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Die Vox-Analyse zur Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zeigte, dass das Abstimmungsverhalten weitgehend von der Parteisympathie für die SP, deren Anhänger die Vorlage zu 77% ablehnten, und von den Vorstellungen der Rolle des Staates in der Wirtschaft bestimmt waren. Letzteres erklärt, weshalb die stärker auf Staatsintervention setzenden SVP-Sympathisanten mit Ja-Stimmenanteilen von 67% die Revision wesentlich weniger deutlich annahmen als jene der FDP mit 88%. Weitere Verhaltensunterschiede traten in Bezug auf Alter, Sprachregionen und Erwerbstätigkeit auf. Am deutlichsten wurde die Vorlage von den über 60-jährigen Stimmberechtigten angenommen, die von der Revision nicht mehr betroffen sind, sowie von der Altersklasse der 18- bis 29-Jährigen, allerdings nur von denen, die im Arbeitsprozess integriert sind. Die Ablehnung in der Romandie wurde darauf zurückgeführt, dass die Linke dort insgesamt stärker ist als in der Deutschschweiz, sowie auf die im Durchschnitt doppelt so hohe Arbeitslosigkeit, weshalb es auch in der politischen Mitte und bei der Rechten mehr Nein-Stimmen gab. Ein Vergleich mit der 1997 für die Linke erfolgreichen Abstimmung gegen den dringlichen Bundesbeschluss zum AVIG vom Dezember 1996 zeigte, dass die Niederlage der Linken und Gewerkschaften auf die geringere Unterstützung durch die eigene Klientel zurückzuführen war. Besonders ausgeprägt fiel diese Aufweichung der Nein-Front in der Romandie aus, wo die Gewerkschaften 1997 noch auf eine fast 100%-ige Unterstützung der Linken hatten zählen können. Die zweite auffallende Veränderung im Stimmverhalten war das Verschwinden des Unterschieds zwischen Frauen und Männern, der 1997 noch 13 Prozentpunkte betragen hatte. Während damals die Frauen, egal ob erwerbstätig oder nicht, deutlich gegen die Revision gestimmt hatten, verhielten sie sich diesmal gleich wie die Männer.
Auf Antrag des EVD beschloss der Bundesrat Ende November, die AVIG-Revision auf der Beitragsseite vorzuziehen und die Lohnbeiträge auf den 1. Januar 2003 entsprechend zu senken.

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Eine „Vereinigung zum Schutz der Arbeitslosen“ aus La-Chaux-de-Fonds (NE) und die Gewerkschaften SGB und CNG ergriffen mit Unterstützung der SP und der Grünen erfolgreich das Referendum gegen die Revision. Sie kritisierten insbesondere die zeitliche Kürzung des Taggeldanspruchs sowie die Streichung des Solidaritätsbeitrages der Besserverdienenden. Die Befürworter der Revision erklärten demgegenüber, mit der Revision sei ein soziales, konjunkturunabhängiges und wirkungsvolles System zur Unterstützung der Arbeitslosen geschaffen worden. Der Abstimmungskampf war nicht sehr heftig, da die Positionen im Rechts-Links-Schema klar bezogen waren und die Vorlage im Schatten der stark polarisierenden Volksinitiative der SVP „gegen Asylrechtsmissbrauch“ stand, die gleichentags zur Abstimmung gelangte.
In der Volksabstimmung vom 24. November wurde die AVIG-Revision mit rund 56% der Stimmen angenommen, wobei allerdings die Kantone Wallis, Neuenburg, Genf und Jura Nein-Stimmenanteile von zum Teil deutlich über 50% aufwiesen. Die stärkste Zustimmung fand die Vorlage im Kanton Appenzell-Innerrhoden mit über 68% Ja-Stimmen sowie in Obwalden und Graubünden mit mehr als 62% .

Abstimmung vom 24. November 2002

Beteiligung: 47,8%
Ja: 1 234 623 (56,1%)
Nein: 966 626 (43,9%)

Parolen:
– Ja: FDP (1*), CVP (1*), SVP, LP, FPS, EDU; Economiesuisse, SAGV, SGV
– Nein: SP, GP, EVP, Lega, PdA, CSP; SGB, CNG, KV Schweiz; Caritas
– Stimmfreigabe: SD
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Der Nationalrat nahm ein Postulat Robbiani (cvp, TI) an, die eine Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung verlangt. Er machte geltend, die im AVIG vorgesehene Rahmenfrist (maximal 12 Abrechnungsperioden innerhalb von zwei Jahren) genüge in Zeiten anhaltender Konjunkturschwäche nicht aus, um ihr Ziel – die Vermeidung von Entlassungen – zu erreichen.

Postulat Kurzarbeitsentschädigung

Im Anschluss an die Revision des AVIG behandelte der Nationalrat mehrere Vorstösse zu diesem Thema. Obgleich die Revision für schwangere Frauen gewisse Verbesserungen gebracht hatte, war Ménétray-Savary (gp, VD) nicht bereit, auf ihre diesbezügliche Motion (Mo. 00.3262) zu verzichten, worauf sie abgelehnt wurde. Klar verworfen wurde eine Motion (Mo. 00.3290) der SVP-Fraktion, die eine 30-tägige Karenzfrist für den Bezug von ALV-Leistungen verlangte. Bundesrat Couchepin erinnerte daran, dass die Schweiz das ILO-Übereinkommen Nr. 168 über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit ratifiziert hat, das derartige Massnahmen verbietet. Eine Motion Raggenbass (cvp, TG) für eine Flexibilisierung der Rahmenfristen wurde als Postulat überwiesen.

schwangere Frauen Karenzfrist Flexibilisierung der Rahmenfristen

Die Räte führten in der Frühjahrssession die Differenzbereinigung bei der 3. Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) zu Ende. In der besonders umstrittenen Frage des Solidaritätsbeitrages der Besserverdienenden (1% für Lohnanteile zwischen CHF 106'800 und 267'000), für dessen Beibehaltung sich Bundesrat und Nationalrat ausgesprochen hatten, einigten sich die Kammern auf einen Kompromiss, wonach der Bundesrat die Solidaritätsabgabe einführen muss, wenn der Schuldenstand des ALV-Fonds CHF 5 Mrd. übersteigt; in der ersten Runde hatte der Ständerat hier lediglich einer Kann-Formulierung zugestimmt. Als Entgegenkommen an die Linke und die Gewerkschaften, welche wegen der Reduktion der Taggelder von 520 auf 400 seit Beginn der Debatten mit dem Referendum drohten, hatte der Nationalrat die Möglichkeit für die Kantone eingeführt, bei hoher Arbeitslosigkeit die maximale Entschädigungsdauer regional und befristet auf 520 Tage zu erhöhen. Weil der nationalrätliche Vorschlag keine finanzielle Beteiligung der Kantone vorsah, strich der Ständerat diese Bestimmung vorerst mit 33 zu 6 Stimmen. Die Kommission des Nationalrates schlug daraufhin einen Kantonsbeitrag von 20% vor; dieser Antrag wurde mit 101 zu 64 Stimmen angenommen, worauf auch der Ständerat zustimmte, die zeitliche Befristung (maximal zweimal sechs Monate) allerdings etwas schärfer fasste. In diesem Punkt schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer an. In erster Lesung hatte der Nationalrat zudem beschlossen, dass Arbeitslose, die älter als 55 Jahre sind, auch nach ihrer Aussteuerung in arbeitsmarktliche Massnahmen aufzunehmen seien. Der Ständerat verwarf diesen Vorschlag zweimal mit dem Argument, damit würden die Grenzen zwischen Sozialversicherung und Fürsorge aufgeweicht. Mit 92 zu 70 Stimmen beugte sich der Nationalrat der kleinen Kammer. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage mit 114 zu 58 bzw. 36 zu 5 Stimmen gutgeheissen. SP und Grüne stimmten geschlossen gegen die Vorlage.

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Der Nationalrat beriet die Revision in der Wintersession. Zwei Nichteintretens- resp. Rückweisungsanträge aus der SP-Fraktion wurden klar verworfen. Die grosse Kammer bemühte sich allerdings, die Vorlage sozialverträglicher zu gestalten. Gegen den Widerstand von FDP und SVP folgte sie beim Solidaritätsprozent mit 92 zu 59 Stimmen dem Bundesrat. Zudem fügte sie zwei Bestimmungen im Interesse der Randregionen und der älteren Arbeitnehmer ein. In Kantonen mit erhöhter Arbeitslosigkeit erteilte sie dem Bundesrat die Kompetenz, die Bezugsdauer für alle Versicherten vorübergehend auf 520 Tage zu erhöhen; zudem beschloss sie, dass über 55-jährige Arbeitlose auch nach ihrer Aussteuerung in arbeitsmarktliche Massnahmen aufzunehmen sind. Weitergehende Anträge (Gewährung von 520 Taggeldern ab Alter 50, 100% Lohnfortzahlung für Mitarbeiter von Firmen in Nachlasstundung) wurden hingegen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung passierte das Gesetz mit 32 zu 22 Stimmen bei 72 Enthaltungen, ein deutliches Zeichen dafür, dass weder die Linke noch die Rechte mit dem Ergebnis zufrieden war. Zustimmung fand die Revision lediglich bei der CVP und den Liberalen. Die Presse führte einzelne der im Nationalrat geäusserten Forderungen und der getroffenen Entscheidungen auf das Swissair-Debakel zurück.

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

In der Sommersession folgte der Ständerat dem Bundesrat in den wesentlichen Punkten, verweigerte aber dem Solidaritätsbeitrag seine Zustimmung mit der Begründung, dass bei dessen Einführung versprochen worden sei, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Massnahme handle. Mit Unterstützung der SP und von welschen Abgeordneten der FDP setzte sich Bundesrat Couchepin vergeblich dafür ein, das zusätzliche Lohnprozent weiterhin zu erheben, um gegen Konjunktureinbrüche gewappnet zu sein. Auf Antrag der Kommission wurde der Bundesrat aber verpflichtet, bei Erreichen eines Schuldenstandes des Ausgleichsfonds von 2,5% dem Parlament eine Beitragserhöhung vorzulegen. Nicht durchsetzen konnte sich ein Antrag aus der SP, älteren Arbeitslosen bereits ab 50 Jahren die verlängerte Bezugsdauer zu gewähren .

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Ende Februar verabschiedete der Bundesrat seine Vorlage zur 3. Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) zuhanden des Parlaments. Ziel der Revision ist, die Finanzierung der ALV mittelfristig unter Annahme einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 100'000 Personen zu sichern sowie weiterhin eine rasche und nachhaltige Wiedereingliederung der Arbeitslosen zu erreichen. Um die Schulden der ALV abzubauen, war mit dem Stabilisierungsprogramm von 1999 die Erhöhung des Beitragssatzes von 2,0 auf 3,0 Lohnprozente bis Ende 2003 verlängert und die (nicht versicherten) Einkommen zwischen CHF 106'800 und CHF 267'000 mit einem weiteren Lohnprozent belastet worden (Deplafonierung). Der Bundesrat beantragte nun eine generelle Rückführung auf zwei Lohnprozente, wollte aber die zusätzliche Beitragspflicht der Besserverdienenden („Solidaritätsprozent“) im Sinn einer konjunkturresistenten Finanzierung beibehalten. Gleichzeitig sah er Anpassungen bei der Arbeitslosenentschädigung vor. Einerseits sollte wegen des Freizügigkeitsabkommens mit der EU die Mindestbeitragszeit, die einen Entschädigungsanspruch auslöst, von sechs auf zwölf Monate erhöht, andererseits die Entschädigungsdauer von 520 auf 400 Tage gekürzt werden, wobei für ältere Arbeitnehmer (ab 55 Jahren) sowie IV- und Unfallversicherungs-Rentner die heutige Dauer belassen wird, sofern sie 18 Beitragsmonate aufweisen. Die Sozialpartner liefen umgehend Sturm gegen die Vorlage. Nicht bestritten war die Erhöhung der Beitragszeit; die Arbeitgeber wehrten sich aber gegen die Beibehaltung der Deplafonierung, die sie als verkappte Reichtumssteuer werteten, die Gewerkschaften erachteten die Reduktion der Entschädigungsdauer als eindeutigen Sozialabbau. Allgemein akzeptiert wurde hingegen ein Systemwechsel bei der finanziellen Beteiligung der öffentlichen Hand: Bund und Kantone sollen sich künftig fest an den Kosten der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) und der arbeitsmarktlichen Massnahmen beteiligen; im Gegenzug wird auf die Finanzierungsbeiträge der Kantone in ausserordentlichen Situationen verzichtet. Neu definiert wurden auch die anrechenbaren Erziehungszeiten, da vermutet wurde, die 1995 eingeführte Regelung habe zu Missbräuchen geführt: Neu muss jemand, der Ansprüche geltend macht, unmittelbar vor dem familiär bedingten Erwerbsunterbruch in der Schweiz oder in der EU gearbeitet haben, und die Erziehungsphase darf maximal drei Jahre dauern.

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Der Bundesrat nahm eine grössere Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG) in Angriff, welche die langfristige Finanzierung der ALV sicherstellen soll. Entsprechende Vorschläge gingen im September in die Vernehmlassung. Mit dem Auslaufen der Notmassnahmen für die Rückzahlung der Schulden der ALV (Ende 2003) soll der Beitragssatz wieder auf zwei Lohnprozente für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zurückgefahren werden, Löhne zwischen CHF 106'800 (maximaler versicherter Verdienst) und CHF 267'000 bleiben aber weiterhin mit einem Prozent belastet (Deplafonierung). Damit eine über einen Konjunkturzyklus ausgeglichene Rechnung der Versicherung möglich wird, sollen sich der Bund und die Kantone fest an den Kosten der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren und der arbeitsmarktlichen Massnahmen beteiligen. Die Belastung von Bund und Kantonen wird dadurch im Vergleich zu heute nur wenig erhöht. Die Mindestbeitragszeit für die Geltendmachung von Ansprüchen soll von sechs auf zwölf Monate erhöht und die Entschädigungsdauer von 520 auf 400 Tage gekürzt werden, wobei für ältere Arbeitnehmer sowie IV- und UV-Rentner die heutige Dauer belassen werden soll. Weitergehenden Forderungen bürgerlicher Politiker (degressiv abgestufte Taggelder, schärfere Zumutbarkeitsregeln, längere Wartezeiten für den Bezug von Taggeldern, Aufteilung der ALV in eine obligatorische Grundversicherung und eine freiwillige Zusatzversicherung) erteilte der Bundesrat eine Absage, da sie in den meisten Fällen nur die Sozialhilfe belasten würden. Das Seco prüfte Vorschläge, von Unternehmen und Branchen, die eine „Hire and Fire“-Politik betreiben, höhere Beiträge an die ALV zu verlangen, nahm diese dann aber nicht in die Vernehmlassungsvorlage auf. In Skandinavien und in einzelnen Staaten der USA hat man mit differenzierten Beiträgen gute Erfahrungen gemacht. Eine Reduktion bei den Taggeldern, die in der Volksabstimmung von 1997 deutlich verworfen wurde, lehnte Wirtschaftsminister Couchepin ab, da sie zu gravierenden sozialen Problemen führen könnte. Er bezeichnete die Vorlage als ausgewogen und den Anliegen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber Rechnung tragend. Diese Einschätzung wurde durch die gleichmässig verteilte Unzufriedenheit der Sozialpartner bestätigt. Der Arbeitgeberverband zeigte sich „schockiert“ ob der Absicht des Bundesrates, eine „Reichtumssteuer“ einzuführen („Solidaritätsbeitrag“ der höheren Einkommen), die Gewerkschaften stuften diesen als zu niedrig ein und kritisierten, mit den Leistungskürzungen bitte der Bundesrat die „Schwächsten der Gesellschaft zusätzlich zur Kasse“.

3.Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG)

Nach Kenntnisnahme der Vernehmlassungsergebnisse leitete der Bundesrat im Februar seine Vorlage zu einer Teilrevision der Arbeitslosenversicherung (ALV) den eidgenössischen Räten zu. Ziel dieser technischen Revision ist eine Optimierung im Leistungs- und Kostenbereich. An die Stelle der bisherigen Auflage eines Mindestangebots an Beschäftigungs- und Weiterbildungsprogrammen treten Leistungs- und Wirkungsvereinbarungen mit den Kantonen. Diese „Minirevision“ wurde von beiden Kammern diskussionslos angenommen.

