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Ende Januar befasste sich die SGK-NR mit der Volksinitiative «Für eine starke Pflege». Nach Anhörungen des Initiativkomitees und einer ersten Aussprache kam sie grossmehrheitlich zum Schluss, dass in diesem Bereich Handlungsbedarf bestehe, ihr eine Regelung auf Verfassungsstufe aber zu weit gehe. Daher ergriff sie mit 16 zu 5 Stimmen (bei 1 Enthaltung) eine Kommissionsinitiative, um einen indirekten Gegenentwurf zu lancieren und somit das Anliegen auf Gesetzesstufe regeln zu können. Wichtig sei der Kommission vor allem die eigenverantwortliche Erbringung von Pflegeleistungen und die angemessene Abgeltung ebendieser, wie ihrer Medienmitteilung zu entnehmen ist. Mitte Februar beschäftigte sich die SGK-NR mit der Ausgestaltung des von ihr gewünschten indirekten Gegenentwurfs, wobei sie in erster Linie bei der Anerkennung der Kompetenzen wie auch bei der Aus- und Weiterbildung von Pflegefachpersonen ansetzen will.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Am 18. Mai 2014 wurde der Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung, der direkte Gegenentwurf zur zurückgezogenen Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“, zur Abstimmung gebracht. Mit einem Ja-Stimmenanteil von 88% und sämtlichen zustimmenden Ständen war der Entscheid deutlich.
Die Vorlage war bereits im Vorfeld unbestritten, wodurch sich kein echter Abstimmungskampf ergab. Da sich das Parlament auf diesen Gegenvorschlag geeinigt hatte und die Initianten ihre Hausarzt-Initiative infolgedessen zurückzogen, war auch kein grösserer Widerstand zu erwarten. Im Gegenteil: einträchtig wurde verkündet, es gebe keinen Grund, den Gegenvorschlag abzulehnen. Ende Februar traten Gesundheitsminister Berset und der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), Carlo Conti, vor die Medien und erörterten die Vorlage. Dabei unterstrich der Magistrat die Bedeutung einer qualitativ hochstehenden, medizinischen Grundversorgung in allen Regionen der Schweiz. Conti erkannte im Rückzug der Initiative eine Verpflichtung für die Politik und verwies auf den für die Behörden wichtigen Masterplan Hausarztmedizin. Auch er erachtete den Ausbau der Grundversorgung angesichts der demografischen Alterung als besonders bedeutend. Der Masterplan Hausarztmedizin war 2012 lanciert worden und wurde vom Eidgenössischen Department des Innern (EDI), von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK), der Universitätskonferenz, dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) sowie den Ärzteverbänden und dem Initiativkomitee getragen. In ihm sind konkrete Massnahmen zur Förderung der Hausarztmedizin verankert, deren Umsetzungen bereits eingeleitet sind. Der Masterplan sichert den Hausärzten zusätzliche Einnahmen von CHF 200 Mio.

Trotz guter Vorzeichen – in einer ersten, vom Sonntags-Blick durchgeführten Umfrage gaben 48% der Befragten an, den Gegenvorschlag annehmen zu wollen, nur 19% waren dagegen – versammelten sich Anfang April rund 300 Ärztinnen und Ärzte in Aarau zu einer Kundgebung. Sie wollten auf den mangelnden Nachwuchs im Hausarztbereich aufmerksam machen und gleichzeitig für die bevorstehende Abstimmung werben. In den Trendumfragen der SRG wurden dem Anliegen ebenfalls gute Vorzeichen attestiert. In der ersten Welle waren 66% der Befragten dafür, in der zweiten Welle waren es gar 71%.

Immer wieder gegen den Verfassungsartikel äusserte sich indes der Zürcher SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi. Er kritisierte, dass der vorgeschlagene Artikel falsche Signale aussende: Es sei nicht Sache des Bundes, eine bestimmte Berufsgruppe attraktiv zu machen. Gleichwohl wurde von der Volkspartei selber vorerst keine Gegenkampagne geführt. Erst am 8. Mai, also nur zehn Tage vor der Abstimmung setzte sich ein Gegnerkomitee zusammen, in dem Bortoluzzi federführend war. Das Komitee warnte vor dem „entscheidenden Schritt zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens“. Dem Komitee schlossen sich einige SVP-Politiker und etwa 20 Ärzte an. Tatsächlich hatte die SVP als einzige Partei die Nein-Parole ausgegeben. Wichtigstes Argument blieb, dass es keines Verfassungsartikels bedürfe, um die Grundversorgung sicherzustellen. Aus Kreisen des Gegnerkomitees wurde gar vor einer „Mogelpackung“ gewarnt: Man befürchte, dass die freie Arztwahl und der direkte Zugang zum Hausarzt nicht mehr gewährleistet seien.

Dieses Aufbäumen konnte den deutlichen Abstimmungserfolg jedoch nicht schmälern. Die zustimmenden 88% (Stimmbeteiligung: 55,8%) waren ein deutliches Zeichen. Entsprechend zufrieden zeigten sich die Befürworter. Der Volksentscheid hatte allerdings unerwartete Folgen: Andere Leistungserbringer, wie beispielsweise die Spitäler, meldeten nun auch entsprechende Begehrlichkeiten an und forderten eine Gleichbehandlung aller Ärzte. Der Spitalverband H+ teilte in einer Medienorientierung mit, dass die ambulanten und stationären Dienstleistungen der Spitäler ebenfalls zu den „tragenden Säulen der ärztlichen Grundversorgung“ gehörten. Ebenso könnten andere Berufsgruppen, wie Apotheker oder Physiotherapeuten solche Forderungen stellen. Entsprechend besorgt zeigte sich der Präsident des Pro-Komitees, Peter Tschudi, dem diese „Trittbrettfahrer“ ein Dorn im Auge waren. Seiner Auffassung nach sind die Spitäler keineswegs als Teil der Grundversorgung zu verstehen.


Abstimmung vom 18. Mai 2014

Beteiligung: 55,85%
Ja: 2 480 870 (88,1%)
Nein: 336 196 (11,9%)

Parolen:
– Ja: SP, CVP, FDP (2*), GPS (1*), BDP, GLP (*2), EVP; Travail.Suisse, FMH, H+, Berufsverband der Haus- und Kinderärztinnen Schweiz, SGB.
– Nein: SVP (8*).
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse im Nachgang der Abstimmung führte zu Tage, dass die Hausarztvorlage recht deutlich im Schatten der anderen, an diesem Tag behandelten Vorlagen (Gripen, Pädophilie und Mindestlohn), stand. So wusste ein Drittel der Befragten nicht, worum es bei dieser Vorlage gegangen war. Wichtigste Motive der Ja-Stimmenden waren die Förderung der Hausärzte und die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung. Es wurde jedoch auch ein grosses Regierungsvertrauen festgestellt: 92% der Befragten, die dem Bundesrat grundsätzlich vertrauen, hatten hier Ja gestimmt. Als wichtigstes Nein-Argument wurde die „last-minute-Kritik“ des Gegenkomitees ermittelt, nämlich eine Ablehnung der Verstaatlichung. Dass das gegenwärtige System funktioniere und dass Hausärzte nicht bevorzugt werden sollen waren weitere, häufig genannte Gründe der Gegner.

Gegenentwurf „Ja zur Hausarztmedizin“

Die Revision des Epidemiengesetzes blieb 2013 auch nach der im Vorjahr abgeschlossenen parlamentarischen Beratung aktuell. Die nach mehrmaligem Hin und Her zwischen den beiden Kammern beschlossene Fassung des Gesetzes sah unter anderem ein Impfobligatorium vor, welches unter gewissen Umständen Impfungen für bestimmte Personengruppen vorsah. Diese Bestimmung sorgte für Unmut. Kurz nach der Verabschiedung der Gesetzesvorlage durch das Parlament gaben mehrere Seiten das Ergreifen des Referendums bekannt. Am 17. Januar reichten die Gegner der Vorlage rund 80 000 Unterschriften ein und übertrafen damit das erforderliche Quorum bei Weitem. Mehrere Gruppierungen (Junge SVP, Bürger für Bürger, EDU, Komitee wahre Demokratie, Human Life International, Jugend und Familie, das Netzwerk Impfentscheid) hatten sich an der Unterschriftensammlung beteiligt, jedoch ohne überparteilichen Zusammenschluss. Auch links-grüne Politiker standen dem Gesetz kritisch gegenüber, wollten aber nicht mit rechts-bürgerlichen oder christlich-konservativen Kreisen kooperieren. Eine Art Federführung übernahm das „Netzwerk Impfentscheid“ um den Naturheilpraktiker Daniel Trappitsch, welcher bereits erfolgreich gegen das Tierseuchengesetz gekämpft hatte. Als namhafte Unterstützer waren die Nationalräte Büchler (cvp, SG), Estermann (svp, LU), Freysinger (svp, VS), Kessler (glp, SG) und Schwander (svp, SZ) im Komitee dabei. Die verschiedenen Gruppierungen, welche sich gegen das Gesetz formiert hatten, führten je eigene Gründe gegen die Vorlage an. Einige, in erster Linie christliche Kreise, warnten vor einer «Frühsexualisierung»: Sie verdächtigten den Bund, mit der Gesetzesänderung die Aids-Prävention und obligatorische Sexualerziehung bereits im Kindergarten forcieren zu wollen. Andere, wie zum Beispiel der damalige Vizepräsident der Jungen SVP Schweiz, Anian Liebrand, befürchteten eine Machtkonzentration beim Bund. Tatsächlich würde dieser mit dem neuen Gesetz mehr Kompetenzen für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erhalten. Hauptargument gegen das revidierte Gesetz war aber der «Impfzwang», wie ihn die Gegner nannten. Sie lehnen Eingriffe in das körpereigene Immunsystem grundsätzlich ab und befürchteten, dem Staat würde mit dem Gesetz ermöglicht, Menschen gegen deren Willen zur Impfung zwingen zu können. Der Gesetzesentwurf sah tatsächlich vor, dass der Bund in besonderen Situationen Impfungen für gefährdete oder exponierte Personen wie z.B. Pflegepersonal anordnen kann. Die Streichung dieser Bestimmung war jedoch bereits in der Nationalratsdebatte 2012 debattiert und schlussendlich mit der Begründung abgelehnt worden, es handle sich hierbei eher um eine Pflicht als einen Zwang. Die öffentliche Gesundheit sei höher einzustufen als die persönliche Freiheit, zwangsgeimpft würde jedoch niemand. Dennoch vermochte dieses Argument bei der Volksabstimmung am meisten zu mobilisieren (siehe unten), auch wenn es sich hierbei nur um einen marginalen Aspekt der gesamten Epidemiengesetz-Revision handelte. Nach der nach aussen hin unscheinbaren Diskussion im Parlament und der deutlichen Verabschiedung mit 149 zu 14 Stimmen im Nationalrat und mit 40 zu 2 im Ständerat sollten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger durch das erfolgreich ergriffene Referendum also trotzdem über das Gesetz befinden.

Noch im September 2013 konnte sich das Volk zum revidierten Epidemiengesetz äussern. Obschon mehrere Gruppierungen gegen das Gesetz mobilisiert hatten und so die Abstimmungsempfehlung von Regierung und Parlament bekämpfen wollten, verlief der Abstimmungskampf eher ruhig. Dies war unter anderem der gleichzeitig stattfindenden und als wichtiger empfundenen Wehrpflichts-Abstimmung zuzuschreiben und liess sich auch anhand einer Analyse von Inseraten in Schweizer Zeitungen erkennen: In den letzten acht Wochen vor Abstimmung fanden sich in über 50 Tages- und Wochenzeitungen lediglich 36 Abstimmungsinserate zum Referendum, wobei zwei Drittel für eine Annahme des Gesetzes warben. Die grössten Schlagabtausche ergaben sich rund um die Frage nach dem Impfobligatorium: Gegner stilisierten dieses zu einem Impfzwang hoch und wurden dabei von den Pressetiteln unterstützt, indem diese die Revision des Epidemiengesetzes bisweilen auf ein „Impfgesetz“ reduzierten. Die Befürworter und der Gesundheitsminister Berset gaben sich Mühe, diese Massnahme zu relativieren und aufzuzeigen, dass niemand gegen seinen Willen geimpft werden könne. Die Argumentationslinien blieben jedoch grundsätzlich starr und so wurde auch die Meinungsbildung vom sogenannten Impfzwang geprägt. Die in zwei Wellen durchgeführten Meinungsumfragen im Vorfeld der Abstimmung deuteten jedoch früh auf eine mögliche Annahme der Revision. Mitte August gaben 49% der Befragten an, eher oder bestimmt dafür zu sein, 39% waren eher oder bestimmt dagegen und 12% waren noch unentschlossen. Auffallend war, dass der grössere Anteil der Befragten ihre Stimmabsicht nur tendenziell formulierte, also „eher“ dafür oder dagegen zu sein schien. Diese Werte änderten sich nicht bis zur zweiten Erhebung rund drei Wochen vor der Abstimmung, so dass zwar nach wie vor eine Ja-Tendenz zu beobachten war, den Gegnern jedoch auch noch gut zwei Wochen für eine Schlussmobilisierung Zeit blieb. Mit fast 60% Ja-Stimmen wurde das Gesetz an der Volksabstimmung bei einer Stimmbeteiligung von 46,8% deutlich angenommen. Einzig in den Innerschweizer Kantonen Schwyz und Uri sowie in den beiden Appenzell sprach sich eine Mehrheit gegen die Vorlage aus.


Abstimmung vom 22. September 2013

Beteiligung: 46,8%
Ja: 1 395 607 (59,0%)
Nein: 968 078 (41,0%)

Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SPS, EVP, CSP, GLP, BDP, GPS, Jungfreisinnige, Juso, Junge Grüne; FMH, Hausärzte Schweiz.
– Nein: SVP, JSVP, EDU; Schweizerischer Verein für Homöopathie.

Dass die Mehrzahl der Stimmenden ihr Votum erst sehr spät fällte und die Entschlussfassung schwer fiel, ist auch der VOX-Analyse im Nachgang der Abstimmung zu entnehmen. Eine starke Polarisierung war indes nicht auszumachen; einzig die SVP-Sympathisanten lehnten die Vorlage mit rund 55% Nein-Stimmen der Parteiparole entsprechend ab. Anhänger der FDP, der CVP und der SP hiessen das Gesetz mit Anteilen zwischen 61 und 74% Ja-Stimmen gut, wiederum in Einklang mit den Parteiempfehlungen. Besonders wichtig war in dieser Abstimmung das Regierungsvertrauen: Wer ein hohes Vertrauen in den Bundesrat hatte, folgte in den meisten Fällen der Abstimmungsempfehlung der Regierung (69% Zustimmung). Der Gegenstand der Abstimmung war jedoch nicht allen Stimmenden geläufig, glaubte doch die Mehrheit der Befragten, dass es um die Einführung des Impfzwangs gehe. Allerdings legten auch jene, die das glaubten, nicht zwangsläufig ein Nein in die Urne. Gesetzesbefürworterinnen und -befürworter nannten als häufigstes Argument den nötigen Schutz der Bevölkerung im Falle von Epidemien (21%). Dass die Durchsetzung von Impfobligatorien durch den Bund in bestimmten Fällen gerechtfertigt sei (20%) und es einer Neuregelung der Kompetenzordnung im Kampf gegen Epidemien bedürfe (18%) waren weitere wichtige Argumente für Personen, die an der Urne ein Ja einlegten. Immerhin 16% der Befürworter gaben die Abstimmungsempfehlung des Bundesrates als Hilfe für die eigene Entscheidung an. Unter den Gesetzesgegnern war die Angst um einen vermeintlichen Impfzwang das dominierende Argument in der Meinungsbildung (von 60% angegeben). Das Gesetz soll nach der Annahme per Anfang 2016 in Kraft gesetzt werden.

Totalrevision Epidemiengesetz (BRG 10.107)

Am 23. September kam die 2010 eingereichte Volksinitiative „Schutz vor Passivrauchen“ zur Abstimmung. Die von der Lungenliga lancierte Initiative sah zum einen vor, den Schutz vor dem Passivrauchen in der Bundesverfassung zu verankern. Zum anderen sollte das Rauchen in Innenräumen, die als Arbeitsplatz dienen, sowie in allen anderen Innenräumen, welche öffentlich zugänglich sind, verboten werden. Das Begehren würde auch zu einer Vereinheitlichung der unterschiedlichen kantonalen Praxis führen. In der bereits im Vorjahr lancierten Ratsdebatte stimmte der Nationalrat der bundesrätlichen Empfehlung auf Ablehnung der Initiative zu. Im Ständerat wurde im Frühjahr 2012 ein Rückweisungsantrag Stöckli (sp, BE) mit 26 zu 15 Stimmen abgelehnt und die Empfehlung des Bundesrates wurde damit auch von der kleinen Kammer gestützt. Auch in den Schlussabstimmungen blieb der Bundesbeschluss ziemlich unbestritten und wurde mit 138 zu 52, respektive mit 28 zu 7 Stimmen angenommen.

Im Vorfeld der Abstimmung gab es in der Presse eine umfangreiche Auslegeordnung der Argumente und Befürwortern und Gegnern wurde viel Platz eingeräumt. Ende August sorgten Abstimmungsinserate des Nein-Komitees für einigen Unmut, da diese Unwahrheiten vermittelten. Es wurde angegeben, das mit einer Annahme der Initiative alle Fumoirs verboten würden, wobei der letzte Rückzugsort der Raucher im öffentlichen Raum bedroht werden würde. Dass dies so nicht stimme liess die Lungenliga postwendend verlauten. Es handle sich um eine Fehlinterpretation des Initiativtextes. Diese Unklarheit steht stellvertretend für eine Reihe von offenen Fragen, die bis kurz vor der Abstimmung nicht gänzlich ausgeräumt werden konnten. Dazu gehörte auch das Rauchen in Einzelbüros, welches je nach Argumentation verboten werden würde oder eben nicht. Gegen den Abstimmungstermin hin sah sich die Lungenliga selbst mit Vorwürfen konfrontiert, sie würde Steuergelder in ihren Abstimmungskampf einfliessen lassen. Von Seiten des Wirteverbandes Gastrosuisse wurde damit drei Wochen vor dem Urnengang der Abstimmungskampf nochmals angeheizt.Die Initiative wurde von 66% der Stimmenden abgelehnt. Ausser Genf waren sämtliche Stände gegen die Annahme der Initiative. Eine Ablehnung hatte sich zunächst nicht abgezeichnet, erste Umfrageergebnisse deuteten auf eine hohe Unterstützung hin. In der zweiten Umfrage zeigte sich noch eine Mehrheit für die Vorlage von 59%, welche jedoch in der dritten Welle zehn Tage vor der Abstimmung auf deutlich unter 50% sank (41%). Der Meinungsumschwung wurde damit begründet, dass die Nein-Seite die Schwachstelle der Argumentation aus Bevölkerungssicht getroffen habe. Die Initiative gehe zu weit und komme zum falschen Zeitpunkt, so die Pressekommentare. Der Vox-Analyse kann entnommen werden, dass die im Abstimmungskampf zentralen Gesundheitsargumente nicht sehr ausgeprägt aufgenommen worden waren. Von den befragten Personen, darunter vorwiegend von den Nichtrauchern, wurde vor allem eine klarere Regelung des Rauchverbots genannt. Der zweite wichtige Faktor der Initiative, der Harmonisierungsbedarf bei den Vorschriften zum Passivrauchen auf nationaler Ebene, welcher laut Vox im Abstimmungskampf sehr präsent war, wurde von 27% der Befragten genannt. Dieses Argument wurde vor allem von den Rauchern angeführt. Wichtiger Einflussfaktor auf den Stimmentscheid war, ob eine Person Raucher oder Nichtraucher war. Als wichtigstes und polarisierendstes Argument zeichnete sich die Meinung ab, dass der Schutz der Angestellten bis anhin unzureichend gewesen sei.


Abstimmung vom 23. September 2012

Beteiligung: 42.8%
Ja: 741'205 (34.0%) / Stände: 1
Nein: 1'437'985 (66.0%) / Stände: 19 6/2

Parolen:
– Ja: SP (1*), GPS (2*), EVP; SGB, TravS.
– Nein: FDP, SVP, CVP (2*), GLP (1*), BDP; eco., SGV, SBV.
– Stimmfreigabe: CSP.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative für einen verschärften Schutz vor Passivrauchen (11.025)
Dossier: Rauchverbote

Am 17. Mai stimmte das Volk mit einer Mehrheit von 67% für den Verfassungsartikel „Zukunft mit Komplementärmedizin“. Dieser Gegenentwurf, den das Parlament zu der in der Folge zurückgezogenen Volksinitiative „Ja zur Komplementärmedizin“ ausgearbeitet hatte, war vom Bundesrat, dem Parlament und sämtlichen Parteien, ausser der SVP und der EDU, zur Annahme empfohlen worden. Von diesen Parolen wichen allerdings namentlich bei der FDP und SVP einige kantonale Sektionen und Jungparteien ab. Auch der SGB, der SGV und der Schweizerische Bauernverband befürworteten den Verfassungsartikel. Zu den Gegnern der Vorlage zählten neben der SVP und der EDU auch der Schweizerische Arbeitgeberverband und Economiesuisse.

Alle Kantone stimmten dem Verfassungsartikel zu. Besonders deutlich wurde er im Kanton Waadt angenommen, wo ihm vier von fünf Stimmenden zustimmten. Die Vox-Analyse ergab, dass politische Merkmale beim Stimmentscheid stärker ins Gewicht fielen als soziodemographische Aspekte. Der Zivilstand, das Geschlecht und der Landesteil wirkten sich zwar tendenziell auf die Entscheidung aus, ausschlaggebend waren jedoch die Identifizierung mit einer Partei und die Positionierung auf der Links-Rechts-Achse. Anhänger der SP, CVP und in geringerem Ausmasse der FDP nahmen die Vorlage ebenso an, wie diejenigen, die sich selbst links oder links aussen einstuften.


Abstimmung vom 17. Mai 2009

Beteiligung: 38,3%
Ja: 1 283 838 (67%) / Stände: 20 6/2
Nein: 631 908 (33%) / Stände: 0

Parolen:
– Ja: FDP (5)*, CVP (1)*, SP, EVP, CSP, PdA, GP, SD, Lega, GLP, BDP (1)*; SGV, SGB, TravS.
– Nein: SVP (6)*, EDU, FP; eco.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „Ja zur Komplementärmedizin“

In einer dritten Abstimmungswelle im Jahr 2008 nahmen auch die Kantone Waadt, Freiburg und Wallis ein Rauchverbot an. Im Kanton Wallis gilt ab 2009 in allen geschlossenen öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Räumen ein Rauchverbot. Das Rauchverbot wurde im kantonalen Gesundheitsgesetz klar mit 75,7% verankert. Unbediente Raucherräume in Restaurants sind jedoch erlaubt. In den Kantonen Freiburg und Waadt setzte sich mit 63% resp. 69% Zustimmung ebenfalls der Gegenvorschlag der Behörden durch, der den Gastgewerbebetrieben unbediente Fumoirs erlaubt.

Kantonale Rauchverbote vor der bundesrechtlichen Lösung
Dossier: Rauchverbote

Am 30. November stimmte das Volk über die Revision des Betäubungsmittelgesetzes ab. Die Verankerung der Vier-Säulen-Drogenpolitik im Gesetz wurde vom Volk mit 68,1% gutgeheissen. Ähnlich wie bei der Hanf-Initiative war auch hier die Parolenkonstellation im Vorfeld sehr komplex und verlief nicht nach einem klassischen ideologischen Konfliktmuster. Die grossen Parteien mit Ausnahme der SVP unterstützten die Vorlage. Zu den Gegnern der Vorlage zählten auch die LP und die Rechtsaussenparteien. Im Gegensatz zu der Hanf-Initiative gab es hier weniger abweichende Kantonalparteien. Einzig bei der FDP gaben die Kantone Thurgau, Waadt und Neuenburg die Nein-Parole heraus. Die Befürworter der Vorlage argumentierten vor allem damit, dass sich die Vier-Säulen-Politik des Bundes bewährt habe. Die rechtskonservativen Gegner der Vorlage begründeten ihren Entscheid damit, dass mit einer Verankerung die Drogenpolitik „weiter liberalisiert“ und der Abstinenz zu wenig Bedeutung geschenkt werde .

Die Revision des Betäubungsmittelgesetzes wurde flächendeckend in allen Kantonen gutgeheissen. Die Ja-Mehrheiten lagen, mit Ausnahme des Kantons Waadt, überall bei über 60%. In acht Kantonen, darunter auch die vier städtisch geprägten Kantone Zürich, Basel-Stadt, Bern und Genf waren es sogar 70% und mehr, die sich für die Vorlage aussprachen. Für den Entscheid zum Betäubungsmittelgesetz waren gemäss Vox-Analyse die Wertehaltungen weniger wichtig als bei der Hanf-Initiative. Dafür spielte die Kenntnis der Vorlage eine entscheidende Rolle. Wer sich bei den entsprechenden Kontrollfragen sehr gut informiert zeigte, hiess die Gesetzesrevision zu fast 90% gut. Was die beiden Vorlagen ebenfalls unterschied, war der Anteil derjenigen, die nicht (mehr) imstande waren, ihren Entscheid zu begründen. Dieser war beim Betäubungsmittelgesetz deutlich höher als bei der Hanfinitiative .


Abstimmung vom 30. November 2008

Beteiligung: 47,1%
Ja: 1 541 928 (68,1%)
Nein: 722 992 (31,9%)

Parolen:
– Ja: FDP (3*), CVP, SP, EVP, CSP, PdA, GP, GLP, BDP; SBV, SGB, Travail.Suisse.
– Nein: SVP, LP (1*), SD, EDU, FP, Lega; SGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

4-Säulen-Konzept

Am 30. November stimmte das Volk mit einer Mehrheit von 63,3% gegen die Volksinitiative „Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz“. Für einmal war die Parolenkonstellation im Vorfeld sehr komplex und entsprach nicht dem klassischen ideologischen Konfliktmuster. Die beiden grossen Parteien SP und FDP sowie die CSP, PdA, GP und GLP unterstützten die Initiative. Sie taten dies allerdings alles andere als geschlossen. Vor allem bei der FDP wichen etliche kantonale Sektionen von der Parole der Mutterpartei ab. Die Befürworter argumentierten vor allem damit, dass der Hanfkonsum in der Schweiz seit Jahren zunehme, was zeige, dass die bisherigen repressiven Massnahmen gescheitert seien. Mit einer Entkriminalisierung bestehe die Möglichkeit, dass der „Reiz des Verbotenen“ wegfalle. Uneinig waren sich die Befürworter und die Gegner der Initiative vor allem in der Frage, ob der Konsum von Cannabis schädlich sei oder nicht, da es keine eindeutigen Studien zu diesem Thema gibt, bzw. die Zusammenhänge zwischen Cannabis-Konsum und psychischen Erkrankungen nicht eindeutig geklärt sind. Zu den Gegnern der Initiative gehörten unter anderem die CVP, die SVP, die EVP, die LP und die kleinen Rechtsparteien. Auch das Lager der Gegner war sich nicht geschlossen einig. Insbesondere bei der CVP gab es vier kantonale Sektionen (ZH, SO, BS, BL), die eine Ja-Parole herausgegeben hatten. Die Gegner der Initiative argumentierten vor allem damit, dass die Annahme der Initiative ein „schlechtes Signal an die Jugend“ sende und die Quasi-Legalisierung zu einer Zunahme des Probierkonsums führe .

Die Ablehnung fiel mit knapp zwei Dritteln Nein-Stimmen klar aus und war auch in den Kantonen unbestritten. Gesamtschweizerisch fand die Hanf-Initiative in keinem einzigen Kanton eine Mehrheit. Die Nein-Anteile lagen fast durchwegs zwischen 60 und 70%. In den Kantonen Wallis, Waadt und Neuenburg waren es mehr als 70% und in den städtischen Kantonen Zürich, Basel-Stadt und Schaffhausen etwas weniger als 60%. Die unüblichen Koalitionskonfigurationen im Vorfeld der Abstimmung wie auch die hohe Zahl abweichender Parolen seitens der kantonalen Parteien führten gemäss der Vox-Analyse dazu, dass die Parteianhängerschaften nur mässig parteikonform abstimmten. Einen wichtigen Einfluss auf das Ergebnis der Hanf-Initiative übten die Wertehaltungen aus. Ein Nein-Entscheid ging mehrheitlich mit autoritären Wertevorstellungen einher, während die Annahme der Vorlage mit antiautoritären Gesellschaftskonzeptionen korrelierte .

Abstimmung vom 30. November 2008

Beteiligung: 47,3%
Ja: 846 985 (36,7%) / Stände: 0
Nein: 1 457 900 (63,3%) / Stände: 20 6/2

Parolen:
– Ja: FDP (16*), SP (3*), CSP (1*), PdA, GP (1*), GLP (1*).
– Nein: CVP (4*), SVP, LP (1*), EVP, SD, EDU, FP, Lega, BDP (1*); SGV, SBV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

„Hanfinitiative“

Ein sehr knappes Ergebnis erzielte der Kanton Basel-Stadt, wo die Befürworter eines weitgehenden Rauchverbotes mit nur 2874 Stimmen Vorsprung siegten. Erlaubt sind hier nur unbediente Fumoirs. Etwas eindeutiger war das Ergebnis im Kanton Zürich, wo 56,6% der Stimmenden die Volksinitiative „Schutz vor Passivrauchen“ guthiessen. Hier sind abgetrennte Raucherräume ebenfalls erlaubt. Ein Gegenvorschlag des Kantonsrats, der Restaurants mit höchstens 35 Plätzen vom Verbot ausnehmen wollte, lehnte die Zürcher Stimmbevölkerung ab. Eine Niederlage mussten die Befürworter des Nichtraucherschutzes im Kanton Nidwalden hinnehmen. Hier sagte die Stimmbevölkerung zwar Ja zu einem Rauchverbot in öffentlichen Räumen, Gaststätten sind aber davon ausgenommen. Sie müssen lediglich deklarieren, ob Rauchen erlaubt ist oder nicht.

Kantonale Rauchverbote vor der bundesrechtlichen Lösung
Dossier: Rauchverbote

Ungeachtet der Diskussion um ein nationales Rauchverbot, schritt der Prozess in den Kantonen weiter voran. Nach den Kantonen Tessin, Solothurn, Graubünden und Appenzell-Ausserrhoden verbot Genf als fünfter und erster Kanton in der Romandie das Rauchen in öffentlichen Räumen. Fast 80% der Stimmenden hiessen die Volksinitiative „Passivrauchen und Gesundheit“ gut. Das Rauchverbot im Kanton Genf geht weiter als in den anderen Kantonen, da es auch abgetrennte Raucherräume untersagt. In Restaurants, Bars, Diskotheken und der Verwaltung darf künftig nicht mehr geraucht werden. Eine Konzession musste den Rauchern auf Weisung des Bundesgerichts gemacht werden und betrifft die Pflegeanstalten und Gefängnisse, wo das Rauchen in gewissen Räumen zugelassen wird.

Kantonale Rauchverbote vor der bundesrechtlichen Lösung
Dossier: Rauchverbote

Wie bereits nach den Schlussabstimmungen in der Wintersession des Vorjahres angekündigt, wurde Mitte Januar von zwei Seiten erfolgreich das Referendum gegen das neue Stammzellenforschungsgesetz (StFG) ergriffen. Pro-Leben-Organisationen vertraten die Auffassung, das Gesetz widerspreche fundamentalen ethischen Werten und verletze die jedem Lebewesen in der Verfassung garantierten Grundrechte des Lebensschutzes und der Menschenwürde. Gentechnik-kritische Kreise orteten ebenfalls Widersprüche mit der Verfassung und anderen bereits bestehenden Gesetzen und verlangten, sich auf alternative Methoden wie die Forschung an adulten Stammzellen zu konzentrieren. Die Befürworter einer gesetzlichen Regelung machten in der Abstimmungskampagne geltend, die Schweiz würde durch ein Verbot bei dieser zukunftsträchtigen medizinischen Forschung international in Rückstand geraten. Es gelte abzuwägen zwischen der Möglichkeit neuartiger Therapien, die Leiden mindern könnten, und dem Schutz des Embryos. Die Forschung beschränke sich zudem auf die bei einer assistierten Fortpflanzung als überzählig anfallenden Embryonen, die sowieso keine Überlebenschance hätten. Ausser den Grünen, der EVP und der EDU unterstützten alle Parteien das Gesetz. Dieses wurde in der Volksabstimmung vom 28. November mit über 66% Ja deutlich angenommen.


Abstimmung vom 28. November 2004

Beteiligung: 37,0%
Ja: 1 156 706 (66,4%)
Nein: 585 530 (33,6%)

Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SP (*3), SVP, LP, Lega; Economiesuisse, SAGV, SGV, SBV; SEK
– Nein: GP, EVP, EDU; SBK
– Stimmenthaltung: PdA, CSP; SGB, Travail suisse
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass das Abstimmungsverhalten von der Weltanschauung, insbesondere der Religiosität recht stark beeinflusst wurde, wobei die Konfessionszugehörigkeit nur eine sekundäre Rolle spielte. Hingegen war kein Konflikt zwischen Links und Rechts festzustellen. Am negativsten eingestellt waren CVP-nahe Stimmende, am positivsten die Anhänger der FDP; die Sympathisanten von SP und SVP verhielten sich sehr ähnlich und positionierten sich in der Mitte zwischen CVP und FDP. Nicht von Bedeutung waren Geschlecht, Einkommen und Siedlungsform.

Stammzellenforschungsgesetz (BRG 02.083)
Dossier: Stammzellenforschung

Mit etwas über 77% Ja nahmen die Stimmberechtigten am 9. Februar das im Vorjahr im Dringlichkeitsverfahren erlassene Bundesgesetz über die Spitalkostenfinanzierung deutlich an. Dieses war nach einem Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts von 2001 notwendig geworden. Gegen den Beschluss, der die Kantone verpflichtet, ab 2002 stufenweise den Sockelbeitrag für die stationäre Behandlung in einem öffentlichen oder öffentlich-subventionierten Spital auch für jene Patientinnen und Patienten zu übernehmen, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, war von der Krankenkasse Assura, die geltend machte, der EVG-Entscheid sei bereits 2002 vollumfänglich anzuwenden, das Referendum eingereicht worden. Der Bundesrat, die Kantone, alle namhaften Parteien sowie mit Ausnahme von Assura und Supra sämtliche Krankenversicherer warben für ein Ja zum Bundesbeschluss, da es bei einer Ablehnung zu endlosen Rechtsstreitigkeiten und voraussichtlich zu Steuererhöhungen in den Kantonen gekommen wäre. Da dem Ansinnen der Assura von Anfang an keine Chancen eingeräumt wurden, warf die Abstimmungskampagne keine hohen Wellen. Am deutlichsten wurde das Bundesgesetz in den Kantonen Genf, Neuenburg, Basel-Stadt, Luzern und Graubünden angenommen, die Ja-Mehrheiten von über 80% auswiesen. Die geringste Ablehnung (gut 30% Nein-Stimmen) erfolgte im Kanton Waadt, in dem die Assura als Krankenversicherer besonders präsent ist.


Abstimmung vom 9. Februar 2003

Beteiligung: 28,7%
Ja: 1 028 673 (77,3%)
Nein: 301 128 (22,7%)

Parolen:
– Ja: CVP, EVP, FDP, GP, Lega, LP, SD, SP, SVP (2*); SGB, Travail Suisse, SBV, SGV, Santésuisse, SDK.
– Nein: FP, EDU.
– Stimmfreigabe: PdA; SAGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

privaten oder halbprivaten Hospitalisierung Kantone Kantonsbeteiligung schrittweise dringliches rückwirkendes Bundesgesetz

Am 4. März gelangte die 1997 vom Grosshandeldetaillisten Denner eingereichte und im Vorjahr vom Parlament zur Ablehnung empfohlene Volksinitiative „für tiefere Arzneimittelpreise“ zur Abstimmung. Sie verlangte, dass alle in den Nachbarländern zugelassenen Medikamente auch in der Schweiz verkauft werden dürfen; Ärzte, Apotheken und Krankenkassen sollten verpflichtet werden, soweit vorhanden Generika beziehungsweise das preisgünstigste Präparat zu verschreiben, abzugeben oder zu vergüten. Die bürgerlichen Parteien sprachen sich geschlossen gegen die Initiative aus. Ihrer Ansicht nach hätte das Begehren die Therapiefreiheit der Ärzteschaft beschnitten, die Patientensicherheit gefährdet und den Pharmastandort Schweiz geschwächt. Die SP zeigte sich gespalten, weshalb sie schliesslich Stimmfreigabe beschloss. Eine Minderheit um die beiden Nationalräte Strahm und Sommaruga (beide BE) konnte der Initiative als Signal gegen die „Hochpreispolitik der Pharmamultis“ durchaus positive Seiten abgewinnen; sie waren der Ansicht, die Mängel des relativ unklar formulierten Begehrens könnten in der ausführenden Gesetzgebung behoben werden. Die Abstimmungskampagne gestaltete sich teilweise recht gehässig. Die Befürworter stiessen sich daran, dass im „Bundesbüchlein“ von den „billigsten“ anstatt den „preisgünstigsten“ Medikamenten die Rede war. Dass die Initiative, die von keiner namhaften Partei unterstützt wurde, über 30% Ja-Stimmen auf sich vereinte, wurde von Beobachtern als Zeichen dafür gewertet, dass sie den Finger auf einen wunden Punkt gelegt hatte.


Abstimmung vom 4. März 2001

Beteiligung: 55,0%
Ja: 791 589 (30,9%) / 0 Stände
Nein: 2 565 718 (69,1%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: Lega; Schweiz. Stiftung f. Konsumentenschutz
– Nein: FDP, SVP, CVP, CSP, GP(2*), LP, SD, EVP, EDU, PdA; Economiesuisse, SAGV, SGV, SBV, SGB, KSK, SGCI, Apothekervereinigung, Schweiz. Konsumentinnenforum, Schweiz. Patientenorganisation
– Stimmfreigabe: SP (4*); CNG
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „für tiefere Arzneimittelpreise“ direkten Gegenvorschlag

Diskussionslos und einstimmig lehnte auch der Ständerat die Volksinitiative „für tiefere Spitalkosten“ ab. Das aus Kreisen um den Detailhandelsgrossisten Denner lancierte Begehren wollte das Versicherungsobligatorium auf den Spitalbereich beschränken. Für alle anderen Leistungen sollte Privatversicherungsrecht herrschen. Die Vorlage wurde vor der Abstimmung nur gerade von der Lega unterstützt, alle anderen Parteien und die massgebenden Verbände lehnten sie ab. In der Volksabstimmung vom 26. November wurde die Initiative mit über 82 Prozent Neinstimmen massiv verworfen.


Abstimmung vom 26. November 2000

Beteiligung: 41,7%
Ja: 343 008 (17,9%) / 0 Stände
Nein: 1 574 528 (82,1%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: Lega.
– Nein: FDP, CVP, SP, SVP, LP, EVP, CSP, PdA, GP, SD, EDU, FP; Economiesuisse, SGV, SBV, SGB, CNG.

Die nahezu einhellige Ablehnung der Initiative zeigte sich auch im Abstimmungsprofil. Gemäss der Vox-Analyse ergab sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen soziodemographischen Merkmalen und Stimmentscheid. Auch bei den parteipolitischen Merkmalen konnten nur graduelle Unterschiede ausgemacht werden; so lagen die Neinstimmenanteile bei den Bundesratsparteien mit Ausnahme der SVP über 80%. Die Ablehnung der Initiative war im rechtskonservativen Lager weniger ausgeprägt, aber immer noch sehr deutlich.

Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten"

Am 12. März gelangte die 1994 eingereichte Volksinitiative „für eine menschenwürdige Fortpflanzung“ zur Abstimmung. Obgleich das Parlament im Sinn eines indirekten Gegenvorschlags 1998 ein eigentliches Fortpflanzungsgesetz verabschiedet hatte, welches dem Anliegen der Initianten weitgehend entgegen kam, konnten sich diese doch nicht entscheiden, ihr Begehren zurückzuziehen. Zu wichtig war ihnen ihre Forderung nach einem Verbot der In-vitro-Fertilisation und der Samenspende.

In den Wochen vor der Abstimmung bröckelte die ursprünglich recht breite, von einzelnen Politikerinnen und Politikern von der CVP bis zur SP reichende Unterstützung deutlich ab. Insbesondere distanzierten sich namhafte Initiantinnen und Initianten vom Volksbegehren, so etwa Bundesrat Joseph Deiss, die Präsidentin der CVP-Frauen, Brigitte Hauser, und der Basler SP-Ständerat Plattner; sie vertraten die Auffassung, der 1992 angenommene Verfassungsartikel und das neue Fortpflanzungsmedizingesetz von 1998 böten genügend Gewähr, um Missbräuche zu verhindern. Deutliche Worte fand auch Bundesrätin Metzler: Die angestrebten Verbote gingen viel zu weit, denn der Kinderwunsch unfruchtbarer Paare sei legitim und Ausdruck der persönlichen Freiheit und des Rechts auf Selbstbestimmung; eine Annahme der Initiative würde lediglich zu einem Fortpflanzungstourismus und letztlich zu einer Zweiklassenmedizin führen. Sie verwies auf den geltenden Verfassungsartikel und das Gesetz, welche unter anderem die Leihmutterschaft, das Klonen sowie die Embryonen- und die Eispende verbietet. Damit habe die Schweiz weltweit die strengsten Regelungen in diesem Bereich. Sukkurs erhielt die Initiative schliesslich nur noch von den rechtskonservativen Parteien EDU und SD. Die Grünen und die EVP zeigten sich gespalten. Alle anderen Parteien und die massgebenden Verbände gaben geschlossen die Nein-Parole aus

Bei dieser Ausgangslage war es keine Überraschung, dass die Initiative mit 71,9% Nein-Stimmen klar verworfen wurde. Am deutlichsten war die Ablehnung in den Kantonen Waadt und Genf (mit je 84,8%), gefolgt von Jura (80,7%), Neuenburg (80,1%), Wallis (79,2%), Freiburg (78,5%) und Nidwalden (75,6%). Am ehesten fand die Initiative Unterstützung in den Kantonen Obwalden, Basel-Stadt und Tessin, wo aber ebenfalls Nein-Mehrheiten von über 60% erreicht wurden


Abstimmung vom 12. März 2000

Beteiligung: 42,2%
Ja: 539 795 (28,2%) / 0 Stände
Nein: 1 371 372 (71,8%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SD (1*), EDU.
– Nein: FDP, CVP, SP (1*), SVP (2*), LP, EVP (5*), CSP, PdA, FP; Economiesuisse, Schweiz. Evang. Kirchenbund.
Stimmfreigabe: GP (4*), Lega; Schweiz. Bischofskonferenz.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass die Ablehnung in der bürgerlichen Mitte am stärksten war, während sich sowohl im rot-grünen als auch im rechtskonservativen Lager bis zu 15 Prozentpunkte mehr Ja-Stimmen ausmachen liessen. Bei den soziodemographischen Merkmalen bestanden praktisch keine signifikanten Zusammenhänge mit dem Stimmentscheid. Keinen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten hatte insbesondere die Konfession. (Die Medien hatten am Tag nach der Abstimmung angesichts der Resultate in den vorwiegend katholischen Kantonen noch einen Zusammenhang mit der Konfession vermutet.)

Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» («Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung») und indirekter Gegenvorschlag (BRG 96.058)
Dossier: Eizellenspende
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

Die Ergebnisse dieser Volksabstimmung lagen mit 54,4 Prozent Ja tatsächlich weit unter jenen zur Volksinitiative „Jugend ohne Drogen“, welche ein analoges Ziel verfolgt hatte und 1997 mit über 70% Nein-Stimmen an der Urne gescheitert war. Während damals aber kein einziger Kanton das restriktive Volksbegehren angenommen hatte, sprachen sich nun immerhin 10 Kantone gegen die Weiterführung der Heroinabgabe aus. Der Bundesrat erklärte dies damit, dass es hier nicht um die 4-Säulen-Politik als Ganzes gegangen sei, sondern um einen Teilaspekt – und zwar um den umstrittensten der gesamten Drogenpolitik. Die in der Drogenpolitik traditionell restriktive Westschweiz wurde ihrem Ruf gerecht: mit Ausnahme von Genf stimmte sie geschlossen gegen die Heroinabgabe. Am stärksten war der Widerstand im Wallis (64,6% Nein), dahinter folgten Neuenburg (58%) und die Waadt (57,2%). In der Deutschschweiz lagen die fünf Kantone mit Nein-Mehrheiten in der Inner- und Ostschweiz (SZ, GL, AR, AI, TG), angeführt von Appenzell Innerrhoden mit 54,5% Nein. An der Spitze der Befürworter lagen Basel-Stadt (69,2% Ja), Baselland (64,9%), Zug und Zürich (62,7 resp. 62,5%) sowie Genf (58,9%). Basel, Zürich und Genf kennen die Heroinabgabe aus eigener Erfahrung. Im Kanton Bern, wo in den Städten Bern und Thun ebenfalls Heroinprogramme laufen, lag die Zustimmung mit 53,3% unter dem Schweizer Durchschnitt. Als Erklärung für diesen Umstand wurde angeführt, dass der Kanton Bern mehrheitlich ländlich sowie eigentliches Stammland der EDU ist und in weiten Teilen in Hand der SVP liegt, die ebenfalls gegen die Heroinabgabe angetreten war; in den städtischen Gebieten war die Annahme überdurchschnittlich.


Dringlicher Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin
Abstimmung vom 13. Juni 1999


Beteiligung: 45,74%
Ja: 1'128'393 (54,4%)
Nein: 944'919 (45,6%)

Parolen:
– Ja: CVP (*1), FDP (*3), SP (*1), Grüne, EVP, (2*), LdU, PdA; SGB, CNG, Jugendverbände, Städteverband.
– Nein: SVP (3*), LPS (*1), FP, EDU.
– Stimmfreigabe: SGV

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

dringlichen Bundesbeschluss über ärztlich verordnete Heroinabgabe als Therapie (BRG 98.015)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Am 7. Februar fand die eidgenössische Abstimmung über den Verfassungsartikel zur Transplantationsmedizin statt, welcher erste nationale Leitplanken für dieses ethisch sensible Spezialgebiet der Medizinaltechnik setzt. Die mit fast 88% Ja-Stimmen überdeutlich angenommene neue Verfassungsbestimmung gibt dem Bund die gesetzgeberische Kompetenz, den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen gegenüber den kantonalen Lösungen einheitlich zu reglementieren und dabei den Schutz der Menschenwürde sowie der Persönlichkeit und der Gesundheit zu gewährleisten; zudem erhält er die Aufgabe, Kriterien für eine gerechte Zuteilung der zur Verfügung stehenden Organe festzulegen. Als wichtige Schranke gegen einen allfälligen Missbrauch gilt die Unentgeltlichkeit der Spende sowie das Verbot des Handels mit menschlichen Bestandteilen. Konkrete Abgrenzungsfragen (Zustimmung des Spenders, Definition des Todeszeitpunkts und Xenotransplantation) sollen im Rahmen eines spezifischen Transplantationsgesetzes angegangen werden, für welches Bundespräsidentin Dreifuss eine Botschaft im Jahr 2000 in Aussicht stellte.

Die Zustimmung erfolgte am deutlichsten in Genf und den übrigen lateinischen Kantonen mit Ja-Stimmenanteilen nahe bei oder über 90%. Die geringste Unterstützung fand der Verfassungsartikel in Uri und den beiden Appenzell, wo er aber immer noch über 80% der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Die parlamentarische Debatte zu diesem Verfassungsartikel hatte bereits gezeigt, dass dieser nur vereinzelt bei den Grünen und den ihnen nahestehenden Kreisen auf Ablehnung stossen würde. Besonders die beiden Nationalrätinnen Gonseth (gp, BL) und von Felten (sp, BS) sowie gentechnologiekritische und tierschützerische Gruppierungen bekämpften präventiv die neuen Kompetenzen des Bundes im Bereich der Xenotransplantation, welche sie generell nicht zulassen oder zumindest einem längeren Moratorium unterstellen möchten. Die GP zeigte sich in der Frage übrigens gespalten: Während die Deutschschweizer Sektionen die Nein-Parole ausgaben, votierten die Sektionen in der Waadt und im Kanton Genf für ein Ja.


Verfassungsartikel über die Transplantationsmedizin (Art. 24decies)
Abstimmung vom 7. Februar 1999


Beteiligung: 38,0%
Ja: 1'501'925 (87,8%) / 20 6/2 Stände
Nein: 209'263 (12,2%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SP, SVP (1*), LPS, LdU, EVP, FP, SD (1*), PdA; Evang. Kirchenbund; Swisstransplant.
– Nein: Grüne (4*); Schweiz. Arbeitsgruppe Gentechnologie
– Stimmfreigabe: SGV

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Verfassungsartikel über die Transplantationsmedizin (BRG 97.035)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Erwartungsgemäss wurde die Droleg-Initiative massiv verworfen, mit 74% der ablehnenden Stimmen sogar noch deutlicher als ein Jahr zuvor das Begehren “Jugend ohne Drogen” (70,7% Nein). Mit Ausnahme der Kantone Zürich und Schaffhausen sowie beider Basel sprachen sich alle Kantone mit über 70% der Stimmen dagegen aus. Mit mehr als 80% Neinstimmen wurde die Initiative im Kanton Appenzell Innerrhoden sowie in den romanischen Landesgegenden (mit Ausnahme von Genf) abgelehnt. Am deutlichsten sprach sich Neuenburg mit nur knapp 15% Ja-Stimmen dagegen aus.


Volksinitiative “für eine vernünftige Drogenpolitik”
Abstimmung vom 29. November 1998


Beteiligung: 38,4%
Nein: 1'290'070 (74%) / 23 6/2 Stände
Ja: 453'451 (26%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, LdU (1*), EVP, FP, SD, CSP; SGV, SBV; FMH, SFA.
– Ja: SP (9*), GP, PdA.
– Stimmfreigabe: SGB

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Dass die Besorgnis der Befürworter eines Gegenvorschlags vergebens gewesen war, zeigte sich spätestens am Abend des Abstimmungssonntags. Mehr als 70% der Stimmenden legten ein Nein in die Urne, nur knapp 30% stimmten zu. Die Initiative erzielte in keinem einzigen Kanton eine zustimmende Mehrheit. Besonders krass (mit über 80% Nein-Stimmen) wurde "Jugend ohne Drogen" in den beiden Stadtkantonen Genf und Basel-Stadt abgelehnt. Dieses Resultat deutete aber in nichts auf einen Gegensatz Stadt-Land in der Drogenpolitik hin, da auch die Zentralschweizer Stände Zug, Ob- und Nidwalden sowie die Kantone Basel-Land, Jura, Solothurn, Graubünden, Zürich, Neuenburg, Aargau und Schaffhausen die Initiative überdurchschnittlich verwarfen. Auch von einem Röstigraben zwischen der eher liberalen Deutschschweiz und der in der Drogenfrage bisher als zurückhaltend geltenden Romandie konnte nicht die Rede sein. Die Neinstimmenanteile in der Waadt und im Kanton Freiburg lagen nur knapp unter dem nationalen Durchschnitt. Einzig in den Kantonen Wallis und Tessin erzielte die Initiative mit knapp über 40% Ja-Stimmen so etwas wie einen Achtungserfolg.


Volksinitiative "Jugend ohne Drogen"
Abstimmung vom 28. September 1997


Beteiligung: 40,6%
Nein: 1'314'060 (70,7%) / 23 6/2 Stände
Ja: 545'713 (29,3%) / 0 Stände

Parolen:
- Nein: CVP (1*), FDP (5*), SP, GP, LdU, EVP, PdA; SGB, CNG, Angestelltenverbände; u.a. Sanitätsdirektorenkonferenz, Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, Verband Schweiz. Polizeibeamter; Verbindung der Schweizer Ärzte FMH.
- Ja: SVP (3*), LPS (3*), FP, SD, EDU; Redressement national; SGV.
- Stimmfreigabe: Lega.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Die Walliser Bevölkerung befürwortet mehrheitlich die Kandidatur der Stadt Sitten für die Olympischen Winterspiele 2006. Anfangs Juni votierten 67% der Stimmenden für die dazu notwendige Kostenbeteiligung des Kantons und eine allfällige Defizitgarantie von insgesamt 60 Mio. Fr. Sämtliche Kantonsteile stimmten zu.

Olympische Winterspiele 2006 (BRG 97.069)
Dossier: Olympiakandidaturen

Die SVP der Stadt Zürich brachte mit ihrem Argument, wonach die kontrollierte Drogenabgabe zu teuer sei und ein falsches Signal an die Jugendlichen darstelle, ein Referendum gegen die kontrollierte Drogenabgabe zustande. In Winterthur genügte gar die Referendumsdrohung, um das Stadtparlament dazu zu bewegen, die entsprechende Kreditvorlage freiwillig dem Volk zu unterbreiten. Mit dieser Haltung stellte sich die Zürcher SVP nicht nur gegen alle anderen Parteien im Kanton (mit Ausnahme von SD und FP), sondern sie grenzte sich auch deutlich gegenüber der Mutterpartei ab, welche in ihrer Vernehmlassungsantwort zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes festhielt, dass sie sich zwar auch für eine Beendigung der Heroinabgabeversuche einsetze, dass sie deren begrenzte Weiterführung bis 1998 aber aus humanitären Gründen befürworte. In der recht gehässig geführten Abstimmungskampagne engagierten sich auch die frühere Zürcher Sozialvorsteherin Emilie Lieberherr sowie die gesamte Spitze der Stadtpolizei Zürich für die Weiterführung der Heroinabgabe. Die breite Koalition der Befürworter schlug sich anfangs Dezember in den Resultaten der beiden Abstimmungen nieder: in Winterthur stimmten 59% der Stimmberechtigten, in Zürich gar 63% der Fortschreibung der Betäubungsmittelabgabe zu.

SVP der Stadt Zürich bringt Referendum gegen die kontrollierte Drogenabgabe zustande
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Die Stimmberechtigten des Kantons Zug lehnten eine von der SVP lancierte Initiative «für eine abstinenzorientierte Drogenpolitik» mit rund zwei Dritteln der Stimmen ab. Das Begehren wurde in allen elf Zuger Gemeinden verworfen. Eine Annahme der Initiative hätte eine Kehrtwende für die Zuger Drogenpolitik bedeutet und sie zur wohl restriktivsten der Schweiz gemacht. Ziel des Volksbegehrens war, die Heroinabgabe zu verunmöglichen und die Methadondispensation auf Notfälle zu beschränken. Auch hätten keine Spritzen zur AIDS-Bekämpfung mehr abgegeben werden dürfen. Regierung und Kantonsparlament hatten sich deutlich gegen die Initiative ausgesprochen. Ausser der SVP und einem Bürgerkomitee unter Vorsitz von alt-Ständerat Kündig (cvp) empfahlen im Abstimmungskampf alle Parteien und Gruppierungen die Ablehnung des Volksbegehrens.

Kantonale oder städtische Massnahmen gegen Drogensucht oder zugunsten Drogenabhängiger (1995)

Die einzige Überraschung des Abstimmungsresultates lag denn auch in seiner Deutlichkeit. 1979 hatten sich noch 41 Prozent der Stimmenden für ein analoges Volksbegehren («Guttempler-Initiative») ausgesprochen, Basel-Stadt sogar mit mehr als 50 Prozent. Besonders massiv wurden die beiden Initiativen in der Westschweiz (mit Ausnahme von Genf) und im Kanton Schwyz abgelehnt, wo sich über vier Fünftel der Urnengängerinnen und Urnengänger gegen sie aussprachen. Am «verbotsfreundlichsten» zeigten sich die Kantone Basel-Stadt und Zürich mit rund 33 Prozent bzw. 31 Prozent Ja-Stimmen.

Volksinitiative «zur Verhinderung der Alkoholprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1'527'165 (74.7%) / 20 6/2 Stände
Ja: 516'054 (25.3%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (4*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Volksinitiative «zur Verminderung der Tabakprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1 521 885 (74.5%) / 20 6/2 Stände
Ja: 521 433 (25.5%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (3*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Wie die Vox-Analyse dieser Abstimmung zeigte, fanden die beiden Initiativen bei den Frauen erheblich mehr Zustimmung als bei den Männern. Seit dem Beginn der Vox-Analysen 1977 wurde nie eine so grosse Differenz zwischen dem Stimmverhalten der Frauen und der Männer – 18 Prozent beim Tabakverbot – beobachtet. Tiefe Ja-Anteile ergaben sich in der jüngsten Alterskategorie, in der Romandie und in den ländlichen Gebieten. Besonders im rot-grünen Lager beeinflusste der politische Standort das Stimmverhalten nur teilweise. Einzig die Gefolgschaft von LdU/EVP stimmte beiden Initiativen zu, die Grünen nahmen nur die Tabakinitiative an, während die Anhänger der SP mehrheitlich nicht der Parteiparole folgten. Die meistgenannten Motive zur Verwerfung der Initiativen waren die Angst vor zusätzlicher Arbeitslosigkeit und die Überzeugung, dass ein Verbot wirkungslos wäre bzw. durch ausländische Medien umgangen würde.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Diesen Weg gingen Bundesrat und Parlament denn auch bei den entsprechenden Eurolex-Vorlagen. Wobei heftige Diskussionen vor allem im Nationalrat nicht ausblieben. Sowohl bei der Revision des Umweltschutzgesetzes (92.057-4) wie bei jener des Epidemiengesetzes plädierte eine starke Kornmissionsminderheit bzw. eine schwache -mehrheit bestehend aus SP, Grünen, LdU/EVP und Teilen der CVP erfolglos dafür, das brisante Thema nicht im Schnellzugstempo abzuhandeln, sondern nach der Durchführung weiterer Abklärungen im regulären Gesetzgebungsprozess anzugehen. Bundesrat und bürgerliche Ratsmehrheit hielten dem entgegen, als Forschungsstandort habe die Schweiz einen dringenden Handlungsbedarf, weshalb sie auch, im Gegensatz zu den anderen Efta-Staaten, auf die Aushandlung einer Übergangsfrist verzichtet habe.

In der Detailberatung setzte sich die Minderheit ebenfalls erfolglos für restriktivere Formulierungen ein. Nach anfänglichen Zugeständnissen (Einbezug der natürlichen pathogenen Organismen, Befristung der umstrittenen Bestimmungen) schwenkte die grosse Kammer in der Differenzbereinigung auf die Linie des Ständerates ein, welcher sich strikt darauf beschränken wollte, nur gerade den «acquis communautaire» (Melde- und Bewilligungspflicht) zu übernehmen ohne den künftigen Gesetzgebungsprozess zu präjudizieren.

Diese Gesetzesänderungen wurden infolge der Ablehnung des EWR-Vertrages in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 hinfällig.

Eurolex: Revision von Umweltschutzgesetz und Epidemiengesetz (92.057-1 / 92.057-4)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)