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Neue Möglichkeiten zur Abgeltung von Apothekerleistungen durch die OKP wollte Erich Ettlin (cvp, OW) im September 2018 mit einer Motion schaffen. Neu sollten auch kostendämpfende Apothekerleistungen ohne Medikamentenabgabe sowie die Beteiligung an OKP-mitfinanzierten kantonalen oder nationalen Präventionsprogrammen abgegolten werden. Denn auch solche Leistungen der Apothekerinnen und Apotheker führten zu erheblichen Einsparungen in der OKP, erklärte der Motionär. Mit Verweis auf den Bericht zum Postulat Humbel (cvp, AG; Po. 12.3864) und auf seine Antwort auf die parlamentarische Initiative Joder (svp, BE; Pa.Iv. 11.418) betonte der Bundesrat in seiner Stellungnahme die Gefahr einer Mengenausweitung durch das Anliegen. Dennoch empfahl er die Motion zur Annahme und erklärte, er werde sie im Rahmen der Motion SGK-NR (Mo. 18.3387), die Abrechnungsmöglichkeiten für nichtärztliche Leistungserbringende bei Leistungen in Früherkennung, Prävention und Betreuung von Patienten mit chronischen Krankheiten fordert, prüfen.
In der Wintersession 2018 behandelte der Ständerat die Motion. Dabei bat der Motionär den Bundesrat darum, bei Annahme nicht nur die Anliegen der Motion der SGK-NR zu prüfen, sondern insbesondere auch eine Abgeltung von Apothekerleistungen, welche die «Behandlungen mit ärztlich verschriebenen Arzneimitteln wirtschaftlicher und effizienter» machten, Präventionsleistungen, die Apothekerinnen und Apotheker sinnvoller erbringen könnten als Ärzte, sowie Impfungen in Apotheken. Gesundheitsminister Berset erklärte sich bereit, die vom Motionär angesprochenen Änderungen zu prüfen, liess aber das Ergebnis dieser Prüfung offen. Er stellte jedoch in Aussicht, dass das Projekt als Teil der Koordination der Pflege mit dem zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen bereits 2019 in die Vernehmlassung gehen könnte.

Kostendämpfende Apothekerleistungen ermöglichen

Nachdem der Nationalrat der Motion Humbel (cvp, AG) zum differenzierten Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel im Dezember 2017 Folge gegeben hatte, nahm sich die SGK-SR im Oktober 2018 dem Vorstoss an. Da das Anliegen bereits in das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen integriert worden sei, erachtete die Kommission die Motion «nicht für zweckmässig». Folglich lehnte sie diese ohne Gegenstimme ab.
In der Wintersession 2018 behandelte der Ständerat das Geschäft zusammen mit einer Motion Brand (svp, GR; Mo. 15.4231) und einer weiteren Motion Humbel (Mo. 17.3827). Während Roland Eberle (svp, TG) noch einmal die Sicht der Kommission darlegte, entgegnete Josef Dittli (fdp, UR), dass durch das Massnahmenpaket nicht alle Forderungen des Vorstosses abgedeckt würden. Zudem betonte er den noch immer existierenden Handlungsbedarf im Arzneimittelbereich und forderte den Bundesrat dazu auf, sich – unabhängig vom Ausgang der Motion – weiterhin mit dem Thema auseinanderzusetzen und diesbezüglich Lösungsvorschläge zu präsentieren. Anita Fetz (sp, BS) kritisierte unterdessen die Wirksamkeit der Motion. Die Schweiz sei im Besitz eines guten Gesundheitssystems, habe aber ein ungerechtes Finanzierungssystem. Wolle man für den Mittelstand etwas ändern, müsse man «endlich offen über die Finanzierung reden». Gesundheitsminister Berset führte noch einmal die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre aus und unterstrich die Wichtigkeit der Thematik. Er sei froh, hierzu die Unterstützung des Parlaments zu haben, jedoch seien die entsprechenden Motionen in der gegenwärtigen Situation nicht nötig. Um die Kosten zu senken, schienen ihm in erster Linie Elemente wie Transparenz und Qualität entscheidend. Stillschweigend lehnte die kleine Kammer alle drei Motionen ab.

Differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel

Anlässlich der Heilmittelgesetzrevision ging Swissmedic dem Auftrag des Bundesrates nach, die Selbstmedikation und den Arzneimittelzugang zu lockern, indem die Abgabekategorie E – Arzneimittel, die ohne Fachberatung abgegeben werden dürfen – erweitert wurde. Bisher waren 146 Medikamente im Detailhandel erhältlich. Von den 540 Arzneimitteln, die eine externe Kommission untersuchte, wurden 94 Medikamente neu der Kategorie E zugeteilt und somit für den Verkauf im Detailhandel freigegeben. Zugelassen wurden in erster Linie Tee und Hustenpastillen, homöopathische Mittel hingegen nicht. Ab April 2019 soll die Umstellung stattfinden.
Nicht glücklich über diesen Entscheid zeigten sich die Migros und der Konsumentenschutz. Der Grossist, welcher unter anderem pflanzlich basierte Magendarmmittel, Erkältungsbäder und Beruhigungsmittel in das Sortiment aufnehmen wollte, kam mit seinem Anliegen nicht durch. Er äusserte den Vorwurf der Kartellbildung seitens der Pharmavertretung, Ärzte, Homöopathen, Apotheker und Drogisten gegenüber dem Detailhandel und hinterfragte die Unabhängigkeit von Swissmedic. Schüfe man gleiche Voraussetzungen wie in Deutschland, so könnten die Medikamentenpreise um zwanzig Prozent gesenkt werden. Sara Stalder, die Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes meinte gar, die Preise in der Schweiz seien im Vergleich zu denjenigen in Deutschland aufgrund des fehlenden Wettbewerbs zwischen fünfzig und hundert Prozent höher. Swissmedic wehrte sich gegen die Aussagen der Migros. Die Vorgaben zur Einteilung der verschiedenen Abgabekategorien stammten vom Gesetzgeber. Arzneimittel dürften nur in der Selbstbedienung abgegeben werden, wenn sie keine fachliche Beratung erforderten und die Patientinnen und Patienten nicht gefährdeten. Überdies sei die Expertenkommission breit abgestützt gewesen.
Während der Migros-Konkurrent Coop, welcher die Apothekenkette Vitality führt, keine Stellung nahm, gab es eine erste Reaktion seitens der Politik. Ruedi Noser (fdp, ZH) reichte eine Motion (Mo. 18.4193) ein, welche es Detailhandelsgeschäften erlauben will, zusätzliche rezeptfreie Medikamente zu verkaufen.
Die Erweiterung der Kategorie E ist nicht das einzige Resultat der Heilmittelgesetzesrevision: Ferner wurde die Kategorie C aufgehoben und 15 Prozent der Kategorie D in die Kategorie B umverteilt.

