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Der Bündner Sprachenstreit zog sich auch im Berichtsjahr weiter. Der Ende 2011 gefällte wegweisende Entscheid der Bündner Regierung, wonach der Schulunterricht ausschliesslich für zukünftige Primarschüler ab dem Schuleintritt in den verschiedenen Idiomen abgehalten werden kann, wurde vom Bundesgericht gestützt. Die Beschwerde von betroffenen Eltern, deren Kinder im Rahmen eines Pilotversuchs mit der Unterrichtssprache Rumantsch Grischun eingeschult worden waren und die nun eine Rückkehr zu den Idiomen forderten, wurde somit abgelehnt. Um in Zukunft einen zeitgemässen Unterricht in Sursilvan, Sutsilvan, Puter und Vallander gewährleisten zu können, beschloss die Bündner Regierung im November, bis im Mai 2014 ein Konzept zur Erstellung neuer Lehrmittel in den Idiomen zu erarbeiten. Mit diesem Entscheid gaben sich die Lia Rumantscha und Pro Idioms Engiadina – wenn auch nicht ohne Vorbehalte – zufrieden. Die Bündner Elterngruppe kündigte indes an, ihre Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterzuziehen.

Neuauflage des Bündner Sprachenstreits

Ende 2012 hatte der Bundesrat einen Bericht über die Vertretung der Geschlechter und Sprachgruppen in ausserparlamentarischen Kommissionen veröffentlicht. Zur Förderung einer ausgewogenen Vertretung in diesen Gremien empfahl der Bundesrat verschiedene Massnahmen zur Beseitigung von Ungleichheiten, lehnte jedoch sowohl eine Aufweichung als auch eine Verschärfung der Vorgaben betreffend Repräsentation von Geschlechtern und Sprachgemeinschaften in den Kommissionen ausdrücklich ab. Ebendieser Bericht bewegte die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) im aktuellen Jahr zur Einreichung eines Postulats, worin sie den Bundesrat aufforderte, den bestehenden Bericht mit einer aktiveren Strategie zu versehen. Um eine ausgeglichenere Vertretung zu erreichen, sollten zudem alle Kommissionen zur Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen verpflichtet werden. Die SPK-N forderte zur Vollstreckung der Massnahmen eine entscheidende Rolle für den Delegierten für Mehrsprachigkeit und beauftragte den Bundesrat zu prüfen, ob nicht private Firmen mit der Rekrutierung von Frauen und Personen aus der lateinischen Schweiz betraut werden könnten. In seiner Antwort zum Vorstoss führte der Bundesrat aus, dass er die bereits verabschiedeten Massnahmen momentan als ausreichend erachte. Es sei der Evaluationsbericht der Gesamterneuerungswahlen 2015 abzuwarten, bevor weitere Massnahmen beschlossen werden sollten. Gremien, die bei den nächsten Wahlen keine ausgewogene Vertretung erreichen werden, werden angehalten, dem Bundesrat Bericht über die aufgrund des bundesrätlichen Berichts bereits getroffenen Massnahmen zu erstatten. In diesem Sinne beantragte er das Postulat zur Ablehnung. Die SPK gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und plädierte im Nationalrat weiterhin auf Annahme. Die Respektierung von Minderheiten sei von essenzieller Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung der Solidarität zwischen den Sprachregionen in der Schweiz. Gegen diese Argumente kam auch Bundeskanzlerin Corina Casanova mit ihren Ausführungen nicht an. Der Nationalrat überwies das Postulat beinahe geschlossen mit 162 zu 5 abweichenden Stimmen aus der SVP.

