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Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen

Das Krisenjahr 2020 verlief hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik, gerade im direkten Vergleich mit anderen Politikbereichen, sowohl bezüglich der parlamentarischen Geschäfte als auch der medialen Berichterstattung überraschenderweise ruhig. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kultursektor mitunter einer der stärksten von der Corona-Pandemie getroffenen Bereiche war. Die APS-Zeitungsanalyse zeigt zwar auf, dass sich der Anteil der Medienartikel zu Kultur, Sprache und Kirchen an der Gesamtberichterstattung im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht hat, dieser Wert liegt aber mit knapp 3 Prozent noch immer tiefer als in den Jahren 2017 und 2018. Abermals machte die Kulturpolitik mit rund Zweidritteln der Medienberichte den grössten Teil der drei Themengebiete aus, gefolgt von der Kirchenpolitik mit rund einem Drittel; die sprachpolitisch relevanten Berichte hingegen waren in diesem Jahr nahezu inexistent.

Wie viele andere Bereiche auch wurde die Kulturlandschaft in der Schweiz und mit ihr die Kulturpolitik massgeblich vom Diktat der Corona-Pandemie gesteuert. Während das Jahr sowohl für das Parlament als auch die Medien eher ruhig begann, machte sich mit der Mitte März vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage ein deutlicher Ausschlag in der Medienberichterstattung bemerkbar. Fortan war das kulturpolitische Jahr von gefällten Massnahmen im Kampf gegen Covid-19 und der sich aus diesen ergebenden Folgen für die Kulturschaffenden geprägt. Das auferlegte Veranstaltungsverbot und die damit einhergehenden Restriktionen hatten gravierende finanzielle Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Kulturindustrie: Von nahezu einem Tag auf den anderen sahen sich Musik-, Film-, Theater-, Literaturschaffende und viele mehr in ihrer Existenz bedroht. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sprach ihnen der Bundesrat im Frühjahr zwar im Rahmen der «Covid-Verordnung Kultur» finanzielle Unterstützung zu, jedoch zeigte sich im weiteren Verlauf des Jahres, dass dies längerfristig kaum ausreichen würde. Entsprechend versuchten auch die Zivilgesellschaft und die Kulturschaffenden selbst, Hand zu bieten, und lancierten diverse Solidaritätsaktionen oder nutzten diese Gelegenheit gar dazu, gänzlich neue Wege zu beschreiten und das Kulturschaffen sowie die Kulturvermittlung auf neue Kanäle umzuleiten.
Zwischenzeitlich war auch das Parlament darum bemüht, dem Kultursektor nach Möglichkeit unter die Arme zu greifen. Bei den in der Herbstsession eröffneten Beratungen der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 war man sich einig, dass sich der Stellenwert der Kultur in und für die Gesellschaft gerade in der Corona-Krise deutlich gezeigt habe und die Kultur daher auch entsprechend gefördert werden müsse. Entsprechend war auch relativ rasch klar, dass man diversen Kürzungsanträgen von Seiten einzelner SVP-Exponentinnen und -exponenten nicht entgegenkommen würde. Lediglich darüber, wie die Kulturförderung genau ausgestaltet werden sollte, war man sich zunächst nicht ganz einig. Besonders bei den Mitteln für den Austausch zwischen den Sprachregionen und den Finanzhilfen für das Bundesamt für Kultur (BAK) diskutierten die Räte lange, konnten sich aber schlussendlich auf den Nationalratsvorschlag einigen. Zu Jahresende noch ausstehend waren die Beratungen des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Entwurf 2 der Kulturbotschaft), das bereits vor den Verhandlungen für weitreichende Diskussionen gesorgt hatte. Die Beratung war zwar für die Wintersession vorgesehen gewesen, wird sich aber voraussichtlich in das erste Quartal des neuen Jahres verschieben. Ein weiteres bedeutendes Bundesratsgeschäft, dessen Botschaft im Herbst 2020 verabschiedet wurde und das voraussichtlich ebenfalls 2021 zur Behandlung anstehen wird, stellt das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen dar.

Auch das kirchen- bzw. religionspolitische Jahr war zunächst stark von der Corona-Pandemie geprägt. Besonders das Verbot von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen, gerade auch im Vorfeld der Osterfeiertage, erhitzte die Gemüter mancherorts stark und wurde auch in Form einer Motion Addor (svp, VS; Mo. 20.3332) – die jedoch kein Gehör fand – ins Parlament getragen. Tatsächlich schien sich dieses reduzierte Angebot an religiösen Partizipationsmöglichkeiten aber auch auf die Wahrnehmung und Definition von Kirche und Religion auszuwirken, wurde in den Medien über weite Strecken doch nahezu ein philosophischer Diskurs über deren Rolle und Funktion, gerade auch in Krisenzeiten, geführt. Nicht zuletzt auch, weil Kirchenvertreterinnen und -vertreter sich sehr bemühten, teilweise auf äusserst innovative Art und Weise, alte Botschaften über neue Medien zu vermitteln.
Im späten Frühjahr verlagerte sich der Fokus in diesem Themenbereich aber von der Pandemie auf die Landeskirchen. Was zunächst als Intransparenzvorwürfe hinsichtlich eines Kirchengeschäfts begann, mündete im Sommer in veritablen Missbrauchs- und Grenzverletzungsvorwürfen gegenüber Gottfried Locher, die zu einer regelrechten Kirchenkrise und schliesslich zum Rücktritt des obersten Reformierten führten. Diese Vakanz begünstigte aber zugleich ein absolutes Novum in der reformierten Kirche: Im November wurde Rita Famos als erste Frau als Lochers Nachfolgerin und somit zur höchsten Reformierten der Schweiz gewählt. Während die Reformierten in der Folge ein Krisenjahr durch eine Wahl beendeten, schienen sich die Katholiken durch die auftretende Uneinigkeit bei der Nachfolgebestimmung für den Bischof von Chur] in eine neuerliche Krise zu manövrieren.
Weit über die Kirchenkreise hinaus sorgte hingegen der Schulterschluss der beiden Landeskirchen im Kampf gegen die Ende November zur Abstimmung gekommene Konzernverantwortungsinitiative für grosse Aufregung. Nicht zuletzt wurde den Kirchen vorgeworfen, dass sie durch ihre offene Zurschaustellung der orangen Transparente, durch die geschalteten Inserate und die öffentlichen Stellungnahmen die grundsätzliche Grenze der Trennung von Kirche und Staat und somit auch ihre Kompetenzen deutlich überschritten hätten.

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2020

In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Im Antisemitismusbericht für das Jahr 2020 verzeichnete der SIG insgesamt 532 klar antisemitische Vorfälle (grenzwertige Fälle: 126). 47 der Vorfälle fanden in der «realen» Welt statt, die restlichen 485 Vorfälle wurden online verzeichnet. Am verbreitetsten waren antisemitische Aussagen (92.3%), Schmierereien (2.8%), Karikaturen (2.4%) und Beschimpfungen (2.3%). Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sowohl der Anteil antisemitischer Verschwörungstheorien (2020: 46.7%, 2019: 36.5%) als auch der allgemeine Antisemitismus, welcher die Verbreitung von stereotypischen Bildern über die jüdische Gemeinschaft umfasst (2020: 36.9%, 2019: 29%) und Leugnungen oder Banalisierungen des Holocaust (2020: 4.7%, 2019: 3.5%) zu. Israel-bezogener Antisemitismus wurde dagegen weniger erfasst (2020: 11.7%, 2019: 31.0%), was der SIG darauf zurückführte, dass auf Grund der Covid-19-Pandemie der Fokus in den Medien weniger auf dem Nahostkonflikt gelegen habe.

Da in den sozialen Medien teilweise unter echtem Namen strafrechtliche Aussagen gemacht wurden, reichte der SIG insgesamt fünf Strafanzeigen ein. Einem spezifischen Milieu könnten die Täterinnen und Täter derweil gemäss Bericht nicht zugeteilt werden – von rechts- bis linksextremen Personen, radikalen Tierschützerinnen und -schützern, Islamgläubigen oder eben auch von Personen aus der «Mitte der Gesellschaft» sei es im Netz zu Antisemitismus gekommen.

Genauer untersuchte der SIG die Verschwörungstheorien, von denen während der Covid-19-Pandemie eine Vielzahl entstanden war – wie etwa, dass jüdische Personen das Virus absichtlich in die Welt gesetzt hätten. Jedoch seien diese Meinungen gemäss Bericht innerhalb der Gruppierungen der Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen nicht mehrheitsfähig. Zudem wehrte sich der SIG gegen die Instrumentalisierung und Verharmlosung des Holocaust durch Mitglieder dieser Gruppierungen, als sie beispielsweise Parallelen zwischen den Massnahmen gegen die Pandemie und dem Holocaust zogen.

Neben dem SIG-Bericht veröffentlichte die ZHAW in Zusammenarbeit mit der GRA eine Studie zur Wahrnehmung von Antisemitismus in der Schweiz durch Jüdinnen und Juden. Gemäss der Befragung von 487 Jüdinnen und Juden sei ein Grossteil der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz mit Antisemitismus konfrontiert: 50 Prozent gaben an, in den letzten fünf Jahren Antisemitismus erfahren zu haben, 75 Prozent nahmen Antisemitismus in der Schweiz als ein zunehmendes Problem wahr. Die Studie kam weiter zum Schluss, dass die Angriffe mehrheitlich online stattfinden und Antisemitismus aus der «Mitte der Gesellschaft» komme. Insbesondere streng-orthodoxe Jüdinnen und Juden seien regelmässig Opfer von Angriffen. Diese Angst wirke sich konkret auf das Leben der jüdischen Menschen in der Schweiz aus, indem beispielsweise ein Drittel der Befragten aus Angst vor Übergriffen auf dem Hinweg jüdische Veranstaltungen meiden würden.
Der SIG betonte, dass er von einer grossen Dunkelziffer ausginge, da für den eigenen Bericht beispielsweise nicht das gesamte Internet nach Antisemitismus durchsucht werden könne und nicht alle betroffenen Personen nach einem antisemitischen Angriff eine Anzeige erstatten würden. Die Studie der ZHAW konnte hier etwas Licht auf die Dunkelziffer werfen. So gaben etwa 75 Prozent der Befragten an, dass sie Übergriffe wie Belästigungen oder Beleidigungen vielfach nicht melden würden. Bei Sachbeschädigungen oder physischer Gewalt liege die Meldequote dagegen bei 71.4 Prozent, respektive 63.6 Prozent. Dirk Baier, Leiter der ZHAW-Studie, hielt in der Medienmitteilung zur Studie fest, dass es zentral sei, dass der Bund die Sicherheitssorgen wahrnehme und in einen Dialog mit den jüdischen Gemeinschaften trete, um entsprechende Lösungen für deren Sicherheit zu suchen.

Antisemitismus 2020

In der Wintersession 2020 reichte Thomas Aeschi (svp, ZG) in der grossen Kammer einen Ordnungsantrag ein, mit dem die Behandlung von fünf hängigen Motionen zur Terrorismusbekämpfung noch für die gleiche Session traktandiert werden sollte. Nebst den Motionen Addor (svp, VS; Mo. 19.3301 und Mo. 19.3306), der Motion Büchel (svp, SG; Mo. 19.3376) und der Motion Quadri (lega, TI; Mo. 19.3598) führte Aeschi auch die SVP-Fraktionsmotion (Mo. 19.4005), die neuerlich die Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams in der Schweiz verlangte, auf. Er argumentierte, dass – auch wenn aktuell Corona das dominierende Thema zu sein scheine – die Terroristen keine Corona-Pause machten und die Schweiz sich daher stets auf ein mögliches Attentat vorbereiten müsse. Im Nationalrat fand der Antrag jedoch kein Gehör und wurde mit 125 zu 56 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Überraschenderweise kamen die Motionen Addor und Büchel dennoch in der Wintersession zur Behandlung, wurden aber allesamt abgelehnt.

«Stopp der Ausbreitung des radikalen Islams in der Schweiz!» (Mo. 19.4005)
Dossier: Stopp der Ausbreitung des radikalen Islams in der Schweiz!
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

In Erfüllung des bundesrätlichen Auftrags im Rahmen der Kulturbotschaft 2016-2020 an das BAK, welcher eine Überarbeitung und Weiterentwicklung der statistischen Grundlagen im Kulturbereich vorsah, veröffentlichte das BFS im Oktober 2020 erstmalig die Kulturwirtschaftsstatistik. Wie das BAK in der Medienmitteilung festhielt, sei diese Statistik «ein wichtiges Instrument für die Planung der öffentlichen Kulturförderung, indem sie die grossen Unterschiede in den Herausforderungen der verschiedenen Sektoren aufzeigt». Dies sei insbesondere in Anbetracht der aktuellen Corona-Pandemie und ihren starken Auswirkungen auf den Kultursektor von grosser Bedeutung. Ausserdem helfe die Statistik dabei, das in der Kulturbotschaft 2021-24 festgelegte Ziel einer angemessenen Verteilung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Kultur zu erreichen.
Aufbauend auf verschiedenen bereits bestehenden Statistiken, wurden zwei Bereiche für die Analyse unterschieden: zum einen die Kulturbetriebe und die damit verbundenen Arbeitsstellen, zum anderen die Kulturschaffenden im breiteren Sinne – also alle hauptberuflich im Kultursektor tätigen Personen, auch jene, welche innerhalb des Sektors keinen kulturellen Beruf ausüben wie etwa ein Buchhalter oder eine Buchhalterin in einem Theater, oder jene, die einen kulturellen Beruf verfolgen, jedoch nicht im Kultursektor tätig sind wie zum Beispiel ein Grafiker oder eine Grafikerin in einer Bank.
Demnach gab es im Jahr 2018 63'639 Kulturunternehmen mit 66'122 Arbeitsstätten, was einem Anteil von ca. 10.5 Prozent der gesamten Schweizer Unternehmen und Arbeitsstätten entsprach. Seit 2011 sei die Zahl der Kulturunternehmen somit um 13,0 Prozentpunkte gewachsen, was im Vergleich mit den Unternehmen in der Gesamtwirtschaft (+7,4%) einem bemerkenswerten Anstieg entsprach. Beschäftigte in Kulturbetrieben gab es 234'494, womit Kulturunternehmen im Durchschnitt deutlich weniger Angestellte aufwiesen als Unternehmen in der Gesamtwirtschaft. Im Vergleich zu 2011 entspricht dies lediglich einer Zunahme von 2,1 Prozentpunkten, womit die Kulturbetriebe immer kleiner zu werden scheinen. Mit einer Wertschöpfung von insgesamt CHF 15.2 Mrd. leistete der Kultursektor im Jahr 2018 einen Beitrag von 2.1 Prozent an das Bruttoinlandprodukt, was einer inflationsbedingten jährlichen Abnahme von durchschnittlich 1,3 Prozentpunkten seit 2011 entsprach, währenddem das gesamte BIP der Schweiz um 2 Prozentpunkte wuchs.
Kulturschaffende gab es im Jahr 2019 312'000, was einem Anteil von 6.3 Prozent der Erwerbspersonen in der Schweiz entsprach. Mit einem Anteil von 56 Prozent Kulturschaffender mit tertiärem Bildungsabschluss wies dieser Bereich im Vergleich zu einem Tertiärbildungsanteil von 42 Prozent bei allen Erwerbspersonen einen überdurchschnittlich hohen Bildungsgrad auf. Weiter schien die Branche eher weiblich zu sein, so betrug der Frauenanteil 51 Prozent. Jedoch sei die Ungleichheit bezüglich Lohn und Vorgesetztenfunktion zwischen den Geschlechtern in diesem Sektor etwa gleich hoch wie in der Gesamtwirtschaft. So hätten bei den Männern 36 Prozent eine Direktions- oder Kaderfunktion und verdienten im Schnitt CHF 7'356, während es bei den Frauen lediglich 24 Prozent und ein Durchschnittslohn von CHF 6'088 waren.

Kulturwirtschaftsstatistik 2019

Noch in der Herbstsession 2020 bereinigte das Parlament die verbliebenen zwei Differenzen der Kulturbotschaft 2021-2024.

Bei der ersten Differenz handelte es sich um die Frage, wie hoch die Finanzhilfen des BAK ausfallen sollten. Der Nationalrat wollte das bundesrätliche Budget um CHF 1.2 Mio. für «Memoriav» aufstocken, der Ständerat stattdessen um CHF 800'000 für die schweizerische Fotostiftung. Eine Mehrheit der WBK-NR wollte an der nationalrätlichen Version festhalten, da sie die Förderung von «Memoriav» als dringend notwendig erachtete, während eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) in Anbetracht der tieferen Aufgabenlast von Memoriav, weil der SRG neu die Archivierung selbst durchführt, auf eine Aufstockung verzichten wollte. Die dadurch freiwerdenden Mittel könnten bei der Schweizer Fotostiftung eingesetzt werden, wie Gutjahr argumentierte. Mit 99 zu 96 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat knapp seiner Kommissionsmehrheit. Ebenfalls erfolglos (mit 114 zu 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen) blieb eine Minderheit Fivaz (gp, NE), welche auch die vom Ständerat beschlossene Aufstockung für die Fotostiftung vornehmen wollte.
Der Ständerat folgte daraufhin stillschweigend der Version des Nationalrates, womit die erste Differenz beseitigt werden konnte. Es liege in der Entscheidungsmacht des Bundesrates, welcher Organisation welche Beträge zugesprochen würden, hatte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) zuvor erläutert.

Beim Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für den Bereich «Sprache und Verständigung» sprach sich die WBK-NR erneut für die nationalrätliche Aufstockung zur Förderung der rätoromanischen Sprache und gegen die ständerätliche Aufstockung für die Strategie «Austausch und Mobilität» aus, während eine Minderheit Locher Benguerel (sp, GR) die zusätzlichen Mittel für Sprachaufenthalte sprechen wollte – auch in Anbetracht einer angenommenen Motion der WBK-NR (Mo. 20.3918). Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, woraufhin der Ständerat auch diesem Entscheid beipflichtete. Mit 23 zu 21 Stimmen sprach er sich in Übereinstimmung mit der Kommissionsmehrheit gegen einen Kompromissvorschlag von Johanna Gapany (fdp, FR) für eine um die Hälfte reduzierte Aufstockung um CHF 5 Mio. aus.

