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Das Bundesgericht umschrieb in einem Grundsatzentscheid, was sich die Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe vorschreiben lassen müssen. Da der Bereich der Fürsorge traditionell eine Aufgabe der Gemeinde ist, leitete die Gemeinde Brig daraus ab, dass sie auch die generellen Ansätze für die Berechnung des fürsorgerischen Existenzminimums selbst festlegen könne. Mit dem Argument, dass das Oberwallis eine wirtschaftlich schwache Randregion sei, verweigerte sie einer alleinstehenden Frau mit drei Kindern die sonst im Kanton Wallis übliche Berechnung nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe. Auf Klage der Frau hob der Kanton die entsprechende Verfügung der Gemeinde Brig auf, worauf diese ans Bundesgericht gelangte. Die Lausanner Richter befanden, es bestehe ein Interesse daran, dass im ganzen Kantonsgebiet einheitliche Ansätze für die Berechnung des Existenzminimums gälten. Sonst könnte eine Gemeinde versucht sein, durch tiefe Ansätze die Bedürftigen zur Abwanderung zu bewegen. Ausserdem gebe es gute Gründe, die höheren Ansätze der Skos zur Anwendung zu bringen, das diese den Betroffenen ermöglichen, den Anschluss an die Gesellschaft wieder zu finden.

Bundesgericht Grundsatzentscheid Gemeinden Bereich der Sozialhilfe

Im Berichtsjahr legte der Kanton Graubünden eine Armutsstudie vor. Der Bericht kam zum Schluss, dass rund 16'000 Bündner (ca. 10% der Bevölkerung) als "relativ arm" bezeichnet werden müssen. Ihnen stehen pro Monat weniger als 2000 Fr. zum Leben zur Verfügung. Auch die Exekutive der Stadt Lausanne liess in zwei Studien die finanzielle Situation der in wirtschaftlich prekären Verhältnissen lebenden Menschen sowie die konkreten Auswirkungen der Armut untersuchen. In 5000 Haushaltungen (9% der Gesamtheit) wurden in wenigstens zwei Kernbereichen (Einkommen, Ausbildung, Einbettung in die Gesellschaft) Defizite festgestellt, womit diese Haushaltungen auch in Bezug auf die Zukunftsaussichten auf sehr schwachen Beinen stehen. Weitere 4500 Haushaltungen (8%), insbesondere Familien, befanden sich in einer prekären Lage, weil sie ihren finanziellen Verpflichtungen nur zeitweise nachkommen können und rund ein Drittel von ihnen verschuldet ist.

Kanton Graubünden Armutsstudie Lausanne zwei Studien

110 Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren nehmen sich in der Schweiz im Durchschnitt pro Jahr das Leben. Die Schweiz liegt damit in der europäischen Rangliste der Jugendsuizidrate hinter Finnland auf Rang zwei. Die Zahl der Selbsttötungen von Jugendlichen entspricht in etwa derjenigen der Todesopfer im Strassenverkehr in dieser Altersstufe. Als erster Kanton eröffnete Genf ein Zentrum für selbstmordgefährdete Jugendliche. Hier soll jungen Menschen nach einem Selbsttötungsversuch Hilfe angeboten werden. Damit hoffen die Fachleute zu verhindern, dass die Betroffenen rückfällig werden. Nach Bordeaux in Frankreich ist dies das zweite Zentrum dieser Art in Europa.

Kampf gegen Jugendsuizid (1996)

Das Jahr 1996 wurde von der UNO zum Jahr der Bekämpfung der Armut proklamiert. Zum Auftakt dieses Themenjahres trafen die Bundesräte Dreifuss und Cotti in Bern Vertreter von Hilfswerken und Entwicklungsorganisationen. Zur Sprache kamen die ständige Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Länder des Südens, die zunehmende Armut im Norden sowie die sich verknappenden finanziellen Mittel zur Bewältigung der Not. Bundesrätin Dreifuss bezifferte die Zahl der Menschen, die in der wohlhabenden Schweiz in schwierigen finanziellen Verhältnissen leben, auf über 500'000, wobei in erster Linie Frauen davon betroffen seien, weshalb man von einer eigentlichen Feminisierung der Armut reden könne. Das EDI setzte einen mit 300'000 Fr. dotierten Fonds zur Unterstützung von konkreten Projekten privater Organisationen zur Bekämpfung der Armut in der Schweiz ein.