Medikamente im Detailhandel

Ende November 2018 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf zur Änderung des HMG. Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung waren zwei Verordnungen der EU, mit welchen die Union auf die Verbesserung der Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte, die Harmonisierung des Vollzugs innerhalb der EU und die Stärkung der Patientensicherheit abzielte. Damit reagierte die EU auf «verschiedene Zwischenfälle[…] mit mangelhaften Medizinprodukten». Die Schweiz, welche eine zur EU gleichwertige Regulierung für Medizinprodukte aufweist und mit ihr ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen besitzt, solle zum Erhalt der Äquivalenz der Regelungen nachziehen und die Sicherheit und Qualität ebendieser Produkte ebenfalls erhöhen, erläuterte die Regierung. Die geplanten Anpassungen sollten im Rahmen des Masterplans «Massnahmen des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie» vorgenommen werden, wobei neben dem HMG auch das HFG von den Anpassungen betroffen war. Da die neuen Regulierungen mit höheren Anforderungen an Swissmedic, welche für die Marktüberwachung zuständig ist, verbunden war, sah der Bundesrat auch einen jährlichen Finanzierungsbeitrag von CHF Mio. 11.5 an Swissmedic vor.

Heilmittelgesetz. Neue Medizinprodukte-Regulierung (BRG 18.081)

Mittels Motion forderte die SGK-NR den Bundesrat im Mai 2018 auf, eine Gesetzesanpassung vorzunehmen, so dass Chronischkranken Medizinalcannabis ärztlich verordnet werden kann. Dies sei wünschenswert, weil Cannabis auf verschiedenste Weise positive Wirkungen entfalte und Schmerzen lindern sowie die Lebensqualität der Betroffenen verbessern könne. Anders als in diversen Nachbarländern sei der Zugang zu medizinischem Cannabis in der Schweiz mit langen Wartezeiten, bürokratischen Hindernissen und hohen Kosten verbunden. Als Patient benötige man eine Ausnahmebewilligung des BAG, um mit Cannabis behandelt werden zu dürfen. Zudem müsse der verantwortliche Arzt oder die verantwortliche Ärztin darlegen, dass andere Therapieansätze zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten. Teuer sei das ganze Unterfangen deshalb, weil sich die Krankenkassen nur in gut der Hälfte aller Fälle dazu bereit erklärten, die Kosten zu übernehmen. Die Kommission erklärte in ihrem eingereichten Text weiter, dass Cannabis als «probates Mittel» diene, um Nebenerscheinungen bei Krankheitsbildern wie Multiple Sklerose, Aids und Krebsleiden entgegenzuwirken. Daher bezögen gemäss nationalen Erhebungen 100'000 Patientinnen und Patienten auf illegale Weise Cannabis und würden somit Gefahr laufen, «kriminalisiert und bestraft zu werden». Da bereits in verschiedenen Ländern Arzneimittel aus Cannabisblüten, welche einen standardisierten und kontrollierten Wirkstoffgehalt aufwiesen, zugelassen seien, diese nach internationalen Richtlinien hergestellt würden und folglich schon Erfahrungswerte vorliegen würden, sollte man nicht noch Jahre mit einem Pilotprojekt – wie es in der Motion Kessler (glp, SG; Mo. 14.4164) gefordert wurde – verlieren. Die straffreie Nutzung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, verordnet durch einen Arzt oder eine Ärztin, solle so rasch als möglich erlaubt werden. Nachdem der Bundesrat bereits im Vorfeld die Annahme der Motion beantragt hatte, nahm die grosse Kammer den Vorstoss während der Herbstsession 2018 diskussionslos und stillschweigend an.

Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke. Tiefere Gesundheitskosten und weniger Bürokratie

In der Herbstsession 2018 widmete sich der Nationalrat einer Motion Gugger (evp, ZH), welche darauf abzielte, Kinder und Jugendliche vor Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien zu schützen. Hierfür forderte der Motionär ein Werbeverbot für Tabakprodukte in Medien ohne Bezahlabonnemente oder sonstigen Identifikationsmethoden, die somit für Jugendliche einfach zugänglich seien. Bereits seit 2003 gelte beispielsweise in der EU ein ähnliches Tabakwerbeverbot in den öffentlichen Medien sowie im Internet, zeigte Gugger auf. Durch ein entsprechendes Verbot könnte der Anteil an Raucherinnen und Rauchern bei Schweizer Jugendlichen verringert werden, wobei so langfristig auch die Sterberate infolge Tabakkonsums geschmälert werden könnte. Ratskollege de Courten (svp, BL) kritisierte den Vorstoss als «nicht nur nicht wirksam», sondern auch als «schlicht nicht durchsetzbar». Die Annahme, dass Jugendliche aufgrund von Tabakwerbung mit dem Rauchen beginnen würden, sei zudem falsch. Viel wichtiger für diese Entscheidung seien dagegen Gruppendruck oder das Rauchverhalten der Eltern, womit ein Tabakwerbeverbot nicht gerechtfertigt sei. Bundespräsident Alain Berset beantragte den Mitgliedern der grossen Kammer hingegen, die Motion Gugger anzunehmen, da deren Forderungen in die Stossrichtung der Tabakprävention des Bundesrats passe und unter anderem in die laufenden Arbeiten am Tabakproduktegesetz integriert werden könnten. Bei der folgenden Abstimmung wurde die Motion Gugger mit 94 zu 89 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) knapp abgelehnt. Gegen den Vorstoss stimmten die geschlossene BDP-Fraktion, die Mehrheit der SVP- und FDP.Liberale-Fraktionen sowie eine Minderheit der CVP-Fraktion.

Kinder und Jugendliche vor der Tabakwerbung in den klassischen und digitalen Medien schützen (Mo. 17.4268)

Nachdem der Nationalrat im Dezember 2017 die Motion Herzog (svp, TG) zu den Ursachen von ADHS angenommen hatte, beschäftigte sich die SGK-SR mit dem Vorstoss und empfahl diesen der kleinen Kammer einstimmig zur Ablehnung. Im Namen der Kommission erläuterte Erich Ettlin (cvp, OW) während der Herbstsession 2018 deren Standpunkt. Er argumentierte, dass individuelle genetische, kulturelle wie auch soziale Faktoren entscheidend verantwortlich für das Krankheitsbild ADHS seien und daher keine generellen Ursachen ergründet werden könnten. Um mehr über die Verschreibungspraktiken zu erfahren, müsste man diese systematisch kontrollieren. Dies liege allerdings nicht im Kompetenzbereich des Bundes, sondern falle den Kantonen zu. Überdies betonte Ettlin, dass die Motion in die Behandlungsfreiheit der Ärzteschaft und in den Verantwortungsbereich der Eltern eingreife. Dieser Punkt wurde im Anschluss auch von Bundesrat Berset aufgegriffen. Zudem sei es auch wichtig anzumerken, dass der Konsum von Ritalin und somit auch dessen Verschreibung seit 2011 stabil seien. Der Bundesrat beabsichtige, seinen Kompetenzen entsprechend, mit den Kantonen zusammenzuarbeiten, um die Bedingungen für ADHS-Betroffene zu verbessern. Eine Annahme der Motion sei jedoch nicht nötig, so Berset. Der Ständerat liess sich von diesen Argumenten überzeugen und lehnte die Motion diskussionslos und stillschweigend ab.

