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Die Volksinitiative der SP und der Gewerkschaften ”für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters” wurde in der Volksabstimmung vom 27. September mit 58% Neinstimmen verworfen. Angenommen wurde sie nur von den welschen Kantonen Waadt, Neuenburg, Genf, Jura und Freiburg (sehr knapp) sowie dem Tessin. Die Initianten wollten mit dem Begehren einen Teil der 10. AHV-Revision, nämlich die schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 64 Jahre, vom Volk an der Urne korrigieren lassen. Sie argumentierten, dass sich im Juni 1995 bei der Abstimmung zur 10. AHV-Revision ein grosser Teil der Stimmenden in einer Zwickmühle befunden habe: ein Ja zum fortschrittlichen Paket (Splitting und Erziehungsgutschrift) habe zwingend auch eine Zustimmung zum heftig umstrittenen höheren Rentenalter für die Frauen bedeutet. Die Gegner taten dies als ”Rosinenpickerei” ab und führten vor allem die Finanzen ins Feld: Die Beibehaltung des Rentenalters 62 für die Frauen würde die AHV jedes Jahr mindestens 700 Mio. Fr. kosten. Bundesrätin Dreifuss, vor ihrer Wahl in den Bundesrat als Gewerkschafterin entschiedene Kämpferin gegen die Erhöhung des Frauenrentenalters, zeigte sich nach der Abstimmung erfreut über das klare Ergebnis, äusserte aber gleichzeitig auch ihre Besorgnis über die starken regionalen Unterschiede mit Ja-Stimmenanteilen zwischen 23 und 68%.


Abstimmung vom 27. September 1998

Beteiligung: 51,6%
Nein: 1'347'139 (58%) / 17 6/2 Stände
Ja: 973'966 (42%) / 5 Stände

Parolen:
– Nein: CVP, FDP, SVP, LP, FP, SD, EDU, KVP; SGV, Arbeitgeber, Vorort, SBV; Schweizerischer Senioren- und Rentnerverband (SSRV).
– Ja: SP, GP, LdU, EVP, CSP, Lega, PdA; SGB, CNG, VSA; SAJV.

Eidgenössische Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters" (BRG 97.008)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates beantragte dem Rat überraschend mit 12 zu 9 Stimmen Annahme der Initiative. In der Plenumsdebatte zeigte sich aber rasch, dass die befürwortende Kommissionsmehrheit einer fast geschlossenen Allianz der bürgerlichen Parteien gegenüber stand. Als Hauptargument führten diese an, die Initiative würde die an und für sich schon schwierige finanzielle Lage der AHV zusätzlich massiv belasten; ferner setze die den Frauen mit der 10. AHV-Revision zugestandene Gleichstellung in den Rechten auch eine solche bei den Pflichten voraus. Demgegenüber wiesen die Vertreter und Vertreterinnen der links-grünen Parlamentsminderheit auf die Folgen der Heraufsetzung des Rentenalters der Frauen für den Arbeitsmarkt hin. Bundesrätin Dreifuss appellierte einmal mehr an das Parlament, Lösungen für eine flexible Pensionsaltersregelung zu finden. Mit 111 zu 72 Stimmen empfahl der Nationalrat Volk und Ständen die Ablehnung der Initiative. Auch im Ständerat hatte die Initiative der Gewerkschaften keine Chancen. Als Gegenargumente wurden auch hier die Kosten und die finanzielle Lage der AHV vorgebracht.

Eidgenössische Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters" (BRG 97.008)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Da die Äusserungen der Arbeitgeber und der Vertreter von FDP und SVP - insbesondere auch die immer wieder vorgebrachte These, wonach die AHV kurz vor dem finanziellen Kollaps stehe - vor allem in der älteren Bevölkerung bedeutende Ängste auslösten, griff Bundesrätin Dreifuss schliesslich zu einem für schweizerische politische Verhältnisse ungewohnten Mittel. Sie liess der Presse einen offenen Brief an die Bevölkerung zukommen, in welchem sie das materielle Fundament der AHV bis über die Jahrtausendwende hinaus als solide und für die Sicherung der Renten ausreichend taxierte, weshalb sich ihrer Ansicht nach auch die Anhebung des Rentenalters der Frauen im Rahmen der 10. AHV-Revision nicht aufdränge. Da der Gesamtbundesrat im Vorjahr beschlossen hatte, sich entgegen seiner ursprünglichen Haltung dieser Erhöhung des Rentenalters nicht zu widersetzen, sah sich Dreifuss dem Vorwurf der bürgerlichen Parteien ausgesetzt, mit ihrer Initiative das Kollegialitätsprinzip verletzt zu haben.

AHV kurz vor dem finanziellen Kollaps offenen Brief an die Bevölkerung

Eine Frau, die sich bereits im Vorfeld der parlamentarischen Debatte vehement für die Beibehaltung des bisherigen Rentenalters der Frauen eingesetzt hatte, war SGB-Sekretärin Ruth Dreifuss. In einem Zeitungsinterview vertröstete sie die Frauen darauf, dass in der Nachfolge des zurücktretenden Bundesrats Felber vielleicht eine Frau in den Bundesrat gewählt würde, welche hier entscheidenden Einfluss nehmen könnte. Wenige Wochen später war sie die neue Magistratin im Siebner-Gremium und zudem Vorsteherin des für die AHV-Revision zuständigen EDI – und konnte das Steuer dennoch nicht herumreissen. Nachdem der Bundesrat anlässlich der Beratungen der 10. AHV-Revision im Nationalrat entgegen seiner ursprünglichen Haltung erklärt hatte, die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 64 Jahre sei ein gangbarer Weg, dem er sich nicht widersetzen werde, versuchte Dreifuss zwei Monate später vergeblich, die Landesregierung zu bewegen, auf ihren Entscheid zurückzukommen und die Frage des Rentenalters der Frauen auf die 11. AHV-Revision zu verschieben. Die Kollegen von Dreifuss begründeten ihre Meinungsänderung damit, dass Unnachgiebigkeit in dieser Frage die Einführung des Splittings verzögern würde.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter