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Jahresrückblick 2022: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport

Zu Beginn des Jahres 2022 wurde befürchtet, dass die Covid-19-Pandemie auch in diesem Jahr das politische Geschehen der Schweiz dominieren würde: Mitte Januar erreichte die Anzahl laborbestätigter täglicher Neuansteckungen mit 48'000 Fällen bisher kaum denkbare Höhen – im Winter zuvor lagen die maximalen täglichen Neuansteckungen noch bei 10'500 Fällen. Die seit Anfang 2022 dominante Omikron-Variante war somit deutlich ansteckender als frühere Varianten – im Gegenzug erwies sie sich aber auch als weniger gefährlich: Trotz der viermal höheren Fallzahl blieben die Neuhospitalisierungen von Personen mit Covid-19-Infektionen deutlich unter den Vorjahreswerten. In der Folge nahm die Dominanz der Pandemie in der Schweizer Politik und in den Medien fast schlagartig ab, wie auch Abbildung 1 verdeutlicht. Wurde im Januar 2022 noch immer in 15 Prozent aller Zeitungsartikel über Covid-19 gesprochen, waren es im März noch 4 Prozent. Zwar wurde im Laufe des Jahres das Covid-19-Gesetz zum fünften Mal geändert und erneut verlängert, über die Frage der Impfstoff- und der Arzneimittelbeschaffung gestritten und versucht, in verschiedenen Bereichen Lehren aus den letzten zwei Jahren zu ziehen. Jedoch vermochten weder diese Diskussionen, die zwischenzeitlich gestiegenen Fallzahlen sowie ein weltweiter Ausbruch vermehrter Affenpocken-Infektionen das mediale Interesse an der Pandemie erneut nachhaltig zu steigern.

Stattdessen erhielten im Gesundheitsbereich wieder andere Themen vermehrte Aufmerksamkeit, vor allem im Rahmen von Volksabstimmungen und der Umsetzung von Abstimmungsentscheiden.
Einen direkten Erfolg durch ein direktdemokratisches Instrument erzielte das Komitee hinter der Volksinitiative «Kinder ohne Tabak». Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hiessen diese Initiative am 13. Februar mit 56.7 Prozent gut. Das Volksbegehren ziel darauf ab, dass Kinder und Jugendliche nicht länger mit Tabakwerbung in Berührung kommen. Während das Initiativkomitee die Vorlage unter anderem damit begründete, dass durch das Werbeverbot dem Rauchen bei Jugendlichen Einhalt geboten werden könne, führten die Gegnerinnen und Gegner die Wirtschaftsfreiheit an. Zudem befürchtete die Gegnerschaft, dass in Zukunft weitere Produkte wie Fleisch oder Zucker mit einem vergleichbaren Werbeverbot belegt werden könnten. Der Bundesrat gab Ende August einen gemäss Medien sehr strikten Entwurf zur Umsetzung der Initiative in die Vernehmlassung. Während die Stimmbevölkerung Werbung für Tabakprodukte verbieten wollte, bewilligte das BAG ein Gesuch der Stadt Basel zur Durchführung von Cannabisstudien; die Städte Bern, Lausanne, Zürich und Genf lancierten ebenfalls entsprechende Studien. Zudem können Ärztinnen und Ärzte seit dem 1. August medizinischen Cannabis ohne Bewilligung durch das BAG verschreiben.

Teilweise erfolgreich waren im Jahr 2022 aber auch die Initiantinnen und Initianten der Organspende-Initiative. 2021 hatte das Parlament eine Änderung des Transplantationsgesetzes als indirekten Gegenvorschlag gutgeheissen, woraufhin das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurückgezogen hatte. Im Januar kam das Referendum gegen die Gesetzesänderung zustande. Mit dem Gesetz beabsichtigten Bundesrat und Parlament die Einführung einer erweiterten Widerspruchslösung, wobei die Angehörigen der verstorbenen Person beim Spendeentscheid miteinbezogen werden müssen. Auch wenn es sich dabei um eine Abschwächung der Initiativforderung handelte, ging die Änderung dem Referendumskomitee zu weit; es äusserte ethische und rechtliche Bedenken. Die Stimmbevölkerung nahm die Gesetzesänderung am 15. Mai allerdings deutlich mit 60.2 Prozent an. Damit gewichtete sie die von den Befürwortenden hervorgehobene Dringlichkeit, die Spenderquote zu erhöhen und etwas gegen die langen Wartezeiten auf ein Spenderorgan zu unternehmen, stärker als die Argumente des Referendumskomitees. In den Wochen vor dem Abstimmungssonntag wurde die Vorlage vermehrt von den Zeitungen aufgegriffen, wie Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse verdeutlicht.

Nach dem deutlichen Ja an der Urne im November 2021 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament im Mai 2022 seine Botschaft zur Umsetzung eines ersten Teils der Pflegeinitiative. Dieser entspricht dem indirekten Gegenvorschlag, den die Legislative ursprünglich als Alternative zur Volksinitiative ausgearbeitet hatte. Ohne grosse Änderungen stimmten die beiden Kammern der Gesetzesrevision zu.

Noch immer stark von der Covid-19-Pandemie geprägt waren die Diskussionen zu den Spitälern. Da die Überlastung der Spitäler und insbesondere der Intensivstationen während der Pandemie eine der Hauptsorgen dargestellt hatte, diskutierten die Medien 2022 ausführlich darüber, wie es möglich sei, die Intensivstationen auszubauen. Vier Standesinitiativen forderten zudem vom Bund eine Entschädigung für die Ertragsausfälle der Krankenhäuser während der ersten Pandemiewelle, der Nationalrat gab ihnen indes keine Folge.

