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Jahresrückblick 2021: Bildung und Forschung

Im Kapitel Bildung und Forschung kam es im Berichtsjahr in verschiedenen Bereichen zu wichtigen Entwicklungen. Medial und politisch am meisten Aufmerksamkeit erregte aber wohl die Nicht-Assoziierung der Schweiz an das Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe 2021-2027 aufgrund des Abbruchs der Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen mit der EU. Mitte Juli 2021 gab das SBFI bekannt, dass die Schweiz bei Horizon Europe bis auf Weiteres als nicht-assoziierter Drittstaat behandelt wird, was bedeutet, dass eine Beteiligung für Schweizer Forschende nur noch in beschränktem Ausmass möglich ist. Dies rief bei den Schweizer Hochschulen Unmut hervor; zahlreiche Akteure befürchteten einen grossen Schaden für den Forschungsstandort Schweiz. Bis zur weiterhin angestrebten Assoziierung sollten Projekte aus der Schweiz über den bereits im Vorjahr gutgeheissenen Kredit durch das SBFI und weitere Übergangsmassnahmen mittels Nachmeldung zum Voranschlag 2022 finanziert werden. Die APK-NR beantragte unterdessen ihrem Rat, in der Budgetdebatte die mittlerweile freigegebene zweite Kohäsionsmilliarde unter der Bedingung der Vollassoziierung an Horizon Europe zu verdoppeln, was der Nationalrat jedoch ablehnte. Auch im Bereich des Austauschprogramms Erasmus plus versuchte die APK-NR eine Entwicklung in Gang zu setzen, indem sie den Bundesrat dazu aufforderte, bis Ende 2021 eine Finanzierungsbotschaft zur Teilnahme an Erasmus plus vorzulegen. Die Motion fand schliesslich aufgrund der knappen Frist, die zur Erarbeitung der Botschaft gesetzt worden war, keine Zustimmung. Der Bundesrat sprach sich zwar ebenfalls für die Teilnahme an diesem Programm aus, wies aber darauf hin, dass die EU – wie auch bei Horizon – noch keine Bereitschaft gezeigt habe, die Schweiz an dieses Programm zu assoziieren.

Im Themenbereich der frühen Kindheit erschien im Februar 2021 der ausführliche Bericht «Politik der frühen Kindheit. Auslegeordnung und Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene » in Erfüllung eines Postulates Gugger (evp, ZH) und eines Postulates der WBK-NR. Der Bundesrat erläuterte darin, dass er die Politik der frühen Kindheit als gesellschaftlich äusserst relevant erachte. Da dieser Politikbereich jedoch vor allem in der Hand der Kantone und Gemeinden liege, habe er hier nur beschränkte Handlungsvollmachten. Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene sah der Bericht aber unter anderem beim Zugang, der Qualität sowie der unterstützenden Finanzierung der Angebote im Bereich der frühen Kindheit. So bestehe etwa die Möglichkeit, dass Kindern mit Migrationshintergrund der Zugang zu Förderangeboten erleichtert werde oder dass Projekte für die Förderung der Chancengleichheit von Kindern mit Behinderungen finanziell unterstützt werden könnten. Dieser Postulatsbericht veranlasste wiederum die WBK-NR, eine parlamentarische Initiative einzureichen, um das Impulsprogramm für die Schaffung von Betreuungsplätzen in familienergänzenden Strukturen von einer zeitlich befristeten in eine stetige Lösung zu überführen. Beide Kommissionen gaben der Initiative im Berichtsjahr Folge.

Das auch im Jahr 2021 quasi alle Bereiche des politischen und gesellschaftlichen Lebens beeinflussende Coronavirus führte im Sommer 2021 zu einem Peak der medialen Berichterstattung im Bereich der Grundschulen und Gymnasien (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Der Start des neuen Schuljahres gab Anlass zu etlichen Zeitungsberichten über das Maskentragen, das Testen und über weitere Massnahmen wie etwa die Anbringung von CO2-Messgeräten und Luftfiltern.

Im Bereich der Berufsbildung gab ein Reformprojekt zur KV-Ausbildung, also zur von den schweizweit am meisten Personen ergriffenen beruflichen Grundbildung, zu reden. Anfang 2021 leitete das SBFI eine Anhörung zum Reformvorhaben in die Wege. Ziele der Reform waren der Aufbau von Handlungskompetenzen, die Vermittlung von fundiertem Grundlagenwissen, die Durchlässigkeit innerhalb der verschiedenen kaufmännischen Abschlüsse, ein neues Fremdsprachenkonzept sowie ein Gesamtkonzept für die lehrbegleitende Berufsmaturität. Bei den Anhörungsteilnehmenden stiessen einige dieser Punkte auf Kritik, namentlich das geplante Vermitteln von Fachwissen in Handlungskompetenzen, die vorgesehene Streichung einer zweiten Fremdsprache sowie der als zu sportlich angesehene Fahrplan der Reform. Nach Vorliegen der Anhörungsergebnisse reichten die beiden WBK daraufhin je eine gleichlautende Motion ein, in welcher sie die Verschiebung der Inkraftsetzung der Reform auf 2023 forderten. Zum selben Schluss gelangte das SBFI nach Rücksprache mit den Verbundpartnern. Darüber hinaus lenkte es in der Fremdsprachen-Frage ein, womit KV-Lernende auch weiterhin in zwei Fremdsprachen unterrichtet werden sollen. Hingegen hielt das SBFI daran fest, Fachwissen zukünftig in Handlungskompetenzen zu vermitteln; dies sei in der Berufsbildung mittlerweile Standard.

Im Berichtsjahr gab es zudem beim übergeordneten Thema der Gleichstellung von Frau und Mann im Schul- und Hochschulbereich drei Entwicklungen zu verzeichnen. Im März verabschiedete der ETH-Rat seine neue Gender Strategie für die Jahre 2021-2024, welche das Ziel verfolgte, den Frauenanteil in Lehre und Forschung, vor allem in den Führungspositionen, weiter zu steigern. Zu den Schwerpunkten der Strategie gehörten etwa die Aufdeckung und das Verhindern von Diskriminierung, Mobbing, Drohungen, Gewalt und sexueller Belästigung. Eine vom Nationalrat gutgeheissene Motion der WBK-NR für die Lancierung einer Sensibilisierungskampagne gegen ebendiese Belästigungen im ETH-Bereich wurde vom Ständerat hingegen abgelehnt. Schliesslich wurde ein Postulat der FDP.Liberalen-Fraktion zur Gleichstellung in der Berufsbildung angenommen. Dieses forderte den Bundesrat auf zu prüfen, ob in Ausbildungsprogrammen zu typischen Frauenberufen gleich viel Wert auf die Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen gelegt wird wie in denjenigen für typische Männerberufe.

Jahresrückblick 2021: Bildung und Forschung
Dossier: Jahresrückblick 2021

Der Nationalrat behandelte in der Wintersession 2021 eine Initiative Masshardt (sp, BE) zur Förderung der politischen Bildung in der Berufsbildung. Eine knappe Mehrheit der vorberatenden WBK-NR hatte der Initiative keine Folge gegeben. Im Plenum war es unbestritten, dass der politischen Bildung von jungen Menschen eine grosse Bedeutung für das Funktionieren der Demokratie zukommt. Masshardt und Locher Benguerel (sp, GR) als Befürworterinnen der Initiative vertraten den Standpunkt, dass es vor allem in den Berufsschulen noch Verbesserungspotential gebe. Studien hätten gezeigt, dass sich Berufsschülerinnen und -schüler weniger politisch interessiert zeigten als Gleichaltrige, die aufs Gymnasium gingen. Gerade in diesem Alter, in dem bald die politische Mündigkeit erreicht werde, sei es aber entscheidend, ein ausreichendes Verständnis für die politischen Rechte und Abläufe zu erhalten. Christian Wasserfallen (fdp, BE) erläuterte als Sprecher der Kommissionsmehrheit, dass die politische Bildung bereits genügend im Unterricht verankert sei, auch auf Stufe der Berufsschulen. Zudem wolle der Bundesrat in Kürze die Rahmenlehrpläne und die Bildungspläne im Bereich der politischen Bildung überarbeiten und verbessern.
Im Anschluss an diese Diskussion gab die grosse Kammer der Initiative mit 97 zu 86 Stimmen, bei 4 Enthaltungen, relativ knapp Folge.

Politische Bildung ist im öffentlichen Interesse (Pa. Iv. 21.429)

Der Nationalrat befand in der Wintersession 2021 über eine parlamentarische Initiative zur steuerlichen Begünstigung von Weiterbildungen von Andri Silberschmidt (fdp, ZH). Er vertrete immer noch die Ansicht, dass es eine Weiterbildungsoffensive brauche, ziehe seine Initiative aber aufgrund des von der WAK-NR eingereichten Postulats zur Vereinbarkeit der Bedürfnisse des Arbeitsmarktes, der Arbeitskräfte und der Wirtschaft zurück, erläuterte der FDP-Parlamentarier. Die Initiative ist damit erledigt.

Fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Lebenslanges Lernen fördern (Pa. Iv. 21.422)

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2021 mit der Forderung nach einer Finanzierungsbotschaft für die Schweizer Teilnahme am EU-Austauschprogramm Erasmus plus. Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG) erläuterte im Namen der WBK-SR, dass diese Sympathien für das Anliegen habe, jedoch mehrheitlich beantrage, die Motion abzulehnen, da die geforderte Präsentation einer solchen Botschaft bis Ende Wintersession 2021 nicht umsetzbar sei. Zudem liege seitens der EU noch kein Verhandlungsmandat vor. Carlo Sommaruga (sp, GE), der einen Minderheitsantrag auf Annahme der Motion gestellt hatte, sowie Maya Graf (gp, BL) waren anderer Meinung. Sie verwiesen auf die Relevanz dieses Austauschprogramms für junge Erwachsene und erinnerten daran, dass sich die Räte bereits für die Vollassoziierung der Schweiz ausgesprochen hatten. Es liege am fehlenden Respekt gegenüber dem Entscheid des Parlaments und am Mangel an politischem Willen seitens des Bundesrates, dass dieser in diesem Dossier nicht vorangehe. Anders sei es nicht zu erklären, dass er beispielsweise für das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe bereits im Mai 2020 eine Finanzierungsbotschaft vorgelegt habe, obwohl dort vonseiten der EU auch kein Verhandlungsmandat vorgelegen habe.
Nachdem Bildungsminister Parmelin noch einmal dargelegt hatte, weshalb es dem Bundesrat derzeit nicht möglich sei, die geforderte Botschaft vorzulegen, lehnte die kleine Kammer die Motion mit 23 zu 14 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.

Finanzierungsbotschaft für die Schweizer Teilnahme an Erasmus plus (Mo. 21.3975)
Dossier: Erasmus und Horizon

Der Ständerat befasste sich in der Wintersession 2021 mit einer Motion von Martina Munz (sp, SH), welche Freiwilligeneinsätze von Jugendlichen im Ausland fördern wollte. Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG) argumentierte für die Mehrheit der vorberatenden WBK-SR, dass die Motion unnötig sei, da Organisationen, welche Austauschaktivitäten von Jugendlichen anbieten, bereits heute über das Kinder- und Jugendförderungsgesetz unterstützt würden. Darüber hinaus sei eine Schweizer Teilnahme an einem EU-Programm aufgrund der schwierigen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU derzeit unrealistisch. Dem entgegnete Maya Graf (gp, BL) für die Kommissionsminderheit, dass mit der Schweizer Separatlösung zu Erasmus plus nur ein sehr eingeschränktes Angebot für den Austausch im Freiwilligenbereich angeboten werde. Insbesondere für Jugendliche, die über einen Berufsbildungsabschluss verfügen, sei es fast unmöglich, einen solchen Austausch im Ausland durchzuführen. Die kleine Kammer lehnte die Motion jedoch mit 26 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Freiwilliges Engagement fördern. Beitritt zum European Solidarity Corps (Mo. 19.3614)

Im November 2021 publizierte die TBBK ihr Commitment zu fairen Chancen in der Berufswahl und bei der Lehrstellenbesetzung. Die TBBK – zusammengesetzt aus den Verbundpartnern der Berufsbildung – verpflichtete sich damit, offene Lehrstellen frühestens im August des Vorjahres auszuschreiben sowie Lehrverträge frühestens ein Jahr vor Lehrbeginn abzuschliessen. Ausserdem sollen die kantonalen Berufsbildungsämter die Lehrverträge frühestens im September des Vorjahres genehmigen können. Hintergrund dieser Vereinbarung war die Problematik, dass ein eigentlicher Wettlauf um die Lernenden respektive die Ausbildungsplätze entstanden war, wodurch die Eltern und die angehenden Auszubildenden unter Druck gerieten und unausgereifte Entscheidungen hinsichtlich der Lehrstelle treffen mussten. Mit dem Commitment soll erreicht werden, dass die Jugendlichen eine adäquate Lehrstelle finden und die Betriebe zu den geeigneten Auszubildenden kommen.

Commitment zum Berufswahlprozess und zu den Lehrstellen der TBBK

Andri Silberschmidt (fdp, ZH) beabsichtigte mit einer im März 2021 eingereichten parlamentarischen Initiative, die berufsorientierten Aus- und Weiterbildungen steuerlich stärker zu begünstigen. Die WAK-NR prüfte das Geschäft im November 2021; eine deutliche Mehrheit der Kommission (20 zu 5 Stimmen) beantragte, der Initiative keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit befand, dass vor allem Personen mit hohem Einkommen von dieser Massnahme profitieren würden. Zudem könnten durch rein fiskalische Massnahmen die Aus- und Weiterbildungen nicht angemessen gefördert werden. Da die Kommission aber durchaus Handlungsbedarf auf diesem Gebiet sah, reichte sie ein Postulat (Po. 21.4342) ein, mit dem der Bundesrat beauftragt werden soll, Massnahmen vorzuschlagen, wie die Ausbildungs- und Weiterbildungsbedürfnisse des Arbeitsmarktes auf der einen Seite und diejenigen der Arbeitskräfte auf der anderen Seite besser aufeinander abgestimmt werden können.

Fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Lebenslanges Lernen fördern (Pa. Iv. 21.422)

Nadine Masshardt (sp, BE) reichte im März 2021 eine parlamentarische Initiative zur Förderung der politischen Bildung in der Berufsbildung ein. Sie forderte, dass die politische Bildung im Berufsbildungsgesetz als besondere Leistung im öffentlichen Interesse aufgeführt wird. Damit könne sich der Bund an den Kosten für diese Förderung beteiligen. Masshardt argumentierte, dass insbesondere bei den Berufsschülerinnen und -schülern ein grosser Bedarf an einer stärkeren Gewichtung der politischen Bildung im Unterricht bestehe.
Die WBK-NR befasste sich im November 2021 mit der Initiative, dabei gab ihr eine knappe Mehrheit der Kommission keine Folge. Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass der bisher angebotene Staatskundeunterricht in den Berufsschulen ausreiche und der Bundesrat bereits heute Projekte zur politischen Bildung fördern könne.

Politische Bildung ist im öffentlichen Interesse (Pa. Iv. 21.429)

Der Bundesrat reagierte im September 2021 auf den Beschluss der EU-Kommission, die Schweiz beim EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe » als nicht-assoziierten Drittstaat zu behandeln, indem er beschloss, den SNF mit der Durchführung von Übergangsmassnahmen zu beauftragen. Diese sollen in Kraft bleiben, bis die weiterhin angestrebte Assoziierung der Schweiz in die Wege geleitet werden könne. Die Übergangslösungen für die Ausschreibungen von Horizon Europe – wie etwa den «Starting Grants» des Europäischen Forschungsrates – sollen sich an den europäischen Ausschreibungen orientieren, unterliegen aber anderen Fristen für die Projekteingaben. Das WBF werde darüber hinaus bei der Innosuisse, bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA und weiteren Akteuren zusätzliche Übergangsmassnahmen einleiten. Alle diese Übergangsmassnahmen sollen den Räten mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 in der Wintersession 2021 unterbreitet werden.

Rund einen Monat später informierte der Bundesrat in einer weiteren Medienmitteilung, dass er die notwendigen Kreditverschiebungen für die bereits im Jahr 2020 gutgeheissene Direktfinanzierung der Schweizer Projektpartner in die Wege geleitet habe. Daher könne nun die Finanzierung von Schweizer Projektteilnehmenden am Horizon-Paket 2021–2027 im Umfang von ca. CHF 400 Mio. für das Jahr 2021 direkt durch das SBFI erfolgen. Darüber hinaus habe der Bundesrat das WBF und das EFD beauftragt, «allfällige Ergänzungs- und Ersatzmassnahmen zur Stärkung des Schweizer Forschungs- und Innovationsstandorts zu prüfen».

Übergangsmassnahmen für «Horizon Europe»
Dossier: Erasmus und Horizon

Im Herbst 2021 kam es an den Schweizer Hochschulen zu einigen Diskussionen rund um das Covid-19-Zertifikat: Auf den Beginn des Herbstsemesters 2021 empfahl die Dachorganisation swissuniversities den Hochschulen eine Zertifikatspflicht für ihre Präsenzveranstaltungen einzuführen. Zahlreiche Institutionen folgten dieser Empfehlung; für die ungeimpften Studierenden wurden im Gegenzug meistens Gratis-Tests bereitgestellt sowie Fernunterricht angeboten. Kurz nach der Ankündigung der Hochschulen, die Zertifikatspflicht einzuführen, formierten sich erste Gruppierungen – beispielsweise «Zertifikatsfreie Bildung» –, die am ersten Tag des neuen Semesters gegen die Zertifikatspflicht protestierten. Zu solchen Kundgebungen kam es etwa in Bern, Zürich, Basel, Luzern und St. Gallen. Zwei Studentinnen der Gruppierung «Zertifikatsfreie Bildung» respektive dem francophonen Pendant «Education sans certificat» kritisierten, dass die Zertifikatspflicht dazu führe, dass der Impfstatus über das Recht auf den Zugang zu Bildung entscheide. Dies käme einer Diskriminierung gleich. In Zürich musste sich schliesslich gar die Justiz mit der Frage der Zertifikatspflicht an der Universität beschäftigen, nachdem ein Student Rekurs eingelegt hatte. Für die von der NZZ dazu befragten Regina Kiener und Daniel Möckli vom Institut für Völkerrecht und ausländisches Verfassungsrecht der Universität Zürich war jedoch klar, dass bei der Zertifikatspflicht nicht von einer Diskriminierung gesprochen werden könne. Diese liege nur vor, «wenn eine Person nicht wegen ihres Verhaltens, sondern allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit oder wegen bestimmter angeborener Merkmale schlechter behandelt wird».

Zwist um Zertifikat an Hochschulen
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Das im Jahr 2014 gegründete Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) in Freiburg stand im Zentrum eines im Juni 2021 eingereichten Postulats von Piero Marchesi (svp, TI). Marchesi forderte von der Regierung einen umfassenden Bericht über dieses Zentrum und seine Tätigkeiten. Zudem sei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Streichung der finanziellen Mittel des Bundes gegeben seien. Der Postulant erläuterte, dass das SZIG, das der Universität Freiburg angegliedert sei, Glaube und Wissenschaft miteinander vermische. So habe eine Direktorin des SZIG beispielsweise darauf hingewiesen, wie das Schweizer Recht ausgelegt werden kann, «dass ein Sohn beim Erben im Verhältnis zu seiner Schwester begünstigt wird, wie es im islamischen Recht vorgesehen ist».
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. Dieses wurde vom Nationalrat in der Herbstsession 2021 stillschweigend angenommen.

Schweizerisches Zentrum für Islam und Gesellschaft in Freiburg. Stopp der Finanzierung durch öffentliche Gelder prüfen (Po. 21.3767)

Die APK-NR reichte im August 2021 eine Motion ein, welche verlangte, dass der Bundesrat bis zur Wintersession 2021 eine Finanzierungsbotschaft für die Schweizer Teilnahme am EU-Austauschprogramm Erasmus plus vorlegen soll. Die Kommission war der Ansicht, dass sich der Bundesrat bislang zu wenig für eine Schweizer Assoziierung an dieses Programm eingesetzt habe, obwohl er sich bereits für eine Teilnahme ausgesprochen hatte – beispielsweise im Rahmen der im Jahr 2017 überwiesenen Motion der WBK-SR mit dem Titel «Vollassoziierung an Erasmus plus ab 2021». Eine Kommissionsminderheit Köppel (svp, ZH) beantragte die Ablehnung der Motion.
Der Bundesrat schloss sich dem Antrag der Minderheit an. Er strebe zwar weiterhin die Teilnahme der Schweiz an dem Austauschprogramm an, jedoch seien davor noch einige Punkte zu klären. Zum einen betrachte die EU eine Assoziierung im Rahmen der Gesamtbeziehungen Schweiz-EU und sei bisher noch nicht bereit gewesen, mit der Schweiz exploratorische Gespräche über die wichtigsten Eckpunkte einer Assoziierung zu beginnen. Zum anderen sei die Deblockierung des Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Staaten eine Grundbedingung der EU für eine Assoziierung an Erasmus plus. Vor diesem Hintergrund sei es nicht realistisch, innert weniger Monate eine Finanzierungsbotschaft zu erarbeiten, zumal auch die Höhe der finanziellen Beteiligung noch nicht geklärt sei.
Der Nationalrat beschäftigte sich in der Herbstsession 2021 mit dem Vorstoss, wobei Nicolas Walder (gp, GE) und Christa Markwalder (fdp, BE) die Motion präsentierten. Walder wies darauf hin, dass sich auch das Parlament schon mehrmals für eine Assoziierung ausgesprochen habe und es deshalb wirklich an der Zeit sei, dass der Bundesrat eine Botschaft vorlege. Das bundesrätliche Argument, dass die finanziellen Bedingungen noch nicht geklärt seien, liess Walder nicht gelten. Die Höhe der Schweizer Beteiligung könne anhand der Berechnungen, welche für die EWR-Staaten bereits vorgenommen worden seien, eruiert werden. Christa Markwalder ergänzte, dass die europäischen Mobilitätsprogramme «für die Erweiterung des Erfahrungshorizonts der jungen Generationen zentral» seien. Die bilateral getroffenen Hochschulvereinbarungen vermöchten diese Austauschprogramme nicht zu ersetzen, schloss Markwalder. Franz Grüter (svp, LU), welcher die Minderheit Köppel vertrat, sah dies anders. Für ihn stand ausser Frage, dass die bestehenden Alternativprogramme der Schweizer Hochschulen von grosser Qualität seien. Zudem seien diese Alternativen auf weltweiten Austausch ausgerichtet; dies sei sehr wichtig, da sich viele renommierte Hochschulen ausserhalb Europas befänden. Erasmus plus hingegen sei teuer, unflexibel und bürokratisch. Hinzu komme der Fakt, dass die EU – wie vom Bundesrat erläutert – selber noch gar keinen Willen gezeigt habe, der Schweiz eine Assoziierung anzubieten. Diese Worte vermochten jedoch nicht über die SVP-Fraktion hinaus zu mobilisieren. Der Nationalrat nahm die Motion mit 131 zu 48 Stimmen deutlich an.

Finanzierungsbotschaft für die Schweizer Teilnahme an Erasmus plus (Mo. 21.3975)
Dossier: Erasmus und Horizon

Philippe Bauer (fdp, NE) wollte mittels eines im Juni 2021 eingereichten Postulats Informationen zur Entwicklung der überbetrieblichen Kurse erhalten. Die überbetrieblichen Kurse (ÜK) finden im Rahmen der Berufsbildung statt und dienen dem Erwerb grundlegender praktischer Fertigkeiten; sie werden ergänzend zur Ausbildung in der Berufsschule und im Lehrbetrieb durchgeführt. Ständerat Bauer kritisierte, dass die Entwicklung der Anzahl Tage, an denen gemäss den verschiedenen Bildungsverordnungen und -plänen ÜK stattfinden, sowie ihrer Kosten unübersichtlich sei. Generell scheine es, dass die Anzahl Tage für ÜK und somit auch ihre Kosten in den letzten Jahren angestiegen seien. Da die Kosten vor allem durch die ausbildenden Unternehmen und die Kantone getragen würden, könne dieser Anstieg dazu führen, dass sich manche Lehrbetriebe vom System der Grundbildung im Dualsystem abwenden, was es zu verhindern gelte.
Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Ablehnung. Er verwies insbesondere auf laufende Arbeiten der TBBK. Diese wurde beauftragt, die verschiedenen Aspekte der ÜK zu untersuchen, darunter auch deren Finanzierung. Darauf basierend sollen Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet und geprüft sowie allenfalls konkrete Massnahmen erarbeitet werden. Bei allen diesen Schritten würden die Kantone sowie die Organisationen der Arbeitswelt einbezogen. Vor diesem Hintergrund erachtete der Bundesrat das Anliegen als bereits erfüllt.
Der Ständerat befasste sich im Herbst 2021 mit der Thematik. Dabei betonte Postulant Bauer, dass es ihm bei seinem Postulat nicht nur darum gehe, über die Finanzen zu sprechen, sondern einen allgemeinen Überblick über diese Kurse zu erhalten. Die grosse Mehrheit der kleinen Kammer folgte den Worten Bauers und nahm das Postulat mit 26 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.

Entwicklung der Vorgaben zu überbetrieblichen Kursen (Po. 21.3687)

Mitte Juli 2021 gab das SBFI bekannt, dass die Schweiz beim EU-Forschungsrahmenprogramm «Horizon Europe» für die Jahre 2021 bis 2027 bis auf Weiteres als nicht-assoziierter Drittstaat behandelt wird, wie die Europäische Kommission in einem Brief mitgeteilt habe. Dies habe zur Folge, dass Schweizer Forschende nur in beschränktem Ausmass an den Ausschreibungen des Programms partizipieren können. Dort, wo dies weiterhin möglich sei, werde die Finanzierung der Projektkosten vom SBFI übernommen. Die Teilnahme an einigen renommierten Einzelprojekten, wie etwa an denjenigen des European Research Council, sei aber grundsätzlich nicht mehr möglich. Das SBFI liess zudem verlauten, dass der Bundesrat weiterhin eine Assoziierung an Horizon Europe anstrebe, wofür die Europäische Kommission jedoch gewisse Bedingungen genannt habe, namentlich die Auszahlung der zweiten sogenannten Kohäsionsmilliarde.
Die Medien schätzten diesen Ausschluss der Schweiz als schweren Schlag für die Schweizer Forschungslandschaft ein. Die NZZ mutmasste, dass dieser Entschluss der EU dem Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen geschuldet sei. Als Konsequenz leide nun der Forschungsplatz Schweiz, da es für diesen nur noch eine eingeschränkte internationale Kooperationsfähigkeit gebe und den Forschenden der Verlust wichtiger wissenschaftlicher Netzwerke drohe. ETH-Ratspräsident Michael Hengartner nannte diese Nicht-Assoziierung gar einen «Kollateralschaden». Er wies darauf hin, dass der Zugang zum Horizon-Programm für die Innovationskraft des gesamten Schweizer Forschungsplatzes von grossem Wert sei. Mit der jetzigen Situation gebe es auch ein gewisses Risiko, dass insbesondere Nachwuchsforschende die Schweiz verlassen könnten, um an einer Institution in der EU zu arbeiten. Der Regierungsrat des Kantons Zürich schätzte die Lage gemäss Tages-Anzeiger ähnlich ein und sprach von einem «Reputationsverlust für Schweizer Hochschulen». Mittelfristig sehe der Regierungsrat daher keine Alternative zu einer Assoziierung der Schweiz an Horizon.

Übergangsmassnahmen für «Horizon Europe»
Dossier: Erasmus und Horizon

Das SBFI informierte Ende Juni 2021, dass die Europäische Kommission die Projekteingaben für das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation «Horizon Europe 2021-2027» eröffnet habe. Da die Schweiz und die EU noch keine Verhandlungen über eine Assoziierung der Schweiz begonnen haben, könnten Forschende in der Schweiz zwar ebenfalls – wenn auch nur in beschränktem Ausmass – an den Ausschreibungen teilnehmen, sie erhielten jedoch als Partizipierende aus einem Drittstaat in der Regel keine Finanzierung seitens der Kommission. Der Bundesrat strebe die Assoziierung als Vollmitglied an; solange diese jedoch noch nicht stehe, werde die Finanzierung der entsprechenden Projekte durch das SBFI erfolgen. Die entsprechende Finanzierung im Umfang von CHF 6.15 Mrd. war 2020 seitens der beiden Räte gutgeheissen worden. Das SBFI schloss seine Medienmitteilung mit dem Hinweis darauf, dass die Schweiz wohl in der nächsten Zeit von der Europäischen Kommission informiert werde, wie diese hinsichtlich einer allfälligen Assoziierung der Schweiz vorgehen wolle.
Die Medien zeigten sich im Gegensatz zum SBFI jedoch überzeugt, dass die EU nicht so bald auf den Schweizer Wunsch nach einer Assoziierung eingehen werde. Die Schweiz sei derzeit sogar schlechter gestellt als Länder wie die Türkei, mit denen aktuell Verhandlungen laufen oder kurz bevorstehen. Zurückzuführen sei diese missliche Lage auf den Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen sowie auf die Zurückhaltung in Sachen Kohäsionsmilliarde für ausgewählte EU-Staaten. Die Aargauer Zeitung befürchtete gar, dass die Deblockierung der Kohäsionsmilliarde eventuell nicht reichen werde, um die EU-Kommission zu einem Verhandlungsbeginn betreffend Horizon Europe zu bewegen. Die Medien zitierten auch mehrere Stimmen aus der Forschungslandschaft der Schweiz, die sich besorgt über den derzeitigen Status der Schweiz äusserten. So befürchtete Jean-Luc Barras, Abteilungsleiter institutionelle Beziehungen beim SNF, eine «Erosion der wissenschaftlichen Forschung in der Schweiz», währenddem Yves Flückiger, Präsident von swissuniversities, die Forschenden in der Schweiz aufgrund dieser Situation als «groggy», also als angeschlagen oder wackelig, bezeichnete.

Übergangsmassnahmen für «Horizon Europe»
Dossier: Erasmus und Horizon

Im Juni 2021 vermeldeten die Medien, dass das SBFI eine Überprüfung der Titel in der Höheren Berufsbildung (HBB) plane. Das Staatssekretariat wolle diese Analyse vornehmen, um die Bildungsabschlüsse an den Höheren Fachschulen besser zu positionieren. Dabei solle auch die Einführung der Titel «Professional-Bachelor» und «Professional-Master» geprüft werden. Wie die Sonntagszeitung berichtete, führte Deutschland Anfang 2020 ebendiese akademischen Titel für Absolventinnen und Absolventen einer Berufslehre ein. Darauf reagierte Nationalrat Aebischer (sp, BE) mit einer Motion, die die Einführung der Bezeichnungen «Professional Bachelor» und «Professional Master» für die Abschlüsse der HBB forderte. Befürworter dieser Titeläquivalenz wie Aebischer oder Alt-Nationalrat Rudolf Strahm argumentierten, dass solche englischen Titel für die Höhere Berufsbildung gerade im Ausland einen Mehrwert generieren würden. In anderen Ländern würden die Schweizer Bezeichnungen nämlich nicht verstanden, wodurch Schweizer Absolventinnen und Absolventen der HBB anderen Stellenbewerberinnen und -bewerbern gegenüber schlechter gestellt würden. Diesem Argumentarium schloss sich auch SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler an. Die Kritikerinnen und Kritiker einer solchen Anpassung, namentlich swissuniversities und FH Schweiz, der Dachverband der Absolventinnen und Absolventen Fachhochschule, befürchteten hingegen gemäss Sonntagszeitung, dass die Einführung von Titeln in der HBB zu Verwechslungsgefahr mit den akademischen Abschlüssen auf der universitären und der Fachhochschul-Ebene führen würde.

Akademisierung der Höheren Berufsbildung
Dossier: Höhere Fachschulen

Mustafa Atici (sp, BS) reichte im März 2021 ein Postulat bezüglich der Validierung von Bildungsleistungen ein. Atici forderte den Bundesrat auf, in einem Bericht verschiedene Punkte zum Nachweis von beruflichen Fähigkeiten zu klären. Zum einen wollte er wissen, weshalb die seit 2004 im BBG verankerten «anderen Qualifikationsverfahren» zum Nachweis von beruflichen Fähigkeiten noch nicht oft angerechnet würden. Zum anderen verlangte der Postulant eine Übersicht über die Erfahrungen, welche die einzelnen Kantone sowie vergleichbare europäische Länder bis heute bei der Validierung von informell erworbenen Lernleistungen sowie von beruflicher und sonstiger Praxis gewonnen haben. Schliesslich forderte Atici Vorschläge, wie – aufbauend auf den im Bericht gewonnenen Erkenntnissen und in Absprache mit den Verbundpartnern – eine neue Ausrichtung der Validierungsverfahren aussehen könnte.
Der Stadtbasler Nationalrat begründete seinen Vorstoss mit der Tatsache, dass die Validierung von Bildungsleistungen an formale Abschlüsse nur punktuell vorgenommen werde. Atici setzte seine Hoffnungen daher auf Ansätze, die die Fähigkeiten und Kompetenzen «spezifischer Zielgruppen unabhängig von formalisierten Bildungsgängen modular validier[en] und in (Teil-)Zertifikaten» abbilden. Dies verbessere die Arbeitsmarktfähigkeit der Betroffenen und erleichtere den Zugang zu Aus- und Weiterbildungen. Der Bundesrat erläuterte, dass es in der Schweiz derzeit keine Zertifizierung von informell erworbenen Kompetenzen gebe. Er sei daher bereit darzulegen, wie sich die Situation in der Schweiz darstelle und welche Erfahrungen andere Länder mit der Zertifizierung dieser Fähigkeiten gemacht hätten. Das Postulat wurde in der Sommersession 2021 vom Nationalrat stillschweigend angenommen.

Validierung von Bildungsleistungen. Von der Zulassungslogik zur Zertifizierungslogik (Po. 21.3235)

Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) forderte in einem im Frühjahr 2021 eingereichten Postulat, dass Massnahmen geprüft werden, um zu verhindern, dass Studierende und Lernende der Berufsbildung aufgrund der Covid-19-Pandemie diskriminiert werden. Der Bundesrat solle dazu unter anderem untersuchen, inwiefern den Auszubildenden Wissenslücken drohen und wie sich diese auf die Qualität der Diplome und in der Folge auch auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt auswirken können und dazu einen Bericht vorlegen. Die Postulantin wollte ebenfalls wissen, ob Bund und Kantone Massnahmen planen – beispielsweise einen runden Tisch mit den Sozialpartnern –, um den Menschen zu helfen, die ihre Ausbildung aufgrund der Auswirkungen der Pandemie nicht mit einem Diplom abschliessen können.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. Dieses wurde in der Sommersession 2021 von Nationalrat diskussionslos angenommen.

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungsgänge (Po. 21.3352)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2021 mit der Forderung nach einer Sensibilisierungskampagne gegen Belästigungen an den ETH. Dieses von der WBK-NR eingebrachte Anliegen stiess grundsätzlich auch in der WBK-SR auf Zuspruch, wie Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) erläuterte. Die Kommissionsmehrheit beantragte jedoch die Ablehnung der Motion, weil der ETH-Bereich bereits zahlreiche Schritte zur Sensibilisierung unternommen habe. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) deutete eine allfällige Ablehnung der Motion als falsches Signal. Sie forderte im Namen der Kommissionsminderheit die Annahme des Vorstosses, da es notwendig sei, einen umfassenden kulturellen Wandel herbeizuführen. Auch müssten die Studierenden stärker einbezogen werden, dies sei bis anhin nicht geschehen.
Die kleine Kammer folgte in der anschliessenden Abstimmung der Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion mit 22 zu 14 Stimmen ab.

Kampagne gegen Belästigungen an den ETH (Mo. 21.3010)

WBK-SR-Sprecher Jakob Stark (svp, TG) erläuterte die Vorteile der Motion «Bessere Steuerung und Planbarkeit in der Berufsbildungsfinanzierung», welche von der WBK-NR im Januar 2021 eingereicht worden war und nun in der Sommersession 2021 vom Ständerat behandelt wurde. Mit diesem Vorstoss solle mehr Ordnung in die Finanzierung der Berufsbildung gebracht werden. Ziel sei es, dass die Kantone mehr Planungssicherheit bekämen, indem sie die Pauschalbeiträge für die Berufsbildung unabhängig von den Berufsbildungsausgaben des Bundes erhielten. Entsprechend beantragte die Kommission die Annahme der Motion. Bildungsminister Parmelin anerkannte, dass das derzeitige System der Berufsbildungsfinanzierung komplex sei. Aus Sicht des Bundesrates sei es aber sinnvoller und realistischer, die Forderung der Motion erst im Rahmen der BFI-Botschaft 2025-2028 anzugehen. Daher lehnte der Bundesrat die Motion ab. Anschliessend stimmte der Ständerat der Motion jedoch deutlich zu – mit 35 zu 1 Stimmen, bei einer Enthaltung.

Bessere Steuerung und Planbarkeit in der Berufsbildungsfinanzierung (Mo. 21.3007)

Im Sommer 2021 wurde in den Schweizer Zeitungen über ein grosses Reformprojekt bei der kaufmännischen Lehre diskutiert.
Diese Reform, genannt «Kaufleute 2022», wurde vom SBFI im Frühling 2021 in eine Anhörung geschickt. Im Zentrum standen dabei der Aufbau von Handlungskompetenzen, die Vermittlung von fundiertem Grundlagenwissen, die Durchlässigkeit innerhalb der verschiedenen kaufmännischen Abschlüsse, ein neues Fremdsprachenkonzept sowie ein Gesamtkonzept für die lehrbegleitende Berufsmaturität.
Die Aargauer Zeitung berichtete, dass wichtige Punkte des Reformvorhabens auf Kritik gestossen seien, beispielsweise bei der Aargauer SVP und der FDP sowie der Aargauer Bildungsdirektion und der Aargauer KV-Rektorenkonferenz. Widerstand formierte sich insbesondere gegen die Auflösung der bisherigen Unterrichtsfächer und der anstelle dessen einzuführenden Handlungskompetenzen und gegen die Streichung einer zweiten Fremdsprache. Dieser zweite Punkt wurde auch von Ständerätin Baume-Schneider (sp, JU) stark kritisiert. Ein weiterer Kritikpunkt betraf den Fahrplan der Reform: Zahlreiche Anhörungsteilnehmende erachteten eine Inkraftsetzung der neuen Bildungsverordnungen und Bildungspläne auf den Sommer 2022 als unrealistisch. Die NZZ äusserte ebenfalls Kritik an einzelnen Punkten der Reform – insbesondere am Fokus auf Kompetenzen anstelle von Fachwissen –, sah sie gesamthaft jedoch als notwendig an, damit die Absolventinnen und Absolventen der KV-Lehre den Herausforderungen der Zukunft, insbesondere der Digitalisierung, gewachsen seien. Nachdem sich im Mai 2021 die beiden WBK über den Prozess informiert und je eine gleichlautende Motion (Mo. 21.3608 und Mo. 21.3605) eingereicht hatten, welche die Verschiebung der Inkraftsetzung der Reform auf 2023 forderten, informierte das SBFI Mitte August 2021 über das weitere Vorgehen. Zum einen sei verbundpartnerschaftlich entschieden worden, den Einführungszeitpunkt der Reform auf Sommer 2023 zu verschieben, entsprechend wurde auch der Name der Reform auf «Kaufleute 2023» geändert. Auch bei den Fremdsprachenkompetenzen kam das SBFI den Kritikern entgegen; auch weiterhin sollen alle KV-Lernenden zwei Fremdsprachen erlernen. Zum anderen hielt das SBFI jedoch daran fest, das Fachwissen in Handlungskompetenzen zu vermitteln, dies sei in der Berufsbildung mittlerweile Usus. Dadurch gelinge es, den Lernenden «Wissen in adäquater Tiefe und in Verbindung mit ihrem Berufsalltag» zu vermitteln.

Wandel in der Berufsbildung

Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2021 mit der Motion «Förderung der Mobilität und der Sprachaufenthalte der Lernenden» der WBK-NR. Matthias Michel (fdp, ZG) beantragte seitens der Kommissionsmehrheit die Ablehnung der Motion. Die Kommission unterstütze das Grundanliegen – den sprachlichen Austausch der Jugendlichen in der beruflichen Grundbildung –, sie sei aber der Ansicht, dass die Forderung bereits umgesetzt werde. So seien im Rahmen der Kulturbotschaft 2021-2024 bereits ausreichend Mittel für die sprachliche Mobilität gesprochen worden. Zudem plane die Initiative Berufsbildung 2030 die Digitalisierung voranzutreiben, damit dürfe auch der Forderung nach einer digitalen Informationsplattform entsprochen werden, so Michel. Demgegenüber argumentierte Johanna Gapany (fdp, FR), dass der sprachliche Austausch bei den Lernenden noch nicht genügend gefördert werde. Die Lehre müsse noch stärker aufgewertet werden, entsprechend solle die Motion angenommen werden.
Schliesslich entschied sich der Ständerat äusserst knapp, mit 21 zu 20 Stimmen, für die Annahme der Motion.

Förderung der Mobilität und der Sprachaufenthalte der Lernenden (Mo. 20.3918)

Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) reichte im März 2021 ein Postulat betreffend den Zeitpunkt der Lehrstellenausschreibung und Lehrstellenvergabe ein. Er forderte einen Bericht, in welchem die Auswirkungen dieses Zeitpunkts auf die berufliche Zukunft der Jugendlichen analysiert wird. Jositsch kritisierte, dass einige Firmen dazu übergegangen seien, ihre Lehrstellen bis zu 1.5 Jahre vor Antrittsbeginn auszuschreiben. Dies habe für die betroffenen Jugendlichen, für die Lehrbetriebe, aber auch für die ganze Volkswirtschaft negative Folgen. Die Jugendlichen stünden dadurch mit 14 oder 15 Jahren bereits unter einem grossen Druck und hätten kaum Zeit für eine seriöse Auseinandersetzung mit der Berufswahl. Den Betrieben wiederum fehle dadurch die Zeit, um in einem gezielten Selektionsverfahren die geeigneten Jugendlichen zu finden. Dies führe auch zu mehr Lehrabbrüchen, welche die gesamte Wirtschaft negativ treffen würden.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulates. Es sei auch den Verbundpartnern der Berufsbildung ein grosses Anliegen, dass die Jugendlichen eine geeignete Lehrstelle finden. Beim Entscheid der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz, wonach Lehrstellen schon rund 1.5 Jahre vor Antrittsbeginn publiziert werden können, sei es aber vor allem darum gegangen, den Mädchen und Jungen sowie ihren Eltern einen Ausblick zu bieten, «welche Betriebe im Sommer des darauffolgenden Jahres Lehrstellen anbieten». Ausserdem sei die Tripartite Berufsbildungskonferenz daran, ein «Commitment Lehrstellen» zu erarbeiten, damit die Berufswahlvorbereitung für die Jungendlichen nach einem sinnvollen Zeitplan vonstattengehen kann. Daher brauche es keine weiteren Massnahmen in diesem Bereich, schloss der Bundesrat.
Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2021 mit dem Vorstoss. Nachdem Daniel Jositsch und Bildungsminister Parmelin ihre Argumente wiederholt hatten, nahm die kleine Kammer den Vorstoss sehr knapp, mit 20 zu 19 Stimmen, bei einer Enthaltung, an.

Mehr Fairness bei der Lehrstellenausschreibung und Lehrstellenvergabe (Po. 21.3103)

Im Mai 2021 forderte die WBK-NR, dass die Einführung der KV-Reform um ein Jahr verschoben wird und folglich erst im Sommer 2023 in Kraft treten soll. Dieselbe Forderung erhob auch ihre Schwesterkommission (Mo. 21.3605). Die WBK-NR argumentierte, dass eine Reform von dieser Tragweite gut durchdacht sein müsse, im Moment jedoch noch einige Punkte umstritten seien; diese müssten zuerst geklärt werden. Die Kommission erwähnte diesbezüglich die Frage nach dem Unterrichten respektive Erlernen einer zweiten Landessprache und die Frage nach der Integration der Berufsmaturität in die KV-Lehre.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da das Anliegen bereits erfüllt worden sei. So habe das SBFI in der Zwischenzeit nach verschiedenen Diskussionen mit den betroffenen Akteurinnen und Akteuren «entschieden, die Inkraftsetzung von Bildungsverordnung und Bildungsplan auf Anfang 2023 festzulegen und diese im August 2021 zu erlassen». Daraufhin wurden die zwei Motionen im September respektive Oktober 2021 von den beiden Kommissionen zurückgezogen.

KV-Reform. Verschiebung um ein Jahr (Mo. 21.3608)

Der Bundesrat publizierte im April 2021 die strategischen Ziele für den ETH-Bereich für die Periode 2021-2024. Der ETH-Bereich umfasst die ETHZ, die EPFL sowie die vier Forschungsanstalten EAWAG, WSL, EMPA und PSI.
Die Regierung erwartete, dass der ETH-Bereich weiterhin eine ausgezeichnete Lehre anbietet. Auf dem Gebiet der Forschung solle der ETH-Bereich seine internationale Spitzenposition halten, seine Forschungsinfrastrukturen weiterentwickeln und sie der Forschungscommunity anbieten. Auch soll er die Zusammenarbeit mit den kantonalen Hochschulen, mit privaten Schweizer Forschungsinitiativen sowie mit international führenden Institutionen intensivieren. Betreffend die Studierenden und die Angestellten machte der Bundesrat die Vorgabe, dass der ETH-Bereich für die besten Studierenden und Forschenden attraktiv bleiben müsse. Des Weiteren solle im Personalbereich dafür gesorgt werden, dass der Frauenanteil in Lehre und Forschung weiter gesteigert und jegliche Art von Diskriminierung und Belästigung beseitigt werden. Überdies sollen die Querschnittthemen Digitalisierung, Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit priorisiert werden.

strategische Ziele für den ETH-Bereich für die Periode 2021-2024