Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Sozialversicherungen
  • Menschen mit Behinderungen
  • Wahl- und Abstimmungsverfahren

Akteure

Prozesse

24 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Christian Lohr (cvp, TG) störte sich daran, dass Personen, die Hilflosenentschädigung (HE) erhalten, im Gegensatz zu Personen, die IV beziehen, nicht automatisch einen IV-Ausweis erhalten. Explizit solle zukünftig für Kinder mit HE, Erwachsene mit HE, aber ohne IV-Rente sowie für AHV-Rentnerinnen und Rentner mit HE automatisch ein IV-Ausweis ausgestellt werden. Dies soll Kindern mit nicht sichtbaren Behinderungen deren Nachweis ermöglichen und Betroffenen erlauben, von Vergünstigungen durch private Institutionen zu profitieren. Auf Antrag sei dies zwar bereits möglich, davon wüssten die Betroffen jedoch häufig nichts, erklärte der Motionär. Stillschweigend nahm der Nationalrat die Motion in der Herbstsession 2020 an, nachdem Gesundheitsminister Berset bereits in der Frühjahrssession desselben Jahres als Antwort auf eine Frage Roth (sp, SO; Frage 20.5059) entsprechende Abklärungen durch die Verwaltung in Aussicht gestellt hatte.

Automatische Ausstellung eines Ausweises für den Bezug einer Hilflosenentschädigung

Gabriela Suter (sp, AG) störte sich an den veralteten Codizes bei der Klassifikation von IV-Gebrechen aus den sechziger Jahren und verlangte deren Ersetzung durch eine neue, international anerkannte Codierung (ICD-Codes). Aufgrund der alten Codierung seien keine verlässlichen Aussagen über die Diagnosen, ihre historischen Entwicklungen und ihre Anteile an allen Gebrechen möglich, wodurch zum Beispiel auch die Eingliederungsmassnahmen nicht evaluiert werden könnten. In der Herbstsession 2020 nahm der Nationalrat das Postulat stillschweigend an, nachdem sich auch der Bundesrat für eine Annahme ausgesprochen hatte.

Differenzierte Codierung von IV-Gebrechen

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang forderte die Motion Bruderer Wyss (sp, AG). Ihre Forderung, die Stellenmeldepflicht auch auf die Stellensuchenden der IV auszudehnen, fand in der SPK-NR mit 19 zu 4 Stimmen weitgehend Anklang. Eine Minderheit Jauslin (fdp, AG) argumentierte jedoch, dass der Zugang zu den RAV auch IV-Beziehenden offenstehe und ein weiterer Ausbau der Bürokratie durch Annahme der Motion daher nicht nötig sei.
Seine Argumentation führte der Minderheitensprecher im Rahmen der Beratung des Geschäfts durch den Nationalrat in der Frühjahrssession 2020 weiter aus: Eine Ausweitung der Stellenmeldepflicht von Problemberufen auf andere Problemfelder wie die Invalidenversicherung sei «nicht im Sinne der Masseneinwanderungs-Initiative». Zwar könnten Personen, die bei der IV, nicht aber bei einem RAV angemeldet seien, in der Tat nicht vom Inländervorrang profitieren, genauso ginge es aber allen anderen stellensuchenden Personen, die nicht bei einem RAV angemeldet seien. Da die Regierung diesbezüglich schlanke Massnahmen versprochen habe – was er als praxisnahe Regelung ohne Zusatzaufwand für die Wirtschaft verstehe –, zog Jauslin seinen Minderheitsantrag zurück. Stillschweigend nahm der Nationalrat somit die Motion an.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

Die Vorteile einer Langzeitnachbetreuung – also einer Betreuung durch körperliche Aktivitäten für Menschen mit Querschnittslähmung – sowie eine Aufstellung ihrer Kosten im Falle einer Übernahme durch die Sozialversicherungen sollten mit einem Postulat von Philippe Nantermod (fdp, VS) untersucht werden. Heute müssten querschnittsgelähmte Menschen regelmässig die schweren Folgen ihrer Behinderung, die aufgrund eines Mangels an körperlicher Bewegung entstünden, behandeln lassen. Durch den sogenannten Spralt-Ansatz werde hingegen der gesamte Körper inklusive der gelähmten Gliedmassen aktiviert, was die Lebensqualität der Betroffenen verbessere und zusätzliche Spitalaufenthalte verhindere, erklärte Nantermod. Da die OKP oder die Unfallversicherung Therapien zum Erhalt der körperlichen Funktionen bereits übernehme, erklärte sich der Bundesrat bereit, die entsprechende Einordnung und Finanzierungsvoraussetzungen zu untersuchen. Mit der Evaluation der Vor- und Nachteile sowie der Kostenfolgen müssten interessierte Kreise jedoch die OKP und die Unfallversicherung beauftragen, erklärte der Bundesrat. Damit zeigte sich der Nationalrat einverstanden und nahm das Postulat in der Sommersession 2019 stillschweigend an.

Sozialversicherungen. Vorteile einer Langzeitnachbetreuung prüfen

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang forderte Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) im März 2019 in einer Motion. Nicht beim RAV gemeldete Menschen mit Beeinträchtigungen aus Krankheit, Unfall oder Behinderung könnten bisher nicht vom Inländervorrang profitieren, obwohl sie sehr viel häufiger vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien als Personen ohne Behinderung. Der zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative geschaffene Inländervorrang – die Stellenmeldepflicht im Ausländer- und Integrationsgesetz – solle daher auf die Stellensuchenden der IV ausgedehnt werden. Dazu müssten IV-Stellen Zugang zu den Meldungen an das RAV erhalten, wodurch sie den Arbeitgebenden passende Dossiers rechtzeitig melden könnten, erklärte die Motionärin. Geeignete Stellensuchende müssten dann zu einem Bewerbungsgespräch oder zu einer Eignungsabklärung eingeladen werden.
Mit dieser Forderung traf Bruderer Wyss allseits auf offene Ohren. Der Bundesrat beantragte die Motion zur Annahme und erklärte, er werde sie in die Gesamtrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes integrieren. Der Ständerat stimmte der Vorlage in der Sommersession 2019 stillschweigend zu.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

Per 1. März 2016 nahm der Bundesrat durch eine Verordnungsänderung Trisomie 21 in die Liste der Geburtsgebrechen auf und empfahl in der Folge die Motion Zanetti (sp, SO) zur Abschreibung. Stillschweigend stimmten Ständerat und Nationalrat diesem Antrag in der Sommersession 2017 zu.

Eintragung von Trisomie 23 in die Liste der Geburtsgebrechen

Der Nationalrat überwies mit einer grossen Mehrheit ein Postulat Lohr (cvp, TG) zum Thema der Berufsbildung für junge IV-Beziehende. Im Jahr 2011 hatte das BSV mit einem Rundschreiben die Praxis bei den IV-Anlehren nach Insos verändert. Seither dauern die entsprechenden Ausbildungen grundsätzlich nur noch ein Jahr statt zwei Jahren. Die Gutsprache für ein zweites Jahr wird nur unter der Voraussetzung erteilt, dass für die Zukunft gute Aussichten auf eine Erwerbstätigkeit bestehen. Der Postulant führte Zweifel über die Rechtmässigkeit dieses Vorgehens an; der Vorstoss beauftragt den Bundesrat, eine unabhängige rechtliche Begutachtung zum Sachverhalt vorzulegen.

Voraussetzungen für die IV-Anlehre und die praktische Ausbildung nach Insos
Dossier: Praktische Ausbildung nach INSOS

Der Nationalrat überwies in der Sommersession 2014 stillschweigend eine Motion Zanetti (sp, SO) zur Aufnahme von Trisomie 21 in die Liste der Geburtsgebrechen. Der Ständerat hatte dem Anliegen bereits im Vorjahr zugestimmt.

Eintragung von Trisomie 23 in die Liste der Geburtsgebrechen

Der Ständerat nahm eine Motion Zanetti (sp, SO) zur Eintragung von Trisomie 21 (Down-Syndrom) in die Liste der Geburtsgebrechen an, was dem Antrag des Bundesrates entsprach. Dass die Krankheit bisher noch nicht auf dieser Liste aufgeführt ist, sei objektiv nicht nachvollziehbar, so der Motionär. Der Entscheid des Nationalrates stand Ende 2013 noch aus.

Eintragung von Trisomie 23 in die Liste der Geburtsgebrechen

Der Nationalrat nahm gegen den Antrag des Bundesrates eine Motion Büchler (cvp, SG) an, die für teilinvalide Landwirte IV-Renten in einer Höhe fordert, die eine Weiterführung des Betriebs bis zur Übernahme durch die nächste Generation ermöglicht. Der Bundesrat hatte argumentiert, die IV biete eine Kompensation für den Erwerbsfähigkeitsverlust durch Invalidität, jedoch keine Garantie dafür, auf dem angestammten Beruf zu bleiben. Eine Andersbehandlung der Landwirte laufe dem Prinzip der Volksversicherung zuwider. Die Vorlage wurde vom Ständerat 2013 noch nicht behandelt.

teilinvalide Landwirte

Wesentlich umstrittener war die Vorlage im Nationalrat. Hier kam es zu den für sozialpolitische Vorlagen typischen Konfrontationen zwischen dem linken und dem rechten Lager. Während die Bürgerlichen am Sparkurs festhalten wollten, bezeichnete das linke Lager die Revision als Programm des wirtschaftlichen und sozialen Ausschlusses und prangerte die aus seiner Sicht diskriminierenden Massnahmen an. Gegen den Willen dieser links-grünen Minderheit beschloss der Nationalrat schliesslich mit 121 zu 46 Stimmen das Eintreten auf die Vorlage. Eine Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, die Arbeitgeber zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu verpflichten und die Streichung von Renten einzuschränken, wurde mit 120 zu 57 Stimmen abgelehnt. Obwohl die grosse Kammer im Vergleich zum Ständerat nur geringfügige Differenzen schuf, kam es doch zu intensiven Diskussionen. Gegen den Willen des Bundesrates und einer Kommissionsminderheit nahm der Nationalrat eine Bestimmung an, welche vorsah, dass zum Zweck der Früherfassung auch die Krankenkassen der IV „verdächtige“ Fälle melden können. Eine links-grüne Minderheit hatte sich aus Datenschutzgründen gegen diese Regelung ausgesprochen. Bei Sanktionen gegen Personen, die sich Wiedereingliederungsmassnahmen verweigern, folgte der Nationalrat mit grosser Mehrheit der Fassung von Bundes- und Ständerat. Heftige Diskussionen löste Artikel 8b aus, welcher vorsah, dass Unternehmen mit über 250 Beschäftigten einen bestimmten Anteil an Personen einstellen müssen, deren Renten im Rahmen der 6. IV-Revision herabgesetzt oder aufgehoben wurden oder die Wiedereingliederungsmassnahmen durchlaufen haben. Die Quotenbefürworter betonten, dass ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Anstrengungen, die von den Versicherten verlangt werden und jenen, die von den Arbeitgebern erwartet werden dürfen, hergestellt werden müsse. Die Gegner hingegen hielten Quoten für ineffizient, schwierig durchzusetzen und nachteilig für die kleinen und mittleren Unternehmen. Für die Quotenvariante stimmten die SP, die Grünen und die Hälfte der CVP, was für eine Mehrheit nicht ausreichte. Auch das Thema der Rentenüberprüfung führte wie zuvor im Ständerat zu Diskussionen. Der Nationalrat nahm diese schliesslich mit 116 zu 63 Stimmen an. Nach mehr als sechs Stunden Beratung nahm die grosse Kammer dieses erste Massnahmenpaket der IV-Revision in der Gesamtabstimmung mit 115 zu 63 Stimmen an.

Erstes Massnahmenpaket zur 6. IV-Revision (IV-Revision 6a)

Ebenfalls Zustimmung fand eine Motion Rennwald (sp, JU), welche den Bundesrat aufforderte, Beiträge für die Abgabe von Hilfshunden an motorisch eingeschränkte Personen über die IV zu leisten. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Dem folgte auch der Nationalrat.

Hilfshunde für motorisch Behinderte (Mo. 09.3380)

Wegen der Aufhebung der Zusatzrente für Ehepartner und des Karrierezuschlags ergriffen mehrere kleinere Behindertenorganisationen, allen voran die Behinderten-Selbsthilfeorganisation „Zentrum für Selbstbestimmtes Leben“, das Referendum gegen die Revision, die sie als Sozialabbau auf dem Buckel der Schwächsten bezeichneten. Ihnen schloss sich Agile, der Dachverband der Behinderten-Selbsthilfe an. Die grossen Organisationen, so etwa Pro Infirmis und die Dachorganisationenkonferenz der privaten Behindertenhilfe (DOK) werteten die Sanierung der Versicherung und die verstärkten Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung höher und sprachen sich gegen das Referendum aus. Relativ rasch sprang die Grüne Partei auf den Referendumszug auf. Die SP und die Gewerkschaften zeigten sich hingegen gespalten. Während sich der SGB trotz Kritik an der Revision ablehnend verhielt, unterstützten seine Dachorganisationen in den Kantonen Bern und Freiburg das Referendum. Gegen die SP Frauen und die Junge SP erklärte die SP-Parteileitung ihren Verzicht: Eine breit geführte Referendums- und Abstimmungskampagne würde nur die von der SVP lancierte Polemik über die „Scheininvaliden“ anheizen und der SP im Wahljahr eine sichere Abstimmungsniederlage bescheren. Die Parteileitung wurde jedoch von der Delegiertenversammlung überstimmt und musste das Referendum unterstützen.

Das Volk bestätigt die 5. IV-Revision an der Urne (BRG 05.052)
Dossier: Fünfte IV-Revision (2004-2009)

Im Vorjahr hatte der Ständerat gegen den Antrag des Bundesrates knapp eine Motion Jenny (svp, GL) unterstützt, welche verlangte, dass der bisher lebenslange Anspruch auf eine UVG-Invalidenrente mit dem Erreichen des AHV-Rentenalters durch eine AHV-Rente ersetzt wird. Damit sollte sichergestellt werden, dass UVG-Rentner (wegen des im UVG geltenden automatischen Teuerungsausgleichs) im Alter nicht besser gestellt sind als nicht verunfallte AHV-Bezüger. Vergebens hatte der Bundesrat geltend gemacht, er möchte diese Frage in der anstehenden UVG-Revision vertiefter angehen, um nicht neue Benachteiligungen zu schaffen oder das geltende Koordinationsrecht in Frage zu stellen. Der Nationalrat zeigte sich der Argumentation des Bundesrates zugänglicher und lehnte die Motion, ab, nahm dafür aber eine Motion seiner Kommission an, welche die Regierung beauftragt, die offenen Fragen abzuklären. Dieser Vorstoss wurde im Einverständnis mit dem Bundesrat auch vom Ständerat verabschiedet.

UVG-lnvalidenrenten

Gegen den Willen des Bundesrates nahm der Ständerat, wenn auch nur knapp, eine Motion Jenny (svp, GL) an, die den Bundesrat auffordert, das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) so abzuändern, dass der bisher lebenslange Anspruch auf UVG-lnvalidenrenten mit dem Erreichen des AHV-Alters endet und durch eine UVG-Altersrente ersetzt wird. Die neue Rente soll die Differenz zur ohne Unfall erzielten AHV- und BVG-Rente (obligatorischer Teil) decken. Jenny machte geltend, die lebenslange Ausrichtung von UVG-Renten, die (anders als die AHV- und BVG-Renten) jährlich automatisch der Teuerung angepasst werden, führe zu einer Bevorzugung der UVG-Rentner und belaste Arbeitgeber und -nehmer durch höhere Prämien. Der Bundesrat hatte sich die Möglichkeit offen lassen wollen, eine differenziertere Regelung in der ohnehin geplanten UVG-Revision vorzusehen.

UVG-lnvalidenrenten

In der Differenzbereinigung beharrte der Nationalrat auf der Beibehaltung des Zweckartikels. Festhalten wollte eine Kommissionsmehrheit auch an der Bestimmung, dass die Geschäftsprüfung der IV-Stellen in der Hand des BSV bleibt; der Ständerat hatte beschlossen, dafür aussenstehende Revisoren zu bestimmen. Mit 82 zu 57 Stimmen setzte sich aber ein Antrag Widrig (cvp, SG) durch, hier dem Ständerat zu folgen. Nach Anhören eines externen Experten war auch die vorberatende Kommission zur Ansicht gelangt, dass der Begriff „Assistenzentschädigung“ zu Problemen mit der EU führen könnte, weshalb sie dem Plenum erfolgreich Rückkehr zum sprachlich allerdings nicht gerade als glücklich erachteten Begriff der „Hilflosenentschädigung“ beantragte. Da auch der Nationalrat der Ansicht war, das Modell Langenberger sei längerfristig der richtige Weg, stimmte er den Pilotversuchen gemäss Antrag Pfisterer oppositionslos zu.

Vierte IV-Revision (BRG 01.015)
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

Bei der Behandlung der 4. IV-Revision diskutierte der Ständerat vor allem über die Ausgestaltung der Assistenzentschädigung. Ständerätin Langenberger (fdp, VD) brachte ein neues Modell ein, das von vielen Behindertenorganisationen schon länger propagiert wird und nun auch die Unterstützung der Kantone fand. Dieser Vorschlag sah vor, die Existenzsicherung von Behinderten, die selbstbestimmt leben möchten, nicht über eine Verdoppelung der Hilflosenentschädigung resp. der Pflegebeiträge für Minderjährige und einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) bis zum Gesamtbetrag von jährlich 90'000 Fr. vorzunehmen, wie dies der Nationalrat beschlossen hatte, sondern die Hilflosenentschädigung auf dem heutigen Stand von 200 bis 800 Fr. pro Monat zu belassen, daneben aber den Anspruch auf ein individuelles Hilflosenbudget einzuführen, das je nach Bedarf an Pflege und Betreuung bis zu 8'000 Fr. pro Monat betragen und selbständig verwaltet werden sollte. Langenberger begründete ihren Minderheitsantrag mit der noch grösseren Autonomie der Behinderten als in der Version des Nationalrates und damit, dass beim Modell des Nationalrates jene Behinderte benachteiligt würden, die trotz einer schweren Behinderung erwerbstätig sind.

Obgleich sich im Plenum alle überzeugt zeigten, dass der Vorschlag Langenberger das Modell der Zukunft sei, unterlag ihr Antrag nach längerer Debatte mit 21 zu 16 Stimmen. Die Mehrheit befand, die Sache sei noch nicht ausgereift. Da es für den Systemwechsel an verlässlichen statistischen Grundlagen fehle, seien dessen finanziellen Konsequenzen unkalkulierbar. Zudem, wurde gewarnt, mit dem Systemwechsel drohe eine Pflicht zum Export der Leistungen in die EU-Staaten; aus diesem Grund hatte der Rat bereits zu Beginn der Debatte den Begriff „Assistenzentschädigung“ wieder in „Hilflosenentschädigung“ umbenannt. Auch Bundesrätin Dreifuss sah im Minderheitsantrag mehr offene als gelöste Probleme. Eine Brücke zwischen den beiden Positionen schlug schliesslich Ständerat Pfisterer (fdp, AG). Er beantragte, den Bundesrat zu verpflichten, unverzüglich einen oder mehrere Pilotversuche mit dem neuen System zu veranlassen. Sein Antrag wurde ohne Gegenstimme angenommen. Pilotversuche sind auf Vorschlag des Bundesrates auch im Bereich der Erwerbstätigkeit vorgesehen; sie sollen zeigen, wie die Arbeitgeber dazu motiviert werden können, Personen mit Behinderungen anzustellen.

In den weiteren Punkten folgte der Ständerat weitgehend der Linie des Nationalrates. Er unterstützte die Einführung einer Dreiviertelsrente, die dank einer besseren Abstufung gewisse Einspareffekte bringen soll, sowie die bereits im ersten Anlauf zu dieser Revision unbestrittene Aufhebung der Zusatzrente für Ehepartner. Bei der Verbesserung der Aufsicht über die ärztlichen Dienste, welche eine Vereinheitlichung der Anspruchberechtigung und damit ebenfalls Minderkosten anstrebt, nahm er allerdings gewisse Retouchen im Sinn einer stärkeren Steuerung vor. Nichts wissen wollte er von einem Zweckartikel im Gesetz, der deutlich machen soll, dass die Leistungen der IV zu einer eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensführung von Personen mit Behinderungen beizutragen haben. Zur finanziellen Konsolidierung siehe hier.

Vierte IV-Revision (BRG 01.015)
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

In der Wintersession befasste sich der Ständerat mit den weiteren Punkten des ersten Teils der 4. IV-Revision, welche vorab Massnahmen zur Kosteneinsparung beinhalten. Unbestritten war die Aufhebung der Zusatzrente für die Ehepartnerin oder den Ehepartner, nachdem die gleiche Leistung in der AHV mit der 10. Revision bereits gestrichen worden war. Hingegen erwuchs der Abschaffung der Viertelsrente Opposition, und dies nicht bloss aus SP-Kreisen. Die Gegner argumentierten, dies gehe in die falsche Richtung, weil damit die Eingliederung Behinderter noch mehr erschwert werde; zudem bestehe die Gefahr, dass dadurch die Zahl der (teureren) 50%-Renten ansteige. Die Befürworter der Abschaffung wiesen darauf hin, dass die Viertelsrenten nur schwach beansprucht würden (ca. 4000 Fälle seit deren Einführung) und dass Härtefälle durch das EL-System aufgefangen werden könnten. Der Rat sprach sich schliesslich mit 23 zu 13 Stimmen für die Aufhebung aus.

Vierte IV-Revision (BRG 01.015)
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

Im Hinblick auf die gesamthaft anstehende 4. IV-Revision erarbeitete die Stiftung "Pro Mente Sana" zwei Modelle zur beruflichen Integration Behinderter, eines mit einem Bonus-Malus-System und Quoten, das andere mit einem schlankeren Anreizsystem. Gemäss der "Pro Mente Sana" könnten bei erfolgreicher Eingliederung der Behinderten bei der IV rund 228 Mio. Fr. pro Jahr gespart werden. Die Stiftung gab zu bedenken, dass die Finanzen der IV nicht zu sanieren seien, solange Behinderte vom Arbeitsmarkt vertrieben werden. Die IV müsse ihren Grundsatz "Eingliederung vor Rente" wieder neu beleben können.

Vierte IV-Revision (BRG 01.015)
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

Mit 109 zu 60 Stimmen gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Nabholz (fdp, ZH) Folge, welche eine Öffnung der Dritten Säule für bestimmte Kategorien Nichterwerbstätiger verlangt. Konkret davon betroffen werden insbesondere Hausfrauen sein, die ohne Entlöhnung Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen, sowie Arbeitslose und Invalide. Sie sollen inskünftig ebenfalls den Steuerabzug für ihre in der individuellen Selbstvorsorge angelegten Mittel geltend machen können. Eine linke Kommissionsminderheit monierte vergebens, hier handle es sich in erster Linie um ein verkapptes Steuergeschenk an wohlhabende Kreise, da nur sie über die dafür notwendigen zusätzlichen Mittel verfügten, währenddem Arbeitslose und nichterwerbstätige Invalide nur in den seltensten Fällen ein Einkommen erzielten, welches dieses Sparpotential erlaube.

Parlamentarische Initiative: Säule 3a auch für Nichtberufstätige
Dossier: Stabilisierungsprogramm 1998

Gegen den Willen einer rot-grünen Minderheit, welche argwöhnte, hier gehe es um ein verkapptes Steuergeschenk an die Vermögenden, beschloss die sozialpolitische Kommission des Nationalrates, einer parlamentarischen Initiative Nabholz (fdp, ZH) Folge zu geben, welche beantragt, die steuerlich privilegierte Säule 3a sei auch für Nichtberufstätige zu öffnen. Nabholz hatte dabei vor allem die Frauen im Visier, welche zugunsten von Erziehungs- und Betreuungsarbeiten auf eine Erwerbstätigkeit verzichten, aber auch Arbeitslose und Invalide. Eine analoge Empfehlung der Rechtskommission des Ständerates wurde diskussionslos verabschiedet (96.3368).

Parlamentarische Initiative: Säule 3a auch für Nichtberufstätige
Dossier: Stabilisierungsprogramm 1998

Weil es Behinderte auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, das geltende Gesetz über die Invalidenversicherung (IV) aber einseitig auf Erwerbstätigkeit ausgerichtet sei, traten die Dachorganisationen der privaten Invalidenhilfe mit Vorschlägen für eine Reform der IV an die Öffentlichkeit. Sie verlangten, dass neben der beruflichen auch die soziale Eingliederung stärker gefördert werde. So sollen die Hilfsmittel, die heute nur für die berufliche Eingliederung abgegeben werden, auch den erwerbsunfähigen Behinderten zur Verfügung stehen. Ausserdem regten sie die Einführung einer Einheitsrente von 1800 Fr. an, was der heutigen AHV-Maximalrente entspricht. Sie begründeten dies damit, dass die IV-Renten, die von den Beitragszahlungen abhängen, im Fall von jüngeren Behinderten oft sehr tief ausfallen und das Existenzminimum nur in den wenigsten Fällen angemessen deckten.

Behinderte auf dem Arbeitsmarkt soziale Eingliederung stärker gefördert

Im Anschluss an die Behandlung einer Petition der Schweizerischen Paraplegikervereinigung zur Verbesserung der Stellung der Behinderten (Pet. 91.2012) verabschiedete der Nationalrat eine Motion seiner Petitions- und Gewährleistungskommission für die Einführung einer Integritätsentschädigung in der IV auf Antrag des Bundesrates nur in der Postulatsform.

Motion Einführung einer Integritätsentschädigung in der IV

Der Ständerat überwies ein Postulat Miville (sp, BS), welches die Regierung einlädt zu prüfen, wie die Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung an anerkannte Institutionen für Behinderte differenzierter ausgerichtet werden könnten.

Postulat Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung an anerkannte Institutionen für Behinderte