Jahr 1996 UNO Bekämpfung der Armut Frauen

Mehr Menschen als erwartet haben in den beiden ersten Jahren seit Einführung des Opferhilfegesetzes Beratungen und Entschädigungen in Anspruch genommen. Dies ging aus dem ersten Zwischenbericht des Bundesamtes für Justiz hervor, der auch feststellte, dass die Kantone den Vollzug des OHG im grossen und ganzen gut erfüllt haben. So sei der Auftrag, für Beratungsstellen zu sorgen, in allen Kantonen ausgeführt worden; auch dem Persönlichkeitsschutz sowie der Besserstellung der Opfer im Strafverfahren werde in der Praxis nachgelebt. Die vom Gesetz vorgesehenen Entschädigungs- und Genugtuungsleistungen seien vor allem bei Körperverletzungen, Tötungs- und Sexualdelikten ausgerichtet worden.

Umsetzung des Opferhilfegesetzes (1992–1996)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Langzeitarbeitslosigkeit bedeutet immer häufiger den Ausschluss grösserer Bevölkerungskreise aus der Gesellschaft. Von diesen Veränderungen am stärksten betroffen sind die Schweizer Städte mit Zentrumsfunktion, da sie einen grossen Teil der sozialen Aufgaben tragen. Aus diesem Grund schlossen sich die grössten Städte 1995 zu einer losen Arbeitsgemeinschaft zusammen, der Städteinitiative "Ja zur sozialen Sicherung", welche sich mehr Mitsprache der Städte auf Bundesebene, eine verbesserte Koordination sowie eine gerechtere Lastenverteilung einsetzt. Die Arbeitsgemeinschaft führte im Januar des Berichtsjahres eine Aussprache mit Vertretern der kantonalen Fürsorgedirektorenkonferenz durch und traf sich im Juni mit den Präsidenten der parlamentarischen Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit. Sie hiessen bei dieser Gelegenheit ein Grundlagenpapier zur Arbeitslosigkeit gut, welches die folgenden Hauptpunkte umfasst: Schaffung eines ergänzenden zweiten Arbeitsmarktes für langzeitarbeitslose Sozialhilfeabhängige; Schliessung der Finanzierungslücke zwischen AVIG und IV im Bereich der aktiven Eingliederungsmassnahmen; Förderung neuer Arbeitszeitmodelle in Richtung neuer Ansätze zur Umverteilung der Arbeit; engere Vernetzung zwischen Sozialversicherung (ALV, IV) und Sozialhilfe sowie institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) und Sozialhilfeämtern. Kerngedanke dieser Anliegen ist die Erkenntnis, dass die öffentliche Sozialhilfe ihren Integrationsauftrag nicht wahrnehmen kann, wenn ihren Klienten und Klientinnen der Zugang zum Arbeitsmarkt verschlossen bleibt.

Städteinitiative "Ja zur sozialen Sicherung"

Gemäss Schätzungen haben im Berichtsjahr 1995 etwa 275'000 Personen oder Familien Leistungen der Sozialhilfe bezogen. Das sind rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist die Zahl weiterhin angestiegen, allerdings weniger stark als im Schnitt der letzten Jahre. Für die unmittelbare Zukunft rechnen Sozialfachleute mit der gleichen Entwicklung, da ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Armut besteht. Von den ausgesteuerten Arbeitslosen melden sich im Durchschnitt rund ein Drittel innerhalb von drei oder vier Monaten beim Fürsorgeamt.

Sozialhilfequote 1995

Eine Motion von Nationalrat Zisyadis (pda, VD) verlangte vom Bundesrat, in seine Botschaften ans Parlament einen Abschnitt mit dem Titel «Positive Auswirkungen für die Bedürftigen» aufzunehmen. Die Landesregierung verwies darauf, dass es bereits heute üblich sei, bei der Präsentation einer neuen Vorlage nicht nur die Konsequenzen für die Finanzen von Bund und Kantonen, sondern auch für andere Parameter (Gesellschaft, Umwelt etc.) einzubeziehen. Sie beantragte deshalb, die Motion in ein Postulat umzuwandeln und abzuschreiben. Zisyadis bestand auf Überweisung als Motion, worauf der Vorstoss recht deutlich abgelehnt wurde.