Von einer neuen Krise betroffen war die Medikamentenversorgung. Die Versorgungssicherheit wurde als kritisch erachtet, was die Medien auf den Brexit, die Opioidkrise in den USA sowie auf den Ukrainekrieg zurückführten. Der Bundesrat gab in der Folge das Pflichtlager für Opioide frei. Das Parlament hiess überdies verschiedene Motionen für eine Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen gut, um so die Medikamentenversorgung auch mittelfristig sicherzustellen (Mo. 20.3211, Mo. 20.3370). Kein Gehör fand hingegen eine Standesinitiative aus dem Kanton Aargau zur Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten, durch ausreichende Lagerhaltung, Produktion in Europa und durch die Vereinfachung der Registrierung in der Schweiz.

Im Bereich des Sports war das Jahr 2022 durch mehrere Grossanlässe geprägt, die nicht nur in sportlicher, sondern auch in politischer Hinsicht für Gesprächsstoff sorgten. Die Olympischen Winterspiele in Peking Anfang Jahr und die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar zum Jahresende standen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen an den Austragungsstätten in den Schlagzeilen. Skandale gab es aber nicht nur in der internationalen Sportwelt, sondern auch hierzulande, wo Vorwürfe bezüglich Missständen im Synchronschwimmen erhoben wurden und die 1. Liga-Frauen-Fussballmannschaft des FC Affoltern nach einem Belästigungsskandal praktisch geschlossen den Rücktritt erklärte. Erfreut zeigten sich die Medien hingegen über eine Meldung im Vorfeld der Fussball-Europameisterschaft der Frauen, dass die Erfolgsprämien durch die Credit Suisse und die Gelder für Bilder- und Namensrechte durch den SFV für die Spielerinnen und Spieler der Nationalmannschaft der Frauen und Männer künftig gleich hoch ausfallen sollen. Sinnbildlich für den wachsenden Stellenwert des Frauenfussballs stand ferner eine Erklärung des Nationalrats in der Wintersession 2022, wonach er die Kandidatur zur Austragung der Fussball-Europameisterschaft der Frauen 2025 in der Schweiz unterstütze. Trotz dieser verschiedenen Diskussionen im Sportbereich hielt sich die Berichterstattung dazu verglichen mit derjenigen zu gesundheitspolitischen Themen in Grenzen (vgl. Abbildung 1). Dies trifft auch auf die Medienaufmerksamkeit für die Sozialhilfe zu, die sich über das gesamte Jahr hinweg unverändert auf sehr tiefem Niveau bewegte.

Jahresrückblick 2022: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Dossier: Jahresrückblick 2022

In der Wintersession 2022 beschäftigte sich der Nationalrat mit einer Motion Müller (fdp, LU), welche auf mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung abzielte. Während eine Mehrheit der SGK-NR die Annahme des Vorstosses forderte, um Versorgungsengpässen entgegenzuwirken, und sich davon überzeugt zeigte, dass das Zulassungsverfahren in den USA über einen der Schweiz ebenbürtigen Standard verfüge, sprach sich eine Kommissionsminderheit rund um Manuela Weichelt (al, ZG) gegen die Motion aus. Sie führte Bedenken zur Sicherheit der Patientenschaft und die Möglichkeit von Ausnahmebewilligungen ins Feld. Gesundheitsminister Alain Berset teilte die Ansicht bezüglich Patientensicherheit – in den USA gebe es zum Beispiel eine Tendenz zur Deregulierung der Gesetzgebung für Medizinprodukte («une tendance à la dérégulation de la législation sur les dispositifs médicaux») – und erklärte, dass die Versorgung der Schweiz mit Medizinprodukten derzeit gesichert sei. Nichtsdestotrotz folgte die grosse Kammer mit 100 zu 79 Stimmen dem Antrag der Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Damit bestätigte sie ihren Beschluss, den sie bereits bei der gleichlautenden Motion Rösti (Mo. 20.3370) gefasst hatte.

Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung (Mo. 20.3211)

In Erfüllung des Postulats «Stopp der Medikamentenverschwendung!» veröffentlichte der Bundesrat Ende November 2022 einen Bericht. Aus diesem ging hervor, dass in der Schweiz keine ganzheitlichen Studien und Statistiken zur Arzneimittelverschwendung und der damit einhergehenden Kosten existierten. Einzig für das Jahr 1996 gebe es eine Hochrechnung. Diese gehe von 6 Prozent der im ambulanten Bereich verkauften Arzneimittelpackungen aus, welche in die Apotheke zurückgebracht und von dieser entsorgt worden seien. Insgesamt entspreche dies einem Verkaufswert von circa CHF 200 Mio. für das Jahr 1996. Eine andere – ebenfalls ungefähr zwanzig Jahre zurückliegende – Schätzung vermute Arzneimittelabfällen in einem Wert von etwa CHF 500 Mio. pro Jahr. Arzneimittelverschwendung lasse sich gemäss Bericht grob in die beiden Problemfelder der Überversorgung und der fehlenden Therapietreue einteilen. Während sich ersteres Problemfeld aus unnötigen Verschreibungen und einer in zu grossen Mengen erfolgten Abgabe zusammensetze, sei letzteres auf eine ungenügende Regelmässigkeit bei der Einnahme der verschriebenen Medikamenten zurückzuführen. Arzneimittelverschwendung müsse als multifaktorielles Problem verstanden werden, weshalb an mehreren Stellen Massnahmen ergriffen werden sollten. Analog zur Einteilung in die beiden Problemfelder lägen die beiden Hauptansätze zur Verschwendungsreduktion in der Förderung der Therapietreue und in der Überversorgungsverminderung. Neben dem Bund und den Kantonen hätten in den vergangenen Jahren auch private Akteurinnen und Akteure Vorkehrungen getroffen, mit welchen der Umgang mit Arzneimitteln effizienter gelinge und dadurch der Verschwendung Einhalt geboten werden könne. Der eingeschlagene Kurs soll gemäss Bundesrat fortgesetzt werden. Dabei soll insbesondere auf die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Allgemeinen abgezielt werden, weil dadurch auch die Arzneimittelverschwendung vermindert würde.

