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Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Stillschweigend nahm der Ständerat im September 2019 eine Motion der SGK-SR an, welche den Bundesrat dazu aufforderte, gesetzliche Grundlagen für die Besteuerung von E-Zigaretten auszuarbeiten. Da diese im Vergleich zu den klassischen Tabakzigaretten ein tieferes Gesundheitsrisiko bärgen, sollten die darauf erhobenen Steuern ebenfalls tiefer sein, erklärte Kommissionssprecher Joachim Eder (fdp, ZG). Anstatt das Anliegen ins Tabakproduktegesetz zu integrieren, habe man den Weg über die Kommissionsmotion gewählt. Denn elektronische Zigaretten seien 2011 mittels einer Motion Zanetti (sp, SO; Mo. 11.3178) von der Tabaksteuerpflicht befreit worden, da man sie als Ausstiegshilfe vom Rauchen betrachtet habe. Nun wolle man aber nicht ohne Vernehmlassung zum Ursprungszustand zurückkehren. Didier Berberat (sp, NE) und Hans Stöckli (sp, BE) ergriffen das Votum und zeigten sich mit der Motion zwar ebenfalls einverstanden, gaben allerdings zu bedenken, dass noch vieles über die Risiken und Folgen der E-Zigaretten unbekannt sei und man sie auf ihre Gefährlichkeit überprüfen müsse. Der Bundesrat unterstützte die Motion ebenfalls.

Besteuerung von elektronischen Zigaretten (Mo. 19.3958)

Anfang 2012 hatte der Bundesrat seine Botschaft zur Totalrevision des Alkoholgesetzes vorgelegt. Das gegenwärtig gültige Gesetz stammt aus dem Jahr 1932 und entspricht trotz vieler Teilrevisionen den heutigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen nicht mehr. Das Alkoholgesetz soll in der neuen Fassung durch zwei Erlasse ersetzt werden: einem neuen Spirituosensteuergesetz und einem Alkoholhandelsgesetz. Normen über die Verbrauchssteuern, den Import von Ethanol – bis anhin in der alleinigen Kompetenz des Bundes – und die Reallokation von mehreren Bewilligungen gehen im neuen Spirituosensteuergesetz (SpStG) auf; Regelungen über den Handel und den Ausschank von alkoholischen Getränken und die Werbung werden im neuen Alkoholhandelsgesetz (AlkHG) vereint. Neu wird im AlkHG auch ein sogenanntes Nachtregime umschrieben, welches in der Nacht anwendbare Massnahmen subsumiert. Damit sollen Billigstpreisangebote in Zeiten verunmöglich werden, in der sich der problematische Alkoholkonsum mutmasslich abspielt. Überdies sollen gesetzliche Grundlagen für Testkäufe geschaffen werden, um Unsicherheiten über die Frage ihrer Zulässigkeit zu beenden. Das AlkHG soll eine schweizweit einheitliche Grundlage zur Regulierung des Handels mit alkoholischen Getränken schaffen, wobei den Kantonen zugestanden wird, weitergehende Bestimmungen vorzusehen. Das bereits 2010 durchgeführte Vernehmlassungsverfahren stellte der Gesetzesrevision mehrheitlich gute Noten aus. Die Vernehmlasser liessen sich jedoch in zwei Lager einteilen: Während Städte und Gemeinden die Änderungen begrüssten und die Präventionsmassnahmen zum Teil sogar als zu schwach empfanden, stellten sich Kreise der Wirtschaft vor allem gegen das AlkHG. Das SpStG wurde mit seiner Liberalisierung des Ethanolmarktes mehrheitlich gutgeheissen, gleichwohl gab es Kritik zur Höhe der Spirituosensteuern.

Im März des Berichtsjahres wurden die beiden Gesetzesvorlagen im Ständerat als Erstrat behandelt. Dessen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) hatte in beiden Fällen ohne Gegenstimmen dem Rat Eintreten beantragt. Die Eintretensdebatte war geprägt von zahlreichen Voten, welche die Berechtigung der Gesetzesvorlage unterstrichen. Inhaltlich bewegte das neue Spirituosensteuergesetz stärker als das Alkoholhandelsgesetz. Drei Punkte wurden wiederholt vorgebracht: Es herrschte Einigkeit über eine Zunahme exzessiven Alkoholkonsums, insbesondere unter Jugendlichen. Als problematisch wurden vor allem Hospitalisierungen aufgrund von Alkoholvergiftungen betrachtet, welche nicht nur gesundheitsschädigend sind, sondern auch hohe Kosten zur Folge haben. Ein zweites Thema war der Schutz einheimischer Alkoholproduzenten, und als dritter Punkt wurde das Verhältnis zwischen Restriktion und Repression diskutiert, vorwiegend jedoch unter der Maxime einer griffigen Präventionswirkung. Einige Votanten forderten Einzelmassnahmen, wie beispielsweise Ständerat Levrat (sp, FR), welcher sich für ein Verbot des Verkaufs von hochprozentigen Alkoholprodukten zu Billigstpreisen einsetzte. Seitens der SGK des Ständerates äusserte sich Sprecherin Egerszegi (fdp, AG). Sie betonte, dass im Sinne der öffentlichen Gesundheit Handlungsbedarf bestehe. In ihrem Votum stellte sie fest, dass den Kantonen entsprechende Mittel zugestanden werden müssten. Gleichzeitig sprach sie sich für eine sorgfältige Regulierung der Genussmittel aus, wobei einer Diskrepanz zwischen der Behandlung illegaler Drogen und dem Missbrauch legaler Drogen vorgebeugt werden müsse. Die Detailberatung war durch einen Minderheitsantrag Baumann (cvp, UR) geprägt, welcher durch eine Ausbeutebesteuerung in Form eines Rabattsystems die einheimischen Betriebe, namentlich kleine und mittlere Brennereien, schützen wollte. Damit sollen ähnliche Bedingungen wie in Deutschland und Österreich geschaffen werden. Die Änderung wurde mit 22 zu 13 Stimmen recht deutlich gutgeheissen. Sie bedeutet einen neuen Artikel 17a mit der Festschreibung der genannten Steuer sowie eine Anpassung sieben weiterer Artikel. Mit einem weiteren Minderheitsantrag Levrat (sp, FR) sollte die Alkoholsteuer pro Liter reinen Ethanols von bis anhin CHF 29 auf CHF 35 erhöht werden. Drei Franken davon sollten einen Teuerungsausgleich bewirken, mit den weiteren drei Franken sollten Ausfälle aufgrund der im Gesetzesentwurf vorgesehenen Steuerbefreiungen ausgeglichen werden. Mit dieser Massnahme sollte sichergestellt werden, dass der „Alkoholzehntel“ auf dem bisherigen Niveau gehalten werden kann und die so generierten Gelder für die Alkoholprävention in den Kantonen weiterhin ausreichen. Der Bundesrat hatte in seinem Gesetzesentwurf keine Erhöhung vorgesehen. Der Status quo – der auch im Gesetz weiterhin so belassen werden sollte – obsiegte in der Abstimmung mit 23 zu 21 Stimmen knapp gegen den Minderheitsantrag. Ein Minderheitsantrag Zanetti (sp, SO) ging in eine ähnliche Richtung, stellte jedoch lediglich eine redaktionelle Änderung dar: Der Bundesrat sollte verpflichtet werden, die Alkoholsteuer der Teuerung anzupassen, und dies nicht nur „können“. Die „muss“-Formulierung unterlag im Plenum jedoch ebenfalls mit 17 zu 24 Stimmen. Weitere Minderheitsanträge, unter anderem eine Steuerbefreiung von bis zu zehn Litern des zum Eigengebrauch hergestellten Alkohols, blieben chancenlos. In der Gesamtabstimmung wurde das SpStG mit 23 zu acht Stimmen angenommen und mit den vorgenommenen Änderungen an den Nationalrat überwiesen.

Die Detailberatung des Alkoholhandelsgesetzes (AlkHG) gestaltete sich ähnlich lebhaft. Aufgrund eines ersten Gegenantrags befasste sich die kleine Kammer mit Bestimmungen über die Werbung für alkoholische Getränke, wobei wie vom Bundesrat vorgesehen und der Kommission gestützt, alkoholische Getränke im Allgemeinen und Spirituosen als Erzeugnisse separat behandelt werden sollten. Eine Minderheit Levrat (sp, FR) wollte dies explizit ausschliessen und generelle Erlasse zu alkoholischen Getränken formulieren. Kommissionssprecher Graber (cvp, LU) räumte ein, dass die Kommission versucht hatte, diese Vereinigung zu vollziehen, jedoch letztlich davon absah, weil eine Vereinigung diverse Probleme nach sich gezogen hätte. Der Minderheitsantrag unterlag klar, womit sich der Rat in diesem Punkt für die Version der Regierung aussprach. Umstritten war auch eine Norm über die Weitergabe von Alkohol an altersmässig nicht abgabeberechtigte Jugendliche. Ein entsprechender Minderheitsantrag Keller-Sutter (fdp, SG) wollte das Verbot der Weitergabe von Alkohol mit der Absicht, die Altersbeschränkung zu umgehen, aus dem Gesetz streichen. Sie erachtete es als nicht vollziehbar, weil die Strafverfolgungsbehörden diese Absicht der Weitergabe kaum beweisen könnten. Der Antrag war jedoch chancenlos. Ein weiterer Minderheitsantrag Levrat (sp, FR) beinhaltete die Festsetzung eines Mindestpreises für Alkohol. Diese Massnahme, welche vor allem im Sinne der Prävention von Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen wirken sollte, führte zu einer längeren Debatte um Verantwortlichkeit, Wirtschaftsfreiheit, tangierte Kundschaft und profitierende Händler sowie über Einkaufstourismus im Falle eines billigeren Alkoholpreises im benachbarten Ausland. Die Idee eines alkoholgehaltabhängigen Mindestpreises, der unter Berücksichtigung des Schutzes der öffentlichen Gesundheit festgesetzt werden soll, obsiegte mit 19 zu 18 Stimmen bei zwei Enthaltungen hauchdünn. Weiter sprach sich der Ständerat entgegen dem Kommissionsantrag für ein Verkaufsverbot von Alkohol im Detailhandel zwischen 22.00 und 6.00 Uhr aus, verbot jedoch die Gewährung von Zugaben oder anderen Vergünstigungen, beispielsweise sogenannten Happy Hours, nicht. Zur Regelung von Testkäufen äusserte sich Ständerat Schwaller (cvp, FR), welcher die Haftungsfrage zugunsten des Verkaufspersonals entschärfen und stattdessen die Unternehmen in die Pflicht nehmen wollte. Der Antrag wurde gutgeheissen. Mit 33 Stimmen wurde die Vorlage in der Gesamtabstimmung einstimmig der grossen Kammer überwiesen.

Mit einer Reihe von Änderungsanträgen gelangten die beiden Gesetzesvorlagen im September in den Nationalrat. Vor der Eintretensdebatte standen drei Rückweisungsanträge im Raum. Nationalrätin Ingold (evp, ZH) wollte beide Vorlagen zurückweisen, da sie Widersprüche und Inkohärenzen beinhalteten; Lorenz Hess (bdp, BE) verlangte die Rückweisung, weil eine verfassungskonforme Regelung der Spirituosen sowie eine wirksame Prävention des Handels mit Alkohol fehle; und Nationalrat Rutz (svp, ZH) wollte nur das Alkoholhandelsgesetz zurückweisen, mit der Begründung, das Parlament solle zuerst eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Regelung von Bier und Wein beraten. Die Eintretensdebatte war von zahlreichen Wortmeldungen geprägt, wobei vor allem von der Ratslinken Kritik laut wurde. Allen voran äusserte sich Nationalrat Jans (sp, BS) für die SP-Fraktion pointiert und nannte das Resultat der Kommissionsberatungen einen „Scherbenhaufen“. Statt eine präventive Wirkung zu erzielen, begünstige die Gesetzesvorlage die Alkoholwirtschaft und mit der vorgesehenen Ausbeutebesteuerung sei ein Monster kreiert worden, welches den Verwaltungsaufwand aufblähe. Eintreten war indes sowohl in der zuständigen WAK als auch im Ratsplenum unbestritten. Sämtliche Rückweisungsanträge wurden trotz teilweise geschlossener Unterstützung der SP-, der GLP- und der BDP-Fraktion abgelehnt. In der Detailberatung standen sich jeweils die Kommissionanträge – meistens auf Annahme gemäss Entwurf des Ständerates – und diverse Minderheitsanträge gegenüber. Die Diskussion umfasste ähnliche Schwerpunktthemen wie die Beratung im Ständerat: Prävention, Verkaufseinschränkungen, Besteuerung und nicht zuletzt redaktionelle Details um Wortlaut und Definitionen einzelner Bestimmungen. Das Nachtverkaufsverbot, welches vom Bundesrat vorgesehen und vom Ständerat unterstützt worden war, wurde auf Antrag der WAK aufgehoben. Der Nationalrat wollte damit verhindern, dass alle Konsumenten wegen einiger Risikotrinker in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Ein Happy-Hour-Verbot, wie es der Ständerat bereits aus dem Bundesratsentwurf gekippt hatte, war auch in der Volkskammer mit 105 zu 74 Stimmen chancenlos. Mit 122 zu 50 Stimmen ebenfalls deutlich abgelehnt wurden im Nationalrat Mindestpreise für Alkoholika. Ein verschärftes Werbeverbot für alkoholische Getränke wurde von der bürgerlichen Mehrheit im Rat ebenfalls abgelehnt. Damit hatte der Nationalrat einerseits die vom Ständerat vorgenommenen Verschärfungen wieder relativiert und damit das Alkoholhandelsgesetz weniger auf Jugendschutz ausgelegt, andererseits blieb der Nationalrat auf der Linie der Standesvertreter, indem das Konzept der Ausbeutebesteuerung im Spirituosenbesteuerungsgesetz beibehalten werden soll. Ebenfalls Ja sagte der Nationalrat zur Schaffung einer rechtlichen Grundlage für Testkäufe, mit denen geprüft wird, ob sich die Verkaufsstellen an die gesetzlichen Vorschriften bezüglich Mindestalter für den Erwerb von Alkohol halten. In der Gesamtabstimmung wurde das AlkHG mit 121 zu 59 Stimmen gegen den Willen von SP, Grünen und EVP dem Ständerat übergeben, das SpStG wurde mit 97 zu 80 Stimmen angenommen. Die Beratungen zur Differenzbereinigung im Ständerat fanden nicht mehr im Berichtsjahr statt.

Nach den Beschlüssen des Nationalrates wurde im Herbst in zwei Sitzungen der ständerätlichen WAK das weitere Vorgehen besprochen. Bei den Differenzen zum Alkoholhandelsgesetz wollte die Kommission an ihrer ursprünglichen Position bezüglich des Verkaufsverbots für alkoholische Getränke von 22.00 bis 6.00 Uhr festhalten und somit dem Antrag des Bundesrates folgen. Die Kommissionsmehrheit war überzeugt, dass diese Massnahme sowohl den Jugendschutz verstärke, als auch die Sicherheitssituation in städtischen Zentren verbessere. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, dass diverse Kantons- und Stadtregierungen sowie die Gesundheitsdirektorenkonferenz nachdrücklich ein Nachtverkaufsverbot forderten. Demgegenüber wollte die Kommission die Einführung eines vom Alkoholgehalt abhängigen Mindestpreises fallen lassen. Es wurde davon ausgegangen, dass diese Massnahme den Einkaufstourismus begünstigen und die inländische Produktion schwächen würde. In der Frage um die Besteuerung von Alkoholika forderte die Kommission von der Verwaltung vertiefte Informationen über die Ausgestaltung einer Ausbeutefinanzierung, bevor eine Sitzung im November einen Beschluss herbeiführen sollte. Dabei wurde bestätigt, was im Nationalrat und von Bundesrätin Widmer-Schlumpf bereits befürchtet worden war: Eine Ausbeutebesteuerung würde völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem Ausland verletzen und mehrfach in nicht zu rechtfertigender Weise gegen die Bundesverfassung verstossen. Daraufhin beauftragte die Kommission die Verwaltung, eine alternative Regelung auszuarbeiten. Vor dem Hintergrund, dass beide Räte das System der Ausbeutebesteuerung grundsätzlich befürworteten, soll eine ähnliche Besteuerungsformel erarbeitet werden, welche einerseits die höheren Produktionskosten in der Schweiz zu kompensieren vermag und andererseits die ökologisch wertvollen Hochstammbäume schützt und fördert. Mit diesem Auftrag wurden die Beratungen erneut unterbrochen, womit sich auch die WAK des Ständerates erst im Folgejahr wieder um die Alkoholgesetzgebung kümmern wird.

Alkoholgesetzes

Im Ständerat, der die Vorlage als erster behandelte, meldete nur Büttiker (fdp, SO) Kritik an der vom Bundesrat im Sinn des Jugendschutzes beantragten Einführung einer gegenüber bisher vervierfachten Sondersteuer auf sogenannten Alcopop-Getränken an (mit Limonade gesüsste Spirituosen, die vorwiegend von Jugendlichen konsumiert werden, denen Bier oder Wein zu bitter sind); In seiner Botschaft machte der Bundesrat die alarmierende Zunahme des Konsums von Alcopops deutlich: 2002 wurden 40 Mio Fläschchen getrunken, 12 Mio mehr als 2001 und 38 Mio mehr als 2000. Er verwies darauf, dass in Frankreich, wo die Sondersteuer bereits 1996 eingeführt wurde, der Konsum seither fast auf null gesunken ist Ohne weitere Diskussion stimmte die kleine Kammer der Steuererhöhung mit 38 zu 1 Stimme zu.

Im Nationalrat hatte die Vorlage einen viel härteren Stand. Die SVP-Fraktion sowie der Direktor des Gewerbeverbandes (Triponez, fdp, BE) beantragten Nichteintreten. Die SVP führte fiskalpolitische Gründe an: dem Bundesrat gehe es nicht um Jugendschutz, sondern bloss um Mehreinnahmen. Triponez bezeichnete die Sondersteuer als krass diskriminierend, da einzig mit Spirituosen angereicherte Getränke davon erfasst würden, nicht aber auf Wein oder Bier basierende Produkte. Schliesslich setzte sich aber die Einsicht durch, dass im Sinn der Prävention das Instrument einer Sondersteuer gerechtfertigt sei. Eintreten wurde mit 129 zu 36 Stimmen beschlossen. In der Detailberatung wurde ein Minderheitsantrag Tschuppert (fdp, LU), die Steuer lediglich um 100% zu erhöhen, mit ähnlichem Stimmenverhältnis abgelehnt. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat die Sondersteuer einstimmig und der Nationalrat mit 141 zu 44 Stimmen an.

Sondersteuer Alcopop-Getränken

In der Frühjahrssession bereinigten die Räte die Differenzen beim Bundesgesetz über die Tabakbesteuerung. Umstritten war, ob dem Bundesrat die Ermächtigung zur Erhöhung der Steuersätze um bis 50% oder um bis 80% erteilt und ob aus den Mitteln der Tabaksteuer ein Präventionsfonds geschaffen werden soll. In der ersten Runde der Differenzbereinigung hielt der Nationalrat mit 95 zu 75 Stimmen an der Erhöhungskompetenz bis 80% fest, ebenso (mit 102 zu 65 Stimmen) an der Errichtung eines Präventionsfonds. Der Ständerat schloss sich bei der Erhöhungskompetenz dem Nationalrat an, beharrte aber, vorab aus verfassungsrechtlichen Bedenken, mit 22 zu 14 Stimmen auf seiner Ablehnung des Fonds. In der zweiten Runde bekräftigen beide Kammern mit praktisch dem gleichen Stimmenverhältnis (101 zu 64 resp. 18 zu 16 Stimmen) ihre Position. In der Einigungskonferenz obsiegte die Haltung des Nationalrates, worauf der Ständerat zustimmte, dass 2,6 Rappen pro Zigarettenpackung den Präventionsfonds alimentieren. Von dieser Abgabe werden jährlich rund 18 Mio Fr. erwartet. Die Organisation des Fonds obliegt dem BAG und dem BASPO gemeinsam. (Im Rahmen des Entlastungsprogramms (BRG 03.047) hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die Mittel des BAG in den Jahren 2004-2006 um 15 Mio Fr. zu beschneiden; auf Antrag der CVP, welche die Gelder lieber für die Bildung verwenden wollte, stimmte das Parlament einer weiteren Kürzung um 15 Mio Fr. zu. Hauptbetroffene wird das Programm zur Tabakprävention 2001-2005 sein.)

Tabaksteuergesetzes

Mit der letzten Revision (1995) des Tabaksteuergesetzes war dem Bundesrat die Kompetenz erteilt worden, die Tabaksteuer, deren Ertrag vollumfänglich der AHV zukommt, um 50% gegenüber den damals geltenden Steuersätzen zu erhöhen. Da inzwischen dieser Handlungsspielraum bis auf 10 Rappen ausgeschöpft ist, beantragte der Bundesrat eine Anhebung des Erhöhungsrahmens um weitere 50%. Dies sollte ihm die Möglichkeit geben, die Zigarettenpreise – wie bis anhin schrittweise – bis auf rund 5.50 Fr. pro Päckchen anzuheben. Im Nationalrat erreichte eine Kommissionsminderheit aus SP und CVP im Namen der Prävention und mit Unterstützung einzelner Gesundheitspolitiker aus der FDP mit 77 zu 70 Stimmen ganz knapp, dass der Erhöhungsrahmen auf 80% angehoben wurde; damit würde der Bundesrat die Kompetenz erhalten, den Einzelhandelspreis mittelfristig auf 6.40 Fr. anzuheben. Nicht durchsetzen konnte sich ein weiterer Antrag der SP, bereits ein Jahr nach Inkrafttreten der Gesetzesrevision die Steuer von heute knapp 52% dem EU-Mindestsatz von 57% anzupassen. Damit würde der Detailpreis schlagartig auf 5.60 Fr. steigen. Bundesrat Villiger machte erfolgreich geltend, durch Einkauf im Ausland und Schmuggel könnte dies zu enormen fiskalischen Ausfällen für die AHV führen, ohne dass ein präventiver Effekt tatsächlich nachweisbar sei. Der Antrag wurde mit 82 zu 71 Stimmen abgelehnt, da sich mehrere CVP-Abgeordnete den Argumenten Villigers anschlossen. Gegen den Willen des Bundesrates, der auf die im ordentlichen Budget für die Tabakprävention vorgesehenen Mittel sowie auf die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung verwies, wurde hingegen mit 95 zu 68 Stimmen die Schaffung eines Präventionsfonds beschlossen. Hersteller und Importeure sollten 2,6 Rappen pro Zigarettenpäckchen abliefern müssen, was jährlich 20 Mio Fr. einbringen würde. Der von den Grünen und Linken vorgeschlagene Fonds erhielt auch die Zustimmung der FDP, allerdings erst, als deren Bündner Abgeordnete Bezzola den Zusatz eingebracht hatte, das Bundesamt für Sport (BASPO) sei bei der Verteilung der Gelder einzubeziehen.

Der Ständerat kehrte dann wieder auf die Linie des Bundesrates zurück. Mit 24 zu16 Stimmen sprach er sich für eine Anhebung des Erhöhungsrahmens um lediglich 50% aus. Die Mehrheit der kleinen Kammer begründete dies damit, dass mit einem einmaligen Sprung auf 80% das Mitspracherecht des Parlaments für längere Zeit ausgeschaltet würde. Aus ähnlichen Gründen lehnte er (mit 17 zu 11 Stimmen) auch die Schaffung eines Präventionsfonds ab. Im Namen der Kommission führte deren Sprecher aus, eine Fondslösung wäre dem politischen Entscheidungsprozess praktisch entzogen; ein unabhängiger Fonds unter der Aufsicht von zwei Bundesämtern (BAG und BASPO) wäre ohnehin keine taugliche Organisationsform. Ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz war zudem in der Zwischenzeit zum Ergebnis gelangt, dass die Bundesverfassung keine Grundlage enthält, um einen aus der Tabaksteuer finanzierten Tabakpräventionsfonds zu schaffen, da Art. 112 Abs. 5 BV ganz klar sagt, dass deren Reinertrag für die Deckung des Bundesbeitrages an die AHV zu verwenden ist.

Tabaksteuergesetzes

Auch im Parlament fand das BAG Unterstützung. Mit einer Motion wollte Nationalrat Grobet (pda, GE) den Bundesrat verpflichten, die Tabakwerbung an öffentlichen Orten zu verbieten und auf dem Verkauf von Zigaretten eine Abgabe zu erheben, die dazu dienen sollte, eine Dauerkampagne über die Gefahren des Tabakmissbrauchs zu finanzieren und den Krankenkassen Beiträge an die Kosten zu leisten, die ihnen durch Krankheiten infolge von Tabakmissbrauch entstehen. Der Bundesrat zeigte sich zwar durchaus offen für diese Forderungen, wollte sich im Detail aber nicht die Hände binden lassen, weshalb er erfolgreich Umwandlung in ein Postulat beantragte.

Tabakwerbung (Mo. 98.3351)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Mit einer parlamentarische Initiative wollte Nationalrätin Gonseth (gp, BL) erreichen, dass die Bundesverfassung im Bereich der Alkoholbesteuerung so revidiert wird, dass auf allen Alkoholika, also auch auf Wein, eine Sozialkostensteuer erhoben werden kann. Die Kommission beantragte dem Plenum knapp, der Initiative Folge zu geben. In der Ratsdebatte wurde hingegen die traditionelle Verwurzelung des Weinkonsums in unserer Kultur herausgestrichen und an der Europakompatibilität der vorgeschlagenen Lösung gezweifelt. Der Rat lehnte die Initiative schliesslich mit 102 zu 36 Stimmen ab.

parlamentarische Initiative im Bereich der Alkoholbesteuerung Sozialkostensteuer

Bei der Teilrevision des Alkoholgesetzes erinnerte Ständerätin Beerli (fdp, BE) als Präsidentin der Eidg. Alkoholkommission an Art. 32 bis Abs. 2 der Bundesverfassung, welcher vorschreibt, dass die Gesetzgebung so zu gestalten sei, dass sie den Verbrauch von Trinkbranntwein und dementsprechend dessen Einfuhr und Herstellung vermindert. Aus Gründen der WTO-Kompatibilität wandte sie sich nicht gegen die Einführung des Einheitssatzes zur Besteuerung in- und ausländischer Spirituosen, bat aber den Bundesrat, diesen Einheitssatz aus gesundheitspolitischen Gründen nicht zu tief anzusetzen. In der grossen Kammer stellte Zwygart (evp, BE) den Antrag, im Interesse der Suchtprävention sei der Einheitssatz in Absprache mit wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Kreisen festzusetzen; der Antrag wurde mit 72 zu 42 Stimmen abgelehnt.

Teilrevision des Alkoholgesetzes
Dossier: GATT-Verhandlungen: die Uruguay-Runde

Da aber in der Debatte praktisch alle Votanten die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens unterstrichen hatten, überwies der Rat eine Motion seiner vorberatenden Kommission, welche den Bundesrat auffordert, eine Vorlage auszuarbeiten, damit aus der Tabaksteuer ein angemessener Anteil für Gesundheitserziehung und Prävention zur Verfügung gestellt werden könne, wobei die Leistung nicht zu Lasten der Ablieferung an die AHV/IV gehen dürfe. Gegen den Willen des Bundesrates, der darauf hinwies, dass dafür eine Verfassungsänderung notwendig wäre, da Art. 34 BV alle Mittel aus der Tabaksteuer zweckgebunden der AHV und IV zuweist, wurde die Motion, wenn auch nur knapp, angenommen.

Nutzung eines Teils der Tabaksteuer für Prävention (Mo. 93.3026)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000