Motion für Aufstellung zu den positiven Auswirkungen auf die Bedürftigen in Botschaften (Mo. 94.3247)

Im Herbst 1995 eröffnete in Bern das Therapiezentrum des Schweizerischen Roten Kreuzes für internationale Folteropfer seine Tore. Obgleich der Bedarf ausgewiesen ist und die Notwendigkeit sowohl vom Bund wie von Fachkreisen anerkannt wird, kämpft das Zentrum von Beginn an finanziell ums Überleben. Primär von privaten Spenden getragen, erhielt die Institution vom Bund eine Starthilfe von CHF 300'000 und darf auch 1996 mit einem Zustupf von CHF 150'000 rechnen. Gegenwärtig beruft sich der Bund für seine nicht eben grosszügige Hilfe noch auch fehlende rechtliche Grundlagen, will diese aber im Rahmen des revidierten Asylgesetzes schaffen. Dies ist umso dringender, als sich die Schweiz mit der Unterzeichnung der UNO-Konvention gegen Folter verpflichtet hat, den Folteropfern eine Rehabilitation anzubieten. Von den Kantonen beteiligten sich lediglich Bern als Standortkanton sowie die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Neuenburg und Schwyz mit Beträgen zwischen CHF 10'000 und CHF 100'000 an den Kosten des Zentrums.

Ambulatorium für Folteropfer (ab 1994)

Angesichts der zunehmenden Armut und der finanziellen Engpässe der öffentlichen Hand sprachen sich die kantonalen Fürsorgedirektoren für ein koordinierteres Vorgehen aus. In einem Thesenpapier, das noch weiter diskutiert werden soll, schlugen sie die definitive verfassungsmässige Verankerung der Ergänzungsleistungen sowie normierte Bedarfsleistungen für Familien mit Kindern oder Alleinerziehende ohne existenzsicherndes Einkommen vor. Bei der Sozialhilfe möchten die Fürsorgedirektoren vermehrt auf «Massarbeit» setzen, also wirklich nur noch dort helfend eingreifen, wo die Bedürfnisse klar ausgewiesen sind und keine Aussicht auf Lösung durch Eigenverantwortung besteht. Fachleute warnten allerdings davor, diese «Massarbeit», die dann nur mehr die Ärmsten berücksichtigen würde, auf die Spitze zu treiben. Insbesondere seien die Folgekosten, die etwa aufgrund der ungenügenden Sozialisierung der Kinder Minderbemittelter zu erwarten wären, nicht abschätzbar und möglicherweise bedeutend höher als jene für die gesellschaftliche Stützung der Eltern. Um dem wachsenden sozialpolitischen Druck zu begegnen, schlossen sich die Sozialämter von 14 Städten zu einer Konferenz zusammen. Sie forderten eine Koordinationsstelle für Sozialpolitik auf Bundesebene, die Harmonisierung der materiellen Standards in der Sozialhilfe und ein Recht auf Existenzsicherung in der Bundesverfassung.

Koordinierteres Vorgehen der Kantone im Kampf gegen die Armut (1995)

Oppositionslos stimmte der Ständerat einer parlamentarischen Initiative der grossen Kammer zu, welche darauf abzielt, die 1990 beschlossenen Leistungen für Personen, die durch verseuchte Blutpräparate mit dem HI-Virus infiziert wurden, nicht nur auf deren kontaminierte Ehegatten, sondern auch auf allenfalls angesteckte Kinder auszudehnen. Zudem wurden auf Antrag der Kommission die Leistungen des Bundes von CHF 50'000 auf CHF 100'000 pro infizierte Person angehoben. Die Kommission begründete diese Erhöhung einerseits mit der seit 1990 noch deutlicher gewordenen Mitverantwortung des Bundes und andererseits mit einem internationalen Quervergleich, aus welchem hervorgeht, dass sich die bisherigen Leistungen der Schweiz im unteren Bereich der Skala bewegen. Der Bundesrat war mit der Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberechtigten einverstanden, bekämpfte aber den Ausbau der Leistungen. In diesem Punkt unterlag er bei der Differenzbereinigung auch im Nationalrat, der den Beschluss des Ständerates diskussionslos bestätigte.
Die Zahl der Kinder, die für eine solche Entschädigung gemäss geändertem Bundesbeschluss in Frage kommen, wird auf höchstens fünf geschätzt. Wie der Blutspendedienst des SRK mitteilte, wurden 1994 und 1995 je eine Person bei einer Bluttransfusion mit dem HI-Virus infiziert. Dies geschah nicht aus Nachlässigkeit, sondern aufgrund des «immunologischen Fensters», welches bewirkt, dass eine Neuansteckung frühestens nach zwei bis drei Monaten im Blut nachweisbar ist, da sich erst nach diesem Zeitraum die Antikörper bilden. Das «Restrisiko» bei einer Fremdblutübertragung beträgt 1:600'000.