Nach der Publikation des Berichts erachtete die Landesregierung das Anliegen des Postulats als erfüllt und beantragte im Rahmen des Berichts über die Motionen und Postulate aus dem Jahr 2022 dessen Abschreibung. Der Nationalrat kam dieser Forderung in der Sommersession 2023 nach.

Medikamentenverschwendung

In Erfüllung der Motion Tornare (sp, GE) publizierte der Bundesrat Anfang November 2022 den Bericht «Einzelverkauf von Medikamenten: Wagen wir den Versuch!». Aus einer zwischen 2019 und 2021 im Kanton Neuenburg durchgeführten Machbarkeitsstudie gehe hervor, dass ein solcher grundsätzlich realisierbar und potenziell mit einem Nutzen für die Patientenschaft und die Gesellschaft verbunden sei. Dazu gehörten beispielsweise eine verbesserte Therapieadhärenz – sprich das bessere Befolgen einer medizinischen Behandlung gemäss Anweisungen – und die Reduktion von Antibiotikaresistenzen. Gleichzeitig komme die Studie jedoch auch zum Schluss, dass der Einzelverkauf mit aufwändigen Prozessen und Herausforderungen für Apotheken und Arztpraxen einhergehe. In der Studie wurde weiter erwähnt, dass ausgewählte Stakeholder mit den Studienergebnissen grösstenteils einverstanden waren. Insgesamt – so wird aus dem Bericht ersichtlich – sei eine Durchführung grundsätzlich möglich, es gebe aber noch rechtliche und praktische Fragen zu klären, bevor an eine schweizweite Einführung gedacht werden könne. In der Sommersession 2023 wurde das Geschäft von den eidgenössischen Räten im Zusammenhang mit der Beratung des Berichts über die Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 abgeschrieben.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

Die Motion der SGK-NR, mit der sie Gebühren und Auflagen für Forschung und klinische Versuche mit nichtkommerziellen Medizinprodukten anpassen wollte, kam in der Herbstsession 2022 in den Ständerat. Gemäss Kommissionssprecher Erich Ettlin (mitte, OW) unterstütze die Kommission den Vorstoss, allerdings sei es ihr ein Anliegen, dass die Sicherheit der Probandinnen und Probanden gewahrt werde. Unterstützung soll insbesondere für Projekte angeboten werden, die noch nicht von anderen Förderinstrumenten profitierten. In der Folge wurde der Vorstoss stillschweigend angenommen.

Nicht-kommerzielle klinische Forschung fördern (Mo. 21.4346)

Der Nationalrat folgte in der Herbstsession 2022 seiner vorberatenden SGK, indem er einer Standesinitiative des Kantons Aargau zur Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten mit 108 zu 63 Stimmen (bei 1 Enthaltung) keine Folge gab. Die Kommissionssprecher Marcel Dobler (fdp, SG) und Benjamin Roduit (mitte, VS) hatten zuvor für die Kommissionsmehrheit ausgeführt, dass das aargauische Anliegen zwar berechtigt sei, dass die Forderungen indes bereits anderweitig aufgenommen worden seien – etwa im Bericht «Versorgungsengpässe mit Humanarzneimitteln in der Schweiz: Situationsanalyse und zu prüfende Verbesserungsmassnahmen» und in der Revision des EpG. Eine Minderheit rund um Yvonne Feri (sp, AG) argumentierte vergeblich, dass es nun gelte, «den Druck hochzuhalten und zu vermeiden, dass wir künftig in einen Engpass kommen, insbesondere wenn sich wiederum eine gesundheitliche Pandemie breitmachen würde». Die Initiative ist damit erledigt.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Im Sommer 2022 wurde eine Studie der Berner Fachhochschule zu Armutsbetroffenen in der Schweiz publiziert. Ausgehend von den Steuerdaten des Kantons Bern kamen die Forschenden zum Schluss, dass es bezüglich des Anteils armer Menschen keine wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt. Während sich der Anteil auf dem Land auf 5 Prozent belaufe, seien 7 Prozent der Stadtbevölkerung von Armut betroffen. Damit unterscheide sich die Schweiz von anderen Staaten, wo Armut auf dem Land stärker verbreitet ist. Allerdings handle es sich bei den armutsbetroffenen Personen in der Stadt nicht um die gleichen gesellschaftlichen Gruppen wie auf dem Land. In ländlichen Regionen gehörten vor allem Personen, die in der Landwirtschaft arbeiten, und Pensionierte zu den Betroffenen, in den urbanen Gebieten seien es Freiberufliche und Dienstleistende. Unabhängig von ihrem Wohnort seien etwa Frauen, Alleinerziehende und Personen mit niedriger Bildung überdurchschnittlich häufiger arm als der Rest der Bevölkerung. Ebenfalls eine Rolle spiele die Lebensphase, in der sich jemand befindet. Familien mit Kleinkindern liessen sich durchschnittlich knapp oberhalb der Armutsgrenze verorten, mit dem Eintritt in den Kindergarten des jüngsten Kindes entschärfe sich die Situation jedoch. Seien die Kinder schliesslich erwachsen, liesse sich eine Angleichung an den Wohlstand der Gesamtbevölkerung beobachten.

