Im Rahmen der Diskussionen über eine mögliche Annäherung an den europäischen Binnenmarkt wurde immer wieder die Frage nach dessen Auswirkungen auf die schweizerischen Sozialversicherungswerke aufgeworfen. Dabei herrschte die Meinung vor, dass die Anzahl der durch den Grundsatz der Gleichbehandlung aller EWR-Angehöriger notwendig werdenden Anpassungen relativ gering sein werde, dass diese die Schweiz aber zum Teil recht teuer zu stehen kommen dürften und vielleicht in einigen Bereichen zu einem Systemwandel führen müssten.
Im EG-Recht wurde der Versicherungsschutz für Wanderarbeitnehmer und deren Familien bereits 1958 in zwei Verordnungen verankert. Sie betreffen grundsätzlich alle Zweige der Sozialversicherung und sollen verhindern, dass bei einem grenzüberschreitenden Wechsel von Arbeitsplatz oder Aufenthaltsort Leistungslücken entstehen. Bei einem wie auch immer ausgestalteten Anschluss an Europa würde dies für die Schweiz bei der AHV/IV zu keiner Mehrbelastung führen, da die Schweiz mit allen EG- und EFTA-Ländern ausser Irland bereits entsprechende zwischenstaatliche Verträge geschlossen hat. Die Ansprüche auf diese Renten müssen heute zwar in der Schweiz geltend gemacht werden, die Leistungen können aber ins Ausland transferiert werden. Auch bei der beruflichen Vorsorge (BVG) sowie bei der Kranken- und Unfallversicherung wurden keine wesentlichen juristischen oder finanziellen Probleme geortet.
Als besonders kostenträchtig wurde hingegen der Bereich der Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV erachtet. Die EL sind eine schweizerische Spezialität und wurden 1966 als Übergangslösung geschaffen, bis die AHV- und IV-Renten den Existenzbedarf decken. Da diese Bedingung aber noch heute nicht erfüllt ist, sind die EL geblieben und nehmen einen festen Platz in unserem Sozialsystem ein. Für sie gilt aber das Prinzip, dass sie nur in der Schweiz ausgerichtet werden. Diese Bestimmung wäre mit den EWR-Grundsätzen nicht mehr vereinbar. Neu müsste allen, die eine Schweizer Rente beziehen und im EWR wohnen, diese Zusatzleistungen ausgerichtet werden. Im Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) rechnete man dafür mit jährlichen Mehrausgaben bis zu 600 Mio. Fr. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass sich beim Vollzug fast unlösbare Probleme stellen würden. Schon in der Schweiz erweisen sich die Bedürfnisabklärungen bei den EL gelegentlich als schwierig. In einem grossen Teil der europäischen Länder wäre es aber praktisch undenkbar, von der Schweiz aus die Bedürfnislage der Betroffenen in Erfahrung zu bringen und deren Vermögensverhältnisse eindeutig abzuklären.