Parlamentarische Initiative zur Ausweitung der freiwilligen Bundesbeiträgen an Transfundierte und Hämophile (Pa.Iv. 94.411)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Mit einer Motion wollte Nationalrätin Goll (frap, ZH) den Bundesrat verpflichten, das Opferhilfegesetz (OHG) zu revidieren und die zweijährige Verjährungsfrist für die Einreichung von Gesuchen zwecks Entschädigung und Genugtuung aufzuheben. Sie verwies dabei auf die Erfahrung, dass sexuell ausgebeutete Frauen und Kinder oft Jahre brauchen, bis sie ihr Schweigen brechen können. Der Bundesrat machte geltend, es sei grundsätzlich richtig, dass ein Entschädigungs- oder Genugtuungsgesuch möglichst rasch eingereicht werden solle, da es mit dem Zeitablauf zunehmend schwieriger werde, die massgeblichen Ereignisse festzustellen und zu überprüfen, ob und inwiefern diese den Schaden verursacht haben. Er anerkannte aber, dass es Situationen gibt, in denen Betroffene am rechtzeitigen Handeln gehindert sein könnten, so namentlich in Fällen, in denen eine materielle oder emotionale Abhängigkeit vom Täter oder der Täterin besteht (Kindsverhältnis, Ehe, Arbeitsverhältnis) oder in denen aus der Natur der Straftat starke psychische Hemmungen entstehen, die – wie eben bei sexuellen Handlungen – ein rasches Reagieren oft verunmöglichen. Hier könnte seiner Ansicht nach eine flexiblere Regelung der Verwirkungsfrist angezeigt sein. Es wäre aber auch denkbar, die Frist erst ab dem Zeitpunkt laufen zu lassen, in dem das Abhängigkeitsverhältnis beendet ist, wie dies etwa der Kanton Zürich in seinem Einführungsgesetz zum OHG vorgesehen hat. Da das OHG erst am 1. Januar 1993 in Kraft getreten ist, möchte der Bundesrat vorerst mit dem Gesetz Erfahrungen sammeln. Er beantragte deshalb erfolgreich Umwandlung in ein Postulat.

Motion für eine Revision des Opferhilfegesetzes (OHG; Mo. 94.3574)
Dossier: Totalrevision Opferhilfegesetz 2005-2007

Das Schweizerische Rote Kreuz beschloss, 1995 im Raum Bern ein gesamtschweizerisches Ambulatorium für Folteropfer einzurichten. Mit der Ratifizierung der UNO-Konvention gegen Folter hat sich die Schweiz verpflichtet, den Folteropfern eine Rehabilitation zu ermöglichen. Anders als beispielsweise in Dänemark, Schweden, Holland und Frankreich gibt es jedoch bisher in der Schweiz kein spezifisches Therapieangebot für die rund 8000 hier lebenden Folteropfer. An der für die Startphase zur Vefügung stehenden Summe von CHF 1.4 Mio. beteiligen sich der Bund mit CHF 300'000 und der Kanton Bern mit CHF 100'000. Mehr als CHF 800'000 wurden über private Spenden aufgebracht. Der Bundesrat will im Rahmen der Asylgesetzrevision die Möglichkeit prüfen, jährliche Beiträge an die Betriebskosten des Ambulatoriums zu leisten.

Ambulatorium für Folteropfer (ab 1994)

Eine Motion von Felten (sp, BS) über die erleichterte alleinige Wohnungszuweisung an einen noch nicht in richterlich festgesetzten Trennung lebenden Ehegatten im Fall von psychischer oder physischer Misshandlung wurde, da der Bundesrat auf bereits bestehende Eheschutzmassnahmen verweisen konnte, vom Nationalrat lediglich als Postulat angenommen.

Motion für eine erleichterte alleinige Wohnungszuweisung (Mo. 94.3294)

Die Akzeptanz für die Überlebenshilfe an die Drogenkranken wächst in der Bevölkerung immer mehr. Im Kanton Basel-Stadt konnten sich die Stimmbürger erstmals zur medizinisch kontrollierten Drogenabgabe äussern, da gegen diese das Referendum ergriffen worden war. 65.6 Prozent der Stimmenden erteilten den Versuchen grünes Licht. In der Stadt Schaffhausen nahm das Stimmvolk – wenn auch nur knapp – eine Vorlage zur Schaffung eines Fixerraumes an.

Kantonale oder städtische Massnahmen gegen Drogensucht oder zugunsten Drogenabhängiger (1994)

Einen Erfolg konnte Pfarrer und Nationalrat Ernst Sieber (evp, ZH), seit Jahren in der Hilfe für verelendete oder ausstiegswillige Drogenabhängige engagiert, in der grossen Kammer verbuchen. Gegen den Willen des Bundesrates, welcher Umwandlung in ein Postulat beantragte, überwies die Volkskammer mit 118 zu 9 Stimmen seine Motion, welche die Landesregierung beauftragt, geeignete Schritte zu unternehmen, um in Zusammenarbeit mit den Kantonen den Aufbau eines «Selbsthilfedorfes» für ausstiegswillige Drogenabhängige zu fördern. Sieber regte an, die Eidgenossenschaft solle dafür bundeseigenes Land abgeben oder sich zumindest finanziell an einem derartigen Projekt beteiligen.

Aufbau eines Selbsthilfedorfes für ausstiegswillige Drogenabhängige (Mo. 93.3370)

Auf Anregung des EDI setzte die Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren eine Arbeitsgruppe ein, die einen massnahmenorientierten Bericht zur neuen Armut ausarbeiten soll. Dieser wird sich im wesentlichen auf die Ergebnisse der bisher vorliegenden Armutsstudien sowie die aktuellen Entwicklungen in den Kantonen im Bereich Sozialhilfe stützen und soll bis Ende 1995 vorliegen.

Bericht zur neuen Armut und Schaffung einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der neuen Armut in der Schweiz (1992–1995)

Angesichts des unbeschreiblichen Elends der Drogensüchtigen in der offenen Zürcher Drogenszene im stillgelegten Bahnhof Letten und der steigenden Brutalität unter rivalisierenden Dealerbanden wurde im Lauf des Sommers 1994 die Schliessung des Letten immer ultimativer gefordert. Die Vertreter der Stadt machten aber immer wieder klar, dass eine Auflösung der offenen Drogenszene erst möglich sei, wenn Zürich dafür die Unterstützung der Kantone und des Bundes erhalte. Insbesondere müsse der Gefängnisnotstand beim Kanton behoben und ausserhalb der Stadt wirksame soziale und therapeutische Hilfsangebote für die Drogenabhängigen aufgebaut werden. Sonst würde sich die Szene nach einer gewaltsamen Auflösung nur wieder – wie schon bei der Räumung des Platzspitzes – in die angrenzenden Quartiere verlagern.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Die Umsetzung des seit Anfang 1993 in Kraft stehenden Opferhilfegesetzes verläuft nach wie vor schleppend und uneinheitlich, da die Kantone die Vollzugspraxis mehr oder weniger mühsam erarbeiten müssen. Die Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren will deshalb gesamtschweizerische Richtlinien erarbeiten lassen. Ihrer Ansicht nach müsste die Opferhilfe einheitlicher und grosszügiger gehandhabt werden.

Umsetzung des Opferhilfegesetzes (1992–1996)
Dossier: Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten und seine Auswirkungen

Ausgehend von einer parlamentarischen Initiative Duvoisin (sp, VD) beschloss der Nationalrat, die Anspruchsberechtigung für die freiwilligen Bundesbeiträge an Transfundierte und Hämophile, die mit Produkten des SRK infiziert worden sind, auch auf die nachfolgend angesteckten Kinder auszuweiten. Im ersten Beschluss von 1990 waren lediglich die infizierten Ehepartner berücksichtigt worden. Auf Anregung ihrer Kommission verlängerte die grosse Kammer die Frist zur Einreichung von Beitragsgesuchen um fünf Jahre bis April 2001.
Die SRK wird allen AIDS-Kranken, die erwiesenermassen durch ihre Blutprodukte mit dem HI-Virus angesteckt wurden, und deren angesteckten Lebenspartnern eine monatliche Rente von CHF 1500 ausrichten.

Parlamentarische Initiative zur Ausweitung der freiwilligen Bundesbeiträgen an Transfundierte und Hämophile (Pa.Iv. 94.411)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Gemäss einer Pilotstudie zu einer nationalen Sozialhilfestatistik werden gesamtschweizerisch zwischen 100'000 und 150'000 Personen von den Fürsorgebehörden materiell unterstützt. Die Bruttoleistungen dürften bei etwa CHF 1 Mrd., die Nettoleistungen bei CHF 600 Mio. bis CHF 700 Mio. pro Jahr liegen. Hauptbezüger der Sozialhilfe sind mit 34 Prozent Arbeitslose, gefolgt von Suchtabhängigen (19%) sowie Alleinerziehenden und AHV/IV-Rentnern mit je 14 Prozent. In den letzten Jahren mussten grössere Gemeinden Steigerungsraten von jährlich bis zu 35 Prozent verkraften. Aufgrund der bei 30 Sozialhilfestellen in der Deutschschweiz erhobenen Daten lässt sich im Fürsorgebereich ein klarer Stadt-Land-Unterschied erkennen. Die Zahl der unterstützten Personen und Familien liegt in städtischen Gemeinden weitaus höher als in ländlichen Regionen. Zudem ist das Stadt-Land-Gefälle bei der Sozialhilfe ausgeprägter als bei den Armutsquoten und widerspiegelt damit eine restriktivere Sozialhilfe auf dem Land. Aus den Daten ging weiter hervor, dass nur ein Teil der wirtschaftlich Bedürftigen öffentliche Sozialhilfe bezieht. Die Fürsorgequoten liegen im Vergleich zu den Armutsquoten sehr viel tiefer, bei den kleinsten Gemeinden rund vierzigmal, bei den Städten mit über 300'000 Einwohnern immerhin noch rund siebenmal. Laut Schätzungen beziehen je nach Gemeinde zwischen 5 und 30 Prozent der einkommensschwachen Wohnbevölkerung Fürsorgegelder.

Pilotstudie zu einer nationalen Sozialhilfestatistik (1994)
Dossier: Sozialhilfestatistiken

Mit einer Motion wollte Nationalrätin Goll (sp, ZH) die Landesregierung verpflichten, Bundesbeiträge an die heute bestehenden 13 Frauenhäuser der Schweiz auzurichten. Der Bundesrat anerkannte ausdrücklich die immense Aufbau-, Betreuungs- und Öffentlichkeitsarbeit, welche die Frauenhäuser und Notaufnahmestellen für Kinder und Jugendliche seit den 1970er Jahren vollbracht haben. Für die Frage der Finanzierung verwies er aber auf das Opferhilfegesetz (OHG), welches es den Kantonen ermöglicht, während den ersten sechs Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes Bundesbeiträge für den Aufbau der Opferhilfe auszulösen. Einige Kantone – so etwa Schaffhausen – hätten die Frauenhäuser bereits als Beratungsstellen nach OHG anerkannt. Nach diesen Ausführungen wurde die Motion auf Antrag des Bundesrates nur als Postulat überwiesen.

Bundesbeiträge an die Frauenhäuser (Mo. 93.3593)

Die Rezession und die steigende Zahl der ausgesteuerten Langzeitarbeitslosen verstärkte 1993 den Druck auf die Fürsorgeämter weiter. 160'000 bis 180'000 Personen waren nicht mehr in der Lage, ihre Existenz selber zu bestreiten. Angesichts der Finanzknappheit der öffentlichen Hand wurden die Voraussetzungen für eine wirksame Sozialhilfe immer schwieriger.

Steigender Druck auf die Fürsorgeämter (1993)

Die Weiterführung des Aufenthalts- und Betreuungsraum für Drogenabhängige, der 1992 als Provisorium im Stadthaus von Luzern eingerichtet worden war, wurde trotz positiver Erfahrungen und der Unterstützung der politischen Behörden von den Stimmberechtigten der Stadt und des Kantons an der Urne abgelehnt. 54 Prozent der Stimmenden verwarfen den notwendigen Betriebskredit von jährlich CHF 165'000 für den Fixerraum, weshalb dieser Ende März 1994 seine Tore schliessen wird.

Kantonale oder städtische Massnahmen gegen Drogensucht oder zugunsten Drogenabhängiger (1993)

Aus einer Einzelinitiative eines Neuenburger Journalisten entstand in der Romandie ein erstes Netzwerk, welches völlig unbürokratisch und mit freiwilligen Helfern Pakete mit Lebensmitteln und Hygienprodukten, sogenannte «cartons du coeur» an jene Menschen verteilt, die durch die Maschen des Sozialnetzes gefallen sind. Die Aktion, die zu Beginn des Jahres 1993 recht bescheiden begann, trat in der Westschweiz einen eigentlichen Siegeszug an. Bis Mitte August wurden schon über 23 Tonnen Hilfsgüter an Bedürftige verteilt.

Pakete mit Lebensmitteln und Hygienprodukten für Westschweizer Bedürftige (1993)