Da damit alle Differenzen bereinigt waren, war die Vorlage noch in derselben Session für die Schlussabstimmungen bereit. Abgestimmt werden musste derweil nur noch über die vier Bundesgesetzesänderungen, da die bereits genehmigten Finanzbeschlüsse nicht dem Referendum unterlagen und somit keine Schlussabstimmungen nötig waren.
Beide Kammern nahmen in der Folge alle vier Gesetzesänderungen deutlich mit einzelnen Gegenstimmen und Enthaltungen, oder gar einstimmig an. Alle Stimmen gegen die Vorlagen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Als einziges Geschäft der Kulturbotschaft 2021-2024 war somit die Revision des Filmgesetzes noch offen, mit welcher sich der Ständerat in der Sommersession 2021 als Zweitrat befasste.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Im September 2020 wurden die Ergebnisse einer zweiten Umfrage zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Kulturnutzungsverhalten der Bevölkerung veröffentlicht. Die zweite Umfrage war vom BAK und der KBK unter dem neuen Titel «Kulturbesuche in Zeiten von Corona» in Auftrag gegeben worden. Die Befragung von 1'197 Personen in der Deutschschweiz, Westschweiz und dem Tessin, welche vor der Pandemie pro Jahr mindestens eine kulturelle Aktivität unternommen hatten, fand Ende August 2020 statt.

Im Vergleich zur ersten Studie zeigte sich eine zunehmende Zurückhaltung für Kulturbesuche durch die Schweizer Bevölkerung. So sank der Anteil Personen, die «ohne grosse Bedenken» kulturelle Aktivitäten unternehmen, gegenüber der ersten Umfrage recht deutlich (Juni: 24%, August: 18%) und der Anteil Personen, die mit Kulturbesuchen warten wollten, bis die Pandemie definitiv vorbei ist, stieg an (Juni: 25%, August: 33%). Dabei unterschied sich das Ausmass der Zurückhaltung je nach Kulturbranche teils stark, besonders davon betroffen waren Kulturvorstellungen, wie etwa das Theater (August: 43%). Auch die Unterstützung für und die Forderung nach Schutzmassnahmen in der Bevölkerung wurden stärker (beispielsweise eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen: Juni: 36%, August: 65%). Zudem stiessen die Unterstützungsmassnahmen des Bundes bei den Befragten auf breiten Rückhalt, 70 Prozent befürworteten eine Verlängerung der Massnahmen und 65 Prozent ihren Ausbau.
Von den digitalen Angeboten wurde weiterhin und noch verstärkt insbesondere das Streamen von Filmen und Serien genutzt (Juni: 63%, August: 86%), während die Nutzung anderer digitaler Angebote, wie etwa Aufnahmen von Vorträgen, Konzerten oder Theateraufführungen, eher zurückhaltend blieb. Folglich sehe es derzeitig nicht danach aus, als ob Online-Angebote die Live-Kultur ersetzen könnten, wurde im Bericht festgehalten.
Weiterhin wurden auch negative finanzielle Auswirkungen für den Kultursektor erwartet, da beispielsweise der Anteil Personen, welche ihr Abonnement kürzen oder nicht mehr verlängern wollten, zugenommen hatte (Juni: 36%, August: 43%). Generell beurteilten 86 Prozent der Befragten den Kultursektor als gefährdet und 41 Prozent als gefährdeter als andere Berufsarten.

Kulturbesuche während und nach Corona

Nach dem Nationalrat befasste sich auch der Ständerat in der Herbstsession 2020 mit den Beratungen zur Kulturbotschaft 2021–2024. Grundlegend unterstütze die WBK-SR die Stossrichtung, die der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Sie sei eine konsequente Weiterführung der strategischen Schwerpunkte der letzten Kulturbotschaft 2016-2020, eröffnete Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) die Eintretensdebatte. So schätze die Kommissionsmehrheit etwa insbesondere die Förderung des in der letzten Kulturbotschaft eingeführten Programms «Jugend und Musik». Kulturminister Alain Berset betonte, dass der Bundesrat in Anbetracht der Covid-19-bedingten Probleme im Kulturbereich auf Kontinuität setzen und auf den Grundsätzen der letzten Kulturbotschaft aufbauen möchte – namentlich bei der Stärkung der kulturellen Teilhabe, dem sozialen Zusammenhalt und der Unterstützung des kreativen Schaffens und der Innovation. Für die Diskussionen sei es aber zentral, dass die Corona-Notfallhilfen die zukünftige Förderung der Kultur nicht beeinflussten.
Umstritten waren, wie bereits im Nationalrat, einzig die Änderungen im Filmgesetz, weshalb die WBK-SR in Absprache mit ihrer Schwesterkommission und dem Büro-SR entschieden hatte, den «heissen Streifen» (Michel) ausserhalb der Kulturbotschaft zu behandeln. Auch der Bundesrat sprach sich für die Herauslösung der Revision des Filmgesetzes aus, da die Vorlage bereits in der Vernehmlassung umstritten gewesen sei. Entsprechend trat der Ständerat seiner Kommission folgend ohne Gegenantrag auf alle vom Bundesrat vorgeschlagenen acht Finanzierungsbeschlüsse – welche sich insgesamt auf Kosten von CHF 934.5 Mio. beliefen – und auf vier der fünf Gesetzesänderungen ein.

In der Detailberatung zeigte sich die grundlegende Zustimmung zum Entwurf. So folgte der Ständerat mehrheitlich den Vorschlägen des Bundesrates oder den Beschlüssen des Nationalrates, welcher hauptsächlich Änderungen an der Höhe der Finanzierungsbeschlüsse vorgenommen hatte. Insgesamt schuf der Ständerat nur zwei Differenzen zum Nationalrat.

Eine erste Differenz schuf der Ständerat bei der Höhe der Finanzhilfen des BAK. Der Bundesrat hatte hierfür Gelder in der Höhe von CHF 145.1 Mio. vorgesehen, der Nationalrat hatte diesen Betrag jedoch zugunsten von «Memoriav» um CHF 1.2 Mio. erhöht. Eine Minderheit Baume-Schneider (sp, JU) wollte den Betrag für Memoriav aufgrund von dessen zentraler Rolle im audiovisuellen und akustischen Bereich gemäss Nationalrat erhöhen.
Dieselbe Minderheit forderte eine Erhöhung der Finanzhilfen für die «Fotostiftung der Schweiz» um CHF 800'000. So habe etwa die EDK darauf hingewiesen, wie wichtig Erinnerungspolitik sei, welche die schweizerische Fotostiftung durch regelmässige Ausstellungen zu wichtigen Fotobeständen des Bundes fördere.
Gemäss Kommissionssprecher Michel wollte eine knappe Mehrheit der WBK-SR in beiden Punkten der Fassung des Bundesrates folgen. Zum einen erachtete die Mehrheit eine Erhöhung der Mittel zugunsten von Memoriav nicht als nötig, da die SRG neu selbst für die Archivierung ihres Materials verantwortlich sei, wodurch der Bundesauftrag kleiner geworden sei für die Organisation. Zum anderen sehe die Mehrheit ein, dass bei der Schweizer Fotostiftung zwar Finanzbedarf bestehe, aber die bei Memoriav frei gewordenen finanzielle Mittel könnten die Kosten der Schweizer Fotostiftung zumindest grösstenteils auffangen, wie Michel argumentierte. Berset fügte hinzu, dass in der Fassung des Bundesrates bereits eine Erhöhung der Mittel um CHF 800'000 für die Schweizer Fotostiftung enthalten seien. In der Folge hiess der Ständerat nur die Erhöhung des Betrags für die schweizerische Fotostiftung mit 35 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gut.

Im Bereich Sprache und Verständigung befasste sich der Ständerat mit zwei Minderheitsanträgen für eine Erhöhung des Budgets und schuf eine weitere Differenz zum Nationalrat. Die Mehrheit der WBK-SR wollte hier der bundesrätlichen Version folgen, welche einen Zahlungsrahmen von CHF 68.8 Mio. vorgesehen hatte. Eine Minderheit I Carobbio Guscetti (sp, TI) verlangte, dem Nationalrat zu folgen, der für die Förderung der rätoromanischen Sprache zusätzlich CHF 1.2 Mio. zugesagt hatte. Diese Vorlage sei ein «Kernelement der Kulturbotschaft», da es hier um die Stärkung des nationalen Zusammenhalts durch die Förderung der Mehrsprachigkeit gehe, begründete die Minderheitensprecherin ihren Antrag. Es sei wichtig, dass auch der grosse Teil der rätoromanisch sprechenden Menschen, die ausserhalb des Kantons Graubünden lebten, gefördert würden, wofür es mehr Mittel als die CHF 0.4 Mio., welche der Bundesrat vorgesehen hatte, brauche.
Eine Minderheit II Gapany (fdp, FR) verlangte zusätzliche Mittel in der Höhe von CHF 10 Mio. für die Förderung der Strategie «Austausch und Mobilität». Ziel dieses Programms sei es, Sprachaufenthalte von Schülerinnen und Schülern sowie von Lernenden und Lehrpersonen in der Schweiz zu fördern. Dieses Programm werde aber bisher nur von drei Prozent der Jugendlichen genutzt, dies obwohl die Schulzeit der ideale Zeitpunkt für einen solchen Austausch und das Erlernen einer Sprache sei. Zudem sei er enorm wichtig für den Erhalt der Sprachenvielfalt und für die Förderung des Zusammenhalts zwischen den Schweizer Sprachregionen, welche ein wichtiger Pfeiler der Schweizer Identität sei, argumentierte Gapany. Bundesrat Alain Berset machte das Problem aber nicht bei den Finanzen, sondern bei den fehlenden organisatorischen Strukturen aus, welche zuerst aufgebaut werden müssten. Im Ständerat obsiegte schliesslich die Minderheit II Gapany mit 26 zu 17 Stimmen gegen die Minderheit I Carobbio Guscetti. Letztere hatte sich zuvor mit 37 zu 4 Stimmen (2 Enthaltung) klar gegen die Kommissionsmehrheit durchgesetzt.

Neben den Minderheitsanträgen für eine Erhöhung der Mittel stellte Jakob Stark (svp, TG) fünf Minderheitsanträge auf Kürzungen des vom Bundesrat vorgeschlagenen Budgets. Konkret wollte Stark die geplante reale Erhöhung der Mittel – CHF 34.7 Mio. – über fünf Bereiche hinweg kürzen. Es könne nicht sein, dass gleichzeitig ein «Covid-19-Notgesetz» verabschiedet und das Kulturbudget erhöht würde. Er sei nicht gegen die Covid-19-Unterstützung im Kulturbereich und unterstütze die Richtung der Kulturbotschaft, jedoch erfordere die Covid-19-Pandemie auf allen Seiten Opfer, sodass momentan lediglich die reine Sicherung des Status quo möglich sei. Gemäss Kommissionssprecher Michel erachte die Mehrheit der WBK-SR das vom Bundesrat vorgesehene Wachstum von 2.6 Prozent (einschliesslich Teuerung) im Kulturbereich hingegen als angemessen. Auch so werde der Grossteil der Kulturfinanzierung weiterhin von den Kantonen, Gemeinden und Privaten geleistet, zudem setze die Kultur weitgehend auf freiwilliges Engagement. Weiter sei es nicht angebracht, präventiv Kürzungen aufgrund potenzieller pandemiebedingter Mehrkosten vorzunehmen – die Kulturbotschaft sei ein ordentliches Geschäft und dürfe nicht mit der ausserordentlichen Lage der Pandemie vermischt werden. Der Ständerat lehnte in der Folge sämtliche Anträge von Jakob Stark ab.

In den Gesamtabstimmungen hiess die kleine Kammer alle Ausgaben und Gesetzesentwürfe einstimmig oder mit vereinzelten Gegenstimmen und Enthaltungen gut, womit 10 der 12 Vorlagen bereinigt werden konnten. Die beiden anderen Vorlagen gingen mit den beschlossenen Differenzen zurück an den Nationalrat.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Nachdem die Wirtschaftskommission des Ständerats (WBK-SR) bereits im Juni 2020 auf die Kulturbotschaft 2021–2024 eingetreten war, mit dem Hinweis, die Beratung des Filmgesetzes (Entwurf 2) noch auszusetzen, befand sie in ihrer Augustsitzung über die restlichen zwölf Entwürfe. Dies jedoch vorbehaltlich der Nationalratsbeschlüsse, da man eine parallele Beratung dieser mehrjährigen Verpflichtungskredite mit den Budget-Beratungen vermeiden wollte. Entsprechend behielt man sich in der Kommission vor, in der Session nach der Nationalratsberatung allfällige Anpassungen vorzunehmen.
Bis auf Weiteres möchte die WBK-SR die Finanzhilfen für die Fotostiftung Schweiz um CHF 0.8 Mio. und für die Baukultur um CHF 20 Mio. erhöhen. Eine Minderheit lehnte die Erhöhung für die Fotostiftung ab. Ein weiterer Minderheitsantrag zur Erhöhung der Memoriav-Beiträge um CHF 1.2 Mio. sowie zwei Minderheitsanträge zur Erhöhung der Mittel im Sprachen- und Verständigungsbereich (CHF 10 Mio. für Mobilität und Austausch, CHF 1.2 Mio. zur Förderung des Rätoromanischen) wurden ebenfalls abgelehnt. Zudem lehnte die Kommission eine Kürzung des Gesamtzahlungsrahmens und der Verpflichtungskredite um den Betrag der realen Mittelaufstockung von insgesamt CHF 34.7 Mio. gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung ab. Von dieser Kürzung betroffen wären die Bundesbeschlüsse zum Kulturförderungsgesetz, zur Baukultur, zu Sprachen und Verständigung, zu Pro Helvetia und zum Nationalmuseum. Abschliessend hat die Kommission mit 7 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen eine Motion (20.3930) für ein Konzept zur Bewahrung und Pflege des Schweizer Kulturerbes eingereicht.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Der Covid-19 bedingte Entscheid des Bundesrates, die Situation in der Schweiz ab Mitte März 2020 als eine «ausserordentliche Lage» gemäss dem Epidemiengesetz einzustufen, hatte auch zur Folge, dass Gottesdienste und andere religiöse Veranstaltungen ab diesem Zeitpunkt verboten worden waren. Nationalrat Addor (svp, VS) störte sich weniger am Verbot selbst, als vielmehr am Umstand, dass die in den Folgewochen angekündigten Lockerungsmassnahmen für beispielsweise Museen, Bibliotheken oder Sporttrainings bereist ab dem 11. Mai greifen würden, religiöse Veranstaltungen aber nicht vor dem 8. Juni wieder durchgeführt werden könnten. Daher wollte er am 6. Mai 2020 den Bundesrat mit der sofortigen Aufhebung des Verbotes von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen beauftragen. Für gläubige Schweizerinnen und Schweizer sei das Praktizieren ihrer Religion ein wesentlicher Lebensbestandteil; für Katholikinnen und Katholiken gar eine Pflicht. Das Festhalten an diesem Verbot – gerade über die bevorstehenden grossen christlichen Festtage wie Auffahrt und Pfingsten – werde als ein unverhältnismässiger Angriff auf die Religionsfreiheit und eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Aktivitäten wahrgenommen.
Der Bundesrat beantragte am 1. Juli die Motion mit einer einfachen Begründung zur Ablehnung: Am 20. Mai habe sich der Bundesrat aufgrund der positiven Entwicklung der epidemiologischen Lage dann doch entschieden gehabt, die ursprünglich für den Juni vorgesehene Verbotsaufhebung auf den 28. Mai vorzuverlegen. So gesehen dürften Religionsgemeinschaften seit über einem Monat wieder Zusammenkünfte abhalten, womit das Anliegen des Motionärs bereits erfüllt sei. In der Folge zog Addor seinen Vorstoss ziemlich genau zwei Monate nach Einreichung bereits wieder zurück.

Die Freiheit, Gottesdienste und andere religiöse Veranstaltungen durchzuführen, sofort wiederherstellen (Mo. 20.3332)

Mitte Mai 2020 eröffnete die FK-NR die Kommissionsberatungen zur Botschaft über die Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise beriet sie im Rahmen eines Mitberichtsverfahren unter anderem auch den Zahlungsrahmen im Kulturbereich. Hinsichtlich der finanziellen Aspekte der Botschaft beantragte sie sowohl der federführenden WBK-NR als auch dem Nationalrat, die Bundesratsvorlage zu unterstützen. Dabei sprach sie sich gegen jeweils zwei Anträge für Mehr- und Minderausgaben aus: Die zusätzlich beantragten CHF 1.5 Mio. für den Buchhandel sowie die zusätzlich beantragten CHF 10 Mio. für die Förderung von Sprachaufenthalten fanden keine Mehrheiten. Mit 14 zu 11 Stimmen sprach sich eine Mehrheit gegen den Verzicht auf ein reales Ausgabenwachstum gegenüber 2020 aus und mit 18 zu 7 Stimmen wurde der Vorschlag, rund ein Drittel der im Rahmen der Covid-19-Pandemie gesprochenen A-fonds-perdu-Beiträge für den Kultursektor an die vorgesehenen Mittel für die Jahre 2021–2024 anzurechnen, abgelehnt.
Ende Mai beriet die WBK-NR die Vorlage. Im Rahmen der Debatte konnte sich auch Innenminister Berset zur Vorlage äussern und fokussierte hierbei auf die geplante Änderung des Filmgesetzes. Dieses sah unter anderem vor, dass Unternehmen, die über ein Filmangebot in der Schweiz verfügen, zur Förderung der Angebotsvielfalt mindestens 30 Prozent europäische Filme zeigen und jährlich mindestens 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen für das unabhängige Schweizer Filmschaffen aufwenden oder eine entsprechende Ersatzabgabe leisten müssen. Ein Nichteintretensantrag diesbezüglich wurde mit 13 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Rückweisungsanträge: Mit 14 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung sprach man sich gegen den Antrag, die Covid-Kredite im Zahlungsrahmen zu kompensieren und mit 12 zu 9 Stimmen gegen die Rückweisung des Filmgesetzes aus. Mit der zweiten Rückweisung hätte man sich eine Umformulierung dahingehend erhofft, dass alle privaten Unternehmen, die in der Schweiz Filme verbreiten, finanziell prozentual gleichwertig belastet würden. In der Detailberatung schliesslich empfahl man das Filmgesetz mit nur geringfügigen Änderungen mit 13 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen zur Annahme. Auch bei den Finanzierungsbeschlüssen sprach man sich im Sinne des Bundesrates aus, beantragte zugleich aber eine Aufstockung des Gesamtkreditrahmens um CHF 22.4 Mio. Die Aufstockungen entfielen per Beschlussfassung mit CHF 1.2 Mio. auf die Memoriav (12 zu 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen), mit CHF 20 Mio. auf die Baukultur (12 zu 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen) und mit CHF 1.2 Mio. auf die Förderung des Rätoromanischen (16 zu 8 Stimmen). Am Ende der Beratungen Anfang Juli sprach sich die WBK-NR mit einer klaren Mehrheit für die Annahme der Botschaft aus.
Im Weiteren reichte die WBK-NR zwei Kommissionsmotionen ein. Die Motion 20.3464 für zusätzliche Gelder zugunsten des baukulturellen Erbes sowie zur Unterstützung der regionalen Wirtschaft wurde mit 11 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen. Die Motion 20.3918 zur Förderung der Mobilität und der Sprachaufenthalte der Lernenden wurde mit 15 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen eingereicht.
Die ständerätliche Schwesterkommission (WBK-SR) hatte sich bereits Ende Juni für Eintreten auf die Vorlage entschieden und sich ebenfalls in erster Linie auf die Änderungen des Filmgesetzes fokussiert. Sie beschloss, eine gleichzeitige Beratung der Finanzierungsbeschlüsse in der Herbstsession zu beantragen und sich dann im ordentlichen Verfahren vertieft mit dem Filmgesetz auseinandersetzen zu wollen. Die ständerätliche Finanzkommission (FK-SR) befasste sich Anfang Juli im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens mit den Finanzierungsgrundlagen der Kulturbotschaft und beantragte, dem Bundesrat zu folgen. Mit 10 zu 1 Stimmen lehnte sie einen Antrag zur Kürzung der Rahmenkredite um CHF 34.7 Mio. auf CHF 899.8 Mio. ab und erinnerte zugleich daran, dass die Zustimmung zum Zahlungsrahmen noch keine Ausgabenbewilligung darstelle.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Die Mitte März 2020 vom Bundesrat aufgrund der Covid-19-Pandemie eingeführte Notverordnung hatte unter anderem auch im Kulturbereich zu einem enormen Leidensdruck geführt. Nicht nur, dass die Bevölkerung ihr Kulturbedürfnis nicht mehr erfüllen könne, sondern auch, dass sich Kulturbetriebe sowie Kulturschaffende in ihrer Existenz bedroht sehen, veranlassten Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) zur Einreichung einer Motion, mit der die Durchführung kultureller Veranstaltungen unter Einhaltung der geltenden Schutzmassnahmen im Sinne einer Ausnahme wieder erlaubt werden soll. Auch wenn der Bundesrat zwischenzeitlich über diverse Lockerungsmassnahmen verfügt habe, von denen beispielsweise die Museen profitieren konnten, seien diese für einen Grossteil des Kulturbereiches ferne Realität, da gegenwärtig noch immer zur Frage stehe, ob die erweiterten Lockerungen für den Kulturbereich wie geplant ab dem 8. Juni angegangen werden könnten. Da die für den 11. Mai angesetzten neusten Weisungen im Gastronomiebereich auch mühelos auf den Kulturbereich übertragen werden könnten, müsse man eine Möglichkeit schaffen, damit einzelne Veranstaltungen mit Sonderbewilligungen bereits ab diesem Datum durchgeführt werden könnten, so die Begründung der Motionärin.
Dass die Pandemie nicht nur die gesellschaftlichen, sondern auch die politischen Strukturen wesentlich beeinflusste, zeigte sich auch am Zeitpunkt der Stellungnahme des Bundesrates: Als dieser am 1. Juli seine ablehnende Haltung gegenüber der Motion erläuterte, war das Veranstaltungsverbot für kulturelle Veranstaltungen bereits seit gut einem Monat weitestgehend gelockert worden. Seit dem 6. Juni waren Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen wieder erlaubt, ab dem 22. Juni war diese Zahl gar auf 1000 Personen angehoben worden – vorausgesetzt, die Organisationseinheiten konnten ein solides Schutzkonzept mit adäquaten Schutzmassnahmen vorweisen. An diesen Massnahmen solle sich gemäss Bundesrat auch mindestens bis zum 31. August nichts ändern und man wolle am bisherigen Konzept der etappenweisen Öffnung festhalten. Daher erachte man auch die geforderten Ausnahmeregelungen für einzelne Bereiche als nicht angezeigt.
Unter gegebenen Umständen ist es kaum mehr anzunehmen, dass der Vorstoss noch in irgendeiner Form seinen Weg in die parlamentarische Beratung finden wird. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Motion in absehbarer Zeit zurückgezogen oder in zwei Jahren – nach Ablauf der Behandlungsfrist – unbehandelt abgeschrieben wird.

Förderung der Kultur während der Coronakrise unter Auflagen erlauben (Mo. 20.3400)

Die Kulturbranche war stark von den Massnahmen des Bundes gegen die Covid-19-Pandemie betroffen, wurden doch im März 2020 unter anderem alle Kulturinstitutionen vorübergehend geschlossen. Die Kulturmarketingagentur «L'Oeil du Public» untersuchte in der Studie «Kulturbesuche in der Zeit nach Corona» in Abstimmung mit der KBK, wie die Pandemie das Kulturnutzungsverhalten der Bevölkerung beeinflusste. Zu diesem Zweck wurden im Mai 2020 – nach der Ankündigung der ersten Öffnungsschritte im April - insgesamt 880 Personen aus der Deutsch- und Westschweiz, welche vor der Pandemie mindestens eine kulturelle Aktivität pro Jahr unternommen hatten, befragt.

Am stärksten vermissten die Befragten während der Schliessung den Besuch von Kinos, von darstellender Kunst (wie etwa Theateraufführungen) sowie von Tier- und Freizeitparks. Die Angst vor der Pandemie blieb auch nach den ersten Lockerungen: So gab nur etwa ein Viertel der Befragten an, dass sie «ohne grosse Bedenken» an einer kulturellen Veranstaltung teilnehmen oder eine kulturelle Institution besuchen. Ein weiteres Viertel der Befragten wollte gar erst wieder an Kulturveranstaltungen teilhaben, wenn die Pandemie vollständig vorbei ist. Zudem forderten 60 Prozent der Befragten bei zukünftigen Veranstaltungen Schutzmassnahmen, wie etwa eine Begrenzung der erlaubten Anzahl Besucherinnen und Besucher.
Zur Nutzung von digitalen Alternativen zu Kultur vor Publikum gaben 75 Prozent der Befragten an, während des Lockdowns kulturelle Online-Angebote genutzt zu haben, wobei das Streaming von Filmen und Serien das meist genutzte Angebot war (63%); 17 Prozent aller Befragten hatten die teilweise neu angebotenen digitalen Aufführungen von Theaterstücken oder Konzerten genutzt, deren Nutzung im Vergleich zu vor der Pandemie folglich gemäss Bericht relativ gross war.
Zuletzt zeigte die Studie mögliche negative finanzielle Auswirkungen des veränderten Kulturnutzungsverhaltens der Schweizerinnen und Schweizer auf, zumal 46 Prozent aller Befragten im nächsten Jahr weniger für Kulturbesuche ausgeben wollten und etwa ein Drittel weniger für Abonnements.

Kulturbesuche während und nach Corona

Wie sich Ende Mai 2020 zeigte, waren die Auswirkungen der Corona-Massnahmen auf den Kultursektor weit grösser, als noch Ende März zu erwarten gewesen war; zumal das Veranstaltungsverbot für Grossveranstaltungen mit über 1000 Personen noch mindestens bis Ende August 2020 verlängert und Kulturinstitutionen bis mindestens am 8. Juni 2020 geschlossen sein würden. Daher beschloss der Bundesrat an seiner Sitzung vom 13. Mai 2020 die Unterstützung für den Kultursektor im Rahmen der Covid-Verordnung Kultur um vier Monate bis zum 20. September 2020 zu verlängern. Bis anhin waren Gesuche um Unterstützung in Höhe von CHF 234 Mio. eingegangen. Der Gesamtbetrag würde vorerst noch bei den bereits im März gesprochenen CHF 280 Mio. bleiben, jedoch sollen neu Mittel, die bisher zur Finanzierung der zinslosen Darlehen für Kulturunternehmen verwendet wurden, zu bestimmten Teilen den Ausfallentschädigungen zugewiesen werden.

Covid-Unterstützung für den Kultursektor

Das Treffen des Nationalen Kulturdialogs Anfang April 2020 wurde von der Covid-19-Pandemie und deren wirtschaftlichen Folgen auf die Kulturbranche dominiert. Gemäss Medienmitteilung sei für alle Teilnehmenden die Verhinderung einer «nachhaltige[n] Schädigung der Schweizer Kulturlandschaft» durch die Pandemie sowie die Erhaltung der kulturellen Vielfalt das zentrale Ziel. Die Beteiligten begrüssten die vom Bundesrat ergriffenen Unterstützungsmassnahmen für die Kulturbranche, für welche im Rahmen der Covid-Verordnung Kultur in einem ersten Schritt CHF 280 Mio. bereitgestellt worden war. Sie forderten zudem, dass nach einer Analyse der Situation entschieden werden soll, ob die Unterstützung über die bisher vorgesehenen zwei Monate hinweg verlängert werden müsse.
Zudem beschloss der Nationale Kulturdialog im November 2020 die neuen thematischen Schwerpunkte für das Arbeitsprogramm ab 2021. Diese umfassten eine Nationale Strategie zum Kulturerbe der Schweiz, eine «[a]ngemessene Entschädigung der Kulturschaffenden», sowie die Förderung einer nachhaltigen Kulturproduktion.

Nationaler Kulturdialog

Wie sich zeigte, war der Kultursektor besonders stark von den behördlichen Massnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie – namentlich dem am 28. Februar 2020 vom Bundesrat ausgesprochenen Veranstaltungsverbot – betroffen. Um allfälligen Konkursen und einschneidenden finanziellen Einbussen im Kulturbereich entgegenzuwirken, beschloss der Bundesrat am 20. März 2020 im Gesamtrahmen des CHF 40 Mrd. schweren Massnahmenpakets den Kultursektor mit CHF 280 Mio. zu unterstützen. Die konkreten Massnahmen und spezifischen Instrumente wurden in der auf zwei Monate befristeten Verordnung über die Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus im Kultursektor (Covid-Verordnung Kultur) geregelt. Konkret sah die Verordnung Soforthilfen in Höhe von CHF 100 Mio. für nicht gewinnorientierte Kulturunternehmen sowie CHF 25 Mio. für Kulturschaffende, Ausfallendschädigungen in Höhe von CHF 145 Mio. für gewinn- und nicht gewinnorientierte Kulturunternehmen und -schaffende sowie Finanzhilfen in Höhe von CHF 10 Mio. für Kulturvereine im Laienbereich vor.
Die Richtlinien zur Umsetzung waren in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet worden und die Gesuche konnten bei den Kantonen bzw. dem Verein Suisseculture Sociale und den Laienkulturverbänden eingereicht werden, sobald die jeweiligen Kantone die Leistungsvereinbarung mit dem Bund unterzeichnet hatten. Während der zweimonatigen Beobachtungsphase würden das BAK und die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Suisseculture Sociale eine Standortbestimmung vornehmen und eine allfällige Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung prüfen.

Covid-Unterstützung für den Kultursektor

Mit dem für den 16. März 2020 angesetzten Lockdown zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie mussten auch sämtliche Literaturbetriebe ihre Türen für unbestimmte Zeit schliessen. Auch wenn es in den Vorjahren schon immer Stimmen gab, die der Literaturszene schlechte Karten prognostizierten, zeigte sich die Situation auf dem Buchmarkt und in den Literaturbetrieben in der Covid-Krise nun so ernst wie selten zuvor. Nur wenige Wochen nach der Zwangsschliessung berichtete die NZZ, dass es Verlage gebe, die über einen Umsatzrückgang von rund 90 Prozent klagten und sich nun gezwungen sahen, Notprogramme zu entwerfen oder gar die Reissleine zu ziehen. Der Buchhandel im deutschsprachigen Raum sei weitestgehend eingestellt; wer keine finanziellen Rücklagen habe, ordere kaum noch neue Titel und gehe stattdessen die Ladenbestände durch. Erschwerend komme hinzu, dass Internethändler wie Amazon Bücher nicht als Gegenstände des täglichen Bedarfs betrachteten und daher in ihrem Versandprozess auch nicht priorisierten. Viele Verlage hätten sich zwischenzeitlich auf die Veröffentlichung von E-Büchern beschränkt oder ihre vielversprechendsten Titel kurzerhand in den Herbst verschoben, damit diese nicht Gefahr liefen unbeachtet zu bleiben. Die Entwicklung habe auch einen starken Einfluss auf die Autorenschaft, da sie durch den Stillstand der gesamten Branche nicht wie gewohnt ihr Einkommen mit Lesungen aufbessern könne. Besonders betroffen seien junge und unbekannte Autorinnen und Autoren. Auch wenn sich in der Zwischenzeit vielversprechende Projekte zu deren Unterstützung entwickelten, würde es nicht einfach für diese werden. So berichtete beispielsweise die Aargauer Zeitung vom Corona-Projekt «Stoff für den Shutdown», einem durch Crowdfunding entstandenen, gedruckten Literaturmagazin, in dem Autorinnen und Autoren ihre Texte veröffentlichen können. So sollen die Kulturschaffenden in der Krise unterstützt und die Einnahmen der Autorenschaft sichergestellt werden. Während die grossen Betriebe in der Krise stark zu kämpfen hatten, schienen kleinere und lokale Buchhandlungen die Gelegenheit zu nutzen, ihre Dienstleistungen auszubauen. Denn wie die Basler Zeitung zu berichten wusste, bliebe die Nachfrage nach Büchern trotz geschlossener Türen gerade bei den kleinen Handlungen hoch. So wurde in einigen Betrieben der Lieferservice stark ausgebaut, während andere einen solchen erstmals ins Leben riefen.
Diese Formen der Eigeninitiative waren unter anderem auch durch die ablehnende Haltung des BAK erforderlich geworden. Dieses hatte einen Vorstoss der Branchenverbände Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV), Livre Suisse und Associazione librai ed editori della Svizzera Italiana (ALESI) abgelehnt, der Unterstützungszahlungen an die durch den Lockdown besonders betroffenen Unternehmen gefordert hätte, wie der SBVV in seinem Newsletter mitteilte. Im weiteren wurde auch der Antrag auf Corona-Soforthilfen durch das BAK und die SECO abgelehnt. Diese argumentierten, dass die Verlage und Buchhandlungen analog zu anderen KMUs Kurzarbeit und Liquiditätshilfen beantragen könnten, Sofortzahlungen wie sie an selbständig erwerbende Kulturschaffende geleistet werden, könnten aber der gewinnorientierten Buchbranche nicht zugesprochen werden.

Während der Mitte April vom Bundesrat kommunizierte Etappenplan zur schrittweisen Lockerung der Lockdownvorgaben bei einigen Betrieben für Aufatmen sorgte, löste er bei den Westschweizer Literaturorganisationen eine regelrechte Polemik aus. Der Verband Livre Suisse, die Interessenvertretung der Vertriebe, Verlage und Buchhandlungen der Romandie, kündigte Tags darauf an, eine Petition für die Öffnung der Buchhandlungen bereits ab dem 27. April zu lancieren. Generalsekretär Olivier Babel erläuterte gegenüber «La Liberté», dass man damit die Aufmerksamkeit der Behörden auf den unlauteren Wettbewerb lenken wolle, der durch die vorzeitige Öffnung der gesamten Ladenfläche der grossen Supermärkte begünstigt werde. Die Einzelhändler mussten hingegen noch weitere zwei Wochen zuwarten und sahen sich durch diese zweistufige Lockerung benachteiligt. Pascal Vanderberghe, Direktor des Buchhändlers Payot, begrüsste und unterstützte das Engagement von Livre Suisse zwar, mahnte aber zugleich, dass die frühzeitige Eröffnung des Einzelhandels auch Gefahren in Form der fehlenden Laufkundschaft mit sich bringe, was in der Folge lediglich zu Mehrkosten führe. Es wäre wohl für alle einfacher, wenn die Beschränkungen für die Grosshändler bis auf Weiteres beibehalten blieben. Auch Grosshändler wie Manor oder Migros zeigten sich solidarisch mit den Einzelhändlern. Da die Botschaft des Bundesrates nicht ganz klar sei, wisse man beispielsweise beim orangen Riesen noch immer nicht so genau, welche Bereiche innerhalb des Unternehmens denn nun konkret ab dem 27. April geöffnet werden könnten. Da man hinsichtlich der Umsetzung grosse Unterschiede zwischen den Kantonen erwarte, weigere man sich bei der Migros die Situation auszunutzen und wolle entsprechend einen Teil des Sortiments noch verschlossen lassen. Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-SR) schien sich ebenfalls am Aspekt der Wettbewerbsverzerrung zu stossen und forderte die Regierung entsprechend auf, Alternativen zu prüfen. Interessanterweise verkündete der «Blick» just zwei Tage nach dem ersten Öffnungsschritt, dass Payot eine Strafanzeige gegen die Migros eingereicht habe, weil diese die entsprechende Verordnung des Bundesrates nicht eingehalten habe. Der Buchhändler erwirkte, dass die Migros-Genossenschaft Genf den Bücherverkauf in sämtlichen Filialen sofort einstellen musste, da Bücher nicht zu den Gütern des täglichen Bedarfs zählten.

