vertieft untersucht und miteinander verglichen, sodass die NAGRA im Jahr 2022 entscheiden kann, für welchen Standort bzw. für welche Standorte sie bis 2024 ein Rahmenbewilligungsgesuch einreichen will. Die drei weiteren Gebiete, die vorläufig für die dritte Etappe nicht weiter betrachtet werden – es sind dies Südranden bei Neuhausen (SH), Jura Südfuss (SO und AG) und Welleberg (NW und OW) –, werden als Reserveoptionen beibehalten.
In der dritten Etappe begannen nun auch die Tiefenbohrungen, welche in der lokalen Bevölkerung teilweise für Unmut sorgten. Verschiedene Organisationen wie beispielsweise die Widerstandsgruppe «Klar! Schweiz» (Kein Leben mit atomaren Risiken) in Zürich Nordost, der Verein «Loti» (Nördlich Lägern ohne Tiefenlager) in Nördlich Lägern oder die Gruppen «Kaib» (Kein Atommüll in Bözberg) und «ARI» (Interessengemeinschaft Attraktives Riniken) im Gebiet Jura Ost kämpften gegen die Durchführung von Sondierbohrungen und die Errichtung von Endlagern in den betroffenen Regionen. Die NAGRA hatte in den Jahren 2016 bis 2018 beim BFE insgesamt 23 Gesuche für Sondierbohrungen in den drei Gebieten eingereicht, gegen welche rund 700 Einsprachen eingingen. Jedes dieser Gesuche wird nun einzeln behandelt und vom UVEK zu gegebener Zeit bewilligt, sodass schrittweise mit der Durchführung der einzelnen Bohrungen begonnen werden kann. Die NAGRA geht aber davon aus, dass nicht alle 23 Bohrungen durchgeführt werden müssen, falls schon mit weniger Aufwand genügend Informationen gesammelt werden können.
Nach Einreichung der Rahmenbewilligungsgesuche im Jahr 2024 wird der Bundesrat voraussichtlich im Jahr 2029 den definitiven Standortentscheid treffen, welcher danach vom Parlament abgesegnet werden muss. Zu guter Letzt werde womöglich das Schweizer Stimmvolk ungefähr im Jahr 2031 in einem fakultativen Referendum das letzte Wort haben, rechnete das St. Galler Tagblatt vor. Trotz Widerständen kalkuliert das BFE, welches die Gesamtverantwortung trägt, mit einer frühsten Inbetriebnahme des Lagers für schwach bis mittelaktive Abfälle (SMA) im Jahr 2050 und jenem für hochaktive Abfälle (HAA) im Jahr 2060.

Endlager für radioaktive Abfälle (3. Etappe; 2018–2029)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Verschiedene Medien berichteten 2018 über das «Massaker» an Wanderfischen in den hiesigen Wasserturbinen. Im neuen, 2011 in Kraft getretenen Gewässerschutzgesetz ist vorgesehen, bis ins Jahr 2030 landesweit alle Anlagen zu sanieren und fischgerecht auszugestalten. Diese Sanierungen werden gebührenbasiert via Bund von den Stromverbraucherinnen und -verbrauchern finanziert. Das BAFU, der Schweizerische Fischereiverband sowie Umweltverbände bezweifeln aber mittlerweile, dass die CHF 1 Mrd. Gebühreneinnahmen reichen werden, um sämtliche Fischtreppen und Fischabstiege finanzieren zu können, und sehen die Fischbestände in Gefahr. Auswertungen des BAFU aus dem Jahr 2013 zufolge bestünden in der Schweiz rund 1000 Querbauten auf Gewässern, die eine freie Fischwanderung behinderten.

Schutz der Fischbestände bei Wasserkraftanlagen
Dossier: Volksinitiative "Lebendiges Wasser" und ihre Folgen

Nachdem im Februar 2019 die umstrittene Revision der Kernenergieverordnung KEV in Kraft getreten war – welche unter anderem die Präzisierung der besagten 100-Millisievert-Auslegung bei Störfällen natürlichen Vorkommnisses beinhaltete – beurteilte die ausserparlamentarische Kommission KNS diese Präzisierungen in ihrem Tätigkeitsbericht zum Jahr 2018 positiv. Die Änderungen würden «zu einer klareren Struktur und Aussage der rechtlichen Vorgaben in den betroffenen Bereichen führen». Zudem würde durch die getroffenen Anpassungen das «bisherige Schutzniveau von Mensch und Umwelt beibehalten», resümierte die KNS im April 2019. Die KNS hatte schon im März 2012 dafür plädiert, die Verordnung in den betroffenen Punkten zu revidieren und Unklarheiten zu korrigieren.

Revidierte Kernenergieverordnung / Lex Beznau
Dossier: Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit KNS
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Um den Schutz der Bevölkerung vor radioaktiven Gefahren aufrechtzuerhalten und die verursachergerechte Finanzierung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten der AKWs zu sichern, forderte die Grüne Fraktion mittels der Einreichung eines Postulats einen Bericht, der aufzeigt, ob und wie die rechtlichen Grundlagen zur Erreichung dieser Ziele in Anbetracht des mittelfristig beschlossenen Atomausstiegs angepasst werden müssten. Sowohl der Bundesrat als auch eine Mehrheit des Nationalrates (mit 119 zu 60 Stimmen) erkannten jedoch keine Notwendigkeit eines solchen Berichts und lehnten das Postulat in der Sondersession im Mai 2019 ab.

Atomausstieg. Sicherheit gewährleisten und offene Fragen klären (Po. 17.3438)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Um das Postulat Müller (fdp, LU; Po. 18.3175) zu erweitern, reichte die UREK-SR im November 2018 ein Kommissionspostulat «Dosisgrenzwerte bei Kernanlagen, radioaktive Strahlung und Strahlenschutz» ein. Mit diesem Postulat forderte die Kommission einen Bericht, der aufzeigt, welche konkreten Folgen die Änderungen der Teilrevision der Kernenergieverordnung, der UVEK-Ausserbetriebnahmeverordnung und der UVEK-Gefährdungsannahmeverordnung für die Bevölkerung haben. Vor allem die neu festgelegten radioaktiven Grenzwerte sind dabei im Vergleich zu internationalen Empfehlungen und Erkenntnissen aus der Wissenschaft zu beurteilen. Im Unterschied zum Postulat Müller soll dieser Bericht konkret auf Befunde der Wissenschaft zu ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich, auf jene aus der Medizin und auf die Entwicklungen der radioaktiven Belastungen aus verschiedenen Quellen eingehen – immer auch im Hinblick auf die Verhältnismässigkeit zwischen dem Schutz der Bevölkerung und dem Nutzen der Anwendung von Technologien im Zusammenhang mit Radioaktivität. Die Schweizer Strahlenschutzkonzepte sollen zudem im Bericht direkt mit internationalen Standards und Richtlinien verglichen werden. Der Bundesrat beantragte das Postulat – entgegen seinem Antrag vom Mai 2018 zum vorangehenden Postulat Müller – zur Annahme.

In der Frühjahrssession 2019 debattierte die kleine Kammer die beiden Postulate zusammen in einer Sitzung. Werner Luginbühl (bdp, BE), der für die Kommission sprach, betonte die hohe Komplexität der Fragestellung. Er erklärte, dass sich die UREK-SR an drei Sitzungen mit dem Geschäft Müller, das an die Kommission zur Vorberatung zurückgewiesen worden sei, befasst habe. Die Kommission habe zudem umfangreiche Anhörungen durchgeführt, was bei einer Vorberatung von Vorstössen eher unüblich sei. Diese Anhörungen hätten aber nicht zu eindeutigen Ergebnissen geführt, weshalb die Kommission einen erweiterten Bericht zu dieser Frage als sachdienlich erachte. Um diese erforderlichen Informationen und Zusammenhänge für eine seriöse Beurteilung zu erhalten, habe man folglich das vorliegende (dem Postulat Müller gegenüber etwas weitreichendere) Kommissionspostulat eingereicht. Auf Grund dessen solle der Bundesrat eine «wirklich unabhängige Expertenkommission», die auch ausländische Experten beinhalte, mit der Behandlung der Fragestellung beauftragen, betonte Luginbühl. Um dem erweiterten Kommissionspostulat, mit dem seine Anliegen gleichermassen umgesetzt würden, den Vorrang zu geben, zog Müller in der Folge sein Postulat (Po. 18.3175) zurück.
Ein umstrittener Punkt in der Ständeratsdebatte betraf die nur indirekt mit den Postulaten in Zusammenhang stehende Frage, ob der Bundesrat eine Verordnung ändern könne und/oder solle, wenn dazu gerade ein hängiges Gerichtsverfahren und eine parlamentarische Debatte vorliegen. So hatte der Bundesrat per 1. Februar 2019 eine Verordnungsrevision in Kraft gesetzt, welche tiefere Anforderungen an den Strahlenschutz im Gesetz konkretisiert und damit den Weiterbetrieb der AKWs sicherstellt, obwohl sich in der Vernehmlassung diesbezüglich viele kritische Stimmen gemeldet hatten, Müller in dieser Sache einen parlamentarischen Prozess in Gang gesetzt hatte (Po. 18.3175) und gleichzeitig ein Bundesverwaltungsgerichtsentscheid hängig war. Der ursprüngliche Postulant Damian Müller kritisierte dieses Vorgehen deutlich: «Ich muss sagen, dass mich dieses Vorgehen überrascht hat und dass ich es als schlechten Stil erachte, wenn die Kommission und einige Fachexperten für Strahlenschutz derart übergangen werden!» Später fügte er hinzu, dass der Bundesrat mit diesem Entscheid wenig Vertrauen in die hiesigen Gerichte gezeigt habe. Auch an der Begründung des BFE und der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard zur Notwendigkeit einer raschen Verordnungsanpassung angesichts des hängigen Gerichtsverfahrens und der dadurch drohenden Infragestellung sämtlicher AKWs in der Schweiz – je nach geltendem Grenzwert bzw. je nach Gerichtsentscheid hätten die AKWs die Vorgaben nicht mehr erfüllen können und ihren Betrieb (vorübergehend) einstellen müssen – fand Müller keinen Gefallen. Kommissionssprecher Luginbühl erachtete das Vorgehen des Bundesrates hingegen als legitim.
Die neu für die Energiepolitik zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga beanspruchte das Schlusswort für sich, sprach von einer Blickrichtung nach vorne und befürwortete das Postulat, das mittels einer sachlichen Überprüfung von unabhängiger Seite in der Bevölkerung wieder Vertrauen im Bereich Strahlenschutz schaffen solle. Der Ständerat nahm daraufhin das komplexe Postulat, welches das Thema der Kontrolle, des Vertrauens und der Zuständigkeiten im Nuklearbereich stark tangiert, stillschweigend an.

Valeurs limites de dose pour les installations nucléaires, le rayonnement radioactif et la radioprotection (Po. 18.4107)
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Seit dem Jahr 1985 sind Betreiber von Atomkraftwerken verpflichtet, jährliche Beiträge in den Stilllegungsfonds und seit dem Jahr 2002 zusätzlich in den Entsorgungsfonds zu leisten. Grundlage für die Berechnung ebendieser Einzahlungen bilden Kostenstudien. Mit der vorliegenden Revision will der Bundesrat die Stilllegungs- und Entsorgungsverordnung (SEFV) auf Basis der Kostenstudie von 2016 anpassen. Zentrale Änderungen der Verordnung sind die Streichung eines 2015 eingeführten allgemeinen, pauschalen Sicherheitszuschlags von 30 Prozent, der mit der neuen Berechnungsmethode bei den Kostenstudien nicht mehr nötig ist. Mit jenem Zuschlagssatz, gegen welchen sich die Betreiberfirmen vor dem Bundesgericht erfolglos gewehrt hatten, hatte man ursprünglich das Ziel verfolgt, mögliche Finanzrisiken abzufangen. Nebst dieser Änderung beinhaltet die Vorlage weitere Anpassungen wie beispielsweise die Senkung der nominalen Anlagerendite (von bisher 3.5% auf 2.1%) und der Inflationsrate (von bisher 1.5% auf 0.5%) betreffend die finanzielle Anlage der Fondsgelder. Diese Senkung hat zur Folge, dass auf die einbezahlten Beiträge eine tiefere Realrendite (diese entsteht aus der Differenz von Anlagerendite und Inflationsrate) berechnet wird und dadurch die Betreiberfirmen höhere Beträge einzahlen müssen – die BKW beispielsweise nannte gegenüber der NZZ einen eigenen Mehraufwand von CHF 100 Mio. Unzufrieden über einige geplante Anpassungen der Verordnung sowie über die vorgesehene Senkung der Realrendite um 0.4 Prozent auf 1.6 Prozent äusserte sich einerseits der Branchenverband Swissnuclear. Gemäss der Basler Zeitung haben die Betreiberfirmen der Schweizer Atomkraftwerke deshalb im Januar 2019 eine weitere Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eingereicht. Andererseits übte beispielsweise die atomkritische Schweizerische Energiestiftung (SES) auch generelle Kritik an der in den Beiträgen eingebauten Sicherheitsmarge – dem Zuschlag auf die berechneten Basiskosten der Stilllegung und Entsorgung, um mögliche Kostenüberschreitungen finanziell trotzdem decken zu können: Gemäss einer von der SES in Auftrag gegebenen Studie seien die derzeitigen Einzahlungen in den Fonds viel zu tief und es bestehe die Gefahr, dass die Steuerzahlenden am Ende für die Entsorgung und Stilllegung aufkommen müssten, berichtete etwa das St. Galler Tagblatt. Der Bundesrat schickte die Vorlage Ende 2018 in die Vernehmlassung, die bis Mitte März 2019 dauert.

nationalen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds aufstocken

Noch kurz vor dem Inkrafttreten der stark umstrittenen Verordnungsänderung im Kernenergiebereich wies das Bundesverwaltungsgericht im Januar 2019 eine Beschwerde von 15 Privatpersonen – unter ihnen eine Gruppe von Beznau-Anwohnerinnen und -Anwohnern sowie Vertreterinnen und Vertreter der Schweizerischen Energiestiftung (SES), von Greenpeace und des Trinationalen Atomschutzverbands (Tras) – gegen eine Verfügung des ENSI vom 27. Februar 2017 ab. Das Gericht erachtete die Beurteilung der Erdbebensicherheit beim AKW Beznau durch das ENSI als korrekt und bestätigte die Anwendung des weniger strengen 100-Millisievert-Grenzwertes bei Erdbeben, die einmal alle 10'000 Jahre vorkommen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied somit in Übereinstimmung mit der Verordnungsänderung, welche ebenfalls die Anwendung des weniger strengen Grenzwerts von 100 Millisievert festschreibt. Die Beschwerdeparteien zeigten sich enttäuscht und erklärten gemäss der Aargauer Zeitung einen Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht. Unabhängig vom Gerichtsentscheid trat die indirekt damit in Verbindung stehende Verordnungsänderung per 1. Februar 2019 in Kraft.

