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  • Weibel, Thomas (glp/pvl, ZH) NR/CN

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Im April 2018 schlug die Debatte um die Franchisen speziell hohe Wellen, nachdem die CEO der Krankenversicherung CSS, Philomena Colatrella, in einem Interview mit dem SonntagsBlick vorgeschlagen hatte, neben anderen Massnahmen auch eine Erhöhung der Mindestfranchise auf CHF 5'000 bis CHF 10'000 zu prüfen. Dadurch würden die Prämien stark sinken – gemäss ersten Schätzungen auf CHF 170 pro Monat und Person –, wodurch bei der Prämienverbilligung Gelder frei würden, um die sozial Schwächeren bei der Bezahlung der Kosten innerhalb der Franchise zu unterstützen. Dadurch würde die Eigenverantwortung gestärkt, wodurch wiederum die Gesundheitskosten sinken würden, erklärte Colatrella. Dieser Vorschlag sorgte bei zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der Gesundheitspolitik für Aufruhr: Eine solche Erhöhung könne sich kaum jemand leisten, war der Tenor. Für Patientenschützerin Susanne Hochuli würde dieser Vorschlag das Ende des heutigen Kassensystems darstellen, weil die Kosten der sozialen Abfederung nicht mehr durch die Prämiengelder bezahlt würden. Barbara Gysi (sp, SG) befürchtete eine zusätzliche Belastung der sozial Schwächeren und Heinz Brand (svp, GR) prognostizierte gar einen Volksaufstand. Neben der breiten Kritik wurden aber auch verständnisvolle Stimmen laut, die eine umfassende Diskussion über alternative Modelle forderten.

Gleichzeitig beschäftigte sich im Jahr 2018 auch die Politik ausführlich mit dem Thema der Franchisen. So wurden 2018 neun Geschäfte zu diesem Thema beraten. Der Nationalrat stimmte drei Motionen der FDP.Liberalen-Fraktion zu, gemäss denen die Franchisen zukünftig regelmässig angepasst werden (Mo. 16.3110) und die Maximal- (Mo. 16.3111) und Minimalfranchise (Mo. 16.3112) erhöht werden sollen. Gehör im Nationalrat fanden auch eine Motion Landolt (bdp, GL; Mo. 16.3084) zur Anpassung der ordentlichen Franchise der OKP von CHF 300 auf mindestens CHF 400 sowie eine parlamentarische Initiative Borer (svp, SO; Pa.Iv. 15.468) für eine Verlängerung der Vertragsdauer bei besonderen Versicherungsformen wie Wahlfranchisen von einem auf drei Jahre. Einer Forderung der SGK-SR zur Beibehaltung der Maximalrabatte bei allen Wahlfranchisen (Mo. 17.3637) stimmte der Ständerat zu. Damit wollte er verhindern, dass der Bundesrat die Maximalrabatte der mittleren Franchisen anpasst, wie ein Bericht zuvor gefordert hatte. Einer ähnlichen Forderung bezüglich der Anzahl Franchisenstufen (Motion Weibel (glp, ZH; Mo. 15.4222)) stimmte die kleine Kammer ebenfalls zu. Lediglich eine Motion Stöckli (sp, BE; Mo. 17.3771) mit der gegensätzlichen Forderung, wonach der Maximalrabatt der Wahlfranchise über CHF 500 von 70 auf 80 Prozent hätte erhöht werden sollen, lehnte er ab. Die Botschaft für eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung (BRG 18.036) legte der Bundesrat ebenfalls 2018 vor: Damit soll das Verhältnis zwischen Franchisen und Bruttokosten für die OKP bei 1:12 fixiert werden; steigen die Kosten auf das Dreizehnfache der Franchise, müsste diese erhöht werden.

Mediale und politische Debatte zum Thema Franchisen im Jahr 2018
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im Januar 2018 beriet die SGK-SR die Motion Weibel (glp, ZH) „Richtige Anreize mit Wahlfranchisen” und empfahl dem Ständerat in der Folge mit 7 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen deren Annahme. Die Beibehaltung der Franchisenzahl soll es den Versicherten weiterhin ermöglichen, Selbstverantwortung wahrzunehmen. Der Ständerat beriet die Motion Weibel in der Frühjahrssession 2018 zusammen mit der Motion Stöckli (sp, BE), welche den Maximalrabatt auf die Wahlfranchise über CHF 500 von 70 auf 80 Prozent erhöhen wollte. Zuvor hatte die kleine Kammer bereits die Motion der SGK-SR zur Beibehaltung der Höhe der Rabatte bei den verschiedenen Franchisen angenommen. Nach dieser – aus Sicht des Bundesrates verlorenen – Abstimmung zur Motion der SGK-SR über die Rabatte betonte Gesundheitsminister Berset noch einmal deutlich, dass eine Beibehaltung der Anzahl Franchisen, wie es die Motion Weibel fordere, unter Beibehaltung der Rabatthöhe von 70 Prozent, wie es zuvor beschlossen worden war, den Ergebnissen des Berichts zu den Auswirkungen der Franchisenhöhe widerspreche. Wenn das Parlament jedoch dieses ungerechte, unklare und nicht fassbare System beibehalten wolle, liege das in seiner Kompetenz. Wie bereits zuvor liess sich der Ständerat von den mahnenden Worten des Gesundheitsministers nicht überzeugen und nahm die Motion mit 28 zu 9 Stimmen an.

Richtige Anreize mit Wahlfranchisen (Mo. 15.4222)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im Januar 2018 beriet die SGK-SR die Motion Weibel (glp, ZH) und sprach sich dafür aus, Infrastrukturanlagen für Pensionskassen attraktiver zu machen. In der Ständeratsdebatte in der Frühjahrssession 2018 wies Konrad Graber (cvp, LU) darauf hin, dass es für Pensionskassen in der Praxis nicht so einfach sei wie ursprünglich versprochen, von den Anlagevorschriften abzuweichen, weil die Aufsichtsbehörden und die Stiftungsräte diesen Anlagevorschriften einen hohen Stellenwert zuschreiben würden. Da sich Pensionskassen aber in einem Anlagenotstand befänden und gleichzeitig zahlreiche Projekte in der Schweiz höheren Investitionsbedarf aufweisen würden, sollte Pensionskassen der Zugang zu langfristig finanzierten Investitionen und damit zu einer höheren Rendite erleichtert werden. Der heutige Titel der „Alternativen Anlagen“ werde aber mit Venture-Capital-Anlagen und deren erhöhtem Risiko gleichgesetzt. Daher sei eine neue Kategorie vonnöten.
Bundesrat Berset erwiderte, dass diese Motion keine Veränderungen mit sich bringen würde, da die Pensionskassen keine Kapazitäten zur Analyse von nicht börsenkotierten Investitionsprodukten hätten, deren Wertfluktuationen fürchten würden und somit nicht an einer häufigeren Nutzung solcher Investitionen interessiert seien. Eine Verpflichtung der Pensionskassen zur Investition in Infrastrukturprojekte würde dieses Problem zwar beheben, jedoch dem Ziel der zweiten Säule – der Garantie möglichst hoher Renten – widersprechen. Daher sei es besser, nichts zu tun, als mit der Motion den Eindruck zu erwecken, ein Problem zu lösen, das nicht existiere. Trotz dieses Einwandes nahm der Ständerat die Motion ohne Gegenstimme mit 30 Stimmen bei 6 Enthaltungen an.

Infrastrukturanlagen für Pensionskassen attraktiver machen

Nachdem im August 2015 bekannt geworden war, dass der Bundesrat im Rahmen der Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung plane, die Anzahl Wahlfranchisen zu reduzieren, reichte Thomas Weibel (glp, ZH) eine Motion "Richtige Anreize mit Wahlfranchisen" ein, die den Bundesrat beauftragen wollte, die Wahlfranchisen gemäss KVG beizubehalten. Dabei stützte er sich auf eine von Santésuisse in Auftrag gegebene, repräsentative Umfrage, die ergeben hatte, dass die Versicherten die bestehenden Wahlfranchisen beibehalten möchten. Der Motionär argumentierte, dass sich die Streichung der Franchisenstufen und Rabattmöglichkeiten negativ auf die Kostenentwicklung auswirken und vor allem Jugendliche und junge Familien treffen würde, da diese besonders häufig höhere Franchisen wählten. Der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass das EDI zuerst die Klärung des Zusammenhangs zwischen Franchisenhöhe und Leistungsbezug sowie der Gründe für Franchisenwechsel abwarten möchte, bevor es weiterführende Entscheidungen trifft. Er beantragte entsprechend die Ablehnung der Motion.

Bis zur Behandlung durch den Erstrat im September 2017 war der Bundesrat nach breiter Kritik von der Idee zur Streichung von Franchisenstufen abgerückt. Stattdessen beabsichtigte er beruhend auf einem Bericht in Erfüllung der Motion Schmid-Federer (cvp, ZH), anstelle der Anzahl Franchisenstufen deren Rabattierung zu ändern. In der Parlamentsdebatte wies der Motionär nochmals darauf hin, dass die Reduktion der Rabatte genauso wie die Abschaffung der höchsten Franchisenstufe das Wahrnehmen von Eigenverantwortung bestrafe. Dies setzte falsche Anreize und mache die Risikoselektion attraktiver. Bundesrat Berset erklärte, dass es bereits mehrere Vorstösse zu diesem Thema gegeben habe (Po. 13.3250, Mo. 15.4157) und die Diskussion um die Franchisen noch nicht abgeschlossen sei. So gebe es heute nur eine Scheinauswahl, da nur die höchste und die tiefste Franchise rechnerisch interessant seien. Entsprechend bevorzuge er eine Ablehnung der Motion, um vorgängig eine entsprechende Diskussion führen zu können. Dennoch sprach sich der Nationalrat mit 136 zu 53 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) für Annahme der Motion aus.

Richtige Anreize mit Wahlfranchisen (Mo. 15.4222)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Infrastrukturanlagen für Pensionskassen attraktiver zu machen, beabsichtigte Thomas Weibel (glp, ZH) mit einer Motion im Juni 2017. Dazu sollte der Bundesrat die Anlagekategorie „Infrastrukturanlagen” in den Bestimmungen über die Anlage des Vermögens von Vorsorgeeinrichtungen in einem eigenen Artikel aufführen – und nicht mehr nur als alternative Anlage betrachten – sowie eine Maximalquote von 10 Prozent dafür vorsehen. Da die Kategorie der alternativen Anlage mit einem Stigma der Intransparenz und hohen Kosten behaftet sei, habe eine solche Änderung zahlreiche positive Effekte. Einerseits erlaube sie es den Pensionskassen durch Investitionen in Infrastrukturanlagen – vom Motionär ausdrücklich genannt werden Energie-, Mobilitäts-, Versorgungs- und Gesundheitsinfrastruktur – mit hoher Wertbeständigkeit und stabilen Erträgen ihre Produkte zu diversifizieren. Dies minimiere gleichzeitig ihr Risiko, da die Werthaltigkeit und die Erträge von Infrastrukturanlagen nur schwach mit den Entwicklungen an den Aktien- und Obligationenmärkten korrelierten. Andererseits würde dies neben der Finanzierung von Sachwerten mit grosser gesellschaftlicher Relevanz und Wertschöpfung im Inland auch die Energiewende mit Geld aus der Privatwirtschaft unterstützen. Der Bundesrat wies jedoch darauf hin, dass Infrastrukturinvestitionen sehr heterogen, meist langfristig und illiquide seien und international häufig wirtschaftlichen, technischen oder politischen Risiken ausgesetzt seien. Da in der gültigen Regelung keine Investitionshemmnisse bestünden und die Aufführung in einer separaten Anlagekategorie somit kaum zu neuen Investitionsanreizen führen würde, sei kein Änderungsbedarf gegeben. Diese Ansicht teilte die Mehrheit des Nationalrats jedoch nicht, mit 98 zu 80 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) sprach sich die grosse Kammer für eine Annahme der Motion aus. Ablehnend zeigten sich lediglich die SVP-Fraktion, die Hälfte der SP-Fraktion sowie ein Mitglied der FDP-Fraktion.

Infrastrukturanlagen für Pensionskassen attraktiver machen

Rund ein Jahr, nachdem sich der Ständerat ausführlich mit der Reform der Altersvorsorge 2020 beschäftigt hatte, lag der Ball beim Nationalrat. Die Aufmerksamkeit war gross, das SRF übertrug die Eintretensdebatte live. Nationalrat Aeschi (svp, ZG) stellte einen Antrag, die Vorlage in verschiedenen Teilen zu beraten und damit dem Volk die Möglichkeit zu geben, einzeln zu den Reformelementen Stellung zu nehmen. In einem ersten Paket sollen demnach die gemäss dem Antragsteller unbestrittenen Elemente wie die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre oder die Flexibilisierung des Referenzalters behandelt werden. Die übrigen Fragen sollten an die Kommission zurückgewiesen werden, die diese in einem zweiten und dritten Massnahmenpaket weiterführen sollte. Nach dem „voraussehbaren Nein an der Urne” – so der Antragsteller – wüsste man sonst wieder nicht, welche Elemente das Volk befürworte, respektive ablehne. Der Freiburger Nationalrat Jean-François Steiert (sp, FR) hingegen argumentierte, dass durch diese „Salamitaktik” das Rentenalter der Frauen angehoben würde, ohne dass ihre durchschnittlich um CHF 250'000 tiefere Rente kompensiert werde. Dies könne lediglich durch die Behandlung der Vorlage als Gesamtpaket verhindert werden. Der Nationalrat lehnte den hauptsächlich von Parlamentarierinnen und Parlamentariern der SVP unterstützten Antrag Aeschi mit 54 zu 129 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) ab.

Die Eintretensdebatte war geprägt von der Abstimmung zur AHVplus-Initiative, die nur Tage zuvor mit 41 zu 59 Prozent abgelehnt worden war. Insbesondere wurde darüber gestritten, ob dieses „Nein” als allgemeine Ablehnung einer Erhöhung der AHV-Rente – als welche sie zum Beispiel Bruno Pezzatti (fdp, ZG) oder Lorenz Hess (bdp, BE) darstellten – verstanden werden kann oder nicht. In der Detailberatung, bei der die Vorlage in sieben thematischen Blöcken behandelt wurde, schuf der Nationalrat zahlreiche Differenzen zum Ständerat. Im ersten Block wurden insbesondere das Referenzalter und die Flexibilisierung des Rentenalters sowie die Bestimmungen zur Berechnung der AHV-Rente behandelt. Besonders umstritten war hier die Frage der Erhöhung des Referenzalters für Frauen. Zwei Minderheiten Feri (sp, AG) beantragten dem Nationalrat, auf diese Erhöhung zu verzichten, was die Antragstellerin damit begründete, dass Männer beim flexiblen Rentenalter bevorzugt würden, weil Frauen ihr Leben lang unbezahlte Arbeit leisteten und für die bezahlte Arbeit schlechter entlohnt würden. Dies solle durch die Beibehaltung des Referenzalters von 64 Jahren für Frauen anerkannt werden. Der Nationalrat entschied sich jedoch mit 137 zu 57 Stimmen (0 Enthaltungen) für die Angleichung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre, wobei sich – im Unterschied zum Ständerat – die SP- und Grünen-Fraktionen geschlossen gegen die Erhöhung aussprachen.

