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Zum ersten Mal seit 65 Jahren – und erst zum vierten Mal in den 101 Jahren seit Einführung der Volksinitiative – sagte der Bundesrat wieder ja zu einem ausformulierten Volksbegehren: Er unterstützte die Initiative der Schweizer Demokraten (SD), wonach der 1. August offiziell zum arbeitsfreien Bundesfeiertag erklärt werden soll. Bisher hatte sich der Bundesrat immer sehr zurückhaltend zu dieser Frage geäussert, weil er nicht in die föderalistische Ordnung eingreifen wollte. Noch 1987 war ihm der Nationalrat gefolgt und hatte eine entsprechende Einzelinitiative Ruf (sd, BE) abgelehnt. Drei Jahre später wurde ein gleiches Begehren Rufs dann vom Rat angenommen. Im Oktober 1990 doppelten die SD nach und reichten mit 102 660 Unterschriften ihr Volksbegehren ein.

In der Folge der angenommenen parlamentarischen Initiative Ruf arbeitete die Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates einen Gesetzesentwurf aus, der gesamtschweizerisch für den 1. August Arbeitsfreiheit bei vollem Lohn vorsieht. Der Bundesrat erachtete diesen Text als durchaus tauglich für die Ausführungsgesetzgebung. Um aber den föderalistischen Bedenken Rechnung zu tragen, schlug er vor, durch die Unterstützung der Volksinitiative den Grundsatz des arbeitsfreien Nationalfeiertags in der Verfassung zu verankern, damit sich Volk und Stände an der Urne dazu äussern können. Die vorberatende Nationalratskommission folgte der Argumentation des Bundesrates und sprach sich einstimmig — allerdings bei sechs Enthaltungen — ebenfalls für die Volksinitiative aus.

In der Folge der angenommenen parlamentarischen Initiative Ruf arbeitete die Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates einen Gesetzesentwurf aus, der gesamtschweizerisch für den 1

Das BFS legte die Ergebnisse der 1991 erstmals durchgeführten schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) vor. Danach wird in der Schweiz im Schnitt 43 1/4 Stunden pro Woche gearbeitet, Überstunden nicht eingerechnet, wobei Überzeit um so häufiger vorkommt, je höher die berufliche Stellung ist. Knapp ein Viertel der 16 000 Befragten gaben an, sie würden gerne weniger als hundert Prozent arbeiten und wären bereit, dafür eine entsprechende Lohneinbusse in Kauf zu nehmen. Am häufigsten nicht voll erwerbstätig sind die Frauen. Insgesamt arbeiten 48% der Arbeitnehmerinnen voll, bei den Männern sind es 92%. Die Begründung der Teilzeitarbeit brachte zum Ausdruck, wie stark die Gesellschaft immer noch vom traditionellen Rollenverständnis geprägt ist. Drei Viertel der teilzeitarbeitenden Frauen gaben als Grund für ihr eingeschränktes Pensum die Kinderbetreuung an, während die Männer, die ihre Arbeitszeit reduzierten, dies primär aus Gründen der berufsbegleitenden Aus- und Weiterbildung taten.

Mehr als die Hälfte (56%) der Mütter mit schulpflichtigen Kindern sind erwerbstätig. Meist handelt es sich dabei um Engagements von geringem Umfang. Wenn die Mutter arbeitet, wird die Kinderbetreuung in 38% der Fälle von andern Personen im gleichen Haushalt übernommen. Ein Viertel der Kinder wird ausserhalb des Haushalts von Verwandten, Tagesmüttern oder in Krippen betreut. Ein weiteres Viertel der Kinder bleibt während der Arbeitszeit der Mutter allein.

