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In der Frage nach dem Kopftuchverbot im Schulunterricht für das muslimische Mädchen aus St. Margrethen (SG) wollte die Schulgemeinde den Entscheid des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014 nicht hinnehmen und entschied sich, vor Bundesgericht zu rekurrieren. Die Richter der II. öffentlichen Abteilung lehnten die Beschwerde aber mit vier zu einer Stimme ab. Die von der Schulgemeinde aufgezeigte Argumentation sei nicht überzeugend genug gewesen; in diesem konkreten Fall könne man weder den Religionsfrieden noch die Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Schuldisziplin als Grundlage für das Verbot anbringen.
Die sankt-gallische SVP zeigte sich empört über den Richterspruch und verstand das Urteil als einen Rückschlag für die Integrationsbestrebungen in der Volksschule. Das islamische Kopftuch sei als ein Indiz für die fundamentalistische Auslegung der Religion zu betrachten. In diesem Sinne könnten ebendiese Kreise das vorliegende Urteil als einen Freifahrtschein für Forderungen auslegen. Die Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) hingegen zeigte sich äusserst erleichtert über das Urteil und nahm den Entscheid als unterstützende Grundlage für den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften an. Der Grundtenor war aber im Wesentlichen der Gleiche: Das Bundesgerichtsurteil sei als richtungsweisend zu verstehen, denn es stelle sich nun die Frage, wie noch offene, aber bereits vor dem Entscheid eingereichte Vorstösse – wie beispielsweise in der Nachbargemeinde Au-Heerbrugg – umgesetzt werden sollten.
In der Zwischenzeit hatte sich auch die Walliser SVP des Themas angenommen. Anfangs des Jahres lancierte sie eine Initiative, welche ein Verbot von jeglicher Kopfbedeckung im Schulzimmer forderte, wobei sie aber keinen Hehl daraus machte, dass das Verbot primär auf das Kopftuch ausgerichtet sei. Jean-Luc Addor (VS, svp), Co-Präsident des Initiativkomitees, wies zwar darauf hin, dass das Kopftuch im Wallis noch keine weiträumige Verbreitung gefunden habe, das Credo in dieser Angelegenheit aber laute: Lieber vorbeugen als bekämpfen! Im März 2015 reichte zudem die Walliser CVP beim kantonalen Parlament eine Motion ein mit dem Titel "Kopfbedeckungsverbot an der Schule: für eine pragmatische Lösung". Diese solle insbesondere für die jeweiligen Schulleitungen eine Rechtsgrundlage für das Ergreifen entsprechender Massnahmen – bis hin zum Verbot – schaffen. Die Motion wurde mit 90 zu 18 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen und zur Stellungnahme dem Regierungsrat überwiesen.
Um ein Gegengewicht zur SVP-Initiative zu bilden, formierten sich im April einige muslimische Bürgerinnen und Bürger zur Gruppierung V.I.V.E (pour Valaisan-ne-s contre l'Interdiction du Voile à l'Ecole). Während mehrerer Monate bereitete die Gruppe ein Manifest vor, welches schliesslich am 20. November (Tag der Kinderrechte) im Internet freigeschaltet und all jenen zur Unterschrift freigestellt wurde, welche sich für den Zugang zur Bildung für alle und gegen eine weitläufige Verbreitung der Islamophobie einsetzen wollten.

Kopftuchverbot im Schulunterricht

Das sankt-gallische Au-Heerbrugg beschloss an einer Urnenabstimmung im Februar mit einer Zweidrittelmehrheit ein Kopftuchverbot im Schulunterricht. Bei der Abstimmungsvorlage handelte es sich um ein von der kantonalen SVP ergriffenes Referendum, das als Reaktion auf die von der Schulbehörde beschlossene Aufhebung eines 2010 vom St. Galler Erziehungsrat empfohlenen Kopftuchverbots zu Stande kam. Die beiden somalischen Mädchen, deren Weigerung zur Ablegung des Kopftuchs den Schulrat zum Umdenken bewogen hatte, gaben bekannt, den Entscheid mit ihrem Anwalt, dem grünen Nationalrat Daniel Vischer (gp, ZH), anfechten zu wollen. Vischer hatte im Vorjahr bereits die beiden thurgauischen Schülerinnen mazedonischer Herkunft erfolgreich vor dem Bundesgericht vertreten.
Im November überwies der sankt-gallische Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit eine SVP-Motion, die den Kanton beauftragt, gesetzliche Regelungen für Bekleidungsvorschriften in Schulen zu erlassen. Zwei Wochen zuvor stützte das Verwaltungsgericht in St. Gallen die Beschwerde eines weiteren muslimischen Mädchens aus Sankt Margrethen. Ein Kopftuchverbot wäre zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismässig. Die kopftuchtragende Schülerin sei weder ein Störfaktor in der Schule noch verhindere die Kopfbedeckung die Integration der 13-Jährigen. Im Kanton Thurgau, wo das Bundesgericht im Vorjahr aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen ein von einer Schulgemeinde verhängtes Kopftuchverbot als unzulässig erklärte, scheiterten die Versuche der SVP im Grossen Rat, mittels Motion die rechtliche Basis zu schaffen. Des Weiteren scheiterte im Kanton Aargau eine Motion der CVP-Fraktion, die ebenfalls das Tragen des Kopftuchs im Schulunterricht verbieten wollte, aufgrund fehlender Unterstützung ausserhalb der CVP und SVP.

Kopftuchverbot im Schulunterricht

Sowohl das Bündner wie auch das Zürcher Stimmvolk äusserten sich im Berichtsjahr zur Frage, ob die Kirchensteuer für juristische Personen abgeschafft werden soll. Dabei zeigte sich in beiden Kantonen ein auffallend ähnliches Bild der beiden vom Jungfreisinn lancierten Volksinitiativen: Der städtische Kanton Zürich schmetterte das Anliegen im Mai mit 71,8% Nein-Stimmen annähernd so deutlich ab wie das ländlich geprägte Graubünden an der Februarabstimmung mit 73,6%. Parallelen zeigten sich anfänglich ebenfalls bezüglich Unterstützung durch die Mutterparteien. Entgegen einem früher gefassten Beschluss stellte sich die FDP-Fraktion im Zürcher Kantonsrat gegen das Anliegen ihrer Jungpartei. Mit 59 zu 49 Stimmen beschloss die Zürcher FDP schliesslich an ihrer Delegiertenversammlung nach emotionaler Diskussion die Ja-Parole. Die Bündner FDP äusserte sich an ihrer Delegiertenversammlung hingegen mit ähnlichem Stimmverhältnis ablehnend zur Volksinitiative. Sowohl Bündner wie auch Zürcher Wirtschaftsverbände lehnten das Volksanliegen klar ab. Gemäss der Zürcher Handelskammer und des Bündner Gewerbeverbands zahlt ein Grossteil der kleinen Betriebe keine Kirchensteuer, womit die Initiative in erster Linie Grossunternehmen entlasten würde. Darüber hinaus anerkenne man durchaus die Leistungen der Kirche für das Gemeinwesen. Im Kanton Zürich zahlte das Gewerbe 2012 über CHF 100 Mio. Kirchensteuern an die beiden grossen Zürcher Landeskirchen, womit diese 40% ihrer Ausgaben für gesamtgesellschaftliche Leistungen finanzierten. Unter diese nicht-kultischen Ausgaben in den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales fallen auch die Auslagen für die Instandhaltung von Kirchen, Pfarrhäusern und Kirchgemeindehäusern. Detaillierte Angaben zu den Auslagen nach Posten wurden während des Abstimmungskampfes nicht bekannt. Nicht eingerechnet in die Auslagen der Kirchen ist hingegen die Freiwilligenarbeit. Gemäss Angaben im Abstimmungsbüchlein summiert sich diese allein für die evangelisch-reformierte Kirche im Kanton Zürich auf rund 1 Mio. Stunden jährlich.

Kirchensteuer für juristische Personen

Die Kirchensteuer für juristische Personen gelangte auch im Berichtsjahr auf die politische Agenda einzelner Kantone. In den Kantonen Graubünden und Zürich stehen Abstimmungen zu Volksinitiativen bevor, welche die Aufhebung dieser Steuer fordern. Darüber hinaus gab die Staatskanzlei des katholisch geprägten Kantons Nidwalden im Juni des Berichtsjahrs das Zustandekommen eines ähnlich lautenden Volksanliegens bekannt. Ende Jahr zogen die Initianten ihr Anliegen jedoch wieder zurück, mit der Begründung, im Moment könne im Kanton keine Mehrheit für das Begehren gefunden werden.

Kirchensteuer für juristische Personen

Im Mai des Berichtsjahr reichte das überparteiliche Komitee „Guastafeste“ (Spielverderber) rund um den streithaften Journalisten Giorgio Ghiringhelli im Kanton Tessin eine Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum verlangt. Damit wird die Stimmbevölkerung des Kantons Tessin als erster Schweizer Souverän zu einem Verhüllungsverbot Stellung nehmen.

Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum

In der katholischen Kirchgemeinde Röschenz (BL) erreichte ein seit längerem schwelender Streit zwischen Kirchenbasis und Bistum Basel, gewissermassen eine kleine «causa Haas basiliensis», eine neue Dimension. Erneut ging es um das Verhältnis zwischen übergeordneter Kirchenbehörde und Basis, damit auch indirekt um das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Staat resp. Zivilgesellschaft. Seit längerem schon hatte das Bistum versucht, den fortschrittlichen Gemeindepfarrer zu disziplinieren und hatte ihm schliesslich die «Missio canonica», das Recht, die Sakramente zu spenden, in der katholischen Kirche die Voraussetzung für eine Anstellung als Pfarrer in einer Kirchgemeinde, entzogen. Die Basis hatte sich aber stets geschlossen hinter ihren Pfarrer gestellt. Im Juni nun verfügte der Landeskirchenrat, die Gemeinde müsse den Pfarrer entlassen. Diese weigerte sich und appellierte ans Kantonsgericht.

Streit zwischen Kirchenbasis der katholischen Kirchegemeinde Röschenz und dem Bistum Basel

Der Kanton Zürich unternahm den Versuch, das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Sinn einer Entflechtung und einer Anerkennung zusätzlicher Glaubensgemeinschaften grundsätzlich neu zu regeln. Diese Vorlage war im Kampf gegen die letzte Volksinitiative zur Trennung von Kirche und Staat in Aussicht gestellt worden, die 1995 mit zwei Drittel Nein-Stimmen verworfen worden war. Zentraler Streitpunkt in den Debatten war die staatliche Anerkennung ausserchristlicher Religionsgemeinschaftensowie die (eng damit zusammenhängende) Autonomie aller anerkannter Gruppen, auch ausländischen Mitgliedern das Stimm- und Wahlrecht zuzubilligen. Die Hürden für die Anerkennung neuer Glaubensgemeinschaften wären hoch gelegen: 30 Jahre Wirken in der Schweiz, mehr als 3000 Mitglieder im Kanton Zürich, Anerkennung der Grundwerte der Schweizer Rechtsordnung, Bejahen des Religionsfriedens, Pflege einer inneren Demokratie und Offenlegung der Finanzen, weshalb eine baldige Anerkennung des Islam wohl kaum in Frage gekommen wäre. Für die Anerkennung weiterer religiöser Gemeinschaften votierten im Kantonsrat SP, Grüne, CVP und eine Mehrheit der FDP; die SVP und eine Mehrheit der EVP stellten sich wegen einer möglichen Offizialisierung des Islam dagegen. Dem Souverän wurden drei zusammenhängende Vorlagen unterbreitet: eine Verfassungsänderung (Grundsatz der Anerkennung weiterer Glaubengemeinschaften und Ausländerstimmrecht) sowie zwei Gesetzesrevisionen (Verhältnis zwischen dem Kanton und den bereits anerkannten Kirchen sowie Verfahren der Anerkennung neuer Religionsgemeinschaften). EVP, EDU und vor allem SVP bekämpften die Vorlage auch im Abstimmungskampf mit dem Slogan «Kein Geld für Koranschulen» aufs heftigste. Unterstützung erhielten sie von einem Teil der FDP, der eine völlige Trennung von Kirche und Staat anstrebt. Vor diesem Hintergrund hatten die Vorlagen keine Chance an der Urne: Die Verfassungsänderung scheiterte mit 55 Prozent Nein-Stimmen, das Kirchengesetz mit knapp 54 Prozent und das Anerkennungsgesetz mit 64 Prozent.

Anerkennung ausserchristlicher Religionsgemeinschaften

Mit einem einjährigen Pilotprojekt läuteten die beiden Luzerner Gemeinden Kriens und Ebikon im Schuljahr 2002/2003 eine Schweizer Premiere ein, indem sie islamischen Schülerinnen und Schülern in der Unterstufe muslimischen Religionsunterricht anboten. Der Beauftragte für Religion der drei Landeskirchen im Kanton Luzern erklärte, die aus Deutschland stammenden Lehrmittel seien eingehend geprüft worden; es handle sich um modernes Unterrichtsmaterial ohne fundamentalistische Inhalte. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren begrüsste das Projekt, da sie grundsätzlich empfiehlt, dass Kinder fremder Kulturen auch in ihrer Sprache und Kultur unterrichtet werden.

Einjähriges Pilotprojekt für muslimischen Religionsunterricht in der Unterstufe

Die Regierung des Kantons Zürich änderte die Bestattungsverordnung und schuf damit für die Gemeinden die Möglichkeit, separate Gräberfelder für Angehörige ausserchristlicher Glaubensgemeinschaften einzurichten. Sie kam damit einem Wunsch strenggläubiger Muslime nach, die eine gemeinsame Bestattung mit Angehörigen anderer Religionen ablehnen. In einer gemeinsamen Medienmitteilung befürworteten der Evangelisch-Reformierte Kirchenrat und die Römisch-Katholische Zentralkommission diese Liberalisierung als wichtigen Beitrag für das friedliche Nebeneinander der verschiedenen Religionen und Kulturen. In Basel setzten die Landeskirchen je einen Muslimbeauftragten ein, um die gegenseitige Verständigung zu fördern und in Genf beschloss der Kantonsrat, ein entsprechendes Integrationsbüro einzurichten.

Begräbnismöglichkeiten für ausserchristliche Glaubensgemeinschaften

Die Stadt Bern – zusammen mit dem Kanton seit Jahren führend in der öffentlich-rechtlichen Anerkennung ausserchristlicher Religionsgemeinschaften – will als erste Deutschschweizer Gemeinde in ihren Friedhöfen besondere Abteilungen für religiöse und ethnische Minderheiten schaffen, welche es deren Angehörigen ermöglichen wird, sich nach den Gesetzen des eigenen Glaubens beerdigen zu lassen. Der Stadtrat genehmigte das entsprechende Reglement erstaunlich deutlich mit 66 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Die Öffnung betrifft vor allem die Muslime, welche seit Jahren verlangten, als Gruppe und in der ihnen durch den Glauben vorgeschriebenen Ausrichtung auf Mekka bestattet zu werden. Bisher war das einzige Islam-Abteil auf Schweizer Friedhöfen das ”carré musulman” in Genf. In Zürich ist man seit Jahren an einer entsprechenden Änderung, doch stehen diesem Schritt kantonale Gesetze und politischer Druck im Weg.

Bern  Muslime

Den beiden jüdischen Kultusgemeinden im Kanton Bern (Bern und Biel) wurde vom Grossen Rat der öffentlich-rechtliche Status zuerkannt, womit sie den drei bernischen Landeskirchen gleichgestellt werden. Mit diesem Parlamentsbeschluss ist Bern nach Basel-Stadt und Freiburg der dritte Schweizer Kanton, der Christentum und Judentum juristisch gleichstellt.

jüdischen Kultusgemeinden im Kanton Bern

Nach 1977 und 1980 lehnten die Stimmberechtigten des Kantons Zürich zum dritten Mal eine Vorlage zur Trennung von Kirche und Staat deutlich ab. Die ursprünglich aus SVP-Kreisen lancierte Initiative wurde im Abstimmungskampf nur noch von der FPS sowie Einzelpersonen aus dem rechtsbürgerlichen und freikirchlichen Umfeld unterstützt. Mit dem Volksentscheid behalten die evangelisch-reformierte, die römisch-katholische und die christkatholische Landeskirche, denen rund 90% der Kantonsbevölkerung angehören, unter anderem das Besteuerungsrecht und damit Einkünfte von rund CHF 360 Mio. pro Jahr.

Zürich Trennung von Kirche und Staat

Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragte dem Kantonsrat, die vor Jahresfrist eingereichte Volksinitiative zur Trennung von Kirche und Staat ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Zuvor hatten sich schon die katholische Zentralkonferenz und die protestantische Synode dezidiert gegen die Initiative ausgesprochen. Im Kanton Aargau lehnten Regierung und Kirchen eine analoge Motion der SD ebenfalls ab.

Zürcher Regierungsrat empfiehlt Initiative zur Trennung von Kirche und Staat zur Ablehnung

Im Kanton Zürich wurde eine Volksinitiative auf Trennung von Kirche und Staat eingereicht. Offiziell wurde dabei der Grundsatz der Rechtsgleichheit angesprochen, gegen welchen der Staat, nach Ansicht der Initianten, durch die finanzielle Bevorzugung einzelner Religionsgemeinschaften verstösst. Dem rechtsbürgerlichen Initiativkomitee wurde allerdings unterstellt, dass es ihm in erster Linie darum gehe, die Kirchen über eine Schmälerung ihrer materiellen Basis politisch mundtot zu machen, da die engagierten Stellungnahmen kirchlicher Kreise zu Zeitfragen vielen bürgerlichen Kritikern schon lange ein Dorn im Auge seien. Die Kantonsregierung und die Landeskirchen sprachen sich gegen die Initiative aus. Gewissermassen als Gegengewicht zur Volksinitiative verlangte eine parlamentarische Initiative aus CVP-Kreisen, dass neben den drei Landeskirchen auch weiteren Religionsgemeinschaften die Möglichkeit einer öffentlichrechtlichen Anerkennung zu gewähren sei.

Volksinitiative "Auf Trennung von Kirche und Staat" im Kanton Zürich

Im Tessin wurde eine neue Runde im Kruzifix-Streit eingeläutet. Nachdem das Bundesgericht 1990 entschieden hatte, ein derart symbolträchtiger Wandschmuck verstosse in Schulstuben gegen Art. 27 Abs. 3 BV, welcher einen konfessionell neutralen Unterricht in den öffentlichen Schulen garantiert, geriet nun der kantonale Parlamentssaal in Bellinzona ins Visier der Freidenker. In einer 1989 eingereichten Petition kritisierten sie, es sei unziemlich, dass das Parlament seine Funktion im Zeichen religiöser Symbole wahrnehme. Das Tessiner Kantonsparlament lehnte die Petition mit 51 zu 15 Stimmen bei drei Enthaltungen klar ab und sprach sich damit deutlich für die Beibehaltung des religiösen Wandschmuckes aus.

Freidenker gehen gegen religiösen Wandschmuck im Tessiner Parlament vor

Im Unterschied zum Kanton Bern wurde im Kanton Freiburg hingegen wurde der israelitischen Kultusgemeinde ziemlich diskussionslos der öffentlich-rechtliche Status zuerkannt. Damit ist Freiburg nach Baselstadt der zweite Kanton, der Christentum und Judentum juristisch gleichstellt.

Israelitische Kultusgemeinde Freiburg

Dass sich hinter dieser lauen Glaubenshaltung dennoch starke religiöse Sensibilitäten verbergen können, bewiesen die Stimmberechtigten des Kantons Bern. Gegen ein sehr offen formuliertes Gesetz über die Voraussetzungen und Wirkungen der öffentlich-rechtlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften, welches ermöglicht hätte, auch nichtchristliche Glaubensgemeinschaften unter gewissen Bedingungen anzuerkennen, hatte die EDU erfolgreich das Referendum ergriffen. Im Abstimmungskampf wurde sie nur von den SD (ehemals NA) aktiv unterstützt. Aber hinter den Kulissen entfachte sich ein wahrer Glaubenskrieg, der nicht frei war von rassistischen Untertönen. Er richtete sich in erster Linie gegen die Möglichkeit, dass auch der Islam anerkannt werden könnte, obgleich von dieser Seite bisher kein Interesse signalisiert worden war. Und die Flüsterpropaganda hatte Erfolg: entgegen den Abstimmungsparolen aller grossen Parteien – mit Ausnahme der SVP, welche trotz innerer Differenzen die Nein-Parole ausgab – lehnte das Berner Stimmvolk das neue Gesetz bei einer Stimmbeteiligung von lediglich 15,1% mit rund 55% Nein-Stimmen ab.

Bern. nichtchristliche Glaubensgemeinschaften lehnte das neue Gesetz ab