Vertretung der Geschlechter und Sprachgruppen in ausserparlamentarischen Kommissionen

Eine Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-NR) verlangte eine Teilrevision des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur zur Anpassung der Bestimmungen über die Angebotsvielfalt beim Film. Aufgrund zunehmender Bedeutung neuer Konsumformen wie beispielsweise dem internetbasierten Video on Demand (VoD) sei eine Überprüfung der bestehenden Fördermassnahmen zur Angebotsvielfalt im Filmwesen auf ihre Aktualität hin vorzunehmen. In seiner positiven Antwort zeigte sich der Bundesrat bereit, einen Vorschlag zur Ausweitung der Einverleiherklausel für den Online-Markt vorzulegen. Diese Klausel sieht vor, dass Kinofilme nur zur Erstaufführung in der Schweiz zugelassen werden können, wenn das Verleihunternehmen die Auswertungsrechte für alle Schweizer Sprachregionen erwirbt. Damit soll gesichert werden, dass Filme in allen Sprachregionen der Schweiz in den jeweiligen Sprachen verfügbar sind. Die beiden Räte schlossen sich in ihren Beratungen einvernehmlich dem Bundesrat an und überwiesen die Motion zur Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage an die Landesregierung.

Anpassung der Bestimmungen über die Angebotsvielfalt beim Film

Die aufgrund Emeritierung bedrohte Professur für die rätoromanische Sprache an der Universität Freiburg wurde im Berichtsjahr per Vertragsunterzeichnung weiterhin gesichert. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Churer Hochschule für Pädagogik die Professur mit jährlich bis zu CHF 100 000 unterstützt. Im Gegenzug verpflichtet sich der neue Stelleninhaber der Freiburger Professur zum Unterricht an der Hochschule. Diese Lösung erarbeitete eine auf Initiative der Bündner Regierung entstandene Arbeitsgruppe.

Professur für die rätoromanische Sprache

Am 20. Februar feierte die rätoromanische Sprache ihr 75-jähriges Bestehen als vierte Schweizer Landessprache. Eine im Berichtsjahr erschienene Dissertationsarbeit umreisst die rätoromanische Renaissance ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu ihrer Etablierung als vierte Nationalsprache durch ein überaus deutliches Volksmehr von 92% im Jahr 1938. Die rätoromanische Abteilung der SRG zelebrierte darüber hinaus ihr 50-jähriges Bestehen.

Rätoromanisch als vierte Schweizer Landessprache

Um dem Bedeutungsverlust des Italienischen entgegenzuwirken, wurde im Oktober ein Forum für den Schutz der italienischen Sprache in der Schweiz gegründet. Ziel des Forums ist es, die Kräfte zu bündeln und eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, um den Stellenwert des Italienischen als Landessprache zu stärken. Eine erste geplante Massnahme des Forums ist die Erhöhung des Prozentsatzes an italienischsprachigen Bundesangestellten.

Forum für den Schutz der italienischen Sprache in der Schweiz

Für viel Gesprächsstoff sorgte die Diskussion um die Förderung der lateinischen Sprachen in der Schweiz. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme zur Situation der italienischen Sprache als Maturitätsfach kam die Schweizerische Maturitätskommission (SMK) zum Schluss, dass Italienisch zwar in den meisten Kantonen angeboten werde, durchschnittlich aber nur 13 Prozent der Schüler Italienisch als Grundlagen-, Frei- oder Schwerpunktfach besuchen. Ebenfalls kritisch diskutiert wurde der Entscheid der Zürcher Regierung, Mathematik auf Kosten des Französisch stärker zu gewichten sowie der Entscheid der Obwaldner Behörden, Italienisch aus dem gymnasialen Lehrplan zu streichen.

Förderung der lateinischen Sprachen

Für Unmut – insbesondere in der Romandie – sorgte im Frühjahr ein Artikel der Weltwoche, in welchem die Welschen als die Griechen der Schweiz bezeichnet wurden. Die Romands lägen in jeder Negativ-Statistik wie beispielsweise in Bezug auf Arbeitslosenquoten vorne und würden sich darüber hinaus oft beklagen, so die Weltwoche. Die teils heftigen Reaktionen auf diesen Artikel sahen den nationalen Zusammenhalt durch solch provokative Äusserungen gefährdet.

Welschen als die Griechen der Schweiz

Obwohl der Bündner Grosse Rat bereits im Dezember 2011 einen wegweisenden Entscheid traf, erhitzte der Bündner Sprachenstreit auch im Berichtsjahr weiterhin die Gemüter. Der Entscheid, dass die obligatorischen Lehrmittel an Schulen künftig auch in den fünf Idiomen gedruckt werden dürfen – also nicht zwingend in der Einheitssprache Rumantsch Grischun verfasst sein müssen – stand im Zentrum der Debatte. Dieses Koexistenzmodell sah vor, dass die Gemeinden die Alphabetisierungssprache selber wählen können, jedoch auch passive Kenntnisse in der jeweils anderen Sprache vermitteln müssen. Bis zum Ende des Berichtjahres blieben Fragen rund um die konkrete Umsetzung dieser Pläne offen und umstritten.

Neuauflage des Bündner Sprachenstreits

Im Februar richtete der Bundesrat die Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2012–2015 an die Räte, die diese in der Herbstsession des Berichtsjahrs verabschiedeten. Beantragt wurden acht Kredite über eine Gesamthöhe von 637,9 Mio. CHF zugunsten des Heimatschutzes und der Denkmalpflege, des Kulturgütertransfers, des Films, der Landessprachen, des Bundesamts für Kultur (BAK), der Stiftung Pro Helvetia, der Nationalmuseumsgruppe und der Nationalphonothek. Beide Räte beschlossen Eintreten ohne Gegenantrag. Die Kommission für Bildung und Wissenschaft (WBK-SR) schlug dem Ständerat als Erstrat einstimmig weitere Ausgaben in der Höhe von 50,6 Mio. CHF vor. Begründet wurde diese Empfehlung unter anderem mit dem Hinweis, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Kulturförderung mit total 2,24 Mio. CHF nur 0,43% des BIP betragen und an Bundesmitteln lediglich 0,4 Prozent aus dem Gesamthaushalt in die Kultur fliessen. Die zusätzlichen Mittel sollten dabei an den Heimatschutz und die Denkmalpflege, die Filmförderung, das BAK sowie die Stiftung Pro Helvetia gehen. Die Hälfte der Kredite, die knapp 3 Mio. CHF für den Kulturgütertransfer sowie die Mittel zugunsten der Sprachförderung, der Schweizerischen Landesphonothek und die Institutionen des Schweizerischen Nationalmuseums, wurden problemlos gesprochen. Die restlichen vier Kulturkreditvorlagen, tangiert durch die zusätzlich beantragte Mittelerhöhung, erfuhren Abänderungen, die im Folgenden besprochen werden.
Für den Heimatschutz und die Denkmalpflege, die der Bund und die Kantone gemäss NFA als Verbundaufgabe wahrnehmen, hatte der Bundesrat einen Rahmenkredit von 85 Mio. CHF vorgeschlagen. Die ständerätliche WBK machte eine grosse Differenz zwischen dem Mittelbedarf für den Denkmalschutz und den nach Einführung des NFA dafür budgetierten Bundesgeldern aus. Da diese sich in den letzten Jahren regelmässig als ungenügend erwiesen hätten, veranschlagte sie eine Erhöhung des Etats um 20 Mio. CHF, vor allem zugunsten der Denkmalpflege. Einstimmig winkte die Kleine Kammer den erhöhten Rahmenkredit durch. Im Nationalrat veranlasste eine starke links-grüne Kommissionsminderheit gar die Aufstockung um 30 Mio. auf insgesamt 125 Mio. CHF. Auf Betreiben seiner Fiko widersetzte sich der Ständerat dem Nationalrat in der Differenzbereinigung. Worauf Letzterer die bescheidenere Mittelerhöhung knapp akzeptierte.
Für die Filmförderung wollte die WBK-SR den vom Bundesrat vorgesehenen Rahmenbetrag um weitere 10 Mio. auf 158 Mio. CHF aufstocken. Den zusätzlichen Mittelbedarf sah sie durch die Übertragung der projektbezogenen Filmförderung von Pro Helvetia an das BAK, durch steigende Ausgaben bei der erfolgsabhängigen Filmförderung (Succès cinéma) und die geplanten Unterstützungsleistungen für die Umstellung kleiner Kinos auf die digitalisierte Projektion begründet. Widerspruch erfuhr das Ansinnen erneut von Mitgliedern der Fiko. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Wachstum der Bundesausgaben unter Beachtung der Schuldenbremse derzeit höchstens drei Prozent betragen dürfte, sich die diskutierten Ausgaben für den Kulturbereich aber im Rahmen von acht Prozent bewegten, ohne in anderen Ausgabenbereichen kompensiert zu werden. Mit 26 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung wurde die Teilvorlage aber im Sinn der WBK-SR angenommen. Auf Antrag einer linksgrünen Kommissionsminderheit, die durch jeweils starke CVP- und FDP-Mehrheiten unterstützt wurde, folgte der National- dem Ständerat.
Zum Zahlungsrahmen für die vom BAK ausgerichteten Finanzhilfen, den die WBK-SR um weitere 12 Mio. auf 112 Mio. CHF erhöhen wollte, lagen dem Erstrat drei Minderheitsanträge vor. Dabei waren die Ständeräte sich sowohl uneinig über die Höhe allfälliger Mehrausgaben als auch über deren potenzielle Adressaten. Keiner der Vorschläge, darunter ein Unterstützung des Alpinen Museums in Bern, war mehrheitsfähig. Dem Zweitrat lagen zum BAK-Zahlungsrahmen sechs Minderheitsanträge vor. Zu den bereits im Ständerat vorgebrachten Anliegen gesellte sich neben weiteren ein Finanzierungsbegehren für die in Basel domizilierte Stiftung Sportmuseum Schweiz. Durchzusetzen vermochten sich mit deutlicher Unterstützung auch des bürgerlichen Lagers die Anträge zugunsten des Sport- sowie des Alpinen Museums. Das dermassen abgeänderte Teilgeschäft wurde schliesslich auch vom Ständerat deutlich angenommen.
Mit der Aufgabenverschiebung zwischen dem BAK und Pro Helvetia übernahm letztere mit der Fotografie- und Nachwuchsförderung sowie der Kulturvermittlung zusätzliche Pflichten in der Kulturförderung. Deshalb beantragte die WBK-SR ihrem Rat die Erhöhung des vom Bundesrat vorgesehenen Zahlungsrahmens um 8,6 Mio. auf 149 Mio. CHF. Der Kommissionsantrag setzte sich denkbar knapp, mit 19 zu 18 Stimmen, gegen den Vorschlag des Bundesrats durch. Der Nationalrat hingegen bevorzugte den moderateren Zahlungsrahmen des Bundesrats. In der Differenzbereinigung entschied der Ständerat erneut äusserst knapp. Er schloss sich nun aber mit 18 zu 17 gegen seine Kommission, die Festhalten empfohlen hatte, dem Nationalrat an. Angenommen wurde die Teilvorlage schliesslich mit 23 zu zehn Stimmen bei vier Enthaltungen.

Kulturbotschaft 2012-2015 (BRG 11.020)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Der Ständerat gab in der Frühjahrssession seine Zustimmung zur abgeänderten Motion Maissen (cvp, GR), die den Integrationsauftrag der SRG thematisiert. Der Nationalrat hatte den Vorstoss, der die Einrichtung eines SRG-Spartenkanals zur Sprach- und Kulturverständigung verlangte, im vorangehenden Jahr in abgeschwächter Form angenommen.

Motion für einen neuen schweizer Fernsehkanal (10.3055)

Ende Januar wurden die Pläne der St. Galler Regierung bekannt, im Rahmen der kantonalen Sparmassnahmen Italienisch angesichts der schwachen Nachfrage als Schwerpunktfach aus dem gymnasialen Curriculum zu streichen. Die Empörung über den angekündigten Schritt war sowohl im Kanton St. Gallen als auch im Tessin gross. Die Gegner der Pläne, die deren Rechtmässigkeit hinterfragten, gelangten mit einer Petition an den St. Galler Kantonsrat, die Tessiner Regierung an den Bundesrat. Der öffentliche Druck zeigte Wirkung, das Kantonsparlament stellte sich hinter das Italienische als gymnasiales Schwerpunktfach. Der Kanton Obwalden hingegen hielt bis Ende des Berichtsjahrs an seinen Plänen fest, Italienisch an der Kantonsschule als Schwerpunktfach aufzuheben. Unklar war, ob das Italienische künftig gemäss Maturitätsanerkennungsreglement (MAR) Grundlagen- und damit Maturitätsfach bleiben muss, oder ob auch eine Herabstufung zum Freifach gesetzlich möglich wäre.

Italienisch als Schwerpunktfach aus dem gymnasialen Curriculum zu streichen

Das Berichtsjahr erlebte eine Neuauflage des Bündner Sprachenstreits. Die Befürworter der einheitlichen rätoromanischen Schrift- bzw. Standardsprache Rumantsch Grischun sahen sich mit einer durch Gemeindebehörden und Kulturschaffende unterstützten Bewegung konfrontiert, die das Rumantsch Grischun als Alphabetisierungssprache aus den Bündner Schulzimmern verbannt haben wollte. Zwar obliegt die Wahl der Unterrichtssprache kommunaler Kompetenz, die Lehrmittelgestaltung hingegen untersteht dem kantonalen Lehrmittelverlag. Gemäss Grossratsbeschluss von 2003 werden die kantonalen Schulbücher seit 2005 aus Spargründen und zur Stärkung des grundsätzlich gefährdeten Rätoromanischen neben Deutsch und Italienisch in der rätoromanischen Standardsprache verlegt. Insbesondere im Unterengadin, im Münstertal und im Bündner Oberland regte sich aus Angst vor einer Schwächung der lokalen Idiome Widerstand. Organisiert in sogenannten Pro-Idioms-Vereinen wehrten sich die Gegner der Standardsprache gegen die schulpolitische Bevorzugung einer Kunstsprache auf Kosten der lokalen Idiome. Ende März wurde im Münstertal eine Initiative gegen das Rumantsch Grischun als Alphabetisierungssprache eingereicht, das die Münstertaler nach Inkrafttreten des kantonalen Sprachengesetzes (2007) als eine Pioniergemeinde eingeführt hatten. Ähnliche Bestrebungen zurück zum lokalen Schriftidiom gab es auch im surselvischen Ilanz. Ende des Berichtsjahrs präsentierte die Dachorganisation Lia Rumantscha einen Kompromissvorschlag zum Sprachenstreit. Dabei sollen die Schulen zwischen einer Alphabetisierung im Idiom oder einer solchen in Rumantsch Grischun wählen können, müssen dabei aber passive Kenntnisse der jeweils anderen Sprache vermitteln. Nach dem Willen der Bündner Regierung und der vorbereitenden Grossratskommission sollen im revidierten Bündner Schulgesetz alle Idiome und Rumantsch Grischun einander künftig gleichgestellt sein.

Neuauflage des Bündner Sprachenstreits

In der Sommersession beschloss der Ständerat entgegen dem Antrag des Bundesrates, eine Motion Maissen (cvp, GR) anzunehmen, welche vom Bundesrat fordert, einen neuen schweizerischen Fernsehkanal zu realisieren, der bereits ausgestrahlte Sendungen durch Synchronisierung oder den Gebrauch von Untertiteln der jeweils anderssprachigen Bevölkerung zur Verfügung stellt. Der Nationalrat stand dem Geschäft im Sinne der Stärkung der gegenseitigen Verständigung und des nationalen Zusammenhalts ebenfalls positiv gegenüber, teilte aber die Bedenken des Bundesrates, ob die finanzielle Situation der SRG die Schaffung eines zusätzlichen Fernsehkanals erlaube. Er beschloss daher auf Anraten seiner Kommission, die Motion mit der Änderung anzunehmen, dass zur Erreichung dieser Ziele kein eigenständiger Kanal geschaffen werden müsse, die SRG jedoch angehalten werden soll, ihre Beiträge in dieser Sache zu erhöhen.

Motion für einen neuen schweizer Fernsehkanal (10.3055)

Im Oktober des Berichtsjahres wurde in Montreux der 13. Frankophonie-Gipfel unter dem Titel „Herausforderungen und Zukunftsvisionen für die Frankophonie“ durchgeführt. Rund 1400 Delegierte aus 70 Staaten nahmen daran teil. Die Schweiz waltete zum ersten Mal als Gastgeber des Gipfels und führte hiermit ihre zunehmend aktive Rolle im Verbund fort.

13. Frankophonie-Gipfel

Als der Genfer Nationalrat Hodgers (gp), welcher sich im Berichtsjahr zur Verbesserung seiner Deutschkenntnisse für ein Jahr in Bern niederliess, aufgrund der dort gemachten Erfahrungen in der NZZ am Sonntag äusserte, der Gebrauch der Deutschschweizer Mundart sei belastend für den nationalen Zusammenhalt, sorgte dies insbesondere in der französischsprachigen Bevölkerung für ausgedehnte Debatten. In einer andauernden Flut von Leserbriefen fanden sich einerseits Stimmen, die von Deutschschweizern den vermehrten Gebrauch des Hochdeutschen forderten; andere waren jedoch im Sinne des Erhalts der Mundart eher der Ansicht, dass Schweizerdeutsch an Schulen in der Romandie gelehrt werden sollte. Ein ähnliches Problem sieht auch der Journalist und Ex-Chefredaktor der „Liberté“, José Ribeaud, welcher das Schweizerdeutsch in seinem neuen Buch als „arme de discrimination et d’exclusion“ darstellte; und das nicht nur gegenüber der lateinischen Schweiz, sondern auch gegenüber Zuzüglern aus dem Ausland. Die plurilinguale Schweiz sei „une chimère“, ein Hirngespinst. Hodgers reichte im Berichtsjahr gleich neun parlamentarische Vorstösse ein, davon neben einer Anfrage drei parlamentarische Initiativen, drei Postulate und zwei Motionen, welche mit einem breiten Massnahmenkatalog Einsatz und Verbreitung der Dialektsprache regeln sowie grundsätzlich die Mehrsprachigkeit und den Austausch über die Sprachgrenzen hinaus fördern wollen. Bereits abgelehnt wurde ein Postulat zur Förderung der Kooperation kleiner deutsch- und westschweizer Betriebe durch die Schaffung von neuen Handelskammern. Ebenfalls abgelehnt wurde eine Motion, welche den Fragenkatalog zum Sprachgebrauch wieder in den Mikrozensus der Schweizer Bevölkerung aufnehmen wollte, da nur so eine ausreichende statistische Grundlage zur sprachlichen Entwicklung in der Schweiz bestehe. Der Bundesrat führte in seiner ablehnenden Antwort aus, dass dafür neu alle fünf Jahre eine vertiefte Erhebung zum Thema „Sprache, Religion und Kultur“ stattfinden solle. Zum ersten Mal durchgeführt werde diese im Jahre 2014. Die Behandlung der verbleibenden Vorstösse, darunter auch eine parlamentarische Initiative, welche dem Erlernen einer zweiten Landessprache gegenüber dem Englischen Vorrang geben will, steht noch aus.

Deutschschweizer Mundart sei belastend für den nationalen Zusammenhalt

Per 1. Juli nahm mit dem Genfer Vasco Dumartheray der erste Delegierte für Mehrsprachigkeit seine Tätigkeit in der Bundesverwaltung auf. Sein Aufgabenbereich umfasst insbesondere die Förderung der Vertretung von Angehörigen lateinischer Sprachgemeinschaften.

erste Delegierte für Mehrsprachigkeit

Weiter überwies der Ständerat im Berichtsjahr ein Postulat Berset (sp, FR), welches die Übersetzung der Internet-Übertragung von Ständeratssitzungen in allen Landessprachen verlangte. Im Gegensatz zu den Nationalratsdebatten, welche per Internet in den Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch ausgestrahlt werden, erfolgt die Übertragung der Ständeratsdebatte bisher ohne Übersetzung.

Übersetzung der Internet-Übertragung von Ständeratssitzungen

Anfangs Juni verabschiedete der Bundesrat die Verordnung über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (SpV), welche per 1. Juli 2010 in Kraft trat und der Umsetzung des neuen Sprachengesetzes dient. In der Verordnung führt der Bund aus, dass er nicht nur die Förderung der kleinen Landessprachen in den Kantonen Graubünden und Tessin vorantreiben, sondern darüber hinaus generell alle mehrsprachigen Kantone in ihrer Erfüllung besonderer Aufgaben finanziell unterstützen will. Weiter definiert er in einem separaten Abschnitt Massnahmen zur Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften, wobei insbesondere die Förderung des schulischen Austauschs und die Finanzhilfen zuhanden des Instituts für Mehrsprachigkeit der Universität und Pädagogischen Hochschule Fribourg hervorzuheben sind. Letzteres wird in Zukunft die Funktion eines nationalen Kompetenzzentrums für Mehrsprachigkeit innehaben. Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt die Verordnung auch mit der Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung. Aufgrund der Empfehlung einer Nationalfondsstudie definiert der Bund Quoten für die Vertretung der Sprachgemeinschaften in den Departementen. Die Sollwerte sehen eine Zusammensetzung aus 70% deutsch-, 22% französisch-, 7% italienisch- und mindestens einem Prozent rätoromanisch-sprachigen Angestellten vor. En gros werden diese Werte in der Bundesverwaltung bereits realisiert, jedoch variiert deren Erfüllung von Departement zu Departement noch stark. Neu hält die Verordnung ebenfalls fest, dass Mitglieder des mittleren und oberen Kaders mit Ausnahme der Angehörigen der Eidgenössischen Technischen Hochschulen über gute aktive Kenntnisse einer zweiten, sowie mindestens über passive Kenntnisse einer dritten Amtssprache verfügen sollen. Wo dies nicht der Fall ist, müssen innerhalb eines Jahres nach Stellenantritt Massnahmen zur Förderung der Sprachkenntnisse getroffen werden. Ein ähnliches Anliegen enthielt auch die im selben Jahr überwiesene Motion de Buman (cvp, FR).

Verordnung zur Umsetzung des neuen Sprachengesetzes
Dossier: Schaffung eines Instituts zur Föderung der Mehrsprachigkeit
Dossier: Bestrebungen zur Ausarbeitung eines Sprachengesetzes
Dossier: Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung

Eine weitere Nationalfondsstudie, welche 31 rätoromanische Sprachbiographien untersuchte, konnte kein gesamträtoromanisches Bewusstsein ausmachen. Die Personen seien zu stark in ihren Gemeinden verankert und würden somit auch die dort präsenten Sprachidiome verwenden. Zudem würde die Koexistenz von Deutsch und Romanisch akzeptiert, das Deutsche teilweise sogar dem Romanischen vorgezogen. Die Studie folgerte, dass aktive sprachpflegerische Massnahmen wie die Förderung der Einheitsschriftsprache Rumantsch Grischun und eine gemeinsame rätoromanische Tageszeitung wenig Anklang finden.

kein gesamträtoromanisches Bewusstsein

Aufgrund einer Weisung des Bundesrates zur Förderung der Mehrsprachigkeit aus dem Jahre 2003 sind die Departemente verpflichtet, alle vier Jahre einen Bericht zur Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung abzuliefern. Der Evaluationsbericht des eidgenössischen Personalamtes (EPA), welcher die ersten Erkenntnisse aus den Jahren 2004-2008 zusammenfasste, sprach von stabilen Anteilen der Sprachengruppen über die Zeit, welche sich nahe an den Sollwerten des Bundesrates bewegten. Aufgrund eines Rückgangs an zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen und im Hinblick auf das neue Sprachengesetz publizierte das EPA zusätzlich einen ausführlichen Leitfaden zur Förderung der Mehrsprachigkeit. Dieser soll den Verantwortlichen helfen, die Mehrsprachigkeit in ihren Stellen und Ämtern zu evaluieren, sowie jährliche Ziele und Massnahmen zu definieren.

Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 56 „Sprachenvielfalt und Sprachkompetenz in der Schweiz“ wurden im Berichtsjahr verschiedene Studien publiziert. Eine Studie fokussierte auf den Umgang mit den neuen Sprachminderheiten in der Schweiz. Die Autoren betonten, wie wichtig es sei, dass Fremdsprachige ohne ausreichende Kenntnisse einer schweizerischen Landessprache bestimmte Informationen in einer ihnen verständlichen Sprache erhalten würden. Insbesondere bestehe im Gesundheitswesen Bedarf. Die Studie empfiehlt unter anderem, die Einführung von Englisch als eine Art „Teil-Amtssprache“ zu prüfen.

Umgang mit den neuen Sprachminderheiten

Die angemessene Vertretung der Sprachgruppen in der Bundesverwaltung ist im Parlament immer wieder ein Thema, wobei die Abgeordneten aus dem lateinischen Sprachraum sehr oft eine Diskriminierung wittern. In Beantwortung einer Interpellation Parmelin (svp, VD) legte der Bundesrat die entsprechenden Zahlen per Ende Februar 2008 vor: Demzufolge waren die Deutschsprachigen (-1,9%) und die Romands (-1,0%) gegenüber dem Verhältnis in der Gesamtbevölkerung leicht untervertreten; die Italienischsprachigen lagen hingegen über dem Referenzwert (+2,2%). Zudem stellte er einen diesbezüglichen Evaluationsbericht des Eidgenössischen Personalamts über die Entwicklung in den Jahren 2004-2007 in Aussicht.

Bundesverwaltung

Wie eine Studie des Schweizerischen Nationalfonds zeigte, stehen die Schweizer in Europa bezüglich der Beherrschung von Fremdsprachen statistisch auf Rang drei, wobei allerdings der Grad der Kenntnisse nicht erhoben wurde, sondern nur die Selbstwahrnehmung. Übertroffen wird dieser Wert nur noch von Luxemburg (3,0) und den Niederlanden (2,2). Der Durchschnittswert liegt in der gesamten EU bei 1,14. Deutschschweizer und Tessiner beherrschen im Schnitt 2,2 Fremdsprachen, die Romands 1,7. Das Englische hat dabei eine weniger dominierende Rolle als oft angenommen; in den drei wichtigsten Sprachgebieten belegt es nur Rang 3; besser schnitt es beim Kriterium der Nützlichkeit ab, wo es an erster Stelle lag.

Beherrschung von Fremdsprachen

In der Differenzbereinigung nahm der Nationalrat den Kompromiss der Kommissionsmehrheit an, wonach sich Bund und Kantone dafür einzusetzen haben, dass während der obligatorischen Schulzeit Grundkenntnisse in zwei Fremdsprachen erlernt werden müssen, wovon mindestens eine Landessprache. Der Antrag einer Minderheit II, an der ursprünglichen Fassung des Nationalrats (Priorität für eine Landessprache vor dem Englischen) festzuhalten, wurde mit 71 zu 68 Stimmen abgelehnt, der Antrag einer Minderheit I, dem Ständerat zu folgen, mit 80 zu 67. Der Ständerat schloss sich diesem Kompromiss diskussionslos an, worauf das Gesetz in der Schlussabstimmung verabschiedet werden konnte. Weil dem Anliegen damit entsprochen war, gaben beide Kammern einer ähnlich lautenden Standesinitiative des Kantons Tessin keine Folge (05.305). Ebenso wurde eine parlamentarische Initiative Berberat (sp, NE) zum ersten Fremdsprachenunterricht in einer Amtssprache des Bundes abgeschrieben.

Parlament beschliesst ein neues Sprachengesetz (Pa.Iv. 04.429)
Dossier: Schaffung eines Instituts zur Föderung der Mehrsprachigkeit
Dossier: Bestrebungen zur Ausarbeitung eines Sprachengesetzes