Armut in der Schweiz

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Zusammenfassung
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Fünfte Änderung des Covid-19-Gesetzes (BRG 22.046)

Bei der fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes standen Bundesrat und Parlament vor der Frage, welche Covid-19-Regelungen nach der Rückkehr in die normale Lage gemäss Epidemiengesetz über das Jahr 2022 hinaus verlängert werden sollen. Sie entschieden, das Covid-19-Gesetz sowie einzelne Regelungen daraus noch bis Juni 2024 aufrechtzuerhalten – etwa die «Kompetenzen zur Förderung der Entwicklung von Covid-19-Arzneimitteln» oder die Regelungen zur SwissCovid-App sowie zu den Covid-19-Zertifikaten. Letztere sollten weiterhin ausgestellt werden können, insbesondere um Reisen ins Ausland zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Umstritten war, ob und wie lange die staatliche Finanzierung der Covid-19-Tests weitergeführt und ob diese Aufgabe den Kantonen übertragen werden soll. Das Parlament entschied sich nach einigen Diskussionen, die staatliche Teststrategie bereits auf Ende 2022 auslaufen zu lassen – anschliessend würden erneut Krankenversicherungen und Private für die Kosten von Covid-19-Tests aufkommen müssen. Das Parlament erklärte auch diese Änderung des Covid-19-Gesetzes für dringlich, sodass sie noch im Dezember 2022 in Kraft trat. Corona-Massnahmengegnerinnen und -gegner kündigten in der Folge an, das Referendum gegen die Änderung ergreifen zu wollen. Dieses kam im April 2023 zustande, so dass im Juni 2023 bereits zum dritten Mal über das Covid-19-Gesetz abgestimmt wurde. Dabei nahm die Schweizer Stimmbevölkerung auch die fünfte Änderung des Covid-19-Gesetzes mit über 60 Prozent Ja-Stimmenanteil an.

Chronologie
Botschaft des Bundesrates
Erste Beratung im Nationalrat
Erste Beratung im Ständerat
Differenzbereinigungsverfahren
Referendum zustande gekommen

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Résumé
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Cinquième modification de la loi Covid-19 (MCF 22.046)
(Traduction: Chloé Magnin)

Lors de la cinquième modification de la loi Covid-19, le Conseil fédéral et le Parlement se sont demandé quelles mesures devraient être prolongées après 2022, une fois la situation revenue à la normale selon la loi sur les épidémies (LEp). En fin de compte, ils ont décidé de maintenir jusqu'en juin 2024 la loi Covid-19 ainsi que des mesures individuelles – comme les «compétences pour la promotion du développement de médicaments contre le Covid-19» ou les règlements concernant l'application SwissCovid et les certificats Covid-19. Ces derniers devraient encore pouvoir être délivrés, en particulier pour permettre ou faciliter les voyages à l'étranger.
En particulier, la poursuite du financement des tests Covid-19 par l'Etat a été débattu, les élu.e.s se demandant notamment si cette tâche ne pouvait pas être confiée aux cantons. Le Parlement a décidé, après quelques discussions, que la stratégie étatique de tests serait abolie à la fin 2022 déjà. Par la suite, les coûts engendrés par les tests Covid-19 devront être pris en charge par les caisses-maladie et les privés. Le Parlement a déclaré la modification de la loi Covid-19 comme urgente, afin qu'elle entre en vigueur en décembre 2022. Les opposant.e.s aux mesures corona ont ensuite usé d'un référendum contre cette modification. Ce dernier a abouti en avril 2023, de sorte qu'en juin 2023 se tiendra pour la troisième fois une votation sur la loi Covid-19. Lors de cette dernière, la population suisse a accepté la cinquième modification de la Loi Covid-19 à plus de 60 pour cent de oui.

Chronologie
Message du Conseil fédéral
Premières délibérations au Conseil national
Premières délibérations au Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences
Aboutissement du référendum
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Fünfte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung und Änderung ausgewählter Bestimmungen; BRG 22.046)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Mittels einer im Juni 2020 eingereichten Motion wollte Regine Sauter (fdp, ZH) die Schaffung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen zur Einführung von E-Rezepten und deren digitalen Übermittlung erreichen. Die Ärzteschaft sollte dazu verpflichtet werden, die Ausstellung und Übertragung der Heilmittelrezepte elektronisch abzuwickeln, da dadurch Medienbrüche verhindert werden könnten. Gemäss Sauter geht das elektronische Rezept mit einigen Vorteilen einher: So könnten etwa Rezeptfälschungen verhindert oder das Risiko von Fehlmedikationen und die entsprechenden Folgekosten durch eine bessere Lesbarkeit von elektronischen Rezepten verringert werden. Weil nicht alle Personen über die gleichen digitalen Kompetenzen verfügten, gelte es aber zudem, «eine angemessene Alternative zum digitalen Rezept in Papierform» auszuarbeiten. In seiner Stellungnahme von Anfang September 2020 empfahl der Bundesrat den Vorstoss zur Ablehnung, zumal die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung des E-Rezepts in der Arzneimittelverordnung schon existierten. Zudem werde durch die Einführung des EPD ab Ende 2020 eine nahtlose Interaktion zwischen Patientenschaft und Akteurinnen und Akteuren des Gesundheitswesens – auch im Bereich der Rezepte – ermöglicht.
Die Motion kam in der Sommersession 2022 in den Nationalrat. Nachdem Sauter ihr Anliegen vorgestellt hatte, erklärte Gesundheitsminister Alain Berset, dass der Bundesrat die Entwicklung von E-Rezepten zwar unterstütze, aber in Übereinstimmung mit einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955) von einem Zwang absehen wolle. Die grosse Kammer nahm die Motion jedoch mit 155 zu 29 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) deutlich an. Sämtliche Gegenstimmen und Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Einführung eines E-Rezepts (Mo. 20.3770)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen
Dossier: Digitalisierung im Arzneimittelbereich

«Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung» lautete der Titel einer Motion Müller (fdp, LU). Konkret wollte der Luzerner Ständerat den Bundesrat zu einer Anpassung der Gesetzgebung auffordern, um die Zulassung von Medizinprodukten in der Schweiz zu ermöglichen, auch wenn diese von aussereuropäischen Regulierungssystemen stammten. Nachdem die Motion im September 2020 der SGK-SR zur Vorberatung zugewiesen worden war, nahm sich der Ständerat Ende Mai 2022 erneut dem Geschäft an. Die Kommission beantragte das Geschäft mit 7 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) zur Annahme, erläuterte Müller. In der Schweiz würden heute nur Medizinprodukte zugelassen, die über eine CE-Kennzeichnung verfügten, sich also mit der EU-Regulierung deckten. Durch die Umsetzung der neuen EU-Verordnung über Medizinprodukte seien für Unternehmen in diesem Gebiet «eine überbordende Bürokratie und grosse Unsicherheiten» entstanden, weshalb viele von ihnen ihre Produktionssortimente für den Markt auf dem europäischen Kontinent zurückfahren würden. Dies wiederum gehe mit Versorgungsengpässen einher. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund ihres Fortschritts bezüglich Digitalisierung wendeten sich viele Unternehmen für die Erstzulassung an die Food and Drug Administration (FDA) der USA. Im Sinne der Versorgung der Schweizer Patientenschaft wäre es folglich zentral, die Medizinprodukte, die durch die FDA zugelassen werden, ebenfalls zu akzeptieren. Dabei stehe die Sicherheit der Patientinnen und Patienten jedoch stets an erster Stelle. Gesundheitsminister Berset zeigte sich mit diesen Ausführungen nicht einverstanden. Ein guter Zugang zu Medizinprodukten sei wichtig, dieser sei allerdings aus Sicht des Bundesrates nicht gefährdet. Es gelte, eine Balance zwischen dem Zugang und der Patientensicherheit zu finden. Letztere hänge von der Kenntnis der aussereuropäischen Normensysteme und dem Zugang sowie dem Austausch von Informationen ab. Beides sei mit aussereuropäischen Staaten zurzeit nicht gegeben. Der Bundesrat beantrage daher die Ablehnung der Motion. Das Stöckli liess sich davon jedoch nicht überzeugen und nahm den Vorstoss mit 23 zu 12 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an.

Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung (Mo. 20.3211)

Anfang Mai 2020 forderte Albert Rösti (svp, BE) mittels Motion die Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen. In der Ratsdebatte anlässlich der Sondersession 2022 betonte der Motionär die Abhängigkeit der Schweiz vom Ausland bezüglich der sicheren Versorgung von Medizinprodukten. Die Schweiz sei beim Medizinproduktekauf gegenwärtig bereits gänzlich auf die europäische Zertifizierungsstelle und deren Funktionieren angewiesen; nun habe sich die sichere Versorgung durch die neue Medizinprodukteverordnung der EU noch verschärft. Denn gemäss Rösti hat diese den Ruf, «rückwärtsgerichtet, zu stark regulierend und wenig innovationsfördernd» zu sein. Um die nachhaltige Versorgung zu sichern, bedürfe es daher der Anerkennung weiterer Zertifizierungsstellen, namentlich die U.S. Food and Drug Administration (FDA), die der europäischen Zertifizierungsstelle ebenbürtig sei. Weiter verwies der Berner SVP-Nationalrat auf die identische Motion Müller (fdp, LU; Mo. 20.3211), welche von der Mehrheit der SGK-SR befürwortet worden sei. Gesundheitsminister Alain Berset lehnte das Geschäft im Namen des Bundesrates ab. Durch die gleichzeitige Einreichung der Motion in den beiden Kammern würde den parlamentarischen Kommissionen die Möglichkeit genommen, sich mit Fragen im Zusammenhang mit der Patientensicherheit zu beschäftigen und Fachleute anzuhören. Nichtsdestotrotz sprach sich in der Folge der Nationalrat mit 109 zu 77 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für die Motion aus, wobei die Ja-Stimmen (bis auf eine Ausnahme aus der GLP) und die beiden Enthaltungen aus dem bürgerlichen Lager stammten, während die Fraktionen der SP, GLP und Grünen den Vorstoss ablehnten.

Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen (Mo. 20.3370)

Anfang Mai 2022 gaben die Verbände FMH und pharmaSuisse bekannt, gemeinsam ein elektronisches Rezept schaffen zu wollen. Dieses soll der Patient oder die Patientin am Ende einer Sprechstunde entweder digital oder als ausgedruckten QR-Code erhalten. Den Code könne die Patientenschaft wiederum auf dem Smartphone speichern, selbst ausdrucken oder an eine Apotheke senden. Das Rezept komme ohne zentrale Speicherung medizinischer Daten aus. Durch das Einscannen des Codes in der Apotheke erfolge das Lesen des Rezepts und die Übernahme der Angabe in die Apothekensoftware. Mittels Signatur sei es den Apotheken zudem möglich, Gültigkeitsüberprüfungen, Validierungen und (Teil-)Entwertungen am Rezept vorzunehmen. Die beiden Verbände versprachen sich von der Einführung des E-Rezepts, Fehlerquellen ausmerzen, Prozesse optimieren und allfälligen Missbräuchen entgegenwirken zu können.

E-Rezept
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Marcel Dobler (fdp, SG) reichte im Dezember 2021 ein Postulat zur Institutionalisierung von Forschung, Entwicklung und Innovation im Sport ein. Damit wollte er den Bundesrat beauftragen, aufzuzeigen, welche Massnahmen und finanziellen Mittel benötigt würden, um das in der Studie «Leistungssport Schweiz» vorgestellte Verbesserungspotenzial besser auszuschöpfen. Forschung und Entwicklung kämen insbesondere bezüglich der Verbesserung von Training, Betreuung und Material eine wichtige Rolle zu. Da es im Sport jedoch keine Institutionalisierung gebe, seien die Innovationen in diesem Bereich nicht nachhaltig. So gelinge es dem Sport etwa kaum, Fördergelder des SNF oder von Innosuisse zu erhalten. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. In der Frühjahrssession 2022 kam der Nationalrat diesem Antrag stillschweigend und diskussionslos nach.

Wie können Forschung, Entwicklung und Innovation im Sport effizient institutionalisiert werden? (Po. 21.4509)

Im Dezember 2021 reichte Verena Herzog (svp, TG) eine Motion für einen besseren Schutz vor Covid-19 für Personen mit geschwächtem Immunsystem aufgrund von Krebserkrankungen und chronischen Erkrankungen ein. Damit wollte sie diesen immungeschwächten Personen, bei denen eine Impfung nicht zu einem Aufbau der Immunabwehr gegen Covid-19 führt, prophylaktische Therapien zugänglich machen. Eine solche Therapie werde immunsupprimierten Patientinnen und Patienten in Frankreich beispielsweise offiziell empfohlen. Damit könne man einer sozialen Isolation der betroffenen Personen entgegenwirken, argumentierte Herzog.
Der Bundesrat stimmte der Motionärin zu und empfahl ihren Vorstoss sowie eine gleichlautende, im Januar 2022 von der SGK-NR eingereichte Motion (Mo. 22.3005) zur Annahme. Er werde den Zugang zu diesen Arzneimitteln wohl durch eine Abnahmegarantie mit den Herstellerfirmen ermöglichen, erklärte der Bundesrat.
In der Frühjahrssession 2022 nahm der Nationalrat die Motion der SGK-NR entsprechend dem Kommissionsantrag an. Er sprach sich damit gegen einen Einzelantrag Matter (svp, ZH) aus, der die Beschaffung ablehnte, da «die akute Phase der Corona-Pandemie vorbei [ist], und es Zeit [wird], zurück zur Normalität zu finden». Entsprechend sollten die Therapien «auf dem ordentlichen Weg beschafft und finanziert werden», um die Patientensicherheit und die Abläufe im Gesundheitssystem zu bewahren. Jedoch wies Gesundheitsminister Berset in der Folge darauf hin, dass eine ordentliche Beschaffung nicht möglich sei, da die Medikamente nicht auf dem freien Markt erhältlich seien, sondern nur an Staaten verkauft würden. Mit 128 zu 32 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) folgte der Nationalrat seiner Kommission. Die ablehnenden Stimmen und Enthaltungen stammten grossmehrheitlich von Mitgliedern der SVP-Fraktion – mit Ausnahme von Verena Herzog, die sich für Annahme der Motion aussprach.
Noch in der Frühjahrssession 2022 hiess das Parlament zudem zwei Nachtragskredite zur Finanzierung der Medikamente gut – noch bevor beide Räte die entsprechende Motion angenommen hatten. In der Sondersession im Mai 2022 zog Verena Herzog ihre Motion zurück, nachdem diese in der Frühjahrssession 2022 ebenfalls von Thomas Matter bekämpft worden war. In der Zwischenzeit hatte überdies auch der Ständerat eine gleichlautende Motion (Mo. 22.3018) eingereicht, diese aber nach der Annahme der Motion ihrer Schwesterkommission im Nationalrat ebenfalls zurückgezogen.

Besserer Schutz vor Covid-19 für Personen mit geschwächtem Immunsystem aufgrund von Krebserkrankungen und chronischen Erkrankungen

Mit der Absicht, die nicht-kommerzielle klinische Forschung zu fördern, verlangte die SGK-NR mittels Motion eine Anpassung des Ausführungsrechts zum Heilmittelgesetz. Konkret forderte sie eine Anpassung der «aufwändigen Auflagen und […] Tarife», welche für nicht-kommerzielle Versuche gelten. Diese führten dazu, dass Forschungsprojekte nicht lanciert werden könnten. Denn in der Gebührenverordnung werde nicht zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Forschung unterschieden, was zur Folge habe, dass die Projekte von jungen Forscherinnen und Forschern an der Universität nicht finanzierbar seien. Diskussionslos und stillschweigend hiess der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession 2022 gut. Damit folgte er dem Bundesrat, der das Geschäft zur Annahme empfohlen hatte.

Nicht-kommerzielle klinische Forschung fördern (Mo. 21.4346)

Die Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten war Gegenstand einer Standesinitiative des Kantons Aargau, mit der sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2022 auseinandersetzte. Für die vorberatende SGK-SR erklärte Damian Müller (fdp, LU), dass das Anliegen durchaus seine Berechtigung habe, dass die Annahme des Standesbegehrens gegenwärtig allerdings nicht gewinnbringend, sondern lediglich mit einem Mehraufwand verbunden wäre. Denn das «grundsätzliche Anliegen» sei bereits in verschiedene zurzeit aktuelle Aktivitäten integriert. Namentlich ging Müller auf eine seit 2015 geltende Meldepflicht für Versorgungsengpässe bei zentralen Produkten und auf den Bericht «Versorgungsengpässe mit Humanarzneimitteln in der Schweiz: Situationsanalyse und zu prüfende Verbesserungsmassnahmen» des BAG ein. Daher empfehle die Kommissionsmehrheit, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Stillschweigend folgte der Ständerat diesem Antrag.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