Teilrevision der Arbeitslosenversicherung

Da die ALV 1999 aufgrund des Rückgangs der Arbeitslosigkeit wieder schwarze Zahlen geschrieben hatte, ging das vom Bundesrat vorgeschlagene Tempo zur Rückkehr zum alten Beitragssatz von 2% der Finanzkommission des Nationalrates zu gemächlich. Mit einer mit 98 zu 66 Stimmen vom Plenum gutgeheissenen Motion wollte er den Bundesrat beauftragen, bereits auf Anfang 2003 das dritte Lohnprozent abzuschaffen. Der Ständerat war aber anderer Meinung. Mit 21 zu 10 Stimmen lehnte er die Motion ab. Er befand, die ALV solle zuerst Reserven bilden können, um längerfristig gegen Krisen gewappnet zu sein.

auf Anfang 2003 das dritte Lohnprozent abzuschaffen

Mit mehreren Vorstössen strebten Vertreter der SVP eine Einschränkung beim Bezug von Arbeitslosentaggeldern an. Eine Motion Baumann (TG) verlangte, dass Versicherte vor einer Erziehungsperiode (Erwerbsunterbruch wegen Betreuung von Kleinkindern) mindestens sechs Monate eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausgeübt haben müssen, um überhaupt in den Genuss von Taggeldern zu kommen. Ein Postulat Hasler (AG) wollte den Bezug zudem von ausreichenden Kenntnissen einer Landessprache abhängig machen. Beide Vorstösse waren 1998 von Vertretern der SP und der GP als frauen- und fremdenfeindlich bezeichnet und bekämpft worden. Mit Einverständnis des Bundesrates, der in diesem Bereich tatsächlich ein Missbrauchspotential ortete, wurden nun beide Vorstösse angenommen, die Motion mit 79 zu 62 Stimmen, das Postulat mit 83 zu 55 Stimmen. Unterstützung erhielten sie vom St. Galler CVP-Vertreter Widrig, der in einer Motion (98.3638) eine diesbezügliche Gesetzesänderung verlangte. Da der Bundesrat auf die Vorarbeiten für eine umfassende Revision des AVIG verwies, wurde dieser Vorstoss lediglich als Postulat überwiesen. Der Ständerat nahm die Motion Baumann ebenfalls an.

Das Eidgenössische Versicherungsgericht entschied, die ALV-Verordnung sowie die entsprechende Weisung, wonach eine Erziehungsperiode mindestens 18 Monate innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern dauern müsse, um einen Anspruch zu eröffnen, sei gesetzeswidrig, da das Avig keine Mindestdauer für die Erziehungspause nennt; das BWA (heute Seco, Direktion für Arbeit) hatte die Auffassung vertreten, Erziehungszeiten dürften aus finanzpolitischen Überlegungen und wegen der Missbrauchsgefahr nur sehr zurückhatend angerechnet werden.

Einschränkung beim Bezug von Arbeitslosentaggeldern

Nach der grossen Kammer im Vorjahr überwies auch der Ständerat gegen den Willen des Bundesrates eine Motion der Wirtschaftskommission des Nationalrates, die eine Änderung des AVIG zur Erleichterung der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit verlangt. Es geht dabei insbesondere um die Ausdehnung des Instruments der Bürgschaften. Nur als Postulat angenommen wurde eine ebenfalls vom Nationalrat gutgeheissene Motion (98.3187) der SP-Fraktion für eine von Bund und Kantonen unterstützte Nachholbildungsoffensive für Erwachsene.

Motion Erleichterung der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit Nachholbildungsoffensive

An einem Sonderparteitag verlangte die SVP eine radikale Neuausrichtung in der Sozialpolitik. Die Finanzierung der Sozialwerke müsse ohne neue Steuern und mit tieferen Lohnprozenten sichergestellt werden. Langfristig will die SVP die Sozialausgaben auf das Niveau von 1990 senken. Dabei sollen auch die Erhöhung des Rentenalters auf 68 Jahre und das Kapitaldeckungsverfahren für die AHV geprüft werden. Das Thesenpapier wurde von den Delegierten einstimmig angenommen. Bundespräsident Ogi distanzierte sich im Anschuss vehement von den Forderungen seiner Partei und meinte, es gehe nicht an, das Solidaritätswerk der AHV mutwillig zu zerstören; im gleichen Sinn äusserten sich auch die SVP-Kantonalsektionen GR und BE. Nachdem die Vorschläge auch innerhalb der Klientel der SVP Bestürzung ausgelöst hatten, präsentierte die Partei im Mai neue Vorschläge zur Sicherung der staatlichen Sozialwerke (AHV/IV/EO und Arbeitslosenversicherung). Durch Sparanstrengungen soll die AHV ohne Rentenkürzungen und ohne Steuererhöhungen auskommen. Mit Ausnahme der vollständigen Überführung des überschüssigen Nationalbankgoldes in den AHV-Fonds brachten die neuen Thesen nichts, was nicht schon vom Bundesrat mit der 11. AHV-Revision vorgeschlagen wird (Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, Angleichung der Witwen- an die Witwerrente, Teuerungsanpassung nur alle drei Jahre). In der IV ortete die SVP ein grosses Missbrauchspotential und verlangte eine Untersuchung. Bei den Arbeitslosen will die Partei Leistungen abbauen, beispielsweise durch eine Karenzfrist von 30 Tagen vor Bezug eines Taggeldes.

