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In der Wintersession 2022 stimmte der Nationalrat erstmals über eine parlamentarische Initiative Kessler (glp, SG) ab, welche eine Übertragung des Mutterschaftsurlaubs auf hinterbliebene Väter vorsieht, sollte die Mutter während des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs versterben. Im Vorfeld hatte die SGK-NR einen Entwurf in die Vernehmlassung geschickt, der forderte, dass nach dem Ableben der Mutter oder des Vaters unmittelbar nach der Geburt eines Kindes der Elternurlaub des verstorbenen Elternteils dem verbleibenden Elternteil zusätzlich zum bereits bestehenden Urlaub gewährt werden solle. In der Vernehmlassung wurde die Übertragung des Vaterschaftsurlaubs auf die Mutter von den Kantonen Nidwalden und St. Gallen lediglich unter Vorbehalt akzeptiert, unter anderem da die Regelung solcher Einzelfälle mehrheitlich den Sozialpartnern überlassen sein sollte. Bei der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, darunter 22 Kantone, alle stellungnehmenden Parteien oder etwa die FER und der SGB, stiess der ursprüngliche Entwurf im Grunde jedoch auf Anklang. Mit dem SAV und dem SGV lehnten zwei Sozialpartner den Entwurf gänzlich ab, ebenso wie der Kanton Thurgau. Bei der Ausgestaltung der Urlaube zeigten sich die Vernehmlassungsteilnehmenden gespalten. So sprachen sich sowohl die Kantone Appenzell-Innerrhoden, Glarus, Schaffhausen und Uri als auch die SVP und GastroSuisse gegen die Kumulation des Mutter- und Vaterschaftsurlaubs im Todesfall der Mutter oder des anderen Elternteils aus. Die Kantone Graubünden und Zug sowie die FDP sahen lediglich bei der Übertragung des Vaterschaftsurlaubs auf die hinterbliebene Mutter vom Mehrheitsantrag der SGK-NR ab. Der Kanton Aargau dagegen stellte sich gegen eine Kumulation von Mutter- und Vaterschaftsurlaub im Falle des Ablebens der Mutter. Die Mehrheit der SGK-NR entschied sich in Anbetracht der Ergebnisse der Vernehmlassung mit 17 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) dazu, auf den Anspruch auf einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub bei Ableben des Vaters zu verzichten und lediglich beim Tod der Mutter dem verbliebenen Elternteil den 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub zu gewähren.

Über die nachträgliche Änderung am Entwurf nicht erfreut zeigten sich im Nationalrat zwei Minderheiten: Der erste Minderheitsantrag Mettler (glp, BE) forderte eine Berufung auf die ursprüngliche Vernehmlassungsvorlage und zielte somit darauf ab, den Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub zu bewahren. Des Weiteren solle bei Ableben der Mutter der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub nicht gänzlich erlöschen, sondern mit dem übertragenen Mutterschaftsurlaub kumuliert werden. Noch weiter ging der Minderheitsantrag Flavia Wasserfallen (sp, BE), welcher forderte, dass der hinterbliebene Elternteil – egal ob Vater oder Mutter – insgesamt 20 Wochen Elternurlaub erhalten solle. Der Bundesrat beantragte dem Nationalrat, dem Minderheitsantrag Mettler Folge zu leisten, da dieser die Forderungen der parlamentarischen Initiative am besten zur Geltung bringe. Dieser erste Minderheitsantrag konnte sich gegenüber dem Mehrheitsantrag mit 112 zu 76 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) behaupten, wobei sich lediglich die geschlossenen SVP- und FDP-Fraktionen für den Vorschlag der Kommissionsmehrheit aussprachen. Auch bei der Gegenüberstellung der Minderheitsanträge Mettler und Flavia Wasserfallen nahm der Nationalrat mit 122 zu 69 (bei 2 Enthaltungen) ersteren an, während der Minderheitsantrag Flavia Wasserfallen lediglich auf die Unterstützung der geschlossenen SP- und Grünen-Fraktionen zählen konnte. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer den so abgeänderten Entwurf auf Antrag des Bundesrats mit 171 zu 1 Stimme (bei 20 Enthaltungen) an.

Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter (Pa.Iv. 15.434)

Eine von Ständerätin Herzog (sp, BS) eingereichte Motion forderte eine Vereinheitlichung der EO-Entschädigungen bei Militärdienst und Mutterschaft. Insbesondere sah der Vorstoss identische maximale Tagessätze beim Militärdienst und Mutterschaft vor. Heutzutage sieht die Mutterschaftsentschädigung einen Höchstsatz von 196 Franken pro Tag vor, während der maximale EO-Tagessatz bei Militärangehörigen 245 Franken beträgt. Da ausschliesslich Frauen Mutterschaftsentschädigung bezögen, liege eine grundlegende Ungleichbehandlung der Geschlechter vor. Für die Änderung der EO-Entschädigungen sah die Motionärin zwei Varianten vor: Bei der ersten Variante sollten bei gleichem Höchsttagessatz für Mutterschaft und Militärdienst die Gesamtkosten dem heutigen Wert entsprechen. Der grosse Kostenanstieg bei einer allfälligen Angleichung der EO-Entschädigungen war unter anderem ausschlaggebend beim Scheitern einer ähnlichen Vorlage im Ständerat gewesen. Deshalb solle der Bundesrat einen zukünftigen EO-Höchsttagessatz zwischen 196 und 245 Franken ermitteln, welcher ähnliche Folgekosten wie heutzutage zur Folge hätte. Als zweite Variante schlug die Motionärin wiederum eine Angleichung des Höchstsatzes bei Mutterschaft an den des Militärdiensts an. Der Bundesrat beantragte die Motion zur Ablehnung, obschon er hervorhob, dass nicht alle Leistungsempfangenden unter der EO gleichbehandelt würden und dass die EO in naher Zukunft geprüft werden müsse. Trotzdem empfand der Bundesrat den Vorstoss als «zu restriktiv formuliert», da die Motion weitere Beiträge, wie etwa Kinderzulagen, aussen vor lasse. Diesem Argument entgegnete die Motionärin in der parlamentarischen Debatte, dass unter anderem der auszuzahlende Betrag noch relativ frei bestimmt werden könne und der Fokus der Motion lediglich auf der Gleichstellung zwischen Mann und Frau liege. Der Ständerat nahm in der Wintersession 2022 die Motion knapp mit 20 zu 17 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an.

EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft (Mo. 22.4019)

Nachdem die SGK-SR die Motion Baume-Schneider (sp, JU) mit der Forderung nach Einführung eines dreiwöchigen vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaubs vorberaten hatte, kam sie mehrheitlich zum Schluss, dass ein solcher nicht eingeführt werden solle. Bereits heute bestehe die Möglichkeit, dass sich schwangere Frauen vor der Geburt krank schreiben liessen. Die Einführung eines dreiwöchigen vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaubs würde die Erwerbsersatzordnung mit untragbaren Kosten belasten, wurde argumentiert. Eine Kommissionsminderheit, die sich für Annahme der Motion einsetzte, bedauerte, dass die Schwangerschaft damit wie eine Krankheit behandelt werde. In ihren Augen bedeutete der vorgeschlagene vorgeburtliche Urlaub einen Schutz, damit sich die Frauen «in Ruhe auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten» können. Nach Kenntnisnahme des Kommissionsberichts folgte der Ständerat mit 26 zu 12 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und schickte den Vorstoss damit bachab.

Mutterschutz vor der Niederkunft (Mo. 21.3283)

Nationalrätin Margret Kiener Nellen (sp, BE) sah in den unterschiedlichen Höchstbeträgen der EO-Entschädigungen bei Militärdienst und Mutterschaft – derjenige bei Mutterschaft beläuft sich auf CHF 196 pro Tag, während der Höchstbetrag der Gesamtentschädigung bei Militärdienst CHF 245 betragen kann – eine «grobe und nicht zu rechtfertigende Ungleichheit» und somit eine Verletzung des Gleichstellungsartikels. 2019 hatte sich der Bundesrat gegen die Motion Kiener Nellen ausgesprochen, die diesen Umstand beheben wollte. Er hatte dabei auf andere laufende Gesetzgebungsvorhaben «zugunsten der Mütter und Familien» verwiesen, die bereits Mehrausgaben für die EO mit sich bringen würden – namentlich die Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (Pa.Iv. 18.092), die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung (BRG 19.027), den indirekten Gegenvorschlag zur Vaterschaftsurlaubs-Initiative (Pa.Iv. 18.441) sowie die Einführung eines Adoptionsurlaubs (Pa.Iv. 13.478). Zusätzliche Ausbauprojekte könnten den Erfolg dieser Vorhaben beeinträchtigen, so der Bundesrat. Entgegen der Meinung des Bundesrates hatte der Nationalrat der Motion in der Frühjahrssession 2021 mit deutlichen 132 zu 52 Stimmen bei sieben Enthaltungen unter Opposition der gesamten SVP-Fraktion diskussionslos zugestimmt.
Im März 2022 empfahl eine knappe Kommissionsmehrheit dem Ständerat ebenfalls, der Motion zuzustimmen. Sie erachtete die Ungleichbehandlung, die darauf beruht, dass die EO für Mütter im Unterschied zu Militärdienstleistenden keine Kinderzulage, keine Betreuungszulage sowie im Falle einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch keine Betriebszulage vorsieht, als «nicht mehr zeitgemäss». Die Kommissionsminderheit brachte hingegen als Gründe für ihre ablehnende Empfehlung vor, dass Betreuungszulagen in diesem Falle nicht notwendig seien, da sich die Mütter während des Mutterschaftsurlaubs ja selber um die Kinder kümmern könnten, und dass Mutterschaft – im Gegensatz zum Militärdienst – nicht obligatorisch sei. Mit Stichentscheid des Präsidenten Thomas Hefti (fdp, GL) folgte der Ständerat in der Sommersession 2022 der Kommissionsminderheit und lehnte die Motion Kiener Nellen denkbar knapp ab. Hingegen befürwortete er gleichzeitig eine Motion Marti (sp, ZH; Mo. 19.4110), mit der eine Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden eingeführt werden soll. Diesen Willen hatte der Ständerat bereits in der Wintersession 2019 kundgetan, als er eine gleichlautende Motion Maury Pasquier (sp, GE; Mo.19.4270) befürwortet hatte.

EO-Entschädigungen. Militärdienst und Mutterschaft gleich entschädigen (Mo. 19.3373)

In der Sommersession 2022 stimmte der Ständerat stillschweigend einer Motion Marti (sp, ZH) zu, die eine Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbständigerwerbenden einführen will. Durch die Betriebszulage für Selbständigerwerbende bei Mutterschaft analog der Betriebszulage bei Militärdienstleistenden soll eine Ungleichbehandlung der Geschlechter behoben werden, die gemäss Kommissionssprecherin Häberli-Koller (mitte, TG) das Resultat eines historischen Kompromisses ist, der nicht mehr zeitgemäss sei. Damit wird es auch selbständig erwerbstätigen Frauen in Zukunft möglich sein, einen Teil der laufenden Betriebskosten während des Mutterschaftsurlaubs zu decken. Seinen Willen zur Einführung einer solchen Betriebszulage hatte der Ständerat bereits im Jahr 2019 durch Annahme einer Motion Maury Pasquier (sp, GE; Mo. 19.4270) bekundet. Die Arbeiten zur Umsetzung dieses Anliegens seien übrigens bereits angelaufen, versicherte Kommissionsmitglied Hannes Germann (svp, SH) im Rat.

Zeitgleich lehnte der Ständerat mit Stichentscheid des Präsidenten eine Motion Kiener Nellen (sp, BE; Mo. 19.3373) ab, die den gleichen Höchstbetrag der EO-Gesamtentschädigung bei Mutterschaft und Militärdienst forderte. Somit blieb ein Teil des historischen Kompromisses, nämlich die Ungleichbehandlung von Dienstleistenden und Müttern bei den EO-Entschädigungen bestehen: Die Kinderzulage und die Kinderbetreuungszulage werden nach wie vor ausschliesslich an Militärdienstleistende entrichtet.

Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden

Aufgrund der damals noch hängigen Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub» und der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Frage eines allfälligen Gegenvorschlags beantragte die SGK-NR ihrem Rat im August 2018, die Beratungen zur parlamentarischen Initiative Kessler (glp, SG), die den Mutterschaftsurlaub auf hinterbliebene Väter übertragen wollte, bis zum Ende der Beratungen der genannten Geschäfte zu sistieren. Der Nationalrat stimmte diesem Antrag in der Herbstsession 2018 mit 137 zu 44 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) zu und bewilligte mit ähnlichem Stimmenverhältnis eine erneute Fristverlängerung in der Frühjahrssession 2021. In letzterer Session lag dem Rat zusätzlich ein von SVP-Vertreterinnen und -Vertretern gestützter Minderheitsantrag vor, der die parlamentarische Initiative aufgrund der unterdessen erfolgten Annahme des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs an der Urne abschreiben wollte.

Die SGK-NR, die mehrheitlich zum Schluss gekommen war, dass das Geschäft trotz Einführung des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs noch nicht erfüllt sei, beschloss im November 2021 die Eckwerte ihres Vorentwurfs. Dieser sah einen 14-wöchigen Vaterschaftsurlaub für Väter für den Fall vor, dass die Mutter des Kindes innerhalb des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs verstirbt. Umgekehrt sollen auch der Mutter zwei zusätzliche Urlaubswochen gutgeschrieben werden, sollte der Tod des Vaters in der Rahmenfrist des Vaterschaftsurlaubs eintreten. Der Vorentwurf soll im Februar 2022 in die Vernehmlassung geschickt werden.

Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter (Pa.Iv. 15.434)

Ein im Jahr 2018 in Erfüllung eines Postulats Maury Pasquier (sp, GE) erschienener Bericht motivierte Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) zur Lancierung einer Motion, mit welcher sie die Einführung eines dreiwöchigen, vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaubs forderte. Ebenso wie der bestehende Mutterschaftsurlaub nach der Niederkunft soll dieser über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden. Die zur Erstellung des Berichts durchgeführte Umfrage bei rund 3'000 zufällig ausgewählten Frauen habe ergeben, dass nur jede sechste Frau bis zum Geburtstermin arbeite. «Die Erwartung, dass Frauen bis zur Geburt arbeiten sollen, ist gesundheitlich nicht sinnvoll und in der Realität kaum möglich», so die Begründung der jurassischen SP-Nationalrätin weiter. Sie betonte nicht zuletzt auch, dass das Fehlen eines vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaubs die Schweiz zu einem europäischen Sonderfall mache.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er sah keinen Handlungsbedarf; im Regelfall würden die vorgeburtlichen Arbeitsausfälle durch den Arbeitgebenden bereits ausreichend gedeckt. Bei «[a]llenfalls bestehende[n] Kollektivtaggeldversicherungen» würden dem Arbeitgebenden jeweils auch 80 Prozent oder mehr der Kosten zurückerstattet. Der Anteil an schwangeren Frauen, die wegen vorgeburtlicher Absenzen keinen Lohn erhielten, bewege sich gemäss Studie lediglich im einstelligen Prozentbereich. Im Falle der Annahme der Motion würden die zusätzlichen Kosten für die EO in der Höhe von CHF 200 Mio. eine Erhöhung des Beitragssatzes nach sich ziehen; mit der Einführung des Vaterschaftsurlaubs sei dieser jedoch bereits auf das gesetzliche Maximum erhöht worden.
Auf einen Ordnungsantrag Bauer (fdp, NE) hin beschloss der Ständerat in der Sommersession, die Motion seiner SGK-SR zur Vorberatung zuzuweisen. Der Neuenburger Ständerat hatte darauf hingewiesen, dass diese Problematik insbesondere Grenzregionen betreffe.

Mutterschutz vor der Niederkunft (Mo. 21.3283)

In der Wintersession 2020 ging die Beratung zum Entwurf für eine Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen im Ständerat in die Differenzbereinigung. Diese fiel denkbar kurz aus, da der Ständerat stillschweigend seiner SGK-SR folgte, die vorgängig einstimmig die Empfehlung beschlossen hatte, dem Nationalrat in den beiden Differenzen zuzustimmen. Kommissionssprecherin Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) erachtete es als «massvoll und zumutbar», dass die Frau zur Verlängerung ihrer Mutterschaftsentschädigung bei Niederkunft den Nachweis für die Absicht zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach dem Mutterschaftsurlaub zu erbringen habe, denn schliesslich handle es sich ja im vorliegenden Fall primär um eine Erwerbsausfallentschädigung. Die Kommission habe ihre anfängliche Skepsis gegenüber dem Nachweis bei der Erstberatung des Geschäfts mittlerweile abgelegt, da Abklärungen der SGK-NR ergeben hätten, dass ein solcher Nachweis unbürokratisch erbracht werden könne. Auch der Verkürzung der Dauer des Spitalaufenthalts von drei auf zwei Wochen zur Anspruchsberechtigung, die der Nationalrat als Teil des Kompromisses zu der von ihm eingeführten Nachweispflicht beschlossen hatte, stimmte der Ständerat stillschweigend zu.
Somit war das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung. Dort verabschiedete der Ständerat den Entwurf einstimmig. Der Nationalrat nahm ihn mit 192 zu 2 Stimmen an. Mit dem Erlass wurde eine Motion der SGK-SR aus dem Jahr 2016 erfüllt (Mo. 16.3631).

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

In der Herbstsession 2020 behandelte der Nationalrat die Motion Maury Pasquier (sp, GE; Mo. 19.4270), inzwischen übernommen von Liliane Baume-Schneider (sp, JU), für die Schaffung einer Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbständigerwerbenden, obwohl er die gleichlautende Motion Marti (sp, ZH; Mo. 19.4110) bereits im Vorjahr angenommen hatte. Weder im Kommissionsbericht noch im Rat wurde jedoch die Annahme der Motion Marti durch den Nationalrat erwähnt. Im Unterschied zu damals lag nun ein Minderheitsantrag der Kommission auf Ablehnung vor: Die Minderheit erachtete eine weitere Belastung der EO finanzpolitisch als nicht tragbar. Mit 128 zu 44 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat aber erneut für das Anliegen aus; die ablehnenden Stimmen stammten von der Mehrheit der SVP-Fraktion sowie von zwei Mitgliedern der CVP.

Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden

Bei der Behandlung der Änderung des EOG bezüglich der Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen lag dem Nationalrat bei seiner Behandlung in der Herbstsession 2020 ein Minderheitsantrag Schläpfer (svp, ZH) auf Nichteintreten vor. Grundgedanke des Mutterschaftsurlaubs sei die Erholung der Mutter und das Zusammensein mit dem Neugeborenen – und dies sei auch im Spital möglich, argumentierte Schläpfer. In dieser wirtschaftlich schwierigen Situation solle der Bund stärker ans Sparen denken und auf diese Mehrkosten verzichten. Dem stellte Mattea Meyer (sp, ZH) das Beispiel eines in der 28. Woche geborenen Kindes gegenüber. In diesem Fall hätte die Mutter, wenn sie und das Kind das Spital endlich verlassen könnten, nur noch drei bis vier Wochen Zeit, bis sie wieder zur Arbeit müsste. In dieser Situation wolle man die Mütter unterstützen, so dass sie nicht individuelle Lösungen mit ihren Arbeitgebenden suchen müssen. Betroffen seien jährlich rund 1300 Kinder und ihre Mütter. Mit 131 zu 35 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen und Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.
Bei der Detailberatung stand dieselbe Frage zur Diskussion, die auch den Ständerat am stärksten beschäftigt hatte, nämlich ob die Mütter nachweisen müssen, dass sie bereits vor der Niederkunft beabsichtigt hatten, die Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen. Die Mehrheit der nationalrätlichen Kommission befürwortete eine solche Nachweispflicht, während eine Minderheit Porchet (gp, VD) hier dem Ständerat folgen wollte, welcher sich dagegen ausgesprochen hatte. Die Kommissionssprechenden, Philippe Nantermod (fdp, VS) und Flavia Wasserfallen (sp, BE), setzten diesen Entscheid mit der Frage nach der Bedeutung des Mutterschaftsurlaubs in Verbindung: Der Mutterschaftsurlaub sei eine Verdienstausfallentschädigung, sie solle den Müttern helfen, ihre Rolle in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt beizubehalten. Zudem sei diese Änderung Teil eines Kompromisses, in dessen Rahmen auch die Mindestdauer des für die Verlängerung nötigen Spitalaufenthalts von drei auf zwei Wochen reduziert worden sei. Mit 124 zu 64 Stimmen folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit und führte damit die Nachweispflicht wieder ein, senkte aber gleichzeitig die Mindestdauer des Spitalaufenthalts. Für den Minderheitsantrag hatten die Mehrheit der SP-Fraktion, die gesamte Grünen-Fraktion sowie je ein Mitglied der SVP- und der Mitte-Fraktion gestimmt.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

In der Frühjahrssession 2020 beriet der Ständerat als Erstrat die Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen. Kommissionssprecherin Häberli-Koller (cvp, TG) präsentierte dem Rat das Geschäft und zeigte sich im Namen der Kommission mehrheitlich zufrieden mit dem bundesrätlichen Vorschlag, der jährlich CHF 5.9 Mio. kosten und Änderungen im EOG sowie im OR beinhalten soll. Einzig bezüglich der Frage, ob die Verlängerung der Entschädigung davon abhängig gemacht werden soll, ob die Mütter ihre Erwerbstätigkeit nach dem Mutterschaftsurlaub weiterführen werden oder nicht, schuf die SGK-SR mit 8 zu 5 Stimmen eine Änderung. Mit der bundesrätlichen Regelung sollen die AHV-Ausgleichskassen aufgrund von Bestätigungen der Arbeitgebenden zum Zeitpunkt der Niederkunft prüfen, ob nach Ende des Mutterschaftsurlaubs ein gültiges Arbeitsverhältnis besteht. Die Kommission erachtete eine solche Überprüfung als problematisch, weil eine entsprechende Bestätigung für die Arbeitgebenden schwierig zu erteilen sei, die Mütter von Neugeborenen, die länger im Spital bleiben müssten, andere Prioritäten hätten und deren zukünftige Erwerbstätigkeit auch vom Verlauf der Genesung der Neugeborenen abhänge. Entsprechend wollte sie die Nachweispflicht der Weiterführung der Erwerbstätigkeit streichen. Die Verwaltung habe zudem darauf hingewiesen, dass im Falle einer Streichung dieser Nachweispflicht ein weiterer, darauf aufbauender Artikel gestrichen werden könne. Da dies aber in der Kommission noch nicht besprochen worden sei, bat Häberli-Koller den Nationalrat, diese Frage in seiner Debatte noch zu klären. Stillschweigend stimmte der Ständerat dieser Änderung und im Anschluss mit 42 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) der Vorlage insgesamt zu. Die einzigen Gegenstimmen stammten von zwei SVP-Ständeräten.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

Identische Motionen für eine Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbständigerwerbenden reichten Min Li Marti (sp, ZH; Mo. 19.4110) im Nationalrat und Liliane Maury Pasquier (sp, GE; Mo. 19.4270) im Ständerat ein. Da bei der Wehrpflicht eine Betriebszulage für Selbständigerwerbende vorgesehen sei, solle eine solche auch in der Mutterschaftsversicherung, die ebenfalls in der Erwerbsersatzordnung geregelt wird, eingeführt werden, forderten die Motionärinnen. Wie während des Militärdienstes hätten Selbständigerwerbende auch während der Mutterschaft laufende Betriebskosten.
Die Forderung traf auf breite Zustimmung: Nachdem der Bundesrat die Annahme beider Motionen ohne weitere Ausführungen empfohlen hatte, stimmten ihnen sowohl Ständerat als auch Nationalrat in der Wintersession 2019 diskussionslos und stillschweigend zu.

Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden

Im November 2018 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) zur Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen, wie sie die Motion der SGK-SR vom August 2016 (Mo. 16.3631) gefordert hatte. Grund für die Revision des EOG sei eine Rechtslücke bei der Mutterschaftsentschädigung, da die Mütter bei über dreiwöchigem Spitalaufenthalt der Neugeborenen heute zwar die Mutterschaftsentschädigung aufschieben könnten, jedoch weder das EOG noch eine andere Versicherung bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung Leistungen vorsähen. Daher schlug der Bundesrat 56 zusätzliche Entschädigungstage (Wochentage, nicht Arbeitstage) sowie eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und des Schutzes vor Kündigung zur Unzeit vor, sofern Neugeborene mindestens drei Wochen im Spital verbleiben müssten und die Mütter nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnähmen. Die Zusatzkosten von jährlich CHF 5.9 Mio. würden durch die aktuellen Einnahmen der EO gedeckt.

Bei der Vernehmlassung von März bis Juni 2018, an der sich alle 26 Kantone, fünf im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahlreiche Verbände beteiligten, traf der Vorschlag ausser bei der SVP und dem Gewerbeverband mehrheitlich auf Zustimmung. Die SVP argumentierte, dass die Erholung der Mutter und der Aufbau einer Bindung zum Kind – der Zweck des Mutterschaftsurlaubs – auch im Spital geschehen könnten. Der SGV hielt die Nachweispflicht für die Mütter, dass sie bereits vor der Geburt geplant hätten, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zu arbeiten, für unpraktikabel und forderte das Vorliegen eines gültigen Arbeitsvertrags. Auch SAV, SGB und Travail.Suisse erachteten diesen Nachweis als zu komplex und sprachen sich stattdessen für eine Überprüfung durch die Ausgleichskassen anhand der später entrichteten Beiträge aus, während die SP eine Ausdehnung der Entschädigung auf alle Frauen unabhängig ihrer Erwerbstätigkeit forderte. Darüber hinaus kritisierten SGB und Travail.Suisse, dass die Vorlage nicht alle Lücken im sozialen Netz bezüglich Mutterschaftsentschädigung schliesse.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

En septembre 2017, le conseil national a refusé d'entrer en matière sur une initiative parlementaire de la députée Bertschy (pvl, BE) demandant un congé parental de 14 semaines pour chacun des parents à condition que tous deux travaillent. Le projet prévoyait une modification du régime des allocations pour perte de gains (APG) afin que l'actuel congé maternité soit complété par une allocation de paternité de 14 semaines au maximum, à condition que les deux parents exercent une activité lucrative. La Commission de la sécurité sociale et de la santé publique (CSSS-CN) s'était prononcée en défaveur de l'initiative, avançant d'une part les coûts élevés que cela engendrerait pour l'économie, notamment pour les cotisations salariales et d'autre part le nombre important d'objets parlementaires allant dans le même sens que l'initiative Bertschy, comme par exemple l'initiative populaire "Pour un congé paternité raisonnable – en faveur de toute la famille". Le rapport de force de la commission était de 13 voix contre 9. Au Conseil national, les mêmes arguments ont prévalu. Le camp du pour avait cependant avancé l'aspect incitatif qui distingue cette initiative des autres. En effet, le congé paternité de 14 semaines est dépendant d'une activité lucrative, ainsi, les deux parents qui après le congé parental se remettent au travail à plein temps vont pouvoir contribuer à son financement par leurs impôts et consommation plus élevés. Cet argument, ainsi que celui de l'égalité des sexes et de la nécessité pour les femmes de pouvoir se remettre à exercer une activité lucrative au taux où elles le souhaitent après un congé maternité n'ont pas suffi, puisque l'initiative a été refusée par 124 voix contre 65, avec une abstention. Les partisans étaient à trouver dans les rangs du PS, des Vert.e.s, des Verts'libéraux et du PBD.

Congé parental de 14 semaines pour chacun des parents à condition que tous deux travaillent (Iv.pa. 16.453)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Mittels parlamentarischer Initiative wollten Margrit Kessler (glp, SG) und 75 Mitunterzeichnende aus verschiedenen politischen Lagern bezwecken, dass der Mutterschaftsurlaub auf hinterbliebene Väter übertragen werden kann. Die Nationalrätin erachtete es als «ausserordentlich stossend», dass der Vater eines Kindes, dessen Mutter innert 14 Wochen nach der Geburt verstirbt, kein Anrecht auf bezahlten Mutterschaftsurlaub habe, «weil hier die Sozialversicherung Geld auf Kosten zweier Menschen, die vom Schicksal besonders hart getroffen wurden, spart». Ebenso sah dies eine Mehrheit der SGK-NR und der SGK-SR; beide Kommissionen gaben der Initiative im Jahr 2016 Folge.

Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter (Pa.Iv. 15.434)

Lors de la session d'automne, le Conseil national a exprimé son refus face à l'initiative du canton de Neuchâtel réclamant un congé maternel d'adoption. Ce dernier aurait consisté en une allocation perte de gain similaire à celle que perçoivent les femmes à la naissance de leurs enfants biologiques. Cette allocation concernerait les enfants adoptés jusqu'à l'âge de 8 ans. Les initiants ont volontairement formulé leur demande en termes de congé maternel et non parental pour maximiser leurs chances de réussite, estimant pratiquement impensable l'idée d'obtenir des allocations pour les pères qui adoptent. Cette prudence tactique n'a cependant pas suffi, puisque déjà en mars 2015 le Conseil des Etats avait choisi de ne pas donner suite à l'initiative. L'idée d'une allocation à l'adoption n'est pas nouvelle. Elle faisait originellement partie du projet de congé maternité proposé au peuple en 2005, le code civil ne faisant pas de différence entre les naissances naturelles et l'adoption en termes de filiation juridique. C'est le Conseil national qui avait retiré le congé d'adoption du projet, pariant qu'il aurait ainsi plus de succès face aux urnes. La minorité Maury Pasquier, Bruderer Wyss et Stöckli a défendu l'objet en avançant les arguments suivants: difficulté de créer les liens avec son enfant nouvellement arrivé dans la famille lors d'une adoption, la possibilité déjà existante au niveau cantonal d'attribuer une allocation adoption ainsi que le nombre très restreint d'enfants de moins de 8 ans adoptés par année en Suisse, qui se situe entre 200 et 300. Les opposants au projet ont eux affirmé que l'adoption étant un choix personnel, les familles se devaient de prendre leurs responsabilités face à un tel acte et donc assumer elles-mêmes les retombées financières et sociales de leur décision. Le Conseil des Etats a refusé de donner suite à l'initiative par 26 voix contre 14 avec une abstention et la chambre basse a suivi cette décision. Cependant, la CSSS-CE, qui a rejeté l'initiative à 15 voix contre 7 précise avoir donné son aval à l'initiative Romano (pdc, TI) qui vise les mêmes buts et sera prochainement débattue à l'assemblée fédérale.

congé maternel d'adoption

Im Juni entschied der Bundesrat, die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die Erwerbsersatzordnung (EO) von 0,3 auf 0,5 Lohnprozente anzuheben. Die Beitragserhöhung wurde erforderlich, weil die Reserven des EO-Fonds seit Einführung der Mutterschaftsversicherung im Jahre 2005 unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetrag gesunken waren.

Erwerbsersatzordnung

Der 5. Schweizerische Frauenkongress, der vom 19. bis 21. Januar in Bern stattfand, und an dem weit über 2000 Frauen aus allen Landesteilen sowie allen politischen, sozialen, kirchlichen und kulturellen Kreisen teilnahmen, stand unter dem Motto "L'avenir au féminin - Visionen unserer Zukunft - donne 2099". Den Auftakt der Veranstaltung machte Bundesrätin Ruth Dreifuss mit einer Rede, in der sie insbesondere die Rolle des Staates bei der Verwirklichung der Gleichstellung herausstrich. Nötig seien eine Feminisierung des Staates und mehr Frauen in allen Institutionen. Bei der Frauenförderung gehe es nicht darum, Frauen zu bevorzugen, sondern nicht länger systematisch Männer vorzuziehen. Herzstück des Kongresses waren 80 Workshops, die in vier Foren die Themen "Offene Schweiz - globale Verantwortung", "Neue Lebens- und Arbeitsformen", "Soziale Sicherheit im 21. Jahrhundert" und "Gewaltfreie Gesellschaft" diskutieren. Zum Abschluss wurden in einer Plenarversammlung knapp 80 Resolutionen verabschiedet. Als vordringlich wurde die Einführung einer Mutterschaftsversicherung für alle Frauen gefordert. Verlangt oder zumindest angeregt wurden ein flexibles Rentenalter mit ungekürztem Rentenanspruch, die gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, die Aufwertung der Familienbetreuung, die Förderung der Friedensforschung, die finanzielle Unterstützung der Frauenhäuser, die Aufhebung der Verjährung bei sexueller Ausbeutung, die Ratifikation der UNO-Konventionen über Frauen- und Kinderrechte sowie der Beitritt zu UNO und EU.

5. Schweizerische Frauenkongress Rolle des Staates bei der Verwirklichung der Gleichstellung knapp 80 Resolutionen

Eine Motion der CVP-Fraktion zu einem Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft wurde - gegen den Antrag der Waadtländer Liberalen Sandoz - vom Nationalrat mit Zustimmung der Urheber als Postulat verabschiedet. Die CVP möchte damit erreichen, dass derartige Unterstützungen nicht nur in einzelnen Kantonen, sondern in der ganzen Schweiz gewährt werden, da sie etliche Familien und vor allem viele alleinerziehende Mütter vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe bewahren könnten. Der Bundesrat, der diese Leistungen auf rund 40 Mio Fr. bezifferte, war bereit, das Postulat entgegenzunehmen, da es in die Richtung seiner im Zusammenhang mit der geplanten Mutterschaftsversicherung gemachten Vorschläge gehe.

Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft

Zum Abschluss des Internationalen Jahres der Familie präsentierte die von der Vereinigung Pro Familia im Auftrag des Bundesrates eingesetzte Kommission einen detaillierten Forderungskatalog. Sie verlangte insbesondere die möglichst rasche Einführung einer Mutterschaftsversicherung, eine einheitliche Regelung der Familien- und Kinderzulagen auf Bundesebene, die Anerkennung der unbezahlten Leistungen der Familien sowie die Sicherung eines Familienlastenausgleichs, um so die Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Schule zu realisieren. Weiter setzte sie sich für die raschestmögliche und vorbehaltlose Ratifikation der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes ein. Vom Bundesrat erwartete sie schliesslich, dass er einen unabhängigen Rat für Familienfragen einsetze, der die Vernetzung und den Informationsaustausch von Wissenschaft, Politik, Institutionen und Gesellschaft sicherstellen soll.
Die für die Familienpolitik zuständige Bundesrätin Dreifuss konnte darauf hinweisen, dass einige der Forderungen in Prüfung sind oder sich bereits im Stadium der Gesetzgebung befinden (Mutterschaftsversicherung, Ratifikation der UNO-Konvention). Skeptisch äusserte sich Dreifuss zum Vorschlag, neue eidgenössische Gremien für Familienfragen zu schaffen. Sie schlug stattdessen vor, ein Koordinationsorgan ins Leben zu rufen, in dem die Bundesverwaltung, die Kantone, die Gemeinden, die Wissenschaft sowie die privaten Familien-, Frauen- und Jugendorganisationen vertreten wären.
Wissenschaftliche Studien, die eine Art Bestandesaufnahme der schweizerischen Familienpolitik erstellten, untermauerten die Forderungen der Kommission. Erstmals wurden die staatlichen finanziellen Leistungen zugunsten der Familien erhoben. 1990 machten sie rund 2,1% des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus, während sie in den EU-Staaten im Durchschnitt knapp 3% des BIP betrugen. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass die Schweiz als einziges EU- oder Efta-Land immer noch keine Mutterschaftsversicherung kennt.

Internationalen Jahres der Familie Forderungskatalog

Die Schweiz will sich aktiv am Internationalen Jahr der Familie (IYF) 1994 beteiligen. Der Bundesrat betraute die Pro Familia, den Dachverband der Familienorganisationen in der Schweiz, mit der Umsetzung des IYF. Für die Koordination der Aktivitäten wurde eine 43 Mitglieder zählende Kommission eingesetzt. Bundesrätin Dreifuss nahm sich vor, im Jahr der Familie vier familienpolitische Projekte zur Entscheidungsreife zu bringen, nämlich die Mutterschaftsversicherung, die Neuregelung der Kinderzulagen, die Ratifizierung der Uno-Kinderkonvention und die Schaffung einer neuen Beratungskommission.

Die Schweiz will sich aktiv am Internationalen Jahr der Familie (IYF) 1994 beteiligen

Für die Verwirklichung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern ist die Lösung des Problems der Kinderbetreuung von zentraler Bedeutung. In einem Bericht dokumentierte die Eidg. Kommission für Frauenfragen den Mangel an Krippen-, Hort- und anderen Betreuungsplätzen und appellierte an die Mitverantwortung von Staat und Gesellschaft bei der Kindererziehung, die nicht als "privates Hobby" allein an die Familie — und vorab an die Mütter — delegiert werden dürfe. Mit diesem Bericht liegen erstmals aussagekräftige Daten zur familienexternen Kinderbetreuung in der Schweiz vor, welche die grosse Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage aufzeigen: In den Kantonen der Deutschschweiz stehen den rund 320 000 Kindern erwerbstätiger Mütter bloss zwischen 12 000 und 15 000 Betreuungsplätze zur Verfügung. Die Kommission forderte deshalb generell die Anerkennung der familienexternen Kinderbetreuung als öffentliche Aufgabe. Für die Betreuung von Kleinkindern verlangte sie neben einer Mutterschaftsversicherung auch einen finanzierten Elternurlaub. Der öffentliche Kindergarten — mit Blockzeiten und Mittagsverpflegung — soll Kinder schon ab drei Jahren aufnehmen. Auch für die Schule postulierte die Kommission Blockzeiten und Mittagstische, dazu den Aufbau von Tagesschulen und die Harmonisierung von Schulbeginn und Schulschluss für alle Stufen.

Kinderbetreuung

Der Schutz bei Mutterschaft wurde im Nationalrat ebenfalls thematisiert. Eine von E. Segmüller (cvp, SG) eingereichte Motion für eine Lohnfortzahlung bei Mutterschaft wurde, da der Bundesrat versicherte, das Anliegen speditiv an die Hand nehmen zu wollen, auf seinen Antrag allerdings nur als Postulat angenommen.

Lohnfortzahlungspflicht bei Mutterschaft (Mo. 91.3039)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)