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Oppositionslos hiessen beide Kammern eine parlamentarische Initiative der SGK des Ständerates gut, welche die Kantone verstärkt in das Prämiengenehmigungsverfahren einbeziehen will. Auslöser dafür waren zwei diesbezügliche Standesinitiativen der Kantone Genf und Tessin (Kt. Iv. 96.316 und 96.326). Der vorgesehene neue KVG-Artikel räumt den Kantonen zwar keine eigentliche Mitsprache, jedoch ein umfassendes Einsichtsrecht ein. Faktisch wurde den Kantonen bereits im Herbst 1997 die Einsichtnahme in die Daten der Versicherer zur Festlegung der Prämien 1998 ermöglicht; 21 Kantone machten davon Gebrauch.

Kantone mehr Mitspracherecht bei der Prämiengestaltung

In der Herbstsession reichte die Genfer Freisinnige Saudan eine Motion ein mit der Forderung, die Reservenbewirtschaftung der Krankenkassen effizienter zu kontrollieren. Angesichts der Aktualität der Problematik behandelte der Ständerat diesen Vorstoss bereits in der Wintersession. Der Bundesrat bekräftigte noch einmal, dass das Visana-Debakel ein einmaliger Ausrutscher in einem System sei, das ansonsten gut funktioniere; zudem verwies er auf die mit der 1. Teilrevision des KVG beabsichtigte Stärkung der Aufsichtskompetenz des BSV. Auf seinen Antrag wurde die Motion als Postulat überwiesen. Der Nationalrat nahm eine analoge Motion Tschopp (fdp, GE) ebenfalls nur als Postulat an (Mo. 98.3433).

Reservenbewirtschaftung der Krankenkassen effizienter zu kontrollieren (Mo. 98.3487)
Dossier: Visana-Debakel 1998

Weitergehende Massnahmen, wie etwa der generelle Ausschluss der Visana aus der Grundversicherung, erwiesen sich als nicht durchführbar, weil das KVG keine Kasse verpflichtet, ihre Angebote flächendeckend anzubieten. Dem möchte Nationalrat Cavalli (sp, TI) in gewisser Weise abhelfen. In der Herbstsession reichte er eine parlamentarischen Initiative mit dem Ziel ein, dass Krankenkassen nur dort im (lukrativen) Zusatzversicherungsgeschäft tätig sein dürfen, wo sie auch die Grundversicherung anbieten. Bereits einen Monat später beschloss die zuständige Kommission des Nationalrates mit 10 zu 5 Stimmen, dem Plenum zu beantragen, der Initiative Folge zu geben.

Krankenkassen sollen nur dort Zusatzversicherungen anbieten können, wo sie auch Grundversicherung anbieten (Pa.Iv. 98.434)
Dossier: Visana-Debakel 1998

Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) bietet vorerst keine Krankenversicherung an. Für die Anwendung der kostenwirksamen Instrumente der Unfallversicherung fehlten im Krankenversicherungsgesetz die Voraussetzungen, begründete sie ihren Entscheid. Die Idee, die case-management-Erfahrung der Suva auch in der Krankenversicherung einzusetzen, war durch eine parlamentarische Initiative Gysin (fdp, BL) lanciert worden (Pa.Iv. 97.415), welcher der Nationalrat im Vorjahr Folge gegeben hatte.

parlamentarische Initiative SUVA als Krankenversichererin zuzulassen

Die Turbulenzen um die Visana veranlassten CNG-Präsident Fasel (csp, FR), einen bereits mehrfach in die Diskussion gebrachten Vorschlag wieder aufleben zu lassen und mit einer parlamentarischen Initiative die Einführung einer Einheitskasse für die Grundversicherung zu verlangen. Die Gewerkschaft hatte bereits vor zwei Jahren eine Volksinitiative für eine einzige ”Gesundheitskasse” erwogen, sie aber dann zugunsten der mit dem SGB vereinbarten Initiative für eine obligatorische Taggeldversicherung zurückgestellt. Falls Fasel mit seinem Vorstoss im Parlament keinen Erfolg hat, will der CNG das Projekt mit einem Volksbegehren lancieren.

