Suche zurücksetzen
Themenübergreifendes Suchen:

Inhalte

  • Soziale Gruppen
  • Frauen und Gleichstellungspolitik

Akteure

Prozesse

337 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

In der Frühjahrssession unterbreitete die Rechtskommission des Nationalrats dem Plenum einen Entwurf für ein neues Namensrecht. Die Vorschläge gingen auf eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zurück und hätten es den Brautleuten freigestellt, den Ledignamen der Frau oder des Mannes als gemeinsamen Familiennamen zu bestimmen. Vorgesehen war ausserdem, dass Eltern bei der Heirat entscheiden, welchen Namen die Kinder tragen. Die Vorlage erntete im Rat heftige Kritik und wurde schliesslich mit 99 zu 92 Stimmen an die Kommission zurückgewiesen. Während die Linken den Vorschlag geschlossen unterstützten, erachteten ihn die SVP sowie Teile von CVP und FDP als zu komplex. Einige erblickten in ihm sogar eine Bedrohung der traditionellen Familie. Mit dem überarbeiteten Entwurf der Kommission, den der Nationalrat in der Wintersession verabschiedete, wird lediglich die Zulässigkeit von Doppelnamen für Männer von der Verordnungs- auf die Gesetzesstufe gehoben. Die entsprechenden Bestimmungen waren vom Bundesrat in die Zivilstandsverordnung aufgenommen worden, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil entschieden hatte, dass auch Männer – entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen für die Frauen – Doppelnamen ohne Bindestrich tragen dürfen.

Gleichstellung im Namens- und Bürgerrecht (Pa.Iv. 03.428)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Im Berichtsjahr wurden Pascale Bruderer (sp, AG) zur Nationalratspräsidentin, Erika Forster (fdp, SG) zur Ständeratspräsidentin und Doris Leuthard zur Bundespräsidentin für das Jahr 2010 gewählt. Damit werden in der Schweiz erstmals alle drei Spitzenposten der Bundespolitik durch Frauen besetzt. Allerdings nähert sich die zahlenmässige Vertretung der Frauen nur schleppend derjenigen der Männer an. Im Nationalrat liegt der Frauenanteil bei 29.5 Prozent, im Ständerat sogar nur bei 21.7 Prozent und auch auf kantonaler und kommunaler Ebene sind die Frauen weiterhin klar in der Minderheit.

alle drei Spitzenposten der Bundespolitik durch Frauen besetzt

Keine Folge gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Roth-Bernasconi(sp, GE), mit der eine Frauenquote von 30% in den Verwaltungsräten von den an der Schweizer Börse kotierten Gesellschaften und von Gesellschaften mit Bundesbeteiligung verlangt wurde.

Bessere Vertretung der Frauen in der Leitung von Unternehmen

In der Herbstsession überwies der Nationalrat mit 105 zu 78 Stimmen ein Postulat der Grünen Fraktion, mit welchem der Bundesrat beauftragt wurde, die Auswirkungen des Konjunkturprogramms aus Gender-Sicht zu untersuchen. In einem entsprechenden Bericht soll er unter anderem aufzeigen, wie sich die Stabilisierungsmassnahmen zur Stützung der Konjunktur in den Bereichen Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen, Entlassungen, Kurzarbeit, Umsetzung und Wirkung von Weiterbildungsmassnahmen auf Frauen und Männer auswirken.

Auswirkungen des Konjunkturprogramms aus Gender-Sicht

Im Herbst nahmen Bund und Sozialpartner einen neuen Anlauf, um die Lohndiskriminierung der Frauen zu verringern. Mit dem Instrument des „Lohngleichheitsdialogs“ setzen sie auf freiwillige Zusammenarbeit. Konkret geht es darum, Unternehmen dafür zu gewinnen, ihr Salärsystem zu überprüfen. Als Grundlage dient ein Programm des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann, das sog. Logib. Zusätzlich wurden Merkblätter erarbeitet, die sich v.a. an kleinere Unternehmen wenden, für die das Logib nicht geeignet ist. Das Projekt soll während fünf Jahren geführt werden und wird von Bund und Sozialpartnern finanziell unterstützt..

Lohndiskriminierung der Frauen

Das Bundesamt für Statistik veröffentlichte im Berichtsjahr eine Studie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz und weiteren europäischen Ländern. Laut den publizierten Zahlen besteht in der Schweiz weiterhin in vielen Familien- und Paarhaushalten eine deutliche geschlechtsspezifische Rollenteilung, welche in Haushalten mit kleinen Kindern besonders ausgeprägt ist. In 45% der Familien mit Kindern unter 6 Jahren geht der Mann einer Vollzeit- und die Frau einer Teilzeitbeschäftigung nach. Mit 37% etwas weniger verbreitet ist das Erwerbsmodell, bei dem die Frau überhaupt nicht berufstätig ist. Deutlich seltener sind Haushalte mit Kindern unter 6 Jahren in denen entweder beide Partner Teilzeit arbeiten (10%) oder beide Vollzeit erwerbstätig sind (8%). Rund drei Viertel der nicht erwerbstätigen Frauen im Alter von 25 bis 49 Jahren begründen ihr Fernbleiben vom Arbeitsmarkt mit den Aufgaben im Bereich der Haus- und Familienarbeit.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Frauen investieren nach wie vor deutlich mehr Zeit in die Haus- und Familienarbeit als Männer. Dies zeigt eine Langzeituntersuchung des Bundesamts für Statistik über die Veränderungen beim Zeitaufwand für Haus- und Familienarbeit, welche im August veröffentlicht wurde. Im Jahr 2007 wendeten die Frauen durchschnittlich 30 Stunden pro Woche auf, bei den Männern waren es gut 18 Stunden. Allerdings lassen die Zahlen bei den Männern einen positiven Trend erkennen, ihr Einsatz für Haus- und Familienarbeit ist zwischen 1997 und 2007 um 2,4 Stunden pro Woche gestiegen, während der Zeitaufwand der Frauen um durchschnittlich 1,4 Stunden abgenommen hat.

Haus- und Familienarbeit

Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als Männer. Die Daten der Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik zeigen zwar, dass sich die Lohnunterschiede zwischen 1998 und 2006 verkleinert haben, die Diskriminierung besteht aber weiterhin. 2006 waren die Löhne der Frauen in der Privatwirtschaft im Schnitt 24% oder 1747 Fr. tiefer als diejenigen der Männer (1998 waren es 24,8%). 60% dieser Differenz lassen sich durch persönliche Qualifikationen sowie Arbeitsplatz- oder unternehmensspezifische Faktoren begründen, 40% können nicht erklärt werden und gelten damit als diskriminierend.

Lohnunterschiede

Der Nationalrat überwies in der Sommersession eine Motion Heim (sp, SO) zur Eindämmung von „häuslicher Gewalt“. Die kleine Kammer wandelte den Vorstoss in der Herbstsession in einen Prüfungsauftrag um. Der Bundesrat muss einen Bericht zur Einstellungspraxis beim Tatbestand der häuslichen Gewalt in den Kantonen erarbeiten. Dabei hat er unter anderem zu untersuchen, ob die provisorische Einstellung des Verfahrens auf Antrag vom Besuch eines Lernprogramms gegen Gewalt abhängig gemacht und von Amtes wegen wieder aufgenommen werden soll, wenn sich die Tatperson dem Programm entzöge.

Eindämmung der häuslichen Gewalt (Mo. 09.3059)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Eine Motion Geissbühler (svp, BE), mit der gefordert wurde, die häusliche Gewalt entweder als klares Offizialdelikt oder ansonsten wieder als Antragsdelikt auszugestalten, wurde vom Nationalrat in der Sommersession knapp mit 83 zu 78 Stimmen verworfen. Die Delikte im Bereich der häuslichen Gewalt waren 2003 von Antrags- in Offizialdelikte geändert worden. Allerdings sehen die neuen Bestimmungen vor, dass ein Verfahren auf Begehren des Opfers zunächst provisorisch eingestellt werden kann; verlangt das Opfer innert sechs Monaten keine Wiederaufnahme des Verfahrens, so erfolgt die definitive Einstellung.

Offizialdelikt Antragsdelikt

Im Mai verabschiedete der Bundesrat einen Bericht zu Gewalt in Paarbeziehungen, der in Erfüllung eines Postulats Stump (sp, AG) erstellt wurde und auf einer Studie des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann basiert. Die Verfasser gehen davon aus, dass rund 10-20% der Frauen während ihres Erwachsenenlebens Opfer von häuslicher Gewalt werden. Allerdings gibt es zum genauen Ausmass der Partnerschaftsgewalt keine verlässlichen Angaben, da eine gesamtschweizerische Statistik bisher fehlt. Die Studie liefert erstmals auch eine Übersicht zu den Ursachen von Gewalt in Paarbeziehungen. Laut den Autoren spielen dabei immer zahlreiche individuelle und gesellschaftliche Risikofaktoren – wie beispielsweise Gewalterlebnisse in der Kindheit, erhöhter Alkoholkonsum und antisoziales oder kriminelles Verhalten – zusammen .

Gewalt in Paarbeziehungen

Im Februar schickte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats einen Vorentwurf zur Einführung eines neuen, spezifischen Straftatbestandes der Verstümmelung weiblicher Genitalien in die Vernehmlassung und setzte damit eine parlamentarische Initiative Roth-Bernasconi (sp, GE) um. Mit den geplanten Bestimmungen sollen die mit dem geltenden, nicht für alle Formen von Genitalverstümmelung einheitlichen Recht verbundenen Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten überwunden werden. Ausserdem könnte eine im Ausland begangene Verstümmelung weiblicher Genitalien in der Schweiz auch dann gerichtlich verfolgt werden, wenn sie am Tatort nicht strafbar ist.

Sensibilisierungs- und Präventionsmassnahmen für die sexuelle Verstümmelung von Frauen

2007 hatte der Nationalrat dem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Fakultativprotokolls vom Oktober 1999 zum UNO-Übereinkommen vom Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau gegen einen Nichteintretensantrag der SVP zugestimmt. Der Ständerat hiess das Protokoll nun bei einer Enthaltung gut, worauf es definitiv verabschiedet werden konnte, im Ständerat einstimmig und im Nationalrat mit 180 zu 5 Stimmen, die alle aus der SVP kamen.

Genehmigung des Fakultativprotokolls zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (BRG 06.096)

Im Vorjahr hatte der Ständerat gegen den Willen des Bundesrates, der das bestehende gesetzliche Instrumentarium als genügend erachtete, eine Motion Heberlein (fdp,ZH) gutgeheissen, welche eine aktivere Rolle des Bundes bei der Verhinderung von Zwangsheiraten resp. arrangierten Heiraten verlangt. Der Nationalrat stimmte dem verbindlichen Auftrag zu, modifizierte ihn aber in dem Sinn, dass die Massnahmen lediglich Zwangsheiraten betreffen sollen, da arrangierte Heiraten ja auch in beiderseitigem Einverständnis der betroffenen Personen zustande kommen können, und überdies der Nachweis, dass die Ehe das Resultat von Absprachen ist, kaum erbracht werden könnte; arrangierte Ehen, die nicht freiwillig geschlossen werden, erfüllten ohnehin den Tatbestand der Zwangsheirat. Der Ständerat übernahm nach kurzer Diskussion diese Änderung. Als Sofortmassnahme gegen Zwangsheiraten kündigte der BR an, künftig keine Eheschliessungen von Personen unter 18 Jahren mehr zu anerkennen.

Zwangsheiraten

Ein Bericht des BFS zur Stellung der Frauen in der Schweiz zeigte, dass die Schweiz eine hohe Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben ausweist. Mit einer Frauenerwerbsquote von 59% im Jahr 2005 verzeichnete sie im Vergleich zu ihren Nachbarländern den höchsten Wert. In Europa lagen die Werte nur für Dänemark, Norwegen und Island noch höher. Bemerkenswert für die Schweiz ist auch die Zunahme der Frauenerwerbsquote: Seit 1990 ist sie um 10 Prozentpunkte gestiegen. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass die hohe Erwerbsbeteiligung der Frauen in der Schweiz mit einem vergleichsweise grossen Anteil (57%) an Teilzeitbeschäftigung einhergeht. Nach den Niederlanden hat die Schweiz den höchsten Anteil von Frauen, die einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgehen. Nur 22% der Frauen sind in Kaderfunktion tätig gegenüber 37% der Männer.

Wird die Erwerbsbeteiligung nach Alter untersucht, zeigt sich in der Schweiz bei den Frauen zwischen 30 und 40 Jahren ein vorübergehender Rückgang. Dieses Muster weist darauf hin, dass sich viele Frauen aufgrund familiärer Pflichten während einiger Jahre aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen, um später wieder einzusteigen. Im Vergleich zum Jahr 1990 ist der Knick in der Schweiz schwächer geworden, aber er bleibt dennoch deutlich sichtbar. In den Nachbarländern ist dieses Phänomen auch in Österreich feststellbar, jedoch weniger ausgeprägt. In Deutschland und Frankreich dagegen zeigt sich bei den Frauen während der Familiengründungsphase eine Stagnation, aber kein Rückgang der Erwerbsbeteiligung. Wieder ein anderes Muster weist Italien auf, wo die Erwerbsquote bei den Frauen ab 35 Jahren stetig abnimmt. Diese Unterschiede stehen im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren: In vielen europäischen Ländern können Frauen und oft auch Männer längere Mutterschafts- bzw. Elternurlaube beziehen und von besseren Kinderbetreuungsmöglichkeiten profitieren, so dass es für Frauen einfacher ist, durchgehend erwerbstätig zu bleiben.

Bericht über die Stellung der Frauen in der Schweiz

Eine Evaluation des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) zum 1996 in Kraft getretenen Gleichstellungsgesetz (GIG) ergab, dass vor allem kleinere und mittlere Unternehmen in Sachen Gleichstellung noch kaum aktiv geworden sind. Mit finanziellen Anreizen will der Bund dieser Trägheit entgegen wirken. Für das Projekt, das ab 2009 in einer auf acht Jahre befristeten Pilotphase anläuft, wird der Bund im Schnitt 1 Mio Fr. pro Jahr zur Verfügung stellen. Bisher beschränkte sich die Förderung des Bundes auf Gleichstellungsprojekte von nicht gewinnorientierten Organisationen und Institutionen. Ziel der Finanzhilfen ist, dass Frauen auf allen Hierarchiestufen sowie in allen Branchen und Berufen gleichberechtigt Zugang zum Erwerbsleben erhalten. Diskriminierungen am Arbeitsplatz wie Lohnungleichheit, Benachteiligung von Teilzeitarbeit, geringe Aufstiegsmöglichkeiten, Diskriminierung bei Mutterschaft und sexuelle Belästigung sollen abgebaut oder verhindert und die Familienfreundlichkeit von Unternehmen gefördert werden.

Evaluation des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann

Nationalrätin Leutenegger Oberholzer (sp, BL) hatte 2006 eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche analog zu den Arbeitsinspektoraten die Einführung eines Lohninspektorats verlangte, um den verfassungsmässig verankerten Anspruch des Rechts auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Die Mehrheit der Kommission machte geltend, Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern seien nicht einfach nur eine Frage der Geschlechter, sondern ebenso sehr der Ausbildung und der Berufserfahrung. Die Initiative wurde mit 109 zu 63 Stimmen klar abgelehnt.

Parlamentarische Initiative fordert die Einführung eines Lohninspektorats (06.451)

Gemäss einer Studie des EBG ist jeder zweite Arbeitnehmende in der Schweiz ein potentielles Opfer von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz. In der Mehrzahl sind dies Frauen, die Teilzeit arbeiten, ausländischer Herkunft sind oder erst seit kurzer Zeit im Betrieb arbeiten. Die Belästigungen gehen in erster Linie auf das Konto von Arbeitskollegen, seltener auf jenes von Kunden oder Patienten. Klagen vor Gericht sind in diesem Bereich relativ selten, da die Betroffenen dies einerseits als weitere Demütigung empfinden und andererseits Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes haben. Bei der Präsentation des Berichts erklärte Bundespräsident Couchepin, dass sexuelle Belästigung neben dem menschenrechtlichen auch einen für die Volkswirtschaft negativen Effekt habe: Sie fördere Demotivation am Arbeitsplatz, Absentismus und führe ganz generell zu einem schlechten Arbeitsklima.

Studie über die Opfer von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz

Nach den Wahlen von Ende Oktober 2007 liegt der Anteil der Frauen im Nationalrat bei 29,5%. Dieser Wert ist zwar nach wie vor tief, doch im internationalen Vergleich befindet sich die Schweiz im oberen Mittelfeld. In Schweden, Norwegen und Finnland sind Frauen in den nationalen Parlamenten mit Anteilen zwischen 38% und 47% am besten vertreten. Auch Österreich und Deutschland weisen mit 32% leicht höhere Frauenanteile auf als die Schweiz, Italien und Frankreich mit 17% bzw. 19% dagegen tiefere. Dies ergab eine Untersuchung des BFS zur Gleichstellung von Frau und Mann.

Studie über den Frauenanteil im Parlament

Im Rahmen der grossen gleichstellungspolitischen Debatte, welche der Nationalrat symbolisch am Internationalen Tag der Frau (8. März) durchführte, hatte Nationalrätin Roth-Bernasconi (sp, GE) vorerst Erfolg mit einer Motion, die ein verstärktes Engagement des Bundes bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen verlangte. Der Motionstext nahm Bezug auf die 2006 vom Europarat lancierte Kampagne zur Bekämpfung von Gewalt – einschliesslich häuslicher Gewalt – an Frauen. Der Bundesrat sollte beauftragt werden, sich aktiv und nach aussen sichtbar an dieser Kampagne zu beteiligen. Der Bundesrat verwies auf bereits unternommene Anstrengungen, wollte aber wegen mangelnder Ressourcen keinen weiterführenden Auftrag annehmen, weshalb er Ablehnung der Motion beantragte. Entgegen der Meinung des Bundesrates war der Nationalrat der Auffassung, in diesem Bereich könnte noch mehr getan werden, weshalb er die Motion mit 95 zu 58 Stimmen überwies. Für die dann aber erfolgte Ablehnung durch den Ständerat war nicht die Berechtigung des Anliegens an sich, das eigentlich unbestritten war, sondern der „Aufhänger“, die Europaratskampagne, entscheidend, da diese im März 2008 ausläuft.

Motion fordert ein verstärktes Engagement des Bundes bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen (06.3725)

Mit einer Motion wollte Wehrli (cvp, SZ) die Tätigkeit des Eidg. Büros für Gleichstellungsfragen sowie der Gleichstellungsbeauftragten in den Departementen und Ämtern neu orientieren und in den Dienst der Ausländerintegration stellen. Der Bundesrat widersprach dem vehement. Die Integration der Ausländerinnen und Ausländer sei eine Querschnittaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden, welche nicht primär frauenspezifischen Charakter habe. Dennoch wurde die Motion, wenn auch nur sehr knapp mit 77 zu 72 Stimmen angenommen, dann allerdings vom Ständerat klar mit 24 zu 8 Stimmen abgelehnt.

Motion fordert Bemühungen des Eidg. Büros für Gleichstellungsfragen für die Ausländerintegration (06.3706)

Der Nationalrat behandelte als Erstrat das Fakultativprotokoll zum UNO-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, welches der Bundesrat im Vorjahr dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt hatte. Eine Kommissionsminderheit um Miesch (svp, BL) beantragte Nichteintreten. Obgleich dies vom Wortlaut des Protokolls als auch aus den Ausführungen der Botschaft ausgeschlossen werden kann, hegte diese Minderheit die Befürchtung, aus den beiden Instrumenten (Mitteilungsverfahren und Untersuchungsverfahren) liesse sich ein direkt anwendbares Recht ableiten. Bundespräsidentin Calmy-Rey erläuterte noch einmal, dass die Menschenrechtskonventionen der UNO und die daraus allenfalls entstehenden Empfehlungen von Expertenkommissionen an die Mitgliedsstaaten nie rechtlich verbindlich sind, im Gegensatz zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs. Dennoch sprach sich die geschlossene SVP-Fraktion, unterstützt von einzelnen Mitgliedern der CVP und der FDP, gegen das Eintreten aus, welches mit 102 zu 64 Stimmen beschlossen wurde. In der Gesamtabstimmung wurde der Bundesbeschluss mit ähnlichem Stimmenverhältnis angenommen.

Genehmigung des Fakultativprotokolls zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (BRG 06.096)

Gemäss Repräsentativumfragen sind auch bei den NR-Wahlen 2007 mehr Männer als Frauen an die Urnen gegangen. Als einziger grösserer Ort erstellt die Stadt Luzern eine anonymisierte Vollerhebung aufgrund der Stimmrechtsausweise. Diese zeigte, dass sich die Diskrepanz zwischen der männlichen und der weiblichen Wählerschaft zu reduzieren scheint. Als Hauptgrund wurde das Nachrücken jugendlicher Stimmberechtigter genannt, bei denen kaum eine Geschlechterdifferenz ausgemacht werden kann. Der Unterschied in der Wahlbeteiligung wächst erst in der Generation der über 60-Jährigen signifikant, also erst bei jener Generation, die politisch in einer Zeit sozialisiert wurde, als die Schweiz auf eidgenössischer Ebene noch kein Frauenstimmrecht hatte.

Studie über das Geschlecht der Stimmenden bei den NR-Wahlen

Gegen den Willen des Bundesrates, welcher auf das bestehende gesetzliche Instrumentarium verwies, nahm der Ständerat mit klarem Mehr eine Motion Heberlein (fdp, ZH) an, die diesen beauftragt, umgehend im Bereich der Zwangsheiraten aktiver zu werden. Zwangsheiraten unter Immigranten seien nicht Ausdruck eines Rechts auf „Anderssein“ und auch nicht mit dem Verweis auf die Multikulturalität der Gesellschaft zu rechtfertigen. Es müssten in allen gesetzgeberischen Bereichen (Straf-, Zivil- und Ausländerrecht) Massnahmen ergriffen werden, um Zwangsehen resp. arrangierte Heiraten zu verhindern. Den betroffenen Frauen müssten zudem „Ausstiegshilfen“ angeboten werden, um dem familiären Druck standhalten zu können. Schätzungsweise sind in der Schweiz jedes Jahr mehrere hundert Frauen Opfer einer Zwangsehe. Mitte November veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht zu diesem Thema. Seiner Ansicht nach reichen die bestehenden Gesetze (insbesondere das neue AuG), um gegen diese Praktiken vorzugehen.

Zwangsheiraten

Bei den Nationalratswahlen 2007 konnte eine gewisse Trendwende bezüglich der Frauenpräsenz festgestellt werden. Nicht nur, weil sich der Frauenanteil mit 29,5% (2003: 25%) erstmals einem Drittel annäherte (wodurch die Schweiz im Ranking der Interparlamentarischen Union vom 31. auf den 19. Rang vorstiess), sondern in erster Linie weil die bürgerlichen Frauen stark zulegten, während bisher das links-grüne Lager klar an der Spitze gestanden hatte. In neuer Zusammensetzung zählt das gewählte Parlament nun 30 bürgerliche und 29 links-grüne Frauen. Der Rückgang der Zahl der linken Frauen erklärt sich nicht aus einer nachlassenden Förderung der weiblichen Kandidaturen, sondern aus den Wahlverlusten der SP (-9, davon sechs Frauen), welche die Gewinne der Grünen nicht auszugleichen vermochten. Der Vormarsch der bürgerlichen Frauen war beachtlich. Die FDP verlor zwar insgesamt fünf Sitze, ist aber dennoch neu mit einer zusätzlichen Frau in Bern vertreten (plus einer liberalen Abgeordneten aus dem Kanton Neuenburg), die CVP erhöhte ihre Frauendeputation um drei Sitze, und bei der SVP, traditionell das Schlusslicht bei der Frauenpräsenz, wurden gar fünf Frauen neu gewählt, wodurch sich die Anzahl der SVP-Frauen auf acht erhöhte.

Nationalratswahlen 29,5% bürgerlichen Frauen