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Die meisten Behindertenverbände machten vor der Volksabstimmung gegen die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) mobil, die ihrer Ansicht nach zu einem massiven Sozialabbau führen würde. Gemäss NFA werden Bau und Betrieb von Wohnheimen und Werkstätten für erwachsene Behinderte, die Sonderschulung der behinderten Kinder und Jugendlichen bis zum 20. Lebensjahr sowie die Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals für Behinderte vollumfänglich kantonalisiert. Insgesamt werden im Sozialbereich mit der NFA gegen 2 Mia Fr. vom Bund auf die Kantone umgelagert. Die Verbände äusserten die Befürchtung, dass die Belange der Behinderten kantonalen Sparübungen zum Opfer fallen könnten. Daran werde auch das in Vorbereitung begriffene eidgenössische Rahmengesetz „über die Institutionen zur sozialen Eingliederung von invaliden Personen“ nur wenig ändern.

Ausführungsgesetzgebung NFA

Der Nationalrat nahm ein Postulat Bruderer (sp, AG) an, welches das Ratsbüro beauftragt, das Parlamentsgebäude so umzurüsten, dass Menschen mit Behinderung - so weit möglich ohne Hilfe - auf die Tribünen gelangen und der Ratsdebatte folgen können.

Parlamentsgebäude

Auf den 1. Januar trat das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) in Kraft. Das neue Gesetz bringt für die Behinderten in der Schweiz unter anderem einen erleichterten Zugang zum öffentlichen Verkehr und zu öffentlichen Bauten. Den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen tragen ferner verschiedene Gesetzesrevisionen (Fernmeldewesen, Bundesstatistik, Berufsbildung, Strassenverkehrsrecht) Rechnung, die ebenfalls auf diesen Zeitpunkt rechtskräftig wurden. Beim Bund entstand zudem ein Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

In der Volksabstimmung vom 18. Mai blieb die Initiative chancenlos. Sie wurde von über 62% der Stimmenden und in 23 Kantonen abgelehnt. Am schlechtesten schnitt sie in Appenzell Innerrhoden ab (79,9% Nein), nur wenig besser in Ausserrhoden (75,2%). Weitere sieben Stände (LU, NW, OW, TG, SG, SZ, ZG) meldeten Nein-Mehrheiten von über 70%. Knapp abgelehnt wurde die Initiative in den Kantonen Freiburg (54,0% Nein), Neuenburg (55,2), Waadt (56,2), Wallis (57,2) und Basel-Stadt (57,8). Von den drei Kantonen, welche die Behinderteninitiative guthiessen, tat dies Genf mit 59,0% Ja am deutlichsten. Etwas schwächer fiel die Zustimmung im Jura (54,9) und im Tessin (54,0) aus. Die Vox-Analyse der Abstimmung zeigte, dass vor allem die politischen Merkmale für das Abstimmungsverhalten ausschlaggebend waren. Während eine grosse Mehrheit der SP-Anhängerschaft der Initiative zustimmte (70%), lehnten sie 86% der SVP-Sympathisanten ab. Klar wurde die Initiative auch von den Anhängerschaften der CVP und der FDP mit 74 resp. 77% verworfen.


Abstimmung vom 18. Mai 2003

Beteiligung: 49,7%
Ja: 870 249 (37,7%) / 3 Stände
Nein: 1 439 893 (62,3%) / 17 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, GP, CSP, PdA, JFDP; SGB, Travail.Suisse
– Nein: FDP (2*), CVP (4*), SVP (1*), LP (1*), SD, EDU, FP; economiesuisse, SGV, ZSA
– Stimmenthaltung:Lega
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

In der Abstimmungskampagne betonten die Befürworter, ihr Anliegen – freier Zugang zu allen Gesellschaftsbereichen – sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Es würden keine überrissenen Forderungen gestellt, sondern nur der Grundsatz verankert, dass für die Probleme der Behinderten verhältnismässige Lösungen zu finden seien. Eine bessere Einbindung der Behinderten wäre auch ein Beitrag zur Entlastung der defizitären IV. Mit starker Unterstützung der Wirtschaftsverbände konterten die Gegner, die Initiative sei eben gerade nicht verhältnismässig. Das Fehlen von Übergangsfristen (im BehiG 20 Jahre für Bauten und Anlagen, 10 Jahre für Dienstleistungen im Kommunikationsbereich) werde innerhalb weniger Jahre zu einem Kostenschub von rund 4 Mia Fr. allein im öffentlichen Verkehr führen. Das generelle Klagerecht der Behinderten (im BehiG sehr eng definiert) werde eine Prozesslawine mit ungewissem Ausgang auslösen.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Mit zwei Motionen forderte Nationalrat Joder (svp, BE) Erleichterungen für Hörbehinderte. Einerseits sollten bauliche und technische Massnahmen ergriffen werden, welchen es hörbehinderten Personen erlauben, das Parlamentsgebäude zu nutzen. Joder dachte in diesem Zusammenhang in erster Linie an induktive Hör- und Übertragungsanlagen. Andererseits sollten im Zug des neuen Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen die Sendeunternehmen verpflichtet werden, zwischen 18 und 24 Uhr sämtliche Fernsehsendungen mit Untertiteln auszustrahlen. Der Bundesrat verwies auf bereits unternommene Anstrengungen, versprach aber, wenn möglich noch Verbesserungen vorzunehmen. Auf seinen Antrag wurden die Motionen in Postulatsform verabschiedet.

Hörbehinderte

Diese Ausdehnung stiess im Plenum des Nationalrates auf Widerstand. Loepfe (AI) im Namen der CVP sowie Föhn (SZ) für die SVP verlangten Rückweisung an die Kommission, da die finanziellen Auswirkungen, die personalrechtlichen Konsequenzen und die Kompetenzfragen zwischen Bund und Kantonen noch nicht genügend geklärt seien. Der Antrag wurde mit 83 zu 77 Stimmen knapp abgelehnt, nachdem Bundesrätin Metzler erklärt hatte, es wäre politisch nicht klug, die Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu bringen. In der Detailberatung krebste die bürgerliche Nationalratsmehrheit im Bereich der öffentlichen Bauten und der Mietshäuser wieder weitgehend auf die Linie von Bundesrat und Ständerat zurück (Verpflichtung der behindertengerechten Ausgestaltung von Altbauten nur bei umfassenden Sanierungsarbeiten), ebenso bei den Behindertenrechten am Arbeitsplatz. Gegen die Unterstellung der privaten Arbeitsverhältnisse unter das Gesetz wehrten sich insbesondere mit Erfolg die beiden Freisinnigen Heberlein (ZH) und Triponez (BE) mit dem Argument, eine Regulierung würde tendenziell zu einer Ausgrenzung der Behinderten aus dem Arbeitsprozess führen. Die Kommission unterlag auch mit ihrem Antrag, im Bereich der Dienstleistungen den Behinderten ein Klagerecht auf Beseitigung oder Unterlassung von Diskriminierungen einzuräumen; das Plenum blieb bei einer blossen Entschädigung von maximal 5000 Fr. Einzig im Bereich der Aus- und Weiterbildung war der Nationalrat zu gewissen Konzessionen bereit. Behinderte Kinder und Jugendliche sollen von den Kantonen bei der Integration in die Regelschule gefördert werden, behinderte Menschen generell ein Recht auf eine ihren Möglichkeiten angemessene Ausbildungsdauer und auf entsprechende Prüfungen haben sowie spezifische Hilfsmittel verwenden dürfen. Gegen einen Minderheitsantrag aus den Reihen der SVP, der die Unterstützung von Widrig (cvp, SG) und Triponez (fdp, BE) fand, stimmte der Nationalrat der Schaffung eines Gleichstellungsbüros zu.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Ohne grosse Diskussionen übernahm der Ständerat in der ersten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens jene Beschlüsse des Nationalrates, die keine oder kaum Auswirkungen auf die Wirtschaft haben (Förderung der schulischen Integration der Kinder und Jugendlichen, Gleichstellungsbüro), verwässerte die Vorlage aber erneut in der für die Behinderten zentralen Frage des Zugangs zu Bauten und Anlagen, die der Öffentlichkeit dienen; Behinderte sollten nur während des Baubewilligungsverfahrens gegen einen nicht behindertengerechten Aus- oder Umbau klagen können. Ein Beschwerderecht wollte der Ständerat nur Behindertenorganisationen zugestehen, die seit mindestens zehn Jahren schweizweit aktiv sind; dem Nationalrat hätten hier zwei Jahre gereicht. Nichts wissen wollte er von einer Anpassung der Ausbildungsdauer an die Bedürfnisse behinderter Menschen sowie von der Kompetenzerteilung an den Bundesrat, Pilotprojekte zur Eingliederung Behinderter ins Erwerbsleben zu finanzieren. Gegen Anträge aus dem rechtsbürgerlichen Lager hielt der Nationalrat jedoch an seinen ersten Beschlüssen fest. Nach kleineren Rückzugsgeplänkeln, welche die Einberufung der Einigungskonferenz nötig machten, gab der Ständerat nach, so dass die Vorlage noch vor Jahresende definitiv verabschiedet werden konnte. In den Schlussabstimmungen passierte sie im Ständerat einstimmig und im Nationalrat mit 175 zu 1 Stimmen.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Weil ihnen das im Sinn eines indirekten Gegenvorschlags im Vorjahr verabschiedete Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen (BehiG) ungenügend erschien, beschlossen die Behindertenorganisationen, zwar nicht das Referendum zu ergreifen, um den Kampf nicht an zwei Fronten führen zu müssen, ihre Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ aber aufrecht zu erhalten. Die Initiative verlangte eine Gewährleistung des Zugangs zu Bauten und Anlagen sowie die Inanspruchnahme von Leistungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, soweit dies wirtschaftlich zumutbar ist. Bundesrat und Parlament hatten die Initiative mit dem Argument der nicht abschätzbaren Kosten abgelehnt, die Stossrichtung des Begehrens im BehiG zwar berücksichtigt, aber doch deutlich abgeschwächt.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Der Bundesrat und eine Mehrheit des Parlaments erachteten das BehiG als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“, die 1999 mit über 120 000 Unterschriften eingereicht worden war. Wegen der zwar nicht abschätzbaren, aber als zu hoch eingestuften Kosten, die sich aus der behindertengerechten Ausgestaltung aller für die Öffentlichkeit bestimmter Bauten und Anlagen ergeben würden, empfahl der Ständerat mit 36 zu 4 Stimmen die Initiative zur Ablehnung. Auch der Bündner SVP-Vertreter Brändli, Präsident der an der Lancierung der Initiative beteiligten „Pro Infirmis“ sprach sich, schon nur aus rechtlichen Überlegungen, wie er betonte, für den indirekten Gegenvorschlag und gegen die Initiative aus. Mit den gleichen Argumenten wurde die Initiative auch vom Nationalrat abgelehnt, allerdings nur relativ knapp mit 82 zu 75 Stimmen bei sieben Enthaltungen. Ziemlich überraschend hatte die vorberatende Kommission Zustimmung zur Initiative beantragt. Die Gegner rekrutierten sich aus der SVP, einer Mehrheit der FDP und Teilen der CVP.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Anders als der Ständerat im Vorjahr, der beim Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen (BehiG) in den grossen Linien dem Entwurf des Bundesrates gefolgt war, nahm die vorberatende Kommission des Nationalrates mit grosser Mehrheit eine deutliche Anreicherung der Vorlage vor. Unter Wahrung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Tragbarkeit und der Verhältnismässigkeit orientierte sie sich dabei im wesentlichen am Gleichstellungsgesetz für Frau und Mann mit einklagbaren Rechten für Einzelpersonen und Organisationen. Öffentlich zugängliche Altbauten sowie private Neubauten mit mehr als sechs Wohneinheiten (anstatt acht gemäss Bundesrat und Ständerat) sollten zwingend behindertengerecht ausgestaltet werden. Die wesentlichste Ausdehnung fand im Bereich der Arbeit statt. Der Geltungsbereich wurde auf alle Arbeitsverhältnisse nach Obligationenrecht und öffentlichem Recht erweitert. Die Kantone wurden verpflichtet, die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule zu fördern. Nach dem Muster des Eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann wurde die Schaffung eines Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen beschlossen, das über die Grundlagen des Gesetzes informieren, Kampagnen durchführen und die Tätigkeiten öffentlicher und privater Einrichtungen auf diesem Gebiet koordinieren soll.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Die Initianten zeigten sich nach den parlamentarischen Beratungen vom Gesetz enttäuscht. Ihrer Ansicht nach zeigte gerade die Verwässerung der Vorlage, dass das Diskriminierungsverbot in der Bundesverfassung durch ein eigentliches Gleichstellungsgebot ergänzt werden müsse, da das Gesetz für die zentralen Bereiche der beruflichen Tätigkeit, der Ausbildung, der Kultur und des Sports keine konkreten Schritte vorsieht. Um nicht den Kampf an zwei Fronten führen zu müssen, beschlossen sie, ihre Initiative aufrecht zu erhalten, auf ein Referendum gegen das Gesetz aber zu verzichten.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

In der Herbstsession behandelte der Ständerat das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen (Behindertengesetz, BehiG). Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Situation der körperlich, geistig und psychisch behinderten Menschen verbessert werden muss. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer im wesentlichen dem Vorschlag des Bundesrates. In einzelnen Punkten kam sie jedoch den Vorschlägen der Dachorganisation der privaten Invalidenhilfe (DOK) entgegen. So soll das Beschwerderecht nicht nur gesamtschweizerischen, sondern auch Behindertenorganisationen von gesamtschweizerischer Bedeutung zugestanden werden. Nicht durchsetzen – und zwar mit 32 resp. 31 zu 6 Stimmen – konnten sich Anträge der beiden SP-Abgeordneten Studer (NE) und Brunner (GE), den Geltungsbereich des Gesetzes auf das Erwerbsleben und die Ausbildung auszudehnen, wie dies auch die DOK in der Vernehmlassung gefordert hatte. Abgelehnt wurde auch der Antrag der Kommission, die Beschränkung der Entschädigung bei Diskriminierung (maximal 5000 Fr. nach bundesrätlichem Vorschlag) zu streichen und diese Frage den Richtern zu überlassen. Mit Unterstützung von Bundesrätin Metzler machte Merz (fdp, AR) demgegenüber geltend, diese Aufhebung wecke die Ängste des Gewerbes und wäre nicht konsensfähig. Das Gesetz, das einstimmig verabschiedet wurde, wird als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ zur Abstimmung kommen, sofern diese nicht zurückgezogen wird. Ebenfalls einstimmig gutgeheissen wurde eine Anschubhilfe von 300 Mio Fr. für behindertengerechte Massnahmen im öffentlichen Verkehr sowie die dafür notwendige Überwindung der Ausgabenbremse.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Der Nationalrat überwies ein Postulat Widmer (sp, LU), welches den Bundesrat ersucht zu prüfen, mit welchen Massnahmen die Zusammenarbeit zwischen der IV und den regionalen Arbeitsvermittlungsstellen bei der Eingliederung der Behinderten in den Arbeitsprozess verbessert werden kann.

Eingliederung der Behinderten

Im Dezember verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zum Gesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen. Es trägt den in der Vernehmlassung ausgedrückten Bedenken insofern Rechnung, als die Invaliden ein Beschwerde- und Klagerecht erhalten. Die Behindertenverbände reagierten verhalten auf die bundesrätlichen Vorschläge. Das Gesetz gehe zwar in die richtige Richtung, aber es genüge noch nicht. Insbesondere die Bereiche Arbeit (lediglich Förderung der Anstellung von Behinderten in der Bundesverwaltung) und Schule (nur Aufforderung an die Kantone, behinderten Kindern und Jugendlichen eine den Bedürfnissen angepasste Grundschulung zu gewährleisten) seien praktisch ganz ausgeklammert geblieben. Als besonders störend empfanden die Behinderten, dass das Gesetz für die Anpassungen in den öffentlichen Bauten und im öffentlichen Verkehr eine Übergangsfrist von 20 Jahren vorsieht, und dass der Abbau von Hürden nur zwingend vorgeschrieben wird, wenn der wirtschaftliche Aufwand vertretbar ist. Wegen dieser Mängel wollen die Verbände an ihrer Initiative festhalten.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Der Bundesrat beschloss, der Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ sowie zwei parlamentarischen Vorstössen einen indirekten Gegenvorschlag entgegen zu stellen. Das neue Behindertengesetz, das Mitte Jahr in die Vernehmlassung ging, konkretisiert die von der revidierten Verfassung geforderte Beseitigung der Benachteiligungen im öffentlichen Leben. Da der einklagbare subjektive Anspruch auf Zugang zu den Rechten in den Bereichen öffentlicher Verkehr, Bauten, Fernsehen, Telefondienstleistungen, Bildung und Arbeit in einer ersten Konsultation von der Wirtschaft und den bürgerlichen Parteien wegen der unklaren Folgekosten abgelehnt worden war, stellte der Bundesrat je eine Variante mit und ohne diesen Rechtsanspruch zur Diskussion. Die Schaffung eines Gesetzes zur Gleichstellung von behinderten mit nicht behinderten Menschen wurde auf breiter Ebene begrüsst. Die SP und die Behindertenverbände erachteten allerdings die vorgeschlagenen Massnahmen als zu wenig weit gehend, da insbesondere die Bereiche Schule und Arbeit zu wenig konkret formuliert seien. Die bürgerlichen Parteien wiesen erneut auf finanziell unklaren Folgen für allfällige Um- oder Neubauten hin.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Die 15 wichtigsten Organisationen der privaten Behindertenhilfe, zusammengeschlossen in der Dachorganisatoren-Konferenz DOK, legten Anfangs September einen eigenen Gesetzesentwurf zur Gleichstellung der Invaliden vor. Ständerat Brändli (svp, GR) erklärte als Präsident der Pro Infirmis Schweiz, der Gesetzesentwurf des Bundesrates werde dem umfassenden Anspruch auf Gleichstellung in allen Lebensbereichen nicht gerecht. So seien die Bestimmungen, die den Zugang zu öffentlichen Gebäuden regelten, zum Teil weniger verbindlich gefasst als in kantonalen Baugesetzen. Auch seien keine Anreize und Lenkungsabgaben für die Eingliederung der Behinderten in die Privatwirtschaft vorgesehen. Die DOK verlangte, dass innert zehn Jahren alle von der Allgemeinheit genutzten Bauten und Anlagen, wie Verwaltungsgebäude, Spitäler, Kirchen, Kinos oder Restaurants, behindertengerecht ausgestattet und somit für alle zugänglich sind. Die DOK beharrte auf dem Prinzip eines subjektiven Rechtsanspruchs. Sie forderte zudem ein Verbandsbeschwerderecht und einen eidgenössischen Beauftragten für die Behindertengleichstellung.

Alternativer Gesetzesentwurf der Verbände (2000)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Der Ständerat lehnte eine 1996 vom Nationalrat genehmigte parlamentarische Initiative Suter (fdp, BE) ab, die den entsprechenden Artikel in der Bundesverfassung (Art. 8 Abs.2) griffiger formulieren und insbesondere einen direkt einklagbaren Anspruch einführen wollte. Hingegen überwies er eine Motion Gross (sp, TG), die den Bundesrat auffordert, den Verfassungsartikel zügig in einem Gesetz umzusetzen.

Gesetz zur Gleichstellung Behinderter (BRG 95.418)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Im Vorjahr hatte der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrates, der Überweisung in Postulatsform beantragt hatte, eine Motion seiner SGK zur Erstellung einer Behindertenstatistik sowie eine Motion Borel (sp, NE) für einen erleichterten Zugang von Behinderten zur Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge angenommen. Der Ständerat folgte dem Bundesrat und nahm die beiden Vorstösse nur als Postulate an.

Behindertenstatistik Wohneigentumsförderung

Der Bundesrat war bereit, eine Motion Gross (sp, TG) entgegen zu nehmen, welche ihn beauftragt, dem Parlament ein Bundesgesetz über die Gleichstellung der Behinderten vorzulegen, das Art. 8 Abs. 4 der neuen Bundesverfassung konkretisiert.

Bundesgesetz über die Gleichstellung der Behinderten

Mitte Juni wurde die Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ mit 120 455 gültigen Unterschriften eingereicht. Zusätzlich zum neuen Verfassungsartikel, der Körper-, Geistig- und Psychisch-Behinderte erstmals erwähnt und vor Diskriminierung schützt, fordert das Begehren den freien Zugang zu allen Bauten, Anlagen und Dienstleistungen, die den Nichtbehinderten uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Mit ihrer Initiative wollen die Invaliden das Prinzip der „vollständigen Teilhabe“ verankern, zum Beispiel in den Bereichen Schule, Verkehr, Kommunikation und Arbeit.

Volksinitiative „Gleiche Rechte für Behinderte“ (BRG 00.094)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

Gegen den Willen des Bundesrates, der Umwandlung in ein Postulat beantragte, nahm der Nationalrat eine Motion seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) an, welche die Landesregierung beauftragt, durch die Bundesämter für Sozialversicherung und Statistik und in Koordination mit dem NFP 8 („Behinderte Menschen in der Schweiz“) den Aufbau einer schweizerischen Behindertenstatistik in die Wege zu leiten, welche die persönliche und finanzielle Situation der Invaliden in allen Sozialversicherungszweigen und in der Sozialfürsorge berücksichtigt.

Behindertenstatistik Wohneigentumsförderung

Gegen den Willen des Bundesrates wurde im Nationalrat eine Motion Borel (sp, NE) angenommen, die eine Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) in dem Sinn verlangt, dass Bezüger einer IV-Rente – gleich wie andere Versicherte – jenen Teil der BVG-Gelder, der nicht zur Deckung des Invaliditätsrisikos dient, zur Wohneigentumsförderung vorbeziehen können.

Wohneigentumsförderung für Invalide (Mo. 97.3068)
Dossier: Die EL-Reform (2016-2019) und die dazu führenden Vorstösse

Der Nationalrat überwies ein Postulat seiner SGK, das den Bundesrat auffordert, die gesetzgeberische Umsetzung von Anreizmodellen zur wirksamen beruflichen Eingliederung Behinderter in die Arbeitswelt im Rahmen der 4. IV-Revision vorrangig zu prüfen.

beruflichen Eingliederung Behinderter in die Arbeitswelt