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Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

In der Herbstsession 2021 brachte der Nationalrat seinen Willen zum Ausdruck, das Recht auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch zu verankern, und stimmte damit einer Motion Bulliard-Marbach (mitte, FR) zu. Physische Tätlichkeiten wie Ohrfeigen und Klapse sowie psychische Strafen sind in der Schweiz nicht explizit verboten, weswegen die Schweiz, die sich mit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention eigentlich dazu verpflichtet hatte, von der UNO bereits zweimal gerügt worden war. Die Schaffung eines Rechts auf gewaltfreie Erziehung hätte Signalwirkung und könnte einen Sinneswandel innerhalb der Bevölkerung herbeiführen, gab sich die Motionärin in der Begründung ihres Vorstosses überzeugt. Noch heute erlebe jedes zweite Kind im Rahmen der Erziehung physische oder psychische Gewalt.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da sich «in einer gesetzlichen Regel [...] kaum befriedigend umschreiben» liesse, wie Eltern ihren Kindern Regeln und Werte zu vermitteln hätten, wobei sie sich am Wohl ihrer Kinder zu orientieren hätten. Ferner befürchtete er, mit einer solchen Regelung «Angst vor staatlichem Interventionismus [zu] schüren». Der Bundesrat erklärte sich jedoch kurz nach seiner Antwort zur Annahme eines Postulats Bulliard (Po. 20.3185) bereit, um Möglichkeiten für angemessene Formulierungen zu prüfen.
Im Unterschied zum Jahr 2017, als der Nationalrat eine Motion Galladé (sp, ZH; Mo. 15.3639) mit ebendieser Forderung noch ablehnt hatte, stimmte er dem Anliegen nun mit 111 zu 79 Stimmen (3 Enthaltungen) zu. Unterstützt wurde die Motion von den Fraktionen der SP, der Grünen, der GLP und der Mitte.

Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im ZGB (Mo. 19.4632)

Möglicherweise angeheizt durch die Diskussionen im Abstimmungskampf zur «Ehe für alle» wurden um den Abstimmungstermin im September 2021 herum drei parlamentarische Initiativen eingereicht, welche gegen Konversionsmassnahmen – also Massnahmen, die die Unterdrückung einer homosexuellen Orientierung oder eine Veränderung der Geschlechtsidentität bewirken sollen – ankämpfen. Diese Initiativen umfassen den Vorstoss von Nationalrätin Katja Christ (glp, BS; Pa.Iv. 21.483), welcher die Ergänzung des Strafgesetzbuches um den Tatbestand der Durchführung von Konversionsmassnahmen an Jugendlichen vorsah. Die gleiche Forderung verfolgte auch Nationalrat Angelo Barrile (sp, ZH; Pa.Iv. 21.496), der das Verbot von Konversionsmassnahmen an Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum Alter von 25 Jahren beantragte. Auch Nationalrätin Sarah Wyss (sp, BS; Pa.Iv. 21.497) wollte mit ihrer parlamentarischen Initiative für ein schweizweites Verbot und eine Unterstrafestellung von Konversionsmassnahmen ein Zeichen gegen Konversionstherapien setzen. Alle drei Vorstösse sahen einen immensen Handlungsbedarf bei der nationalen Gesetzgebung betreffend Konversionsmassnahmen, vor allem da Betroffene nachweislich psychische Leiden bis hin zur Suizidalität von diesen Therapien davontragen würden und da bereits in einigen Kantonen entsprechende Vorstösse eingereicht worden seien. Ein «kantonale[r] Flickenteppich» sei in jedem Fall zu vermeiden. Des Weiteren werde das Verbot von Konversionsmassnahmen bereits in der EU diskutiert, weshalb zukünftig Konversionstherapien vom umliegenden Ausland in die Schweiz verlagert werden könnten.
Alle drei Vorstösse wurden jedoch durch die Antragsstellenden Mitte August 2022 in Anbetracht der Lancierung einer entsprechenden Kommissionsmotion der RK-NR (Mo. 22.3889) zurückgezogen. Die Kommissionsmotion bündelt die Forderungen der beiden Initiantinnen und des Initianten und beabsichtigt, das Anbieten, Vermitteln und Bewerben von Konversionsmassnahmen unter Strafe zu stellen.

Parlamentarische Initiativen verlangen Verbot und Unterstrafestellung von Konversionsmassnahmen (Pa.Iv. 21.483, Pa.Iv. 21.496, Pa.Iv. 21.497)
Dossier: Verbot von Konversionstherapien

In der Herbstsession stimmte der Ständerat zwei Motionen aus der Feder der Nationalrätinnen Funiciello (sp, BE) und Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) diskussionslos zu, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten. Die Kantonskammer stützte ihren Entscheid auf einen Bericht ihrer Rechtskommission, die dem Ständerat einstimmig die Annahme der Motionen beantragte. Darin bestätigte die Kommission, dass noch nicht alle Kantone ein rund um die Uhr erreichbares, professionelles Betreuungsangebot bereitstellen würden und der Istanbul-Konvention damit noch nicht vollumfänglich nachgekommen werde. Ebenfalls erinnerte die Kommission ihren Rat daran, dass dieser einer fast identisch lautenden Motion Herzog (sp, BS; Mo. 20.4463) bereits in der Frühjahrssession zugestimmt hatte. Auch der Nationalrat sprach sich in der Herbstsession 2021 für die Motion Herzog aus.

Rund-um-die-Uhr-Beratung für von Gewalt betroffene Personen (Mo. 20.4451; Mo. 20.4452)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Am 2. September 2021 fand mit coronabedingter Verspätung im Nationalratssaal die offizielle Feier zum 50-jährigen Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts statt. Dass die Schweiz den Frauen die politischen Rechte erst 1971 gewährte und diese somit im internationalen Vergleich ausserordentlich spät zu einer «ganzen Demokratie» wurde, habe mit den direkten Beteiligungsmöglichkeiten zu tun, erklärte Justizministerin Karin Keller-Sutter in ihrer Rede zur Feier. Mit Ausnahme von Liechtenstein hätten sonst in keinem Land der Welt die Männer über die Einführung des Frauenstimmrechts befunden. Neben dem Bundespräsidenten Guy Parmelin, der die Eröffnungsrede hielt, sprachen auch die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss, der frühere CVP-Generalsekretär Iwan Rickenbacher und eine der ersten Nationalrätinnen, Hannah Sahlfeld-Singer, zu den geladenen Gästen aus Politik und Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Hanna Sahlfeld-Singer – mit ihren zum Zeitpunkt der Wahl damals 28 Jahren jüngste Parlamentarierin und dazu die erste, die während ihrer Amtszeit Mutter wurde – richtete sich in ihrer Rede auch an die Männer: «Habt keine Angst vor selbstbewussten Frauen», meinte sie. «Seid gleichberechtigte Partner! Dann kann es gut für alle werden.» Auch Karin Keller-Sutter plädierte in ihrer Rede für mehr Gleichberechtigung, denn man könne «auch heute noch nicht das Ende der Geschichte ausrufen». Insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse verbessert werden – letzteres nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Darüber hinaus forderte die Bundesrätin auch eine stärkere Bekämpfung von sexueller und häuslicher Gewalt.
Auch die nur wenige Tage später zum selben Anlass durchgeführte gemeinsame Tagung des BJ und der Universität Bern gedachte nicht nur historischer Ereignisse, sondern blickte ebenso nach vorne, indem sie sich mit aktuellen Gleichstellungsfragen und Fragen zur Erteilung des Stimmrechts an weitere Gruppen befasste – so an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige oder Personen unter umfassender Beistandschaft.

50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht

Im Juni 2021 präsentierte der Bundesrat den ersten Staatenbericht der Schweiz zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Mit der Ratifikation der Istanbul-Konvention, einem Übereinkommen des Europarats, hatte sich der Bund im Jahr 2017 verpflichtet, sich gegen jegliche Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzusetzen. In seinem ersten, beinahe 140 Seiten umfassenden Bericht legte der Bundesrat dar, welche Aktionen zur Prävention und Bekämpfung solcher Gewalt sowie im Rahmen des Opferschutzes seit Inkrafttreten der Konvention von Bund und Kantonen bereits unternommen worden sind. Der Bundesrat war der Ansicht, dass die rechtlichen Bestimmungen «den Anforderungen der Konvention insgesamt zu genügen [vermögen]», und zeigte gleichzeitig auf, dass der Gesetzgeber seit Inkrafttreten der Konvention in diesem Bereich nicht untätig geblieben war. So verwies er auf das im Vorjahr in Kraft getretene Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, das Opfer von Stalking und häuslicher Gewalt besser schützen soll. Eine entsprechende Bestimmung im ZGB zum Kontakt- und Rayonverbot soll per 2022 rechtskräftig werden. Weiter wies der Bundesrat auf die laufenden Arbeiten zur Revision des Sexualstrafrechts hin: Im Februar 2021 war ein entsprechender Entwurf in die Vernehmlassung geschickt worden, der unter anderem den Tatbestand der Vergewaltigung neu definieren soll. Gemäss Entwurf soll dieser auch gelten, wenn keine Drohung oder Gewaltausübung von Seiten des Täters oder der Täterin vorliegt («Nein-heisst-Nein»-Lösung). Mit der Neudefinition des Tatbestands der Vergewaltigung soll auch eine geschlechtsneutrale Formulierung für Opfer von Vergewaltigungen eingeführt werden.
Laut dem Staatenbericht hat die Ratifikation der Istanbul-Konvention «eine neue Dynamik ausgelöst». Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sei ins politische Scheinwerferlicht gerückt. So sei etwa im Rahmen der Legislaturplanung 2019–2023 die Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Konvention verabschiedet worden – als zu integrierende Massnahme in die im April 2021 beschlossene Gleichstellungsstrategie 2030. Auch einige Städte und Kantone hätten die Bekämpfung von Gewalt in ihre Legislaturziele aufgenommen oder Aktionspläne verfasst. Auf allen föderalen Ebenen sei eine starke Zunahme an parlamentarischen Vorstössen zum Thema verzeichnet worden. Ferner sei ein grosses Netzwerk aus vielen Nichtregierungsorganisationen entstanden – das «Netzwerk Istanbul Konvention» – , das sich für die Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz einsetze.
Benanntes Netzwerk war es denn auch, das im Juni 2021 einen 100-seitigen Alternativbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention publizierte, dem in weiteren 250 Seiten Schattenberichte mit Forderungen von verschiedenen NGOs folgten. Im Alternativbericht bemängelte das Netzwerk etwa die zurückhaltende Rolle des Bundes. «Föderalismus führt zu Willkür für Gefährdete und Gewaltbetroffene», so die Ansicht des Netzwerks. Wenn ein zu grosser Teil der Kompetenz den Kantonen überlassen werde, führe dies zu extrem unterschiedlichen Angeboten bezüglich Prävention, Opferschutz und gar bei der Strafverfolgung. Generell würden auf allen föderalen Stufen zu wenig finanzielle Mittel bereitgestellt. Nicht zuletzt forderte das Netzwerk einen stärkeren Einbezug der Zivilgesellschaft bei der Erarbeitung von Gesetzen, Massnahmen und Aktionsplänen. Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Erarbeitung der Gleichstellungsstrategie, die lediglich «unter minimalem Einbezug eines exklusiven Kreises an Akteur_innen erarbeitet» worden sei. Ferner betonte das breit gefächerte Netzwerk die Notwendigkeit, Massnahmen auf spezifische Gruppen abzustimmen, so unter anderem auf Menschen mit Behinderung, Personen mit Transidentität, Asylsuchende oder Kinder. In einem ausführlichen, in der SonntagsZeitung publizierten Artikel bekräftigte die Geschäftsführerin von Kinderschutz Schweiz, Regula Bernhard Hug, in letzterem Zusammenhang die Forderung nach verstärkter Unterstützung für sogenannte Zeugenkinder, also für Kinder, die miterleben, wie sich die Eltern oder Erziehungsberechtigten Gewalt antun.
Unter den zahlreichen im Alternativbericht geäusserten politischen Forderungen befanden sich auch solche, die zum gegebenen Zeitpunkt bereits im Parlament zur Diskussion standen, so etwa die Forderung zur Einführung der «Erst Ja heisst Ja»-Regel – auch diskutiert im Rahmen der hängigen Sexualstrafrechtsrevision –, Massnahmen zur Bekämpfung von Minderjährigenehen oder die Einführung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung. Zu ein paar weiteren, im Bericht ebenfalls enthaltenen Forderungen wurden nur wenig später ebenfalls Vorstösse lanciert, etwa zur Forderung nach nationalen Präventionskampagnen, nach Sicherung des Aufenthaltsstatus von ausländischen Opfern von häuslicher Gewalt oder derjenigen nach einem Verbot von Konversionshandlungen (Pa.Iv. 21.483; Pa.Iv. 21.496; Pa.Iv. 21.497).
Der Staatenbericht der Schweiz wird nun von einer unabhängigen internationalen Expertengruppe evaluiert, die daraufhin der Schweiz bis Ende 2022 Empfehlungen für weitere zu treffende Massnahmen abgeben wird.

Erster Staatenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention (2021)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Im Rahmen seiner Beratungen zum bundesrätlichen Bericht über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat in der Sommersession 2021 ein 2015 überwiesenes Postulat der SP-Fraktion zur Frage der medizinischen Versorgung bei häuslicher Gewalt ab, da der erforderliche Bericht zur Erfüllung des Postulats im Vorjahr erschienen war.

Prise en charge médicale des victimes de violences domestiques (Po. 14.4026)

Da im September 2020 der zur Erfüllung des Postulats erforderliche Bericht «Gewalt im Alter verhindern» erschienen war, schrieb der Nationalrat in der Sommersession 2021 das entsprechende Postulat aus der Feder von Ida Glanzmann-Hunkeler (mitte, LU) ab.

Prévenir la violence sur les personnes âgées (Po. 15.3945)

Im Rahmen der Beratungen zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat in der Sommersession 2021 ein Postulat Rickli (svp, ZH) als erfüllt ab, das einen Bericht über Massnahmen gegen die weibliche Genitalverstümmelung gefordert hatte. Ein entsprechender Bericht war im November 2020 erschienen.

Massnahmen gegen Mädchenbeschneidung (Po. 18.3551)

Mithilfe zweier identischer Motionen erinnerten die Nationalrätinnen Tamara Funiciello (sp, BE; Mo. 21.4551) und Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG; Mo. 21.4552) an die für die Schweiz mit der Ratifikation der Istanbul-Konvention einhergehende Verpflichtung zur Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen. Die Covid-19-Pandemie habe zu einer Verschärfung der Problematik häuslicher Gewalt beigetragen, betonten sie. Die Hemmschwelle, sich direkt bei er Polizei zu melden, sei für die Betroffenen oftmals zu hoch. Ein landesweites, kostenloses und rund um die Uhr erreichbares Betreuungsangebot, das in unterschiedlichen Sprachen und sensibilisiert auf unterschiedlichste Personen, neben Herkunft etwa auch in Bezug auf Alter und sexuelle Orientierung, angeboten werde, sei vonnöten. Der Bundesrat wies darauf hin, dass die Zuständigkeit für die Errichtung eines solchen Betreuungsangebots bei den Kantonen liege, weswegen deren Zustimmung einzuholen sei. Er beantragte die Annahme der Motionen und zeigte sich gewillt, die Kantone beim Aufbau eines solchen Angebots koordinierend zu unterstützen. Nachdem Andrea Geissbühler (svp, BE) die Motionen in der Frühjahrssession 2021 bekämpft hatte, befasste sich der Nationalrat in der Mai-Sondersession damit, wo er sie unter Opposition der SVP mit 125 respektive 127 zu 51 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) annahm.

Rund-um-die-Uhr-Beratung für von Gewalt betroffene Personen (Mo. 20.4451; Mo. 20.4452)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Mittels Motion wollte Philippe Nantermod (fdp, VS) erwirken, dass das Verwehren des Besuchsrechts eines nichtsorgeberechtigten Elternteils unter Strafe gestellt wird. Wenn der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung dem nichtsorgeberechtigten Elternteil verweigert, sein Kind zu besuchen, komme dies einer Verletzung der Kinderrechte und einer Misshandlung sowohl des Kindes als auch des nichtsorgeberechtigten Elternteils gleich, so der Motionär.
Der Bundesrat stellte sich in seiner ausführlichen Begründung ablehnend zum Begehren, wobei er auf Diskussionen im Rahmen der Revision der elterlichen Sorge zu Beginn der 2010er Jahre verwies. Im Vorentwurf dieses Revisionsprojektes sei eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches zwar vorgesehen gewesen, aufgrund der Vernehmlassungsantworten sei jedoch darauf verzichtet worden. Man habe befürchtet, dass Besuchsrechtskonflikte durch eine Strafandrohung noch verschärft würden und durch eine solche auch das Kind indirekt leide, weswegen der Bundesrat «die Schaffung neuer Straftatbestände nach wie vor nicht als adäquates Mittel» sehe.
Anders beurteilte dies der Nationalrat. In der Sondersession im Mai 2021 nahm er die Motion mit 100 zu 78 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Für Annahme sprachen sich die Fraktionen der SVP sowie der FDP.Liberalen und der GLP – letztere zwei jeweils mit einer abweichenden Stimme – sowie eine Minderheit der Mitte-Fraktion aus.

StGB. Vergehen gegen die Familie. Verweigerung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit Strafe bedrohen (Mo. 19.3597)

Ende November 2020 publizierte der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats Rickli (svp, ZH) einen Bericht über die Massnahmen gegen die weibliche Genitalverstümmelung. In diesem Bericht wird unter anderem hervorgehoben, dass es unklar sei, ob und in welchem Ausmass weibliche Genitalverstümmelung in der Schweiz stattfindet. Die Forderung nach einer diesbezüglichen Verschärfung des Strafrechts lehnte die Regierung ab. Während sie die Wichtigkeit des expliziten Straftatbestandes der weiblichen Genitalverstümmelung (Art. 124 StGB) aus dem Jahre 2012 hervorhob, betonte sie, dass ein erhöhtes Mass an strafrechtlicher Verfolgung gesundheitliche Konsequenzen für Betroffene mit sich ziehen könne. Denn diese nähmen unter Umständen aus Angst vor Strafen keine medizinische Versorgung in Anspruch. Des Weiteren verfüge die Schweiz bereits über eine hinreichende Strafverfolgung bei weiblicher Genitalverstümmelung, welche gar weiter gehe als bei anderen europäischen Migrationszielstaaten. Zudem betonte der Bundesrat, dass die weibliche Genitalverstümmelung oftmals eng an ein entsprechendes Wertesystem gekoppelt sei und deshalb eine Revision des Strafrechts alleine nicht zu einem Umdenken der Betroffenen führen könne.
Stattdessen empfahl er, sich vermehrt auf die Präventionsarbeit innerhalb betroffener Migrationsgruppen zu fokussieren. Dies sehe unter anderem die Sensibilisierung bestimmter Berufsgruppen vor, die mit potenziell bedrohten Frauen und Mädchen in Kontakt kommen, und verlange insbesondere nach interdisziplinärer Zusammenarbeit der Behörden. Des Weiteren sah der Bundesrat eine «bedarfsgerechte medizinische Versorgung der betroffenen Mädchen und Frauen» in Form von Folgebehandlungen nach einer Genitalverstümmelung vor.

Ende April 2021 beriet die RK-NR die Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043) zu Ende und befürwortete die Revision in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 7 Stimmen (1 Enthaltung). Während den Beratungen kam die Kommissionsmehrheit unter Kenntnisnahme des Berichts des Bundesrats zum Schluss, dass der bestehende Tatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung momentan keiner Veränderung bedarf.

Massnahmen gegen Mädchenbeschneidung (Po. 18.3551)

La socialiste Yvonne Feri avait déposé, en mars 2019, un postulat demandant au Conseil fédéral d'examiner les modalités d'une récolte de données exhaustives sur les violences faites aux enfants, afin de mieux les protéger. Ces données devraient être demandées aux cantons ainsi qu'aux organisations de protection de l'enfance. Le postulat a été accepté à 6 voix près, l'UDC, le PLR et une partie de membres du groupe du centre s'opposant au projet. Au final, 95 voix contre 89 et une abstention auront permis à un éventuel rapport de voir le jour.

Mieux protéger les enfants en optimisant la collecte des données disponibles sur les atteintes à leur bien-être (Po. 19.3119)

Der Bundesrat veröffentlichte im Dezember 2020 in Erfüllung des Postulats Ruiz (sp, VD) einen Bericht über illegale Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka. Unter anderem wurde die ZHAW im Rahmen des Postulats Ruiz damit beauftragt, eine historische Analyse und Aufarbeitung der Adoptionen aus Sri Lanka zwischen 1973 und 1997 durchzuführen. In diesem Zeitraum wurde rund 950 Kindern aus Sri Lanka eine Einreisebewilligung erteilt, während zwischen 1979 und 1997 881 Kinder mit sri-lankischer Staatsbürgerschaft in der Schweiz adoptiert wurden. 1981 kamen jedoch erste Zweifel an der Rechtmässigkeit dieser Adoptionen auf, als die Schweizer Botschaft in Colombo die Bundesbehörden mit sri-lankischen Zeitungsartikeln, die rund 90 Prozent der ausländischen Adoptionen als rechtswidrig einstuften, konfrontierte. Diese rechtswidrigen Praktiken umfassten unter anderem fehlende oder gefälschte Dokumente der adoptierten Kinder, die Kommerzialisierung von Adoptionen durch Vermittlungsstellen und die Ausbeutung armer Frauen in Sri Lanka. Diese Erkenntnisse führten jedoch nicht zu einem Stopp von Adoptionen aus Sri Lanka in die Schweiz; stattdessen wurden Weisungen erlassen und Bundesverordnungen revidiert.
Des Weiteren widmete sich der Bundesrat im Bericht der Herkunftssuche betroffener Personen. Hier bestehe weiterhin grosser Handlungsbedarf in der Schweiz, da sich die Suche nach der eigenen Herkunft im Falle von Adoptierten aus Sri Lanka oft als langwierig und kostspielig herausstelle. Insbesondere die Kooperation zwischen Schweizer und ausländischen Behörden sowie familiären Akteuren sei sehr komplex und liesse viele Herkunftssuchen scheitern. Als Gegenmassnahme werde fortan eine Arbeitsgruppe adoptierte Personen bei ihrer Herkunftssuche unterstützen. Zuletzt sprach sich der Bundesrat für eine konsequentere Politik zu internationalen Adoptionen in die Schweiz aus. Um künftig Umstände wie in den 1980er Jahren zu vermeiden, schlug der Bundesrat unter anderem eine Beschränkung der Herkunftsländer, aus denen Kinder adoptiert werden können, oder eine Revision des betreffenden Kapitels des IPRG vor. Des Weiteren solle eine Expertengruppe das Schweizer Adoptionssystem genauer untersuchen und auch allfällige Gesetzesreformen entwickeln.

Faire la lumière sur les adoptions illégales en Suisse dans les années 1980 d'enfants venant du Sri Lanka (Po. 17.4181)

Le Conseil national aurait dû adopter tacitement, en septembre 2020, un postulat de la députée fribourgeoise Christine Bulliard-Marbach (pdc, FR), qui demandait un rapport pour étudier les possibilités d'inscrire dans le code civil la protection des enfants contre la violence dans l'éducation. Le texte, soutenu par le Conseil fédéral, a été combattu par la députée UDC Monika Rüegger (udc, OW), qui estime que les enfants sont déjà suffisamment protégés par le droit existant et que la manière d'éduquer ses enfants ne doit pas être prescrite par une autorité étatique.
Après le débat devenu nécessaire lors de la session d'hiver, l'UDC est le seul parti à avoir refusé le postulat, qui a passé la rampe par 46 voix contre 134 et 3 abstentions.

Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung (Po. 20.3185)

En septembre 2020, le Conseil national a classé une motion qui demandait au Conseil fédéral d'élargir la protection des victimes de violences conjugales. Le texte proposait d'assurer une protection équivalente aux victimes, qu'elles soient ressortissantes ou non de l'Union européenne (levant ainsi la réserve émise à la Convention d'Istanbul), de faire en sorte que le recours à l'aide sociale ne permette plus de refuser le renouvellement de permis de séjour et enfin que les informations fournies par les services spécialisés dans les violences conjugales soient systématiquement prises en compte. Suite à l'élection de Lisa Mazzone au Conseil des Etats, sa collègue de parti Léonore Porchet a repris l'objet. Elle n'aura cependant pas l'occasion de le défendre en tribune, le Conseil n'ayant pas achevé l'examen dans le délai de deux ans, ce qui a conduit à son classement.

Gewalt in der Ehe. Aufenthaltsbewilligung zum Schutz der Opfer und im Sinne der Istanbul-Konvention (Mo. 18.4062)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

In der Herbstsession 2020 überwies der Nationalrat ein Postulat Roth (sp, SO), das den Bundesrat dazu aufforderte, einen Bericht über Gewalt an Menschen mit Behinderungen in der Schweiz zu erstellen. Die Postulantin berief sich dabei auf Studien aus umliegenden Ländern, die ergeben hätten, dass Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich häufig Opfer von (sexueller) Gewalt würden. Zudem sei die Schweiz aufgrund internationaler Verpflichtungen – namentlich durch die Ratifikation der UNO-Kinderrechtskonvention sowie im Rahmen der CEDAW – mehrfach aufgefordert worden, entsprechende Daten zu sammeln und Personen mit Behinderungen besser vor Gewalt zu schützen. Nachdem der Bundesrat die Annahme des Postulats beantragt hatte, nahm der Nationalrat den Vorstoss stillschweigend an.

Bericht über Gewalt an Menschen mit Behinderungen in der Schweiz (Po. 20.3886)

En septembre 2015, la députée PDC Ida Glanzmann-Hunkeler a déposé un postulat demandant au Conseil fédéral de produire un rapport exhaustif sur le phénomène des violences sur les personnes âgées.
Deux ans plus tard, le Conseil national a validé l'objet. C'est ainsi qu'en septembre 2020 est parue une recherche menée par la Haute École de travail social de Lucerne, qui explore les moyens de prévenir ces violences. Le concept est familier des sciences sociales depuis une trentaine d'années. Si on lui préfère parfois le terme de maltraitances, il est définit comme suit par l'OMS: «un acte isolé ou répété, ou l'absence d'intervention appropriée, qui se produit dans toute relation de confiance et cause un préjudice ou une détresse chez la personne âgée». Le phénomène restant plutôt méconnu, il est difficile de le quantifier. Une estimation avance le chiffre de 300'000 à 500'000 personnes âgées de plus de 60 ans victimes de maltraitance par année en Suisse. Les personnes âgées sont particulièrement fragilisées face à ces violences de par leur dépendance, vulnérabilité, parfois déficience et isolement. De plus, le personnel professionnel ainsi que les proches aidant-e-s qui les prennent en charge sont souvent débordé-e-s.
La prévention peut se faire par le biais de plusieurs outils, qui vont de la sensibilisation à l'intervention, en passant par la formation et la détection des risques. La Confédération et les cantons n'ont pas de stratégie spécifique au public des personnes âgées. Ce sont plutôt les organisations d'aide à la vieillesse, les établissements médico-sociaux et les institutions d'aide et de soins à domicile qui en ont développées.
Le rapport émet les recommandations suivantes: il n'est pas nécessaire de multiplier les mesures de prévention, mais plutôt de renforcer l'efficacité de celles déjà existantes, ainsi que de les adapter aux personnes âgées. Les bases législatives existantes sont suffisantes pour ce faire. La Conseil fédéral a pris la décision de charger le DFI de se concerter avec les cantons pour déterminer la nécessité d'un programme d'impulsion.

Prévenir la violence sur les personnes âgées (Po. 15.3945)

Les mesures prises face à la pandémie de coronavirus, et notamment la fermeture des structures d'accueil extrafamilial ont fait la part belle au débat sur le travail domestique relatif aux enfants dans la presse des mois d'avril et de mai.
Concernant les crèches, pas d'unité nationale ni pour les fermetures, ni pour le dédommagement des parents ou des structures. Une question dont le Parlement s'est d'ailleurs saisi, soulignant par exemple les différences de financement entre la Suisse-allemande et la Suisse romande. Plusieurs de ces structures se sont dites inquiètes de l'éventuel manque à gagner.
La question du genre et de l'inégalité qu'il crée en termes de prise en charge des enfants a été largement évoquée. Des parents révélaient être dépassés par l'ampleur des tâches que représentaient le télétravail en même temps que l'accompagnement des enfants dans leur travail scolaire ou leurs activités quotidiennes dans un contexte de semi-confinement. L'organisation féministe «Eidgenössische Kommission dini Mueter» a tiré la sonnette d'alarme dans une tribune publiée dans la WoZ: il incombe plus souvent aux femmes de prendre en charge les tâches de «care» au sein de la famille, de même qu'elles sont aussi fortement représentées dans les métiers de la santé et du soin. Plusieurs articles relataient des témoignages de pères ravis d'assister de manière plus intense au quotidien de leurs enfants, ayant ainsi l'occasion de les voir grandir, mais également se sentir soulagés de pouvoir retourner au travail.
La question de la vulnérabilité des enfants face au virus n'a pas toujours été claire. En début d'épidémie, Daniel Koch et Alain Berset avaient annoncé lors de conférences de presse que les enfants ne pouvaient être infectés, un verdict sur lequel ils sont revenus plus tard.
Les jeunes mères se sont retrouvées fragilisées pendant la période suivant la naissance de leur enfant, le suivi à domicile par les sage-femmes étant rendu plus difficile.
Enfin, pour les couples séparés se partageant la garde des enfants, la présence du virus et du risque d'infection ont parfois crispé les relations autour du droit de visite. Certains points de rencontre, ces lieux ou le parent qui n'a pas la garde de l'enfant et représentant un danger pour l'autre peut rencontrer son enfant sous surveillance des autorités, ayant été fermés.

Enfants et corona

Die Stilllegung des öffentlichen Lebens und die Quarantänemassnahmen aufgrund des Coronavirus reduzierten zwar die Ansteckungsgefahr, führten allerdings auch zu Unbehagen in der Bevölkerung. Die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt könnte zunehmen, griffen die Medien bereits früh die Befürchtungen «fast alle[r] Fachleute» (NZZ) auf. Nach den ersten Lockerungen des Lockdowns Ende April und Mitte Mai gaben aber Fachstellen und Polizei Entwarnung: Es sei trotz der angespannten Situation in den ersten Wochen der Krise kein Anstieg verzeichnet worden. Wie hingegen etwa die WoZ hervorhob, blieb dieser vielleicht unentdeckt oder würde aufgrund des Lockdowns erst nachträglich festgestellt werden können.

Die Sorgen waren womöglich nicht unberechtigt, denn auch Erich Seifritz, Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich, äusserte gegenüber der Sonntagszeitung im März Bedenken. Freilich konnte der verordnete Hausarrest für den familiären Zusammenhalt förderlich sein, gleichzeitig drohe dieser aber in einigen Haushalten zur sozialen Herausforderung zu werden. Isolation, so Seifritz, könne nicht nur Angst, sondern auch Wut, Aggressionen oder Verzweiflung auslösen. Insbesondere in Partnerschaften und Familien, welche bereits zuvor von häuslicher Gewalt betroffen waren, wurde daher eine Zunahme der Tätlichkeiten vermutet. Intensiviert wurden die Befürchtungen laut «Le Temps» auch wegen Berichten in chinesischen Tageszeitungen, wo die erste Viruswelle im März bereits am Abklingen war: In China stiegen demnach während dem Lockdown die Scheidungsrate ebenso wie die Anzahl gemeldeter Fälle von Gewalt in den eigenen vier Wänden. Soziale Institutionen und Anlaufstellen bereiteten sich aufgrund dieser Indizien auch hierzulande auf einen grösseren Handlungsbedarf vor.
Nicht zuletzt waren es die Kinder, welche Verantwortliche von Anlaufstellen gemäss Tages Anzeiger als besonders gefährdet ansahen: Da die Schulen geschlossen wurden, so die Zeitung, konnten diese Verdachtsfälle nicht melden und auch andere Kontrollinstanzen wie Freunde, Verwandte oder Sportvereine fielen weg, weshalb man davon ausging, dass dadurch mehr Taten unbemerkt ablaufen würden. Als Beispiel wurde die Kesb der Basel-Stadt aufgeführt, welche in den ersten drei Wochen des Lockdowns wöchentlich nur eine Meldung anstelle der üblichen fünfzehn verzeichnete.

Als auch bis zu den ersten Lockerungen der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus Ende April kein Anstieg verzeichnet wurde, befürchteten auch Bund und Kantone, dass sich Opfer aufgrund der eingeschränkten Bewegungsfreiheiten möglicherweise nicht meldeten oder melden konnten. Die daraufhin vom Bund lancierte Plakat- und Flyeraktion, welche darüber aufklärte, wo Betroffene schnelle Hilfe finden können, wurde von der Menschenrechtsorganisation «Terre des Femmes» zwar begrüsst, kam aber dieser zufolge sehr spät: Eine Sensibilisierung hätte vor dem Lockdown stattfinden müssen, damit Betroffene wirklich davon hätten profitieren können, so die NGO.

Angst vor Zunahme häuslicher Gewalt

En novembre 2014, le groupe socialiste avait déposé un postulat demandant au Conseil fédéral de faire la lumière sur la prise en charge médicale des victimes de violences domestiques dans les cantons. A l'origine de cette demande, le constat que les mesures diffèrent énormément selon les cantons, notamment pour ce qui est de la prise en compte de ces violences comme enjeu de santé publique. La récente Unité de médecine des violences (UMV) au sein du Centre hospitalier universitaire vaudois dans le canton de Vaud avait été citée comme exemple de bonne pratique. Son approche intégrative et pluridisciplinaire permet une importante prise en charge des victimes grâce à plusieurs mécanismes, comme par exemple la réalisation systématique de constats médicaux de coups et blessures, ainsi qu'une solide formation pour tous les acteurs concernés, à savoir dans la santé, la police, la justice et le social. Le postulat proposait également la nécessité de créer une base légale dans la LAVI qui permettrait une harmonisation dans le sens des meilleures pratiques.

Le rapport, publié en mars 2020, présente un état des lieux des concepts cantonaux et cite également le CHUV, ainsi que l'hôpital de l'Île à Berne, comme de bons élèves. Les recommandations du Conseil fédéral à la fin du rapport ne vont cependant pas aussi loin que l'aurait souhaité le groupe socialiste. Les sept sages soulignent les dispositions légales existantes, les estimant suffisantes, notamment en ce qui concerne la formation. Ils chargeront le DFJP de réfléchir à la manière dont les coûts liés à l'élaboration de constats médicaux utilisables face à la justice pourraient être intégrés dans leurs recommandations. Ils se disent également disposés à examiner l'opportunité d'inscrire un mandat d'information et de sensibilisation à l'attention des autorités concernant l'aide aux victimes dans une révision future de la LAVI. Les compétences de la prise en charge médicale des victimes de violences domestiques restent cependant au niveau des cantons et ne nécessitent pour le Conseil fédéral pas de régler la matière dans la LAVI.

Prise en charge médicale des victimes de violences domestiques (Po. 14.4026)

En mars 2020, la députée Céline Amaudruz (udc, GE) a défendu deux initiatives parlementaires au contenu semblable. Ces deux textes visent à lutter contre l'augmentation des violences envers les femmes. Selon la conseillère nationale, cette augmentation est imputable à deux phénomènes: premièrement le planétaire mouvement #metoo, qui a permis à de nombreuses femmes de briser la loi du silence et de dénoncer les agressions sexuelles dont elles ont été victimes; deuxièmement, l'arrivée en Suisse de nombreux hommes immigrés. Selon Céline Amaudruz, «le mode vestimentaire occidental emprunté par les femmes est perçu à tort par certains migrants comme un consentement présumé à toutes leurs avances», le refus de ces avances entraînerait alors des violences contre les femmes. La solution proposée par la députée consiste à relever les maximums légaux des peines prévues pour les infractions dont sont victimes les femmes en raison de leur appartenance au sexe féminin (initiative parlementaire 18.453) ainsi que d'augmenter les peines minimales (initiative parlementaire 18.454). Les agents et agentes des services d'urgence de l'Etat (police, pompiers, sécurité, etc.) étant eux et elles aussi victimes de l'augmentation des violences selon Céline Amaudruz, elle propose qu'ils soient protégés par les deux modifications du code pénal, au même titre que les femmes.
Les objets ont été traités en catégorie V, ce qui veut dire que la procédure s'est faite sans débat, par écrit, au grand regret de la députée UDC. La CAJ-CN s'était prononcée par 16 voix contre 4 et 4 abstentions défavorablement sur les deux initiatives, jugeant que les principes de proportionnalité et d'égalité devant la loi, inscrits dans la Constitution, ne pourraient pas être respectés en cas d'acceptation de l'initiative. Les seules voix en faveur des initiatives provenaient de l'UDC, qui n'a pourtant pas voté unanimement, deux, respectivement trois députés s'y étant opposés. Les deux initiatives ont ainsi été refusées par 141 voix contre 50 et par 144 voix contre 49.

Violence à l'égard des femmes et des agents de police cantonale ou communale en fonction. Circonstances aggravantes

Lors de la session de printemps 2020, le Conseil national a débattu de l'initiative Mazzone (verts, GE) «Art. 116 LEtr. En finir avec le délit de solidarité», reprise par Katharina Prelicz-Huber (pes, ZH), ainsi que de la pétition du groupe St-François, qui visait les mêmes objectifs. Prelicz-Huber a ouvert le débat, en rappelant que la LEtr comportait jusqu'en 2008 une mention des motifs honorables, annulant la peine le cas échéant. Elle a ensuite rappelé que les véritables cibles de cet article étaient les passeurs, au contraire des personnes agissant par amour du prochain, qu'elle estime être une valeur importante du système de pensée chrétien dont beaucoup de Suisses se réclament. La verte zurichoise a ensuite affirmé que l'immigration en Suisse était pratiquement impossible pour les personnes venant de l'extérieur de l'Europe, ce qui rend leur situation très vite illégale. Enfin, elle a rappelé que le Palais fédéral comportait depuis 2018 une salle Carl Lutz, en l'honneur du diplomate suisse qui, pendant la deuxième guerre mondiale avait enfreint la loi pour sauver la vie de dizaines de milliers de personnes juives. Samira Marti (ps, BL), qui représentait la minorité en faveur de l'initiative a repris les mêmes arguments et évoqué trois personnes récemment condamnées pour délit de solidarité: Norbert Valley, Anni Lanz et Lisa Bosia. Gerhard Pfister (pdc, ZG) et Jean-Luc Addor (udc, VS) ont présenté la position de la majorité de la commission. Ils ont précisé qu'une telle modification de l'article ne serait pas pertinente en Suisse, puisqu'aucun pays limitrophe ne représente de danger pour les personnes exilées. Ils ont les deux estimés que l'allusion à Carl Lutz n'avait pas de lien avec la situation actuelle, selon eux très différente de la deuxième guerre mondiale. L'initiative a finalement été rejetée par 102 voix contre 89 et une abstention. Les groupes socialiste et vert ont voté à l'unanimité en faveur de l'initiative. Le groupe vert'libéral affichait 12 voix pour, une contre et une abstention. Cinq membres du groupe du centre ont plébiscité le texte, ainsi que deux libéraux-radicaux et un membre de l'UDC, le reste de leurs partis s'y est opposé.

Article 116 LEtr. En finir avec le délit de solidarité
Dossier: Kriminalisierung der Solidarität

Rétrospective annuelle 2019: Groupes sociaux

2019 a-t-elle été une année féministe? La rue et le Parlement fournissent des réponses différentes. Près d'un demi million de femmes* et alliés ont battu le pavé lors de la grève féministe et des femmes* du 14 juin. Lancée par l'Union syndicale suisse (USS), la grève de 2019 s'est distinguée de celle de 1991 sur plusieurs points. Premièrement, les revendications étaient plus intersectionnelles, intégrant notamment les thématiques de genre, de sexualité, de racisme et dénonçant de manière plus radicale le patriarcat. De plus, de nombreux groupes de la société civile se sont approprié la grève, et ont ainsi lancé une dynamique vouée à durer, comme en témoignent la hausse de fréquentation de la marche contre les violences faites aux femmes ou la reprise de la flash mob «un violador en tu camino» en soutien aux femmes chiliennes luttant contre les violences sexuelles. Enfin, selon certains commentaires, la grève ne serait pas étrangère au nombre record de femmes élues sous la coupole à l'automne 2019.
Il est encore trop tôt pour dire si la nouvelle mouture du Parlement portera plus haut les revendications féministes. En considérant la fin de la précédente législature, force est de constater que le Parlement n'a pas été porté par le même engouement que les femmes* dans les rues. L'initiative cantonale genevoise visant à donner aux cantons les moyens de réaliser l'égalité entre femmes et hommes a été refusée au Conseil des États, tout comme la création d'une commission indépendante chargée de réaliser l'égalité salariale. La polémique causée par la présence d'un bébé dans les bras de sa mère, députée au Grand Conseil de Bâle-Ville a révélé la difficulté pour le Parlement fédéral de prendre en compte ces réalités sociales, notamment en refusant de mettre en place un système de remplacement pour les parlementaires nouvellement mamans.
La taxe rose, en revanche, a été quelque peu mise à mal par la baisse de la TVA sur les protections menstruelles. Le Conseil national a accepté unanimement un postulat Graf (verts, BL; Po. 19.3618), demandant la rédaction d'un rapport sur les féminicides dans le contexte domestique en Suisse. Pour rappel, selon les chiffres actuels, une femme meurt en moyenne toutes les deux semaines suite à des violences domestiques. En 2018, on dénombrait 51 femmes ayant survécu à une tentative de féminicide, soit une toutes les semaines.
Un rapport commandé par Yvonne Feri (ps, AG; Po. 16.3407) sur la situation des femmes en exil rend compte d'un état de faits également préoccupant. Selon le centre suisse de compétence pour les droits humains, les prescriptions du droit international ne sont pas respectées en matière de soutien médical, psychologique ou psychiatrique, psychosocial, juridique et matériel. Des lacunes dans l'identification des victimes de violence ou d'exploitations sexuelles en sont la cause, ainsi que le manque d'accès aux offres spécialisées de l'aide aux victimes. Des améliorations sont également nécessaires dans les domaines de l'hébergement, de l'encadrement et de l'accès à la santé pour les femmes demandant l'asile ou réfugiées.

L'initiative populaire pour un congé paternité raisonnable, qui exigeait quatre semaines pour les nouveaux pères, a été retirée au profit du contre-projet indirect, qui en propose deux. Le Conseil national a classé au printemps une initiative parlementaire Romano (pdc, TI; Iv.pa. 10.322) qui demandait un congé payé de deux semaines en cas d'adoption d'un enfant. De même, les parents d'enfants gravement malades ne bénéficieront pas d'un congé rémunéré.
La loi sur les allocations familiales (LAFam) a été modifiée. Désormais, l'allocation sera versée dès le début de la formation des enfants, les mères seules au chômage pourront également toucher des allocations familiales et une base légale existe pour l'allocation par la Confédération d'aides financières aux organisations familiales.

Un référendum a été déposé contre l'initiative Reynard visant à punir pénalement les propos homophobes. La population se prononcera à ce sujet en février 2020.

Du côté de la politique migratoire, l'UDC et l'ASIN ont lancé en juin une nouvelle initiative «pour une immigration modérée (initiative de limitation)» qui vise l'abolition de l'accord sur la libre-circulation des personnes (ALCP). Le Conseil fédéral et le Parlement recommandent de la rejeter, sans y opposer de contre-projet.
L'intégration s'est retrouvée au cœur de plusieurs débats, notamment sur la question des coûts qu'elle engendre, des moyens à mettre en place pour éviter la fuite des cerveaux et la pertinence de la création de places de stage pour les jeunes ressortissant de pays en voie de démocratisation. L'UDC a quant à elle défendu deux projets: plafonner l'aide sociale pour les étrangers et étrangères, ainsi qu'appliquer l'initiative sur le renvoi de personnes criminelles aussi aux ressortissant-e-s de l'UE. Les deux ont été rejetés.

En comparaison avec les années précédentes, la politique d'asile a occupé une place plus restreinte dans les débats de l'Assemblée fédérale. La question des requérant-e-s d'asile provenant d'Erythrée n'a été l'objet que d'une motion Müller (plr, LU; Mo. 18.3409) qui proposait «une politique d'asile équitable envers les demandeurs d'asile érythréens», à savoir lever le plus d'admissions provisoires qu'il est possible. Elle a été acceptée à une confortable majorité dans les deux chambres. Il a également été question de la détention administrative de personnes mineures. Une initiative parlementaire Mazzone (verts, GE; Iv.pa. 17.486) ainsi qu'une initiative cantonale genevoise (Iv.ct. 18.321) demandaient de mettre fin à cette pratique. La première a été refusée et liquidée, le Conseil national doit encore se prononcer sur la seconde.
Le centre pour requérants d'asile récalcitrants des Verrières (NE) a été fermé, faute de pensionnaires. Une initiative parlementaire UDC demandait un retour à l'ancienne mouture du droit d'asile, qui permettait de décréter plus facilement que des requérant-e-s étaient récalcitrants; elle a été refusée par tous les autres partis. Deux autres centres d'asile, à Bâle-Campagne et Berne, ont également été fermés.
Les discussions sur le statut d'admission provisoire se sont également poursuivies, notamment avec l'initiative parlementaire de l'UDC entendant mettre fin temporairement au regroupement familial pour les personnes détenant ce type de permis, à laquelle le Conseil national a refusé de donner suite.
Une motion socialiste qui demandait la mise en place de corridors légaux et sécurisés pour demander l'asile, afin d'éviter les morts en Méditerranée, a été refusée par le Conseil national.
Enfin, une pétition de Solidarité sans Frontières et Amnesty Suisse accompagnant l'initiative parlementaire Mazzone souhaitant mettre fin au délit de solidarité a été déposée à la chancellerie fédérale en décembre. L'initiative sera discutée au Parlement en 2020.

Du côté de la politique du handicap, un postulat identique a été déposé quatre fois, par une députée verte et trois députés, socialiste et PDC, pour obtenir une reconnaissance juridique des langues des signes suisses et des mesures concrètes de mise en œuvre pour une pleine participation des personnes sourdes et malentendantes. Le Conseil national l'a adopté en septembre 2019.

Rétrospective annuelle 2019: Groupes sociaux
Dossier: Jahresrückblick 2019

Depuis quelques années, le délit de solidarité fait parler de lui dans le domaine de l'asile et des personnes exilées. Les procès de Cédric Herrou et Pierre-Alain Mannoni en France, Pia Klemp, Carola Rackete et Claus-Peter Reisch en Allemagne ont soulevé le débat sur la légitimité des lois face à des situations de détresse. En Suisse aussi, la question s'est posée. En 2017 déjà, la députée au parlement tessinois Lisa Bosia Mirra était condamnée pour avoir aidé de jeunes demandeurs d'asile mineurs à passer la frontière entre l'Italie et la Suisse. Bastien, Théo et Eleonora, dits les 3 de Briançon, ont été jugé-e-s en 2018 pour des faits similaires, de même que le pasteur Norbert Valley, qui hébergeait un homme sans-papiers togolais. La doyenne de ces désobéissant-e-s, Anni Lanz, a fait appel en août 2019 contre sa condamnation à 800 francs d'amende, pour avoir ramené en Suisse un requérant d'asile afghan débouté, qui souffrait de stress post-traumatique et dont la sœur vit en Suisse. Le juge cantonal s'est montré inflexible, estimant que la militante de 73 ans aurait pu trouver une autre solution pour venir en aide à son ami.
Si ces situations sont les plus médiatisées, elles ne sont pourtant pas isolées. Lors de l'année 2017 en Suisse, 1175 personnes ont été condamnées pour incitation au séjour illégal, selon la WOZ. Une grande partie d'entre-elles auraient agi pour des motifs humanitaires.
L'initiative parlementaire Mazzone (verts, GE), ainsi que la pétition qui la soutient, visent la suppression du délit de solidarité en Suisse.

Délit de solidarité
Dossier: Kriminalisierung der Solidarität