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Als klar war, dass auch die bürgerlichen Parteien einen Teuerungsausgleich bereits per 1.1.1991 unterstützen würden, beschloss der Bundesrat, dem Parlament noch vor Jahresende zu beantragen, den AHV/IV-Rentnern 1991 eine Zulage zu gewähren, die im April und August 1991 in zwei Raten ausbezahlt werden und dem Stand der Teuerung (Landesindex der Konsumentenpreise) vom Monat Dezember 1990 entsprechen soll. Die Kosten wurden auf rund 1,2 Mia. Fr. geschätzt, wovon rund 1135 Mio. zulasten der Sozialversicherungen gehen, der Rest zulasten des Bundesbudgets 1991. Ende Oktober legte der Bundesrat die entsprechende Botschaft vor, in der Wintersession stimmten die Räte der Vorlage einstimmig zu. Gleichzeitig lehnten sie eine Standesinitiative des Kantons Jura ab (Kt.Iv. 90.201), die eine einheitliche Erhöhung aller AHV/IV-Renten und eine Überprüfung der Minimalrenten verlangt hatte.

Teuerungsausgleich bereits per 1.1.1991 AHV/IV-Rentnern Zulage

Vor allem freisinnige und liberale Kreise setzten sich dafür ein, dass die 1989 beschlossenen Beschränkungen der Anlagemöglichkeiten der Pensionskassen im Bodenmarkt wieder rückgängig gemacht werden, da sie ihrer Meinung nach zu einem Einbruch im Wohnungsbau geführt hätten. Sowohl die freisinnige (Mo. 90.550) wie die liberale Fraktion (Mo. 90.669) reichten entsprechende Motionen ein. Im Ständerat wurde letztere als Motion Reymond (lps, VD) in der Wintersession gegen den ausdrücklichen Willen des Bundesrates, der diese Einschätzung der Lage bestritt mit 26 zu 9 Stimmen überwiesen.

Beschränkungen der Anlagemöglichkeiten der Pensionskassen im Bodenmarkt Motionen

Unterstützung fand das Anliegen der Rentner auch im Parlament. Die beiden Zürcher Abgeordneten Weber (Mo. 90.725) und Dünki reichten im jeweiligen Rat ähnlichlautende Motionen ein, die eine Änderung des BVG im Sinne einer Verpflichtung zur Gewährung des Teuerungsausgleichs auf allen Renten verlangen. Da Bundesrat Cotti versicherte, dass dies eines der Hauptziele der künftigen Revision des BVG sein werde, überwies die kleine Kammer die Motion nur als Postulat.

Motionen zur Verpflichtung zur Gewährung des Teuerungsausgleichs auf allen Renten (Mo. 90.710 und Mo. 90.725)
Dossier: 1. Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; 1990-2005)

Weil die EL immer wichtiger geworden seien und durch die 10. AHV-Revision voraussichtlich noch mehr Bedeutung erhalten werden, forderte Ständerat Hänsenberger (fdp, BE) den Bundesrat in einer Motion auf, die verfassungsmässige Grundlage der EL neu zu fassen. Der Vorstoss wurde gegen den Willen des Bundesrates in der verbindlichen Form überwiesen.

Verfassungsgrundlage für die EL zur AHV schaffen (Mo. 90.714)

Im Sinn weitergehender Massnahmen zur Kosteneindämmung setzte der Bundesrat im Dezember die Jahresfranchise für Versicherte auf neu 150 Fr. fest, die traditionelle Quartalsfranchise von zuletzt 50 Fr. wurde abgeschafft, der Selbstbehalt von 10% des die Franchise übersteigenden Betrags beibehalten. Im Bereich der Kollektivversicherungen verfügte er, dass die Versicherten auch bei alters- oder invaliditätsbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sowie bei Arbeitslosigkeit weiterhin mit ihren Familienangehörigen dem Kollektivvertrag angehören können. Weiter wurden die Beitragsunterschiede zwischen den einzelnen Regionalstufen und den Eintrittsaltersgruppen gleichmässiger auf alle Versicherten einer Kasse verteilt und festgehalten, dass die Prämien der Kollektivversicherung die Minimalprämien der Einzelversicherung nicht unterschreiten dürfen.

Kostenexpansion im Gesundheitswesen (Ip. 91.3043)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Nicht nur für eine Umlagerung – wie sie SP und SGB mit ihrem Initiativprojekt forderten –, sondern für einen radikalen Kurswechsel in der Sozialpolitik plädierte die Grüne Partei. Vom Phänomen der neuen Armut ausgehend und mit dem Hinweis darauf, eine primär über Lohnprozente finanzierte soziale Absicherung entspreche nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten mit ihrer hohen Rate von alleinerziehenden Müttern, ausgesteuerten Arbeitslosen und Menschen mit unterbrochener Berufslaufbahn, forderte sie die Einführung eines gesellschaftlich garantierten Mindesteinkommens (GME), welches das ungenügende und administrativ komplizierte Dreisäulensystem ablösen sollte. Finanzieren möchte sie das neue Modell über eine Besteuerung der gesamten Wirtschaftskraft, also beispielsweise auch über Umsatzsteuern oder ökologische Lenkungsabgaben. Der Idee eines GME wurde von einer Univox-Umfrage wenig Rückhalt in der Bevölkerung bescheinigt: Nur gerade 22% der Befragten sprachen sich dafür aus. 62% lehnten sie ab und 17% hatten keine Meinung. Am ehesten fand sie noch Anklang in der Westschweiz (35%), bei den SP-Sympathisanten (33%) und den unter 40-jährigen (29%).

Die Grüne Partei fordert die Einführung eines gesellschaftlich garantierten Mindesteinkommens (1990)

Indem es erstmals eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau direkt beseitigte, fällte das Eidg. Versicherungsgericht in Luzern einen Entscheid mit Signalwirkung. Es wurde erkannt, dass eine kantonalrechtliche Ordnung, wonach einerseits der Anspruch auf Witwerrente nur besteht, wenn der Witwer während der Ehe auf den Verdienst der Ehefrau angewiesen war und er nachher nicht voll erwerbsfähig ist, währenddem anderseits der Anspruch auf Witwenrente allein durch den Tod des Ehemannes begründet wird, eine geschlechtsspezifische Unterscheidung darstellt, die sich weder mit biologischen noch mit funktionalen Verschiedenheiten der Geschlechter rechtfertigen lässt und daher gegen Art. 4 Abs. 2 BV verstösst.

Ungleichbehandlung von Mann und Frau Eidg. Versicherungsgericht Entscheid mit Signalwirkung

Auch ohne gesetzliche Verankerung wurden bei der Lockerung der 'goldenen Fesseln' Erfolge erzielt. Schätzungsweise rund 300'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen heute bereits in den Genuss der 'vollen' Freizügigkeit. Das sind rund 10% der in der 2. Säule Versicherten. Mindestens 150'000 erhalten bei einem Stellenwechsel von ihrer bisherigen Kasse mehr Geld als ihnen gemäss heute gültiger Regelung mitgegeben werden müsste.

Erfolge bezüglich der Lockerung der 'goldenen Fesseln'
Dossier: Eidgenössische Volksinitiative "für eine volle Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge"