Ferner ergab die Umfrage, dass unregelmässige Arbeitszeiten häufig sind. Jede vierte erwerbstätige Person arbeitet auch am Abend oder nachts. An Wochenenden sind 40% beschäftigt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten es relativ lange an der selben Stelle aus. Fast die Hälfte der Befragten arbeitete seit über sechs Jahren am gleichen Ort. Auch die Antworten der Arbeitslosen deuteten auf eine geringe geographische Mobilität der Schweizer Erwerbstätigen hin. Nur ein Fünftel signalisierte die Bereitschaft, für eine Stelle in eine andere Region zu ziehen. Männer und Mieter gaben sich dabei umzugsfreudiger als Frauen und Hauseigentümer.

Bei den Löhnen stellte die Studie signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest. In den untern Einkommensgruppen überwiegen die Frauen, in den obern die Männer, was mit der unterschiedlichen Ausbildung, der beruflichen Stellung und der Branchenzugehörigkeit erklärt wurde. Gesamthaft bezog die Hälfte aller Voll- und Teilerwerbstätigen ein Nettoeinkommen von weniger als 45 000 Fr. und nur gerade 10% mehr als 84 000 Fr.

Sozioökonomische Studien
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

In der Schweiz wurde 1992 durchschnittlich 42 Stunden pro Woche gearbeitet. Seit 1985 hat sich die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit um 1,4 Stunden verringert, wobei dieser Rückgang in der Westschweiz und im Tessin weniger ausgeprägt war als in der Deutschschweiz.

In der Schweiz wurde 1992 durchschnittlich 42 Stunden pro Woche gearbeitet

Auch im Parlament führte die Problematik der Arbeitslosigkeit zu zahlreichen Vorstössen und ausführlichen Debatten. In der Frühjahrssession behandelte der Nationalrat dringliche Interpellationen der Fraktionen der SP (92.3014), der CVP (92.3057) und der Grünen (92.3061) zur Wirtschaftslage. Anders als noch im Vorjahr verlangte die SP nun vom Bund Investitionsprogramme zur Förderung der Bauwirtschaft, verzichtete aber noch auf die Forderung nach einem umfassenden Konjunkturförderungsprogramm. Auch die CVP sprach sich für eine Stützung des Baugewerbes durch Wohnbauprogramme aus, ebenso wie die Grünen, welche zudem postulierten, die Förderungsmassnahmen müssten unbedingt ökologischen Kriterien genügen.

Parlament ausführlichen Debatten


Als neuntes Land nach Irland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Neuseeland, Sri Lanka, Kuba und Uruguay kündigte der Bundesrat das Abkommen 89 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), dem nach wie vor rund 70 Staaten angehören, und gab sich damit die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung des seit 1919 geltenden Nachtarbeitsverbotes für Frauen in der Industrie. Als Gründe für die Kündigung nannte der Bundesrat die härter gewordene Konkurrenzsituation: Das Nachtarbeitsverbot würde den Bestrebungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes zuwiderlaufen und die Schweiz in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit benachteiligen. Er wies auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 1991 hin, welches festhält, dass ein generelles Nachtarbeitsverbot für Frauen mit dem im EG-Recht verankerten Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter nicht vereinbar sei.

Der Entscheid des Bundesrates wurde sehr unterschiedlich aufgenommen. Während ihn die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber als wichtigen Schritt zur Gleichstellung der Geschlechter begrüssten, taxierten die SP und die Gewerkschaften das Vorgehen des Bundesrates als unakzeptablen gesundheits- und sozialpolitischen Rückschritt und rügten, einmal mehr werde der Gleichstellungsartikel dazu missbraucht, um die Situation der Frauen zu verschlechtern. Auch die Grüne Partei und frauenpolitische Organisationen protestierten.