radikale Neuausrichtung in der Sozialpolitik

Die ALV schrieb erstmals seit 1995 wieder schwarze Zahlen. Ausgaben von 5,33 Mia Fr. standen Einnahmen von 6,65 Mia Fr. gegenüber. Der Überschuss betrug somit 1,32 Mia Fr. Die Schuld der ALV bei Bund und Kantonen verringerte sich dank dem positiven Resultat um rund eine auf 7,8 Mia Fr.

Jahresergebnis 1999 der Arbeitslosenversicherung
Dossier: Jahresergebnisse der Arbeitslosenversicherung

Bereits im Vorjahr hatten die in erster Linie für Einheimische gedachten Erleichterungen beim Wiedereinstieg nach Jahren der Kinderbetreuung, welche in der Praxis aber vor allem von schwer vermittelbaren, erst seit kurzem eingewanderten Ausländerinnen in Anspruch genommen werden, für verschiedene Vorstösse im Parlament gesorgt. Nationalrat Widrig (cvp, SG) nahm das Anliegen erneut auf und verlangte in einer Motion, die Möglichkeit zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung müsse durch klare Rahmenbedingungen eingeschränkt werden. So müsste die Erziehungsperiode mindestens sechs Jahre betragen und im Inland absolviert worden sein. Leistungen sollten zudem nur Frauen beziehen können, die bereits vor der Kinderpause in der Schweiz anspruchsberechtigt waren. Und schliesslich sollten für die Vermittelbarkeit Grundkenntnisse einer Landessprache vorausgesetzt werden dürfen. Der Bundesrat war bereit, den Vorstoss in Postulatsform entgegen zu nehmen, doch wurde er von Vollmer (sp, BE) bekämpft und somit vorderhand der Diskussion entzogen [69]. Bei den sozialversicherungsrechtlichen Anpassungen zur Umsetzung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU wurde das AVIG dahingehend abgeändert, dass sich nur jene Personen auf die Erziehungsperiode berufen können, die sich zuletzt während mindestens 18 Monaten in der Schweiz der Betreuung ihrer Kinder gewidmet haben.

Wiedereinstieg nach Jahren der Kinderbetreuung klare Rahmenbedingungen eingeschränkt

Bei der Arbeitslosenversicherung verlangte im Nationalrat eine Kommissionminderheit Baader (svp, BL) mit einer Motion die Herabsetzung des Taggeldhöchstanspruchs sowie eine Verlängerung der Mindestbeitragszeit zum Bezug von Leistungen, da die finanziellen Auswirkungen des freien Personenverkehrs in diesem Bereich nicht absehbar seien. Die Mehrheit des Rates folgte jedoch dem Antrag des Bundesrates, diese Fragen im Zusammenhang mit der nächsten ordentlichen Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu behandeln, welche für das Jahr 2000 vorgesehen ist, und nahm die Motion lediglich als Postulat an.

Personenfreizügigkeit (Bilaterale I und flankierende Massnahmen, BRG 99.028-4)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Obgleich im Vorjahr eine Motion Bonny (fdp, BE) wegen Opposition im Nationalrat nicht hatte diskutiert werden können, nahm der Bundesrat den Vorstoss zum Anlass, um das zentrale Anliegen des Motionärs – die Umwandlung der ALV in eine unabhängige Anstalt à la SUVA – prüfen zu lassen. Die damit beauftragte Arbeitsgruppe der Sozialpartner und der Kantone kam zum Schluss, dass eine Abkoppelung der ALV von dem für den Arbeitsmarkt zuständigen BWA (neu seco) nicht sinnvoll sei und allenfalls zu einem teuren und letztlich nicht mehr handlungsfähigen System führen könnte. Bei einer Überführung der Vollzugsstrukturen in eine öffentlichrechtliche Anstalt könnten die Kantone nicht mehr in die Pflicht genommen werden. Die regionale Verankerung nähme ab, und auf Bundesebene entstünde eine grosse, tendenziell schwerfällige Organisation.
Beim zweiten von Bonny aufgegriffenen Punkt (99.5067), den hohen Verwaltungskosten der regionalen Arbeitsvermittlungsszentren (RAV) wurde hingegen ein gewisser Handlungsbedarf ausgemacht. Insbesondere wurde kritisiert, dass die RAV allzu häufig die Aufgaben der kantonalen Sozialämter übernehmen und sich zu wenig auf ihr Kerngeschäft (die Vermittlung neuer Arbeitsstellen) konzentrieren. Zudem stellte die Untersuchung grosse Qualitätsschwankungen unter den RAV fest. Insgesamt wurden rund 600 Mio Fr. Einsparungen errechnet, die erzielt werden könnten, wenn die am wenigsten effizienten RAV so gut arbeiten würden wie die erfolgreichsten. Das BWA beschloss, diese Erkenntnisse ab dem Jahr 2000 in einem neuen Leistungsauftrag an die RAV und mit einer erfolgsabhängigen Finanzierung zu berücksichtigen. Der Nationalrat überwies ein Postulat seiner WAK, mit welchem der Bundesrat ebenfalls beauftragt wurde, Massnahmen zur Effizienzsteigerung der RAV zu ergreifen.

Abkoppelung der ALV regionalen Arbeitsvermittlungsszentren (RAV)

Erstmals führte eine schweizerische Versicherungsgesellschaft eine private Versicherung gegen Arbeitslosigkeit für Personen ein, die seit mindestens sechs Monaten in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen und keine Kenntnis von einer Auflösung des Betriebes haben. Sie bot die Möglichkeit an, sich auf dem Niveau der ALV (70% des letzten Lohnes bzw. 80% bei Betreuungspflichten) während drei bis zehn Jahren oder bis zum Bezug der AHV- Rente zu versichern. Die Prämien wurden aufgrund des statistischen Arbeitslosigkeitsrisikos einer Branche und Region errechnet.

private Versicherung gegen Arbeitslosigkeit

Im Auftrag des BWA führte der Kanton Solothurn ein Pilotprojekt ein, welches abklären soll, ob mit einer anderen Strukturierung der RAV deren Output verbessert werden kann. Das Zauberwort dazu heisst Kundensegmentierung. Entscheidende Neuerung ist, dass jeder Stellensuchende künftig zuerst in einem zentralen RAV-Chek-in vorsprechen muss, wo mit ihm zusammen eine Standortbestimmung vorgenommen wird. Je nach individueller Situation wird er darauf zur weiteren Betreuung den zentralen Einrichtungen RAV Jobmanagement (leicht Vermittelbare), RAV Qualifizierung (Weiterbildungswillige), RAV Integration (gewisse berufliche Defizite), RAV Soziales (gesundheitliche/soziale Probleme) oder RAV Workout (bei Verdacht auf Missbrauch der Arbeitslosenkasse) zugewiesen. Mit dieser Differenzierung sollen sich die Mitarbeiter auf ein weniger weites Spektrum konzentrieren und in einem Bereich spezialisieren können. Davon erhofft man sich sowohl eine Senkung der Kosten als auch eine Verbesserung der Leistungen.