Mittels Standesinitiative forderte der Kanton Aargau im Dezember 2020, die notwendigen Massnahmen zu definieren, um die Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten zu gewährleisten. Die Massnahmenplanung soll unverzüglich aufgenommen und mit den Kantonen koordiniert werden. In seiner schriftlichen Begründung argumentierte der Kanton Aargau mit Lieferengpässen und den durch die Herstellungsauslagerung verbundenen Abhängigkeiten der Schweiz von China und Indien. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung liege im Verantwortungsbereich des Kantons, der Aargau könne «dieses strategische Risiko» allerdings nicht alleine mindern. Von Bedeutung sei neben einer ausreichenden Lagerhaltung auch die Produktion innerhalb der Schweiz oder Europa. Dafür seien Anreize für die betroffenen Player, Kooperationen mit Europa und verpflichtende Regeln nötig. Weitere Punkte betrafen das Vereinfachen der Registrierung von Medikamenten durch Swissmedic und der zu verbessernde Umgang mit Verfallsdaten. Im Januar 2022 nahm sich die SGK-SR dem Kantonsbegehren an. Sie gab ihm allerdings keine Folge, da die Forderung bereits im Zusammenhang mit der Nachbearbeitung von Engpässen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, berücksichtigt werde.

Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten (Kt.Iv. 21.303)
Dossier: Wirtschaftliche Abhängigkeit verringern

In der Wintersession 2021 stimmte der Ständerat stillschweigend gegen eine Motion Nantermod (fdp, VS) zu Parallelimporten von Medikamenten, welche eine Senkung der Medikamentenkosten ermöglichen sollten. Damit folgte er seiner SGK, die sich im Vorfeld einstimmig gegen das Geschäft ausgesprochen hatte. Die Motion war zuvor bereits im Zusammenhang mit dem Paket 1b der Massnahmen zur Kostendämpfung behandelt worden.

Medikamente. Parallelimporte ermöglichen und damit Kosten senken (Mo. 19.3202)

Ende November 2021 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung eines Postulats Stahl (svp, ZH) zum Versandhandel mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Das Postulat hatte den Bundesrat aufgefordert, die Zulassung ebendieses Versandhandels, welcher derzeit grundsätzlich untersagt ist, zu prüfen. Der Bundesrat kam im Bericht zum Schluss, dass die diesbezüglich geltenden Bestimmungen des HMG einer Revision bedürften. Dabei plane er, die gesetzlichen Rahmenbedingugen zu schaffen, unter denen die Abgabe von nichtverschreibungspflichten Arzneimitteln in Apotheken und Drogerien physisch sowie online ermöglicht wird; jedoch müssten jederzeit die Erfordernisse in Sachen Patientensicherheit sowie bezüglich der Qualität der abgegebenen Produkte gewährleistet sein. Die Regierung werde bis Anfang 2023 einen Entwurf zur Revision des HMG präsentieren.

Versandhandel mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln

Im November 2021 befasste sich die SGK-SR mit der parlamentarischen Initiative Crottaz (sp, VD), die laut Titel «Änderung der gesetzlichen Grundlagen [verlangt], sodass Swissmedic Dosierungen und Packungen von Arzneimitteln auch dann auf die Spezialitätenliste setzen kann, wenn das Gesuch nicht vom Hersteller stammt». Mit 7 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) empfahl die Kommission der Initiative der Waadtländerin Folge zu geben.
Zwei Jahre später gab dann die SGK-NR bekannt, dass sie die Verwaltung mit Arbeiten zur Umsetzung des Geschäfts betraut habe. Diese beträfen neben Velcade, einem Medikament zur Krebsbehandlung, das von der Initiantin als negatives Beispiel angeführt worden war, auch weitere wirtschaftlich ungeeignete Dosierungen, notwendige Anpassungen der Rechtsgrundlagen, Parallelimporte sowie den «kostengünstigen off-label use». Die Kommission beabsichtigte die Ausarbeitung eines Vorentwurfs und wollte die Resultate im zweiten Quartal 2024 besprechen. Daher beantragte sie eine zweijährige Verlängerung der Behandlungsfrist.
Der Nationalrat kam diesem Antrag in der Wintersession 2023 stillschweigend nach.

Änderung der gesetzlichen Grundlagen, sodass Swissmedic Dosierungen und Packungen von Arzneimitteln auch dann auf die Spezialitätenliste setzen kann, wenn das Gesuch nicht vom Hersteller stammt (Pa.Iv. 19.508)

Im November 2021 berichtete das BAG über die Arzneimittelüberprüfung 2021 – jedes Jahr werden dabei die Preise eines Drittels aller Arzneimittel (Originalpräparate, Generika, Co-Marketing-Arzneimittel und Biosimilars) mit den Preisen in Referenzländern und von anderen Arzneimitteln verglichen. Demnach seien im Jahr 2021 die Preise von knapp 300 Arzneimitteln um durchschnittlich 10 Prozent gesenkt worden, wodurch CHF 60 Mio. eingespart werden sollen. Bei den Originalpräparaten wurden die Preise in 53 Prozent der Fälle, bei den übrigen Präparaten in knapp 40 Prozent der Fälle gesenkt. Im Juni 2021 hatten sich Jakob Stark (svp, TG) und Verena Herzog (svp, TG) mit je einer Motion gegen zu starke Preissenkungen von günstigeren Medikamenten im Rahmen der Arzneimittelüberprüfung gewehrt, aus Angst, die entsprechenden Medikamente könnten vom Markt genommen werden, was zu einer Verschlechterung der Versorgungssicherheit führen würde.