Im zweiten Block unterschieden sich die Mehrheiten im Nationalrat mehrmals von denjenigen im Ständerat: So beschloss der Nationalrat, Personen mit Anrecht auf Altersrenten keine Kinderrenten auszuzahlen sowie Witwen- und Witwerrenten nur noch auszubezahlen, wenn eine Person ein Kind mit Anspruch auf Waisenrente hat. Die Waisenrenten an Pflegekinder schränkte er insofern ein, als sie in Zukunft nur noch ausbezahlt werden, wenn die Pflegekinder ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben.

Hitzig diskutiert wurde vor allem der dritte Block, in dem sich der Nationalrat der Zusatzfinanzierung der AHV, dem Interventionsmechanismus und dem Bundesbeitrag – gemäss Ruth Humbel (cvp, AG) die Kernpunkte der Vorlage – widmete. Den Bundesbeitrag legte der Nationalrat bei 20 Prozent der jährlichen Ausgaben der Versicherung fest, während sich der Ständerat noch für den bisherigen Betrag von 19.55 Prozent ausgesprochen hatte. Diese Erhöhung machte eine Abstimmung zur Schuldenbremse nötig, wobei das qualifizierte Mehr erreicht wurde. Anschliessend folgten die Abstimmungen zum Sargnagel der Vorlage, wie es wiederum Ruth Humbel formuliert hatte: dem Interventionsmechanismus. Zur Überwachung des finanziellen Gleichgewichts lagen verschiedene Massnahmen vor. So stand eine Zustimmung zum Beschluss des Ständerats – also zu einer einstufigen Verpflichtung zu nicht-automatischen Stabilisierungsmassnahmen, wenn der Stand des AHV-Ausgleichsfonds unter 80 Prozent einer Jahresausgabe sinken sollte – (Mehrheit der SGK-NR), eine Ergänzung dieses einstufigen Vorgehens durch einen automatischen Solidaritätsbeitrag der Rentner und Rentnerinnen sowie durch eine temporäre Beitragserhöhung (Minderheit I Humbel), eine Ergänzung durch eine automatische Erhöhung des Referenzalters pro Kalenderjahr um 6 Monate auf maximal 24 Monate (Minderheit III de Courten (svp, BL)) sowie eine gänzliche Streichung des Interventionsmechanismus (Minderheit II Weibel (glp, ZH)) zur Debatte. Der Einzelantrag Pezzatti (fdp, ZG) sah zudem vor, den Interventionsmechanismus in eine separate Vorlage auszulagern, um die Gesamtvorlage nicht zu gefährden. Die Minderheit II (Weibel), geschlossen unterstützt von der BDP und GLP, war gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag chancenlos (180 zu 14 Stimmen). Dieser unterlag jedoch genauso wie die Minderheiten I (Humbel, unterstützt von SP, GPS, CVP und BDP) und III (de Courten, unterstützt von der SVP) dem Mehrheitsantrag (grösstenteils unterstützt von FDP und SVP). Vor die Wahl gestellt, den Interventionsmechanismus im Rahmen der Altersvorsorge 2020 oder in einer separaten Vorlage umzusetzen, entschied sich der Nationalrat grossmehrheitlich für letztere Option und nahm den Einzelantrag Pezzatti mit 187 zu 9 (GLP- oder CVP-) Stimmen an. Als letzte Frage dieses Blocks wurde die maximal mögliche Höhe der Anhebung der Mehrwertsteuersätze behandelt. Hier schwankten die Vorschläge zwischen 0.3 Prozentpunkten (Minderheit II Frehner (svp, BS)), 0.6 Prozentpunkten (Mehrheit der SGK-NR) und 1 Prozentpunkt (Ständerat, Minderheit I Humbel). Der Nationalrat entschied sich für den Mittelweg und schuf mit der Erhöhung um 0.6 Prozentpunkte erneut eine Differenz zum Ständerat.

Der vierte Block umfasste Massnahmen in der zweiten Säule, konkret den Mindestumwandlungssatz und die Ausgleichsmassnahmen im BVG. Dabei pflichtete der Nationalrat dem Erstrat mit 141 zu 51 Stimmen (3 Enthaltungen) gegen den Willen der SP und der Grünen deutlich bei und senkte den Mindestumwandlungssatz von 6.8 auf 6 Prozent. Um eine Kompensation des tieferen Umwandlungssatzes innerhalb des BVG zu ermöglichen, entschied sich der Nationalrat relativ knapp zur Abschaffung des Koordinationsabzugs (100 zu 89 Stimmen bei 7 Enthaltungen) sowie für eine Reduktion der gestaffelten Altersgutschriften auf zwei Ansätze (25-44: 9%, 45-Referenzalter: 13.5% des versicherten Lohns). Letztere soll zusätzlich der Diskriminierung älterer Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken. Hingegen verzichtete er trotz Anpassung des Mindestumwandlungssatzes auf eine Garantie des Leistungsniveaus der Übergangsgeneration (Personen über 40 (Bundesrat) respektive 50 Jahren (Ständerat)) im Rahmen des Sicherheitsfonds.

Im fünften Block standen die Ausgleichsmassnahmen in der AHV sowie der Ehepaarplafonds zur Debatte. Bei der Höhe der Vollrenten sprach sich der Nationalrat für die Beibehaltung des geltenden Rechts aus und schuf damit eine gewichtige Differenz zum Ständerat, der die Altersrente als Kompensation für die Reduktion des Umwandlungssatzes um 70 Franken erhöhen wollte. Auch die Erhöhung des Ehepaarplafonds von 150 auf 155 Prozent (Ständerat, Minderheiten I (Humbel) und IV (Feri)) respektive auf 160 Prozent (Minderheit II Humbel), die sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern im Nationalrat als Reaktion auf die Volksinitiative gegen die Heiratsstrafe empfunden wurde, lehnte die grosse Kammer ab. Um dem Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern gerecht zu werden, hatte die Mehrheit der SGK-NR zudem vorgeschlagen, die Summe der Erwerbseinkommen der Frauen mit einem Zuschlag zu belegen, „der dem nach objektiven Kriterien nicht erklärbaren Anteil am allgemeinen Lohnunterschied entspricht”. Dies scheiterte jedoch am Widerstand von FDP.Die Liberalen und SVP sowie vereinzelten anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern.

Der sechste Block beinhaltete institutionelle Massnahmen, der siebte Block weitere zu klärende Details. Hier entschied sich der Nationalrat unter anderem dafür, Risikobeiträge nach individuellen Grundsätzen zu berechnen (139 zu 53 bei 1 Enthaltung), während der Ständerat einen Passus zu kollektiven Grundsätzen ergänzt hatte. Des Weiteren lehnte der Nationalrat eine Erhöhung der Beiträge der Selbständigerwerbenden mit 129 zu 65 Stimmen ab.

In den Gesamtabstimmungen zu den drei Vorlagen (Bundesgesetz über die Reform der Altersvorsorge 2020, Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und Bundesbeschluss über die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts der AHV) zeigten sich nur die FDP.Die Liberalen und die Grünliberalen mit allen drei Vorlagen einverstanden. Die Reform der Altersvorsorge 2020 lehnten die Fraktionen der SP und der Grünen in der Gesamtabstimmung ab, da der Nationalrat gemäss Silvia Schenker (sp, BS) in den letzten Tagen ein Massaker angerichtet habe. Auch bei der CVP- und BDP-Fraktion fand die Vorlage kaum noch Zustimmung, ein Grossteil von ihnen enthielt sich der Stimme. Die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Mehrwertsteuererhöhung hingegen wurde von einer Minderheit der SVP-Fraktion abgelehnt, die meisten übrigen SVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier enthielten sich zusammen mit denjenigen der SP und der Grünen der Stimme. Am umstrittensten war der Bundesbeschluss zum finanziellen Gleichgewicht der AHV, bei dem es um den Interventionsmechanismus ging: Hier standen sich 99 Ja-Stimmen aus der SVP-, FDP- und GLP-Fraktion und 90 Nein-Stimmen aus der SP-, CVP-, GPS- und Teilen der BDP-Fraktion gegenüber. Somit entschied sich der Nationalrat auch hier insgesamt knapp für die zuvor beschlossenen Änderungen.

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

In der Wintersession 2013 nahm der Nationalrat ein Postulat Weibel (glp, ZH) an, gemäss dem der Bundesrat darlegen soll, welche Änderungen für eine Beibehaltung der Möglichkeit, ab einem Alter von 59 respektive 60 Jahren weiterhin Überträge von einer Säule-3a-Einrichtung auf eine andere Säule-3a-Einrichtung zu tätigen, nötig wären. Diese Überträge sollten gemäss der Arbeitsgruppe «Vorsorge» der schweizerischen Steuerbehörden zukünftig nicht mehr möglich sein, erklärte der Postulant. Er vermutete, dass die Steuerbehörden darauf bestünden, das «Vorsorgeguthaben sofort statt längstens in zehn Jahren zu besteuern», was er als kurzfristige Steuerpolitik kritisierte. Diskussionslos nahm der Nationalrat das Postulat an, nachdem es auch der Bundesrat zur Annahme empfohlen hatte.