ADHS ist keine Krankheit
Dossier: Vorstösse zum Thema ADHS

Wie bereits der Nationalrat nahm im September 2018 auch der Ständerat die Motion Tornare (sp, GE) zum Einzelverkauf von Medikamenten entsprechend der einstimmigen Empfehlung seiner SGK an. Dabei wurde wie zuvor in der Debatte der grossen Kammer mit den guten Erfahrungen einer Studie aus Frankreich, der Reduktion weggeworfener oder nichtkonsumierter Medikamente sowie der Risikoverminderung von Selbstmedikation und Resistenzbildung argumentiert. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Pilotversuch, welcher in einem Kanton stattfinden soll, sei angesichts der geltenden Rechtslage problemlos durchführbar, so Joachim Eder (fdp, ZG) für die Kommission. Über konkrete Punkte bezüglich des Pilotversuchs befinde man sich allerdings noch im Dunkeln. Dies veranlasste Didier Berberat (sp, NE) zur Frage, ob der Bundesrat mit den Kantonen bereits in Kontakt stehe und ob es schon einen potentiellen Versuchskanton gebe. Alain Berset, der die Motion im Namen des Gesamtbundesrates unterstützte, erwiderte, es hätten sich zurzeit noch keine Kantone gemeldet, er vermute allerdings, dass eventuell der Kanton Neuenburg, der Kanton Zug oder aber auch andere Kantone am Pilotprojekt interessiert seien. Es gehe nun darum, möglichst schnell herauszufinden, wo dieses durchgeführt werden könne, bevor man die Motion Tornare im grossen Stil umsetze. Stillschweigend sprach sich der Ständerat daraufhin für die Motion aus.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

Hans Stöckli (sp, BE) reichte 2018 eine Motion ein, mit welcher er die Schaffung einer Rechtsgrundlage zu elektronischen oder gedruckten Medikationsplänen für Patientinnen und Patienten, die während mindestens 28 Tagen drei oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen, forderte. Polymedikation – also die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente – komme vor allem bei chronisch kranken und älteren Personen vor und sei aufgrund oft nicht vollständig vorhandenen Informationen zu den verschiedenen Arzneimitteln mit dem Risiko von Nebenwirkungen und Interaktionen behaftet, erklärte der Motionär. So rangierten Medikationsfehler unter den im Gesundheitswesen am häufigsten gemachten Fehlern und verursachten die Hälfte aller jährlich auftretenden, vermeidbaren Todesfälle. Ein Medikationsplan könnte dem Einhalt gebieten, da dadurch «eine Übersicht über alle verschriebenen und eingenommenen Medikamente» gewährleistet wäre. Es handle sich dabei um eine «qualitätssichernde Massnahme», die der Patientensicherheit diene. Gemäss Stöckli gälten unabhängig von der Form des Medikationsplans die gleichen Anforderungen. Allerdings betonte er den Vorteil, dass bei der digitalen Version eine höhere Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die vorliegende Liste vollständig und aktuell sei. Insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Patientendossiers wäre diese Art von Qualitätssicherung relevant.
Bundesrat Berset zeigte sich von Stöcklis Vorstoss überzeugt, betonte jedoch, dass man bezüglich der fehlenden Pflicht, elektronische Patientendossiers zu führen, – was Vorrausetzung für einen elektronischen Medikationsplan ist – noch einige Dinge regeln müsse. Im Namen des Gesamtbundesrates empfahl er die Motion zur Annahme. Stillschweigend folgte der Ständerat diesem Votum.

Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit (Mo. 18.3512)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Der Bundesrat beantragte die Motion Cassis (fdp, TI) «Frankenstärke. Vereinfachung der Zulassungsverfahren bei Indikationserweiterungen und raschere Verfahren bei Änderungen von Arzneimitteln» zur Abschreibung. Die Forderungen des Geschäfts seien bereits in der Arzneimittelverordnung vom 21. September 2018 realisiert worden, so die Regierung in ihrem Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2018. In der Folge schrieben beide Parlamentskammern im Juni 2019 das Geschäft ab.

Frankenstärke. Vereinfachung der Zulassungsverfahren bei Indikationserweiterungen und raschere Verfahren bei Änderungen von Arzneimitteln

Ständerätin Liliane Maury Pasquier (sp, GE) wollte den Bundesrat mittels Postulat zur Ausarbeitung eines Berichtes über die reproduktionsschädigende Wirkung des Antieptileptikums Depakine und dessen Generika bzw. des Wirkstoffes Valproat beauftragen. Laut der Postulantin würden 10 Prozent der Kinder von Frauen, welche während der Schwangerschaft Valproat einnahmen, mit Missbildungen wie einer Spina bifida oder einem Herzfehler geboren. 30 bis 40 Prozent wiesen Entwicklungsstörungen auf. Obwohl die Effekte von Depakine, welches vor fünfzig Jahren auf den Markt kam, seit längerer Zeit bekannt seien, würden werdende Eltern nicht genügend über die bestehenden Risiken informiert. So sei das Medikament alleine in Frankreich zwischen 2007 und 2014 über 14'000 Schwangeren verschrieben worden – ohne jeglichen Verweis auf mögliche Nebenwirkungen. In der Folge sei eine strafrechtliche Untersuchung eröffnet, eine Sammelklage eingereicht und ein Entschädigungsfonds eingeführt worden. Auch in der Schweiz hätten im vergangenen Jahr mehrere betroffene Familien aufgrund fehlender Risikoaufklärung die Gerichte angerufen. Die Behandlungsrisiken für Schwangere würden erst seit 2015 klar als Nebenwirkung aufgeführt. Da die Schweiz kein Register über Verschreibungen kenne und die Meldung von schwerwiegenden Nebenwirkungen erst seit 2012 obligatorisch sei, sei die Zahl der schwangeren Frauen, welche das Medikament verabreicht bekamen, unbekannt, so die Postulantin. Ihr geforderter Bericht soll daher die Zahl der bei Swissmedic gemeldeten Geburtsschäden und Entwicklungsstörungen, die im Zusammenhang mit Valproat stehen, aufzeigen und gleichzeitig abschätzen, wie viele Fälle in Zukunft erwartet werden würden. Zudem soll die Wirksamkeit der kürzlich eingeführten Massnahmen – unter anderem die Aktualisierungen der Arzneimittelverpackung und der Fachinformationen – zur Prävention neuer Fälle bewertet und eine Erklärung dafür geliefert werden, weshalb Frauen erst Jahre nach dem Bekanntwerden der reproduktionsschädigenden Wirkungen systematisch informiert wurden. Auch im Bericht enthalten sein sollen Vorschläge, welche dazu dienen, ähnliche Vorkommnisse bei anderen Medikamenten zu verhindern. Um den Leidtragenden den Entschädigungszugang auch nach mehreren Jahren garantieren zu können, sollen die bestehenden Instrumente und notwendigen Gesetzesänderungen ebenfalls dargestellt werden.
Bundesrat Alain Berset erklärte, dass die von der Postulantin aufgeworfenen Fragen auch den Bundesrat beschäftigten. Er und seine Ratskolleginnen und -kollegen seien der Meinung, dass vor allem die Schadensprävention verbessert werden müsse, was unter anderem das Ziel des Bundesratsgeschäftes zur Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitssteigerung des Gesundheitssystems sei. Daher beantragte er die Annahme des Postulates.
Die kleine Kammer folgte diesem Antrag und nahm den Vorstoss stillschweigend an.

Valproat und dessen reproduktionsschädigende Wirkungen

In der Frühlingssession 2018 hatte der Ständerat die Motion Zanetti (sp, SO) zur Einführung eines Experimentierartikels in das Betäubungsmittelgesetz, welcher die Durchführung von wissenschaftlichen Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe ermöglichen sollte, stillschweigend angenommen. Im Anschluss daran befasste sich die SGK-NR Mitte Mai 2018 mit dem Vorstoss. In ihrem Bericht erklärte sie, sie habe sich dem Anliegen bereits in ihrer Kommissionsinitative (Pa.Iv. 18.402), welche im Januar desselben Jahres beschlossen worden war, gewidmet. Die Mehrheit der Kommission sei weiterhin der Meinung, dass seitens des Bundesrates Massnahmen getroffen werden müssten, weil das vorherrschende Verbot nicht die gewünschte Wirkung erziele. Man verspreche sich von den Studien eine hilfreiche Basis zur Entscheidungsfindung bezüglich der künftigen Cannabisregulierung. Es zeigten sich allerdings nicht alle Kommissionsmitglieder damit einverstanden. So warnte eine Minderheit vor einer Bagatellisierung des Cannabiskonsums und einer «Liberalisierung durch die Hintertüre». Schlussendlich beantragte die SGK-NR äusserst knapp mit 12 zu 11 Stimmen, die Motion anzunehmen.
In der Sommersession 2018 kam das Geschäft in die grosse Kammer. Dort machte sich unter anderem Regine Sauter (fdp, ZH) als Kommissionssprecherin für das Anliegen stark. Sie betonte, dass das bestehende Verbot für Cannabis als Freizeitkonsum ausserhalb des Experimentes nach wie vor gelte. Es bestehe Handlungsbedarf, denn trotz Verbot bestünden Probleme wie der vorhandene Schwarzmarkt oder jugendliche Cannabis-Konsumenten und Konsumentinnen. Auf der Gegenseite äusserte Benjamin Roduit (cvp, VS) hingegen Bedenken gegenüber zahlreichen Studien, die sich gegenseitig widersprächen, und wollte wissen, weshalb Studien wie diejenige der Universität Bern notwendig seien, habe man doch bereits das Postulat Rechtsteiner (sp, SG; Po. 17.4076) angenommen, welches zum Ziel hatte, die Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik auf der Basis der vergangenen zehn Jahre für das kommende Jahrzehnt aufzuzeigen. Angelo Barrile (sp, ZH) nahm sich dieser Frage an und erklärte, dass das Postulat Rechsteiner eine Gesamtschau verlange. Bei der aktuellen Motion gehe es allerdings um die konkrete Einführung eines Artikels als rechtliche Grundlage für die Durchführung entsprechender Experimente, damit der existierende Bedarf an Informationen gedeckt werden könne. Weitere kritische Stimmen gab es aus der Fraktion der SVP. So zweifelte Verena Herzog (svp, TG) am wissenschaftlichen Charakter der Untersuchungen und Mauro Tuena (svp, HZ) hob hervor, dass das Stimmvolk anno 2008 die Aufweichung des Betäubungsmittelgesetzes betreffend Cannabis mit 68 Prozent abgelehnt habe und es daher nicht akzeptabel sei, dass National- und Ständerat diesen Entscheid auf indirekte Weise umgehen würden. Zudem wollte Tuena von Bundesrat Berset wissen, ob er dem Rat versichern könne, dass die Versuche mit Cannabis nicht ausgeweitet würden. Alain Berset erwiderte darauf, dass die Studien einen wissenschaftlichen Zweck und eine wissenschaftliche Qualität haben sowie zeitlich und räumlich beschränkt sein müssten. Es sei allerdings nicht die Aufgabe der Politik zu definieren, was wissenschaftlich gültig sei und was nicht. Vielmehr müsse man sich dafür an den Kriterien, welche für die Wissenschaft auf internationaler Ebene gelten, orientieren. Des Weiteren wiederholte der Bundesrat während der Debatte, dass es nicht um die Entkriminalisierung von Cannabis gehe, sondern darum, Massnahmen zu definieren, wie man am besten mit dem Konsum der Droge umgehe und ihn einschränken könne. Schliesslich hätten in der Schweiz fast ein Drittel der Bevölkerung bereits einmal Cannabis probiert und mehr als 200'000 Bürgerinnen und Bürger würden es regelmässig konsumieren. Obwohl über hundert Nationalrätinnen und Nationalräte im Vorfeld eine von vier Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114), die identisch zur Motion Zanetti sind, unterschrieben hatten, wurde der Vorstoss mit 96 zu 93 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) versenkt. Verantwortlich für die Ablehnung war das mehrheitliche Nein der SVP- und CVP-Fraktionen wie auch das Umschwenken einiger Politiker und Politikerinnen.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4210)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Nachdem der Ständerat während der Herbstsession 2017 die Motion zum vereinfachten Parallelimport von Arzneimitteln der Abgabekategorie E sowie Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen angenommen hatte, prüfte die SGK-NR im Frühjahr 2018 das Anliegen. Sie kam zum Schluss, dass eine Inkohärenz zwischen dem Motionstitel und dem Auftragstext an den Bundesrat vorliege. Es würden die Regulierungen des Heilmittelrechts mit denjenigen des Lebensmittelrechts durcheinandergebracht, was zu Unsicherheiten führe. Daher legte die SGK-NR noch einmal die Kriterien dar, die zur Produkteinstufung von Lebensmitteln respektive Arzneimitteln angewandt würden: Für Lebensmittel existiere eine abschliessende Liste mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims), welche «im Anhang 4 der Verordnung des EDI betreffend die Information über Lebensmittel (LIV) aufgeführt» seien und grösstenteils denjenigen der EU entsprächen. Nicht aufgeführte Health Claims erforderten eine vom verantwortlichen Bundesamt erteilte Bewilligung. Ein Produkt werde hingegen als Arzneimittel bezeichnet, falls es mit einer Heilsanpreisung – unter anderem zur Verhütung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten – betitelt werde. Medikamente der Abgabekategorie E würden ein geringes Risikopotential aufweisen und seien ohne Verschreibungspflicht und Fachberatung erhältlich. Dank dem revidierten Heilmittelgesetz könnten sie zudem auch in der Schweiz verkauft werden, wenn eine einfache Meldung an Swissmedic gemacht worden sei. Einstimmig empfahl die Kommission die Vorlage zur Ablehnung. Es wurden dabei zweierlei Stimmen laut. Zum einen wurde darauf hingewiesen, dass mittels der laufenden Revision der Ausführungsverordnungen zum revidierten Heilmittelgesetz auf die Anliegen der WAK-SR eingegangen werden könne. Zum anderen unterstrichen gewisse Kommissionsmitglieder den erforderlichen Handlungsbedarf zwar, waren jedoch der Meinung, dass die in der Motion aufgeführten Mittel nicht hinreichend seien. Mit der Ablehnung der Motion halte man sich die Möglichkeit offen, «selbst gesetzgeberisch tätig zu werden», falls die laufenden Anpassungen nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen sollten. Als der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession 2018 behandelte, folgte er der Empfehlung seiner Kommission und lehnte den Vorstoss stillschweigend ab.