Musik während Covid-19

Wie so viele andere Kulturschaffende auch, sahen sich die Musikschaffenden durch das vom Bund verordnete Veranstaltungsverbot in ihrer Existenz bedroht, da mit jeder einzelnen Konzertabsage ein beachtlicher Teil ihrer Haupteinnahmequelle verloren ging. Zwar hatte der Bundesrat im Rahmen der Covid-Verordnung dem Kulturbereich finanzielle Unterstützung zugesprochen, jedoch bezweifelte man beispielsweise bei Sonart, dem Verband der Schweizer Musikschaffenden, dass damit alle Gagenausfälle kompensiert werden können, wie die Aargauer Zeitung berichtete. Aus diesem Grund ergriffen die Sängerinnen Corin Curschellas und Nadja Zela die Initiative und riefen Radio SRF über die sozialen Medien dazu auf, während der Corona-Krise vermehrt auf Schweizer Musik zu setzen. Da für jeden über den Äther verbreiteten Song eine Urheberrechtsgebühr bei der Verwaltungsgesellschaft Suisa abgegolten werde, könne man so den Musikerinnen und Musikern zumindest helfen, ihre Ausfälle zu minimieren. Tatsächlich zeigten sich sowohl die SRF als auch die CH Media Radios während der Pandemie solidarisch mit den Musikschaffenden und wollten jeweils den Sendeanteil der Schweizer Musik am Gesamtprogramm erhöhen. Wie die Aargauer Zeitung schliesslich Ende Juni berichtete, hätten beide Medienhäuser zwischenzeitlich die Schweizer Musik am Radio beachtlich in den Vordergrund gerückt: Bei SRF 3 habe man im März über 35 Prozent, im April rund 50 Prozent Schweizer Künstlerinnen und Künstler gespielt. Bei Radio Virus habe man ab Ende März bis Mitte Juni gar konsequent auf Schweizer Musik gesetzt; seither sei der Schweizer Anteil zwar wieder zurückgefahren worden, jedoch wolle man sich zukünftig bei rund 60 Prozent einpendeln. Auch bei den CH Media Sendern (Radio Argovia, Radio 24, Radio FM1, Radio Pilatus, Radio Melody und Virgin Radio) habe man mehr auf Schweizer Musik gesetzt, wobei man sich hierbei primär auf punktuelle Aktionen wie die in Kooperation mit dem SRF entstandene «Alles wird gut»-Aktion, die auch am Fernseher ausgestrahlt wurde, konzentrierte. Andreas Ryser, Präsident des Dachverbands der unabhängigen Labels (Indie-Suisse), zeigte sich ebenfalls in der Aargauer Zeitung äusserst erfreut über das Ergebnis. Tatsächlich habe man den einzelnen Musikschaffenden mit dem Engagement etwas unter die Arme greifen können. Von grosser Bedeutung sei hierbei, dass man nicht nur auf die grossen Hits gesetzt, sondern ein breites Spektrum an Künstlerinnen und Künstlern abgedeckt habe, so dass auch weniger etablierte davon profitieren konnten. Lediglich die Wochenzeitung zeigte sich über den neuen Schweizer Fokus wenig erfreut. Es sei zwar schön und gut, wenn man Kulturschaffende unterstützen wolle, jedoch verkomme mit diesem übersteigerten «Heimatschutz» die Krise lediglich noch zu einem «Biotop für übersteigerten Patriotismus», wohingegen der Grundgedanke der Kultur eben gerade darin liege, Grenzen zu überschreiten und Horizonte zu erweitern.

Musik während Covid-19

Während sich das Gros der Diskussionen zu Covid-19 um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie drehten, nahmen sich einzelne Medien im Zuge der Entwicklungen dem Virus auch als einem sprachlichen Phänomen an. Anfang Jahr noch kaum beachtet und von Laien lediglich als eine weitere Form der Grippe abgeschrieben, zeichnete sich sein sprachkulturelles Potenzial ab März 2020 deutlich ab. So mokierte sich beispielsweise die in Tel Aviv lebende Autorin Joelle Well in der Aargauer Zeitung über die Unwissenheit und der damit einhergehenden Ignoranz der breiten Masse um die eigentliche Bedeutung des Akronyms «Covid-19» (engl. coronavirus disease 2019). Ennet der Schweizer Landesgrenze, im Nachbarland Frankreich, hingegen, war man bereits weit über die semantische Diskussion hinaus und machte hier stattdessen das Genus zum Zankapfel: In der französischen Gelehrtengesellschaft Académie française wurde über Wochen darüber debattiert, ob es denn nun «le» oder «la» Covid heisse, da es in den Medien offensichtlich unterschiedlich gehandhabt wurde. Anfang Mai war man sich schliesslich darüber einig geworden, dass Covid feminin und entsprechend mit «la» aufzuführen sei. Dies, weil das dem Akronym zugehörige «D» (disease) im Kern ein Äquivalent des französischen weiblichen Substantivs «la maladie» sei. In der Schweizer Medienlandschaft, besonders in der Romandie, schien dieses Thema indes kaum auf Interesse zu stossen.
Stattdessen fokussierten die Medien bevorzugt die Grenzen im Landesinneren – also den «Röstigraben». So kam in den Frühlingsmonaten vermehrt die Frage auf, ob im Zuge der Covid-Pandemie die Sprachgrenzen zu Landesgrenzen werden (Sonntags-Blick). Dies bedingt durch die unterschiedliche Handhabung der Situation in der Deutschschweiz und der Romandie. Während die alemannische Schweiz zu Beginn der Krise eher zögerlich reagierte, nach dem Lockdown dann aber relativ rasch auch wieder um eine Exit-Strategie bemüht war, habe man sich in der französischsprachigen Schweiz sehr offensiv für die Strategie der französischen Nachbarn – dem «confinement total» – ausgesprochen. Dabei habe man sich noch Anfang März in der Westschweiz herzlich über die Deutschschweiz amüsiert, wie Philippe Reichen im Tages-Anzeiger schilderte. Grund dafür sei die Einschätzung des Berner Immunologen Beda Stadler gewesen, nach der die Deutschschweizer aufgrund ihrer markanten Kehllaute (beispielsweise «ch») ein höheres Ansteckungspotenzial für Corona aufwiesen. Nach Reichen sei dies wiederum für die Westschweizerinnen und -schweizer eine Bestätigung dafür, dass «das Schweizerdeutsch keine eigentliche Sprache, sondern eine Halskrankheit» sei. Im Sommer hingegen, mit Beginn der Urlaubszeit, schien sich die Covid-Röstigraben-Theorie zu verflüchtigen. So titelte im August beispielsweise die gleiche Zeitung, die im April ebendiese Thematik erst aufgeworfen hatte: «Le Röstigraben n'existe pas». Covid-19 bedingt habe sich das Reiseverhalten der Westschweizerinnen und -schweizer verändert. Sie entdeckten plötzlich die Deutschschweiz für sich und fänden Gefallen daran. So stelle sich die Frage, ob man Covid vielleicht doch als eine Chance zum überwinden des Röstigrabens sehen könne.