Revidierte Kernenergieverordnung / Lex Beznau
Dossier: Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit KNS
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 hatte der Bundesrat 2011 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um eine Verschärfung des Notfallschutzes um Kernanlagen zu prüfen. Nachdem der Bundesrat im Sommer 2017 eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt hatte, verabschiedete er im November 2018 die Totalrevision der Verordnung über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen (Notfallschutzverordnung, NFSV). Kernelement der Totalrevision ist die Erhöhung des Referenzszenarios auf die höchste Stufe. Dies hat zur Folge, dass für die notwendigen Notfallschutzmassnahmen vom schlimmsten Szenario ausgegangen werden muss und somit auch Kantone, die in einem grösseren Radius um die Atomkraftwerke liegen, Massnahmen zum allfälligen Schutz der Bevölkerung treffen müssen. Die totalrevidierte Verordnung trat am 1. Januar 2019 in Kraft.

Verschärfung Notfallschutz um Kernanalgen

Der Bundesrat kündigte im Dezember 2018 das Inkrafttreten der revidierten Kernenergieverordnung per 1. Februar 2019 an. Damit sollen diverse Präzisierungen vorgenommen und künftig Missverständnisse vermieden werden. Neu gilt bei einem 10'000-jährlichen naturbedingten Störfall (Bsp. starkes Erdbeben) klar ein Dosisgrenzwert von maximal 100 mSv. Wie bisher bestehen bleiben jedoch die Anforderungen bei technisch bedingten Störfällen, wobei das Werk allerdings neu bei Nichterfüllung der Forderungen nicht mehr sofort ausser Betrieb genommen werden muss, sondern nur eine Nachrüstung verlangt wird. Des Weiteren werden die Zuständigkeiten bei der Abklinglagerung schwacher radioaktiver Elemente geregelt.
Berichten der Basler Zeitung (BaZ) zufolge sei sich aber der Bundesrat gerade beim Kernelement, der Präzisierung des Grenzwerts auf 100 mSv, im Vorfeld nicht einig gewesen und Alain Berset habe eine Herabsetzung auf 20 bis 50 mSv gefordert – so wie dies die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz (KSR) bereits empfohlen hatte. In einer Medienmitteilung gab der Bundesrat aber am selben Tag bekannt, er wolle die heiss umstrittene, von Gegnern auch als «Lex Beznau» bezeichnete und in der Vernehmlassung scharf kritisierte Verordnungsrevision (gemäss der BaZ auf Antrag von Energieministerin Doris Leuthard) umsetzen. Gegen diesen Entscheid reichte die Nationalrätin Irène Kälin (gp, AG) eine Motion (Mo. 18.4233) ein und kritisierte den Bundesrat, dass dieser das Parlament in «unakzeptabler Art» übergehe, da die zuständige UREK-SR in Zusammenhang mit einem Postulat Müller (Po. 18.3175) vom Bundesrat einen Prüfbericht im Bereich Strahlenschutz verlange. Gemäss der BaZ soll es aufgrund dieses Vorstosses im September 2018 auch zu einem Gespräch zwischen Doris Leuthard und Damian Müller gekommen sein, in welchem die Energieministerin versucht haben soll, den Luzerner Ständerat zu überzeugen, den Vorstoss zurückzuziehen.

Revidierte Kernenergieverordnung / Lex Beznau
Dossier: Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit KNS
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Eine 2014 in Kraft getretene Verordnung sah vor, dass Schweizer Kernkraftwerkbetreiber die Kosten für die präventive Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten in einem Umkreis von 50 km um die Anlage ganz und ab einem Abstand von 50 km zur Hälfte tragen müssen. Gegen diese Verordnung wehrten sich Zeitungsberichten zu Folge die AKW-Betreiber (Axpo, BKW und KKW Gösgen-Däniken und Leibstadt) im Jahr 2016 zuerst vor dem Bundesverwaltungsgericht und in letzter Instanz 2018 vor dem Bundesgericht und bekamen Recht. Die Bundesrichter kamen zum Schluss, dass keine ausreichende gesetzliche Grundlage für diese zusätzlichen Abgaben bestehe und die Kernkraftwerkbetreiber die Kosten nur bis zu einem Umkreis von 20 km – wie dies in der alten Verordnung vorgesehen war – vollständig übernehmen müssen.

Jodtabletten um Kernenergieanlagen

Das UVEK erteilte im Sommer 2018 der NAGRA drei Bewilligungen für die Durchführung von Sondierbohrungen an den Standorten Bülach (ZH) im Standortgebiet «Nördlich Lägern» sowie in Trüllikon (ZH) und Marthalen (ZH) – beide im Standortgebiet «Zürich Nord-Ost». Die NAGRA hatte zuvor 22 Gesuche für Sondierbohrungen in den noch verbleibenden drei potentiellen Endlagergebieten «Jura Ost» im Kanton Aargau, «Nördlich Lägern» und «Zürich Nord-Ost» – beide im Kanton Zürich – eingereicht. Weitere Entscheide für zusätzliche Bohrungen in diesen drei Gebieten werden vom UVEK folgen. Mittels solcher Sondierbohrungen soll ermittelt werden, ob die gewählten Standorte zur Errichtung geologischer Tiefenlager für radioaktive Abfälle geeignet wären. Im Jahr 2022 will die NAGRA dann bekannt geben, für welche Standorte sie Rahmenbewilligungsgesuche ausarbeiten wird.

Endlager für radioaktive Abfälle (3. Etappe; 2018–2029)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Die Suche nach geeigneten Standorten für geologische Tiefenlager für nukleare Abfälle erfolgt gemäss dem Sachplan des BFE in drei Schritten: Nachdem die NAGRA in einer ersten Etappe (2008–2011) sechs potenzielle Standortgebiete vorgeschlagen hatte, begann 2011 in der zweiten Etappe (bis November 2018) die detailliertere Analyse der Standorte mit dem Ziel, in den sechs Gebieten Jura Ost (AG), Jura Südfuss (SO und AG), Nördlich Lägern (AG und ZH), Südranden (SH), Wellenberg (NW und OW) und Zürich Nord-Ost (TG und ZH) mindestens je zwei Standorte für hochradioaktive und schwach- bis mittelradioaktive Abfälle zu finden. In einer dritten Etappe (2018–2029) soll schliesslich vom Bundesrat ein definitiver Standortentscheid gefällt werden. Parallel zu den wissenschaftlichen Arbeiten wurden 2011 in den sechs Regionen sogenannte Regionalkonferenzen konstituiert, die als Organisationsstrukturen die Mitwirkung der Betroffenen sicherstellen sollen. In einem Dissertationsprojekt im Auftrag des BFE wurde diese Bürgerbeteiligung bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz genauer untersucht und der Frage nach den Stärken und Schwächen dieser partizipativen Prozesse nachgegangen. Zusammenfassend kam die Autorin zum Schluss, dass es vor allem in Sachen Repräsentativität Verbesserungspotential gebe und Menschen mit geringerem Einkommen, langfristige Interessen, Frauen, Jugendliche und Betroffene mit Migrationshintergrund zu wenig vertreten seien. Ebenso würden die tiefen Beteiligungsraten auf eine geringe Motivation hinweisen. Um diese Mängel zu beheben, sollten Informationen verständlicher übermittelt werden und das BFE eine verstärkte und attraktivere Öffentlichkeitsarbeit wahrnehmen, so die Empfehlungen an das Bundesamt. Des Weiteren sollten die Miliztauglichkeit mit einer angepassten Sitzungsplanung erhöht und der Austausch zwischen den Standortregionen verbessert werden. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten auch für weitere partizipative Prozesse bei grosstechnischen Projekten hilfreich sein. Das Thema Partizipation bei der Suche nach Endlagern für radioaktive Abfälle hatte beispielsweise auch schon die Grüne Fraktion (Pa.Iv. 10.530) sowie die Kantone Nidwalden (Kt.Iv. 12.319) und Schaffhausen (Kt.Iv. 13.302) beschäftigt, die in einer entsprechenden parlamentarischen Initiative bzw. mit entsprechenden Standesinitiativen ein Mitspracherecht der Kantone bei der Standortsuche gefordert hatten.

Endlager für radioaktive Abfälle (3. Etappe; 2018–2029)
Dossier: Debatte um die Entsorgung radioaktiver Abfälle ab dem Jahr 2000

Die geplanten Teilrevisionen diverser Verordnungen im Kernenergiebereich sorgten in der Vernehmlassung für viel Aufruhr. Geplant waren einerseits Änderungen in den Kriterien zur Störfallanalyse und der dazugehörigen Ausserbetriebnahme und andererseits neue Regelungen zur Abklinglagerung von radioaktiven Abfällen. Für viel Zündstoff sorgte hierbei vor allem die erste Änderung – auch bekannt unter dem Namen «Lex Beznau».

Die Betreiberfirmen von Kernkraftwerken sind verpflichtet, deterministische Störfallanalysen durchzuführen. Störfälle werden dabei in drei Kategorien unterteilt: Schwerwiegende naturbedingte Fälle, die jedoch nur sehr selten eintreten, erhalten die Ziffer drei. Mit der Ziffer zwei versehen werden schwerwiegende naturbedingte Störfälle, die etwas häufiger vorkommen als jene in Kategorie drei. Leichtere und häufige naturbedingte Störfälle bekommen die Ziffer eins. Zudem erhalten die jeweiligen Störfälle maximale Dosisgrenzwerte – also Richtlinien, wie viel Radioaktivität bei einem Störfall maximal austreten dürfte – zugeteilt.
Unklar formuliert war bisher jedoch die Kategorisierung der in der Natur auftretenden Ereignisse, die durchschnittlich einmal alle 10'000 Jahre stattfinden. Gemäss Zeitungsberichten beziehe sich dies vor allem auf schwerere Erdbeben. Diese seltenen Erdbeben bildeten in Art. 123 Abs. 2 der Strahlenschutzverordnung (StSV) den Übergang zwischen der Kategorie zwei, für die ein strenger Dosisgrenzwert von 1 mSv (Millisievert) pro Jahr gilt, und der Kategorie drei, für die ein viel höherer Grenzwert von 100 mSv pro Jahr gilt. Unklar war deshalb, zu welcher Kategorie und zu welchem Grenzwert die oben beschriebenen seltenen Erdbeben gehören. Dass hier eine rechtliche Unsicherheit bestand, erkannte die KNS bereits im Jahr 2012 und beantragte Klärungsbedarf. Mit einer Konkretisierung, dass für solche Ereignisse die einfacher einzuhaltende Kategorie drei gelten sollte, wollte der Bundesrat die bisherige Praxis in den Verordnungen verankern.
Anwohner rund um die Kernkraftwerke Beznau I und II sowie drei Umweltorganisationen hatten aber schon im Jahr 2015 beim ENSI ein Gesuch eingereicht mit dem Ziel, solche Ereignisse der Kategorie zwei und somit dem strengeren Dosisgrenzwert 1 mSv pro Jahr zuzuordnen. Bei einer solchen Zuordnung müssten beide Anlagen in Beznau bis zu einer allfälligen Nachrüstung vom Netz genommen werden, da sie diesen Grenzwert nicht einhalten könnten. Mittels einer Verfügung hatte das ENSI dieses Begehren jedoch abgelehnt und den Entscheid damit begründet, dass dies weder der bisherigen Praxis noch der ursprünglichen Regelungsabsicht des Bundesrates entspreche und womöglich sämtliche AKWs der Schweiz unmittelbar bei der Zuteilung zur Kategorie zwei vom Netz genommen werden müssten. Diese Verfügung war danach beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden. Zu erwarten ist auch ein allfälliger Weiterzug des noch ausstehenden Bundesverwaltungsgerichtsentscheids an das Bundesgericht.

In der Vernehmlassung, die bis Mitte April 2018 andauerte, meldeten sich sowohl Regierungen diverser Schweizer Kantone und Städte, als auch diverse Organisationen, Kommissionen, Parteien und Dachverbände aus der Schweiz und Deutschland, sowie viele Einzelpersonen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zu Wort. So liess beispielsweise der Regierungsrat des Kantons Aargau – also dem Kanton, wo sich die Anlagen Beznau I und II sowie Leibstadt befinden – verlauten, dass er die Präzisierungen in den Verordnungen als sinnvoll erachte. Ähnlich klang es in den Stellungnahmen der Kantone Basel-Land, Freiburg und Graubünden. In den Kantonen Luzern, Appenzell-Ausserrhoden und Zürich erachtete man die Präzisierungen als sinnvoll, äusserte aber Bedenken an der Herabsetzung der Schutzbestimmungen und betonte deshalb die Wichtigkeit des Postulats Müller (fdp, LU, Po. 18.3175). Klar oder mehrheitlich klar gegen die genannte Konkretisierung/Herabsetzung der Sicherheitsanforderungen von 1 mSv auf 100 mSv äusserten sich die Regierungen der Kantone Appenzell-Innerrhoden, Basel-Stadt, Genf, Jura, Neuenburg, Schaffhausen, Schwyz, Tessin, Uri, Waadt und Wallis – sowie Bern und Solothurn, die Standortkantone der anderen beiden Atomkraftwerke.
Nebst den Kantonsregierungen liessen auch diverse Parteien von sich hören. Aussergewöhnlich war hierbei der einstimmige Tenor unter diversen Parteien von links bis rechts betreffend die zeitliche Komponente. Sowohl die SP, die Grünen und die GLP als auch die FDP und die SVP störten sich am Zeitpunkt der Vernehmlassung. Die SP und die GLP forderten eine Sistierung des Vorhabens bis zum Gerichtsentscheid aus St. Gallen. Auch die Grünen kritisierten, dass der Bundesrat das gerichtliche Verfahren nicht abwarte, verlangten aber darüber hinaus einen generellen Verzicht auf die Revision. Die FDP erklärte, die Beschwerde sei kein Grund, um die Vernehmlassung zu verzögern, jedoch sei die Dringlichkeit dieser Verordnungsanpassung zu wenig ersichtlich. Die SVP schrieb in einer kurzen Stellungnahme, dass wohl erst durch das Gerichtsverfahren Anpassungen in Angriff genommen worden seien. Die KNS habe ja schon im Jahr 2012 bemerkt, dass ein gewisser Klärungsbedarf bestehe. Eine Ausnahme im Tenor bildete die BDP. In ihrer offiziellen Stellungnahme erwähnte sie die mögliche Problematik betreffend den Rechtsstreit nicht. Sowohl die SP als auch die Grünen äusserten sich generell ablehnend zu den Verordnungsänderungen, was sie auch deutlich kundtaten. «Wir lehnen die vorgelegten Verordnungsänderungen mit Nachdruck ab und kritisieren die vorgeschlagenen inhaltlichen Anpassungen sowie das gewählte Vorgehen scharf», schrieb etwa die SP. Die Grünen gingen einen Schritt weiter und beschuldigten den Bundesrat, mit dieser Lex Beznau die Grundlagen schaffen zu wollen, um die alten Anlagen in Beznau weiter in Betrieb halten zu können. Die FDP und die SVP zeigten sich mit den Änderungen grundsätzlich einverstanden. Gemäss FDP würden die Anpassungen selber keine Abstriche bei der Sicherheit mit sich bringen sondern nur die heutige Praxis auf Verordnungsebene präzisieren. Nicht offiziell zur Vorlage äusserte sich die CVP, was Martin Bäumle (glp, ZH) in einer Anspielung im Tages-Anzeiger als Unterstützung für ihre Energieministerin Doris Leuthard wertete.
Eine weitere brisante kritische Stellungnahme kam schliesslich von André Herrmann, dem ehemaligen Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Strahlenschutz (KSR). Er warf dem Bundesrat vor, das Vorsorgeprinzip zu verletzen: Die Kommission empfehle, solchen Ereignissen einen Grenzwert von 20 bis 50 mSv zuzuordnen und nicht 100 mSv, wie dies der Bundesrat vorsah.

Revidierte Kernenergieverordnung / Lex Beznau
Dossier: Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit KNS
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Der Entscheid des Ensi, dem AKW Beznau 1 die Wiederbetriebsaufnahme zu erlauben, stiess in diversen Kreisen auf Widerstand und löste grosses Interesse in den Medien aus. Die Grünen drohten mit der Lancierung einer Volksinitiative mit dem Ziel, Beznau 1 innert einem Jahr nach Annahme stillzulegen. Um bei einer Zwangsabschaltung mögliche Schadenersatzforderungen seitens der Betreiberin Axpo auszuschliessen, würde der Initiativtext so formuliert werden, dass nur geringe bis keine Geldforderungen geltend gemacht werden könnten. Mangels Absprache unter den beteiligten AKW-Gegnern sah die Grüne Partei später vorerst von diesem Vorhaben ab. Anstelle der Volksinitiative reichte die Grüne-Fraktion eine Motion (18.3101) ein mit dem Ziel, beiden Blöcken von Beznau die Betriebsbewilligung zu entziehen. Zuvor hatte sie auch schon mit einer bereits eingereichten Motion (18.3010) «Keine Lex Beznau» versucht, einen vorläufigen Verzicht auf die geplanten Verordnungsänderungen im Kernenergiebereich und auf eine Abschwächung der zulässigen Strahlenschutzbestimmungen zu erreichen.
Kritik zu diesen geplanten Verordnungsänderungen kam auch seitens der SP. Diese reichte, nebst dem Startschuss zur Unterschriftensammlung für eine Petition «gegen die Aufweichung der AKW-Sicherheit», beim UVEK eine Aufsichtsbeschwerde mit dem Vermerk «Skandal» ein. Konkret richtete sich diese Beschwerde, wie auch schon die Motion Kälin «Keine Lex Beznau», gegen das Vorhaben des Bundesrates, die Anforderungen an die maximale Strahlenbelastung im Falle eines Erdbebens von einem Millisievert auf 100 Millisievert abzuschwächen. Dies sei skandalös, da betreffend diesen Wert derzeit beim Bundesverwaltungsgericht ein Beschwerdeverfahren gegen das Ensi vorliege und dem AKW Beznau die Betriebsbewilligung im Falle eines Grenzwertes von 1 Millisievert entzogen werden müsste. In der Beschwerde forderte die SP deshalb, dass der Axpo die Betriebsbewilligung für Beznau 1 und 2 entzogen wird sowie dass die geplanten Änderungen in den Verordnungen bis zum Ende des Rechtsstreits aufgeschoben werden.
Für Stirnrunzeln sorgte das Vorhaben des Bundesrates auch im bürgerlichen Lager. So forderte Ständerat Damian Müller (fdp, LU) in einem eingereichten Postulat (18.3175) einen Prüfbericht im Bereich Strahlenschutz. Er sei zwar grundsätzlich nicht gegen den Betrieb der bestehenden AKW, solange sie sicher seien, gerade Letzteres bezweifle er angesichts der aussergewöhnlichen Änderung der Spielregeln während eines Rechtsverfahrens jedoch.
Des Weiteren meldeten sich auch aus dem Nachbarland Deutschland kritische Stimmen aus verschiedenen Parteien, unter anderem von den Grünen, der SPD und der CDU, zur erneuten Inbetriebnahme. Auch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Bundeslandes Baden-Württemberg kritisierte die geplanten Anpassungen der Strahlenschutzbestimmungen in einem Brief an die Schweizer Regierung.
Zuletzt äusserten auch die Kantone Zürich, Basel-Stadt, Waadt, Freiburg, Tessin, Appenzell-Innerrhoden, Schwyz sowie Bern ihre Bedenken. Die Schwyzer Regierung schrieb beispielsweise, man dürfe die Sicherheitsanforderungen nicht abschwächen, und der Berner Regierungsrat bezeichnete die Senkung des Sicherheitsniveaus als «nicht hinnehmbar».

Beznau darf wieder ans Netz
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Gegen eine im September 2014 vom Grossen Rat des Kantons Wallis auf 80 Jahre verliehene Konzession für die Wasserkraftanlage Chippis-Rhone (VS) hatten Umweltverbände (der WWF Schweiz und die WWF-Sektion Wallis, die Stiftung für Landschaftsschutz und Pro Natura) eine Beschwerde beim Kantonsgericht Wallis und schliesslich beim Bundesgericht erhoben. Sie kritisierten den lückenhaften Bericht für die Umweltverträglichkeitsprüfung, die Dauer der Konzession sowie die unzureichende Bestimmung der Restwassermenge – will heissen dem Anteil an Wasser, der im Sinne der Erhaltung der Biodiversität ungehindert die Stauanlagen passieren kann und beispielsweise Fischen die Passage erlaubt. Das Bundesgericht gab im November 2017 der Beschwerde teilweise statt, was zur Folge hatte, dass das Kantonsgericht Wallis und der Staatsrat erneut über die Konzession entscheiden müssen. Der Kanton Wallis reichte daraufhin eine Standesinitiative zur Frage der Restwassermenge bei bestehenden Wasserkraftwerken ein.

Bundesgerichtsentscheid Restwassermengen Wasserkraftanlage Chippis-Rhone (VS)
Dossier: Wasserkraft: Konzessionserneuerungen und Umweltmassnahmen
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Der Ständerat kam umgehend auf die am Vortag vom Nationalrat geschaffene Differenz beim Bundesbeschluss zur Verlängerung des Moratoriums zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente zurück, da das bestehende Moratorium nur noch bis Ende Juni galt und ein Hauptmotiv für die Vorlage gerade das Verhindern einer zeitlichen Gesetzeslücke war. Unter dem Aspekt der Eile und des lückenlosen Weiterführens des Moratoriums beantragte die UREK-SR dem Rat, dem Nationalrat zu folgen. Bundesrätin Leuthard hatte diesem Antrag nichts hinzuzufügen und der Rat nahm die Vorlage stillschweigend an.

Moratorium Wiederaufbereitung

In der grossen Kammer war die Verlängerung des Moratoriums zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente umstrittener als im Ständerat: Eine Minderheit Müri (svp, LU) beantragte Nichteintreten, da die Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente wirtschaftlich sinnvoll und ein eigentliches Technologieverbot inakzeptabel sei. Ausser in der geschlossenen SVP-Fraktion fand die Minderheit Müri allerdings keine Unterstützung: Der Rat beschloss mit 126 gegen 64 Stimmen (bei einer Enthaltung) Eintreten.
Während die Kommissionsmehrheit der UREK-NR dem Ständerat folgen und dem Bundesbeschluss zustimmen wollte, verlangte eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) die Dauer des Moratoriums statt auf zehn nur auf vier Jahre anzulegen. Schilliger hatte in seinem Votum angekündigt, dass die FDP-Fraktion dem Bundesbeschluss nur zustimme, wenn der Minderheitenantrag angenommen werde. Diese Drohung zeigte keine Wirkung auf das Stimmverhalten bei SP, Grünen, GLP und CVP, die Minderheit obsiegte aber dank der Stimmen von SVP, FDP und BDP mit 103 zu 87 Stimmen (keine Enthaltungen). In der Schlussabstimmung verweigerte nur die SVP-Fraktion die Zustimmung, so dass der veränderte Bundesbeschluss mit 129 zu 65 Stimmen angenommen wurde.

Moratorium Wiederaufbereitung

Im Oktober 2015 legte der Bundesrat seinen Bericht zu den Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers in Erfüllung der Motion UREK-NR vom April 2013 vor. Der Bundesrat verglich im Bericht Infrastrukturanlagen von nationaler Bedeutung mit den Studien zu einem geologischen Tiefenlager, insbesondere hinsichtlich finanzieller Abgeltungen, und kam zum Schluss, dass einerseits keine vergleichbaren Abgeltungen bei nicht-nuklearen Infrastrukturanlagen vorgesehen sind und andererseits die Abgeltungen bei nuklearen Anlagen gemäss dem „Sachplan geologische Tiefenlager“ vertraglich geregelt würden. Eine gesetzliche Regelung der Abgeltungen für ein Tiefenlager sei deshalb nicht notwendig. Im Juni 2016 schrieb der Nationalrat das Postulat ab.

demandes d'indemnisation, des indemnités et des mesures de compensation financières

Am 18. November 2015 hatte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesbeschluss über die Verlängerung des Moratoriums für die Ausfuhr abgebrannter Brennelemente zur Wiederaufarbeitung an das Parlament gerichtet. Weil das 2005 im Kernenergiegesetz verabschiedete Moratorium zur Wiederaufbereitung Ende Juni 2016 ausläuft und das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050, welches ein unbefristetes Verbot der Wiederaufbereitung enthält, bis dahin noch nicht verabschiedet ist, beabsichtigt der Bundesrat die drohende Lücke mit einer Verlängerung des Moratoriums zu schliessen.
In der Frühjahrssession 2016 behandelte der Ständerat das Geschäft als Erstrat. Die kleine Kammer trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein und stimmte ohne Debatte mit 31 Stimmen ohne Gegenstimmen und Enthaltungen zu.

Moratorium Wiederaufbereitung