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Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Seit Ende 2010 war die Revision des Epidemiengesetzes (EpG) hängig. Nach der Lungenkrankheit SARS im Jahr 2003 und den H1N1-Grippewellen im Jahr 2009 befand der Bundesrat eine Anpassung des Gesetzes für notwendig, um Epidemien schneller zu erkennen, besser zu überwachen und effizienter zu bekämpfen, sowie um übertragbaren Krankheiten besser vorzubeugen. Unter Federführung des Bundesamts für Gesundheit waren nationale Programme, darunter ein Impfprogramm, erarbeitet worden. Darüber hinaus wurde vorgesehen, dass Massnahmen zur Erhöhung des Gesundheitsschutzes (wie Quarantäne, Veranstaltungsverbot usw.) beschlossen werden können, und dass die Zusammenarbeit mit dem Ausland besser auf die internationalen Gesundheitsvorschriften abgestimmt werden soll. Ferner stellte der Bundesrat fest, dass das geltende Epidemiengesetz aus fachlicher und rechtlicher Sicht den veränderten Anforderungen nicht mehr gerecht wurde. Im Gesetz fehlten etwa Bestimmungen zur Vorbereitung auf neue Bedrohungen, zudem seien die Bestimmungen zur Bewältigung einer gesundheitlichen Notlage insgesamt lückenhaft und zu unspezifisch. Im Nationalrat war Eintreten unbestritten. In der Detailberatung Anfang Jahr wurden gleichwohl etliche Bestimmungen besprochen und mit Minderheitsanträgen bekämpft. Wichtigster Kontrapunkt war die Frage um einen möglichen Impfzwang. Der Gesetzesentwurf sah vor, dass der Bund in besonderen Situationen Impfungen für gefährdete oder exponierte Personen wie z.B. Pflegepersonal anordnen kann. Eine Kommissionsminderheit um Nationalrätin Estermann (svp, LU) bekämpfte diesen Passus mit der Begründung, dass dies ein erheblicher Eingriff in die persönliche Freiheit sei. Dieser Argumentation schlossen sich zahlreiche Gegner an. Gegenteilig sprachen sich die Befürworter aus, welche die öffentliche Gesundheit höher gewichteten. Sie sahen im entsprechenden Gesetzesartikel zudem eher eine Pflicht denn einen Zwang: Niemand würde gegen seinen Willen zwangsgeimpft. Eine Relativierung oder Streichung der Impfpflicht wurde schliesslich abgewiesen. Ein weiterer Minderheitsantrag Baettig (svp, JU) konnte hingegen dank eines Schulterschlusses zwischen SVP und SP durchgebracht werden: Kantone dürfen Impfungen nicht mehr wie bis anhin anordnen, sondern nur noch vorschlagen und empfehlen. Eine weitere Änderung des bundesrätlichen Entwurfs wurde durch eine Minderheit Stahl (svp, ZH) erfolgreich vorgenommen. Der Bund muss sich demnach an den Kosten für angeordnete Massnahmen im internationalen Personenverkehr, vollzogen durch Transportunternehmen, beteiligen. In der Gesamtabstimmung wurde die Gesetzesvorlage mit 154 zu 4 Stimmen angenommen. Eintreten war auch im Ständerat unbestritten. Auch in der kleinen Kammer war das Impfobligatorium Gegenstand von Diskussionen. Eine Kommissionsminderheit Maury Pasquier (sp, GE) wollte den kritischen Passus streichen, was jedoch auch in diesem Ratsplenum mit 9 zu 20 Stimmen scheiterte. Entgegen dem Nationalrat wurde jedoch ein mögliches Impfobligatorium, welches von den Kantonen verfügt werden konnte, mit 17 zu 11 Stimmen angenommen. Dies sei jedoch ebenfalls nicht als Zwang zu verstehen, gab Kommissionssprecherin Egerszegi (fdp, AG) in der Debatte an. Überdies sei diese Anordnung nur in besonderen, ausserordentlichen Lagen möglich. Weitere Differenzen zum Erstrat ergaben sich in einer Bestimmung über die Zusammensetzung der Eidgenössischen Kommission für Impffragen und bei der Frage nach der Kostenbeteiligung des Bundes, wie sie vom Nationalrat beschlossen worden war. Hierbei folgte der Ständerat dem Entwurf des Bundesrates. In der Gesamtabstimmung wurde Mitte Jahr die Vorlage mit 29 zu 2 Stimmen ebenfalls deutlich angenommen. In der Herbstsession folgte eine erste Sitzung zur Differenzbereinigung im Nationalrat, wobei zwei Bestimmungen umstritten blieben. Dem vom Ständerat eingebrachten, durch die Kantone durchsetzbaren Impfobligatorium folgte der Nationalrat mit 88 zu 79 Stimmen. Bei der Frage der Kostenbeteiligung an Transportunternehmen hielt der Nationalrat hingegen mit 89 zu 82 Stimmen an seiner Haltung fest. In der nach wie vor bestehenden Differenz zur Entschädigungsfrage wurde im Ständerat ein Kompromissantrag vorgeschlagen, wonach ausserordentliche Auslagen übernommen werden, falls diese für die betroffenen Unternehmen zu einer unzumutbaren Belastung führen würden. Diesem schloss sich der Nationalrat an. In den Schlussabstimmungen wurde das EpG Ende September mit 149 zu 14 Stimmen im Nationalrat (25 Enthaltungen) und mit 40 zu 2 Stimmen im Ständerat (3 Enthaltungen) deutlich angenommen.

Totalrevision Epidemiengesetz (BRG 10.107)