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Rückblick auf die 51. Legislatur: Bildung und Forschung

Autorinnen und Autoren: Bernadette Flückiger, Marco Ackermann und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Die Finanzierung sämtlicher Bereiche in Bildung, Forschung und Innovation wird alle vier Jahre in der sogenannten BFI-Botschaft geregelt – so auch in der 51. Legislatur. Für die Jahre 2021 bis 2024 sprach das Parlament insgesamt Mittel im Umfang von CHF 28.1 Mrd., zuvor hatte es die 14 Bundesbeschlüsse teilweise während drei Sessionen beraten. Damit entpuppte sich die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2021-2024 auch zum am längsten debattierten Geschäft der Legislatur im vorliegenden Themenbereich.

Im Bereich der frühkindlichen Förderung bot ein vom Bundesrat verfasster Bericht zur Politik der frühen Kindheit unter anderem den Anstoss zur Einreichung einer Kommissionsinitiative, die eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den elterlichen Kosten der ausserfamiliären Kinderbetreuung fordert.

Während der 51. Legislatur wurden in den Medien verschiedene Diskussionen zur obligatorischen Schule intensiv geführt. So gab während des Lockdowns in der Corona-Pandemie etwa das für eine Zeit nötig gewordene Homeschooling oder die später eingeführte Maskentragepflicht zu reden. Doch auch nach Ende der Pandemie standen die Schulen vor grossen Herausforderungen: Nach Beginn des Ukraine-Kriegs stellte sich die Frage zur Integration geflüchteter ukrainischer Kinder in das Schweizer Schulsystem. Ab dem Jahr 2022 intensivierten sich die Diskussionen um den Mangel an Lehrpersonen, was auch in politische Vorstösse – etwa bezüglich des Zugangs zum Beruf oder zur Ausbildung – mündete.

Neben Diskussionen um die obligatorische Schule wurden in den Medien auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berufsbildung diskutiert. Mit dem sogenannten EHB-Gesetz schuf der Bundesrat in der 51. Legislatur eine eigene gesetzliche Grundlage für die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung. Aufgrund des Widerstands des Ständerates nicht zustande kam hingegen die Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung.

In den Bereichen Forschung und Hochschulen beschäftigte die Revision des ETH-Gesetzes die Räte, mit der unter anderem Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle zu generellen Aufsichtskompetenzen des ETH-Rates umgesetzt wurden. Das Geschäft konnte schliesslich nach der Einigungskonferenz verabschiedet werden. Ebenfalls ausführlich debattiert worden war die Finanzierungsbotschaft für die Beteiligung am Horizon Paket 2021-2027 der EU – allerdings noch bevor es zum Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU kam. Nach besagtem Verhandlungsabbruch und der Schweizer Zurückhaltung in Sachen Kohäsionsmilliarde war es der Schweiz lediglich möglich, als nicht-assoziierter Drittstaat an «Horizon Europe» teilzunehmen, worauf Bundesrat und Parlament verschiedene Übergangsmassnahmen verabschiedeten. In Erfüllung zweier Standesinitiativen gab der Bundesrat Ende 2022 ferner einen Entwurf zur Schaffung eines Horizon-Fonds – ein befristeter Fonds für die finanzielle Unterstützung der internationalen Forschungszusammenarbeit für die Zeit der Nicht-Assoziierung an «Horizon Europe» – in die Vernehmlassung. Auch bleibt der Schweiz nach wie vor die Assoziierung an Erasmus+ versagt.

Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Bildung und Forschung
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

In der Sommersession 2023 stand eine Motion der WBK-NR zur Schaffung von Transparenz über die verwendeten Mittel des Horizon-Pakets mittels eines Dashboards auf der Traktandenliste des Ständerats. Die vorberatende UREK-SR hatte dem Stöckli im März 2023 mit 6 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen beantragt, die Motion abzulehnen. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) legte im Rat dar, dass bereits genügend Transparenz über die Verwendung der finanziellen Mittel bei den Auffangmassnahmen bestehe. Zwar seien die Unterlagen teilweise komplex, bei Unklarheiten könne die Kommission aber jederzeit bei der Verwaltung detailliertere Unterlagen zu einzelnen Krediten verlangen. «[N]ur weil es schwerfällt, das transparent Dargestellte zu verstehen», brauche es keine Motion, schloss Würth. Auch Guy Parmelin argumentierte im Namen des Bundesrats für eine Ablehnung, da bereits genügend Transparenz bestehe. Dieser Ansicht war auch der Ständerat und lehnte die Motion stillschweigend ab. Das Anliegen war damit erledigt.

Transparenz bezüglich der verwendeten und nicht verwendeten Mittel des Verpflichtungskredits «Horizon-Paket 2021-2027» (Mo 22.3876)
Dossier: Erasmus und Horizon

Eine Bestimmung im Covid-19-Gesetz sah vor, dass Berufsbildnerinnen und Berufsbildner ihre Lernenden auch während dem Bezug von Kurzarbeitsentschädigungen ausbilden können. Da diese Bestimmung im Covid-19-Gesetz Ende 2023 auslaufen wird, beabsichtigte der Bundesrat, sie in das AVIG zu überführen, um sie dauerhaft beizubehalten. Die vorberatende SGK-SR hatte sich im Mai einstimmig hinter die bundesrätliche Vorlage gestellt und bekannt gegeben, die Anpassungen des AVIG für «sinnvoll und zweckmässig» zu halten. Auch im Ständerat erfuhr die Vorlage in der Sommersession 2023 grossen Zuspruch. Stillschweigend trat dieser auf das Geschäft ein und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung einstimmig (mit 37 Stimmen) an. Wie Bundesrat Guy Parmelin im Rat erläuterte, touchiere die Anpassung nur wenige Gesetzesartikel und es seien jährlich mit maximal CHF 1.4 Mio. zusätzlichen Ausgaben zu rechnen. Um eine Gesetzeslücke zu verhindern, soll das Gesetz auch bei einer späteren Behandlung im Nationalrat auf den 1. Januar 2024 rückwirkend in Kraft treten. Da die Rückwirkung mit relevanten Gründen gerechtfertigt werden könne, keine Rechte Dritter touchiert oder wohlerworbene Rechte verletzt würden, sei eine rückwirkende Bestimmung als «klare Ausnahmesituation» angezeigt, schloss Kommissionssprecher Hans Stöckli (sp, BE).

Kurzarbeitsentschädigung für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner (BRG 23.026)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

In der Sommersession 2023 gab der Nationalrat einer Motion Fabien Fivaz (gp, NE) für ergänzende Verfahren zur Sicherung von Forschung und Innovation in der Schweiz grünes Licht. Der Grüne Politiker forderte zum Horizon-Paket 2021-2027 ergänzende Massnahmen, um Förderlücken in den Bereichen der Quanten- und Weltraumforschung, in den digitalen Schlüsseltechnologien und im Innovationsbereich von KMU zu kompensieren und die reglementarischen Unterstützungsgrundlagen entsprechend anzupassen. Im Rat ermahnte Fivaz, dass die Nichtassoziierung bei Horizon für den Schweizer Forschungs- und Innovationsplatz «un désastre» sei und erinnerte daran, dass die Schweiz, die über keine natürlichen Ressourcen verfüge, den wirtschaftlichen Erfolg stets der Innovationskraft und akademischer Exzellenz zu verdanken gehabt habe. Guy Parmelin erklärte, dass für den Bundesrat eine rasche Assoziierung der Schweiz bei Horizon-Europe weiterhin das oberste Ziel bleibe. Der Bundesrat war jedoch der Ansicht, dass bestehende Bemühungen bereits das Anliegen der Motion erfüllten und beantragte die Ablehnung. Während die geschlossene SVP-Fraktion und die Mehrheit der Mitte-Fraktion mit insgesamt 65 Stimmen diesem Antrag folgten, waren 117 Nationalrätinnen und Nationalräte anderer Fraktionen vom Anliegen überzeugt und stimmten für die Motion.

Horizon 2021–2027 und Nicht-Assoziierung der Schweiz. Verfahren zur Sicherung von Forschung und Innovation in der Schweiz ergänzen (Mo. 21.4214)
Dossier: Erasmus und Horizon

Im Sommer 2023 schrieb der Nationalrat ein Postulat Bulliard-Marbach (mitte, FR) für einen Bericht betreffend Massnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung von Studierenden und Lernenden der Berufsbildung in Folge der Covid-19-Pandemie ab. Der Bundesrat, der dem Rat die Abschreibung beantragt hatte, verwies in seinem schriftlichen Antrag auf die «Task Force Perspektive Berufslehre» und deren «Förderschwerpunkt Lehrstellen Covid-19». Die Hochschulen hätten zudem den Betrieb von Lehre und Forschung während der Pandemie in Präsenz oder digital aufrechterhalten können und finanzielle und psychische Hilfsangebote eingerichtet. Aufgrund dessen und der getroffenen Massnahmen erachtete der Bundesrat das Anliegen – ohne zusätzlichen Bericht – als erfüllt und beantragte die Abschreibung des Postulats.

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungsgänge (Po. 21.3352)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Nachdem der Bundesrat Ende Sommer 2022 einen Bericht in Erfüllung des Postulats Verena Herzog (svp, TG) zur Einbindung der Ergebnisse einer Studie zur Förderung von Kindern mit Unaufmerksamkeit und Verhaltensauffälligkeiten in die Ausbildung von Lehrpersonen veröffentlicht hatte, beantragte der Bundesrat das Postulat zur Abschreibung. Im Rahmen der Botschaft zu Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 folgte der Nationalrat im Sommer 2023 diesem Antrag.

ADHS-Forschungsprojekt (Po. 19.4283)
Dossier: Vorstösse zum Thema ADHS

Im Rahmen der Botschaft zu den Motionen und Postulaten der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 schrieben National- und Ständerat in der Sommersession 2023 die Motion Christoph Eymann (ldp, BS) betreffend die frühe Sprachförderung als Basis für einen Sek-II-Abschluss und als Integrationsmassnahme ab. Der Bundesrat hatte im Sommer 2022 den entsprechenden Bericht «Frühe Sprachförderung in der Schweiz» veröffentlicht.

Frühe Sprachförderung vor dem Kindergarteneintritt als Voraussetzung für einen Sek-II-Abschluss und als Integrationsmassnahme (Mo. 18.3834)
Dossier: Frühe Kindheit

Nachdem der Bundesrat im November 2022 einen Bericht zum Thema «Unternehmertum und Gleichstellung in der Berufsbildung» veröffentlicht hatte, beantragte er im Rahmen seines Berichts über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 die Abschreibung des entsprechenden Postulats der FDP.Liberale-Fraktion. Im Sommer 2023 schrieb der Nationalrat das Postulat in der Folge ab.

Berufsbildung und Gleichstellung. Lust und Kompetenzen vermitteln, unternehmerisch tätig zu werden, Frauen wie Männern und in allen Branchen (Po. 20.4285)

Im Sommer 2023 schrieben beide Kammern im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 eine Motion der WAK-SR für die Unterstützung der Lehrbetriebe während der Corona-Krise ab. Der Bundesrat verwies in seinem schriftlichen Antrag auf Abschreibung auf die unternommenen Anstrengungen im Rahmen der «Task Force Perspektive Berufslehre» und deren «Förderschwerpunkt Lehrstellen Covid-19». Zwischen Mai 2020 und März 2022 habe der Bund so insgesamt knapp hundert Projekte zur Stabilisierung des Lehrstellenmarktes mit gut CHF 23 Mio. unterstützt. Lernende hätten während dieser Zeit «einen vollwertigen, auf dem Arbeitsmarkt anerkannten Berufsabschluss erlangen» können, konstatierte der Bundesrat.

Unterstützung der Lehrbetriebe (Mo. 20.3163)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Die Schweizer Kandidatur zur Durchführung der «EuroSkills» für das Jahr 2029 werde durch den Bund finanziell unterstützt, gab der Bundesrat im Rahmen seines Berichts über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 bekannt. Unabhängig von dieser aktuellen Kandidatur für die Durchführung der «EuroSkills 2029» in Genf, welche die Stiftung Swiss Skills im Mai 2023 eingereicht hatte, habe der Bund mit ebendieser Stiftung eine Vereinbarung über finanzielle Unterstützungen für eine regelmässige Teilnahme der Schweiz an den «WorldSkills» und «EuroSkills» getroffen. Der Bundesrat erachtete aufgrund dessen die Motion der WBK-NR als erfüllt. National- und Ständerat schrieben den Vorstoss in der Sommersession 2023 in der Folge ab.

Austragungsort der World Skills in der Schweiz (Mo. 17.3975)

Mit 97 zu 88 Stimmen bei 5 Enthaltungen lehnte es der Nationalrat in der Sommersession 2023 ab, die Einführung der «neuen Gendersprache» an den eidgenössischen Hochschulen und Forschungsanstalten zu verbieten. Die entsprechende parlamentarische Initiative von Therese Schläpfer (svp, ZH) fand nur bei der geschlossenen SVP-Fraktion sowie jeweils bei einer Mehrheit der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion Gehör. Im Rat torpedierten Initiantin Schläpfer und WBK-NR-Minderheitssprecherin Verena Herzog (svp, TG) die Gendersternchen und die komplizierten Sprachvorschriften an den Hochschulen. Letztere sollten sich stattdessen besser an dem Sprachleitfaden der Bundeskanzlei orientieren. Marianne Binder-Keller (mitte, AG) warf daraufhin die Frage in den Raum, ob die Lehranstalten nicht selber in der Lage seien, diese Angelegenheit eigenständig zu klären. Hier hakte auch Kommissionssprecher Christian Wasserfallen (fdp, BE) ein, der im Namen der Kommission den Handlungsbedarf zwar nicht grundsätzlich negierte, die Herangehensweise jedoch kritisierte. Eine Regelung zum Umgang mit Gendersprache sollte über alle Hochschulen hinweg gemeinsam getroffen werden und nicht nur im Bereich der ETH und EPFL, wo der Bund die Trägerschaft innehat. Bundesrat Guy Parmelin sei deshalb von der Kommission gebeten worden, sich für eine koordinierte, eigenständige Regelung unter den Hochschulen einzusetzen. Wie Kommissionssprecher Emmanuel Amoos (sp, VS) zudem erläuterte, wolle Bildungsminister Parmelin die Fragen an der Konferenz der Schweizer Hochschulen im November 2023 thematisieren. Eine Mehrheit zeigte sich damit zufrieden und die Initiative war erledigt.

Kein Gendern an den Hochschulen und Forschungsanstalten des Bundes (Pa. Iv. 22.475)

Während die Mehrheit der WBK-NR der parlamentarischen Initiative Prelicz-Huber (gp, ZH) für die Förderung von Stipendien für die Berufsbildung keine Folge geben wollte, beantragte eine linke Minderheit Schneider (gp, ZH) Folgegeben. Prelicz-Huber war der Ansicht, dass mehr Bundesbeiträge an Kantone gesprochen werden sollten, die Stipendien an Erwachsene zur beruflichen Bildung, Weiterbildung oder Umschulung erteilen. Sie hob dabei die Wichtigkeit von lebenslangem Lernen hervor. Kommissionssprecherin Simone De Montmollin (fdp, GE) vertrat hingegen die Ansicht, dass dies gemäss Bundesverfassung in die Kompetenz der Kantone eingreifen würde. Die Kommission werde sich zudem im Rahmen der BFI-Botschaft mit dem Thema auseinandersetzen. Der Nationalrat entschied sich in der Sommersession 2023 mit 117 Stimmen zu 72 Stimmen bei 1 Enthaltung, das Anliegen in dieser Form nicht weiterzuverfolgen. Die Initiative war damit erledigt.

Fachkräftemangel wirksam bekämpfen durch Stärkung der Weiterbildung (Pa. Iv. 22.472)

Im Sommer 2023 schrieb der Ständerat das Postulat Jositsch (sp, ZH) zum Thema «Angebote der Arbeitslosenversicherung für junge Erwachsene am Übergang II» während der Corona-Krise ab, nachdem der Bundesrat Ende Sommer 2022 den entsprechenden Bericht in Erfüllung des Vorstosses veröffentlicht hatte. Die Abschreibung erfolgte im Rahmen der Behandlung des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022.

Berufserfahrung von arbeitslosen Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern in der Corona-Krise stärken (Po. 20.3480)
Dossier: Schulen und Ausbildung während Covid-19 – Reaktionen und Folgen

Nachdem der Bundesrat im November 2022 einen Bericht über die Nutzung von wissenschaftlichem Potenzial in Krisenzeiten veröffentlicht hatte, beantragte er die Abschreibung des entsprechenden Postulats Michel (fdp, ZG) im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022. Im Sommer 2023 folgte der Nationalrat diesem Antrag und schrieb den Vorstoss ab.

Wissenschaftliches Potenzial für Krisenzeiten nutzen (Po. 20.3280)

Im Sommer 2023 folgte der Nationalrat dem Beschluss des Ständerats und trat nicht auf eine parlamentarische Initiative Aebischer (sp, BE) betreffend die Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter ein. Stillschweigend folgte die grosse Kammer damit ihrer vorberatenden WBK-NR. Das Anliegen «hat seine Berechtigung», erklärte Kommissionssprecher Simon Stadler (mitte, UR), da nicht alle Kinder mit dem «gleich gut gefüllten Rucksack» in die Schule eintreten. Dem Hauptanliegen dieser Initiative sei jedoch bereits in der Kita-Vorlage (Pa. Iv. 21.403) Rechnung getragen worden. Die Initiative war damit erledigt.

Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter (Pa. Iv. 17.412)
Dossier: Frühe Kindheit

Der Tessiner Nationalrat Piero Marchesi (svp, TI) forderte in einer im Mai 2021 eingereichten Motion, dass der Bundesrat den Startschuss für die Impfstoffforschung und Impfstoffproduktion in der Schweiz erteilt. Erfahrungen aus der Corona-Pandemie hätten gezeigt, dass die Schweiz trotz der ansässigen Pharmaindustrie grosse Mühe – gemäss Motionär «enormi difficoltà» – gehabt habe, geeignete Impfstoffe zu besorgen. Der Bundesrat sollte deshalb dazu angehalten werden, in Zusammenarbeit mit den Universitäten, den privaten Forschungseinrichtungen und der Pharmaindustrie eine Vorlage auszuarbeiten, um die Rahmenbedingungen für den hiesigen Forschungs- und Produktionsstandort zu verbessern. Die Massnahmen sollten dazu beitragen, dass die Schweiz besser auf künftige Pandemien vorbereitet ist. In der Sondersession im Mai 2023 befasste sich der Nationalrat mit der Motion. Gesundheitsminister Alain Berset plädierte im Namen des Gesamtbundesrates für eine Ablehnung der Motion. Er zeigte sich gegenüber dem Anliegen nicht abgeneigt, erklärte aber, dass dieses bereits mit der Verlängerung des Covid-19 Gesetzes bis im Sommer 2024 und dem darin enthaltenen Unterstützungsprogramm – insbesondere für die Entwicklung von Covid-19-Medikamenten – umgesetzt werde. Im Anschluss an diese Regelung plane der Bundesrat mit der Revision des Epidemiengesetzes zudem die Verankerung einer langfristigen Vorbereitung auf allfällige Pandemien. Eine Mehrheit der grossen Kammer folgte diesem Votum und lehnte die Motion mit 101 zu 59 Stimmen bei 20 Enthaltungen ab. Für Annahme stimmten dabei die geschlossene SVP-Fraktion zusammen mit Teilen der SP-Fraktion. In Letzterer enthielten sich viele Mitglieder der Stimme.

Startschuss für Impfstoffforschung und Impfstoffproduktion in der Schweiz (Mo. 21.3513)

Der Bundesrat soll dazu angehalten werden, die Ursachen für die Stagnation der Studierendenanzahl in den Bereichen Architektur, Bauwesen und Geomatik an den ETH in einem Bericht darzulegen. Die Industrie beklage einen Fachkräftemangel in diesen Disziplinen, weshalb der Bundesrat Lösungen aufzeigen solle, um die Studierendenanzahl zu erhöhen und Abhilfe auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, erklärte Postulant Jean-Pierre Grin (svp, VD) in der Sondersession im Mai 2023 sein Anliegen. Bundesrat Guy Parmelin zeigte im Rat auf, dass die beiden ETH bereits heute viel Effort leisteten, um die MINT-Fächer anzupreisen. Das Bundesamt für Statistik gehe zudem davon aus, dass an den beiden ETH, der Università della Svizzera italiana sowie an den Fachhochschulen bis 2029 ein Anstieg der Studierendenzahlen in den entsprechenden Fächern von vier bis fünf Prozent zu erwarten sei. Aus diesem Grund erachte es der Bundesrat nicht als nötig, die Situation in einem Postulatsbericht darzulegen. Die Fraktionen der GLP und der FDP waren zusammen mit der beinahe geschlossen stimmenden SVP-Fraktion und wenigen Mitgliedern der Mitte-Fraktion hingegen der Ansicht, ein Bericht zur Klärung der Situation sei angebracht. Mit 99 zu 90 Stimmen bei 3 Enthaltungen nahm der Nationalrat das Postulat in der Folge an.

Eidgenössische Technische Hochschulen: Stagnation der Anzahl Studierenden in den Bereichen Architektur, Bauwesen und Geomatik! (Po. 21.3839)

Nachdem die WBK-NR im Frühjahr 2022 die Beratungen zur parlamentarischen Initiative Aebischer (sp, BE) zur Chancengleichheit vor dem Kindergartenalter vorerst verschoben hatte, beantragte sie ihrem Rat im April 2023 einstimmig, nicht auf die Vorlage einzutreten. In der Zwischenzeit hatte die Kommission das Bundesgesetz über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern (UKibeG) ausgearbeitet, womit das Anliegen der Initiative Aebischer vollständig umgesetzt werde.

Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter (Pa. Iv. 17.412)
Dossier: Frühe Kindheit

Um den Fachkräftemangel wirksam zu bekämpfen, forderte Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) im September 2022 mit einer parlamentarischen Initiative eine Ausweitung der Bundesbeiträge für Aus- und Weiterbildungen. «Lebenslanges Lernen» sei heute zwingend nötig und Aus- und Weiterbildungen während des Berufslebens seien deshalb «unumgänglich», begründete die Grüne Nationalrätin ihr Anliegen. Aufgrund der hohen Kosten qualifizierter Weiterbildungen – seien es die Kosten für die Ausbildung selber oder die Erwerbsausfälle aufgrund der dadurch reduzierten Anstellung bei der Erwerbsarbeit – verzichteten jedoch viele auf diesen Schritt. Die bestehenden Ausbildungsbeiträge sollen deshalb von den Kantonen auch auf Erwachsene ausserhalb der Tertiärbildung ausgeweitet werden können.
Im April 2023 beschäftigte sich die WBK-NR mit der Initiative und beantragte mit 13 zu 11 Stimmen, ihre keine Folge zu geben. Nach Ansicht der Mehrheit sei ein solcher Eingriff in die Kompetenz der Kantone mittels einer parlamentarischen Initiative nicht zielführend. Eine Minderheit wollte den Bund hingegen in die Pflicht nehmen, lebenslanges Lernen zu fördern. Die Kommission gab bekannt, sich der Thematik anlässlich der Behandlung der BFI-Botschaft 2025-2028 nochmals anzunehmen.

Fachkräftemangel wirksam bekämpfen durch Stärkung der Weiterbildung (Pa. Iv. 22.472)

Die Einführung der «neuen Gendersprache» sei bei den vom Bund geführten und finanzierten Hochschulen ETH und EPFL sowie in den Bundes-Forschungsanstalten zu verbieten. Das forderte Therese Schläpfer (svp, ZH) mit einer im September 2022 eingereichten parlamentarischen Initiative. Gendern gehöre nicht zur Ausbildung auf dem technischen Gebiet, verwirre die Studierenden, lenke diese von den eigentlichen Aufgaben ab und behindere den Austausch mit anderen Hochschulen im deutschsprachigen Raum, so die Zürcherin. Das generische Maskulin sei zudem, wie das generische Feminin für die Mehrzahl, eine Eigenheit der deutschen Sprache. Im April 2023 beschäftigte sich die WBK-NR mit der Initiative und beantragte ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen, ihr keine Folge zu geben. Die Mehrheit begrüsste die sachgerechte, klare, bürgerfreundliche und geschlechtergerechte Sprache der Bundesbehörden und technischen Hochschulen, wie sie im Sprachengesetz festgehalten ist. Die Kommission bat indes Bildungsminister Guy Parmelin schriftlich, sich für «eine einheitliche Anwendung einer inklusiven Sprache im Schweizerischen Hochschulbereich einzusetzen». Eine Minderheit war hingegen der Ansicht, Gendern würde die Texte komplizierter machen und zu Diskriminierungen führen, weshalb der Initiative Folge zu geben sei.

Kein Gendern an den Hochschulen und Forschungsanstalten des Bundes (Pa. Iv. 22.475)

Ende März 2023 entschied die WBK-SR einstimmig, die beiden Standesinitiativen der Kantone Basel-Landschaft (Kt. Iv. 21.327) und Basel-Stadt (Kt. Iv. 21.328) betreffend Massnahmen für eine Vollassoziierung der Schweiz an Horizon Europe vorerst zu sistieren. Die Kommission nahm dazu die Ergebnisse der Vernehmlassung zu ihrem Vorentwurf zum Horizon-Fonds-Gesetz zur Kenntnis, welchen sie im Rahmen dieser beiden Standesinitiativen ausgearbeitet hatte.

Drei Standesinitiativen zum Forschungsprogramm Horizon Europe (Kt. Iv. GE 21.320; Kt. Iv. BL 21.327; Kt. Iv. BS 21.328) & Horizon-Fonds-Gesetz
Dossier: Erasmus und Horizon

Die Motion würde «Erwartungen schür[en], die nicht erfüllt werden können», begründete die APK-SR ihre ablehnende Position gegenüber eines Vorstosses ihrer Schwesterkommission für dringliche Massnahmen zugunsten des Schweizer BFI-Standorts. Mit 12 Stimmen bei einer Enthaltung beantragte die Kommission im Frühjahr 2023, die Motion zu verwerfen. Der Ansatz dieser Motion würde bei der verfahrenen Situation um die Teilnahme der Schweiz bei Horizon Europe keine «Deblockierung» ermöglichen.

Im März 2023 stand die Motion dann auf der Traktandenliste des Ständerats. Resigniert untermalte Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) die derzeitige Situation des «Abseitsstehens» der Schweiz. Ins gleiche Horn blies Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) – sie bezeichnete die Situation bei Horizon Europe seit dem Abbruch der Verhandlungen zum InstA als «jämmerlich». Obwohl dem Bundesrat im Dezember 2020 durch das Parlament ein Finanzbeschluss von CHF 6.1 Mrd. für eine siebenjährige Teilnahme der Schweiz beim besagten Programm mit einem entsprechenden Verhandlungsmandat zugesprochen worden war, seien seither keine Verhandlungen erfolgt. Die EU wolle nicht verhandeln, solange die institutionellen Fragen nicht geklärt seien, erklärten Würth und Gmür-Schönenberger. Auch mit der in dieser Motion vorgeschlagenen Erhöhung der Kohäsionsmittel – Ausgleichszahlungen an die EU für die Teilnahme am Binnenmarkt – könne keine Bewegung in der Angelegenheit erreicht werden. Es ergebe somit keinen Sinn, «dem Bundesrat Aufträge zu erteilen, die schöne Signale setzen, aber am Ziel vorbeischiessen», so Würth. Für eine Annahme machte sich im Rat hingegen Eva Herzog (sp, BS) stark. Die drei Anliegen der Motion – Verhandlungen über eine umgehende Assoziierung der Schweiz als Drittland an Horizon Europe und an die weiteren Forschungsprogrammen Digital Europe, ITER, Euratom und Erasmus+, eine einmalige Erhöhung des Kohäsionsbeitrags und die Definition von Grundsätzen für zukünftige Verhandlungen über die Beziehungen mit der EU – behinderten den Bundesrat «in keiner Weise» und bestärkten diesen nur in dem, was er bereits tue, so Herzog. Es sei indes wichtig, dass das Parlament dem Bundesrat seine Haltung bezüglich des EU-Dossiers kommuniziere.
Aussenminister Ignazio Cassis unterstrich derweil, wie wichtig dem Bundesrat eine Vollassoziierung der Schweiz bei Horizon Europe und den weiteren Forschungsprogrammen sei, beantragte aber im Namen des Gesamtbundesrates dennoch eine Ablehnung der Motion, da er bereits um eine Lösung ringe. Der Bundesrat habe die Staatssekretärin Livia Leu im Februar 2022 mit Sondierungsgesprächen beauftragt und arbeite im Rahmen derer weiterhin für eine vollständige Teilnahme der Schweiz an diesen Forschungsprogrammen. Mit 31 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte der Ständerat die Motion schliesslich ab. Für eine Annahme votierten Ständerätinnen und Ständeräte aus den Lagern der SP und der Grünen sowie Olivier Français (fdp, VD). Die Motion war damit erledigt.

Dringliche Massnahmen zu Gunsten des Schweizer Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandorts (Mo. 22.3012)
Dossier: Erasmus und Horizon

Überraschend und entgegen der Meinung des Nationalrats und seiner vorberatenden Kommission machte der Ständerat in der Frühlingssession 2023 eine Kehrtwende und wollte nunmehr keine sogenannte Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung vorschreiben. «Bachelor für Berufsleute abgeschmettert», titelte daraufhin etwa der Tages-Anzeiger. Mit 19 zu 16 Stimmen bei 6 Enthaltungen lehnte die kleine Parlamentskammer eine entsprechende Motion Aebischer (sp, BE) ab und folgte damit dem ablehnenden Votum des Bundesrates. Die vorberatende WBK-SR war im Januar 2023 mit 12 Stimmen bei 1 Enthaltung noch klar für eine Annahme gewesen, hatte also eine Stärkung der Profile der Höheren Fachschulen durch die Titelbezeichnungen «Professional Bachelor» und «Professional Master» unterstützt. Während sich im Vorfeld eine Mehrheit der Verbundpartner der Berufsbildung (Höhere Fachschulen) für eine solche Anpassung ausgesprochen hatten, hatten Medienberichten zufolge Universitäten und Fachhochschulen den Entwurf torpediert.

Im Ständerat zeigte sich ein besonderes Bild: Mehrere Nicht-Kommissionsmitglieder äusserten sich ablehnend zur Motion, so etwa Olivier Français (fdp, VD), Mitglied der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften, der eine Gefahr der Verwechslung mit Abschlüssen der Universitäten und der Fachhochschulen befürchtete und einen Einzelantrag auf Ablehnung stellte. Diesem Votum schlossen sich auch Daniel Fässler (mitte, AI) und Carlo Sommaruga (sp, GE) an. Auch Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU), die zwar Kommissionsmitglied war, jedoch nicht an der entsprechenden Sitzung hatte teilnehmen können, befürchtete eine Vermischung der verschiedenen Titel und hätte es bevorzugt, das Anliegen in Form eines Postulats im Sinne eines Prüfberichts zu behandeln. Die negativen Stellungnahmen der Nicht-Kommissionsmitglieder wechselten sich dabei wiederholt ab mit den Stellungnahmen verschiedener positiv gestimmter Kommissionsmitglieder. So argumentierte etwa Johanna Gapany (fdp, FR) für eine Annahme, da die Titelbezeichnungen die Qualität der Schweizer Berufsbildung auf nationalem und internationalem Parkett verdeutlichen könne. Auch Hannes Germann (svp, SH) wollte den «Sonntagsreden über den Wert unserer dualen Berufsbildung» Taten folgen lassen und den Jungen eine Perspektive geben, indem ihre Ausbildung eine entsprechende Bezeichnung erhalte. Uneinig war sich der Rat schliesslich auch in der Frage, ob die Motion überhaupt vorschreibe, dass eine Aufwertung durch die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» zu erfolgen habe, da diese im Motionstext nur in Klammern genannt wurden. Michel Matthias (fdp, ZG) meinte schliesslich, dass sich die «Dissonanz» nur auf die Titelfrage beschränke, nicht jedoch auf den Grundsatz, dass die höhere Berufsbildung gestärkt werden sollte. Nach der «achterbahnmässigen» Debatte im Ständerat, wie Eva Herzog (sp, BS) das Geschehen im Rat pointiert zu resümieren wusste, zogen sich die Gräben bei der Abstimmung zwischen den knapp unterliegenden Befürwortenden und den siegreichen Gegnerinnen und Gegnern quer durch die Fraktionen hindurch. Bundesrat Guy Parmelin beruhigte die Gemüter zum Schluss mit der Information, dass der Bundesrat dem Parlament demnächst eine Botschaft für eine Gesetzesrevision betreffend die Titelbezeichnungen unterbreiten wolle, womit sich die Räte schon bald erneut zu dieser Frage würden äussern können.

Der Tages-Anzeiger erkannte hinter dem Nein aus dem Stöckli einen erfolgreichen Widerstand der Universitäten und der Fachhochschulen. In ebendieser Zeitung liess alt-Nationalrat und Bildungsexperte Rudolf Strahm kein gutes Wort an diesem Entscheid. Der Verzicht auf die Bezeichnungen werte die Berufe ab und verstärke den Fachkräftemangel. Auch der Gewerbeverbandsdirektor Ulrich Bigler bedauerte den Entscheid und erkannte darin eine verpasste Chance.

Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung (Mo. 20.3050)
Dossier: Höhere Fachschulen

Absolventinnen und Absolventen der Berufsmatura sollen ohne Aufnahmeprüfung zum Studium als Primarlehrerin oder Primarlehrer an der PH zugelassen werden. Dieser Meinung war in der Frühjahrssession 2023 eine Mehrheit des Nationalrates und nahm eine entsprechende von einer Mehrheit seiner WBK-NR getragene Motion (Mo. 22.4268) mit 122 zu 41 Stimmen bei 23 Enthaltungen an. Innerhalb der verschiedenen Fraktionen zeigten sich die Nationalrätinnen und Nationalräte gespalten – einzig jene aus der Mitte-Fraktion stimmten geschlossen für die Motion. Gleichzeitig hiess die grosse Kammer stillschweigend auch ein Postulat (Po. 22.4267) derselben Kommission gut, wonach die Zugangsvoraussetzungen an den Pädagogischen Hochschulen sowie eine spezielle Berufsmaturitäts-Ausrichtung Pädagogik geprüft werden sollen. Der Zugang zur Pädagogischen Hochschule mit einer Berufsmatura ist heute erst nach einem Aufnahmekurs und einer Aufnahmeprüfung möglich und die Berufsmatura bringe keinen Vorteil gegenüber Anwärterinnen und Anwärtern ohne diesen Abschluss, wie Mehrheitssprecher Simon Stadler (mitte, UR) im Rat kritisierte. Mit dem Abbau der Hürden könne der Berufsmatura mehr Wertschätzung entgegengebracht und dem Lehrpersonenmangel, welcher die Schweiz gemäss BFS noch bis ins Jahr 2031 und darüber hinaus beschäftigen werde, entgegengewirkt werden, erläuterte der Urner weiter. Auch Kommissionssprecherin Valentine Python (gp, VD) erinnerte daran, dass es im heutigen Ausbildungssystem wichtig sei, verschiedene Ausbildungswege zu ermöglichen. Der Zugang zu den pädagogischen Hochschulen sollte daher nicht nur über den Weg der gymnasialen Maturität betrachtet werden. Als Teil der Gegnerschaft erwiderte Florence Brenzikofer (gp, BL), dass der prüfungsfreie Zugang «Tür und Tor öffnen» könne, um weitere Hürden zu senken. Ins gleiche Horn blies auch Verena Herzog (svp, TG), welche bei Annahme der Motion eine Schwächung des Images des Lehrerberufs befürchtete. Die Genferin Simone De Montmollin (fdp, GE), Anführerin der Kommissionsminderheit, mahnte zudem davor, in die Kompetenzen der Kantone einzugreifen. Ferner war sie der Ansicht, dass nur die bestehenden Zulassungsbedingungen sicherstellten, dass die Interessierten ein angemessenes Wissensniveau verfügten. Die Unterschiede zwischen den drei Hochschulsystemen sollten zudem erhalten bleiben. Des Weiteren müssten die wirklichen Probleme des Lehrkräftemangels – etwa die Teilzeitarbeit oder die hohe Berufsausstiegsquote – angegangen werden. Es sei deshalb logisch, zuerst das weniger umfassende Postulat der Kommission anzunehmen, welches den Bundesrat beauftragt, in Zusammenarbeit mit der EDK Verbesserungsmöglichkeiten für den Zugang mit einer Berufsmaturität zur PH zu prüfen und daraus Einsichten zu gewinnen. Dieser Meinung schloss sich auch Bildungsminister Guy Parmelin an, der davor warnte, «den Pflug vor den Ochsen zu setzen» und bereits eine Massnahme zu beschliessen, ohne die Situation vorher zu analysieren. Des Weiteren sei es in diesem Bereich wichtig, die Kompetenzen von Bund, den Kantonen und der EDK zu beachten und Änderungen nur in Zusammenarbeit anzugehen. Er präzisierte gegenüber Simon Stadler schliesslich, dass die Zulassungsprüfung und der Vorbereitungskurs, die eine breite Allgemeinbildung sicherstellen, für Personen mit und ohne Berufsmaturitätsabschluss nicht identisch seien, womit Vorkenntnisse bereits jetzt beachtet würden.
Das Postulat überwies der Nationalrat direkt an den Bundesrat, mit der weitergehenden Motion wird sich noch der Ständerat als Zweitrat befassen müssen.

Prüfungsfreier Zugang mit der Berufsmatura zu Pädagogischen Hochschulen für die Ausbildung zur Primarlehrperson (Mo. 22.4268 & Po. 22.4267)
Dossier: Mangel an Lehrpersonen

Im März 2023 nahm der Nationalrat zwei Postulate seiner WBK-NR an, die sich dem Problem des Lehrermangels annehmen. Im Postulat 22.4265 forderte die Kommission einen Bericht zu den Gründen, die aus Sicht der Lehrkräfte für oder gegen den Verbleib im Beruf als Lehrperson sprechen. Im Postulat 22.4266 forderte sie derweil, dass grundlegende nationale Schulreformen systematisch evaluiert werden. Bei letzterem soll der Bundesrat gemeinsam mit den Kantonen und den Bildungsinstitutionen eruieren, welche Auswirkungen Schulreformen auf den Verbleib von Lehrpersonen im Beruf haben. Wie Kommissionssprecherin Sandra Locher Benguerel (sp, GR) erklärte, sei die Kommission der Ansicht, «dass nach wie vor Daten zu den Gründen für den Lehrpersonenmangel» fehlten. Die Kommission wisse um die Bildungshoheit der Volksschule der Kantone Bescheid. Allerdings gefährde der Lehrpersonenmangel die Bildungsqualität «massiv», weshalb gemäss der Bundesverfassung eine aktivere Rolle des Bundes gerechtfertigt sei. Eine Minderheit um Philipp Kutter (mitte, ZH) beantragte hingegen die Postulate zur Ablehnung, da die Aufgaben in die Kompetenz der Kantone fielen. Simon Stadler (mitte, UR) – ebenfalls Teil der Kommissionsminderheit – war der Meinung, dass genügend Daten vorhanden seien sowie die verlangte Datenerhebung zu zusätzlichen Umfragebögen für Lehrpersonen und damit zu mehr Aufwand führe. Zudem sei die Minderheit sicher, dass nicht die Schulreformen der Grund für den Lehrkräftemangel seien. Kutter verwies vielmehr auf andere Probleme in der Schule wie die zunehmende Bürokratie, wenn beispielsweise für ein einfaches Klassenfoto die Bewilligung der Eltern eingeholt werden müsse, gab er den anderen Ratsmitgliedern zu bedenken.
Nachdem sich die SVP-Fraktion gemäss Verena Herzog (svp, TG) bei der Stimmabgabe fälschlicherweise für eine Ablehnung ausgesprochen hatte, obwohl die Fraktion eine Annahme wünschte, wurde die Abstimmung nach der einstimmigen Annahme ihres Ordnungsantrags wiederholt. Anstelle zweier knapper Ablehnungen wurden die beiden Postulate deutlich mit 116 zu 57 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Po. 22.4265) respektive mit 115 zu 64 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Po. 22.4266) angenommen. Gegen eine Annahme stimmte dabei jeweils geschlossen die FDP.Liberale-Fraktion, eine grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion, ein Teil der SVP-Fraktion sowie beim Postulat zusätzlich eine vereinzelte Stimme aus der Grünen-Fraktion.

Evaluationen zu den Gründen des Mangels an Lehrpersonen (Po. 22.4265 & Po. 22.4266)
Dossier: Mangel an Lehrpersonen