Die Bundesbehörden schlossen eine rasche Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes – etwa auf dem Weg über eine Verordnungsänderung – aus. Der Vorsteher des EVD verband den Entscheid des Bundesrates vielmehr mit dem Versprechen, bei der nun notwendig werdenden Revision des Arbeitsgesetzes einen besseren Schutz aller in der Nacht Beschäftigten anzustreben. Als Massnahmen erwähnte er unter anderem die medizinische Betreuung, Arbeitszeitreduktionen, den Mutterschaftsschutz, die Einbeziehung des sozialen Umfeldes in den Problemkreis Nachtarbeit und die Schaffung von Alternativen, wenn aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtarbeit geleistet werden kann. Damit würde die Schweiz auch die Voraussetzungen erfüllen, um das Übereinkommen 171 der IAO zu unterzeichnen, das den Schutz aller in der Nacht Arbeitenden zum Inhalt hat.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn hob eine befristete Bewilligung für die Nachtarbeit von Frauen bei einer Grenchner Uhrenfabrik wieder auf. Die Gewerkschaft SMUV hatte die Bewilligung mit einer Beschwerde beim Solothurner Verwaltungsgericht angefochten und dabei die Unterstützung des Biga gefunden. Der Bundesrat hatte sogar nicht ausgeschlossen, zum Schutz des noch geltenden Nachtarbeitsverbotes das Bundesgericht anzurufen, falls das Solothurner Verwaltungsgericht der Beschwerde des SMUV nicht stattgeben sollte.

Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn hob eine befristete Bewilligung für die Nachtarbeit von Frauen bei einer Grenchner Uhrenfabrik wieder auf

Die effektive Arbeitslosigkeit ist noch um einiges höher als vom Biga angegeben. Ende Februar 1992 veröffentlichte das Bundesamt für Statistik (BfS) erstmals eine eigene Erhebung über die Erwerbslosigkeit in der Schweiz. Nach dieser Studie, die sich auf eine repräsentative Umfrage abstützt, dürfte die Zahl der Stellensuchenden Ende Jahr bei rund 3% gelegen haben. Das BIS wandte eine von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) empfohlene, erweiterte Definition der Arbeitslosigkeit an, begnügte sich also nicht damit, wie dies das Biga seit 1936 tut, die Bezüger von Arbeitslosengeldern sowie die bei den Arbeitsämtern gemeldeten Stellensuchenden zu registrieren, sondern zählte auch all jene mit, welche arbeitswillig sind (z.B. ausgesteuerte Arbeitslose, Frühpensionierte, Hausfrauen mit Wiedereinstiegswunsch oder Jugendliche nach Abschluss ihrer Lehrzeit), die aber den beruflichen Anschluss nicht finden. Zieht man diese "stille Reserve" mit in Betracht, befand sich die Schweiz 1991 zwar immer noch unter den Industrienationen mit der geringsten Arbeitslosigkeit, näherte sich aber doch schon dem Mittelfeld.

repräsentative Umfrage

1991 fielen im Jahresmittel 853 331 Stunden monatlich wegen Kurzarbeit aus. 20 269 Personen in 646 Betrieben waren davon betroffen. Diese Zahlen liegen weit über den Werten von 1989 (35 057) und 1990 (43 796), aber immer noch klar unter dem Jahresergebnis von 1983 mit rund 1,8 Mio Ausfallstunden.

Kurzarbeit

Der Arbeitsmarkt reagierte weiterhin heftig auf den Konjunktureinbruch. Die Zahl der Beschäftigten ging in allen vier Quartalen gegenüber dem Vorjahresstand zurück und verringerte sich im Jahresmittel um 2,6%. Während der Stellenabbau im industriellen Sektor (–4,6%) bereits im Vorjahr eingesetzt hatte, verzeichneten neu auch die Dienstleistungsbetriebe einen leichten Einbruch (–1,4%). Mit Ausnahme von Uri, Nidwalden und Glarus registrierten alle Kantone einen Beschäftigungsrückgang. Zu Ende des Berichtsjahres waren in der Schweiz 129 643 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeitslos, was einer Quote von 3,7% der erwerbstätigen Bevölkerung entspricht.