Überträge von Geldern der Säule 3a auch nach dem Alter 59/60 ermöglichen

Nachdem der Nationalrat im Vorjahr diverse Änderungen beschlossen hatte, ging der Entwurf 1 zur 6. IV-Revision im Berichtsjahr ins Differenzbereinigungsverfahren. In der Frühjahrssession befasste sich der Ständerat mit dem Geschäft und hielt dabei an den geforderten Einsparungen fest. Seiner Kommissionsmehrheit und dem Bundesrat folgend und entgegen einer Minderheit Kuprecht (svp, SZ), beschloss der Rat, dem nationalrätlichen Entscheid aus dem Vorjahr, mit den Kinderrenten und der Übernahme von Reisekosten einen umstrittenen Teil des Entwurfes 1 als Entwurf 3 auszukoppeln und an die Kommission zurückzuweisen, zuzustimmen. Die Befürworter der Aufteilung argumentierten, die Chancen der Vorlage bei einem – nicht unwahrscheinlichen – Referendum seien auf diese Weise deutlich höher und die Verzögerung der neu im Entwurf 3 eingeplanten Einsparungen seien angesichts der durch die Revisionen 5 und 6a bereits erreichten Ausgabenrückgänge zu verkraften. Die Gegner beklagten dagegen eine Verwässerung der Revision wegen ungenügender Sparbemühungen. Diese seien beim Volks-Ja zu einer befristeten Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der IV Bedingung gewesen. Es sei zu befürchten, dass der Entwurf 3 schliesslich unbehandelt von der politischen Bildfläche verschwinde. Der Nationalrat hatte im Vorjahr die Einführung eines stufenlosen Rentensystems auch für laufende Renten von Personen bis 55 Jahren beschlossen und dabei den minimalen Invaliditätsgrad für eine Vollrente von 80 auf 70% gesenkt. Die Mehrheit der ständerätlichen Kommission empfahl gegen eine Minderheit Maury Pasquier (sp, GE), am ursprünglichen Beschluss des Ständerates festzuhalten. Somit würde das neue System erst für Neurenten eingeführt und der minimale Invaliditätsgrad wäre bei 80% anzusetzen. Im Gegensatz zum Vorschlag des Nationalrates könnten damit tatsächlich Kosten eingespart werden, so die Begründung. Wichtig sei auch der vom Systemwechsel ausgehende Erwerbsanreiz, da zusätzlich verdientes Geld fast vollumfänglich behalten werden könne. Zudem sei das Reintegrationsziel gefährdet, sollte eine volle Rente bereits bei 70% Invalidität gewährt werden. Die Gegner sprachen sich zwar ebenfalls für ein lineares Rentensystem aus, lehnten aber ab, Einsparungen zulasten der Behinderten mit einem Invaliditätsgrad zwischen 70 und 79% vorzunehmen. Die blosse Kostenneutralität der Massnahme sei angesichts der schwarzen Zahlen der IV und der positiven Aussichten durchaus akzeptabel. Die durch die Erhöhung auf 80% angestrebten Einsparungen seien blosse Kostenverlagerungen, denn die Eingliederung gelinge in der Regel nicht und die entstehenden Härtefälle würden in Zukunft auf Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe angewiesen sein. Mit 25 zu 19 Stimmen entschied die kleine Kammer sich schliesslich für den Antrag der Mehrheit, womit eine Differenz zum Nationalrat erhalten blieb. Ein Minderheitsantrag Kuprecht (svp, SZ), der eine Verrechnung der IV-Kinderrenten mit den Familienzulagen verlangte, um zu verhindern, dass IV-beziehende Eltern ein höheres Einkommen erzielen als erwerbstätige, fand keine Mehrheit. Grössere Abweichungen zum Nationalrat bestanden zudem beim Interventionsmechanismus, wo der Nationalrat die Festschreibung von automatischen Massnahmen im Falle einer finanziellen Schieflage gänzlich abgelehnt hatte. Die Kommissionsmehrheit im Ständerat beantragte, am ursprünglichen Beschluss mit einer automatischen Beitragserhöhung und Sistierung der Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung festzuhalten. Die Schuldenbremse könne eine vernünftige Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben herstellen, die nachhaltige Sanierung der IV sei notwendig und dem Volk versprochen