Abbau von Handelshemmnissen bezüglich in der EU zugelassene Health Claims

Im März 2018 nahm der Ständerat ein von Paul Rechsteiner (sp, SG) eingereichtes Postulat an, mit welchem der Bundesrat beauftragt wurde, bis Ende 2019 einen Bericht über die Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik für das kommende Jahrzehnt auszuarbeiten. Dabei sollten die in den letzten zehn Jahren gesammelten Erfahrungen sowie auch die Entwicklungen auf internationaler Ebene behandelt werden – namentlich in Bezug auf die Droge Cannabis. Der in den Neunziger Jahren entwickelte Vier-Säulen-Ansatz (Prävention, Therapie, Schadensminderung, Repression), welcher in der Vergangenheit in der Drogenpolitik erfolgreich zur Anwendung gekommen war, entspreche nicht mehr der gegenwärtigen Situation. Betroffen davon sei vor allem das Cannabis, zu welchem in vielen Ländern neue Regulierungen beschlossen wurden. Gemäss dem Postulanten sei es auch in der Schweiz an der Zeit, eine Standortbestimmung vorzunehmen.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung, welche die Drogenpolitik auf verschiedenen Ebenen durchgemacht hatte, und der nationalrätlichen Motionsserie zum Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe sah auch der Bundesrat Handlungsbedarf und beantragte die Annahme des Postulates. Anhand des Berichtes zu „10 Jahre Betäubungsmittelgesetz-Revision" und des Updates zum Cannabisbericht 2008, welche die EKSF im Herbst 2018 respektive Frühling 2019 herausgeben werde, wolle er in Erfüllung des Postulates Rechsteiner einen bundesrätlichen Bericht erstellen.
Der Ständerat folgte der Empfehlung des Bundesrates und nahm das Postulat stillschweigend an.

Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik (Po. 17.4076)

Nachdem der Nationalrat im Juni 2018 eine Motion Zanetti (sp, SO; Mo. 17.4210) bezüglich eines Experimentierartikels als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe abgelehnt hatte, wurde in der darauffolgenden Herbstsession eine identische Motionsserie (Regine Sauter (fdp, ZH), Mo. 17.4111; Angelo Barrile (sp, ZH), Mo. 17.4112; Regula Rytz (gp, BE), Mo. 17.4113; Kathrin Bertschy (glp, BE), Mo. 17.4114) behandelt. Regine Sauter erklärte im Namen der Motionärinnen und des Motionärs, dass die aktuelle Cannabisregulierung nicht zufriedenstellend sei. Es existiere zwar ein Konsum- und Handelsverbot, dieses greife jedoch nicht. So gebe es einen Schwarzmarkt mit den damit verbundenen negativen Konsequenzen. Dies zeige sich besonders in den Städten. Um die Cannabisregulierung weiterzuentwickeln und somit Lösungen zu schaffen, wie mit der Problematik umgegangen werden soll, bedürfe es wissenschaftlich abgestützter Entscheidungsgrundlagen aus Studien – wie diejenige der Universität Bern – zu kontrolliertem Zugang zu Cannabis. Damit diese allerdings überhaupt bewilligt und durchgeführt werden können, müsse mit einem Experimentiertartikel eine entsprechende Gesetzesgrundlage geschaffen werden. Verena Herzog (svp, TG) zeigte sich mit ihrer Ratskollegin einverstanden darüber, dass vieles nicht gut laufe. Im Unterschied zu Sauter machte sie aber die Politikerinnen und Politiker verantwortlich, die Cannabis verharmlosten und eine wirkungsvolle Prävention verunmöglichten. Bezüglich der Studien gab sie zu Bedenken, dass es sich um ein Manipulationsinstrument auf wissenschaftlicher Seite handle, da die Versuche abgebrochen würden, sobald der Gesundheitszustand und die Behandlung der Teilnehmenden nicht mehr sichergestellt werden könnten, was so viel bedeute, wie dass interveniert werde, wenn die Studienergebnisse beeinträchtigt würden. Weitere Kritik wurde etwa an der Abgabe eines hohen Cannabisgehalts sowie an der Ausgabe von Steuergeldern in Millionenhöhe geäussert. Gesundheitsminister Berset hob hingegen die Wichtigkeit der wissenschaftlichen Studien hervor. Die aktuelle Verbotspolitik habe sich nicht bewährt, rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung habe bereits einmal Cannabis probiert und mehr als 200'000 Personen konsumierten es regelmässig. Dabei sei über die Zeit kein Rückgang zu verzeichnen. Es bestehe folglich Handlungsbedarf. Da jedoch niemand genau wisse, was zu tun sei, müsse kontrolliert getestet werden, welcher Rechtsrahmen die besten Ergebnisse liefere. Es gehe allerdings nicht darum, Cannabis legalisieren zu wollen. In anderen Bereichen wie zum Beispiel im Asylbereich oder bei den Sozialversicherungen hätten zudem ähnliche Tests zu entscheidenden Änderungen in der Gesetzgebung geführt. Das Abstimmungsergebnis im Nationalrat viel relativ knapp aus. Mit 98 zu 92 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) wurden die Motionen angenommen.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113; Mo. 17.4114)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Ende November 2017 wurde Sven Trelle von der Universität Bern die Bewilligung für eine wissenschaftliche Studie zum legalen Cannabisverkauf und -konsum in der Stadt Bern verweigert. Das Bundesamt für Gesundheit BAG begründete diesen Entscheid mit der fehlenden Gesetzesgrundlage zum Absatz von nicht-medizinischem Cannabis. Projektleiter Trelle wollte die Auswirkungen des legalen Verkaufs der Droge auf das Verhalten, die Gesundheit und auf soziale wie auch wirtschaftliche Gesichtspunkte untersuchen. Dabei sollten 1'000 Personen, die bereits zuvor gekifft hatten, Cannabis als Genussmittel in Apotheken erwerben können. Trelle gab sich gegenüber dem Tagesanzeiger enttäuscht, da die Studie – an welcher neben Bern noch andere Städte interessiert waren – «ein wichtiger Baustein gewesen» wäre, «um die Politik mit zuverlässigen Daten zu unterstützen». Dass er mit dieser Meinung nicht allein dastand, zeigten die Reaktionen im Parlament. Neben der von der SGK-NR lancierten parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 18.402) wurden fünf identische Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114; Mo. 17.4210) zum Thema in den beiden Kammern eingereicht. So forderte Roberto Zanetti (sp, SO) mit seinem im Ständerat eingereichten Vorstoss (Mo. 17.4210) den Bundesrat auf zu überprüfen, ob mit der gegenwärtigen Rechtsgrundlage innovative Regulierungsansätze zum gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis erprobt werden können. Falls die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu fehlten, sollte eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in Form eines Experimentierartikels ausgearbeitet werden. Es existiere ein Bedürfnis nach wissenschaftlich gestützten Entscheidungsgrundlagen für die künftige Handhabung der Cannabis-Regulierung, argumentierte der Motionär. Während der Behandlung des Geschäfts im Ständerat betonte Zanetti überdies ausdrücklich, dass es dabei nicht um die Legalisierung von Cannabis gehe. Alain Berset erwiderte daraufhin, dass die Situation aus rechtlicher Sicht klar sei, da das Betäubungsmittelgesetz die Abgabe von nicht-medizinischem Cannabis, auch wenn es sich um eine wissenschaftliche Studie handelt, untersage. Allerdings empfinde auch der Bundesrat die Durchführung solcher Studien als «notwendig, interessant und nützlich». Daher sei er bereit, die notwendigen rechtlichen Grundlagen dafür zu entwickeln. Von diesen Worten liess sich die kleine Kammer diskussionslos überzeugen und nahm die Motion stillschweigend an.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4210)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Im März 2017 reichte Bea Heim (sp, SO) zwei Motionen zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) ein. Ihr Hauptanliegen war es, die Kosten dieser Produkte zu reduzieren, wofür sie unter anderem eine Vergütungspflicht für im Ausland eingekaufte Artikel beantragte. Zwar werde die MiGeL-Liste aufgrund der veralteten und zu hohen Höchstvergütungsbeträge (HVB) vollständig revidiert, zukünftig brauche es aber eine «kontinuierliche Überwachung der Marktpreise der (...) MiGeL-Produkte und eine entsprechend systematische Anpassung der Höchstvergütungsbeträge», argumentierte die Motionärin. Mögliche Instrumente dazu seien transparent deklarierte oder verfügte Höchstfabrikabgabepreise, die Festlegung von Höchstvertriebsmargen oder periodische Auslandpreisvergleiche auf der Basis eines Länderkorbes, wie sie bei Medikamenten oder Arzneimitteln teilweise bereits vorlägen. Der Bundesrat betonte die Sonderstellung der MiGeL-Produkte: Sie seien sehr vielfältig bezüglich Anwendung, medizinischem Nutzen, auf dem Markt vorhandenen Ausstattungen und Qualitätsniveaus. Sie würden häufig angepasst und über zahlreiche verschiedene Absatzkanäle und Abgabestellen verkauft. Daher gebe es – anders als zum Beispiel bei Medikamenten oder Arzneimitteln – bei den MiGeL-Produkten keine behördliche Preisfestsetzung im Einzelfall oder vertragliche Tarifvereinbarung, stattdessen würden unter Berücksichtigung eines behördlich festgelegten Höchstvergütungsbetrags die Marktpreise vergütet. Dies erachte die WEKO als geeignetes System, um das Preis-Leistungs-Verhältnis der MiGeL-Produkte zu verbessern, sofern die HVB regelmässig aktualisiert würden, erklärte der Bundesrat. Dass eine regelmässige, systematische Überprüfung nötig sei, bestätigte der Bundesrat; entsprechende Bemühungen seien aber mit der umfassenden Revision und einem Teilprojekt zur Entwicklung eines Systems der periodischen Überprüfung bereits am Laufen und sollten bis ins Jahr 2019 abgeschlossen sein.

In der Frühjahrssession 2018 behandelte der Nationalrat die Motion. Bea Heim liess die Ankündigungen des Bundesrates bezüglich einer Lösung des Problems nicht gelten: Dies verspreche er dem Parlament schon seit dem Jahr 2005. Eine Annahme der Motion solle nun dem Bundesrat verdeutlichen, dass es diese Revision brauche und dass er «dranbleiben» solle. Gesundheitsminister Berset verwies in der Folge konkret auf die seit August 2016 alle sechs Monate in Kraft tretenden Änderungen. Den Vorwurf der Untätigkeit bestritt er, indem er darauf hinwies, dass die MiGeL-Produkte 1.7 Prozent der Kosten der OKP ausmachten und sich der Bundesrat daher zuerst um die Medikamentenpreise, die 15 bis 20 Prozent der Kosten verursachten, habe kümmern wollen. Dennoch nahm der Nationalrat die Motion mit 161 zu 29 Stimmen bei 2 Enthaltungen an; lediglich einen Grossteil der FDP-Fraktion konnte der Bundesrat überzeugen.

Mittel- und Gegenständeliste. Preise sollen kostengünstiger werden (Mo. 16.3166)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Im März 2018 lancierte ein Komitee bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, Drogisten und Drogistinnen, Apotheker und Apothekerinnen sowie der Krebs- und der Lungenliga die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)». Die Forderung der Initiative besteht darin, Tabakwerbung, die an Minderjährige gerichtet oder für sie zugänglich ist, zu verbieten. Davon betroffen wären unter anderem Werbung in den Printmedien, im Internet und in den sozialen Medien, auf Plakaten, an Kiosken, in Kinos ebenso wie das Sponsoring von Festivals durch Tabakproduzenten und -produzentinnen sowie Werbung durch die Abgabe von Gratismustern.
Hans Stöckli (sp, BE), der den Trägerverein der Initiative präsidierte, erklärte gegenüber den Medien, es gehe nicht an, dass Tabakprodukte in der Schweiz zwar nicht mehr an Minderjährige verkauft werden dürften, gezielt an Jugendliche gerichtete Werbung aber nach wie vor erlaubt sei. Es müsse etwas unternommen werden, so das Initiativkomitee, denn Jugendliche seien besonders empfänglich für Tabakwerbung – hätten doch Studien gezeigt, dass 57 Prozent aller Raucherinnen und Raucher vor ihrer Volljährigkeit mit dem Konsum der Tabakprodukte begonnen hätten. Gemäss Tages-Anzeiger sterben schweizweit zudem jährlich rund 9'500 Personen an den Folgen des Tabakkonsums und die Folgekosten des Konsumierens beliefen sich auf CHF 10 Mrd. pro Jahr. Wie die Tribune de Genève berichtete, könnten durch das vorgeschlagene Werbeverbot CHF 1 Mrd. an Gesundheitskosten eingespart werden.
Im gleichen Zeitraum wie die Lancierung der Volksinitiative lief die Vernehmlassungsfrist zum zweiten Bundesratsvorschlag bezüglich des Tabakproduktegesetzes ab. Der Aargauer Zeitung zufolge war dieses Timing nicht zufällig. Gemäss Initiativkomitee hatte der Bundesrat bezüglich Tabakprävention zu wenig unternommen, Hans Stöckli bezeichnete den bundesrätlichen Entwurf gar als «zahnlos». Der Tages-Anzeiger hingegen sprach von einer Art «Durchsetzungsinitiative», mit der die Parlamentsdebatte beeinflusst werden solle und der Tabaklobby und den Wirtschaftsverbänden Einhalt geboten werden könne.
Nicht einverstanden mit dem Vorgehen der Initianten und Initiantinnen zeigte sich Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH), Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Seiner Meinung nach sei «Die Ankündigung einer Volksinitiative zu Tabakwerbeverboten während der Diskussionen zum neuen Tabakproduktegesetz […] ein inakzeptabler Einmischungsversuch in einen demokratischen Gesetzgebungsprozess». Auch Japan Tobacco International, das seinen Sitz in Dagmersellen hat, äusserte sich kritisch sowohl gegenüber der Bundesratsvorlage als auch gegenüber der Volksinitiative. Die wirtschaftliche Freiheit der Händler und Händlerinnen von legal erhältlichen Produkten würde durch das Werbeverbot eingeschränkt, so Sprecher Kevin Suter. Zudem könne am Beispiel Frankreich – wo es seit einigen Jahrzehnten ein striktes Werbeverbot für Tabakprodukte gebe, der Raucher- und Raucherinnenanteil aber trotzdem grösser sei als in der Schweiz – aufzeigt werden, dass für die öffentliche Gesundheit dadurch keinen Nutzen entstehe.

Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» (BRG 20.068)
Dossier: Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» und deren Umsetzung

Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage verweigerte das BAG der Universität Bern im November 2017 die Bewilligung für eine wissenschaftliche Studie zum legalen Cannabisverkauf und -konsum in der Stadt Bern. Da zahlreiche Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier jedoch der Ansicht waren, dass «ein offenkundiges Bedürfnis nach wissenschaftlich abgestützten Entscheidungsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Cannabisregulierung» vorhanden sei, reichte die SGK-NR im Januar 2018 als Reaktion auf den Entscheid des BAG zusätzlich zu verschiedenen Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114; Mo. 17.4210) auch eine parlamentarische Initiative ein. Darin forderte sie eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), welche die Durchführung wissenschaftlicher Studien zu Cannabis erlauben sollte. Rund zwei Monate später stimmte die SGK-SR dem Vorstoss ihrer Schwesterkommission mit 12 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Pa.Iv. 18.402)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Mit einer Motion wurde von Nationalrätin Humbel (cvp, AG) angeregt, ein differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel einzuführen. Diese auf die Spezialitätenliste anzuwendende Neuerung soll nicht nur Tagestherapiekosten berücksichtigen, sondern überdies auch Kostenfolgen für das Gesamtsystem abbilden. Hinzu käme eine systematische Evaluation teurer und innovativer Arzneimittel gegen Krankheiten mit hoher Prävalenz (Krankheitshäufigkeit). Auf der anderen Seite wird mit der Motion eine Verschlankung der Modalitäten zur Neuzulassung patentabgelaufener Heilmittel angestossen. Vier Ziele wurden von der Motionärin gleich mitgeschickt: Erstens sollten Preisreduktionen folgen, wenn eine Mengenausweitung oder Indikationserweiterungen stattfinden. Zweitens sollte für innovative Therapien die Zulassung nur unter Auflagen erteilt werden und so rasch als möglich Evaluationen dieser neuen Heilmethoden angestossen werden. Als dritte Absicht wollte Humbel sogenannte „Pay-for-Performance-Modelle“ testen lassen. Das würde heissen, dass die Finanzierung von Arzneimitteln von deren Heilungserfolg abhängig gemacht würde. Ihre letzte Vision war eine wettbewerbliche Preisfindung für Medikamente, deren Patent abgelaufen ist und die ein neuer Zulassungsnehmer in Umlauf bringen will. Hierfür sollten Zugangshürden abgebaut werden.
Nachdem der Bundesrat bereits im Rahmen einer früheren Interpellation Eberle (svp, TG; Ip. 16.3428) positive Signale gesendet hatte, stellte er in seiner Antwort zur Motion Humbel ebenfalls in Aussicht, die Preisfestsetzungsregeln zu überdenken, und empfahl daher das Geschäft zur Annahme. Er habe den Handlungsbedarf erkannt und suche nach Verbesserungspotential in allen Bereichen (patentabgelaufene, preisgünstige oder auch hochpreisige Medikamente). Die Landesregierung blieb jedoch auf dem Standpunkt, dass „die Marktkräfte von Angebot und Nachfrage nicht genügend spielen und eine behördliche Regulierung der Preise weiterhin notwendig ist”. Insofern sei eine KVG-Revision bereits angedacht worden, die sich prinzipiell jedoch vorerst auf die Einführung eines Referenzpreissystems für patentabgelaufene Therapien beschränke.
Nachdem das Ratsplenum die Motion in der Wintersession 2017 stillschweigend angenommen hatte, stand der Umsetzung dieser Massnahmen seitens des Nationalrates nichts mehr im Weg. Offen blieb, welche Aspekte in einer noch auszuarbeitenden Gesetzesvorlage tatsächlich berücksichtigt würden. Hierzu kann sich auch die Ständekammer noch äussern.

Differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel

Nachdem sein ähnlich formuliertes Postulat aus dem Jahr 2013 nach zweijähriger Nichtbehandlung abgeschrieben wurde, brachte Manuel Tornare (sp, GE) sein Anliegen in einer Motion abermals auf die Agenda. Der Motionär wollte eine gewichtige Änderung in den Schweizer Arzneimittelmarkt einführen, den Einzelverkauf von Medikamenten. „Wagen wir den Versuch!“ So kämpferisch sein Vorstoss daher kam, so erfolgreich meisterte er die erste Hürde: Der Nationalrat nahm die Motion Mitte Dezember 2017 ohne Debatte an.
Tornare führte seine Motion auf das Problem der Medikamentenverschwendung zurück. Das BAFU geht davon aus, dass rund 30 Prozent aller gekauften Medikamente nicht verbraucht werden. Für den Motionär lagen die Vorteile eines Einzelverkaufs auf der Hand: Zunächst werde dadurch die Menge an nicht konsumierten Arzneimitteln verringert, zudem könne damit aber auch das Risiko nicht sachgemässer Selbstmedikation mit übrig gebliebenen Tabletten minimiert werden. Zur Umsetzung seiner Vision dränge sich eine Testphase mit freiwillig mitmachenden Apotheken auf.
Die Regierung zeigte sich offen für diesen Versuch und stellte in Aussicht, eine Pilotstudie ausarbeiten zu lassen. Ähnliche Erfahrungen aus Frankreich zeigten vielversprechende Resultate, was dem Bundesrat – wie auch vom Motionär bereits in die Überlegungen miteinbezogen wurde – vor allem hinsichtlich zunehmender Antibiotikaresistenzen auch für die Schweiz gewinnbringend erschien. Obwohl die Auseinzelung von Medikamenten in der Schweiz nicht verboten ist und in der Verantwortung der Kantone liegt, werde davon ausgegangen, dass dies erst selten zur Anwendung komme. 29 weitere Nationalrätinnen und Nationalräte aus allen Fraktionen hatten die Motion mitunterzeichnet.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