Arzneimittelüberprüfung 2021

Mittels einer im September 2019 eingereichten Motion forderte Benjamin Roduit (mitte, VS) eine Schweizer Kohortenstudie zur Untersuchung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Während der Behandlung des Geschäfts durch den Nationalrat in der Herbstsession 2021 erläuterte der Walliser sein Anliegen. Im Rahmen einer Kohortenstudie solle eine grosse Anzahl Kinder und Jugendlicher über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet werden. Dabei sollen Faktoren untersucht werden, die einen Einfluss auf das Risiko der Entwicklung von Krankheiten haben. Eine solche Kohortenstudie diene als wichtiges Referenzinstrument für die Forschung im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Kenne man die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, könnten im Gesundheitswesen langfristig erhebliche Einsparungen erzielt werden. Eine solche Studie fehle allerdings bislang, so würden beispielsweise im Rahmen der vom Bundesrat häufig zitierten «Health Behaviour in School-aged Children»-Studien jedes Mal andere Kinder untersucht. Bundesrat Alain Berset gab zu, dass es in diesem Bereich Lücken gebe. Dennoch empfahl er die Motion zur Ablehnung, da das angestrebte Ziel auf anderen Wegen erreicht werden könne. Dabei verwies er auf das Postulat Roduit über «Die Auswirkungen von Covid-19 auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen» und auf den Nationalen Gesundheitsbericht 2020. Mit 106 zu 80 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahm der Nationalrat die Motion an. Während sich die Fraktionen der SP, Grünen, GLP und Mitte geschlossen bzw. grossmehrheitlich für die Motion aussprachen, lehnten die SVP- und die FDP-Fraktion den Vorstoss geschlossen ab.

Schweizer Kohortenstudie zur Untersuchung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (Mo. 19.4069)

Als Zweitrat befasste sich der Ständerat in der Herbstsession 2021 mit einer Motion Graf (sp, BL) zur One-Health-Strategie mit systemischer Erforschung der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen. Als Kommissionssprecherin ergriff die Motionärin gleich selbst das Wort. Die SGK-SR spreche sich mit 8 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) für das Geschäft aus, da es sich bei der Wirksamkeitsbewahrung von Antibiotika und beim Vorbeugen von Resistenzen um eine essenzielle gesundheitspolitische Aufgabe handle. In diesem Kontext strich die Baselbieterin die Bedeutung der Zusammenhänge zwischen Mensch, Tier, Pflanzen und der gemeinsamen Umwelt im Rahmen des One Health-Ansatzes hervor. Antibiotikaresistenzen würden zwar bereits in mehreren Forschungsprojekten aufgegriffen, Untersuchungen, welche dem besseren Verständnis der komplexen systematischen Zusammenhänge dienten, fehlten indes bislang. Gesundheitsminister Berset unterstützte die Motion. Er hob den politischen Ansatz des Vorstosses hervor, mit dem die Gesundheit von Mensch und Tier zusammengebracht werden soll. Seit 2013 umfasse das EDI nicht nur das BAG, sondern auch das BLV, wodurch Synergien geschaffen worden seien. Mit der Unterstützung des Parlaments wolle man den eingeschlagenen Weg gerne weiterverfolgen. Im Anschluss an diese Wortmeldung nahm der Ständerat die Motion stillschweigend an.

One Health Strategie mit systemischer Erforschung der Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen (Mo. 19.3861)

Während der Herbstsession beschäftigte sich der Ständerat mit einer Motion Graf-Litscher (sp, TG) zu Antibiotikaresistenzen und dem Potenzial von Komplementärmedizin. Hannes Germann (svp, SH) erklärte für die Mehrheit der SGK-SR, dass man – wie auch der Bundesrat – das Geschäft zur Ablehnung beantrage. Dies, weil bereits Programme und Forschungsmöglichkeiten bestünden, die auch der Komplementärmedizin offen stünden. Eine Minderheit Graf (gp, BL) setzte sich indes für die Annahme der Motion ein. Die Baselbieterin war der Auffassung, dass der Forschungsstand zum Nutzen der Komplementärmedizin im Zusammenhang mit der Reduktion von Antibiotika bislang ungenügend sei. Zudem machte sie auf den Verfassungsauftrag (Art. 118a BV) aufmerksam, gemäss welchem die Komplementärmedizin berücksichtigt werden muss. Anders als im Nationalrat blieb das Geschäft im Ständerat chancenlos. Mit 22 zu 11 Stimmen sprach sich die kleine Kammer dagegen aus.

Gefahr der Antibiotikaresistenzen. Potenzial der Komplementärmedizin nutzen (Mo. 18.4332)

Im Mai 2021 gab der Bundesrat den Startschuss für ein Förderprogramm für die Entwicklung und Herstellung von Covid-19-Impfstoffen und -Arzneimitteln. Demnach sprach er sich für ein Förderprogramm über CHF 50 Mio. aus und legte die grundlegenden Kriterien für Investitionen des Bundes fest. Die Berechtigung für ein solches Förderprogramm hatte ihm das Parlament mit der zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes erteilt, gemäss welcher der Bundesrat «sowohl die Herstellung und Entwicklung fördern, als auch selbst eine Produktion in Auftrag geben» kann. Der Bundesrat sah nun vor, dass das Programm die Entwicklung von Arzneimitteln fördern kann, sofern eine private Finanzierung nicht möglich ist. Dafür müssen die entsprechenden Arzneimittel aber «mit grosser Wahrscheinlichkeit bis Ende 2022 zugänglich gemacht werden können». Gleichzeitig verlangte der Bund eine Gegenleistung wie die vorrangige Belieferung. Bei den Impfstoffen wollte der Bundesrat weiterhin auf Reservations- und Kaufverträge insbesondere für mRNA-Impfstoffe setzen. Jedoch sollen die Rahmenbedingungen verbessert werden, so dass bei einer allfälligen zukünftigen Pandemie «früh Kapazitäten in der Forschung, Entwicklung und Produktion von zukünftigen Impfstoffen» bereitgestellt werden können.

Förderprogramm des Bundes für Covid-19-Impfstoffe und -Arzneimittel