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Der Abstimmungskampf zur Zersiedelungsinitiative startete relativ spät und verlief generell eher flau. Mitte Dezember präsentierte das gegnerische Komitee erstmals seine Argumente für ein Nein, danach blieb es bis Ende Jahr still um das Volksanliegen, das der Schweizer Bevölkerung am 10. Februar 2019 zur Abstimmung unterbreitet wurde. Gemäss Nein-Komitee sei die Initiative «überflüssig und unnütz», wie man bald darauf auch auf Abstimmungsplakaten lesen konnte. Sie schade der Wirtschaft und mit der ersten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) werde dem Anliegen bereits ausreichend Rechnung getragen. Die Forderung nach Einfrieren der Bauzonen sei zu starr und befeuere den Raumplanungswettbewerb zwischen den Kantonen. Auf der anderen Seite weibelten die Befürworterinnen und Befürworter mit eindrücklichen Zahlen zur fortschreitenden Überbauung für ihr Anliegen. Jeden Tag werde eine Grünfläche in der Grösse von acht Fussballfeldern verbaut, was einem Quadratmeter pro Sekunde entspreche. Die Initianten wehrten sich gegen das Argument, die vorgeschlagene Regelung sei zu starr; es sei durchaus möglich, neue Bauzonen einzuzonen, sofern andernorts eine Fläche derselben Grösse ausgezont würde. Aufgrund der Tatsache, dass die Raumplanung in erster Linie Sache der Gemeinden und Kantone ist, erachteten die Gegnerinnen und Gegner dies jedoch nicht als praktikable Lösung.
Generell stiessen die (jungen) Grünen mit ihrer Initiative nicht auf übermässige Unterstützung. Mit der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz beschloss eine Urheberin der Landschaftsinitiative, die bereits eine Einschränkung der Zersiedelung gefordert hatte und aufgrund der Annahme der ersten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes schliesslich zurückgezogen worden war, Stimmfreigabe. Die Forderung nach Beschränkung der Bautätigkeit teile man zwar, erachte jedoch den strikten Plafond als nicht zielführend. Es sei wahrscheinlich, dass die Zersiedelung im ländlichen Raum, wo die überdimensionierten Bauzonen mehrheitlich liegen, gar fortschreite. Darüber hinaus sei man mit der ersten RPG-Teilrevision zufrieden und wolle durch eine Plafonierung der Bauzonen nicht deren Redimensionierung gefährden. Zu Letzterem waren Kantone mit speziell überdimensionierten Bauzonen im Rahmen der ersten RPG-Teilrevision aufgefordert worden. Ein ähnlicher Tenor war von der GLP zu vernehmen, die gar die Nein-Parole ausgab. Es sei abzuwarten, wie die erste RPG-Teilrevision umgesetzt werde und inwiefern in der zweiten Teilrevision das Bauen ausserhalb der Bauzonen eingeschränkt werde. Nicht zuletzt wiesen auch der fög-Abstimmungsmonitor und die APS-Inserateanalyse eine eher negative Medienresonanz sowie eine sehr einseitige, beinahe ausschliesslich vom gegnerischen Lager dominierte Inseratekampagne in den Printmedien nach, was das Bild der ungleich langen Spiesse im Abstimmungskampf verdeutlichte.
Dennoch äusserten verschiedene Akteure in den Medien auch Verständnis für das Anliegen und sogar die Gegnerschaft ging einig, dass der Kulturlandverlust gebremst werden müsse. Die bestehenden Bauzonen böten durchaus noch Platz für eine grosse Zahl neuer Bewohnerinnen und Bewohner, auch sei das Verdichtungspotenzial noch nicht ausgeschöpft, wurden verschiedene Studien in den Medien zitiert. Ein klares Ja fassten darüber hinaus die SP-Delegierten, obwohl sich eine nicht vernachlässigbare Minderheit ihrer Fraktion in den Räten enthalten hatte. Die SP zeigte sich jedoch im Abstimmungskampf in den Medien wenig präsent. Auch der Verband Pro Natura, ebenfalls Urheber der Landschaftsinitiative, gab die Ja-Parole heraus. Support erhielt die Initiative Ende Januar auch von den Architekten Mario Botta und Benedikt Loderer, sowie von einem Kollektiv aus weiteren, im Bereich Architektur und Raumplanung tätigen Personen. Auch die Kleinbauernvereinigung unterstützte, im Gegensatz zum Schweizerischen Bauernverband, das Volksanliegen.

In ersten, gegen Ende Dezember und in der ersten Januarhälfte durchgeführten Umfragen erhielt die Initiative noch Wohlwollen bei einer knappen Mehrheit der Befragten. In der dritten Umfragewelle, die Ende Januar publiziert wurde, hatte das Volksbegehren dann aber deutlich an Zuspruch eingebüsst. Die Medien schrieben dies dem Verdienst der neuen UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga zu. Ihr sei es mit diversen Auftritten gelungen, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass mit dem revidierten Raumplanungsgesetz bereits ein griffiges Instrument zur Eindämmung der Zersiedelung vorliege. Gemäss Autoren der Tamedia-Umfrage werde die Bundesrätin als glaubwürdig eingestuft. Vor ihrer Zeit als Bundesrätin war Sommaruga darüber hinaus Teil des Initiativkomitees der Landschaftsinitiative gewesen. Das Initiativkomitee der Zersiedelungsinitiative zeigte sich in Bezug auf die eigene Initiative nicht glücklich über die kürzlich erfolgte Departementsrochade. Mit Bundesrätin Sommaruga habe man eine starke Gegnerin im Abstimmungskampf. Darüber hinaus helfe es der Initiative nicht, dass sie von einer linken Bundesrätin bekämpft werde.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Dass die Schweiz haushälterischer mit ihrem Kulturland umgehen muss, darüber war man sich auch im Nationalrat, der die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen in der Sommersession 2018 als Zweitrat beriet, einig. Gleichwohl stiess sich die Grossmehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier der grossen Kammer – ähnlich wie ihre Kolleginnen und Kollegen im erstberatenden Ständerat – insbesondere an der starren Forderung zum Einfrieren der Bauzonen. Darüber hinaus zeigte man bis in die Reihen der SP Unverständnis für den Zeitpunkt der Lancierung eines solchen Anliegens. Ein befristetes Bauzonenmoratorium – und somit eine etwas weniger radikale Forderung – sei ja Gegenstand der Landschaftsinitiative gewesen, die dann angesichts des als griffig erachteten indirekten Gegenvorschlags in Form der ersten RPG-Teilrevision zurückgezogen worden sei, so Beat Jans (sp, BS). Die Kantone hätten nun noch immer ein Jahr Zeit, Massnahmen gegen die Baulandhortung umzusetzen und bis dahin gelte faktisch ein Bauzonenmoratorium.
Während sich alle Fraktionen mit Ausnahme der Grünen geschlossen gegen das Anliegen stellten, gab sich die SP gespalten. Silva Semadeni (sp, GR) etwa äusserte ihren Unmut gegen die Verwässerung des revidierten RPG in kleinen Schritten, wie dies jüngst etwa durch die Schaffung von Ausnahmen für die Pferde- und die Kleintierhaltung sowie für Hotels geschehen sei. Im Raum hing auch die Befürchtung, dass im Rahmen der 2. Teilrevision des RPG die Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen gar noch gelockert werden könnten, weswegen einige SP-Vertreterinnen und -Vertreter mit Zustimmung zur Initiative ein Zeichen zu setzen gedachten. Als Folge dieser Unstimmigkeiten beschloss die SP Stimmfreigabe. Zusammen mit Roger Nordmann (sp, VD) und Kommissionsmitgliedern der Grünen Fraktion beantragte die Bündner SP-Nationalrätin jedoch in einem Minderheitsantrag die Annahme der Initiative.
Die GLP attestiert der Bevölkerung Sympathien für den Landschaftsschutz und schlug deswegen als Gegenmassnahme einen direkten Gegenvorschlag zur Initiative vor, um diesem Anliegen zum Bodenschutz anders zu begegnen als der 2012 vom Volk knapp befürworteten Zweitwohnungsinitiative. Konkret beantragte die Partei im Namen einer Kommissionsminderheit Bäumle (glp, ZH), eine der drei in der Initiative enthaltenen Anliegen aufzunehmen, und verlangte – abweichend vom Initiativbegehren –, dass die Gesamtfläche an Bauten ausserhalb der Bauzonen nicht vergrössert werden dürfe.
Ganz woanders anzusetzen gedachte die SVP. Gemäss der Volkspartei ist die zentrale Ursache der Zersiedelung bei der Zuwanderung zu suchen. Verschiedene Redner der Fraktion versuchten die Diskussion in diese Richtung zu lenken, wobei SVP-Präsident Albert Rösti (svp, BE) Werbung für die hauseigene Begrenzungsinitiative betrieb. Gemäss dem St. Galler Nationalrat Brunner (svp, SG) wäre die Einschränkung der Zuwanderung «der beste Bodenschutz». Grünen-Nationalrat Girod (gp, ZH) entgegnete diesem Argument mit einem Vergleich der Stadt Zürich und der Stadt St. Gallen. Während Zürich bevölkerungsmässig wachse, bleibe die verbaute Fläche dank Förderung des verdichteten Bauens konstant. Anders in St. Gallen: Dort stagniere die Bevölkerung zwar, die Siedlungsfläche nehme aber dennoch zu.
Nach mehrstündiger und teils hitziger Debatte waren die Fronten zum Schluss dann doch ziemlich klar. Mit 135 zu 33 Stimmen bei 22 Enthaltungen – grösstenteils aus der SP-Fraktion – beschloss der Nationalrat, dem Volk die Zersiedelungsinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Unterstützung erhielten die Grünen durch eine knappe Mehrheit der SP-Fraktion. Auch der von der Minderheit Bäumle eingebrachte Antrag, der Initiative einen direkten Gegenvorschlag zur Einschränkung des Bauens ausserhalb der Bauzonen entgegen zu stellen, erlangte mit 44 zu 146 Stimmen (0 Enthaltungen) eine deutliche Abfuhr. Neben der GLP und den Grünen stimmte lediglich eine knappe Mehrheit der SP-Fraktion sowie die Nationalrätin und der Nationalrat der EVP für den Gegenvorschlag.

Am Ende der Sommersession 2018 verabschiedete der Ständerat seinen ablehnenden Antrag zur Zersiedelungsinitiative mit 34 zu 3 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Das Schlussergebnis im Nationalrat lautete 143 zu 37 Stimmen (18 Enthaltungen) zu Ungunsten der Volksinitiative.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Im März 2018 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Schweizerischen Mieterverbandes (SMV). Zum einen verlangt das Volksbegehren die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus und will, dass durchschnittlich mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sind. Zum anderen sollen Kantone und Gemeinden ermächtigt werden, zur Förderung des gemeinnützigen Wohnens für sich ein Vorkaufsrecht einzuführen, und generell soll bei Grundstücken, die sich im Besitz von bundesnahen Betrieben befinden, ein solches Vorkaufsrecht gelten. Nicht zuletzt soll sichergestellt werden, dass staatliche Programme zur Förderung der Sanierung von Mietwohnungen nicht dazu führen, dass preiswerter Wohnraum verloren geht.
Bereits im Vorjahr hatte sich der Bundesrat ablehnend zur Vorlage geäussert und begründete seine Position in seiner Botschaft nun ausführlich: Die Etablierung einer Quote widerspräche einem marktwirtschaftlichen Verständnis von Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt und das Erzielen einer Quote von 10 Prozent sei ferner auch nicht realistisch: Es sei anzuzweifeln, ob dafür überhaupt ausreichend investitionswillige Bauträger gefunden werden könnten. Bund und Kantone würden dadurch finanziell auch erheblich mehr belastet. Bezüglich der anderen Forderungen der Initiative wies die Regierung darauf hin, dass die Kantone bereits heute ermächtigt seien, auf ihrem Gebiet ein Vorkaufsrecht einzuführen. Ebenso gelange der Bund zuerst an die Kantone, wenn er eigene Liegenschaften verkaufen wolle, und Liegenschaften der SBB würden in der Regel nicht veräussert. Das Anliegen, dass günstiger Wohnraum auch nach Sanierung der Gebäude erhalten bleiben soll, wurde vom Bundesrat an sich unterstützt. Er wies jedoch darauf hin, dass Vorschläge solcherart in Bezug auf die energetische Gebäudesanierung im Rahmen der Beratung zur Energiestrategie 2050 verworfen worden waren. Konkret hatte der Nationalrat im Rahmen dieser Beratungen einen Antrag abgelehnt, gemäss welchem die Unterstützung von Massnahmen im Gebäudebereich an die Bedingung gekoppelt worden wäre, dass die Kantone Massnahmen gegen missbräuchliche Mietzinserhöhungen ergreifen. Der Ständerat hatte seinerseits einen Antrag abgelehnt, gemäss welchem Sanierungen nur hätten gefördert werden sollen, wenn diese nicht eine Auflösung des Mietverhältnisses nach sich gezogen hätten. So wie das Anliegen in der Initiative formuliert sei, bestünde aber auch hier ein Widerspruch zu marktwirtschaftlichen Grundsätzen.
Im Gegenzug beantragte der Bundesrat in seiner Botschaft eine Aufstockung des Fonds de Roulement für die Darlehensgewährung an gemeinnützige Wohnbauträger um CHF 250 Mio. bei Ablehnung oder Rückzug der Initiative – dies voraussichtlich ab 2020 für eine Dauer von 10 Jahren. In einer zuvor durchgeführten Vernehmlassung war dieser Vorschlag grossmehrheitlich auf Zustimmung gestossen. Im Parlament dürfte der Antrag indes auf Widerstand von Seiten der Wirtschaftsverbände und eines Grossteils des bürgerlichen Parteiblockes treffen: Bereits in der Vernehmlassung hatte sich die FDP gegen die Aufstockung gestellt und die SVP hatte sich gar für die Auflösung des gesamten Fonds ausgesprochen. Der SMV erachtete die beantragte Aufstockung als Minimalforderung und zeigte sich gegenüber dem Tages-Anzeiger empört ob der «unzulässige[n] Erpressung». Nur ein substantieller Gegenvorschlag hätte den Verband überhaupt dazu bewogen, ernsthaft über einen Rückzug der Volksinitiative nachzudenken, so SMV-Generalsekretär und Neo-Nationalratsmitglied Michael Töngi.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Das Gros der Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Ständerat folgte in der Frühjahrssession 2018 der Empfehlung des Bundesrates und beschloss mit 34 zu 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen als Erstrat, der Stimmbürgerschaft die Zersiedelungsinitiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Die Initiative vermochte auch die SP-Ständerätinnen und Ständeräte nicht vollends zu überzeugen, welche grünen Anliegen in der Regel positiv gegenüberstehen. Wie Pascale Bruderer (sp, AG) in ihrem Votum zur Begründung ihrer Enthaltung ausführte, hege sie zwar Sympathien für das Anliegen, halte aber nicht ganz alle Aspekte für unterstützungswürdig. So erachte auch sie die Forderung nach Einfrieren der Bauzonen als zu wenig differenziert und zu kompliziert in der Umsetzung. Ferner habe sie einsehen müssen, dass der aktuelle Zeitpunkt nicht günstig sei für die Erarbeitung eines Gegenentwurfs, wobei sie sich auf die noch nicht abgeschlossene Überarbeitung der kantonalen Richtpläne aufgrund der Annahme der ersten RPG-Teilrevision und auf die geplanten Massnahmen im Rahmen der zweiten Etappe zur Revision des RPG bezog. An letztem Punkt setzte Bundesrätin Leuthard an: Die Umsetzung der Revisionsvorhaben müsse zuerst abgewartet werden. Zwar verfüge man noch nicht über quantifizierbare Zahlen – solche sollten erstmals im Jahr 2022 mit der Bauzonenstatistik vorliegen –, aber jüngste Entwicklungen liessen bereits darauf schliessen, dass der bisher eingeschlagene Weg in Richtung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung nach innen gehe.
Auf bürgerlicher Seite betrachtete man das Anliegen trotz gewisser Sympathien im Hinblick auf die laufenden Bestrebungen als unnötig und ferner als zu starr und gar kontraproduktiv: Die Initiative nehme auf unterschiedliche kantonale und regionale Verhältnisse keine Rücksicht und schränke den Spielraum der Kantone weiter ein. Darüber hinaus benachteilige sie Kantone und Gemeinden, die in der Vergangenheit haushälterisch mit ihren Ressourcen umgegangen seien und keine grossen Baulandreserven gehortet hätten.
Auf der Seite der Grünen setzte sich Robert Cramer (gp, GE) vergebens dafür ein, dass die Initiative ihre eigenständige Bedeutung habe und sich diese nicht durch Verweis auf die etappierten RPG-Revisionen aushebeln liesse. Dabei verwies er auf eine in der Initiative enthaltene Forderung zur Verschärfung der Bestimmungen betreffend das Bauen ausserhalb der Bauzonen. Dieses Thema sei in der ersten RPG-Teilrevision nicht behandelt worden und es sei zum gegebenen Zeitpunkt nicht klar, wie restriktiv die revidierten Bestimmungen im Rahmen der 2. RPG-Teilrevision ausfallen werden. Darüber hinaus sei der Kulturlandschutz und die Fruchtfolgeflächen von der 2. Revision abgekoppelt worden. Die Initiative behandle also durchaus noch nicht abgedeckte Punkte.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Ende Januar 2017 gab der Bundesrat bekannt, dass er die Volksinitiative des Mieterverbandes «Mehr bezahlbare Wohnungen» abzulehnen gedenke. Bereits in seiner Ansprache zur Wohnungspolitik im Jahr 2013 hatte der Bundesrat die Ansicht vertreten, dass der Staat möglichst wenig in die Wohnraumversorgung eingreifen solle, und diese Ansicht vertrat er nach wie vor. Dennoch anerkannte die Regierung den gemeinnützigen Wohnungsbau als «marktergänzendes Segment zum Schliessen von Angebotslücken». Trotz der sich entspannenden Marktlage gäbe es in gewissen Regionen Bevölkerungsgruppen, die mit starken Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, eine angemessene und zahlbare Wohnung zu finden. Aus diesem Grund beantragte der Bundesrat eine Aufstockung des Fonds de Roulement für die Darlehensgewährung an gemeinnützige Wohnbauträger und gab diesen Entwurf in die Vernehmlassung. Der Fonds de Roulement ist mit Darlehen des Bundes dotiert und dient dem Zwecke, gemeinnützigen Bauträgern zinsgünstige Darlehen für die Erstellung, Erneuerung oder den Erwerb von preisgünstigen Liegenschaften zu gewähren.
Bereits nach Bekanntgabe der bundesrätlichen Stellungnahme zeigte sich der Mieterverband (SMV) enttäuscht von der ablehnenden Haltung des Bundesrates und bezeichnete die geplante Aufstockung des Rahmenkredites als nicht ausreichend. Ferner monierte der Verband, dass diese Massnahme nicht garantieren würde, dass Genossenschaften tatsächlich gefördert würden, da die Mittel mit dem jährlichen Budget beschlossen würden und in diesem Rahmen Kredite bereits mehrfach gekürzt worden seien. Auf der anderen Seite gab sich auch der Hauseigentümerverband (HEV) nicht vollends zufrieden. Zwar begrüsste er die Ablehnung der Initiative durch den Bundesrat, konnte die Aufstockung des Fonds aufgrund des aktuell höchsten Leerwohnungsbestandes seit 1999 jedoch nicht nachvollziehen. Der HEV äusserte die Befürchtung, damit kreiere der Bundesrat ein Überangebot an Wohnraum, was gemäss Verband einen Preiszerfall zur Folge hätte.

Von den 58 im Rahmen der Vernehmlassung eingegangenen inhaltlichen Stellungnahmen beurteilten 47 Vernehmlassungsteilnehmende – darunter die VDK, alle stellungnehmenden Kantone, die SP, die Grünen, die CVP und die BDP, der Schweizerische Gemeindeverband und der Städteverband sowie die Gewerkschaften – die Aufstockung des Fonds als positiv, während die restlichen 11 Akteure diese ablehnten – namentlich neben dem HEV die Parteien der FDP und SVP sowie die Wirtschaftsverbände und Verbände im Immobiliensektor. Unter den befürwortenden Stellungnahmen stand ein gutes Drittel – darunter neben dem SMV auch die Kantone Basel-Stadt und Neuenburg, die Parteien der SP und der Grünen sowie vier Stellung nehmende Städte und Orte – gar für eine höhere Aufstockung ein. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete und der Kanton Wallis knüpften ihre Unterstützung zur Aufstockung des Fonds an die Bedingung, dass auch Massnahmen ergriffen werden, um die Wohnsituation in Berggebieten zu verbessern.
Einige Vernehmlasser kritisierten ferner den bundesrätlichen Vorschlag, die Aufstockung des Fonds an die Ablehnung oder den Rückzug der Volksinitiative zu knüpfen. Das Gros der Stellungnahmen unterstützte jedoch die Ablehnung der Volksinitiative. Während einige Vernehmlassungsteilnehmende diesbezüglich bewusst auf einen Positionsbezug verzichteten, sprachen sich die SP und der Gewerkschaftsbund bereits in ihren Antworten explizit für die Unterstützung des Volksbegehrens aus.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Der Bundesrat sah im Gegensatz zu den Initianten keinen zusätzlichen Handlungsbedarf zur Eindämmung der Zersiedelung gegeben. Mit der bereits erfolgten RPG-Revision und der geplanten 2. Etappe zur Revision des RPG werde diesem Phänomen bereits ausreichend Einhalt geboten. Man solle den Kantonen Zeit lassen, die „strengen Bestimmungen des revidierten RPG umzusetzen“, so die Medienmitteilung des Bundesrates vom Januar 2017. Die Kantone wurden mit Inkraftsetzen der RPG-Revision verpflichtet, ihre Richtpläne innert fünf Jahren, respektive bis Ende April 2019, anzupassen. Aus diesen Gründen empfahl die Regierung die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung. Im Oktober verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zur Zersiedelungsinitiative zu Handen des Parlaments

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Am 21. Oktober 2016 reichten die Jungen Grünen gemeinsam mit ihren Unterstützern die Zersiedelungsinitiative ein. Ende November gab die Bundeskanzlei bekannt, dass die Initiative mit 113'216 gültigen (von 113'428 eingereichten) Unterschriften zu Stande gekommen sei. Über 90'000 Unterschriften waren dabei alleine durch die Jungen Grünen gesammelt worden – gemäss der Partei ein Rekord unter den Jungparteien. In ihrer Medienmitteilung betonten die Jungen Grünen die Dringlichkeit ihres Anliegens. Das BFS halte in einem aktuellen Bericht zur Bodennutzung in der Schweiz fest, dass pro Sekunde über ein Quadratmeter Landwirtschaftsfläche verloren gehe. Ein im selben Jahr erstellter Bericht der GPK-NR komme zum Schluss, dass das Kulturland durch die aktuelle Gesetzgebung nur unzureichend geschützt sei, überdies sei die 2. Etappe zur Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG2) auf 2020 vertagt und der Bereich Kulturlandschutz gar ausgeklammert worden.
Das Anliegen der Jungpartei verfolgt zwei hauptsächliche Ziele. Erstens soll neu erschlossenes Bauland durch andernorts erfolgte Auszonungen in mindestens demselben Umfang kompensiert werden. Zweitens will die Initiative nachhaltige Quartiere und das verdichtete Bauen fördern. Daneben bezweckt die Initiative auch, das Bauen ausserhalb der Bauzonen klar einzuschränken. Das Anliegen erhielt Sukkurs von landwirtschaftlichen Akteuren: Vertreter der ökologisch orientierten Agrikultur zeigten sich der Initiative gegenüber positiv gestimmt.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Bereits einige Monate vor Ablauf der Sammelfrist reichte der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) im Oktober 2016 seine Volksinitiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" mit 105'273 Unterschriften bei der Bundeskanzlei ein. Davon waren 104'800 Unterschriften gültig, worauf die Bundeskanzlei Mitte November das Zustandekommen der Initiative bekannt gab. Ein zentrales Anliegen der Initiative betrifft die Einführung einer gemeinnützigen Wohnungsquote von 10% auf alle neu gebauten Wohnungen. Gemäss Berechnungen des SMV beläuft sich der Anteil gemeinnütziger Wohnungen an allen neu gebauten Objekten aktuell auf 5,3%.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Nach erfolgreicher Vorprüfung im August 2015 konnte der Mieterverband mit der Unterschriftensammlung zu seiner Volksinitiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" beginnen. Das Anliegen fordert unter anderem, dass im gesamtschweizerischen Schnitt jede zehnte neu gebaute Wohnung im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein soll. Um dies zu erreichen, sollen Kantonen und Gemeinden ein Vorkaufsrecht auf geeignete Grundstücke erhalten. Unter den 12 Urheberinnen und Urhebern, die mit einer absoluten Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder des Initiativkomitees ermächtigt sind, das Volksanliegen zurückzuziehen, befinden sich (in der so aufgeführten Reihenfolge) mit Marina Carobbio Guscetti (sp, TI), Balthassar Glättli (gp, NR), Carlo Sommaruga (sp, GE), Louis Schelbert (gp, LU), Christian Levrat (sp, FR), Jacqueline Badran (sp, ZH) und Mathias Reynard (sp, VS) einige links-grüne Bundesparlamentarier.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» (BRG 18.035)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Die Jungen Grünen lancierten im April 2015 ihre Volksinitiative „Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)“. Als „Umweltproblem Nummer eins“ bezeichnete Andreas Lustenberger, Co-Präsident der Jungen Grünen und Zuger Kantonsrat, die Zersiedelung in der Schweiz: Zwischen 1985 und 2009 sei die hiesige Siedlungsfläche um 44 Prozent angewachsen. Gemäss einer der zwei zentralen Forderungen der Initiative soll die Ausscheidung neuer Bauzonen mit der Initiative nur noch möglich sein, wenn andernorts eine in Bezug auf den potentiellen landwirtschaftlichen Ertrag gleichwertige Fläche von mindestens ebendieser Grösse ausgezont wird. Zwar darf ein Kanton bereits heute aufgrund des im Jahr 2013 an der Urne befürworteten Raumplanungsgesetzes (RPG) nur noch Baulandreserven für den Bedarf der kommenden 15 Jahre horten. Nach Ablauf dieser 15 Jahre kann der Bedarf mittels Revision des Richtplans jedoch angepasst werden. Von der Einführung einer Bauzonen-Limite sei bei der RPG-Revision abgesehen worden, ergänzte Aline Trede, Nationalrätin der Grünen aus Bern. Somit führe das Raumplanungsgesetz nicht zum erhofften Ziel.
Als zweite Forderung verlangt die Initiative die Siedlungsentwicklung gegen innen und günstige Rahmenbedingungen für nachhaltige Quartiere. Letztere zeichnen sich durch kleinräumige Strukturen von Wohnen, Arbeiten und Freizeit aus und streben eine hohe Lebensqualität und kurze Verkehrswege an.
Neben der Grünen Partei Schweiz, der JUSO, der Alpeninitiative, UmverkehR sowie weiteren Jungparteien und Organisationen gab auch der Hausverein Schweiz, der Verband für ökologisch und fair gesinnte Eigentümerinnen und Eigentümer, seine Unterstützung für die Initiative bekannt. SVP-Nationalrat und Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV) Hans Egloff liess auf Anfrage bereits verlauten, dass man die Initiative nicht unterstützen werde. Mit der Revision des RPG und der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative habe man bereits zwei Gesetze geschaffen, die der Zersiedelung entgegenwirken sollen.
Laut Berechnungen der Jungen Grünen bestünde innerhalb der bestehenden Bauzonenreserven Platz für 1.5-1.6 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner, wenn man von einer Besiedelung in bisheriger Dichte ausgehe. Mit einer moderaten Verdichtung bereits überbauter Flächen könne jedoch ergänzend Wohnraum für weitere 1.1 Mio. Personen geschaffen werden. Gemäss ARE gibt es keine zuverlässigen Schätzungen zum Potential der Siedlungsentwicklung gegen innen.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Ende 2014 beschlossen die Jungen Grünen an ihrer Mitgliederversammlung die Lancierung einer Volksinitiative zur Förderung des verdichteten Bauens. Wie die Parteileitung in einer Medienmitteilung eröffnete, versteht sie ihr Anliegen "als Antwort auf die fremdenfeindlich geprägte Diskussion um die Zersiedelung in der Schweiz". Mittels Volksinitiative will die Jungpartei der fortschreitenden Zersiedelung Einhalt gebieten und nachhaltige Wohnformen fördern. Als zukünftiges Wohnen mit Vorbildfunktion nennen die Initianten das Kalkbreite-Areal in Zürich, welches durch seinen lebendigen Quartiercharakter nebst Erfüllung ökologischer Kriterien ebenfalls zur sozialen Integration beitrage.

Volksinitiative "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)"

Nach Annahme der RPG-Teilrevision durch das Volk wurde der Rückzug der Landschaftsinitiative wirksam. Pro Natura hatte das Festhalten an ihrem Anliegen an den Ausgang der Volksabstimmung zur Revision des Raumplanungsgesetzes geknüpft, die dem Volksanliegen als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt worden war.

Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“

Am 23. September kam mit der Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ bereits das dritte Volksanliegen zur Wohneigentumsförderung im Jahr 2012 zur Abstimmung. Das Volksanliegen des HEV verlangte die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung für Hausbesitzer im Rentenalter. Bundesrat und Parlament beantragten Ablehnung der Vorlage. Während der Nationalrat im Vorjahr entgegen Ständerat und Bundesrat noch auf Annahme plädiert hatte, führte ein Umschwenken der BDP- und CVP/EVP-Fraktion in der neu gewählten grossen Kammer im Berichtsjahr zum Einlenken. Unter den Verbänden kämpfte der Hauseigentümerverband alleine auf weiter Flur für das Anliegen und erhielt von Seiten der Parteien lediglich Unterstützung von der SVP. Die FDP, deren Fraktion sich im Nationalrat noch für die Initiative ausgesprochen hatte, beschloss an ihrer Delegiertenversammlung die Nein-Parole. Ausschlaggebend für diese Wende sei unter anderem die herbe Abstimmungsniederlage der HEV-Bausparinitiative vom 17.6., liess Parteipräsident Philipp Müller verlauten. Zahlreiche Rückmeldungen von Parteianhängern hätten die FDP für deren positive Haltung zum Bausparen kritisiert. Es habe sich gezeigt, dass Regelungen, von denen ausschliesslich eine bestimmte Personengruppe profitieren könne, von der Parteibasis als unliberal erachtet werden. Hingegen stellten sich einige kantonalen Sektionen der CVP und FDP sowie eine BDP-Sektion gegen ihre Mutterparteien und empfahlen den Bürgern ein Ja. Bei einer Stimmbeteiligung von 41.5% lehnte das Schweizer Volk die Initiative dann mit einem Ja-Anteil von 47.4% und der Zustimmung durch 9 1/2 Stände ab. Unterstützung fand das Anliegen insbesondere in der Ostschweiz, sowie in den Kantonen Solothurn, Genf und Tessin. Hans Egloff, Präsident des HEV, wertete dieses Ergebnis als „Riesenerfolg“, wenn man berücksichtige, dass die eidgenössische Hauseigentümerquote nur 39% betrage. Das Abstimmungsergebnis liess von verschiedenster Seite die Forderung nach einer generellen Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung aufkommen. Während sich der Mieterverband und die Grüne Fraktion für einen reinen Systemwechsel aussprachen, was zusätzlich die Aufhebung der bestehenden steuerlichen Abzugsmöglichkeiten bedeuten würde, favorisierten der HEV und die FDP einen Systemwechsel unter Beibehaltung bestimmter Abzugsmöglichkeiten. Bereits in der Folgewoche wurden verschiedenste Vorstösse mit Vorschlägen zum Systemwechsel eingereicht. Die parlamentarische Behandlung dieser Anliegen stand im Berichtsjahr noch aus.


Abstimmung vom 23. September 2012

Beteiligung: 41,5%
Ja: 1'013'871 (47,4%) / 9 1/2 Stände
Nein: 1'125'355 (52,6%) / 11 5/2 Stände

Parolen:
– Ja: SVP; HEV, SGV.
– Nein: BDP(1)*, CVP(2)*, CSP, EVP, FDP(4)*, Grüne, GLP, SP; SGB, Travail.Suisse.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ (BRG 10.060)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Am darauffolgenden Abstimmungstermin vom 17.6. äusserte das Schweizervolk mit der Volksinitiative „Eigene vier Wände dank Bausparen“ seinen Willen zum zweiten Bausparanliegen. Im Gegenzug zum abgelehnten Volksbegehren der SGFB verlangte die Initiative des HEV die obligatorische Einführung des Bausparens in allen Kantonen, wobei die maximalen Steuerabzüge mit jährlich CHF 10'000 etwas moderater ausfielen als die von der SGFB verlangten CHF 15'000 pro Jahr. Um bei der ersten Bausparinitiative Vernachlässigtes nachzuholen, präsentierte der HEV Mitte April eine von ihm in Auftrag gegebene Studie, welche folgerte, dass nachweislich Mittelstandsfamilien mit einem jährlichen steuerbaren Einkommen unter 100'000 Franken vom Bausparen profitieren würden. 17 Prozent der befragten Baselbieter Wohneigentumsbesitzer gaben an, dass sie ohne Steueranreiz auf den Erwerb von Wohneigentum verzichtet hätten. Darüber hinaus bilanziert die Studie zusätzliche Einnahmen durch ansteigende Bauinvestitionen und Handänderungen von Liegenschaften, welche laut ihren Berechnungen die durch das Bausparmodell anfallenden steuerlichen Mindereinnahmen sogar übersteigen würden. Die Studie stiess hingegen entweder auf wenig Resonanz oder auf Kritik und Widerstand. Am Abstimmungssonntag wurde das zweite Bausparanliegen dann mit einem äusserst klaren Nein-Anteil von 68,9% um einiges deutlicher abgelehnt als das fakultative Bausparanliegen der SGFB. Kein einziger Kanton äusserte sich mehrheitlich positiv zum Anliegen, womit dem bestehenden und seit der Revision des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes im Jahre 2005 rechtswidrigen Bausparmodell im Kanton Baselland weitere Legitimation entzogen wurde. Mit Ablehnung des letzten hängigen Anliegens zum Bausparen sieht sich der Halbkanton gezwungen, seine Praxis endgültig zu beenden. Sogleich nach dem Abstimmungstermin gab die Baselbieter Regierung bekannt, Bausparabzüge seien nur noch bis Ende des laufenden Jahres zulässig.


Abstimmung vom 17. Juni 2012

Beteiligung: 38,5%
Ja: 601'449 (31,1%) / 0 Stände
Nein: 1'332'839 (68,9%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: FDP(2)*, SVP; SBV.
– Nein: CVP(4)*, SP, EVP, CSP, GPS, GLP; SGB, Travail.Suisse.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

HEV-Volksinitiative „Eigene vier Wände dank Bausparen“
Dossier: Die Bausparinitiativen

Nachdem der Ständerat bereits im Jahre 2010 mit starker Zweidrittelmehrheit die Ablehnung der Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“ beschlossen hatte, folgte im Berichtsjahr nun auch der Nationalrat diesem Votum mit 114 bürgerlichen gegen 72 Stimmen aus den geschlossenen Reihen der SP, Grünen und der Grünliberalen, mit Unterstützung vereinzelter Mitglieder der CVP/EVP-Fraktion. Die Befürworter des Volksanliegens, das eine nachhaltige Raumplanung mit verstärkter Koordinationsfunktion des Bundes anstrebt, begründeten ihre Unterstützung mit dem unklaren Ausgang der RPG-Teilrevision. Sollte die Revision des Raumplanungsgesetzes aufgrund erfolgreichen Referendums nicht zu Stande kommen, sei es zwingend, an der Initiative festzuhalten, um den unzumutbaren Status quo zu beenden und endlich einen haushälterischen Umgang mit der Ressource Boden zu ermöglichen. Als Hauptgrund für die ablehnende Haltung des bürgerlichen Lagers galt das in den Übergangsbestimmungen festgehaltene 20-jährige Bauzonenmoratorium. Diese starre Regelung führe nicht nur zum Anstieg der Bodenpreise, es bestrafe auch all jene Kantone und Gemeinden, welche bis anhin einen haushälterischen Umgang mit dem Boden gepflegt hatten und in Folge dessen aktuell über wenig Bauland verfügen. In der parlamentarischen Schlussabstimmung wurde die Initiative von den Räten denn auch zur Ablehnung empfohlen. Während im Nationalrat ähnliche Kräfteverhältnisse wie bei der Detailberatung zu einem relativ deutlichen Votum führten, fiel der ablehnende Entscheid im Ständerat mit 21 zu 16 Stimmen bei 3 Enthaltungen eher knapp aus. Am 26. Juni 2012 gab das Initiativkomitee den bedingten Rückzug der Initiative bekannt.

Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“

Die VOX-Analyse zur Zweitwohnungsinitiative ergab, dass sich die Sympathisanten des linken Lagers parteikonformer verhalten hatten als das bürgerliche Lager. 75% der SP-Wähler und 72% der grünen Wählerschaft stimmten dem Volksbegehren zu. Ihrer Partei folgte auch die Wählerschaft der CVP, welche die Initiative in 72% der Fälle ablehnte. Eher gespalten zeigten sich die Sympathisanten der FDP. Trotz der wirtschaftsfreundlichen Ausrichtung der Partei und entgegen der gefassten Parteiparole legte immerhin ein Drittel der FDP-Anhängerschaft ein Ja in die Urne. Unentschlossen zeigten sich die Sympathisanten der SVP. Ganze 48% stellten sich gegen die Empfehlung ihrer favorisierten Partei und gaben an, die Initiative angenommen zu haben. Ferner unterschieden sich die Befürworter der Initiative signifikant, wenn auch nicht übermässig stark, in ihren Präferenzen für Umweltschutz und Föderalismus sowie in ihrer Regionenzugehörigkeit. Bewohner einer Alpenregion stimmten der Initiative mit einem Anteil von 37% zu. Der sogenannte „Alpengraben“ entpuppte sich dabei als weniger ausgeprägt als etwa der „Röstigraben“ bei der EWR-Abstimmung im Jahre 1992. Weiter unterschieden sich die Abstimmenden signifikant und mit knapp 30 Prozentpunkten relativ deutlich in ihrer Präferenz für einen starken Staat. Während Bürger mit Präferenz für mehr Staatseingriffe der Initiative mit 71% zustimmten, waren es unter den Befürwortern für weniger Staatseingriffe nur deren 42%. Bei der Frage nach den zentralen Stimmmotiven zeigte sich unter den Ja-Stimmenden ein relativ deutliches Bild. Für 91% der Befürworter lieferte die Begründung, der fortschreitenden Zersiedelung und Verbauung Einhalt gebieten zu wollen, ein Motiv für ihren Stimmentscheid. Vielfältiger zeigte sich die Motivation für die Ablehnung der Initiative. Jeweils zwischen 20-30% der Umfrageteilnehmer gaben an, dass die Initiative zu starr sei und zu weit gehe, dass sie der Wirtschaft und dem Tourismus schade und dass es nicht die Aufgabe des Bundes sei, in regionale Angelegenheiten einzugreifen. Interessanterweise gaben auch 9% der Nein-Stimmenden als Erstmotiv für ihren Stimmentscheid an, dass die Zersiedelung zu stoppen sei. Laut Autoren der VOX-Analyse ist dies ein Indiz für einen falsch umgesetzten Stimmentscheid aufgrund Doppelnegation: Gegner des Zweitwohnungsbaus legten ein Nein in die Urne, im festen Glauben, so ein Zeichen gegen den fortschreitenden Zweitwohnungsbau zu setzen. Dabei übersahen sie verneinende Formulierungen im Initiativ-Titel wie „Stopp“ oder „Verbot“ (hier: „Schluss“), welche an sich bereits ein Nein enthalten, was konsequenterweise der Zustimmung zum Anliegen bedürfte. Die Auswertungen der VOX-Analyse ergaben zudem, dass insgesamt 18% der Befragten nicht über die im 2010 beschlossenen Änderungen zum RPG informiert waren, mit denen bereits Massnahmen zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus getroffen wurden.

Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“ (08.073)
Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Obwohl der Zweitwohnungsinitiative bereits im Vorfeld der Abstimmung in den Medien relativ viel Aufmerksamkeit beigemessen wurde, war dies nicht vergleichbar zum enormen Medienecho, welches die Annahme der Initiative mit sich brachte. Dazu trug nicht zuletzt die am Abstimmungssonntag getätigte Aussage von Bundesrätin Leuthard (cvp) bei, dass der Zweitwohnungsbaustopp per sofort gelte. Aufschreie kamen insbesondere aus den Tourismuskantonen Wallis und Graubünden, welche von der neuen Regelung am stärksten betroffen sind. Diese beiden Kantone beherbergen laut einer Hochrechnung aus dem Jahr 2006 zur Volkszählung 2000 mit einem Zweitwohnungsanteil von 61% bis 73% die zehn Gemeinden mit dem höchsten Anteil an kalten Betten und sind gemäss Volkszählung mit über 35% auch diejenigen Kantone mit dem höchsten kantonalen Zweitwohnungsanteil. Der Tourismus- und Bausektor sah sich als Leidtragender des ausgedrückten Volkswillens. Eine vom ARE herausgegebene Studie aus dem Jahre 2008 war jedoch zum Schluss gelangt, dass der Tourismus durch einen Baustopp für Zweitwohnungen auf langfristige Sicht keine nennenswerten Einbussen verzeichnen würde. Für den Bausektor hingegen prognostizierten die Autoren der Studie insbesondere für das Oberengadin einen Rückgang der Gesamtbeschäftigung von zwei bis vier Prozent. Gravierender sah dies eine von den Gegnern der Initiative in Auftrag gegebene Studie, welche bei einer rigiden Umsetzung der Initiative für die Kantone Waadt und Wallis folgenschwere volkswirtschaftliche Kosten ausrechnete. Zu diskutieren gaben auch diverse Unklarheiten im Initiativtext, allen voran dessen konkrete Ausgestaltung und der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens der Übergangsbestimmungen. Die CVP, welche sich seit der Aussage ihrer Bundesrätin in einer delikaten Situation befand, publizierte noch im März ein dreiseitiges Positionspapier, in dem sie sich bezüglich der hängigen Baugesuche auf die Seiten der Bergkantone schlug: Die Gemeinden sollen alle im Berichtsjahr und somit auch alle nach Annahme der Initiative eingereichten Baugesuche im Jahr 2012 noch behandeln dürfen. Desweitern seien Rustici, Maiensässbauten und Alphütten als schützenswerte Bauten von den Regelungen auszunehmen.

Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“ (08.073)
Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Im März des Berichtsjahres stimmte das Schweizer Volk über die Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“ ab, welche den Zweitwohnungsanteil einer Gemeinde auf höchstens 20% beschränken will. Das Volksbegehren des Umweltschützers Franz Weber wurde mit einem äusserst knappen Volksmehr von 50,6% und einem Ständemehr von 12 3/2 Ständen entgegen den Empfehlungen von Bundesrat und Parlament angenommen (Stimmbeteiligung 45,2%). Während das an Zweitwohnungen arme Mittelland und allen voran Basel-Stadt (62% Ja) das Volksbegehren begrüssten, sprachen sich die touristischen Alpenkantone Wallis und Graubünden, die Zentralschweiz und das Tessin primär dagegen aus. Mit 74% ablehnenden Stimmen legte der Kanton Wallis das deutlichste Nein in die Urne. Obwohl die erste von gfs.bern durchgeführte SRG SSR Umfrage Anfang Februar einen Ja-Anteil von 61% ausgewiesen hatte und die zweite Umfrage zehn Tage vor Abstimmung noch immer eine positive Zustimmung von 52% zeigte, wurde die Annahme der Initiative im Allgemeinen mit grosser Überraschung zur Kenntnis genommen. Vor den ersten Umfrageergebnissen hatten sich die Gegner der Initiative bereits siegessicher gezeigt und ihre Kampagne mit wenig Herzblut und dementsprechend geringem Mitteleinsatz geführt. Sogleich nach Publikation der ersten SRG Umfrage wurde jedoch Kritik am Gegnerkomitee und insbesondere an der GLP geäussert, welche die laue Nein-Kampagne anführte. An einer Medienkonferenz Ende Februar gestanden Vertreter des gegnerischen Komitees ein, die Emotionalität der Initiative unterschätzt zu haben. Die GLP rügte, ein Engagement von Seiten der grossen Wirtschaftsvertreter habe zu Beginn der Kampagne gefehlt. Namentlich economiesuisse habe ihre finanziellen Mittel bis zu jenem Zeitpunkt hauptsächlich zur Bekämpfung der Ferieninitiative eingesetzt, welche auf denselben Abstimmungstermin angesetzt war. Economiesuisse entgegnete daraufhin, die GLP habe mit der Konkretisierung des Kampagnenkonzeptes, woran der Verband seine finanzielle Unterstützung knüpfte, lange auf sich warten lassen. Bis zum Abstimmungstermin wurden dann aber Investitionen in voraussichtlich sechststelligem Betrag in Aussicht gestellt. Das Komitee distanzierte sich auch von der kurz zuvor geschalteten, aggressiven und als kontraproduktiv erachteten Kampagne einer Gruppe von Walliser Bauunternehmern, in welcher eine Stalin ähnelnde Figur mit Hammer und Sichel ein Chalet zerstörte. Nichtsdestotrotz blieb das eigene finanzielle Engagement des Gegnerkomitees insgesamt beschränkt. Nach Annahme der Initiative äusserten auch die CVP und FDP als Kampagnenmitstreiter Kritik an der GLP und deren mangelnder Kampagnenführung. Die GLP konterte, das Amt sei ihr von verschiedensten Seiten aufgedrängt worden und man habe die Mitstreiter von Beginn weg auf die bescheidenen finanziellen Eigenmittel hingewiesen.


Abstimmung vom 11. März 2012

Beteiligung: 45.2%
Ja: 1'1521598 (50.6%) / 12 3/2 Stände
Nein: 1'123'802 (49.4%) / 8 3/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, EVP, GPS
– Nein: FDP, CVP, SVP, GLP(2)*, BDP; economiesuisse, SGV, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“ (08.073)
Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Im März kam mit der Volksinitiative „Für ein steuerlich begünstigtes Bausparen“ ein Anliegen der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) zur Abstimmung. Die Initiative verlangte die fakultative Einführung von Steuerabzügen beim erstmaligen Erwerb von Wohneigentum. Darüber hinaus sollen Abzüge für an der Erstliegenschaft vorgenommene energiesparende Massnahmen getätigt werden können. Die politischen Akteure zeigten sich im Vorfeld stark gespalten. Erstmals seit 1977 konnten sich die parlamentarischen Kammern für das Bausparanliegen des SGFB und die im Juni zur Abstimmung stehende Bauspar-Vorlage des HEV (siehe unten) nicht auf eine gemeinsame Abstimmungsempfehlung einigen. Der von der Einigungskonferenz präsentierte Kompromissvorschlag war im Vorjahr in beiden Kammern gescheitert. Während der Nationalrat beide Volksanliegen zur Annahme empfehlen wollte, hatten der Stände- wie auch der Bundesrat in beiden Fällen auf Ablehnung plädiert. Im Gegensatz zu den Linksparteien, die der Bauspar-Initiative des SGFB geschlossen ablehnend gegenüber standen, zeigten sich die kantonalen Sektionen der bürgerlichen Parteien gespalten. Obwohl deren Mutterparteien die Initiative allesamt zur Annahme empfahlen, beschlossen verschiedenste kantonale Parteien ein Nein. Insbesondere zersplittert zeigte sich, wie bereits bei der RPG-Revision, die CVP. Deren Vorstand fasste die Ja-Parole äusserst knapp mit 15 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Die Gespaltenheit reflektierte schliesslich in den insgesamt 12 abweichenden Kantonalsektionen. Das Stimmvolk schickte die Vorlage bei einer Stimmbeteiligung von 45,0% und einem Nein-Anteil von 55,8% bachab. Noch klarer zeigte sich die Ablehnung bei den Ständen mit lediglich 4 1/2 unterstützenden Kantonen. Der Kanton Basel-Landschaft, welcher als einziger Kanton noch über die Möglichkeit des Bausparens verfügt, entpuppte sich als einziger zustimmender Kanton der Deutschschweiz und sogar er äusserte seine Unterstützung mit einem Ja-Anteil von 53% lediglich relativ knapp. Als Gründe für dieses Ergebnis wurde die angespannte finanzielle Lage des Baselbietes angeführt. Finanzministerin Widmer-Schlumpf (bdp) zeigte sich zufrieden mit dem Entscheid, da nur ausgewählte Kreise von den zusätzlichen Steuererleichterungen hätten profitieren können. Letzteres bestritt Hans Egloff, damals Vorstandsmitglied des HEV. Man habe es jedoch verpasst, mit dem Argument von zusätzlichen Bauaufträgen um die Gunst der KMU zu werben. Der HEV sah die Chancen des eigenen, am 17.6. zur Abstimmung stehenden Bausparanliegens weiterhin intakt und gab an, die festgestellten Mängel in der aufkommenden Kampagne korrigieren zu wollen.


Abstimmung vom 11. März 2012

Beteiligung: 45,0%
Ja: 980'273 (44,2%) / 4 1/2 Stände
Nein: 1'237'825 (55,8%) / 16 5/2 Stände

Parolen:
– Ja: FDP(4)*, CVP(12)*, SVP(1)*, BDP(2)*; SGV, SBV.
– Nein: SP, EVP, CSP, GPS, GLP; SGB, Travail.Suisse.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

SGFB-Volksinitiative „Für ein steuerlich begünstigtes Bausparen“
Dossier: Die Bausparinitiativen

Da sich durch die vielen Differenzen in besagter Teilrevision des RPG eine längere Debatte abzeichnete, verlängerten die Räte die Behandlungsfrist der Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“ um ein Jahr bis zum 14.2.13.

Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“

Im Berichtsjahr befasste sich das Parlament nicht nur mit dem Gegenvorschlag sondern ebenfalls mit den Empfehlungen zu den beiden Bausparinitiativen. Nachdem sich der Ständerat im Vorjahr bereits gegen die Initiative der SGFB ausgesprochen hatte, lehnte er in der Frühjahrssession auch die HEV-Initiative ab. Der Nationalrat hatte sich bereits im Vorjahr zustimmend zu den Anliegen geäussert und hielt auch in der Sommersession an seinen gefassten Beschlüssen fest. Dabei zeigten sich die gleichen Kräfteverhältnisse wie bei der Annahme des indirekten Gegenentwurfes. Auch der Ständerat beharrte auf seiner ablehnenden Haltung gegenüber den beiden Volksbegehren – allerdings nur knapp mit 17 zu 16 Voten. Damit gelangte das Geschäft in der Herbstsession in die Einigungskonferenz. Die Einigungskonferenz beantragte die SGFB-Initiative zur Ablehnung, wie dies der Bundesrat und die kleine Kammer forderten, empfahl jedoch – dem Nationalrat folgend – die Initiative des HEV zur Annahme. Keiner der Räte zeigte sich hingegen Willens, der Empfehlung der Einigungskonferenz zu folgen. Die Bausparinitiativen werden dem Volk somit ohne Empfehlung vom Parlament vorgelegt.

Parlament gibt keine Empfehlung zu den Bausparinitiativen ab
Dossier: Die Bausparinitiativen

In der Sommersession behandelte der Ständerat als zweiter Rat die Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“. Er tat dies vor dem Hintergrund eines indirekten Gegenvorschlages, welcher in der vorjährigen Dezembersession als flankierende Massnahme zur Aufhebung der Lex Koller bereits verabschiedet worden war. Daher fiel die Diskussion im Rat nur kurz aus. Die Gegner der Initiative wiesen darauf hin, dass mit den bereits verabschiedeten Massnahmen eine regionalpolitisch abgestimmte Lenkung des Zweitwohnungsbaus verfolgt werden könne; etwas, was mit den starren Forderungen der Initiative, den Zweitwohnungsanteil in einer Gemeinde bei 20 Prozent zu begrenzen, nicht möglich wäre. Mit 24 zu 9 Stimmen beschloss die kleine Kammer, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Für die Annahme der Initiative sprach sich eine links-grüne Minderheit aus. Diese vertrat die Ansicht, dass die nach der Einigungskonferenz angenommene Fassung des indirekten Gegenentwurfes nicht über ausreichend konkrete Massnahmen verfüge, um die Kantone zur Umsetzung griffiger raumplanerischer Massnahmen zu zwingen. In der Schlussabstimmung beschlossen der Ständerat mit 29 zu 10 und der Nationalrat mit 123 zu 61 Stimmen, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen.

Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“ (08.073)
Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Im Berichtsjahr behandelten die beiden Räte die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ sowie den indirekten Gegenentwurf, welcher der Bundesrat dem Parlament in Form eines Bundesgesetzes über die Besteuerung des privaten Wohneigentums präsentierte. Die Volksinitiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) fordert für Personen im Rentenalter eine fakultative Befreiung von der Besteuerung des Eigenmietwertes. Der im Vorjahr vom Bundesrat erarbeitete Gegenentwurf sieht im Gegenzug eine generelle Abschaffung des Eigenmietwerts für alle Personen mit selbstgenutztem Wohneigentum vor. In der Frühjahrssession präsentierte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-SR) ihrem Rat eine überarbeitete Version des bundesrätlichen Entwurfes. Ende 2010 hatte die WAK-SR nach Anhörung des HEV und der Finanzdirektorenkonferenz ohne Gegenstimme beschlossen, nicht auf den ursprünglichen Entwurf des Bundesrates einzugehen. Laut Kommissionssprecher Rolf Schweiger (fdp, ZG) würde der nun präsentierte, überarbeite Entwurf eine optimale Lösung bieten. Er ermögliche ausserdem eine angemessene Lösung für Zweitliegenschaften. Mit der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage sollen Kantone und Gemeinden berechtigt werden, eine Kostenanlastungssteuer in Form einer Objektsteuer zu erheben, wodurch bei Abschaffung des Eigenmietwertes ausfallende Steuereinnahmen kompensiert werden könnten. Eine liberal-linke Kommissionsminderheit beantragte erfolglos Nichteintreten auf die Vorlage. Sie argumentierte, dass der Gegenentwurf nicht zu einer Vereinfachung des Steuersystems führen würde. In der Detailberatung umstritten war die Frage, ob Investitionskosten für energetische Sanierungsmassnahmen und denkmalpflegerische Arbeiten von der Bundessteuer abzugsberechtigt sein sollten. Hier setzte sich die Kommissionsminderheit durch, welche sich wie der Bundesrat für die Abzugsberechtigung aussprach. Der Ständerat beschloss zudem auf Anraten seiner Kommission mit deutlichem Mehr die Erhöhung des möglichen Schuldzinsabzugs für Neuerwerbende auf CHF 12'000 pro Ehepaar, resp. auf CHF 6000 für Alleinstehende, im ersten Steuerjahr mit einer Verminderung der Abzugsmöglichkeiten um jährlich 5 Prozentpunkte, was die Neuerwerbenden für eine Dauer von 20 Jahren abzugsberechtigt machen würde. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf einen leicht tieferen Abzug empfohlen, welcher des Weiteren nur für 10 Jahre geltend gemacht werden könnte. In der Schlussabstimmung wurde dem indirekten Gegenvorschlag mit 17 zu 12 Stimmen bei drei Enthaltungen zugestimmt. Beinahe einstimmig folgte der Ständerat im Folgenden dem Bundesrat und empfahl die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung. Es sei nicht einzusehen, wieso in der Schweiz zwei Klassen von Steuerpflichtigen geschaffen werden sollten, liess Kommissionssprecher Schweiger (fdp, ZG) verlauten. Ähnlich argumentierte Hildegard Fässler-Osterwald (sp, SG) für die knappe Kommissionsmehrheit im Nationalrat. Hier lag jedoch ein bürgerlicher Minderheitsantrag zur Annahme des Volksbegehrens vor, welcher durch Georges Theiler (fdp, LU), Mitglied des Initiativkomitees, vertreten wurde. Der Eigenmietwert sei eine staatliche Aufforderung zum Schuldenmachen und wirke sich insbesondere für ältere Menschen, die ihre Hypotheken bereits teilweise oder sogar ganz amortisiert haben, negativ aus. Dank einer Mehrheit der CVP/EVP/glp-Fraktion gelang den Bürgerlichen mit 97 zu 72 Stimmen eine positive Empfehlung zur Volksinitiative. In Sachen indirekter Gegenvorschlag sprach sich die WAK-NR mit 14 zu 10 Stimmen für Nichteintreten aus. Ausschlaggebend war die Befürchtung, dass der indirekte Gegenvorschlag zu einer verschärften Ungleichbehandlung von Mietern und Wohneigentümern führen würde. Ebenso erachtete die WAK-NR den vehementen Widerstand der Kantone, welcher auf den ständerätlichen, positiven Entscheid zum indirekten Gegenvorschlag folgte, als Grund, diesem die Zustimmung zu verweigern. In dieser Sache folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit nun deutlich; Nichteintreten wurde mit 114 zu 58 Stimmen beschlossen. Für Eintreten sprachen sich je ungefähr die Hälfte der FDP und der CVP aus. Dabei wurden sie durch eine Minderheit der SVP und einer Mehrheit der Grünen unterstützt. Im Winter gingen die Vorlagen zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat. Nach kurzer Diskussion beschloss dieser erneut mit deutlichem Mehr von 35 zu 5 Stimmen, die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung zu empfehlen. Dies geschah auf grossmehrheitliche Empfehlung seiner Kommission. Diese empfahl ihrem Rat auch erneut, auf den Gegenvorschlag einzutreten; dieses Mal jedoch nur knapp und dank Stichentscheid des Kommissionspräsidenten. Der neu gewählte Ständerat sprach sich jedoch in der Folge mit 23 zu 17 Stimmen gegen diese Empfehlung und somit auch gegen den ständerätlichen Entscheid aus der ersten Beratung aus. Nach bereits erfolgtem Nichteintretensentscheid der grossen Kammer bedeutete dies das Scheitern des indirekten Gegenvorschlags.

Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ (BRG 10.060)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Für eine alternative Lösung sprach sich der Ständerat in der Sommersession aus. Eine Ratsmehrheit anerkannte einen Handlungsbedarf im Bereich der Wohneigentumsförderung, erachtete die vorgesehenen Bausparmodelle der Initiative jedoch als problematisch, da diese insbesondere zu einer zusätzlichen und unnötigen Verkomplizierung des Steuersystems führen würden. Mit 25 zu 16 Stimmen beschloss die Kleine Kammer, die Initiative des SGFB zur Ablehnung zu empfehlen. Freundlicher stand der Rat der durch den HEV initiierten Volksinitiative gegenüber und markierte damit auch einen Richtungswechsel in seiner bisherigen, ablehnenden Haltung gegenüber Bauspar-Anliegen. Auf Antrag Niederberger (cvp, NW) einigte sich der Ständerat einstimmig, das Anliegen mit dem Auftrag zur Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags auf Gesetzesstufe an die Kommission zurückzuweisen. Um eine speditive Behandlung des Rückweisungsantrags zu fördern, reichte dessen Urheber kurz zuvor bereits eine parlamentarische Initiative mit betreffendem Anliegen ein. Zwei Wochen später verabschiedete die WAK-SR eine parlamentarische Initiative zur Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zu den beiden Volksinitiativen. Nachdem die nationalrätliche Schwesterkommission dem Anliegen Folge gegeben hatte, erarbeitete die WAK-SR einen Vorentwurf für die Gesetzesänderung, welcher auf Beschluss der Kommission anfangs November in die Vernehmlassung ging. Der Vorentwurf orientiert sich am Modell des HEV und verlangt eine identische Limite der Steuerabzüge, namentlich CHF 10'000 pro Person und Jahr, respektive 20'000 pro Ehepaar, und das während einer maximalen Dauer von 10 Jahren. Zusätzlich zu den Volksanliegen konkretisiert der Vorentwurf, dass das Bausparguthaben nicht von der kantonalen Vermögenssteuer und die aus dem Bausparkapital erwachsenen Zinsen nicht ebenfalls von der Einkommenssteuer befreit werden. Bei nicht-zweckkonformer Verwendung der Bauspareinlagen soll zudem eine nachträgliche Erhebung der Einkommenssteuer erfolgen. Diese Zusätze sollen insbesondere eine missbräuchliche Verwendung der Bauspareinlagen verhindern.

Parlament gibt keine Empfehlung zu den Bausparinitiativen ab
Dossier: Die Bausparinitiativen

Im März präsentierte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Vernehmlassungsergebnisse zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“. Im Vorjahr sprach sich der Bundesrat bereits aus mehreren Gründen gegen die Initiative des Hauseigentümerverbands (HEV) aus, welche Wohneigentumsförderung für Rentnerinnen und Rentner durch eine fakultative Befreiung von der Eigenmietwertbesteuerung fordert. Bei Inanspruchnahme sollten im Gegenzug die mit dem Wohneigentum verbundenen Schuldzinsen nicht mehr als Abzug geltend gemacht werden können. Der Gegenvorschlag des Bundesrates wurde in der Vernehmlassung insbesondere von den Kantonen grossmehrheitlich abgelehnt. Die vorgeschlagene generelle Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung stiess auf Kritik und wurde nicht als geeignetes Förderinstrument für Neuerwerber und junge Familien anerkannt. Ebenfalls nicht honoriert wurden die vorgesehenen Ausnahmen zur Berechtigung von Schuldzinsabzug; diese verstiessen gegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Mit Ausnahme der Zweitliegenschaftssteuer hielt der Bundesrat jedoch an all seinen Eckwerten fest. So blieb er bei der generellen Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung für alle Wohneigentümer, wobei im Gegenzug keine Abzüge für Hypothekarzinse und Unterhaltskosten mehr zulässig wären. Eine Ausnahme schaffte er für Ersterwerber und für Vermieter. Letztere könnten Schuldzinsen weiterhin bis zu 80 Prozent abziehen, sofern sie einen steuerbaren Vermögensertrag generieren. Diesen Zusatz fügte der Bundesrat nachträglich ein, da ein generelles Verbot für Schuldzinsabzüge, wie er es in einem Zwischenentscheid im Sinne hatte, zu einer Ungleichbehandlung von privaten und institutionellen Vermietern führen würde, da nur Erstere vom Verbot betroffen wären. Des Weiteren soll es möglich sein, Auslagen für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen abzuziehen. Laut dem Bundesrat würde dies im betreffenden Bereich eine erhebliche Vereinfachung des Steuersystems nach sich ziehen.

Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ (BRG 10.060)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)