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Der Bundesrat nahm im Oktober den Drei-Säulen-Bericht des EDI zur Kenntnis. Der Bericht zeigt die Möglichkeiten der zukünftigen Entwicklung im Bereich der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (AHI) auf. Angesichts der bereits eingetroffenen und noch zu erwartenden sozio-ökonomischen Veränderungen kommt er zum Schluss, dass an der bestehenden Drei-Säulen-Konzeption grundsätzlich festzuhalten sei und keine grösseren Gewichtsverschiebungen zwischen den einzelnen Säulen vorgenommen werden sollten. Gleichzeitig wurden jedoch einzelne Anpassungen zur Optimierung des AHI-Systems vorgeschlagen. Der Bericht behandelte die finanziellen Auswirkungen der skizzierten Lösungen nicht im Detail. Dies soll die vom Bundesrat im Vorjahr eingesetzte interdepartementale Arbeitsgruppe (IDA FiSo) tun, welche im Mai ihre Arbeit aufnahm. Politisch brisantester Punkt des Berichts war die Feststellung, dass die erste Säule (AHV/IV) nach wie vor nicht existenzsichernd ist, wie es die Verfassung verlangt, weshalb eine Neufassung des Verfassungsziels im Sinn einer "Zielhierarchie" vorgeschlagen wurde, bei der die Existenzsicherung zur Aufgabe aller drei Säulen sowie nötigenfalls der Ergänzungsleistungen wird. Diese sollen definitiv in der Verfassung verankert werden.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Der Nationalrat überwies diskussionslos eine vom Bundesrat unterstützte Motion des Ständerates, welche verlangt, dass der Bund angesichts der enormen Probleme in der IV deren finanzielle Konsolidierung anstreben, eine wesentlich bessere Abstimmung mit den übrigen Zweigen der Sozialversicherung gewährleisten und die stark divergierende Anwendung der IV in den Kantonen vereinheitlichen sowie den Vollzug straffen soll.

Motion IV eine grundlegende Überprüfung bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen

Die 1990 von SP und SGB eingereichte Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV", welche eine Verlagerung von der 2. Säule (Pensionskasse) auf die 1. Säule (AHV) und die Einführung einer Vorruhestandsregelung ab 62 Jahren verlangte, wurde von Volk und Ständen klar abgelehnt. Die stärkste Zustimmung fand die Vorlage im den Kanton Tessin mit über 43% der Stimmen, gefolgt von den Kantonen der Romandie, die - mit Ausnahme des Wallis - einen Ja-Anteil von über 30% aufwiesen. Die geringste Unterstützung - mit deutlich weniger als 20% der Stimmen - wurde in den beiden Appenzell und in Unterwalden registriert. Das gesamthaft negative Ergebnis war im Vorfeld der Abstimmung allgemein erwartet worden. Auch wenn, wie die Vox-Analyse zu diesem Urnengang zeigte, eine Mehrheit der Stimmenden der Meinung war, dass mit 62 eine Pensionierung ohne materielle Einbusse möglich sein sollte, überwogen doch die finanzpolitischen Bedenken gegenüber dieser Lösung.

Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV"
Abstimmung vom 25. Juni 1995
Beteiligung: 40,3%
Nein: 1'307'302 (73,4%) / 20 6/2 Stände
Ja: 499'266 (27,6%) / 0 Stände

Parolen:
- Nein: FDP, CVP, SVP, LP, LdU, EVP, FP, SD, EDU; Vorort, SGV, SBV, Pensionskassenverbände
- Ja: SP, GP (1*), PdA; SGB
Stimmfreigabe: Lega; CNG

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Im Rahmen der Sanierungsmassnahmen 1994 der Bundesfinanzen verweigerten beide Kammern gegen den Vorschlag ihrer jeweiligen Finanzkommissionen die Abschaffung der 1986 eingeführten Viertelsrente. Wie bereits in der Eurolex-Debatte argumentierte der Bundesrat in seinem Kürzungsvorschlag, dass diese Minimalrente zahlenmässig kaum ins Gewicht falle, deren Aufhebung dem Bund mittelfristig aber Einsparungen von jährlich sieben Mio. Fr. bringen würde. Im Parlament wurde demgegenüber darauf hingewiesen, dass gerade die Viertelsrente dem Grundsatz der IV, wonach Wiedereingliederung vor Rente zu stellen sei, besonders entgegenkomme. Eine Aufhebung dieser Rentenform würde voraussichtlich nur zu einer Zunahme der halben Renten oder zu einer Auslagerung der Kosten auf die Ergänzungsleistungen führen. Hingegen wurden die Baubeiträge an Eingliederungswerkstätten und Wohnheime auf einen Drittel der anrechenbaren Kosten begrenzt, was zu Einsparungen von rund 15 Mio. Fr. führt.

Sparmassnahmen zur nachhaltigen Sanierung des Bundeshaushaltes (BRG 94.073)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1994 für den Bundeshaushalt (BRG 94.073)

In der Wintersession befasste sich der Ständerat mit einer von seiner SGK eingereichten Motion, welche angesichts der sich zuspitzenden finanziellen Situation der IV (immer mehr Rentner, zunehmende Defizite, komplexe Organisation, uneinheitliche Anwendung) eine grundlegende Überprüfung, eine bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen verlangte. Im Einverständnis mit dem Bundesrat überwies die kleine Kammer die Motion ohne Gegenstimme.

Motion IV eine grundlegende Überprüfung bessere Abstimmung auf andere Sozialversicherungen und verstärkte Eingliederungsmassnahmen

Die 1990 von der SP und dem SGB eingereichte Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV" wurde vom Parlament, weil sie als zu weitreichend erachtet wurde, klar und ohne lange Diskussionen abgelehnt. Da diese Initiative primär die Frage der Finanzierung von AHV und IV angeht, zielt sie eigentlich auf die 11. AHV-Revision ab, welche sich vorrangig mit diesem Problemkreis befassen wird. Die Initiative verlangt eine Gewichtskorrektur zwischen erster und zweiter Säule, eine existenzsichernde Rente, eine Vorruhestandsregelung ab 62 Jahren bei ungekürzter Rente, volle Freizügigkeit beim Pensionskassenwechsel sowie eine Mindestbeteiligung des Bundes an der AHV von 25 Prozent.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Der Ständerat erteilte nach ausgedehnten Vorarbeiten dem aus CVP-Kreisen lancierten Modell einer Einheitsrente eine deutliche Absage und kehrte zum Splitting-Modell zurück, verzichtete aber auf die im Vorschlag des Nationalrates enthaltene steilere Rentenformel zugunsten der 1992 eingeführten geknickten Formel. Um Rentenverluste bei den verwitweten IV- und Altersrentnerinnen und -rentnern zu vermeiden, soll bei diesem Personenkreis ein 20-prozentiger Zuschlag zur Rente ausgerichtet werden, allerdings höchstens bis zum Betrag der Maximalrente. Im Unterschied zum Nationalrat beschloss die kleine Kammer zudem, vier Jahre nach Inkrafttreten der Revision auch die altrechtlichen Renten in das neue System zu überführen. Damit soll die jahrelange Parallelführung zweier Rentensysteme und die Ungleichbehandlung von Alt- und Neurentnerinnen und -rentnern beseitigt werden.

Bereits zu Beginn der Debatte wurde deutlich, dass auch im Ständerat der hauptsächlichste Diskussionspunkt die Heraufsetzung des Rentenalters der Frauen sein würde. Zwei Rückweisungsanträge Onken (sp, TG) und Petitpierre (fdp, GE), welche den Bundesrat beauftragen wollten, eine Ruhestandsrente einzuführen bzw. das Rentenalter von der Beitragsdauer abhängig zu machen, wurden ebenso verworfen wie der Antrag einer Kommissionsminderheit, das heutige Rentenalter beizubehalten. Hingegen wurde ein Antrag Beerli (fdp, BE) / Cottier (cvp, FR) angenommen, wonach während einer Übergangsfrist der Kürzungssatz für die Frauen beim Vorbezug von 6,8% auf 3,4% halbiert werden soll. Ein Antrag Onken, die Vorlage in einen Rentenalter- und einen Splitting-Teil aufzuschlüsseln, wurde mit 32:5 Stimmen deutlich abgelehnt.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Das Parlament folgte der Landesregierung und erhöhte den Beitragssatz der IV von 1,2 auf 1,4 Lohnprozente, lehnte aber eine weitergehende Kompetenz des Bundesrates zur Erhöhung bis auf 1,5% ab. Gleichzeitig wurde der Beitragssatz in der Erwerbsersatzordnung von 0,5 auf 0,3% herabgesetzt, womit die Gesamtbeitragsleistung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich bleibt. Dieser Beitragstransfer hilft, das infolge einer markanten Ausdehnung der Leistungen entstandene Defizit der IV zu verringern, wird aber kaum ausreichen, um dieses Sozialwerk aus den roten Zahlen zu bringen.

Ausgabenüberschuss von 420 Mio Fr.

Im Frühjahr beriet der Bundesrat in einer Klausursitzung erstmals den von ihm beim EDI in Auftrag gegebenen Drei-Säulen-Bericht, dessen sozialpolitische Bedeutung schwergewichtig in der Darstellung und in der Überprüfung der Tauglichkeit der Drei-Säulen-Konzeption für die Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenvorsorge liegt. Der Bericht sollte als Grundlage für die Diskussion der Probleme dienen, die sich insbesondere im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung stellen. Der Bundesrat teilte die Schlussfolgerung des Berichts, wonach an der Drei-Säulen-Konzeption bei der AHI-Vorsorge grundsätzlich festgehalten werden soll, erachtete den Bericht in Detailfragen aber als ungenügend und beauftragte das EDI, ihn hinsichtlich verschiedener Leistungs- und Wirtschaftsszenarien zu ergänzen. Um Aspekte zu beleuchten, die über den Rahmen der eigentlichen AHI-Vorsorge hinausgehen, ermächtigte der Bundesrat das EDI Ende Jahr zudem, eine interdepartementale Arbeitsgruppe "Finanzierungsperspektiven in der Sozialversicherung" einzusetzen, die mögliche Lösungswege für die mittel- und langfristige Finanzierung der Sozialwerke aufzeigen soll.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Bei den Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt lehnte auch der Ständerat die Streichung gewisser Beiträge der IV an Einrichtungen für Behinderte im Rentenalter ab. Die Ratsmehrheit teilte damit die Befürchtung des Nationalrates und der Kommissionsminderheit, dass dadurch Schwerbehinderte im Alter ihre ihnen vertrauten Heime verlassen müssten. Die Räte vergaben damit Einsparungen von jährlich 20 Millionen Franken.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Eine Motion Wick (cvp, BS) betreffend die Kassenpflicht von speziellen Diätetika für Invalide mit Geburtsgebrechen, für welche nach Erreichen des 20. Altersjahrs die Leistungen der Invalidenversicherung erlöschen, wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf entsprechende Kontakte zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherung und dem Konkordat der Krankenkassen verwies, nur als Postulat angenommen. Bei der Beratung des revidierten Krankenversicherungsgesetzes beschloss der Nationalrat, dass die Krankenversicherung inskünftig in solchen Fällen leistungspflichtig ist.

Kassenpflicht von speziellen Diätetika (Mo. 92.3313)

Nach jahrelangem Höhenflug verzeichneten die schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss. Rezessionsbedingt stiegen die Einnahmen von AHV, IV und EO lediglich noch um 3,5%, die Ausgaben hingegen um 9,2%. Beim Ausgleichsfonds beliefen sich die gesamten Einnahmen der drei staatlichen Sozialwerke auf 30,7 Mia. Fr., die Ausgaben auf 29,9 Mia. Fr. Bemerkbar machte sich dabei die generelle Rentenerhöhung um 4,4% sowie die vorgezogenen Leistungsverbesserungen der 10. AHV-Revision. Die Wirtschaftsflaute führte zu stagnierenden Lohnbeiträgen bei gleichzeitig höheren IV-Leistungen.

schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss

Ebenfalls im Rahmen dieses Sanierungsprogramms wollte der Bundesrat – ähnlich wie schon im Eurolex-Paket – die schrittweise Abschaffung der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer einleiten. Gemäss seinem Vorschlag sollten keine Neubeitritte zur freiwilligen Versicherung mehr möglich sein, eine Übergangsregelung die Rentenansprüche der bisherigen Versicherten im Umfang der bis zu zehn Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung geleisteten Beiträge jedoch gewährleisten. Der Bundesrat veranschlagte die möglichen Einsparungen auf bis zu 40 Mio. Fr. pro Jahr. Der Nationalrat wies die Vorlage an die Regierung zurück mit der Auflage, stattdessen für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben sowie eine anderweitige Versicherung für Auslandschweizer in jenen Staaten zu sorgen, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Als weiteren Beitrag zur Gesundung der Bundesfinanzen beantragte der Bundesrat dem Parlament Einsparungen bei der IV von 45 Mio. Fr. bis 1997. Insbesondere sollten die Beiträge an Anstalten, Werkstätten und Wohnheime für IV-Rentner nicht mehr ausgerichtet werden, sobald die in diesen Einrichtungen untergebrachten Personen das AHV-Alter erreichen. In gleicher Weise sollten die Beiträge an die Beratung und Betreuung Invalider und ihrer Angehöriger nur noch bezahlt werden, solange die betroffenen Invaliden noch nicht im Rentenalter sind. Die grosse Kammer folgte ihrer Kommission, die einen Leistungsabbau zulasten der Invaliden befürchtete, und lehnte diese Vorschläge recht deutlich ab.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

In jüngster Zeit sind die Ausgaben der Invalidenversicherung (IV) derart stark angestiegen, dass sie für 1993 einen Ausgabenüberschuss von 420 Mio. Fr. ausweist und ihre Reserven aufgebraucht hat. Verantwortlich dafür ist neben den Fortschritten in Technik, Medizin und Betreuung vor allem die Rezession. Vermehrt werden Dauerarbeitslose, deren missliche soziale Lage zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat, von der Arbeitslosenversicherung an die IV überwiesen. In seiner Botschaft an das Parlament beantragte der Bundesrat, den heutigen Beitragssatz von 1,2 Lohnprozenten definitiv im Gesetz zu verankern, der Regierung aber die Kompetenz zu erteilen, bei Bedarf den Satz auf 1,5% anheben zu können. Weil gleichzeitig eine Senkung des Beitrages an die klar überfinanzierte Erwerbsersatzordnung (EO) von 0,5 auf 0,3% geplant ist, werden Versicherte und Wirtschaft durch diese Umlagerung nicht stärker belastet als bisher.

Ausgabenüberschuss von 420 Mio Fr.

Das Eidg. Versicherungsgericht (EVG) entschied in einem neuen Grundsatzurteil, dass sich eine Person, die durch Alkohol- oder Tabakmissbrauch zum Invaliden wird, inskünftig keine IV-Rentenkürzung mehr gefallen lassen muss. Das EVG berief sich dabei auf zwei internationale Abkommen, welche die Kürzung einer Invalidenrente nur zulassen, wenn jemand seine Gesundheit absichtlich geschädigt hat. Nach Auffassung des EVG ist äusserst fraglich, ob bei chronischem Missbrauch von Alkohol und Tabak überhaupt je von absichtlichem Selbstverschulden die Rede sein kann.

Keine IV-Rentenkürzungen mehr bei Alkohol- oder Tabakmissbrauch (1993)

Angesichts der prekären Finanzlage von Bund und Kantonen wurden Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen. Eine aus Vertretern des EFD und der kantonalen Finanzdirektoren bestehende Arbeitsgruppe regte in einem Diskussionspapier unter anderem an, mittelfristig auf die Revision und somit den Ausbau der Ergänzungsleistungen zu verzichten, den vollen Teuerungsausgleich auf den AHV/IV-Renten für ein Jahr zu streichen, die Viertelsrenten in der IV abzuschaffen und die Bundesbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien zu kürzen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Der Bundesrat empfahl der Bundesversammlung, die 1991 eingereichte Volksinitiative der SP und des SGB "zum Ausbau von AHV und IV" ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Er erachtete die Folgekosten dieser Initiative, die eine wesentliche Verschiebung von der 2. Säule (BVG) zur 1. Säule (AHV/IV/EL) anstrebt, für finanziell nicht verantwortbar. Die zuständige Ständeratskommission schloss sich dieser Sicht der Dinge an.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Weil es Behinderte auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, das geltende Gesetz über die Invalidenversicherung (IV) aber einseitig auf Erwerbstätigkeit ausgerichtet sei, traten die Dachorganisationen der privaten Invalidenhilfe mit Vorschlägen für eine Reform der IV an die Öffentlichkeit. Sie verlangten, dass neben der beruflichen auch die soziale Eingliederung stärker gefördert werde. So sollen die Hilfsmittel, die heute nur für die berufliche Eingliederung abgegeben werden, auch den erwerbsunfähigen Behinderten zur Verfügung stehen. Ausserdem regten sie die Einführung einer Einheitsrente von 1800 Fr. an, was der heutigen AHV-Maximalrente entspricht. Sie begründeten dies damit, dass die IV-Renten, die von den Beitragszahlungen abhängen, im Fall von jüngeren Behinderten oft sehr tief ausfallen und das Existenzminimum nur in den wenigsten Fällen angemessen deckten.

Behinderte auf dem Arbeitsmarkt soziale Eingliederung stärker gefördert

Bei der Invalidenversicherung hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die 1986 eingeführte Viertelsrente, welche die Wiedereingliederung leicht Behinderter fördern sollte, wieder abzuschaffen. Sein Hauptargument war, dass diese Rentenform nur wenig genutzt werde (knapp 4000 Versicherte) und in den EWR-Ländern unbekannt sei, der Export dieser Leistungen ins Ausland aber sowohl finanziell wie administrativ aufwendig wäre. In einer ersten Lesung übernahm der Ständerat, wenn auch sehr knapp, diese Auffassung. Der Nationalrat widersetzte sich aber diesem, wie er meinte, Sozialabbau, worauf sich Bundesrat und Ständerat oppositionslos der Beibehaltung der Viertelsrente anschlossen.

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Bei der AHV/IV (92.057-33) stimmten beide Kammern insofern den Vorschlägen des Bundesrates zu, als sie beschlossen, die seit über 40 Jahren bestehende freiwillige Versicherung für jene Auslandschweizerinnen und -schweizer, welche im EWR Wohnsitz haben, auslaufen zu lassen. Demzufolge wären ab 1993 keine neuen Versicherten aus EWR-Staaten in dieses Versicherungssystem mehr aufgenommen worden. Personen, die schon vorher beigetreten waren, hätten hingegen das Recht gehabt, die Versicherung weiterzuführen. Diese Änderung, die nicht vom "acquis communautaire" diktiert war, wurde notwendig, weil sich sonst alle EWR-Angehörigen, die je — und sei es nur ganz kurzfristig — im Dienst eines Schweizer Arbeitgebers standen, dieser Versicherung hätten anschliessen können, was zu einer immensen Mehrbelastung der AHV/IV (rund 4 Mia. Fr. pro Jahr) hätte führen können. Der Bundesrat hatte die freiwillige AHV/IV gänzlich abschaffen wollen.

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Die Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV hatten lange als Stolperstein bei der europäischen Sozialintegration der Schweiz gegolten. Sie wurden ursprünglich geschaffen, weil die Ausgestaltung der AHV/IV nach wie vor dem Verfassungsauftrag nach Sicherung des Existenzminimums nicht genügt. Der Export dieser schweizerischen Spezialität hätte nicht nur zu massiven Mehrausgaben geführt – das BSV rechnete mit jährlich rund 600 Mio. Fr. –, sondern auch beim Vollzug schier unlösbare Probleme gebracht. Mit Erleichterung wurde deshalb die Nachricht aufgenommen, dass der EG-Ministerrat bereit sei, staatliche Systeme mit beitragsunabhängigen Bedarfsleistungen von der Exportpflicht zu befreien. Hingegen musste die fünfzehnjährige EL-Karenzfrist, die bis anhin für alle Ausländer mit Wohnsitz Schweiz galt, für EWR-Angehörige fallengelassen werden. Ebenfalls um einen generellen Export zu verhindern, wurde eine weitere Eigenheit des schweizerischen Sozialversicherungssystems, nämlich die Hilflosenentschädigungen, aus dem AHV/IV-System herausgelöst und den EL angegliedert

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Eine Motion Borel (sp, NE) verlangte vom Bundesrat eine Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, wonach die durch Geburtsgebrechen verursachten Kosten für Arzt, Heilmittel und Pflege nicht nur bis zum Alter von 20 Jahren, wie dies heute der Fall ist, sondern ohne zeitliche Begrenzung von der IV übernommen werden. Auf Antrag des Bundesrates, der eine Totalrevision des Invalidenversicherungsgesetzes für die übernächste Legislatur in Aussicht stellte, wurde die Motion nur als Postulat überwiesen.

Erweiterte Kostenübernahme durch die IV bei Geburtsgebrechen (Mo. 91.3202)
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

Im Anschluss an die Behandlung einer Petition der Schweizerischen Paraplegikervereinigung zur Verbesserung der Stellung der Behinderten (Pet. 91.2012) verabschiedete der Nationalrat eine Motion seiner Petitions- und Gewährleistungskommission für die Einführung einer Integritätsentschädigung in der IV auf Antrag des Bundesrates nur in der Postulatsform.

Motion Einführung einer Integritätsentschädigung in der IV

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die SP reichten mit 118'264 gültigen Unterschriften ihre Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV» ein, die zum Ziel hat, AHV und IV weitgehend existenzsichernd zu gestalten. Die Pensionskassen sollten dagegen abgebaut werden und deutlicher als heute die Funktion einer Zusatzversicherung erhalten. Gleichzeitig wollen die Initianten die Gleichstellung von Mann und Frau erreichen und die heutige Ehepaarrente durch eine Einzelrente (Splitting) ersetzen.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)