Parlamentarischen Initiative "Eine einzige Krankenkasse für alle" (Pa.Iv. 98.442)
Dossier: Visana-Debakel 1998
Dossier: Vorstösse zur Ermöglichung von Einheitskrankenkassen (seit 1998)

Entgegen der Forderung mehrerer Krankenversicherungen soll der Risikoausgleich unter den Kassen, der gemäss KVG nur Alter und Geschlecht berücksichtigt, in dieser Revision noch nicht verändert werden. Die Krankenkasse CSS hatte vorgeschlagen, neben Alter und Geschlecht auch eine Hospitalisierung im Vorjahr als weiteren Risikofaktor einzubeziehen. In diesem Sinn reichte Nationalrat Gross (sp, TG) eine Motion ein (Mo. 97.3594), die als Postulat überwiesen wurde. Ebenfalls nur als Postulat angenommen wurde eine Motion Engler (cvp, AI) für einen Verzugszins auf dem Risikoausgleich (Mo. 97.3378).

1.Teilrevision des KVG (BRG 98.058)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)
Dossier: 1. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1998-2002)
Dossier: Prämienverbilligung

Anfang Mai einigten sich die Gewerkschaften SGB und CNG darauf, gemeinsam eine Volksinitiative für eine obligatorische Taggeldversicherung zu lancieren. In den Genuss dieser Versicherungsform, für die eine Finanzierung über Lohnprozente vorgesehen ist, sollen vor allem Arbeitnehmer und Arbeitslose kommen. Auf der Leistungsseite verlangten die Gewerkschaften eine Mindestregelung, welche etwa den heutigen üblichen Standards in Gesamtarbeitsverträgen gleichkommt. Der obligatorisch versicherte Lohn entspräche dem Plafonds der Unfallversicherung (heute 97'200 Fr.). Die Taggelder hätten 80% des versicherten Verdienstes und bei den Arbeitslosen die volle Entschädigung durch die ALV abzudecken und würden ab dem 31. Krankheitstag ausbezahlt. Für die ersten 30 Krankheitstage verpflichtet die Initiative die Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung. Im Nationalrat versuchten zwei Abgeordnete, den Bundesrat mit Motionen zu beauftragen, die Taggeldversicherung wieder in die obligatorische Grundversicherung aufzunehmen und so auszugestalten, dass sie zu einer echten Erwerbsausfallversicherung wird. Die Motion Schmid (cvp, VS) wurde als Postulat überwiesen (Mo. 97.3173), die Motion Maury Pasquier (sp, GE) hingegen auf Antrag von Hess (cvp, ZG) abgelehnt (Mo. 97.3294).

Volksinitiative für eine obligatorische Taggeldversicherung

Die im Vorjahr lancierte Volksinitiative der PdA ”für einkommens- und vermögensabhängige Krankenkassenprämien” kam nicht zustande; sie erreicht knapp 50'000 Unterschriften. Nach Ansicht der Partei scheiterte die Initiative, weil sich die Linke auf kein gemeinsames Vorgehen einigen konnte und weitere Initiativen das Begehren konkurrenzierten. Die gesammelten Unterschriften wurden als Petition eingereicht. Im Parlament versuchte Nationalrätin Jeanprêtre (sp, VD) das gleiche Ziel über eine parlamentarischen Initiative zu erreichen (Pa.Iv. 97.422). Die vorberatende Kommission ging zwar mit der Initiantin einig, dass die Krankenkassenprämien vor allem für Familien des Mittelstandes eine schwere finanzielle Belastung bedeuten, meinte aber, das Problem lasse sich durch eine andere Finanzierung (Lohnprozente, Mehrwertsteuer, Energiesteuer) höchstens etwas entschärfen, nicht aber lösen. Der Verzicht auf Kopfprämien könnte zudem den unerwünschten Effekt haben, dass das Kostenbewusstsein des Einzelnen verloren ginge. Mit 83 zu 50 Stimmen wurde der Initiative keine Folge gegeben. Ein Postulat Cavalli (sp, TI) für eine einkommensabhängige Franchise wurde hingegen überwiesen (Po. 96.3632).

PdA Volksinitiative für einkommens- und vermögensabhängige Krankenkassenprämien

Das EDI war nicht bereit, das Vorgehen der Visana stillschweigend zu akzeptieren. Es genehmigte zwar den Rückzug, koppelte ihn aber an klare Auflagen. Unter anderem darf die Visana in den betroffenen acht Kantonen in den nächsten zehn Jahren nicht mehr als Grundversicherer auftreten und soll 25 Mio. Fr. aus ihren Reserven an jene Kassen abtreten, welche die abgeschobenen Versicherten übernehmen. Für Bundesrätin Dreifuss zeigte der Fall Visana aber auch die Stärke des neuen KVG. Dank dem Obligatorium in der Grundversicherung konnten alle von der Visana abgehalfterten Mitglieder ohne grössere Probleme in eine andere Kasse wechseln; unter dem alten Regime wären die Versicherten (mit Ausnahme der ”guten Risiken”) bei Bankrott, Teilauflösung oder Fusion einer Kasse unweigerlich auf der Strecke geblieben. Die Visana akzeptierte – wenn auch zähneknirschend – den zehnjährigen Ausschluss aus der Grundversicherung in den Rückzugskantonen, wehrte sich aber mit Zähnen und Klauen gegen die Herausgabe der Reserven und legte Rekurs beim Eidg. Versicherungsgericht ein.

Krankenkasse Visana zieht sich in acht Kantonen aus der Grundversicherung zurück
Dossier: Visana-Debakel 1998
Dossier: Krankenkassenreserven

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) aus dem Jahr 1996 wird erstmals einer Teilrevision unterzogen. Nach einer kontrovers verlaufenenen Vernehmlassung verabschiedete der Bundesrat im September die entsprechende Botschaft. Als wichtigste Änderung soll den Kantonen die Möglichkeit eingeräumt werden, bei ausserordentlicher Kostenentwicklung für alle Leistungserbringer Globalbudgets einzuführen, also auch für die Ärzte und nicht wie bisher nur für Spitäler und Heime. Im Gegensatz zur Ärzteschaft und den meisten Kantonen (mit Ausnahme von Bern, Genf und Solothurn) verspricht sich Bundesrätin Dreifuss von dieser Massnahme eine kostendämpfende Wirkung. Globalbudgets in der ambulanten Medizin hatten bereits im Entwurf zum neuen KVG figuriert, waren dann aber vom Parlament wieder gestrichen worden.

Punktuelle Änderungen zugunsten der Versicherten betreffen die Erleichterung eines Kassenwechsels (u.a. Verbot der Verknüpfung einer Zusatz- mit der Grundversicherung), die Möglichkeit für die Kantone, Jugendlichen bis zum 25. Altersjahr eine Prämienverbilligung zu gewähren, die Ausnahme einzelner der Prävention dienender Leistungen von der Franchise sowie die Sistierung der Versicherung bei längerdauerndem Militärdienst.

Weiteres zentrales Anliegen des Projekts ist eine substantielle Verbesserung bei den Modalitäten, nach welchen die im KVG vorgesehenen und mit der Mehrwertsteuerabstimmung von 1993 versprochenen Prämienverbilligungen an Versicherte in bescheidenen finanziellen Verhältnissen ausbezahlt werden. Obgleich die Kantone in den letzten beiden Jahren vermehrt durch eigene Beiträge die dafür vorgesehenen Bundesgelder auslösten, wurden nach wie vor stossende Ungleichbehandlungen je nach Wohnort der Anspruchsberechtigten festgestellt. Dem soll konkret durch eine umfassendere Information der Betroffenen begegnet werden. Zudem sollen die Kantone verpflichtet sein, zur Überprüfung der Anspruchsberechtigung einheitliche Kriterien anzuwenden sowie die aktuellsten Einkommens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen. Die Prämienverbilligung soll auch Personen ohne dauerndem Wohnsitz in der Schweiz (v.a. Saisonniers) zukommen, sofern sie sich längere Zeit hier aufhalten. Als Zeichen der Solidarität mit den minderbemittelten Versicherten erklärte sich der Bund bereit, mit einem separaten Bundesbeschluss seine eigenen Beiträge für die Jahre 2000 bis 2003 um jährlich 1,5 Prozent anzuheben. Damit würden diese anfänglich auf 2,213 Mia. Fr. und schliesslich auf 2,314 Mia. Fr. pro Jahr ansteigen. Die Kantone müssten diese Beiträge weiterhin um 50 Prozent aufstocken, wenn sie die volle Subvention bekommen wollen.

1.Teilrevision des KVG (BRG 98.058)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)
Dossier: 1. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1998-2002)
Dossier: Prämienverbilligung

Zusammenfassung der Zulassung der Leistungserbringenden (1998-2020)

Die Schweiz verfügt über eine der höchsten Dichten an praktizierenden Ärztinnen und Ärzten in der OECD. Zur Beschränkung der Ärztezahl hatte das Parlament 2000 eine zeitlich begrenzte Bedürfnisklausel eingeführt und diese bis 2011 dreimal verlängert. Aufgrund der grossen Zahl an Praxiseröffnungen nach dem Auslaufen der Bedürfnisklausel schränkte das Parlament die Zulassung von Leistungserbringenden 2013 in einem dringlichen Bundesgesetz erneut ein. Nachdem der Nationalrat einen Vorschlag zur langfristigen Steuerung des ambulanten Bereichs in der Schlussabstimmung abgelehnt hatte, musste die Zulassungsbeschränkung 2016 erneut verlängert werden. Gleichzeitig beauftragte das Parlament den Bundesrat, einen neuen Vorschlag zur Zulassung der Leistungserbringenden in die Vernehmlassung zu schicken. Diesen Vorschlag basierte der Bundesrat auf den Bericht zur Erfüllung eines Postulats der SGK-SR.

Zusammenfassung
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Nachdem sie lange Zeit ihre finanzielle Stabilität betont hatte, gab die Visana-Krankenkasse im August bekannt, dass sie sich auf Ende Jahr aus der Grundversicherung in acht Kantonen (Genf, Jura, Neuenburg, Glarus, Graubünden, Thurgau und beide Appenzell) zurückziehen werde. 103'000 Versicherte wurden so zum Wechsel in eine andere Kasse gezwungen. Der damit verbundene Prestigeverlust und zum Teil massive Prämienerhöhungen in den restlichen Kantonen sowie in den Zusatzversicherungen führten zu einem massiven Exodus der Versicherten. Bis Ende Jahr verlor die Visana gesamthaft einen Drittel ihres Bestandes in der Grundversicherung; bei den Zusatzversicherten betrug der Mitgliederschwund 15%. Mit immer noch 900'000 Kunden in der Grund- und Zusatzversicherung bleibt die Visana die drittgrösste Krankenkasse der Schweiz nach der Helsana und der CSS.

Krankenkasse Visana zieht sich in acht Kantonen aus der Grundversicherung zurück
Dossier: Visana-Debakel 1998
Dossier: Krankenkassenreserven

Am ”Runden Tisch” wurde ausgehandelt, dass die Kantone 500 Mio. Fr. zur Sanierung der Bundesfinanzen beitragen. Für gut 180 Mio. Fr. davon lagen nach Abschluss der Gespräche drei Varianten vor: Erhöhung der Kostenbeteiligung an der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung, Beteiligung an den Kosten der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) oder Erhöhung der Kantonsbeiträge an die AHV. Der Bundesrat entschied sich für letzere Variante. Damit wird der Bund von 1999 an bei der AHV um diesen Betrag entlastet.

Stabilisierungsprogramm 1998 (98.059)
Dossier: Stabilisierungsprogramm 1998

Die Aktion der Krankenkasse Visana im Vorjahr, ältere und kranke Versicherte als ”schlechte Risiken” zum Austritt zu bewegen, hatte Folgen. Das Konkordat der Krankenkassen beschloss einen neuen Ehrenkodex, wonach die Versicherer ausdrücklich auf alle Handlungen verzichten, die dazu dienen, beitrittswillige kranke Personen oder Anwärter mit einem hohen Krankheitsrisiko resp. anderweitig unerwünschte Personen von sich fernzuhalten oder sie abzuschieben, wenn sie bereits versichert sind.

Konkordat der Krankenkassen neuen Ehrenkodex

Art. 102 KVG besagt klar, dass die unter dem früheren Recht zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Festsetzung der Prämie anzurechnen sind. Diesen Artikel erklärte nun aber das Bundesgericht im Fall der Zusatzversicherung eines älteren Ehepaares als nicht anwendbar, weil er dem Geist des neuen Gesetzes widerspreche, wonach die Prämien risikogerecht festzusetzen sind. Mit diesem Urteil, das recht viel Staub aufwirbelte, wichen die Lausanner Richter erstmals vom Grundsatz ab, dass die Auslegung einer Rechtsnorm erst dort anfangen darf, wo die Klarheit des Textes aufhört. Das EDI nahm keine Stellung zu dieser brisanten Frage und verschanzte sich hinter der Feststellung, bei der Beratung des KVG habe der Gesetzgeber ganz bewusst darauf verzichtet, die Zusatzversicherungen im Krankenversicherungsrecht zu regeln und hätten diese dem Privatassekuranzbereich überlassen. Dieser Entscheid des Bundesgerichtes führte für 1999 zu teilweise massivsten Prämienschüben für die privat- oder halbprivatversicherten älteren Versicherungsnehmer.

Urteil des Bundesgerichts bezüglich Art. 102 KVG

Ab 2002 wird das kantonale Prämienniveau bei den Bundesbeiträgen zur Verbilligung der Krankenkassenprämien nicht mehr berücksichtigt. Der Bundesrat hatte dies 1994 in Eigenregie beschlossen, um den prämienintensiven Kantonen der Romandie entgegenzukommen. Dieser Entscheid hatte die Kantonsregierungen der Ost- und der Zentralschweiz auf den Plan gerufen, weil damit jene Kantone ”bestraft” würden, die sich bisher besonders für Einsparungen im Gesundheitswesen eingesetzt hätten. Stellvertretend für eine ganze Reihe von Standesinitiativen hatte der Ständerat 1997 eine parlamentarische Initiative Schiesser (fdp, GL) angenommen, welche die Massnahme nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren wieder abschafft. Der Nationalrat stimmte diesem Vorstoss diskussionslos zu.

Parlamentarische Vorstösse zu den von den Kantonen für 1996 nicht beanspruchten individuellen Prämienverbilligungen
Dossier: Prämienverbilligung

Aufgrund der beiden Berichte IDA-FiSo 1 und 2 traf sich der Gesamtbundesrat zu mehreren Aussprachen über die künftige Entwicklung der Sozialwerke. Zwei grundsätzliche Vorgaben leiteten ihn dabei. Erstens die Feststellung, dass sich die Sozialversicherungen alles in allem bewährt haben und politisch gut verankert sind, weshalb sich eine generelle Änderung des Systems nicht aufdrängt. Zweitens die Erkenntnis, dass es zu deren finanzieller Sicherung zusätzlicher Mittel bedarf, und zwar unabhängig davon, ob die Leistungen ausgebaut, auf dem jetzigen Stand eingefroren oder verringert werden. Der Bundesrat will die Sozialwerke auch in Zukunft aus verschiedenen Quellen alimentieren, weil eine Mischfinanzierung am ehesten Stabilität gewähre. Für die Beschaffung zusätzlicher Mittel steht die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Vordergrund. Ausgehend von der Gesamtschau von IDA-FiSo 2 definierte die Landesregierung drei Bereiche, die prioritär bearbeitet werden sollen, nämlich die Krankenversicherung mit der Umsetzung der kostendämpfenden Massnahmen, die Arbeitslosenversicherung mit der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung und die AHV/IV mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Einnahmen und Leistungen.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Eine vom BSV in Auftrag gegebene Studie wies anhand von konkreten Zahlen nach, dass alternative Versicherungsformen (HMOs, wählbare Jahresfranchisen von mindestens 1200 Fr. und Bonus-Versicherungen) bei gleichbleibender Qualität die Gesundheitskosten bis zu 40% senken können. Die Einsparung resultiert vor allem aus dem veränderten Verhalten der Versicherten (Bonus und Franchise) bzw. der Ärzte (HMO). Signifikant gesenkt wurden die Spitaleinweisungen (-50%) und der Medikamentenkonsum (-60%). Bisher sprachen die neuen Versicherungsformen vor allem die ”guten Risiken” (v.a. also jüngere Männer) an, doch steige die Bereitschaft der Bevölkerung, sich mit den neuen Modellen auseinanderzusetzen. Die Autoren der Untersuchung meinten aber auch, die Einsparungen würden zu wenig an die Versicherten weitergegeben, da das BSV die maximale Prämienreduktion auf 20% festgesetzt hat.

alternative Versicherungsformen

Kurz vor Weihnachten stellte das EDI den zweiten Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe Finanzierung der Sozialversicherung (IDA-FiSo-2) der Öffentlichkeit vor. Nachdem der erste Bericht die finanziellen Folgen der Weiterführung des geltenden Leistungssystems in den Jahren 2010 und 2025 dargestellt hatte, wurden mit dem zweiten Bericht die möglichen Aus-, Um- oder Abbauszenarien im Leistungsbereich dargestellt. IDA-FiSo-1 war im Vorjahr zum Schluss gelangt, dass im Jahre 2010 15,3 Mia. Fr. mehr nötig sind, um die heutigen Sozialleistungen inklusive Mutterschaftsversicherung zu finanzieren. Der Bundesrat hatte IDA-FiSo-2 daraufhin den Auftrag erteilt, anhand von drei Szenarien darzustellen, was getan werden müsste, um den Mehrbedarf auf 9 Mia. Fr. zu beschränken, welche Massnahmen die Fortführung des Status quo fordert und welche die Erhöhung der Ausgaben auf 18 Mia. Fr. Der IDA-FiSo-2-Bericht zeigte den Gestaltungsraum innerhalb der einzelnen Sozialversicherungszweige auf sowie die Auswirkungen für das ganze System, die Versicherten und die Wirtschaft. Bei allen Varianten wurde mit einem finanziellen Mehrbedarf gerechnet.

Sowohl die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber auf der einen, als auch die SP und die Gewerkschaften auf der anderen Seite sahen sich von den Schlussfolgerungen des Berichtes in ihren Ansichten bestätigt. Die FDP fand, dass jetzt weder ein Ausbau noch die Schliessung von Lücken im sozialen Netz möglich sei. Sie forderte den Bundesrat auf, für die mittel- und langfristigen Aspekte der Finanzierung der Sozialwerke zu einem Gespräch am runden Tisch einzuladen. Die SVP verlangte ein Sanierungspaket, das auf der Leistungsseite zwingende Korrekturen vornehme. Die Arbeitgeber vertraten die Auffassung, dass nur das Szenario "gezielter Abbau" wirtschaftsverträglich sei, und dass im jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer Mutterschaftsversicherung nicht zur Diskussion stehen könne. Gegen jeglichen Ausbau war auch der Schweizerische Gewerbeverband; er verlangte unter anderem ein einheitliches Rentenalter von mindestens 65 Jahren, eine Kürzung der Bezugsdauer bei der Arbeitslosenversicherung sowie Kostendämpfungen im Gesundheitswesen.

Ganz andere Schlüsse zogen SP und Gewerkschaften aus dem Bericht. Für die Sozialdemokraten zeigte dieser, dass kein Bedarf für Leistungsabbauszenarien im Sozialversicherungsbereich bestehe und auch ein Moratorium wirtschaftspolitisch nicht zu rechtfertigen sei. Aus dem Bericht sei zudem ersichtlich, dass die Politik in der Ausgestaltung der sozialen Schweiz der nächsten Jahrzehnte einen sehr grossen Spielraum habe. Für den Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG) stellte der Bericht eine gute Ausgangslage dar, um die Auseinandersetzungen über die künftige Ausgestaltung der Sozialwerke zu versachlichen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen bezeichnete den Bericht als mangelhaft. Er liste unzählige Abbauvorschläge auf und beschränke sich dabei auf die Bezifferung der möglichen Einsparungen. Dabei hätten die Experten vergessen, die Folgen für die Betroffenen darzulegen. SP und SGB verlangten die rasche Realisierung der Mutterschaftsversicherung und der Ruhestandsrente.

Einmal mehr zwischen den Fronten versuchte sich die CVP zu positionieren. Die Partei sprach sich sowohl gegen den Abbau als auch gegen den Ausbau, sondern für den Umbau der Sozialversicherungen auf dem Niveau der heutigen Sozialleistungsquote sowie für eine Mutterschaftsversicherung aus. Sie kritisierte aber, die Arbeitsgruppe sei von zu optimistischen Arbeitslosenquoten (maximal 3,5%) ausgegangen. Sparpotential ortete sie in mehr Eigenverantwortung und in der Missbrauchsbekämpfung.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Mit einer parlamentarischen Initiative schlug Nationalrat Cavalli (sp, TI) vor, die für die Prämienverbilligung nicht beanspruchten Gelder in den Fonds für den Risikoausgleich zwischen den Kassen fliessen zu lassen. Die Mehrheit der Kommission schätzte die Verteilung der Gelder über den Risikoausgleich aber als ungünstig ein, da dieser nur die beiden Elemente Alter und Geschlecht berücksichtigt. Im Plenum wurde die Initiative mit 69 zu 49 Stimmen abgelehnt. Eine Motion Rychen (svp, BE) zur Verstärkung des Risikoausgleichs unter den Krankenkassen wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf eine anstehende Evaluationsstudie zu diesem Fragenkomplex verwies, als Postulat angenommen (Mo. 97.3454).

parlamentarischen Initiative Fonds für den Risikoausgleich zwischen den Kassen

Dieser Vorschlag stiess beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund vorerst nicht auf grosse Begeisterung. Der SGB fürchtete vor allem, dass durch Globalbudgetierungen gerade jene Hausärzte getroffen würden, die eine relativ preiswerte Medizin anbieten. Im definitiven Text, den SP und SGB Ende Oktober mit dem Titel "Gesundheit muss bezahlbar bleiben" verabschiedeten, wurde die zentrale Steuerung durch den Bund etwas relativiert. Die Kantone sollen nach wie vor auch ihre eigenen Gesundheitsplanungen vornehmen können. Die einkommensabhängigen Prämien wurden ebenfalls noch einmal überarbeitet, um auch den Mittelstand zu entlasten. Rund 90% der Bevölkerung würden mehr oder weniger deutlich vom neuen Modell profitieren, während die restlichen 10% mit Prämien zu rechnen hätten, die einer verdeckten Reichtumssteuer gleichkommen würden. Mit der Verlagerung auf die Reichen konnte auch die zur Schliessung der Finanzierungslücke notwendige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf 3,5% reduziert werden, was namentlich den Bedenken des SGB und der Romands Rechnung trug.

Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)"

Ein Postulat Loeb (fdp, BE), welches den Bundesrat bat, die Schweizer Haushaltungen umfassend über das neue KVG zu orientieren, ein Postulat Grendelmeier (ldu, ZH), das den Bundesrat ersuchte zu prüfen, ob bei der direkten Bundessteuer die Maxima für den Abzug von Krankenkassenprämien nicht entsprechend dem Anstieg der Prämien angehoben werden sollten (Po. 97.3162), sowie ein Postulat Schmid (svp, BE) für eine Prämienbefreiung während längerer Militärdienstzeiten (Po. 97.3348) wurden ohne Opposition überwiesen.

Postulate zum KVG und Krankenversicherungsprämien

Die grosse Kammer unterstützte ebenfalls eine parlamentarische Initiative Gysin (fdp, BL), welche verlangt, die SUVA sei als Krankenversichererin zuzulassen. Heute erlaubt das KVG den Zugang zur obligatorischen Grundversicherung nur den nicht-gewinnorientierten Krankenkassen und den dem Versicherungsaufsichtsgesetz unterstellten Privatversicherern. Vom Marktzutritt der SUVA erhoffte sich eine Mehrheit des Nationalrates einen heilsamen Druck auf die Prämien, da die SUVA ihre "Case-management"-Erfahrung bei der Unfallversicherung möglicherweise auf die Krankenversicherung übertragen könnte. Die Ratsminderheit befürchtete dagegen, die SUVA würde mit 1,8 Millionen UVG-Versicherten ihre starke Marktposition als Wettbewerbsvorteil ausnützen, umso mehr, als zu ihren Versicherten vor allem berufstätige Personen und damit "gute Risiken" gehören. Eine CVP-Minderheit der vorberatenden Kommission reichte vergebens eine Motion mit dem Ziel ein, die als Gegenstück zur KVG-Zulassung die Aufhebung des Teilmonopols der SUVA im UVG-Bereich verlangte (Mo. 97.3391).

parlamentarische Initiative SUVA als Krankenversichererin zuzulassen

Ab 2002 wird das kantonale Prämienniveau bei den Bundesbeiträgen zur Verbilligung der Krankenkassenprämien nicht mehr berücksichtigt. Der Ständerat hiess sowohl eine entsprechende parlamentarische Initiative Schiesser (fdp, GL) als auch eine ganze Reihe von analogen Standesinitiativen aus der Ost- und Zentralschweiz gut (Kt.Iv. 96.306, 96.308, 96.309, 96.310, 96.311, 96.312, 96.314, 96.318, 96.319, 96.323, 96.324). Auf Antrag seiner Kommission beschloss er aber, den 1997 in Kraft getretenen abgestuften Beitragsschlüssel nicht umgehend wieder abzuschaffen, sondern ihn bis sechs Jahre nach Inkrafttreten des KVG beizubehalten. Die grosszügige Übergangsfrist gibt den Kantonen mit teurem Gesundheitswesen Zeit, durch kostendämpfende Massnahmen die Ungleichheiten in der Prämienbelastung zu mildern. Im Nationalrat wurden die Standesinitiativen sowie eine analoge parlamentarische Initiative (Pa.Iv. 96.425) Raggenbass (cvp, TG) ebenfalls angenommen.

Parlamentarische Vorstösse zu den von den Kantonen für 1996 nicht beanspruchten individuellen Prämienverbilligungen
Dossier: Prämienverbilligung

Überwiesen wurden vom Ständerat ebenfalls zwei Standesinitiativen der Kantone Genf und Tessin (Kt. Iv. 96.326), welche für die Kantone mehr Mitspracherecht bei der Prämiengestaltung sowie bei der Umsetzung des KVG bis hin zur Kompetenzdelegation im Bereich der Aufsicht verlangen. Bei der Beratung im Plenum kündigte der Kommissionssprecher an, dass die SGK gedenke, eine entsprechende parlamentarische Initiative auszuarbeiten. Der Nationalrat nahm seinerseits ein analoges Postulat Berberat (sp, NE) an (Po. 96.3573).

Kantone mehr Mitspracherecht bei der Prämiengestaltung