Trotz divergierender Ansichten beschloss die zuständige Ständeratskommission, auf die Vorlage einzutreten. Ein Rückweisungsantrag der SP-Vertreter, die das gleiche Rentenalter für Mann und Frau und das Rentensplitting verlangten, scheiterte klar. Die Kommission übernahm in der Folge die Vorschläge des Bundesrates nahezu vollständig. Als einzige wichtige Änderung gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf lehnte sie eine Erhöhung des Beitragssatzes für die Selbständigerwerbenden ab.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Am meisten Widerstand erwuchs dem Gesetzesvorschlag aber wie erwartet von Frauenseite. Eine Arbeitsgruppe, welcher sieben der repräsentativsten Frauenverbände angehörten, legte auf einer Pressekonferenz dar, weshalb sie der 10. AHV-Revision den Kampf ansagen und eventuell auch vor einem Referendum nicht zurückschrecken wolle. Ihre Hauptforderung war die einer zivilstandsunabhängigen AHV mit Betreuungsbonus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Aufgrund dieses Finanzierungsbeschlusses konnte der Bundesrat zwei Pakete von Verordnungsänderungen verabschieden, mit denen neue Leitplanken bis zum Inkrafttreten eines revidierten Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (KUVG) gesetzt werden sollen. Rückwirkend auf den 1.1.1990 und für einen Zeitraum von fünf Jahren wurde so eine Neuverteilung der Bundeszuschüsse an die Krankenkassen vorgenommen. Die Einteilung der erwachsenen Versicherten in verschiedene Altersgruppen mit abgestuften Zuschüssen ermöglicht eine Verlagerung der Subventionierung hin zur älteren Generation. Zudem verfügte der Bundesrat, dass ab 1.1.1992 innerhalb einer bestimmten Region die höchste Prämie einer Kasse nicht mehr das Dreifache, sondern nur noch das Doppelte der niedrigsten Prämie für Erwachsene betragen darf.

Verordnung zur Neuverteilung der Bundeszuschüsse an die Krankenkassen
Dossier: Eidgenössische Volksinitiative "für eine finanziell tragbare Krankenversicherung"
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Mit der von beiden Kammern angenommenen Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes strebt der Bundesrat eine Vereinfachung des Vollzugs im Leistungsbereich sowie die Aufwertung der Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung an. Der letzte Punkt gab in beiden Räten viel zu reden. Gemäss dem bundesrätlichen Vorschlag soll die Schlechtwetterentschädigung nur da zum Tragen kommen, wo witterungsbedingt bereits bestehende Kundenaufträge nicht ausgeführt werden können, zum Beispiel in der Bau- und Forstwirtschaft, während durch Schneemangel verursachte Kundenausfälle in den Wintersportorten nur als Härtefälle im Rahmen der Kurzarbeitsentschädigung zu gelten hätten.

Gegen diese Auffassung opponierten im Ständerat Vertreter der Berggebiete. Sie verlangten den Einbezug der Touristikbetriebe in die Schlechtwetterentschädigung, welche im Gegensatz zur Entschädigung bei Kurzarbeit zeitlich unbegrenzt ausgerichtet wird und geringere Karenzfristen kennt. Sie setzten sich zwar nicht durch, erreichten aber immerhin, dass der Ständerat ein Postulat überwies, mit welchem der Bundesrat eingeladen wird, eine Schlechtwetterentschädigung für Skischulen, Seilbahnen und Skilifte sowie für Berg- und Pistenrestaurants zumindest in der Verordnung vorzusehen. Im Nationalrat wollte eine Koalition aus FDP, SP und Grünen die witterungsbedingten Einkommenseinbussen der Tourismusbranche gar von der Kurzarbeitsentschädigung ausnehmen, doch stimmte die Ratsmehrheit für den Vorschlag des Bundesrates.Mit der von beiden Kammern angenommenen Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes strebt der Bundesrat eine Vereinfachung des Vollzugs im Leistungsbereich sowie die Aufwertung der Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung an. Der letzte Punkt gab in beiden Räten viel zu reden. Gemäss dem bundesrätlichen Vorschlag soll die Schlechtwetterentschädigung nur da zum Tragen kommen, wo witterungsbedingt bereits bestehende Kundenaufträge nicht ausgeführt werden können, zum Beispiel in der Bau- und Forstwirtschaft, während durch Schneemangel verursachte Kundenausfälle in den Wintersportorten nur als Härtefälle im Rahmen der Kurzarbeitsentschädigung zu gelten hätten.

Gegen diese Auffassung opponierten im Ständerat Vertreter der Berggebiete. Sie verlangten den Einbezug der Touristikbetriebe in die Schlechtwetterentschädigung, welche im Gegensatz zur Entschädigung bei Kurzarbeit zeitlich unbegrenzt ausgerichtet wird und geringere Karenzfristen kennt. Sie setzten sich zwar nicht durch, erreichten aber immerhin, dass der Ständerat ein Postulat überwies (Po. Ad 89.062), mit welchem der Bundesrat eingeladen wird, eine Schlechtwetterentschädigung für Skischulen, Seilbahnen und Skilifte sowie für Berg- und Pistenrestaurants zumindest in der Verordnung vorzusehen. Im Nationalrat wollte eine Koalition aus FDP, SP und Grünen die witterungsbedingten Einkommenseinbussen der Tourismusbranche gar von der Kurzarbeitsentschädigung ausnehmen, doch stimmte die Ratsmehrheit für den Vorschlag des Bundesrates.

Anlass zu Diskussionen gab auch die vorgesehene Degression bei den Taggeldzahlungen. Im Ständerat setzten sich die Sozialdemokraten mit Unterstützung des christlichsozialen Flügels der CVP dafür ein, dass auf eine Kürzung der Taggelder nach dem 85. bezw. dem 170. Tag verzichtet werde, da dies einer Bestrafung der Arbeitslosigkeit gleichkomme. Im Nationalrat wurde dieser Antrag von der SP, den Grünen, dem LdU und Teilen der CVP unterstützt. Beide Räte folgten aber schliesslich Bundesrat Delamuraz, für den die Degression einen Anreiz zur effizienteren Arbeitssuche darstellt, und der versicherte, dass in Härtefällen und bei Arbeitnehmern über 45 Jahren die Taggelder nicht gekürzt würden.

Keine Chance hatte auch ein Antrag Reimann (sp, BE) auf eine generelle Erstrekkung der Bezugsdauer. Beide Räte beschlossen aber, die für Härtefälle vorgesehene Höchstzahl der Taggelder von 250 auf 300 anzuheben. Eine Standesinitiative des Kantons Neuenburg, welche 500 Tage verlangte, um die durch Krisenhilfe an ausgesteuerte Arbeitslose stark geforderten Gemeinden etwas zu entlasten, wurde in beiden Räten abgelehnt.

1.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 89.062)
Dossier: 1. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1989-1992)

Weiter als die Regierung, nämlich bis zum Verbot der Kollektivversicherungen und der Einführung eines Lastenausgleichs zwischen den Krankenkassen, wollte eine Motion Reimann (sp, BE) gehen. Dem hielt der Bundesrat entgegen, dass eine Revision des KUVG in Gange sei und es ihm nicht opportun erscheine, einzelne Teile aus dem Gesamtpaket herauszubrechen. Die grosse Kammer folgte dieser Argumentation und überwies die Motion als Postulat.

Verbot der Kollektivversicherungen und der Einführung eines Lastenausgleichs zwischen den Krankenkassen Motion
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)

Bei der Beratung der Reorganisation der Invalidenversicherung im Rahmen des zweiten Paketes der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen schloss sich die Mehrheit des Nationalrates der Argumentation von Bundes- und Ständerat an und lehnte den Antrag der Minderheit für die Schaffung regionaler anstatt kantonaler IV-Stellen sowie einer eigenen IV-Stelle für das Bundespersonal ab.

Zweites Paket der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (BRG 88.039)

In der Sommersession behandelte der Nationalrat eine Petition, welche eine Revision des EOG und des OR in dem Sinn verlangte, dass in Fällen, in denen ein Mann nicht erwerbstätig ist und minderjährige Kinder betreut, seine Frau während seines Militärdienstes ihrer Arbeit fernbleiben kann und dennoch ihren Lohn im gleichen Umfang weiterbezieht, wie sie ihn erhielte, wenn sie als Mann Militärdienst leistete (Pet. 90.2005) (für eine als Postulat überwiese Motion Hafner (sp, SH) mit ähnlichem Inhalt) siehe hier). Der Rat gab der Petition keine Folge, überwies aber ein Postulat seiner Petitions- und Gewährleistungskommission, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, im Rahmen des EOG die Einführung einer Zulage für Erziehungsaufgaben zu prüfen. Der Ständerat gab der Petition ebenfalls keine Folge, verwies aber, in zustimmendem Sinn, ausdrücklich auf das Postulat des Nationalrate.

Mann nicht erwerbstätig ist und minderjährige Kinder betreut,

Primär aus formalen Gründen gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Cavadini (fdp, TI) (Pa.Iv. 88.240), welche als Übergangslösung eine sofortige Herabsetzung der im OR festgehaltenen Fristen für den vor- und überobligatorischen Bereich verlangte, keine Folge. Da er aber mit dem Initianten der Auffassung war, eine rasche Verbesserung der Freizügigkeitsregelung sei dringend, überwies er ein Postulat der vorberatenden Kommission, mit welchem der Bundesrat eingeladen wird, möglichst rasch Bericht und Antrag für eine Revision des BVG und der OR-Artikel vorzulegen.

Parlamentarische Initiative zur Revision der umstrittenen Artikel 331a und 331b OR (Pa.Iv. 88.240)
Dossier: Eidgenössische Volksinitiative "für eine volle Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge"

Zu hohe Einkaufssummen werden immer wieder dafür verantwortlich gemacht, dass der Bund Mühe hat, Kaderleute aus der Privatwirtschaft zu rekrutieren. Obgleich Bundesrat Stich anhand konkreter Zahlen das Problem relativierte und sich gegen einen verbindlichen Auftrag aussprach, überwies der Ständerat eine Motion Rüesch (fdp, SG), welche die Regierung beauftragt, die kassenrechtlichen Barrieren weiter zu beseitigen.

Motion Pensionskasse des Bundes

Dieser zweite Demographiebericht war – in gekürzter Form – Bestandteil der Botschaft des Bundesrates zur 10. AHV-Revision, welche der zuständige Departementsvorsteher Cotti im März der Öffentlichkeit vorstellte. Vor allem von Frauenseite waren grosse Erwartungen in diese Revision gesetzt worden, die den Verfassungsauftrag der Gleichstellung der Geschlechter umsetzen sollte. Beträchtlich war dann aber die Enttäuschung, als feststand, dass zwar punktuelle Verbesserungen zugunsten der Frauen Eingang in den Gesetzesvorschlag gefunden hatten (Besserstellung der geschiedenen Frauen und der alleinerziehenden Mütter, geschlechtsunabhängiger Anspruch von Mann und Frau bei der Ehepaarrente), dass aber die wichtigsten Forderungen der Frauen (zivilstandsunabhängige Renten, Einkommenssplitting, Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, flexibles Rentenalter für Frauen, Angleichung des Rentenalters Mann/ Frau) nicht berücksichtigt worden waren.

Aus Kostengründen will der Bundesrat am Rentenalter 65 für Männer festhalten, doch soll ihnen generell ab 62 Jahren der flexible Altersrücktritt offenstehen, allerdings mit einer Kürzung der Rente um 6,8% pro Jahr Vorbezug. Damit sich nicht nur Wohlhabende einen früheren Ruhestand leisten können, soll der vorzeitige Bezug von Ergänzungsleistungen möglich werden. Bessergestellt werden auch die Witwer, die neu eine Witwerrente erhalten, allerdings nur dann, wenn sie Kinder unter 18 Jahren zu versorgen haben.

Bundesrat Cotti unterstrich besonders die gezielte Anhebung der Renten für die Versicherten mit niedrigem Einkommen. 112'000 Ehepaar- und 358'000 Einzelrenten würden heraufgesetzt, was einer Besserstellung von mehr als der Hälfte aller Rentenbezüger entsprechen würde. Mit der vorgesehenen Finanzierung dieser Verbesserungen (Abweichung von der früher anvisierten Kostenneutralität, Erhöhung des Beitragssatzes der Selbständigerwerbenden) zog sich die Landesregierung allerdings umgehend den Zorn der Gewerbekreise zu.

Beobachter waren allgemein der Ansicht, dem Bundesrat sei mit dieser Revision kein sozialpolitischer Wurf gelungen; diese 10. Anpassung – deren Inkrafttreten 1994 erfolgen könnte – trage bereits den Kern einer 11. Revision in sich. In Beantwortung einer dringlichen Interpellation Reimann (sp, BE) gab der Vorsteher des EDI selber zu, dass in dieser Revision die grossen Probleme noch nicht angepackt worden seien (D.Ip. 90.676). Und auch die Parteien zeigten sich – wenn auch aus verschiedenen Gründen – mit Ausnahme der CVP alles andere als zufrieden.

Die bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberorganisationen und der Gewerbeverband übten recht harsche Kritik am Abgehen von der Kostenneutralität und an der Beibehaltung des tieferen Rentenalters für die Frauen. Die verhältnismässig geringfügigen Änderungen und Neuerungen rechtfertigten die hohen Mehrausgaben nicht, teilte die FDP mit. Auch die SVP war der Ansicht, der vorgesehene Leistungsausbau sei angesichts der Mehrkosten nicht zu verantworten. Und der Gewerbeverband drohte gar offen mit dem Referendum, falls das Parlament die Beitragserhöhungen für die Selbständigerwerbenden gutheissen sollte.

Die SP, die Gewerkschaften und die Grünen begrüssten zwar die angestrebte Besserstellung der Rentner mit geringem Einkommen, bedauerten aber, dass der Bundesrat die gebotene Gelegenheit zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter verpasst habe, und wiesen darauf hin, dass auch mit den angestrebten Verbesserungen das Problem der existenzsichernden Renten weiterhin ungelöst bleibe.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach ihrem deutlichen Scheitern in der vorberatenden Kommission wurde die parlamentarische Initiative Spielmann (pda, GE), welche für 1989 die Ausrichtung einer 13. AHV/IV-Rente gefordert hatte, ebenfalls im Plenum abgelehnt. Hingegen überwies der Rat ein Postulat der Kommission, mit welchem der Bundesrat aufgefordert wurde, zu prüfen, ob ab 1991 den EL-Bezügern jährlich zusätzlich eine 13. Ergänzungsleistung ausgerichtet werden könnte.
Die Ausrichtung einer 13. AHV/IVRente verlangte auch eine Petition aus dem Tessin, welche mit 25'000 Unterschriften an den Bundesrat eingereicht wurde.

parlamentarische Initiative 13. AHV/IV-Rente Postulat 13. Ergänzungsleistung

Der Rat lehnte ebenfalls eine weitere parlamentarische Initiative Spielmann, welche punktuelle Verbesserungen für die Bezüger von EL verlangte, mit dem Hinweis darauf ab, dass eine wesentliche Forderung des Initianten (Aufhebung des Selbstbehalts bei Krankheitskosten) bereits realisiert sei, dass andere Elemente der Initiative (Anderung der Berechnung des massgeblichen Einkommens) zu Ungleichheiten zwischen Rentnern führen würde. Im Anschluss an dieses Geschäft überwies der Rat auf Antrag der Kommission ein Postulat für eine bessere Information der Rentner und Rentnerinnen über ihre Ansprüche (Po. Ad 88.227).

weitere parlamentarische Initiative punktuelle Verbesserungen für die Bezüger von EL Postulat

Die Kommission für soziale Sicherheit des Nationalrats gab bekannt, dass sie dem Plenum bei der Behandlung der Standesinitiative des Kantons Genf das gleiche Vorgehen empfehlen will, wie es der Ständerat wählte, nämlich die Umwandlung in ein Postulat, mit welchem der Bundesrat aufgefordert wird, den Räten darüber Bericht zu erstatten, wie unverzüglich ein Entwurf für eine von der Krankenversicherung unabhängige Mutterschaftsversicherung ausgearbeitet werden könne.

Standesinitiative des Kantons Genf für die Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (Kt.Iv. 88.201)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Einen – wenn auch sehr wesentlichen – Teilaspekt des Sozialversicherungsrechts griff die PdA auf, indem sie eine Volksinitiative für die Gleichstellung der Geschlechter in den Sozialversicherungen lancierte.

Volksinitiative für die Gleichstellung der Geschlechter in den Sozialversicherungen
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Deutliche Kritik erfuhr die IV von Frauenseite. Nachdem sie sich in früheren Jahren bereits mit der AHV und dem BVG befasst hatte, nahm die Eidg. Kommission für Frauenfragen nun die Situation der Frau in der IV unter die Lupe. Ihre Bestandesaufnahme ergab, dass in der Regel Frauen in der IV doppelt benachteiligt werden, zum einen in ihrem Status als Frau, indem die Berechnung der IV zivilstandsabhängig erfolgt und von einem traditionellen Rollenverständnis ausgeht, zum anderen durch die gesetzliche Definition der Invalidität als Einkommenseinbusse, die dazu führt, dass Hausarbeit nicht wirtschaftlich bewertet und der Doppelbelastung der Frauen keine Rechnung getragen wird. Sie unterbreitete dem Bundesrat deshalb eine Reihe von Revisionsvorschlägen.

Eidg. Kommission für Frauenfragen zur Situation der Frauen in der IV
Dossier: Vierte IV-Revision (1990-2003)

Ende Juni verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft für eine Totalrevision der Militärversicherung. Hauptziele der Revision sind eine vermehrte Harmonisierung mit den übrigen Sozialversicherungen und Verbesserungen im Leistungsbereich. Insbesondere wird der Verdienstausfall künftig im Ausmass von einheitlich 95% ausgeglichen (statt wie bisher je nach Familienlasten). Dazu kommen Ehegatten- und Waisenrenten auch für den Fall, dass der Tod in keinem Zusammenhang mit dem versicherten Leiden steht, die Hinterbliebenenrente der AHV aber wegen des Erwerbsunterbruchs ungenügend ist. Weiter schlägt der Bundesrat eine Ausdehnung der Eingliederungs- und Umschulungsmassnahmen und verbesserte Leistungen an Selbständigerwerbende vor.

Der Geltungsbereich der Militärversicherung wird sodann ausgedehnt, namentlich auf Teilnehmer an friedenserhaltenden Aktionen des Bundes und an Einsätzen des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps. Auch zeitlich schlug der Bundesrat eine Erweiterung des Geltungsbereiches vor. Der Versicherungsschutz soll während des persönlichen Urlaubs nicht mehr ruhen und ebenfalls für Informationsanlässe zur Aushebung gelten.

Trotz den zahlreichen Leistungsverbesserungen werden Bund und Kantone durch diese Totalrevision finanziell nicht zusätzlich belastet. Der Mehraufwand — anfänglich rund 7,8 Mio. und nach Ablauf der Übergangsregelung ungefähr 13,6 Mio. Fr. — wird durch die Reduktion der Altersrente auf 50% des versicherten Einkommens und durch den Verzicht auf die Steuerfreiheit bei neuen Leistungen ausgeglichen.

Totalrevision der Militärversicherung (BRG 90.045)

Die rot-grüne Minderheit im Nationalrat möchte die Pensionskassengelder ebenfalls zur Förderung des Wohnungsbaus heranziehen, allerdings nur in beschränktem Mass und primär zur Gewährung von günstigen Hypothekardarlehen sowohl für selbstbewohntes Eigentum als auch für den allgemeinen Wohnungsbau. In diese Richtung zielten drei eingereichte Vorstösse (Mo. 90.479, Po. 90.790), von denen ein Postulat Longet (sp, GE) im Berichtsjahr überwiesen wurde. Eine von Ständerat Zimmerli (svp, BE) eingereichte Motion (Mo. 90.678) möchte ebenfalls einen Teil des Vorsorgekapitals zumindest vorübergehend zur Entlastung des überhitzten Hypothekarmarktes einsetzen.

Pensionskassengelder ebenfalls zur Förderung des Wohnungsbaus zur Gewährung von günstigen Hypothekardarlehen Postulat Motion