Am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen waren die Berufstätigen unter 30 Jahren, die Frauen und die Ausländer. Im Jahresmittel waren 92 308 Personen (2,6%) ohne Stelle, verglichen mit 39 222 Arbeitslosen (1,1%) im Vorjahr. Markant war die Verlagerung in den Regionen: Zwar blieben Genf (5,4%), Tessin (5,3%) sowie Waadt und Neuenburg (je 5,0%) an der Spitze, doch wies die Deutschschweiz beinahe eine Verdreifachung der Arbeitslosenzahl aus, während das Tessin und die Romandie eine Verdoppelung hinnehmen mussten. Gemäss den Angaben des Biga betrifft die Arbeitslosigkeit nicht nur Ungelernte, sondern vermehrt auch Fachkräfte und Kaderleute. Für junge Berufsleute gestaltet sich die Stellensuche am schwierigsten: Im Dezember erreichte die Arbeitslosenquote bei den 20- bis 24jährigen 6,4% und bei den 25- bis 29jährigen 6,6%. Markant zugenommen auf rund 10% haben im Berichtsjahr auch die Langzeitarbeitslosen, von denen fast ein Viertel über 50 Jahre alt war.

Am stärksten betroffen waren die Berufstätigen unter 30 Jahren, die Frauen und die Ausländer

Die anhaltende Konjunkturschwäche führte dazu, dass im Oktober die Arbeitslosenquote mit 45 692 Personen oder 1,5% der aktiven Bevölkerung den höchsten Wert seit dem Zweiten Weltkrieg erreichte. Ende Jahr betrugen die Zahlen gemäss Biga 58 580 Frauen und Männer oder 1,9%, was gegenüber dem Vorjahr (25 141 Personen oder 0,8%) einer Zunahme um 133% entspricht. Frauen und Ausländer waren überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen. Praktisch sämtliche Kantone registrierten eine Erhöhung der Arbeitslosenzahlen. Allerdings verzeichneten jene Kantone in der West- und Südschweiz (Genf, Neuenburg, Tessin) einen besonders ausgeprägten Anstieg, die bereits früher überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquoten kannten. Unter dem Durchschnitt lag die Arbeitslosigkeit.weiterhin in der Inner- und Ostschweiz, aber auch Bern und Zürich wiesen noch relativ günstige Werte aus.

Arbeitslosenquote mit 45 692 Personen oder 1,5% der aktiven Bevölkerung

1991 verringerte sich die betriebsübliche Arbeitszeit um 0,1 Stunden und betrug im Mittel 42,1 Stunden. In den sechs Jahren von 1985 bis 1991 sank sie gesamthaft um 1,3 Stunden. Dabei wiesen die verarbeitende Produktion, der Transport- und Kommunikationsbereich sowie die öffentliche Verwaltung mit 1,5 Stunden den höchsten Rückgang auf. Im Gegensatz dazu verzeichnete der Bereich Banken, Versicherungen, Immobilien und Beratung mit 0,9 Stunden die geringste Abnahme.

1991 verringerte sich die betriebsübliche Arbeitszeit um 0,1 Stunden und betrug im Mittel 42,1 Stunden

Die verschlechterte wirtschaftliche Lage zeigte rasch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Während im ersten Quartal die Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahr noch leicht anstieg und im zweiten Quartal stagnierte, setzte in der zweiten Jahreshälfte ein Rückgang ein, welcher im vierten Quartal -0,9% erreichte. Im Jahresmittel zählte man 0,3% weniger Beschäftigte als im Vorjahr. Damit ging eine siebenjährige Wachstumsperiode zu Ende, während der rund 300 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden waren. Der Dienstleistungsbereich konnte zwar noch einen leichten Zuwachs der Beschäftigung verzeichnen, im 2. Sektor kam es jedoch zu einem Abbau von 1,9%. Am stärksten war dabei das Baugewerbe (-2,3%) betroffen, aber auch in der verarbeitenden Produktion (-1,7%) kam es zu einem spürbaren Rückgang der Beschäftigung.

0,3% weniger Beschäftigte

Keine Partei verlangte im Berichtsjahr konkrete Beschäftigungsprogramme. Im Parlament auf deren eventuelle Opportunität angesprochen, zeigte sich der Bundesrat betont optimistisch. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die momentane Arbeitslosigkeit – seiner Meinung nach in erster Linie eine Folge der längst nötigen Strukturbereinigungen – im Frühjahr 1992 ihren Kulminationspunkt erreichen und weitgehend durch Kurzarbeit aufgefangen werde, zu deren sozialer Bewältigung das 1990 revidierte Gesetz über die Arbeitslosenversicherung beste Voraussetzungen biete.

Keine Partei verlangte im Berichtsjahr konkrete Beschäftigungsprogramme

Dass diese Interessengruppen aber bereits auf recht verlorenem Posten standen, ging aus Äusserungen von Biga-Direktor Hug hervor, der eine Kündigung des Abkommens 89 nicht mehr ausschliessen mochte, sowie aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberverbände immer vehementer die Aufhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen in industriellen Betrieben verlangten mit der Begründung, der Wirtschaftsstandort Schweiz werde sonst gefährdet. Auch der Bundesrat liess mehrfach durchblicken, dass für ihn eine Weiterführung des Abkommens ohne breite Ratifizierung des Zusatzprotokolls von 1990, welches weitreichende Ausnahmeregelungen erlaubt, kaum noch denkbar sei. Im Zeichen der Ausrichtung auf Europa wollte er zudem seine Haltung von einem Entscheid des EG-Gerichtshofes abhängig machen. Dieser erfolgte im Laufe des Sommers und bezeichnete ein französisches Gesetz, das ein Nachtarbeitsverbot für Frauen vorsah, als unvereinbar mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter. In seiner Antwort auf die Interpellationen von zwei Mitgliedern der SP-Fraktion versprach Bundesrat Delamuraz aber, vor einer eventuellen Kündigung des Abkommens noch eine weitere Konsultationsrunde unter Einbezug von interessierten Frauenorganisationen durchzuführen.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Dabei anerkannte der Bundesrat selber die gesundheitliche Mehrbelastung bei Nachtarbeit. In einer Revision des Arbeitszeitgesetzes beantragte er deshalb dem Parlament, allen Bediensteten im öffentlichen Verkehr die gleichen Zeitzuschläge für Nachtarbeit zuzugestehen wie sie 1990 bereits den PTT- und SBB-Angestellten gewährt worden waren. Die vorberatende Kommission des Ständerates beschloss mit klarem Mehr, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, die verschiedenen Revisionspunkte noch einmal mit den Personalverbänden auszuhandeln. Insbesondere soll der Bundesrat die Auswirkungen der bei den Regiebetrieben seit 1990 gültigen Regelungen abklären.

Dabei anerkannte der Bundesrat selber die gesundheitliche Mehrbelastung bei Nachtarbeit

Per 1. November machte der Bundesrat von seiner Kompetenz Gebrauch und erhöhte für die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin die Bezugsdauer der ungekürzten Arbeitslosentaggelder von 85 auf 170 Tage. Mit über 3% lag die Arbeitslosigkeit in diesen Kantonen Ende September deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Durch die Verlängerung der Bezugsdauer wird der Versicherungsschutz verbessert. Gleichzeitig erhalten die Behörden mehr Zeit, um geeignete Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten bereitzustellen.

erhöhte für die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin die Bezugsdauer der ungekürzten Arbeitslosentaggelder

Mit Genugtuung nahm der Bundesrat zur Kenntnis, dass die Schweiz für ihre erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahrzehnte den deutschen Carl-Bertelsmann-Preis 1991 erhielt. Er verdoppelte die Preissumme von 100 000 Mark (rund 85 000 Fr.) aus Bundesmitteln, um damit zwei Schweizer Projekte in der Tschechoslowakei zu unterstützen.

Mit Genugtuung nahm der Bundesrat zur Kenntnis, dass die Schweiz für ihre erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahrzehnte den deutschen Carl-Bertelsmann-Preis 1991 erhielt

Am 1. Juli trat das 1989 beschlossene neue Arbeitsvermittlungsgesetz in Kraft, dessen zentrales Anliegen die Erfassung des Personalverleihs ist. Temporärbeschäftigte sollen damit besser geschützt werden. Diese Form der privaten Arbeitsvermittlung wird künftig einer kantonalen Bewilligung unterstehen.

Erfassung des Personalverleihs

Der Bundesrat beschloss, ab 1992 Pilotversuche mit flexiblen Arbeitszeitmodellen durchzuführen. Bundesbedienstete können demzufolge ihre Wochenarbeitszeit versuchsweise zwischen 40 und 44 Stunden frei wählen. Wer sich für eine Wochenarbeitszeit von über 42 Stunden entscheidet, kann pro Stunde Mehrarbeit jährlich fünf (aber höchstens zehn) Ausgleichstage beziehen. Wer wöchentlich weniger als 42 Stunden arbeiten will, muss mit einer entsprechenden Besoldungskürzung rechnen.

Pilotversuche mit flexiblen Arbeitszeitmodellen

Eine breite, geschlossene Front, bestehend aus gewerkschaftlichen, kirchlichen und frauenpolitischen Organisationen sagte weiterhin klar nein zum Revisionsentwurf des Arbeitsgesetzes, zur Kündigung des Übereinkommens 89 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) (Verbot der Nachtarbeit für Frauen in der Industrie) und zum Ausbau jeglicher Nacht- und Sonntagsarbeit. Sie argumentierten damit, dass es nicht angehe, die Frauen, die ohnehin die Doppelbelastung von Beruf und Familie zu tragen hätten, zu benachteiligen, nur um die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen. Eher, so ihre Auffassung, müsse die erwiesenermassen physisch und psychisch schädliche Nachtarbeit auch für Männer verboten werden.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die Kontroverse um die Revision des Arbeitsgesetzes, deren Kernpunkt die Lockerung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots für Frauen in der Industrie ist, verlor auch im Berichtsjahr nichts von ihrer Heftigkeit. Während die Arbeitgeberorganisationen die Vorschläge zwar begrüssten, aber als zu wenig weit gehend bezeichneten, stiess der Entwurf bei den Gewerkschaften, in kirchlichen Kreisen und bei den Frauenorganisationen auf scharfe Ablehnung. Ahnlich gespalten waren die Bundesratsparteien. FDP und SVP zeigten sich mit der Lockerung grundsätzlich einverstanden, SP und CVP wollten hingegen an den geltenden Schutzmassnahmen festhalten.

Revision des Arbeitsgesetzes (Po. 90.580)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Bis weit in die erste Jahreshälfte 1990 war die Arbeitsmarktlage durch eine beträchtliche Übernachfrage nach Arbeitskräften charakterisiert, die sich in einem überdurchschnittlichen Beschäftigungswachstum – 1,7% gegenüber dem ersten Quartal 1989 – manifestierte. Die Nachfrage überstieg das inländische Arbeitsangebot bei weitem und konnte wie in den Vorjahren nur durch die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte einigermassen abgedeckt werden. Der Arbeitslosenbestand reduzierte sich auf ein äusserst tiefes Niveau und umfasste schliesslich zur Hauptsache nur mehr sehr schwer vermittelbare stellenlose Arbeitssuchende.

Die einsetzende konjunkturelle Verflachung widerspiegelte sich dann aber rasch in der Entwicklung der Arbeitsnachfrage. Seit dem zweiten Quartal schwächte sich das Wachstum der Beschäftigung wenn nicht deutlich, so doch sukzessive ab. Im 4. Quartal war die Beschäftigung in der Industrie gar leicht rückläufig, während im Dienstleistungssektor eine gegenüber 1989 leicht verminderte Zunahme anhielt. Gleichzeitig beschleunigte sich der im April erstmals festgestellte Rückgang der Zahl der offenen Stellen auf das Jahresende hin.. Von der beschleunigten Zunahme der Arbeitslosigkeit waren vor allem die Westschweizer Kantone Genf, Wallis, Neuenburg, Waadt und etwas abgeschwächter der Jura sowie der Kanton Tessin betroffen.

Seit dem zweiten Quartal schwächte sich das Wachstum der Beschäftigung wenn nicht deutlich, so doch sukzessive ab

Das Bundesgericht gab zwei Beschwerden der Gewerkschaften gegen vom Biga erteilte Sonderbewilligungen für Sonntagsarbeit ganz oder zumindest in wichtigen Punkten statt. Im Fall einer Spinnerei in Murg (SG) erachteten die Lausanner Richter die für die Einführung von Nacht- und Sonntagsarbeit geltend gemachten wirtschaftlichen Überlegungen als unzureichend und hob die Bewilligung auf. Einem Hersteller von Mikrochips in Marin (NE) gestand das Bundesgericht zwar zu, dass eine ununterbrochene siebentägige Produktionsweise technisch und ökonomisch unentbehrlich sei, doch verweigerte sie ihm den sonntäglichen Einsatz von Frauen, da die Herstellung integrierter Schaltungen keine frauenspezifische Arbeit darstelle und die Frau im Arbeitsgesetz gerade deshalb einen besonderen Schutz geniessen müsse, weil ihr nach traditionellem Rollenverständnis im Familienleben eine besondere Funktion zukomme. Die Richter anerkannten zwar, dass hier ein Widerspruch zum Gleichheitsartikel der Bundesverfassung bestehe, argumentierten aber, dass in diesem Bereich eine Berufung auf Art. 4 Abs. 2 BV erst dann.zulässig wäre, wenn alle Ungleichheiten zwischen Mann und Frau, insbesondere die Lohndifferenzen, beseitigt wären.

Bundesgericht

Der Bundesrat entschied bis Ende Jahr nicht in dieser Frage. Im Nationalrat darauf angesprochen, erinnerte er zwar daran, dass 97 der insgesamt 158 ILO-Mitgliedstaaten diese Konvention nicht unterzeichnet haben – darunter so bedeutende wie Australien, die USA, Kanada, Japan, Dänemark, Finnland, Schweden und Grossbritannien – versprach aber, keine voreiligen Schritte unternehmen und vor einer allfälligen Kündigung des Übereinkommens die Meinung der interessierten Kreise einholen zu wollen. Aus dem Biga war verschiedentlich zu vernehmen, der Bundesrat könnte seinen Entscheid über eine Aufkündigung des Abkommens beziehungsweise über eine Unterzeichnung des Zusatzprotokolls von der Haltung der EG-Staaten abhängig machen. Nachdem der EG-Kommissionspräsident Delors im Januar den Willen bekundet hatte, auch den Bereich der Nachtarbeit im Rahmen des europäischen Binnenmarktes einheitlich zu regeln, stellte sich die Frage, ob es nicht sinnvoller sei, mit den Revisionsarbeiten am Arbeitsgesetz so lange zuzuwarten, bis die angekündigte EG-Richtlinie vorliegt.

angekündigte EG-Richtlinie

Obgleich sich die sogenannt prekären Arbeitsformen (Teilzeit- und Temporärarbeit) bei den Arbeitnehmern steigender Beliebtheit erfreuen, stehen Sozialpolitiker und Gewerkschaften diesem Trend eher reserviert gegenüber, da sie für die Betroffenen Einbussen bei der Karriere und im Bereich der Sozialversicherungen – zum Beispiel durch Nichterreichen des Koordinationsabzugs bei der 2. Säule – befürchten. Auch das Bundesamt für Konjunkturfragen warnte davor, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit die in den Gesamtarbeitsverträgen verankerten Sicherheiten unterlaufen könnte, weil sich im Zuge der Individualisierung die vielen grundlegend verschiedenen Modelle nicht mehr für alle verbindlich regeln liessen.

Auswirkungen der prekären Arbeitsformen auf die soziale Sicherheit
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG