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Mit einer Motion wollte die SGK des Nationalrates erreichen, dass die gerichtlichen Verfahren im Krankheits- und Invaliditätsfall gleich ausgestaltet werden. Der Bundesrat zeigte Verständnis für das Anliegen, das eine Vereinheitlichung im Sozialversicherungsrecht und damit Erleichterungen für die Versicherten anstrebe, wollte aber keinen verbindlichen Auftrag entgegennehmen, da damit Teile des Privat- dem Sozialversicherungsrecht unterstellt würden. Zudem müsste eine Neuregelung nicht nur den Kranken- und Unfallversicherungsbereich, sondern auch die berufliche Vorsorge umfassen, die wegen ihrer primär privatrechtlichen Ausgestaltung bewusst von der Koordination durch den ATSG ausgenommen wurde. Um die Fragen vertiefter zu prüfen, wurde der Vorstoss als Postulat überwiesen. Gänzlich abgelehnt wurde hingegen eine Motion der SVP-Fraktion (Mo. 00.3538), die gleiche Versicherungsleistungen für Krankheit und Unfall verlangte. Der Bundesrat machte geltend, die beiden Versicherungszweige seien von Natur aus verschieden. Bei der Einführung der an die Erwerbstätigkeit gekoppelten obligatorischen Unfallversicherung habe es sich primär darum gehandelt, die Haftung des Arbeitgebers durch das Versicherungsprinzip abzulösen; die unterschiedliche Entstehungsgeschichte rechtfertige eine ungleiche Behandlung der Betroffenen.

gerichtlichen Verfahren im Krankheits- und Invaliditätsfall gleich ausgestaltet gleiche Versicherungsleistungen für Krankheit und Unfall

Da die BVG-Revision später in Angriff genommen wurde als eigentlich geplant, ergaben sich insofern Koordinationsprobleme mit der in der 10. AHV-Revision vorgenommenen schrittweisen Erhöhung des Rentenalters der Frauen, als ab dem 1. Januar deren AHV-Rentenalter auf 63 Jahre angehoben wurde, die Rentenbildung in der 2. Säule aber mit dem 62. Geburtstag aufhörte. Um die Altersrente der Frauen nicht zu schmälern, nahmen beide Kammern in der Frühjahrssession eine parlamentarische Initiative der SGK des Ständerates für eine dringliche Gesetzesänderung an, die es den Frauen ermöglicht, sich in ihrem 63. Altersjahr weiterhin betrieblich nach BVG zu versichern. Für die Säule 3a wurde die Harmonisierung durch eine Anpassung der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vorgenommen.

Koordinationsprobleme mit der in der 10. AHV-Revision

Die SGK des Nationalrates nahm Ende Januar die Beratung der 1. BVG-Revision in Angriff. Sie beschloss, eine Subkommission mit dem Auftrag einzusetzen, zusätzlich zu den Vorschlägen des Bundesrates Lösungen für ein Obligatorium für Teilzeitarbeitende und Arbeitnehmende mit tiefem Einkommen sowie für eine bessere Transparenz bei den Vorsorgeeinrichtungen zu erarbeiten. Diese Zielsetzungen entsprachen mehreren vom Plenum bereits verabschiedeten Vorstössen, insbesondere einer parlamentarischen Initiative Zapfl (cvp, ZH) von 1998. Die Subkommission schlug vor, die Eintrittsschwelle für die obligatorische Unterstellung unter das BVG von heute CHF 24'720 zu halbieren; damit würden 35,2% der erwerbstätigen Männer und 49,7% der Frauen zusätzlich in der beruflichen Vorsorge versichert.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Eine Motion Spielmann (pda, GE), die für die Weiterführung der Säule 3a nach Erreichen des Pensionsalters steuerliche Erleichterungen verlangte wie sie für den Leistungsaufschub bei Freizügigkeitseinrichtungen der beruflichen Vorsorge zugelassen sind, wurde auf Antrag des Bundesrates lediglich als Postulat überwiesen.

Motion Säule 3a steuerliche Erleichterungen

Der Nationalrat verlängerte stillschweigend die Frist für die Umsetzung einer 1998 angenommenen parlamentarischen Initiative Zapfl (cvp, ZH), die eine Anpassung des Koordinationsabzugs an den Beschäftigungsgrad verlangt; dieses sozialpolitische Anliegen, bleibt also auf der Tagesordnung. Der Ständerat lehnte hingegen mit 17 zu 11 Stimmen eine Motion Berger (fdp, NE) (Mo. 00.3255) für eine tiefere Eintrittsschwelle in die Pensionskassen auf Antrag des Bundesrates ab. Bundesrätin Dreifuss verwies auf das diesbezügliche negative Ergebnis der Vernehmlassung. Sie sprach sich auch gegen eine Umwandlung in ein Postulat aus, da die nötigen Abklärungen getroffen worden seien für ein Problem, das in gleichstellungs- und sozialpolitischer Hinsicht tatsächlich bestehe. Sie meinte lakonisch, der Bundesrat habe getan, was er habe tun können, und es sei nun am Parlament, hier allenfalls eine andere politische Weichenstellung vorzunehmen.

Besserstellung von Teilzeitarbeitenden in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge (Pa.Iv. 97.414)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Der Bundesrat änderte die Vorschriften im Bereich der Vermögensanlage der Vorsorgeeinrichtungen. Damit wird eine grössere Flexibilität der Anlagen bei gleichzeitiger Verstärkung der Sicherheit erreicht. Den Pensionskassen wird so ermöglicht, weiterhin eine aktive Rolle im Markt zu spielen, ihre Anlagen zu optimieren und gleichzeitig die Sicherung des Vorsorgezwecks nicht aus den Augen zu lassen.

Vorschriften Vermögensanlage der Vorsorgeeinrichtungen

Fachleute bemängelten, auch mit dieser Revision werde die Transparenz für die Versicherten noch zu wenig ausgebaut. Der Pensionskassenverband kritisierte die Begrenzung des versicherbaren Einkommens. Auf den überobligatorischen Bereich der Pensionskassen entfallen über CHF 30 Mrd., CHF 5 Mrd. mehr als die ganze AHV beansprucht. Dies veranlasste Nationalrat und CNG-Präsident Fasel (csp, FR) zu verlangen, der überobligatorische Teil der 2. Säule („Goldgrube für Gutverdienende“ und „Tummelplatz für Steueroptimierer“) müsse redimensioniert werden und die freiwerdenden Gelder über die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV abgeschöpft werden. Mit einem Abbau des überobligatorischen Teils um 10% könnte die Ruhestandsrente 62 in der AHV problemlos finanziert werden.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Am 1. März verabschiedete der Bundesrat die seit langem erwartete Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (1. BVG-Revision) zuhanden des Parlaments. Die Revision dient der finanziellen Konsolidierung und einer optimalen Durchführung. Ferner stellt sie die Koordination mit den Massnahmen der 11. AHV-Revision her. Hauptpunkte der bundesrätlichen Botschaft sind die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre, die Einführung eines flexiblen Rentenalters (mit versicherungstechnischer Kürzung ohne soziale Abfederung), die Senkung des Umwandlungssatzes zur Sicherstellung der Renten bei verlängerter Lebenserwartung unter gleichzeitiger Erhöhung der Altersgutschriften, die Begrenzung des überobligatorisch versicherbaren Lohnes auf das Fünffache des oberen Grenzbetrags des Obligatoriums, die Einführung einer Witwerrente sowie eine Verbesserung der paritätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmenden. Die Teuerungsanpassung der laufenden Renten soll nicht zwingend vorgeschrieben, die Entscheide jedoch transparenter ausgestaltet werden. Die vom Bundesrat anfänglich noch als wünschenswert bezeichneten sozialpolitischen Anliegen (Besserstellung von Teilzeitarbeitenden und von Personen mit niedrigem Einkommen) waren aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse nicht mehr in der Vorlage enthalten.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Gemäss OECD und Weltbank ist die Schweiz mit dem heutigen Konzept von obligatorischer Vorsorge in Verbindung mit freiwilliger privater Ersparnisbildung sowie mit den bereits getroffenen Vorkehren zu deren Absicherung gut gerüstet, um den Herausforderungen der demographischen Alterung der Gesellschaft zu begegnen. Insbesondere die Mischfinanzierung der Alterssicherung (Umlageverfahren in der AHV / Kapitaldeckungsverfahren in der beruflichen Vorsorge), gepaart mit dem Instrument der Ergänzungsleistungen, bildet nach Ansicht der beiden Wirtschaftsorganisationen ein geradezu ideales Modell zur Bekämpfung der Altersarmut, ohne dass dabei der Generationenvertrag und die öffentliche Hand über Gebühr belastet werden.

Gemäss OECD und Weltbank Schweiz gut gerüstet

Eine Motion Rechsteiner (sp, BS), welche den Bundesrat beauftragen wollte, den Status der Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen in der beruflichen Vorsorge zu regeln, wurde auf Antrag der Regierung, die auf entsprechende Vorarbeiten verwies, nur als Postulat genehmigt.

Motion Status der Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen in der beruflichen Vorsorge

Im Bereich der Beruflichen Vorsorge wurde vor allem darüber diskutiert, ob die allgemeine Verweiserbestimmung genüge, wie sie der Bundesrat vorgeschlagen hatte, oder ob diese durch einen Passus ersetzt werden sollte, der die wesentlichen Auswirkungen des Koordinationsrechts klar umschreibt. In der ersten Lesung des Geschäfts stimmte der Ständerat gegen einen Minderheitsantrag Spoerry (fdp, ZH) dem Bundesrat zu. Auf Antrag seiner Kommissionsmehrheit sprach sich der Nationalrat dann aber für die vom Ständerat verworfene Lösung aus. In der Differenzbereinigung einigten sich die Räte darauf, vorderhand die Verweiserbestimmung anzunehmen. Mit einem Postulat (99.3478) des Ständerates und einer von beiden Kammern überwiesenen Motion (99.3480) wurde der Bundesrat aber beauftragt, im Rahmen der 1. BVG-Revision die notwendigen Anpassungen an die EU-Koordinationsvorschriften vorzunehmen.

Personenfreizügigkeit (Bilaterale I und flankierende Massnahmen, BRG 99.028-4)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Anders als bei dem 1992 vom Volk abgelehnten EWR-Beitritt, welcher die Übernahme von EU-Recht bedingt hätte, geht es beim bilateralen Vertrag mit der EU über den freien Personenverkehr im Bereich der Sozialversicherungen lediglich um eine Koordinierung der sozialen Sicherheit, was nur geringe gesetzliche Änderungen notwendig macht. Die Sozialgesetzgebung der beiden Partner wird grundsätzlich nicht verändert, doch soll verhindert werden, dass Beschäftigte eine direkte oder indirekte Benachteiligung bei der sozialen Sicherheit erleiden, wenn sie vom EU-Raum in die Schweiz wechseln oder umgekehrt. Erfasst von der Koordination werden alle schweizerischen Sozialversicherungszweige in den Bereichen Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter, Tod, Arbeitslosigkeit und Familienleistungen. Oberstes Prinzip ist die uneingeschränkte Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger aller Vertragsstaaten. Hinzu kommt die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von Versicherungszeiten für den Erwerb von Leistungsansprüchen sowie zur Auslandszahlung von Leistungen. Um nicht in allen Sozialversicherungsgesetzen sämtliche Koordinationsbestimmungen einfügen zu müssen, wurde in den entsprechenden Gesetzen eine sogenannte „Verweiserbestimmung“ auf das europäische Verordnungsrecht eingefügt.

Für den reinen AHV/IV-Bereich ergeben sich aus dem Abkommen keine besonderen Belastungen für die Schweiz. Im Ausland zurückgelegte Beitragszeiten müssen zwar anerkannt werden, doch kann jedes Vertragsland die Höhe seiner Renten weiterhin autonom berechnen. Zu einer finanziellen Hypothek könnte hingegen die freiwillige AHV für Auslandschweizer werden. Die Gleichbehandlungsvorschrift würde die Schweiz verpflichten, EU-Staatsangehörige unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürgerinnen und Bürger zur (massiv defizitären) freiwilligen AHV zuzulassen. Der Bundesrat schlug deshalb vor, bereits jetzt die Beitrittsmöglichkeit im Sinn seiner Vorschläge zur Revision der freiwilligen AHV (siehe unten) einzuschränken. Danach soll ein Beitritt künftig nur noch bei Wohnsitz in einem Staat möglich sein, mit dem die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat. Ausserdem muss die betreffende Person zuvor mindestens fünf Jahre obligatorisch in der AHV versichert gewesen sein. Beitreten könnten schweizerische und ausländische Staatsangehörige.
Die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV können als beitragsunabhängige Sonderleistungen der öffentlichen Hand von der Auslandszahlung ausgenommen werden. Dafür entstehen im Inland neue Verpflichtungen, deren Kosten auf jährlich 11 Mio Fr. geschätzt werden. EU-Staatsangehörige haben inskünftig unter denselben Voraussetzungen wie schweizerische Bürgerinnen und Bürger Anspruch auf EL. Die bisher verlangte zehnjährige Mindestwohndauer entfällt. Für allfällige Karenzfristen bei kantonalen Zusatzergänzungsleistungen und AHV/IV-Beihilfen müssen Wohnzeiten in einem EU-Staat angerechnet werden. Bei den Hilflosenentschädigungen beantragte der Bundesrat eine Herauslösung aus der eigentlichen Versicherung und eine ausschliessliche Übernahme durch die öffentliche Hand, um so den Export dieser Leistungen ebenfalls auszuschliessen.

Im Rahmen der beruflichen Vorsorge ergeben sich durch die bilateralen Verträge nur geringfügige Veränderungen, da nur die Minimalvorsorge gemäss BVG von der Koordination tangiert ist. Nach Ablauf einer fünfjährigen Übergangsfrist können Barauszahlungen der Austrittsleistung gleich wie für Schweizer Bürgerinnen und Bürger nur noch erfolgen, wenn damit eine Aufgabe der Erwerbstätigkeit verbunden ist. Ist dies nicht der Fall, wird das BVG-Guthaben bei einem beruflichen Wechsel ins Ausland an den neuen Wohnsitzstaat überwiesen. Nicht berührt vom Abkommen ist die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge.

Die bedeutendsten Neuerungen im Sozialversicherungsbereich treten bei der Krankenversicherung ein. Hier wurde bereits im Personenverkehrsabkommen eine Präzisierung vorgenommen, da – anders als in den meisten europäischen Staaten – in der Schweiz die Versicherungspflicht nicht an eine Erwerbstätigkeit, sondern an den Wohnsitz geknüpft ist. Deshalb musste ausdrücklich gesagt werden, dass alle ausländischen Personen, die aufgrund ihrer Erwerbssituation der sozialen Sicherheit in der Schweiz zugeordnet sind, auch der hiesigen Krankenversicherung unterstellt werden müssen. Dies gilt – unter Wahrung des Prinzips der Individualversicherung mit Kopfprämien – auch für die in einem EU-Staat lebenden nichterwerbstätigen Familienangehörigen. Alle diese Personen kommen – wenn sie in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben – ebenfalls in den Genuss von Prämienverbilligungen.

Im Bereich der Arbeitslosenversicherung bestanden bisher lediglich mit den Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien bilaterale Abkommen. Die grundsätzliche Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer war zwar im geltenden Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) gewährleistet, doch konnten Kurzaufenthalter und Saisonniers auf Grund aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen ihre Ansprüche nur bedingt geltend machen. Die Koordinationsregeln der EU zwingen die Schweiz, nach der Annahme der bilateralen Verträge drei Grundsätze zu erfüllen: Das Beschäftigungslandprinzip bedeutet, dass der Anspruch auf Leistungen der ALV in jenem Staat besteht, in welchem der Arbeitnehmer zuletzt angestellt war; die Zusammenrechnung der Beitragszeiten stellt sicher, dass alle in einem EU-Land geleisteten Beschäftigungen für die Berechnung des Anspruchs berücksichtigt werden; die Bestimmungen zum Export von Leistungen ermöglichen es schliesslich einem arbeitslosen Schweizer oder EU-Bürger, in einem anderen Land eine Arbeit zu suchen und sich die Arbeitslosenentschädigung während maximal drei Monaten nachschicken zu lassen. In Anbetracht der relativ hohen Zahl von befristeten Arbeitsverhältnissen ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – 1997 hatten rund 90 000 EU-Staatsangehörige einen unterjährigen Arbeitsvertrag in der Schweiz – wurde eine siebenjährige Übergangsregelung ausgehandelt. Diese sieht vor, dass die Schweiz in diesem Zeitraum bei Arbeitnehmern mit unterjährigen Arbeitsverhältnissen das Prinzip der Zusammenrechnung nicht anwenden muss. Damit haben Kurzaufenthalter nur dann Anspruch auf Leistungen, wenn sie die sechsmonatige Mindestbeitragszeit nach schweizerischem Recht erfüllen. Im Gegenzug erstattet die Schweiz während der Übergangsfrist weiterhin den Wohnsitzstaaten die auf den Löhnen der Grenzgänger erhobenen Beiträge sowie neu diejenigen der Kurzaufenthalter mit einem Arbeitsverhältnis von weniger als sechs Monaten.

Personenfreizügigkeit (Bilaterale I und flankierende Massnahmen, BRG 99.028-4)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Die langwierigen Bemühungen um eine Vereinheitlichung von Begriffen und Verfahrensregeln im Bereich der Sozialversicherungen scheinen endlich zu einem Ende zu kommen. Der Nationalrat, der in den letzten Jahren federführend bei der Umsetzung der ursprünglich vom Ständerat initiierten Vorlage war, genehmigte das Gesetz über den allgemeinen Teil der Sozialversicherung (ATSG) in einer gegenüber den ersten Vorarbeiten bedeutend schlankeren Version, die insbesondere die betriebliche Vorsorge (BVG) nicht mehr umfasst.

Parlamentarische Initiative Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)

Ende Mai genehmigte Bundespräsidentin Dreifuss den Ausführungsplan zum Nationalen Forschungsprogramm „Probleme des Sozialstaates“. Dieses mit 10 Mio Fr. dotierte NFP setzt vier thematische Schwerpunkte: Grundlagen und neuere Entwicklungen, behinderte Menschen, Erwerbslosigkeit und Gesundheitssystem. Die eigentlichen Forschungsarbeiten werden im Herbst 2000 beginnen.

Nationalen Forschungsprogramm „Probleme des Sozialstaates“

Die Pro Familia Schweiz, der Dachverband der schweizerischen Familienorganisationen, stellte das heutige Konzept der Sozialversicherungen radikal in Frage und postulierte ein Modell, das sich nicht nur auf die Erwerbsarbeit abstützt, sondern auch die unbezahlte Arbeit in Familie und Öffentlichkeit einbezieht.

Konzept der Sozialversicherungen

Die Vernehmlassung zur 1. BVG-Revision zeigte mehrheitlich Zustimmung zum Revisionsvorhaben an sich, doch wurden die konkreten Vorschläge des Bundesrates sehr kontrovers beurteilt. Die Landesregierung beschloss deshalb, die Vorlage aus Kostengründen auf die Koordination mit der AHV sowie auf Konsolidierungselemente zu beschränken. Die von ihm ursprünglich noch als wünschenswert bezeichneten sozialpolitischen Anliegen, die er nicht näher ausgeführt hatte, die aber insbesondere die Stellung der Teilzeitarbeitenden und der Personen mit niedrigem Einkommen (in beiden Fällen vor allem Frauen) hätten verbessern sollen, waren damit in der Vorlage nicht mehr enthalten.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Der Bundesrat war bereit, eine Motion Goll (sp, ZH) in Postulatsform entgegen zu nehmen, welche ihn beauftragen wollte, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, dass Berufe mit häufig wechselnden oder befristeten Anstellungen dem BVG-Obligatorium unterstellt werden, doch erwuchs dem Vorstoss Opposition von Kofmel (fdp, SO), weshalb seine Behandlung verschoben wurde.

Motion befristeten Anstellungen

Mit einer Motion wollte Ständerätin Leumann (fdp, LU) den Bundesrat verpflichten, im Rahmen der anstehenden BVG-Revision das Freizügigkeitsgesetz so abzuändern, dass Bagatell-Freizügigkeitsleistungen nicht mehr an die Auffangeinrichtung überwiesen werden müssen und der Verzugszins bei „vergessenen“ Guthaben nicht geschuldet ist, wenn die erfüllungsbereite Vorsorgeeinrichtung nicht handeln konnte. Die Motion wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf die anstehende BVG-Revision verwies, nur als Postulat angenommen. Eine identische Motion (98.3597) Bangerter (fdp, BE) im Nationalrat wurde von Thanei (sp, ZH) bekämpft, womit deren Beratung vorderhand ausgesetzt war.

Keine Überweisung von Bagatell-Freizügigkeitsleistungen und kein Verzugszins bei vergessenen Guthaben (Mo. 98.3588 und Mo. 98.3597)
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Anfangs März legte der Bundesrat seine Botschaft für ein neues Bundesgesetz über die Pensionskasse des Bundespersonals vor. Darin werden einerseits die Grundsätze für die berufliche Vorsorge des Bundespersonals festgelegt und andererseits die organisatorische Neuausrichtung der Kasse definiert. Bei letzterer geht es primär um die Verselbständigung der bisher als Bundesamt organisierten Kasse in eine eigene Rechtspersönlichkeit. Als leitendes Organ dieser Pensionskasse schlägt der Bundesrat eine Kassenkommission vor. Die Vorsorgeeinrichtung soll in Zukunft auf zuverlässigere finanzielle Grundlagen gestellt werden, indem der Bund als Arbeitgeber seine Beiträge laufend und vollständig entrichten muss und für die verschiedenen Arbeitgeber (Bund, SBB, Post etc.) getrennte Rechnungen geführt werden. Die aus dem bisherigen Teildeckungssystem entstandene und vom Bund in den nächsten Jahren abzubauende Unterdeckung beträgt mit rund CHF zwölf Mrd. etwa einen Drittel des Deckungskapitals.

Bundesgesetz über die Pensionskasse des Bundespersonals (99.023)

Der Nationalrat überwies ein Postulat seiner SGK, welches den Bundesrat auffordert, die Verordnung zum BVG dahingehend zu ändern, dass nicht nur die in einer Pensionskasse angelegten Gelder, sondern auch jene, die auf Freizügigkeitskonten resp. -policen ruhen, zu einem Mindestsatz verzinst werden müssen.

Postulat Freizügigkeitskonten zu einem Mindestsatz verzinst

1997 hatte ein Bericht der Gewerkschaft Bau und Industrie neben der AHV auch im Bereich der Pensionskassen rund 68'000 ”vergessene Konten” im Umfang von über 400 Mio. Fr. ausgemacht, auf welche vor allem ausländischen Arbeitskräfte Anspruch haben, die nicht bis zu ihrer Pensionierung in der Schweiz arbeiteten. Um dieses Problem zu lösen, beantragte der Bundesrat dem Parlament eine Änderung des Freizügigkeitsgesetzes in dem Sinn, dass eine zentrale Meldestelle geschaffen werden soll. Ihr werden die Vorsorgeeinrichtungen jene Personen melden, die sich im Rentenalter befinden und ihre Pensionskassenguthaben noch nicht abgerufen haben. Zusammen mit der Zentralen Ausgleichskasse der AHV wird die Meldestelle versuchen, die Adresse der Berechtigten zu eruieren. Sie wird zudem ein Register jener Versicherten führen, zu denen die Vorsorgeeinrichtungen keinen Kontakt mehr haben. Auf Anfrage kann sie so auch jüngeren Versicherten (ausländischen wie schweizerischen Abeitnehmern) mitteilen, welche Kasse möglicherweise für sie ein Konto unterhält. Beide Kammern nahmen die Vorlage praktisch diskussionslos an.

Schaffung einer Meldestelle für vergessene Konten (BRG 98.062)
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Im Nationalrat wurden mehrere Motionen zum BVG behandelt. Hafner (sp, SH) forderte den Bundesrat auf, eine lückenlose Versicherung des Invaliditätsrisikos aller Personen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass faktische Vorbehalte aus gesundheitlichen Gründen vermieden werden. Hochreutener (cvp) wollte den Bund verpflichten, den Alterssparprozess, der im BVG nach Vollendung des 24. Altersjahres beginnt, zugunsten eines flexiblen Altersrücktritts auf 21 anzusetzen (Mo. 98.3336), sowie für die Vorsorgeerinrichtungen eine spezielle Rechtsform einzuführen, die ihnen mehr Handlungsspielraum bietet (Mo. 98.3013). Alle drei Vorstösse wurden auf Antrag des Bundesrates in Postulate umgewandelt.

mehrere Motionen zum BVG

Parallel zur Vernehmlassung über die 11. AHV-Revision eröffnete der Bundesrat auch jene über die 1. BVG-Revision. Bei den Beratungen zum BVG (1976 bis 1982) war sich der Gesetzgeber bewusst gewesen, dass das Ziel der 2. Säule (Fortführung der gewohnten Lebenshaltung im Alter) nur in Etappen zu erreichen ist, weshalb das Gesetz selber den Auftrag zur periodischen Revision enthält. Die erste Überarbeitung hätte eigentlich 1995 durchgeführt werden sollen (zehn Jahre nach Inkrafttreten), verzögerte sich aber vor allem wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage. Partiell wurde das Gesetz aber schon für die Lösung drängender Probleme (Freizügigkeit, Wohneigentumsförderung, Ausweitung der Insolvenzdeckung) abgeändert. Die nun vorgelegten Revisionsvorschläge betreffen die Koordination mit der AHV insbesondere in den Bereichen Rentenalter und flexible Pensionierung, die Konsolidierung des Obligatoriums der 2. Säule und die Weiterentwicklung des Systems, wobei der Bundesrat den beiden ersten Punkten Priorität einräumt. Für sie präsentierte er konkrete Lösungsvorschläge. Neben technischen Änderungen betrifft dies vor allem das gleiche Rentenalter für Mann und Frau, die Flexibilisierung des Rentenalters, das BVG-Obligatorium ab dem 22. Lebensjahr sowie die Einführung einer Witwerrente. Als grundsätzlich wünschenswert erachtet der Bundesrat den gezielten Leistungsausbau für kleine und mittlere Einkommen (inklusive den zwingenden Teuerungsausgleich auf den Altersrenten) sowie die bessere Berücksichtigung der Anliegen der Teilzeitarbeitenden (Abschaffung oder Proportionalisierung des Koordinationsabzuges), doch soll die Vernehmlassung hier erst zeigen, ob und inwieweit ein Konsens über diese Weiterentwicklung besteht. Die diesbezüglichen Modelle sind nur materiell umschrieben; für sie liegt noch kein Gesetzestext vor.

1. BVG-Revision (BRG 00.027)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Kurz vor Weihnachten stellte das EDI den zweiten Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe Finanzierung der Sozialversicherung (IDA-FiSo-2) der Öffentlichkeit vor. Nachdem der erste Bericht die finanziellen Folgen der Weiterführung des geltenden Leistungssystems in den Jahren 2010 und 2025 dargestellt hatte, wurden mit dem zweiten Bericht die möglichen Aus-, Um- oder Abbauszenarien im Leistungsbereich dargestellt. IDA-FiSo-1 war im Vorjahr zum Schluss gelangt, dass im Jahre 2010 15,3 Mia. Fr. mehr nötig sind, um die heutigen Sozialleistungen inklusive Mutterschaftsversicherung zu finanzieren. Der Bundesrat hatte IDA-FiSo-2 daraufhin den Auftrag erteilt, anhand von drei Szenarien darzustellen, was getan werden müsste, um den Mehrbedarf auf 9 Mia. Fr. zu beschränken, welche Massnahmen die Fortführung des Status quo fordert und welche die Erhöhung der Ausgaben auf 18 Mia. Fr. Der IDA-FiSo-2-Bericht zeigte den Gestaltungsraum innerhalb der einzelnen Sozialversicherungszweige auf sowie die Auswirkungen für das ganze System, die Versicherten und die Wirtschaft. Bei allen Varianten wurde mit einem finanziellen Mehrbedarf gerechnet.

Sowohl die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber auf der einen, als auch die SP und die Gewerkschaften auf der anderen Seite sahen sich von den Schlussfolgerungen des Berichtes in ihren Ansichten bestätigt. Die FDP fand, dass jetzt weder ein Ausbau noch die Schliessung von Lücken im sozialen Netz möglich sei. Sie forderte den Bundesrat auf, für die mittel- und langfristigen Aspekte der Finanzierung der Sozialwerke zu einem Gespräch am runden Tisch einzuladen. Die SVP verlangte ein Sanierungspaket, das auf der Leistungsseite zwingende Korrekturen vornehme. Die Arbeitgeber vertraten die Auffassung, dass nur das Szenario "gezielter Abbau" wirtschaftsverträglich sei, und dass im jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer Mutterschaftsversicherung nicht zur Diskussion stehen könne. Gegen jeglichen Ausbau war auch der Schweizerische Gewerbeverband; er verlangte unter anderem ein einheitliches Rentenalter von mindestens 65 Jahren, eine Kürzung der Bezugsdauer bei der Arbeitslosenversicherung sowie Kostendämpfungen im Gesundheitswesen.

Ganz andere Schlüsse zogen SP und Gewerkschaften aus dem Bericht. Für die Sozialdemokraten zeigte dieser, dass kein Bedarf für Leistungsabbauszenarien im Sozialversicherungsbereich bestehe und auch ein Moratorium wirtschaftspolitisch nicht zu rechtfertigen sei. Aus dem Bericht sei zudem ersichtlich, dass die Politik in der Ausgestaltung der sozialen Schweiz der nächsten Jahrzehnte einen sehr grossen Spielraum habe. Für den Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG) stellte der Bericht eine gute Ausgangslage dar, um die Auseinandersetzungen über die künftige Ausgestaltung der Sozialwerke zu versachlichen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen bezeichnete den Bericht als mangelhaft. Er liste unzählige Abbauvorschläge auf und beschränke sich dabei auf die Bezifferung der möglichen Einsparungen. Dabei hätten die Experten vergessen, die Folgen für die Betroffenen darzulegen. SP und SGB verlangten die rasche Realisierung der Mutterschaftsversicherung und der Ruhestandsrente.

Einmal mehr zwischen den Fronten versuchte sich die CVP zu positionieren. Die Partei sprach sich sowohl gegen den Abbau als auch gegen den Ausbau, sondern für den Umbau der Sozialversicherungen auf dem Niveau der heutigen Sozialleistungsquote sowie für eine Mutterschaftsversicherung aus. Sie kritisierte aber, die Arbeitsgruppe sei von zu optimistischen Arbeitslosenquoten (maximal 3,5%) ausgegangen. Sparpotential ortete sie in mehr Eigenverantwortung und in der Missbrauchsbekämpfung.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Der Nationalrat befasste sich mit einer Motion Rechsteiner (sp, BS), welche verlangte, dass der Sicherheitsfonds die Mehrkosten tragen soll, die Vorsorgeeinrichtungen durch eine ungünstige Risikozusammensetzung bei der gesetzlichen Minimalversicherung der Risiken Tod und Invalidität erwachsen, damit inskünftig die Risikoprämie für den teuersten Betrieb nicht mehr als 50% über der durchschnittlichen Prämie liegt. Nachdem der Bundesrat erklärt hatte, er werde das Anliegen im Rahmen der anstehenden BVG-Revision prüfen, wurde der Vorstoss als Postulat überwiesen.

Zuschüsse des BVG-Sicherheitsfonds bei exorbitanten Risikoprämien (Mo. 97.3336)
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)