worden. Eine Minderheit I Rechsteiner (sp, SG) beantragte, nur den Beitragssatz automatisch zu erhöhen, die selbe Minderheit II sprach sich alternativ für den Beschluss des Nationalrates und damit den Verzicht auf jegliche automatischen Massnahmen aus. Die Bestimmungen, wonach der Gesetzgeber beim Erreichen einer kritischen Grenze Massnahmen zu beschliessen habe, welche durch eine automatische Beitragserhöhung ergänzt würden, sei demokratisch und habe sich in der Arbeitslosenversicherung bewährt, so die Minderheit. Ein automatischer Eingriff in die Renten sei dagegen präzedenzlos und würde zu einer Entkoppelung der IV- von den AHV-Renten führen, womit faktisch das Niveau des Anspruchs zur Existenzsicherung gesenkt werde. Eine solche Absenkung sei verfassungswidrig. Dieser Argumentation folgte jedoch nur knapp ein Drittel der Ratsmitglieder, womit der Mehrheitsantrag deutlich angenommen wurde. In der Sommersession kam das Geschäft zum zweiten Mal in den Nationalrat, wo die Differenzen zum Ständerat nicht vollständig bereinigt werden konnten. So blieb die grosse Kammer gegen den Antrag ihrer Kommissionsmehrheit und mit einer Minderheit Lohr (cvp, TG) bei ihrem Beschluss, bereits ab einem Invaliditätsgrad von 70% eine Vollrente zuzusprechen. Das Resultat fiel dabei mit 108 zu 78 Stimmen recht deutlich aus; Unterstützung fand die Verschärfung nur bei der SVP, der FDP und bei einzelnen Mitgliedern der CVP/EVP-Fraktion. Mit einem sehr ähnlichen Stimmenverhältnis von 107 zu 74 Stimmen sprach der Rat sich dagegen für ein Streichen der Bestimmung zur Anpassung der Renten für Kinder im Ausland lebender IV-Beziehender an die dortige Kaufkraft und diesbezüglich also zugunsten einer Bereinigung mit dem Ständerat aus. Eine Minderheit Bortoluzzi (svp, ZH) hatte verlangt, am früheren Beschluss festzuhalten. Mit 108 zu 74 Stimmen blieb die grosse Kammer hingegen entsprechend dem Antrag ihrer Kommission bei ihrer Haltung gegen eine Schuldenbremse mit automatischen Massnahmen. Wie bereits in früheren Verhandlungen stellten sich dabei SP und Grüne gegen automatische Rentenkürzungen, während die SVP sich gegen höhere Lohnbeiträge wehrte. Diese unheilige Allianz überstimmte die Mitteparteien. Alle Fraktionen stimmten geschlossen ab und es gab keine Enthaltungen. Damit verblieben als Differenzen zwischen den beiden Kammern die Festlegung des minimalen Invaliditätsgrads zur Auszahlung einer Vollrente, die Ausgestaltung des Interventionsmechanismus sowie eine Begriffsänderung im IV-Gesetz. Bereits eine Woche später kam die Vorlage erneut zur Verhandlung in den Ständerat. Dieser hielt gegen Minderheitsanträge von linker Seite an der Schwelle von 80% Invalidität für eine volle Rente und an der Ausgestaltung der Schuldenbremse mit automatischen Beitragserhöhungen und Einfrieren der Renten fest. Zwei Tage später beschloss der Nationalrat, ebenfalls bei seiner Position zu bleiben. Damit kam der Entwurf in die Einigungskonferenz, welche noch in der gleichen Session zusammentrat. Die Konferenz schloss sich mit jeweils sehr knappen Mehrheiten bei der Frage des minimalen Invaliditätsgrads dem Nationalrat, bei jener der Schuldenbremse dem Ständerat an, womit eine Einigung nicht zustande kam. Die Kommissionen mussten daher ihren Räten beantragen, das Geschäft abzuschreiben. Dagegen wehrte sich im Ständerat ein Antrag
Gutzwiller (fdp, ZH), der eine nochmalige Einberufung der Einigungskonferenz verlangte. Dieser Antrag wurde angenommen, am selben Tag lehnte jedoch der Nationalrat einen gleichlautenden Antrag Weibel (glp, ZH) klar ab, wobei sich wiederum eine unheilige Allianz aus Grünen, SP und SVP durchsetzte. Damit wurde Entwurf 1 der IV-Revision 6b definitiv abgeschrieben. Entwurf 3 war im Vorjahr an die Kommission zurückgewiesen und im Berichtsjahr nicht mehr behandelt worden.

Zweites Massnahmenpaket der 6. IV-Revision (IV-Revision 6b)

Die ständerätliche Beratung von Entwurf 1 hatte im Vorjahr zu diversen Abweichungen von der Bundesratsbotschaft geführt. In der Wintersession des Berichtsjahres behandelte der Nationalrat das Thema und nahm weitere Änderungen vor. Die Debatte wurde auch hier intensiv und teilweise emotional geführt. Sie war geprägt vom Gegensatz zwischen zwei Allianzen: Die Ratslinke und der soziale Flügel der CVP auf der einen Seite setzten sich gegen zu starke Belastungen für die Versicherungsnehmer ein und machten geltend, der IV gehe es finanziell bereits deutlich besser, womit sich weitere Reformen im Moment erübrigten. Auf der anderen Seite positionierten sich der bürgerliche Teil der CVP und die übrigen Parteien, welche zugunsten einer konsequenten Sanierung auch bereit waren, stärkere Leistungskürzungen vorzunehmen. In der Eintretensdebatte wurden zwei linke Minderheitsanträge auf Nichteintreten und auf Rückweisung an den Bundesrat klar abgelehnt. Ein Antrag der Minderheit Ingold (evp, ZH), welcher vom Bundesrat unterstützt wurde, wurde dagegen knapp angenommen. Er verlangte eine Aufsplittung der Vorlage und die Rückweisung bestimmter Artikel als Entwurf 3 an die Kommission. Letztere sollte die betreffenden Bestimmungen erst beraten, wenn aussagekräftige Ergebnisse der Evaluation der Revisionen 5 und 6a vorliegen. Es handelt sich dabei insbesondere um die besonders umstrittenen Änderungen bei den Kinderrenten und der Übernahme von Reisekosten. Die Mehrheit des Rates teilte die Ansicht der Kommissionsminderheit, wonach eine verspätete Einführung dieser Bestimmungen angesichts der leicht verbesserten finanziellen Lage der IV und der neusten wirtschaftlichen und demographischen Prognosen für die Sanierung der IV verkraftbar sei. Der restliche Teil von Entwurf 1, der strukturelle Verbesserungen anstrebt (Änderung des Rentensystems von einer abgestuften hin zu einer stufenlosen Berechnung, verstärkte Eingliederung, Betrugsbekämpfung, Entschuldung, Einführung eines Interventionsmechanismus) sollte dagegen sofort beraten werden. Mit der Aufsplittung wollte die Minderheit das Risiko eines Scheiterns des als wichtig betrachteten neuen, stufenlosen Rentensystems durch eine allfällige Ablehnung der gesamten Vorlage vermeiden. Die Presse sprach von einem taktischen Entscheid im Hinblick auf das angedrohte Referendum der Behindertenorganisationen. In der Detailberatung wurde ein Minderheitenantrag Ingold (cvp, ZH), welcher die Dauer von Integrationsmassnahmen auf ein Maximum von zwei Jahren beschränken wollte, mit 101 zu 82 Stimmen abgelehnt. Die Frage nach der Höhe der Grundentschädigung spaltete den Rat: Die Kommissionsmehrheit beantragte, vom Entwurf des Bundesrates abzuweichen und die Höhe der Grundentschädigung während der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen auf 70% anstelle von 80% des zuletzt erzielten Erwerbseinkommens ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu senken. Der Ständerat war als Erstrat noch dem Bundesrat gefolgt. Eine Minderheit Lohr (cvp, TG) wollte bei 80% bleiben, da das zuletzt erzielte Erwerbseinkommen aufgrund eines sich meist schleichend verschlechternden Gesundheitszustandes in der Regel schon sehr tief sei. Die Ratslinke und die CVP folgten dem Minderheitsantrag, während die restlichen bürgerlichen Parteien mit der Kommissionsmehrheit stimmten. Erst mit Stichentscheid der Ratspräsidentin Maya Graf (gps, BL) wurde schliesslich der Minderheitsantrag angenommen. Besonders umstritten und auch von den Medien stark beachtet war die Frage, ab welchem Invaliditätsgrad in Zukunft eine Vollrente ausgesprochen werden sollte. Nach gültigem Recht beträgt dieser 70%, die Bundesratsvorlage wollte die Schwelle jedoch auf 80% anheben. Während die Kommissionsmehrheit damit einverstanden war, wehrte sich eine Minderheit Lohr (cvp, TG) mit dem Argument, die Kürzung würde Schwerbehinderte treffen, für welche es faktisch unmöglich sei, den Ausfall mit einer Teilerwerbstätigkeit auszugleichen. Der Rat folgte dieser Minderheit mit 95 zu 87 Stimmen und nahm damit zwar das neue, stufenlose Rentensystem an, beliess aber den minimalen Invaliditätsgrad für eine Vollrente bei 70%. Im Gegensatz zum Ständerat und in Einklang mit seiner Kommissionsmehrheit beschloss der Nationalrat, auch laufende Renten dem neuen System zu unterstellen. Ausgenommen werden sollen einzig die Renten der über 55-jährigen Bezüger. Eine weitere Differenz zum Ständerat ergab sich in der Frage der Bemessung der Kinderrenten für im Ausland lebende Kinder. Dieser Punkt war im Gegensatz zu den allgemeinen Kinderrenten im Entwurf 1 verblieben. Die grosse Kammer folgte ihrer Kommissionsmehrheit und beschloss, die Renten der im Ausland herrschenden tieferen Kaufkraft anzupassen. Zuletzt behandelte die grosse Kammer die neue Schuldenbremse für die IV, den so genannten Interventionsmechanismus. Dieser soll bei einem Absinken der flüssigen Mittel der IV unter 40% einer Jahresausgabe wirksam werden, damit die IV finanziell stabil gehalten werden kann. Im Gegensatz zum Ständerat lehnte es der Nationalrat gänzlich ab, im Gesetz konkrete Massnahmen zu statuieren, welche bei drohenden Finanzierungsproblemen automatisch greifen sollten. Er strich auch einen Artikel, wonach die Schuldenbremse erst dann wieder ausser Kraft gesetzt worden wäre, wenn die flüssigen Mittel erneut 50% einer Jahresausgabe erreicht hätten. Ein Antrag Weibel (glp, ZH) schliesslich, der erneut die Idee verbindlicher Quoten für Unternehmen zur Eingliederung von Invaliden aufgriff, wurde mit 70 zu 108 Stimmen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung sprachen sich 93 Nationalratsmitglieder für eine Annahme der Vorlage aus, 80 dagegen. Die Gegenstimmen kamen primär aus der SVP- und der FDP-Liberalen Fraktion, welche die Vorlage aufgrund der beschlossenen Änderungen als nicht mehr wirksam ansahen und sich geschlossen gegen sie stellten. SP, Grüne und Grünliberale stellten sich geschlossen, die CVP-EVP-Fraktion grossmehrheitlich hinter die Vorlage. Die BDP-Fraktion war gespalten. Die Differenzbereinigung durch den Ständerat wird im Folgejahr erwartet.

Zweites Massnahmenpaket der 6. IV-Revision (IV-Revision 6b)