Verena Herzog (svp, TG) wollte in einer Motion den Bundesrat auffordern, die tatsächlichen Ursachen hinter der Diagnose der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) anzugehen und auf diese Weise die Verschreibung von methylphenidathaltigen Medikamenten wie Ritalin in der Deutschschweiz und der Romandie zu reduzieren. Die Diagnosen von ADHS – eine der meistdiagnostizierten psychischen Störungen bei schulaltrigen Kindern in der Schweiz – sowie die verschriebenen Arzneimittel hätten während den vergangenen zwanzig Jahren stark zugenommen, was sie als äusserst beunruhigend empfinde, so die Motionärin. Die Verkaufszahlen von Methylphenidat hätten sich zwischen 2006 und 2011 auf 340 Kilogramm pro Jahr verdoppelt und würden seither auf diesem Niveau verharren. Herzog unterstrich, dass es nicht ihre Absicht sei, Ritalin an sich zu diffamieren, da das Medikament in Einzelfällen, wenn es spezifisch eingesetzt und mit anderen Massnahmen kombiniert werde, durchaus hilfreich sein könne. Das Problem sei vielmehr, dass es zu vielen Kindern verschrieben würde, weil diese «den Erziehungsvorstellungen und Leistungsanforderungen nicht gerecht würden». Dass es auch ohne dieses Ausmass an Verschreibungen gehe, zeige der Kanton Tessin. Dort werde Ritalin fünfmal weniger ärztlich verschrieben als in der restlichen Schweiz, was dem Kinderarzt Andreas Wechsler zufolge mit dem integrativen Schulsystem und der südlichen Mentalität zu tun habe. Weiter führte die Motionärin aus, dass es sich bei ADHS nicht um eine Erkrankung, sondern um «ein Paradebeispiel für eine fabrizierte Krankheit» handle. So würde ADHS viel zu schnell als genetische Veranlagung abgestempelt, obwohl psychosoziale Faktoren ebenfalls ermittelt werden sollten. Zudem sah Herzog eine Gefahr in der Einnahme von Ritalin durch gesunde Kinder und Jugendliche, die das Medikament zur mentalen Leistungssteigerung verwendeten.
Der Bundesrat äusserte sich negativ gegenüber dem Vorstoss. Zwar teile man die von der Motionärin definierten Ziele bezüglich der Verbesserung der Begleitmassnahmen und Arzneimittelreduktion, jedoch sei es sehr schwierig, eine alleinige Ursache für ADHS zu identifizieren. Vielmehr seien genetische, soziale und kulturelle Faktoren entscheidend. Daher sei es essentiell, gezielt auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen. Es sei umstritten, «ob ADHS eine Krankheit im eigentlichen Sinne oder lediglich ein Störungsbild» sei, so der Bundesrat. Alain Berset erklärte sich die Zunahme an Diagnosen von ADHS und an Verschreibungen von Ritalin teilweise mit der vermehrten Aufmerksamkeit, die der Störung zukomme. Jedoch sei es wichtig, zu betonen, dass die Schweiz mit drei bis fünf Prozent der Schulkinder, welche von ADHS betroffen seien, immer noch unter dem europäischen Durchschnitt liege, welcher sich zwischen fünf und zehn Prozent befinde. Der Bundesrat war der Meinung, dass alleine der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der familiären Umstände des betroffenen Kindes über den Einsatz von Ritalin oder einem gleichartigen Medikament entscheiden sollte. Zudem habe der Expertenbericht «Leistungssteigernde Medikamente – Bedeutung, Anwendung und Auswirkungen» gezeigt, dass der schweizerische Umgang mit der Verschreibung methylphenidathaltiger Arzneimittel mit den internationalen Empfehlungen Hand in Hand gehe. Folglich sehe der Bundesrat «keinen Anlass, in die ärztliche Behandlungsfreiheit einzugreifen». Der Bund sei ohnehin nicht befugt, die Verschreibungspraxis systematisch zu kontrollieren, da die Kontrolle der Ärzteschaft im Kompetenzbereich der Kantone liege.
Obwohl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung empfahl, wurde sie von der grossen Kammer mit 90 zu 81 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Entscheidend für dieses Ergebnis waren vor allem die Fraktionen der SVP-, CVP- und der Grünen, die grossmehrheitlich für den Vorstoss stimmten, sowie vier von der Fraktionsmehrheit abweichende Stimmen aus der SP- und der FDP-Fraktion.

ADHS ist keine Krankheit
Dossier: Vorstösse zum Thema ADHS

Ende 2017 erschien der bundesrätliche Bericht zum Thema Medikamentenstudien. Aus dem Postulat «Verlässliche Entscheidungsgrundlagen für die Arzneimitteltherapie» erwuchs der Auftrag an die Regierung, zu erläutern, inwiefern die medizinische Forschung und daraus resultierende Studien fortan mit Bundesbeteiligung unterstützt werden können. Aus dem Bericht ging hervor, dass nicht primär die Anzahl an Studien angepasst werden, sondern verstärkt auf die Qualität und Transparenz dieser Studien geachtet werden solle.
Die rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene, dabei handelt es sich um das Heilmittelrecht und das Humanforschungsrecht, seien bereits punktuell weiterentwickelt worden, was bereits zu verbesserten Rahmenbedingungen für klinische Studien geführt habe. Zusätzlich werde der Evaluationsbericht zum HFG, der Ende 2019 erwartet wird, weiteren Handlungsbedarf aufzeigen. In der Verpflichtung der Pharmabranche, ebenfalls einen finanziellen Beitrag zum Zweck der Forschungsförderung zu leisten, sah der Bundesrat eher keine zielführende Lösung. Dahingehend hätte jedoch der SNF seine Förderinstrumente weiterentwickelt, auch hierzu wird es eine Evaluation geben. Der Bund erachtete somit nicht einen Ausbau der Fördermittel als Königsweg, sondern ein verstärktes Monitoring in Form einer funktionierenden Qualitätssicherung bei den klinischen Studien. Hierfür wurde auch ein Masterplan zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie verabschiedet. In diesem Sinne möchte der Bund seinen (regulatorischen) Beitrag auf die Erarbeitung „zahlreiche[r] gut aufeinander abgestimmte[n] Massnahmen” beschränken.

Verlässliche Entscheidungsgrundlagen für die Arzneimitteltherapie

In seinem Mitte November veröffentlichten Bericht zum Postulat Ettlin (cvp, OW) hielt sich der Bundesrat kurz. Ein schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen sei sehr im Interesse der Regierung und dem Heilmittelinstitut und bereits werde viel in dieses Ziel investiert. Auf das Hauptziel des Postulats werde bereits bestmöglich hingearbeitet. Es habe sich aber auch nach erneuter Prüfung der Gegebenheiten gezeigt, dass von einer prioritären Umsetzung – sprich vor der Inkraftsetzung des revidierten Heilmittelrechts – abzusehen sei. Abschliessend wurde darauf hingewiesen, dass die Verbände der Pharmabranche und das Heilmittelinstitut seit geraumer Zeit jährlich gemeinsame sogenannte „Benchmarking-Studien” erarbeiteten. Die Erkenntnisse dieser Studien würden im Dialog analysiert, wobei gegebenenfalls auch Massnahmen beschlossen würden. Das führe auch dazu, dass Swissmedic im vergangenen Herbst aufgezeigt und kommuniziert habe, welche Verbesserungen in der Bearbeitung von Zulassungen erzielt werden könnten – eben gerade auch Massnahmen zur Verkürzung der Fristen. Das zeige gemäss bundesrätlichem Bericht, dass die Zulassungsbehörde bereits gewillt sei, die Verfahren zu beschleunigen.

Schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen

Eineinhalb Jahre nach ihrer Einreichung gelang der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) der entscheidende Schritt, nämlich die Zustimmung auch in der zweiten Gesundheitskommission. Die Kommission des Erstrates hatte bereits im Frühjahr 2017 den Vorstoss zum Moduswechsel bei der Aushandlung der Medikamentenpreise gutgeheissen. So sollten neu die Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) direkt zwischen den Herstellern oder Lieferanten und den Krankenkassen beziehungsweise deren Verbänden ausgehandelt werden. Sekundiert wurde Humbel von 16 weiteren mitunterzeichnenden Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Parteien. Bis anhin wurden die Höchstvergütungsbeträge vom EDI bestimmt, wobei sie jedoch teilweise als überhöht kritisiert wurden. Nachdem Humbel bereits zwölf Jahre zuvor eine ähnliche Motion eingereicht hatte, die zwar von beiden Räten angenommen worden war, in der Folge jedoch keine Wirkung entfaltet hatte, gelangte das Anliegen nun mit mehr Nachdruck erneut auf die Agenda. Die Initiantin ortete in den Höchstpreisen faktische Fixpreise, weil es für die Anbieter kaum Anreize gebe, diese zu unterbieten. Letztlich zementiere dies das zu hohe Kostenniveau. Die mit der Initiative herbeigeführte freie Preisaushandlung zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern solle ein effizienteres Gegenmodell zum gegenwärtigen System der Höchstpreisvergütung schaffen. Die SGK des Nationalrates hatte der Initiative mit 13 zu 5 Stimmen (eine Enthaltung) Folge gegeben, die Kommission des Ständerates folgte dem Votum mit 9 zu 1 Stimmen (3 Enthaltungen). Letztere versprach sich mit der Neuerung eine – zumindest leichte – Hemmung des Kostenanstiegs im Bereich der Arzneimittelpreise.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste