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Im Oktober 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die AHV/IV-Minimalrente auf das Jahr 2023 mittels Verordnungsänderung um CHF 30 pro Monat erhöht werde. Die Minimalrente betrage somit neu CHF 1225 pro Monat, die Maximalrente CHF 2450. In Übereinstimmung mit der geltenden Regelung entsprach die Rentenanpassung um CHF 30 (=2.5%) einer Mischrechnung aus dem Preisanstieg (3%) und dem Lohnanstieg (2%). Gleichzeitig stiegen auch die Mindestbeiträge der Selbstständigerwerbenden, der Nichterwerbstätigen und der freiwilligen AHV/IV, der Koordinationsabzug und die Eintrittsschwelle in der beruflichen Vorsorge, der erlaubte Steuerabzug für die dritte Säule, der Höchstbetrag in der EO sowie verschiedene Beträge in den EL oder den ÜL durch entsprechende Verordnungsänderungen.
Der Bundesrat veröffentlichte seine Medienmitteilung kurze Zeit nachdem National- und Ständerat Motionen mit der Forderung eines vollständigen Teuerungsausgleichs bei den Renten jeweils als Erstrat angenommen hatten. Entsprechend wies der Bundesrat in seiner Medienmitteilung darauf hin, dass es aufgrund der hängigen Motionen möglicherweise zu einer rückwirkenden zusätzlichen Erhöhung der AHV- und IV-Renten kommen könnte.

AHV/IV-Minimalrente steigt 2023 um CHF 30
Dossier: Wie stark soll die AHV-Rente der Teuerung angepasst werden? (2023)
Dossier: Anpassung der AHV- und IV-Renten

Im Juni 2022 schuf der Bundesrat eine neue Verordnung über die Rechnungslegung der compenswiss, wonach die öffentlich-rechtliche Anstalt, welche für den Ausgleichsfonds AHV/IV/EO zuständig ist, zukünftig zur Rechnungslegung die Vorschriften gemäss den International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) verwenden muss. Im Unterschied zur geltenden Regelung, gemäss der Geschäftsvorfälle erfasst werden, wenn sie bezahlt werden, werden sie zukünftig bereits bei ihrer Entstehung erfasst, erläuterte das BSV. Das neue Verfahren gilt ab 1. Januar 2025.

Verordnung über die Rechnungslegung der compenswiss

Anfang November 2021 präsentierte der Bundesrat seinen Entwurf zur Verordnungsrevision über die Rechnungslegung der Compenswiss, der öffentlich-rechtlichen Anstalt des Bundes zur Verwaltung des Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO. Neu soll die Compenswiss ihre Rechnungslegung – wie der Bund auch – nach den International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) richten und somit eine periodengerechte Rechnungslegung einführen. Geschäftsvorfälle sollen also neu bei ihrem Entstehen, nicht mehr bei ihrer Bezahlung erfasst werden. Der Bundesrat schickte seinen Entwurf bis Februar 2022 in die Vernehmlassung.

Verordnung über die Rechnungslegung der Compenswiss

Im November 2021 gab der Bundesrat bekannt, die Weiterentwicklung der IV per 1. Januar 2022 in Kraft zu setzen. Vorgängig hatte er zur Umsetzung der Gesetzesänderungen überdies umfassende Verordnungsänderungen an der IVV, an der Verordnung über Geburtsgebrechen und an der Verordnung über ambulant erbrachte Leistungen vorgenommen. Nach einer zwischen Dezember 2020 und März 2021 durchgeführten Vernehmlassung gab er seine Änderungen bezüglich der Optimierung der Eingliederung (u.a. Früherfassung und Frühintervention oder Integrationsmassnahmen), medizinischen Massnahmen (u.a. eine Änderung der Definitionskriterien von Geburtsgebrechen und eine Aktualisierung der Geburtsgebrechenliste), zu einem Kompetenzzentrum Arzneimittel, zu Tarifierung und Rechnungskontrolle, zum stufenlosen Rentensystem, zur Fallführung sowie zu Verfahren und Begutachtung bekannt.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Hatte die BVG-Kommission für das Jahr 2021 noch eine Senkung des BVG-Mindestzinssatzes verlangt, empfahl sie für das Jahr 2022, beim aktuellen Wert von 1 Prozent zu bleiben. Erneut hatten sich jedoch einzelne Mitglieder für Werte zwischen 0.25 und 1.25 Prozent ausgesprochen. Im November 2021 folgte der Bundesrat dieser Empfehlung und beliess den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge, also die minimale Verzinsung des Vorsorgeguthabens der obligatorischen zweiten Säule, bei 1 Prozent.

BVG-Mindestzinssatz 2022
Dossier: Entwicklung des BVG-Mindestzinssatzes (seit 2003)

Im Mai 2021 beantragte der Bundesrat in seiner Botschaft zur dritten Revision des Covid-19-Gesetzes eine Verlängerung der Covid-19-Erwerbsausfallentschädigungen bis Ende 2021, wie sie das Parlament mit seiner zweiten Änderung des Covid-19-Gesetzes zuvor vorgesehen hatte. Auch in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 werde es trotz Lockerungen noch zu Einschränkungen kommen, so dass die Ausfallentschädigungen bei Einschränkungen der Erwerbstätigkeit aufgrund von behördlich verordneten Covid-Schutzmassnahmen auch weiterhin nötig seien, argumentierte die Regierung. Da der diesbezügliche Voranschlagskredit 2021 über CHF 3.1 Mrd. bisher noch nicht ausgeschöpft sei, sollten die zusätzlichen Kosten damit gedeckt werden können.
Nachdem die Vorschläge in Form einer Verordnungsänderung in der verkürzten Vernehmlassung bei den Kantonen und parlamentarischen Kommissionen mehrheitlich auf Anklang gestossen waren, verlängerte der Bundesrat wenige Tage später wie angekündigt die Geltungsdauer des Corona-Erwerbsersatzes bis Ende 2021. Er entschied überdies, dass die Berechnung des Corona-Erwerbsersatzes ab Anfang Juli 2021 auch auf Basis der Steuerveranlagung 2019 anstelle des AHV-pflichtigen Erwerbseinkommens 2019 berechnet werden kann, falls dies für die Betroffenen vorteilhafter ist.

Ebenfalls als Reaktion auf mögliche Einschränkungen über Juni 2021 hinaus und ebenfalls in Übereinstimmung mit der Revision des Covid-19-Gesetzes aus der Frühjahrssession 2021 schlug der Bundesrat den Kantonen und parlamentarischen Kommissionen eine Erhöhung der Höchstdauer von KAE von 18 auf 24 Monate durch eine Änderung der «Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung» und eine erneute Verlängerung des summarischen Verfahrens um drei Monate bis Ende September 2021 vor. Kurz darauf setzte der Bundesrat die Änderung der Verordnung per 1. Juli 2021 in Kraft. Dabei verlängerte er auch den ausserordentlichen Anspruch auf KAE für Lernende sowie für Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen oder für auf Abruf tätige Personen bis Ende September 2021. Letzterer Anspruch sollte zukünftig jedoch nur dann gelten, wenn behördliche Anweisungen eine vollständige Arbeitsaufnahme verunmöglichten. Erstmals seit dem Wiederanstieg der Fallzahlen im Oktober 2020 verschärfte der Bundesrat aber auch die Bestimmungen im Bereich der KAE, indem er die eintägige Karenzfrist für KAE wieder einführte.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Im April 2021 gab der Bundesrat eine Änderung der KVAV bekannt, wonach der freiwillige Abbau und die Rückerstattung der Krankenkassenreserven vereinfacht und die Regeln dazu präzisiert werden sollen. Heute bestehen zwei Möglichkeiten für eine Reduktion der Reserven: Die Krankenkassen können ihre Reserven freiwillig abbauen und die entsprechenden Vergütungen gesamtschweizerisch allen ihren Versicherten zukommen lassen. Sie können aber auch freiwillig zu viel bezahlte Reserven zurückerstatten, wobei sich die Rückerstattung jeweils auf diejenigen Kantone beschränkt, in denen die Prämien die Gesundheitskosten in einem Jahr deutlich überstiegen haben. Bisher sehen aber weder KVAG noch KVAV klare Grenzwerte für einen Abbau oder eine Rückerstattung vor, das BAG erlaubte gemäss Kreisschreiben einen Reservenabbau jedoch prinzipiell ab einer Solvenzquote von 150 Prozent.
Der Bundesrat legte in seiner Verordnungsänderung neu eine Mindestreserve von 100 Prozent fest und schrieb gleichzeitig vor, dass ein Reserveabbau durch eine knappere – die Kosten jedoch voraussichtlich noch immer deckende – Kalkulierung der Prämien im Folgejahr anstelle eines Ausgleichsbetrags an die Versicherten erfolgen solle. Erst wenn die Reserven im Folgejahr dieser Massnahme noch immer erhöht sind, kann den Versicherten auch ein Ausgleichsbetrag an die Prämien angerechnet werden. Damit wollte der Bundesrat verhindern, dass der Abbau für Marketingzwecke verwendet wird – es gebe erste Anzeichen für ein solches Vorgehen, kritisierte er.
Auch die Rückerstattung der Prämien in einem Kanton ist neu dann möglich, wenn die Prämieneinnahmen in einem Kanton die Kosten in demselben Kanton um einen bestimmten Anteil übertreffen. Zur Berechnung dieses Anteils zieht der Bundesrat verschiedenen Merkmale der Versicherungen (Versichertenbestand, Leistungen, Risikoausgleich) sowie Zufallsschwankungen in Betracht. Weiterhin bleibt der Reservenabbau für die Versicherungen jedoch freiwillig. Die Änderungen werden erstmals auf die Prämien 2022 anwendbar sein.

Änderung der KVAV für einen erleichterten freiwilligen Abbau von Reserven in der Krankenversicherung
Dossier: Krankenkassenreserven
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

Die nächste Änderung der «Covid-19-Verordnung Arbeitslosigkeit» erfolgte Mitte März 2021, als der Bundesrat entschied, das vereinfachte Verfahren für KAE sowie die Aufhebung der Karenzzeit bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern. Die Nachfrage nach KAE sei weiterhin hoch und werde wohl auch noch über die bisherige Deadline des 31. März hinaus andauern, begründete er diesen Entscheid.
Eine Änderung nahm er auch bei der « Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall» vor, indem er die Änderung des Parlaments am Covid-19-Gesetz aus der Frühjahrssession 2021 umsetzte. Mit dieser Revision war entschieden worden, indirekt betroffenen Selbständigerwerbenden und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung neu bereits ab einem Umsatzrückgang von 30 Prozent statt wie bisher 40 Prozent Zugang zu Corona-Erwerbsersatz zu gewähren – bisher jedoch nur bis Ende Juni 2021. Auch Personen mit Erwerbsausfall unter 40 Prozent gälten «in ihrer Erwerbstätigkeit als massgeblich eingeschränkt», hatte Esther Friedli (svp, SG) im Rahmen der Parlamentsberatung für die WAK-NR argumentiert.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Zusammen mit seinen Verschärfungen der Massnahmen gegen die Corona-Pandemie vom Januar 2021 gab der Bundesrat auch die Erweiterung der Abfederungsmassnahmen bei der Kurzarbeit durch eine Änderung der «Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung» bekannt: Wie bei der Änderung des Covid-19-Gesetzes im Dezember 2020 festgelegt und in der Vernehmlassung mehrheitlich befürwortet worden war, wurden die Karenzfrist für KAE zwischen dem 1. September 2020 und dem 31. März 2021 sowie die maximale Bezugsdauer von KAE bei mehr als 85 Prozent Arbeitsausfall zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. März 2021 aufgehoben. Bei beiden Massnahmen fand somit eine rückwirkende Anpassung statt, wodurch die ALV ihre bereits erfolgten Abrechnungen überarbeiten musste. Zudem wurde der Anspruch auf KAE von Januar 2021 bis Ende Juni 2021 auf Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen und auf Lernende ausgeweitet, sofern Letztere ihre Ausbildung fortsetzen können. Schliesslich erhielten Personen mit einem auf ein Vollzeitpensum aufgerechnetes Einkommen bis CHF 3470 zwischen dem 1. Dezember 2020 und dem 31. März 2021 neu 100 Prozent KAE (anstelle von 80 Prozent), während die KAE von Personen mit einem entsprechenden Einkommen zwischen CHF 3470 und CHF 4340 in demselben Zeitraum ebenfalls auf CHF 3470 angehoben wurde.

Nur wenige Tage später gab der Bundesrat bekannt, dass der Bund auch für das Jahr 2021 die KAE-Kosten der Arbeitslosenversicherung – voraussichtlich etwa CHF 6 Mrd. – übernehmen werde. Für die nächste Revision des Covid-19-Gesetzes schlug er überdies eine Verlängerung der Taggeldbezugsdauer für Arbeitslose um drei Monate und damit eine Erhöhung der Anzahl Taggelder um 66 Tage vor. Im Februar 2021 ergänzte der Bundesrat die Revision des Covid-19-Gesetzes um den Antrag, die Höchstbezugsdauer für KAE von 18 auf 24 Monate innerhalb von zwei Jahren erhöhen zu können.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Mitte Dezember 2020 verlängerte der Bundesrat das summarische Verfahren zur Abrechnung der Kurzarbeitsentschädigungen durch eine Änderung der «Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung» per 1. Januar 2021 erneut bis Ende März 2021. Infolgedessen müssen die «Mehrstunden, welche sich ausserhalb der Kurzarbeitsphase angesammelt haben, [...] weiterhin nicht abgezogen» und Zwischenverdienste nicht angerechnet werden. Zudem gab die Regierung die Umsetzungsvorschläge zur ersten Revision des Covid-19-Gesetzes, allen voran die (rückwirkende) Aufhebung der Karenzzeit und die Ausweitung des Anspruchs auf KAE auf Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen und auf Lernende in eine verkürzte Vernehmlassung. Zudem soll dabei auch die Umsetzung der Aufstockung der KAE auf mindestens CHF 3'470 geregelt werden, welche das Parlament dem Covid-19-Gesetz hinzugefügt hatte.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Unter vergleichsweise grosser medialer Aufmerksamkeit forderte die BVG-Kommission im Sommer 2020 mit knapper Mehrheit die Senkung des BVG-Mindestzinssatzes, also des Zinssatzes der Vorsorgeguthaben der Versicherten im Obligatorium, für das Jahr 2021 von 1 Prozent auf 0.75 Prozent. Die Kommissionsmitglieder hatten gar Vorschläge für einen Mindestzins ab 0.25 Prozent eingebracht. Berechnet wird der Zinssatz aufgrund der Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen, Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Da die Performance der Aktien, Anleihen und Liegenschaften 2019 ausserordentlich gut war, sei eine Senkung des Mindestzinses für das Jahr 2021 nicht nötig, liess der Bundesrat jedoch im November 2020 verlauten und beliess den Mindestzinssatz bei 1 Prozent.

BVG-Mindestzinssatz 2021
Dossier: Entwicklung des BVG-Mindestzinssatzes (seit 2003)

Nachdem das Parlament die Zulassungskriterien für Ärztinnen und Ärtze im KVG definiert hatte, nahm der Bundesrat einige Präzisierungen an verschiedenen Verordnungen, unter anderem der KVV, vor. So sollen die Kantone zukünftig selber bestimmen können, ob sie die Anzahl Ärztinnen und Ärzte in einem Fachgebiet oder einer Region beschränken wollen. Zur Beurteilung der Situation legte der Bundesrat Kriterien fest, wobei die Festlegung der Höchstzahlen auf der Ermittlung eines regionalen Versorgungsgrades basiert. Zudem definierte der Bundesrat die nötigen Sprachkenntnisse zur Zulassung der Leistungserbringenden zur Abrechnung über die OKP . Schliesslich wollte er ein Register schaffen, um den Informationsaustausch über die zugelassenen Leistungserbringenden zwischen den Kantonen zu erleichtern. Die entsprechende Vernehmlassung dauert von November 2020 bis Feburar 2021.

KVG. Zulassung von Leistungserbringern (BRG 18.047)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Die Sozialversicherungsmassnahmen zur zweiten Welle stützten sich ab dem 26. September 2020 nicht mehr auf Notverordnungen, sondern auf das vom Parlament in der Herbstsession 2020 verabschiedete Covid-19-Gesetz. Dabei hatten die Räte entschieden, die Möglichkeiten zum Bezug von Corona-Erwerbsersatz bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern und gleichzeitig rückwirkend auf den 17. September zu ermöglichen; am 16. September war die Bezugsmöglichkeit gemäss der «Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall» abgelaufen. Zudem weitete das Parlament die Bezugsmöglichkeit für Corona-Erwerbsersatz im Rahmen der Debatte zum Covid-19-Gesetz auf Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, also Inhaber einer GmbH oder AG, aus, sofern sie ihre Tätigkeit auf Anordnung der Behörden oder wegen Betroffenheit von einem behördlichen Veranstaltungsverbot einstellen oder unterbrechen mussten. Neu haben zudem Personen Anspruch, deren Erwerbstätigkeit wegen Corona-Massnahmen massgeblich eingeschränkt ist. Nach langen Diskussionen im Rahmen des Covid-19-Gesetzes konnten sich die Räte darauf einigen, dass eine «massgebliche Einschränkung» bei einem Umsatzverlust von mindestens 55 Prozent (verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019) vorliegt, sofern dieser auf die Corona-Massnahmen zurückgeführt werden kann. Anfang November stellte der Bundesrat seine Ausführungsverordnung zu diesem Aspekt vor.
Mitte November erlaubte es der Bundesrat den Arbeitgebenden zudem erneut, die BVG-Arbeitnehmerbeiträge durch ihre Arbeitgeberbeitragsreserven zu bezahlen, um so die wirtschaftlichen Folgen der neuen Corona-Massnahmen abzufedern.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Im weiteren Verlauf der durch die Corona-Krise bedingten ausserordentlichen Lage verfeinerte der Bundesrat die sozialversicherungspolitischen Massnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Pandemie.

Bezüglich der Massnahmen der ALV gab die Regierung Ende März 2020 eine Reihe von Erleichterungen bekannt. So sollte vorerst auf einen Nachweis von Arbeitsbemühungen durch Stellensuchende verzichtet, telefonische erste Beratungs- und Kontrollgespräch der ALV ermöglicht, zur Verhinderung der Aussteuerung von Arbeitssuchenden während der ausserordentlichen Lage maximal 120 zusätzliche Taggelder bewilligt und die Rahmenfrist für den Leistungsbezug wenn nötig um zwei Jahre verlängert werden.
Auch die Anmeldung und der Bezug von KAE wurden Ende März erleichtert: Die Frist zur Voranmeldung wurde aufgehoben und die Bewilligungsdauer von KAE wurde von drei auf sechs Monate erhöht. Anfang April erweiterte der Bundesrat den Zugang zu KAE zudem auf Arbeitnehmende auf Abruf mit einem schwankenden Beschäftigungsgrad, solange diese länger als sechs Monate im entsprechenden Unternehmen angestellt waren. Damit erhoffte er sich, 200'000 Personen vor der Kündigung zu bewahren. Zudem wurden Zwischenbeschäftigungen bei den KAE ab diesem Zeitpunkt nicht mehr angerechnet, wodurch einerseits der administrative Aufwand für die Vollzugsorgane gesenkt und andererseits offene Stellen in der Landwirtschaft, im Gesundheitsbereich und in der Logistik besetzt werden sollten. Auch das Abrechnungsverfahren für KAE wurde vereinfacht – dieses kann während der ausserordentlichen Lage summarisch statt individuell vorgenommen werden –, damit die Anträge von mehr als 118'000 Unternehmen mit rund 1.34 Mio. Beschäftigten (Stand: 5.4.2020) verarbeitet werden konnten. Schliesslich wurde auch die maximale Bezugsdauer von vier Monaten bei einem Arbeitsausfall von über 85 Prozent aufgehoben.
Mitte Mai kündigte der Bundesrat wieder einen schrittweisen Ausstieg aus den ALV-Massnahmen an, welcher mit den Lockerungsetappen zur Öffnung der Wirtschaft koordiniert sei. Ende Mai liefen die KAE-Bezugsmöglichkeiten für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, mitarbeitende Ehegatten und Lernende aus, zudem wurde die Voranmeldefrist wieder eingeführt, zumal die Auswirkungen der Massnahmen nun für die Unternehmen wieder abschätzbar seien, wie der Bundesrat begründete. Weitere Verschärfungen nahm die Regierung Anfang Juli vor, als sie beispielsweise die Karenzfrist von einem Tag und die Berücksichtigung von Überstunden wieder einführte. Gleichzeitig verlängerte sie aber auch die Höchstbezugsdauer von KAE von 12 auf 18 Monate.
Weitere grosse Änderungen nahm der Bundesrat in diesem Bereich Mitte August vor, als er die Covid-19-Verordnung zur ALV änderte. Neu sollte diese bis maximal Ende 2022 gültig sein, sofern das Covid-19-Gesetz verabschiedet würde – ansonsten träte die Verordnung per sofort ausser Kraft. Da gemäss Bundesrat aufgrund der wirtschaftlichen Öffnung keine Ausnahmeregelungen mehr nötig seien und man grösstenteils zum ursprünglichen System von KAE und Arbeitslosenentschädigungen zurückkehren könne, bestand die Verordnung nur noch aus fünf Paragraphen: Durch die zusätzlichen Taggelder musste auch die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um bis maximal sechs Monate verlängert werden. Ab September sollte der Arbeitsausfall bei Kurzarbeitsentschädigungen wie vor den Corona-bedingten Erleichterungen nur noch während maximal vier Abrechnungsperioden über 85 Prozent liegen dürfen. Um aber die Sondersituation während der ausserordentlichen Lage zu berücksichtigen, werden die entsprechenden Abrechnungsperioden zwischen dem 1. März und dem 31. August nicht angerechnet. Für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sollte Zeit, welche sie für die Ausbildung von Lernenden aufwendeten, als Arbeitsausfall im Sinne von KAE angerechnet werden können. Damit sollte die Ausbildung der Jugendlichen sichergestellt werden, die zu diesem Zeitpunkt ja bereits nicht mehr für KAE angemeldet werden konnten. Damit die Vollzugsstellen die entsprechenden Anträge noch vor Ende des Jahres im ordentlichen Verfahren behandeln können, sollte das summarische Verfahren bis längstens Ende 2020 weitergeführt werden.

Neben den Leistungen der ALV beschäftigte sich der Bundesrat während der ausserordentlichen Lage auch mit der Finanzierung der ALV. Mitte Mai 2020 beantragte er im Nachtrag IIa zum Voranschlag 2020 eine Zusatzfinanzierung für die ALV über CHF 14.2 Mrd., da die bis zu diesem Zeitpunkt ausbezahlten KAE für 1.94 Mio. Arbeitnehmende an 190'000 Unternehmen zu sehr hohen, nicht budgetierten Ausgaben geführt hätten. Um nun zu verhindern, dass die Schuldenbremse der ALV aufgrund dieser hohen ungedeckten Ausgaben und damit eine Steigerung der Lohnprozente für das Jahr 2021 um mindestens 0.3 Prozent ausgelöst wird, sei dieser Nachtragskredit nötig, betonte der Bundesrat. Die Zusatzfinanzierung bedurfte überdies einer rechtlichen Grundlage, welche durch eine dringliche, befristete Änderung des AVIG geschaffen werden sollte. Nach einer verkürzten Vernehmlassung legte der Bundesrat im August 2020 die Änderung dem Parlament vor, welches diese in der Herbstsession ohne grossen Widerstand guthiess.

Neben der Kurzarbeit setzte der Bundesrat auch weiterhin auf Erwerbsersatz für Selbständigerwerbende, kündigte aber bereits Ende April eine sukzessive Aufhebung der Massnahmen an. Dennoch solle auch der Anspruch der Selbständigerwerbenden, deren Betriebe Ende April oder Anfang Mai wieder öffnen konnten, bis zum 16. Mai verlängert werden, zumal diese kaum ab dem ersten Tag ihre Dienstleistungen vollständig erbringen könnten. Ihre Situation sei vergleichbar mit derjenigen der indirekt von Corona betroffenen Selbständigerwerbenden, deren Anspruch ebenfalls bis zum 16. Mai andauerte. Über den Mai hinaus Anspruch hätten weiterhin Personen in Quarantäne sowie Personen, deren Kinder nicht von Dritten betreut werden können. Mitte Juni, im Rahmen der Aufhebung der ausserordentlichen Lage, passte der Bundesrat die Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall an und präzisierte die geltenden Fristen: Anspruch auf EO könne somit nur noch bis zum 16. September geltend gemacht werden, anschliessend fänden auch keine rückwirkenden Neuberechnungen aufgrund von aktuelleren Steuerverfügungen mehr statt. Anfang September entschied der Bundesrat, direkt und indirekt von Corona betroffene Selbständigerwerbende erneut für Erwerbsersatzleistungen zuzulassen, obwohl deren Zugang erst Mitte Mai ausgelaufen war, da viele Betriebe ihre Tätigkeit noch nicht wieder vollständig aufgenommen hätten. Er dehnte den Anspruch gar auf in eigener Firma angestellte Personen im Veranstaltungsbereich in Härtefallsituation aus. Mitte September und somit kurz vor dem kommunizierten Stichtag für Anmeldungen für Erwerbsausfall verlängerte der Bundesrat die Geltungsdauer der Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall erneut, jedoch nur für Personen in Quarantäne, für Eltern, deren Kinder nicht von Dritten betreut werden können, sowie für Selbständigerwerbende, deren Betriebe schliessen mussten oder deren Veranstaltungen verboten worden waren.

Zusätzlich nahm der Bundesrat auch in weiteren Sozialversicherungsbereichen Änderungen vor. Besonders relevant waren seine Massnahmen im BVG: Ende März veranlasste er, dass Arbeitgebende zur Bezahlung ihrer BVG-Beiträge auf ihre Arbeitgeberbeitragsreserven zurückgreifen dürfen. Für die Arbeitnehmenden hatte dies keine Auswirkungen, es entlastete jedoch die Arbeitgebenden. Die grosse Anpassung folgte sodann im Juli 2020, als der Bundesrat ein dringliches Geschäft (BRG 20.056) einreichte, mit dem die Auffangeinrichtung BVG ihre Gelder zinsfrei bei der Bundestresorie anlegen können sollte. Damit sollte verhindert werden, dass sich die Situation der Auffangeinrichtung aufgrund der Negativzinsen weiter verschlechterte.
Ende April entschied der Bundesrat zudem, zeitlich begrenzt auf die Erhebung von Verzugszinsen auf Beitragszahlungen von verschiedenen Sozialversicherungen (AHV/IV/EO/ALV) zu verzichten und somit Unternehmen und Selbständige zu entlasten. Diese Regelung sollte rückwirkend ab dem 21. März und bis zum 30. Juni 2020 gelten.
Bezüglich des KVG entschied sich die Regierung Mitte Juni schliesslich, die Kosten der Coronatests zu übernehmen. Um bei einer Zunahme der Fallzahlen schnell reagieren zu können, sei ein «engmaschiges Monitoring» nötig. Um zu verhindern, dass Personen, bei denen die Kosten über die OKP abgerechnet werden und die ihre Franchise noch nicht ausgeschöpft hatten oder den Selbstbehalt fürchteten, auf einen Test verzichteten, sollte der Bund für die Kosten aufkommen. Einige Kantone hatten die entsprechenden Kosten bereits zuvor übernommen.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Im Juni 2020 eröffnete der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Präzisierung des Spitalkostenbeitrags der Patientinnen und Patienten. Dort schlug er vor, die bestehende Regelung in der KVV, wonach die Patientinnen und Patienten einen Beitrag in der Höhe von CHF 15 pro Tag an die Spitalkosten bezahlen müssen, dahingehend zu präzisieren, dass diese Beiträge neu weder für den Austrittstag noch für Urlaubstage anfallen sollen. Dadurch würden bei den Krankenversicherungen Mehrkosten in der Höhe von CHF 22 Mio. jährlich anfallen.
An der Vernehmlassung, die bis Oktober 2020 dauerte, nahmen 38 Stellungnehmende teil, darunter 23 Kantone, die GDK, die SP und die Grünen, der SSV, Curafutura und Santésuisse, der SGB sowie FMH, Spitex und die Stiftung Konsumentenschutz aller drei Sprachregionen (SKS, FRC, acsi). Der Grossteil der Befragten, darunter 20 Kantone, die links-grünen Parteien und die Gewerkschaft, aber auch die Leistungserbringenden sprachen sich vorbehaltlos für die Vorlage aus. Einen Vorbehalt brachten hingegen die Konsumentenverbände an: Sie verlangten eine Rückerstattung der ab Anfang 2012 unrechtmässig erhobenen Beträge für den Austrittstag, teilweise auch für den Eintrittstag. Die Versicherungen hingegen forderten, dass die Urlaubstage und teilweise die Austrittstage gleich definiert werden wie in der Tarifstruktur.

Spitalkostenbeitrag: Bundesrat regelt zu bezahlende Tage

Zur Abschwächung der durch die Massnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Covid-19-Virus entstandenen schwerwiegenden Folgen für die Schweizer Wirtschaft setzte der Bundesrat Mitte März 2020 auf ein schon in der Finanzkrise bewährtes Mittel, die Kurzarbeit: Er stellte dem ALV-Fonds CHF 8 Mrd. für die Kurzarbeit zur Verfügung und änderte deren Regelungen in der Covid-19-Verordnung «Arbeitslosenversicherung» deutlich: So reduzierte er die Karenzfrist für die Anmeldung zur Kurzarbeit von zwei bis drei Tagen auf einen Tag und beauftragte das SECO, eine Ausweitung der Kurzarbeit auf nicht kündbare Temporärangestellte zu prüfen – für kündbare Temporärangestellte konnten die Unternehmen bereits zuvor Anspruch auf Kurzarbeit geltend machen. Wie bisher sollte die ALV somit bei Anspruch auf Kurzarbeit 80 Prozent des wegfallenden Lohnes übernehmen. Das oberste Ziel sei es, die Lohnfortzahlung für die Mitarbeitenden zu garantieren, um Massenentlassungen zu verhindern, erklärte Wirtschaftsminister Parmelin, deshalb sollten die Auswirkungen der Pandemie «rasch und unbürokratisch abgefedert» werden. Dies sei jedoch keine Entschädigung für behördliche Massnahmen, eine solche sei nämlich im Epidemiengesetz nicht vorgesehen.
Die Presse erachtete diese Massnahme mehrheitlich als positiv, kritisierte aber unter anderem die Beschränkung des Betrags auf CHF 8 Mrd. Diese Beschränkung erklärte der Bundesrat dadurch, dass bei einem höheren Schuldenbetrag automatisch die Lohnbeiträge der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden erhöht werden müssten. Der Bundesrat sei sich jedoch bewusst, dass es mehr Geld brauchen werde, erklärte Simonetta Sommaruga; möglich sei dies gemäss Presse durch einen Sonderzuschuss an die ALV im Rahmen eines Nachtrags zum Budget oder allenfalls durch eine Entscheidung des Bundesrates per Notrecht.
Ein weiterer Kritikpunkt betraf die Selbständigen, die kein Anrecht auf Gelder der Arbeitslosenversicherung haben und sich somit auch nicht für Kurzarbeit anmelden können. Insbesondere für arbeitgeberähnliche Angestellte, also beispielsweise Inhaber oder Inhaberinnen einer Aktiengesellschaft oder GmbH, sei dies problematisch, zumal sie als Angestellte in ihrem eigenen Betrieb selbst dazu verpflichtet seien, Lohnbeiträge an die ALV zu bezahlen. Die Problematik verdeutlichte auch eine Umfrage von Syndicom bei Selbständigen und Freischaffenden in der Medien- und Kreativbranche. Bei 39.9 Prozent von diesen betrügen die finanziellen Ausfälle ein ganzes durchschnittliches Monatseinkommen, bei mehr als der Hälfte der Befragten betrugen die Ausfälle zwischen 90 und 100 Prozent. Für diese «wirtschaftlich besonders betroffene Gruppe» (Syndicom) wurde in den Medien entsprechend verschiedentlich Unterstützung gefordert.
Im Allgemeinen seien die Kurzarbeitsentschädigungen auf traditionelle Angestellte ausgerichtet und würden dadurch der neuen Realität, in der zahlreiche Personen ohne grosse Rücklagen als Selbständige arbeiteten oder bei verschiedenen Unternehmen mit mehreren kleinen Pensen angestellt seien, nicht gerecht, wurde in der Presse diskutiert. So fehle zum Beispiel auch die Kurzarbeitsentschädigung für befristete Arbeitsverhältnisse, wie sie vor allem im Gastrobereich häufig seien.

Eine Woche nach dieser ersten Ankündigung des Bundesrats erweiterte dieser die Corona-spezifischen Massnahmen in den Sozialversicherungen: Neu sollten auch Lehrlinge, Angestellte mit nicht kündbaren temporären Arbeitsverträgen, Personen im Dienst von Temporärarbeitsfirmen sowie arbeitgeberähnliche Angestellte zur Kurzarbeit zugelassen werden, zudem wurde die Karenzfrist für die Anmeldung zur Kurzarbeit abgeschafft. Weil der ALV-Fonds maximal CHF 8 Mrd. Schulden machen darf, er diese aber bereits mit dem ersten Paket des Bundesrates erreicht hatte, beantragte die Regierung dem Parlament in der ersten Nachmeldung zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 CHF 6 Mrd. für die ALV – damit könnt die automatische Erhöhung der Lohnbeiträge verhindert werden. Durchschnittlich auf CHF 2 bis 3 Mrd. pro Monat schätzte der Bundesrat die kommenden Ausgaben für die Kurzarbeit.

Neben der Kurzarbeit griff der Bundesrat auf ein weiteres bestehendes Sozialversicherungsinstrument zurück: die Erwerbsersatzordnung, deren Anwendung für die Corona-Phase er in der Verordnung über Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19) regelte. Erlaubt es die Erwerbsersatzordnung normalerweise, dass Dienstleistende der Schweizer Armee während ihres Einsatzes oder Mütter bis 98 Tage nach der Geburt ihrer Kinder 80 Prozent ihres normalen Lohnes beziehen, wurde dieselbe Regelung nun temporär auf Selbständigerwerbende erweitert: Wenn ihr Betrieb vom Bund geschlossen wurde, sie sich in ärztlich verordneter Quarantäne (maximal 10 Tage Taggeld) befanden oder wegen Betreuungsaufgaben von Kindern unter 12 Jahren aufgrund der Schulschliessungen (maximal 30 Tage Taggeld) ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten, sollten sie ein maximales Taggeld von CHF 196 erhalten. Betreuungsaufgaben wegen Schulschliessungen konnten auch Angestellte geltend machen, kein Geld sollte jedoch bekommen, wer Betreuungsaufgaben wahrnehmen musste und gleichzeitig Homeoffice machen konnte – hier forderte der Bundesrat stattdessen Kulanz der Arbeitgeber. Die Kosten dieser Massnahmen seien schwierig abzuschätzen, erklärte der Bund, und versuchte es dennoch: 66'600 Personen mit Betreuungspflichten (CHF 1.4 Mrd.), 43'000 Personen in Quarantäne (CHF 64.5 Mio.) und 60'000 Personen mit einem Berufsverbot (CHF 1.6 Mrd.) zählte er. Zuzüglich einer Reserve von CHF 0.9 Mrd. beantragte der Bundesrat folglich CHF 4 Mrd. für die Erwerbsersatzordnung beim Parlament. Auch hier wurde ein Zuschuss nötig, da der EO-Fonds nur flüssige Mittel von CHF 1 Mrd. aufwies und entsprechend die Leistungen für Selbständige daraus nicht bezahlt werden könnten. Abschliessend betonte Finanzminister Maurer, dass man mehr Geld zur Verfügung stellen werde, falls das nötig sei.
Dass das nötig werden könnte, zeigte sich schon kurze Zeit später: In zehn Tagen seien bereits über 300'000 Personen für Kurzarbeit angemeldet worden, berichteten die Medien. «Dieses Element wächst etwa so schnell, wie sich das Virus ausbreitet», kommentierte die NZZ. Einen Hinweis auf die möglichen Ausmasse der Kurzarbeit gab das Tessin: Zu diesem Zeitpunkt waren im Südkanton fast ein Viertel aller Erwerbstätigen für Kurzarbeit angemeldet, in der restlichen Schweiz lag der Anteil noch bei 5-6 Prozent.

Corona-Massnahmen in den Sozialversicherungen: Kurzarbeit und Erwerbsersatz
Dossier: Hauptmassnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen

Anders als im Vorjahr wurden per 1. Januar 2020 nicht nur die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen zweiten Säule für das Jahr 2016 mit einem Anpassungssatz von 1.8 Prozent zum ersten Mal an die Preisentwicklung angepasst, sondern auch die Renten zwischen 2010 und 2014, wenn auch nur mit einem Anpassungssatz von 0.1 Prozent.
Gemäss BVG erfolgt nach drei Jahren eine erste Anpassung der Renten an die Preisentwicklung gemäss dem Index der Konsumentenpreise – sofern seither eine Teuerung stattgefunden hat –, anschliessend werden die Renten, wenn nötig, alle zwei Jahre entsprechend dem Teuerungsausgleich der AHV angepasst.

BVG: Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten 2020
Dossier: Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten in der obligatorischen beruflichen Vorsorge

Nur zwei Jahre nach der letzten Erhöhung gab der Bundesrat im Oktober 2020 bekannt, dass er die AHV- und IV-Renten per 1. Januar 2021 erhöhen werde. Die Minimalrente betrage entsprechend neu CHF 1195 (+CHF 10), die Maximalrente CHF 2390 (+CHF 20). Gleichzeitig erhöhte er auch die Mindestbeiträge der Selbständigerwerbenden und der Nichterwerbstätigen für AHV, IV und EO und den Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs der EL.
Auch den Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge sowie die Eintrittsschwelle und den Steuerabzug für die Säule 3a passte der Bundesrat nach oben an.

Erhöhung der AHV/IV-Minimalrente auf das Jahr 2021
Dossier: Anpassung der AHV- und IV-Renten

Im Dezember 2019 schickte der Bundesrat Änderungen an verschiedenen Verordnungen (FZV, BVV2, BVV3) zur beruflichen Vorsorge in die Vernehmlassung, die bis März 2020 dauern wird. Mit den Änderungen sollen Bestimmungen zur beruflichen Vorsorge an die aktuelle Entwicklung des technischen Zinssatzes, an die Mortalitätsrate und an die Invaliditätsquote angepasst werden. Zudem sollen die Forderungen verschiedener Vorstösse erfüllt werden: eine längere Übertragungsdauer der Säule 3a-Gelder (Postulat Weibel: glp, ZH; Po. 13.3813), eine Kürzung oder Verweigerung von Kapitalleistungen, wenn der oder die Begünstigte den Tod der versicherten Person vorsätzlich herbeigeführt hat (Interpellation Dittli: fdp, UR; Ip. 18.3405) oder die Schaffung von Möglichkeiten für die Pensionskassen, in ökologisch nachhaltige Projekte im In- und Ausland zu investieren (Motion Weibel: Mo. 15.3905).

Berufliche Vorsorge: Verordnungen werden aktualisiert

Im November 2019 entschied der Bundesrat, den AHV-Beitragssatz per 1. Januar 2020 um 0.3 Prozentpunkte zu erhöhen, wie es im Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), das ebenfalls auf den 1. Januar 2020 in Kraft trat, vorgesehen war. Damit stieg der AHV/IV/EO-Beitrag für Arbeitnehmende und Arbeitgeber von je 5.125 Prozent auf je 5.275 Prozent an.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

In Übereinstimmung mit den Sozialpartnern und der BVG-Kommission beliess der Bundesrat den BVG-Mindestzinssatz 2020 bei 1 Prozent. Die gute Entwicklung der Finanzmärkte sowie die tiefe Mindestverzinsung sprächen gegen eine Senkung, die tiefen Zinsen am Kapitalmarkt gegen eine Erhöhung des Mindestzinsssatzes, erklärte der Bundesrat.

BVG-Mindestzinssatz 2020
Dossier: Entwicklung des BVG-Mindestzinssatzes (seit 2003)

Der Bundesrat beabsichtigte im September 2018, die seit 2012 existierende Verordnung über die Anlagestiftungen (ASV) zu ändern. Unter anderem wollte er die Stellung der Anlegerversammlung stärken und diese für die Wahl des Stiftungsrates zuständig machen, das bereits bestehende Verbot der Nachschusspflicht – also die Pflicht, bei Verlusten weiteres, über das bereits einbezahlte Kapital hinausgehendes Geld einzuschiessen – ausdrücklich festschreiben und nichtkotierte Sacheinlagen, fokussierte Strategien sowie gemischte Anlagegruppen mit höherem Anteil Aktien oder alternativer Anlagen ermöglichen.
Dazu führte das BSV zwischen September und Dezember 2018 eine Vernehmlassung durch, an der sich 19 Kantone, die SVP, drei Dachverbände der Wirtschaft (SGB, SAV, SGV) und 17 weitere Organisationen und Durchführungsstellen beteiligten. Gemäss Vernehmlassungsbericht des BSV wurde die Vorlage allgemein positiv aufgenommen, unter anderem zeigten sich die Kantone mehrheitlich zufrieden damit. Folglich entschied der Bundesrat im Juni 2019, die Änderungen auf den 1. August 2019 in Kraft zu setzen.

BVG: Anlagestiftungen erhalten mehr Flexibilität

In seinem Bericht zu den Motionen und Postulaten 2018 erachtete der Bundesrat im März 2019 das Anliegen der Motion Dittli (fdp, UR) zur Anhebung der AHV-Leistungen für Hörversorgungen auf das Niveau der IV-Vergütungen als erfüllt, nachdem er per 1. Juli 2018 die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Altersversicherung wie verlangt geändert hatte. Stillschweigend schrieben Stände- und Nationalrat die Motion in der Sommersession 2019 ab.

Anhebung der AHV-Leistungen für Hörversorgungen auf das Niveau der IV-Vergütungen. Gleichstellung Erwachsener mit Hörminderungen

Im Juni 2019 legte der Bundesrat in der Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV) die Leitplanken für die von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern bestätigte Überwachung von Versicherten fest. Darin regelte er zahlreiche Elemente, welche die Referendumsführenden im Gesetz vermisst hatten. So definierte er unter anderem den Bereich, in dem Observationen durchgeführt werden dürfen. Dabei präzisierte er die Formulierung aus dem Gesetz, indem er klarstellte, dass das Innere von Wohnhäusern, auch die durch ein Fenster einsehbaren Räume, sowie zu Wohnhäusern gehörende Gärten und Vorplätze, die üblicherweise Blicken von aussen entzogen sind, nicht zu den allgemein zugänglichen Orten oder den von allgemein zugänglichen Orten aus frei einsehbaren Bereichen zählten. Auch die Verwendung von Instrumenten zur Bild- und Tonaufnahme präzisierte er, indem er Instrumente, «die das menschliche Seh- und Hörvermögen wesentlich erweitern» – ausdrücklich erwähnte er Teleobjektive, Nachtsichtgeräte, Wanzen, Richtmikrofone und Drohnen – von der Nutzung ausschloss. Für die die Überwachungen durchführenden Personen setzte er Rechtskenntnisse, eine Observations-Aus- oder Weiterbildung sowie genügend Erfahrung in der Personenüberwachung voraus, zudem dürfen sie «keine relevanten Delikte mit einem Bezug zur bewilligungspflichtigen Tätigkeit» begangen haben. Schliesslich definierte er Standards für die Führung, die Aufbewahrung und die Vernichtung der Akten, unter anderem die Verpflichtung für die Sozialversicherungen, die Betroffenen über eine erfolgte Observation zu informieren und ihnen eine Kopie des vollständigen Observationsmaterials auszuhändigen.
Unklar war zu diesem Zeitpunkt noch, ob der vom Bundesrat angestrebte Inkraftsetzungstermin des 1. September 2019 tatsächlich möglich sei, zumal vor Bundesgericht noch drei Abstimmungsbeschwerden hängig waren.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im Oktober 2018 gab der Bundesrat bekannt, die seit 2015 ausgerichteten Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen zweiten Säule per 1. Januar 2019 erstmals an die Preisentwicklung anzupassen und um 1.5 Prozent zu erhöhen. Hingegen würden die Renten aus den Jahren 2008 sowie 2010 bis 2014 nicht angepasst, da im September 2018 verglichen mit deren Entstehungsjahren keine Teuerung stattgefunden habe.
Gemäss BVG erfolgt nach drei Jahren eine erste Anpassung der Renten an die Preisentwicklung gemäss dem Index der Konsumentenpreise – sofern seither eine Teuerung stattgefunden hat –, anschliessend werden die Renten, wenn nötig, alle zwei Jahre entsprechend dem Teuerungsausgleich der AHV angepasst.

BVG: Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten 2019
Dossier: Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten in der obligatorischen beruflichen Vorsorge