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In der Wintersession 2023 behandelte der Ständerat die umfassende Revision des Umweltschutzgesetzes als Erstrat. UREK-SR-Sprecher Daniel Fässler (mitte, AI) orientierte den Rat darüber, dass die Kommission einstimmig beantragt hatte, auf die Vorlage einzutreten. Entsprechend wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Vorlage gliederte sich sodann in zwei grosse Themenbereiche. Im ersten Block widmete sich der Ständerat den Lärmvorschriften bei Gebäuden. Daniel Fässler fasste das Ziel der USG-Revision dahingehend zusammen, dass die Lärmvorschriften besser mit den raumplanerischen Zielen, namentlich der Siedlungsentwicklung nach innen, in Einklang gebracht werden sollen. Die Kommissionsmehrheit hatte bei den entsprechende Artikeln jeweils beantragt, der Linie des Bundesrates zu folgen oder aber die Lärmvorschriften zu lockern. Gegen Letzteres regte sich links-grüner Widerstand; Mathilde Crevoisier Crelier (sp, JU) hatte zu den wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen jeweils einen Minderheitsantrag eingereicht. Diese Anträge blieben jedoch allesamt chancenlos; die Mehrheit des Rates folgte in allen Punkten ihrer vorberatenden Kommission. So lehnte es der Ständerat etwa ab, einen neuen Grenzwert für morgendlichen Fluglärm in die Lärmschutzverordnung aufzunehmen. Ebenfalls keine Mehrheit fand das Ansinnen, den Gemeinden bei Bauzonen, in denen die Lärm-Grenzwerte nicht eingehalten werden können, mehr Spielraum bezüglich der Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Strassen zu geben.
Im zweiten Block stand die Beschleunigung der Sanierung belasteter Standorte im Fokus. In Übereinstimmung mit dem Bundesrat beschloss der Ständerat eine obligatorische Sanierung belasteter öffentlicher Spielplätze und Grünflächen, auf denen regelmässig Kinder spielen. Die anfallenden Sanierungskosten sollen primär die Verursachenden der Belastungen tragen; der Bundesrat hatte hingegen vorgeschlagen, dass die Inhaberinnen und Inhaber des Standorts, also etwa die Gemeinden, die Kosten übernehmen. Die kleine Kammer lehnte es im Übrigen ab, die Sanierung privater Kinderspielplätze und privater Hausgärten finanziell zu unterstützen. Dies hatten der Bundesrat und eine weitere Minderheit Crevoisier Crelier gefordert.
Nach diesen beiden grossen Blöcken gab es nur noch wenige Diskussionen zu den übrigen Bestimmungen, bei denen die kleine Kammer jeweils dem Antrag des Bundesrates folgte. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 32 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP und der Grünen.

Umweltschutzgesetz. Änderung (BRG 22.085)

Im Dezember 2022 präsentierte der Bundesrat die Botschaft für die Revision des Umweltschutzgesetzes. Die Revision bezweckt Veränderungen in den Bereichen Lärm, Altlasten, Lenkungsabgaben, Finanzierung von Aus- und Weiterbildungskursen zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, beim E-Government sowie beim Strafrecht.
Beim Lärmschutz will der Bundesrat die raumplanerischen Ziele (verdichtetes Bauen / Siedlungsentwicklung nach innen) besser mit dem Schutz der Bevölkerung vor Lärmemissionen in Einklang bringen. Mit den vorgesehenen Änderungen im USG sollen die Rechts- und Planungssicherheit erhöht werden, indem die lärmrechtlichen Kriterien für Baubewilligungen präzisiert werden. Die Änderungen stünden in Einklang mit dem «Nationalen Massnahmenplan zur Verringerung der Lärmbelastung» und setze die Motion 16.3529 Flach (glp, AG) um, so der Bundesrat.
Im Bereich der Altlasten beabsichtigt der Bundesrat, die Sanierung von öffentlichen und privaten Böden voranzutreiben. Die Untersuchung und Sanierung öffentlicher Kinderspielplätze und Grünflächen sollen verbindlich geregelt werden, wobei die Kosten der Sanierung zu 60 Prozent durch den VASA-Fonds übernommen würden. Die weiterhin freiwillige Untersuchung und Sanierung privater Kinderspielplätze und Hausgärten würde durch eine 40-prozentige Beteiligung des VASA-Fonds unterstützt. Weiter sollen durch ehemalige Deponien oder industrielle Aktivitäten belastete Standorte generell rascher analysiert und saniert werden. Bei den 300-Meter-Schiessanlagen schlug der Bundesrat vor, in Zukunft nicht mehr eine Pauschale pro Scheibe zu sprechen, sondern dass der Bund die Sanierungskosten generell zu 40 Prozent übernimmt. Mit diesen Änderungen werde die Motion 18.3018 Salzmann (svp, BE) erfüllt und das Anliegen einer abgelehnten Motion 20.4546 Fivaz (gp, NE) aufgenommen, so die Botschaft.
Bei den Lenkungsabgaben sollen diejenigen Artikel im USG, die den Schwefelgehalt von einigen Treibstoffen betreffen, gestrichen werden, da sie aufgrund strengerer Vorschriften in der LRV keine Anwendung mehr finden.
Eine weitere Neuerung im USG soll es dem Bund erlauben, private Institutionen finanziell zu unterstützen, die an sie übertragene Aufgaben im Bereich der Aus- und Weiterbildung zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln wahrnehmen. Diese Änderung werde insbesondere die Umsetzung von Massnahmen des Aktionsplans zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vereinfachen.
Die vorliegende Revision schaffe auch die gesetzliche Grundlage, um das E-Government-Programm des UVEK im Umweltschutzbereich zu verankern, so der Bundesrat.
Schliesslich bezweckt der Bundesrat einige der Strafbestimmungen im USG anzupassen und das Strafmass für schwere Delikte anzuheben. Zudem solle die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Strafverfolgungs- und Umweltschutzbehörden gestärkt werden.

Umweltschutzgesetz. Änderung (BRG 22.085)

Im November 2018 hatten einige Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten der Gruppierung «Lausanne Action Climat», in einer Lausanner Credit Suisse-Filiale Tennis gespielt. Gemäss Medienberichten sei es dieser Gruppierung darum gegangen, darauf aufmerksam zu machen, dass auch Roger Federer, dessen Stiftung von der Credit Suisse gesponsert wird, keine Ahnung davon habe, dass diese Bank Investitionen in Milliardenhöhe in umweltschädliche Unternehmen tätige. Weil sich die Aktivistinnen und Aktivisten gegen die Strafen in der Höhe vom rund CHF 22'000 für Hausfriedensbruch und die Durchführung einer unbewilligten Kundgebung wehrten, kam es im Januar 2020 am Bezirksgericht in Renens (VD) zu einem von den Medien stark beachteten Gerichtsprozess. Die Credit Suisse verzichtete auf eine Teilnahme am Prozess. Als Expertinnen und Experten äusserten sich die Klimawissenschaftlerin Sonia Seneviratne und der Physiker und Nobelpreisträger Jacques Dubochet. Die 13 Anwältinnen und Anwälte der Angeklagten hoben in ihren Plädoyers verschiedene Aspekte hervor, wie etwa den Finanzplatz Schweiz und seine Rolle als Finanzier von umweltschädlichen Investitionen oder die Legitimität von zivilem Ungehorsam. Die Medien berichteten, dass das Ziel der Plädoyers darin bestanden habe, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Aktion angesichts des fortschreitenden Klimawandels unbedingt notwendig war.
Am 13. Januar 2020 verkündete der Einzelrichter Philippe Colelough sein Urteil. Dieser sprach die Aktivistinnen und Aktivisten frei, mit der Begründung, dass die Aktion friedlich verlaufen und hauptsächlich aus sogenannt rechtfertigendem Notstand heraus geschehen sei. Richter Colelough wies aber auch darauf hin, dass das geltende Recht solche Aktionen nur im Falle eines Notstands erlaube, wenn sie räumlich und zeitlich begrenzt stattfänden und für niemanden eine Gefahr darstellten. Zudem könne das Urteil noch angefochten werden.
Die Reaktionen in der Öffentlichkeit reichten von euphorisch bis entsetzt. Die Wochenzeitung begrüsste das Urteil vollumfänglich. Der Prozess sei wegweisend für die Frage der Legitimität von Protestformen gewesen. Auch Pierre Bühler, Honorarprofessor für Theologie an der Universität Zürich, sprach sich für das Verdikt aus. Er erläuterte, dass die ethische Legitimation über dem geltenden Recht stehe. Der ehemalige Bundesrichter Niklaus Oberholzer konnte das Urteil ebenfalls nachvollziehen und stufte es als juristisch gut begründet ein. Es sei aber keinesfalls als Freipass für weitere Aktionen zu sehen. Die Aargauer Zeitung berichtete derweil, dass das Urteil weitergezogen werde, dies habe die Staatsanwaltshaft bereits angekündigt. Nichtsdestotrotz habe es die Gruppierung geschafft, auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass Banken Kredite an Unternehmen verliehen, welche ihr Geld mit fossilen Energieträgern verdienten. Der Druck auf die Banken wachse durch solche Aktionen. Andere Zeitungen widersprachen diesen Argumenten. Sie waren der Ansicht, dass die Aktivistinnen und Aktivisten dem Kampf gegen den Klimawandel mit solchen Aktionen einen Bärendienst erwiesen hätten. Der Inlandredaktor der NZZ stufte das Urteil als gefährlich ein. Man dürfe den Klimawandel nicht missbrauchen, um die Rechtslage für gewisse politische Gruppierungen zurechtzubiegen. Ein Gesetzesverstoss bleibe ein Gesetzesverstoss und der Zweck heilige die Mittel keineswegs. Die Weltwoche konnte das Urteil ebenfalls nicht nachvollziehen und sprach von einem Rechtsbruch und einem politischem Entscheid. Sie prophezeite, dass es zu chaotischen Zuständen kommen werde, wenn jede Person ihre Vorstellungen von Moral über das Gesetz stellen könne. Weitere Zeitungen zitierten Juristen, wie etwa den Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Rechtsphilosophie der Universität Fribourg, Marcel Niggli, die den Freispruch als Fehlurteil einstuften. Man habe in diesen Fall nicht von einem rechtfertigenden Notstand sprechen können, da es auch andere, legale Möglichkeiten gegeben hätte, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Zudem habe keine unmittelbare Gefahr bestanden. Schliesslich sei das Urteil politisch motiviert gewesen; es solle in der Rechtssprechung allerdings nicht um gut und böse, sondern um Recht und Unrecht gehen, befand Niggli.

Gerichtsverfahren gegen Klimaaktivistinnen und -aktivisten
Dossier: Klimawandel in der Schweiz