Pilotprojekt Kundensegmentierung

Auf Wunsch des Verbands schweizerischer Arbeitsämter erliess das BWA im Februar eine bindende Empfehlung über die Dauer der Einstellung des Taggeldbezugs bei leichtem, mittlerem und schwerem Vergehen der Arbeitslosen; gleichzeitig erhielten die Kantone auch einen einheitlichen Beurteilungsraster. Damit sollen stossende kantonale Unterschiede ausgemerzt werden.

bindende Empfehlung über die Dauer der Einstellung des Taggeldbezugs bei Vergehen der Arbeitslosen

Gleich wie der Nationalrat nahm in der Frühjahrssession auch der Ständerat die im Vorjahr vom „Runden Tisch“ im Rahmen des Stabilisierungsprogramms beschlossenen Änderungen bei der ALV an. Dabei handelt sich um die Weiterführung des dritten Lohnprozentes bis 2003 zur Tilgung der aktuellen Schulden der Versicherung sowie um ein zusätzliches zweites Solidaritätsprozent für Einkommen zwischen 97 200 und 243 000 Fr. Gleichzeitig stimmte die kleine Kammer auch einer Motion des Nationalrates zu, welche vom Bundesrat verlangt, bis im Winter 2000 eine Revisionsvorlage der ALV mit dem Ziel vorzulegen, dass nur noch zwei Lohnprozente erhoben werden und weder die Kantone noch der Bund Zahlungen an die Versicherung zu leisten haben. Gleichzeitig wurde die Landesregierung mit einer weiteren Motion des grossen Kammer verpflichtet, umgehend für eine Senkung der Verwaltungskosten der ALV zu sorgen.

Stabilisierungsprogramm 1998 (98.059)
Dossier: Stabilisierungsprogramm 1998

Die erfreuliche Entwicklung bezüglich der Arbeitslosigkeit führte zu einem gegenüber dem Vorjahr günstigeren Rechnungsabschluss der Arbeitslosenversicherung (ALV). Der Gesamtaufwand sank von 8,4 auf 6,7 Mia. Fr., der Fehlbetrag entsprechend von 2,3 auf 0,3 Mia. Fr. Gemäss ersten provisorischen Zahlen des BWA bezogen im Berichtsjahr 10,7% Personen weniger als im Vorjahr Arbeitslosengelder. Die Bezugstage sanken um 18,9% und die durchschnittliche Bezugsdauer nahm um 8,7% ab.

Jahresergebnis 1998 der Arbeitslosenversicherung
Dossier: Jahresergebnisse der Arbeitslosenversicherung

In einer als Postulat überwiesenen Motion ersuchte Nationalrat Imhof (cvp, BL) den Bundesrat zu überprüfen, wie das Kriterium der zumutbaren Beschäftigung in den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) umgesetzt wird. Der Bundesrat begründete seinen Antrag auf Abschwächung in ein Postulat mit der Feststellung, der Begriff der Zumutbarkeit sei nicht immer eindeutig zu handhaben und die Mitarbeiter der RAV müssten dazu noch einschlägige Erfahrungen sammeln können.

zumutbaren Beschäftigung

Wiedereinsteigerinnen, die nach der Erziehungsperiode eine Erwerbsarbeit aufnehmen möchten, aber keine Stelle finden, dürfen seit 1996 Arbeitslosengelder beziehen, selbst wenn sie nie Beiträge der ALV bezahlt haben. Der Gesetzgeber hatte dabei vor allem an mehr oder minder vermittelbare Schweizerinnen gedacht, die aufgrund familiärer Umstände praktisch dazu gezwungen sind, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. In der Praxis zeigte sich, dass dieses Angebot vor allem von Ausländerinnen namentlich aus Ex-Jugoslawien in Anspruch genommen wird, oft kurz nach ihrer Einreise in die Schweiz, und obgleich sie noch Kinder im Betreuungsalter haben; da sie in den meisten Fällen schlecht oder gar nicht ausgebildet sind, gelingt es ihnen nur selten, tatsächlich eine Stelle zu finden. In den ersten zweieinhalb Jahren ihres Bestehens kostete die neue Regelung die ALV gegen 80 Mio Fr., ein Vielfaches des ursprünglich geschätzten Betrages. Der Bundesrat anerkannte, dass hier die Möglichkeit eines Missbrauchs bestehe, weshalb er bereit war, eine Motion Baumann (svp, TG) entgegenzunehmen, die ihn verpflichtet, das Gesetz in dem Sinn anzupassen, dass nur Frauen in den Genuss der Versicherungsleistungen kommen, die vor ihrer Erziehungsperiode während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausgeübt haben. Der Vorstoss wurde jedoch aus dem links-grünen Lager bekämpft und deshalb vorderhand der Diskussion entzogen.

Einschränkung beim Bezug von Arbeitslosentaggeldern