Die Relevanz der Sprache und insbesondere ihres adäquaten Einsatzes im Umgang mit der Covid-Krise wurde zu Beginn des Sommers auch wissenschaftlich bestätigt. Nicht nur die Aargauer Zeitung stellte fest, dass die Corona-Krisenkommunikation des Bundesrates und des BAG trotz ihrer höflichen, unaufgeregten und diskreten Form erfolgreich war, dies bestätigte auch eine trinationale Studie des Schweizer Meinungsforschungsinstituts Link. Die Schweizer Plakate mit Warnhinweisen und Handlungsanweisungen hätten im Vergleich mit den deutschen und österreichischen viel mehr Aufmerksamkeit erhalten. Dass die Kampagne bei der Bevölkerung auf durchwegs positive Resonanz gestossen sei, bestätigte auch die Sprachwissenschaftlerin Juliane Schröter von der Universität Genf. Sie untersuchte sämtliche Radio- und Fernseheinspieler, die Medienkonferenzen, Tweets, Videos sowie Plakate im Rahmen der Informationskampagne und identifizierte hierbei drei Schlüsselaspekte des Erfolgs: Erstens habe man erfolgreich wiederholt dieselbe einfache und positiv formulierte Verhaltensempfehlung ausgesprochen («bleiben Sie zu Hause»), zweitens habe man nicht auf Verbote, sondern auf Argumente gesetzt. Dieses Vorgehen sei durchaus mit dem bundesrätlichen Vorgehen im Vorfeld von eidgenössischen Abstimmungen vergleichbar. Drittens habe eben gerade diese Argumentationsstrategie im Wesentlichen dazu beigetragen, die Kampagne mit Schweizer Werten wie Freiheit und Eigenverantwortung aufzuladen. Wer also die Empfehlungen befolge, verhalte sich auch schweizerisch.
Jedoch liess auch die wissenschaftliche Kritik nicht lange auf sich warten. In einem Gastkommentar in der Aargauer Zeitung titelte Mario Andreotti, Dozent für Neuere deutsche Literatur an der Universität St. Gallen: «Corona hat unsere Sprache infiziert». Dabei monierte er in erster Linie den sinnlosen Gebrauch von Anglizismen im Zusammenhang mit coronaspezifischen Tätigkeiten – besonders in der Deutschschweiz. Er stiess sich beispielsweise an der inflationären Verwendung des Begriffs «home office». Besonders störte ihn die Fehlnutzung des Begriffes, denn die englische Bedeutung des Begriffs bezeichne nichts anderes als das Innenministerium. Wenn sich die Leute also zwingend auf Englisch ausdrücken wollten, müssten sie korrekterweise den Begriff «homework» verwenden, für den es aber wiederum einen durchaus etablierten deutschen Begriff gebe: die Heimarbeit. Das Gleiche gelte auch für «home schooling», «lockdown» oder den Ausdruck «social distancing», den Andreottis Ansicht nach viele nicht einmal richtig aussprechen könnten. Dieser müsste eigentlich «physical distancing» heissen, da die soziale Distanzierung mit Corona nicht im Geringsten etwas zu tun habe. Ein grosses Lob hingegen sprach er der Romandie aus: Anstatt sich in fehlgeleiteten Anglizismen zu verlieren, verwendeten sie für Französischsprechende sofort verständliche Begriffe. So werde aus dem «lockdown» ein «confinement» und aus dem «home office» ein «télétravail». Aber auch das Deutsche selbst habe sich in der «Coronawelt» neu erfunden. So hätten Wörter des täglichen Gebrauchs eine neue Bedeutung erhalten; wie beispielsweise der Ausdruck der «Normalität», der zu Coronazeiten nun eben als «neue Normalität» bezeichnet werde, was aber entgegen jeglicher Logik sei, da etwas entweder normal oder eben nicht normal sein könne, aber nicht beides zugleich. Daher sehe er die Politik und Medien in der Verantwortung, dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben.

COVID - Sprache

Ende Februar 2020 überwies der Bundesrat die Botschaft über die Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 (Kulturbotschaft 2021–2024) an das Parlament und beantragte damit die Zustimmung zu Änderungen des Kulturförderungs-, des Film-, des Kulturgütertransfer-, des Nationalbibliotheken- und des Sprachengesetzes sowie die Abschreibung der Postulate Semadeni (sp, GR; Po. 15.4117) und Quadranti (bdp, ZH; Po. 19.3725) und der Motion Regazzi (cvp, TI; Mo. 17.4308).
Die Botschaft, welche wie ihre Vorgängerinnen die Transferausgaben des BAK sowie die Budgets von Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums (SNM) umfasste, stand ganz im Zeichen der Kontinuität und folgte der kulturpolitischen Ausrichtung der Vorperiode (Kulturbotschaft 2016–2020). Die drei zentralen Handlungsachsen, die sich aus einer Umfeldanalyse und den daraus resultierenden fünf Megatrends (Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Urbanisierung und Individualisierung) für die Vorperiode ergeben hatten, sollten beibehalten werden, wobei für die aktuelle Förderperiode eine Fokusverlagerung auf die Digitalisierung vorgesehen wurde. Eine wesentliche Neuerung der aktuellen Förderperiode lag in der zeitlichen Angleichung der Kulturbotschaft an die Legislaturperiode: Während die erste Kulturbotschaft die Förderperiode von 2012–2015 umfasst hatte, war für die zweite Kulturbotschaft (2016–2020) eine einmalige Erweiterung der Geltungsdauer auf fünf Jahren veranlasst worden, damit ab der dritten Botschaft (2021–2024) die Kulturbotschaften jeweils auf die Legislaturperiode abgestimmt sein würden.
Im Bereich der weiterführenden Massnahmen wollte der Bundesrat insbesondere das Programm «Jugend und Musik» vorantreiben, schulische Austauschaktivitäten zwischen den Sprachregionen ausbauen, mehr zur Baukultur beitragen und sich für eine bessere Gleichstellung im Kulturbereich einsetzen. Aufgrund der Teuerungsprognosen des Bundes wurde der Gesamtfinanzrahmen in der Botschaft im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage herabgesetzt. Neu sah der Bund Finanzmittel in der Höhe von CHF 934.5 Mio. vor, was einem Wachstum von durchschnittlich 2.6 Prozent (einschliesslich Teuerung) und einer realen Mittelaufstockung von CHF 34.7 Mio. entsprach. Die beantragten Finanzmittel machten in der Folge rund 0.3 Prozent der Bundesausgaben aus.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

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Zusammenfassung
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Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)

Mit der Kulturbotschaft wird die Finanzierung der Kulturförderung durch den Bund für jeweils vier Jahre festgelegt. Mit der Kulturbotschaft 2021–2024 strebte der Bundesrat Kontinuität und Verlässlichkeit an, ihr Kern war entsprechend die drei bestehenden Handlungsachsen der Kulturpolitik: kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation. Insgesamt schlug der Bundesrat 12 Massnahmen zur Weiterentwicklung der Kultur vor und packte diese in 5 Gesetzesänderungen und 8 eigene Bundesbeschlüsse. Für grosse Diskussionen und Kritik sorgten bereits in der Vernehmlassung die vorgesehenen Änderungen im Filmgesetz. Aufgrund der Relevanz des Themas löste der Ständerat diese Änderung aus der Kulturbotschaft und behandelte sie als eigenständige Vorlage. Von den restlichen vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen waren insbesondere zwei Änderungen umstritten: Eine Erhöhung der Finanzhilfe des BAK zugunsten zweier verschiedener Projekte sowie die Erhöhung der Mittel für die Förderung der rätoromanischen Sprache.


Chronologie

Vernehmlassung
Botschaft des Bundesrates
Nationalrätliche Kommissionen befürworten Annahme der Kulturbotschaft
Ständerätliche Kommission berät Kulturbotschaft ohne Filmgesetz
Nationalrat berät Kulturbotschaft als Erstrat
Ständerat berät Kulturbotschaft ohne Filmgesetz
Differenzbereinigung und Schlussabstimmungen
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Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Bereits während der Verhandlungen zur Urheberrechtsrevision waren immer wieder Stimmen aus dem Kunst- und Kulturbereich zu vernehmen, die mit einem Referendum liebäugelten. Nach der offiziellen Verabschiedung der Gesetzesvorlage war es dann aber die Piratenpartei Schweiz, die Nägel mit Köpfen machen wollte. Fernab jeglicher medialer Präsenz lancierte diese noch im Vorfeld der Wahlen im Oktober 2019 das Referendum und zeigte sich in ihrer Mitte November publizierten Medienmitteilung sehr zuversichtlich, da trotz der geringen öffentlichen Streuung bereits zahlreiche Parteien und Organisationen wie die jungen Grünen, die Juso oder der Chaos Computer Club sowie Bürgerinnen und Bürger ihre Unterstützung zugesichert hätten und auch täglich neue Unterschriften einträfen. Das Referendumskomitee sehe zwar einen Reformbedarf hinsichtlich des Urheberrechts, erläuterte der Co-Präsident der Piraten Jorgo Ananiadis (BE, piraten), die aktuelle Vorlage sei allerdings «ein einziger Dienst an den grossen Film- und Musikkonzernen», wie der Berner von der Aargauer Zeitung zitiert wurde. Die in dieser Form verabschiedete Vorlage führe lediglich zu einer massiven Kostensteigerung und lasse aufgrund des verstärkten Lichtbildschutzes eine regelrechte Klagewelle erwarten. So gesehen betreibe man gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, den Konsumierenden und den Kreativen eher ein «Urheber-Unrecht». Aus diesem Grund habe man auch die Referendums-Website «urheber-unrecht.ch» aufgeschaltet, wo alle referendumsrelevanten Informationen zugänglich seien.
Rund eine Woche vor Ablauf der Referendumsfrist am 16. Januar 2020 stellte sich dann aber Ernüchterung ein: Man würde die benötigten 50'000 Unterschriften wohl kaum zusammenbekommen. Bereits am 13. Januar verkündete der Tages-Anzeiger, dass das Referendum nicht zustande gekommen sei, was schliesslich am 17. Januar vom Komitee selbst auch über die offizielle Referendums-Website mit grosser Enttäuschung bestätigt wurde. Den Umstand, dass lediglich etwas über 10'000 Unterschriften gesammelt werden konnten, begründete das Komitee mit den eingeschränkten Ressourcen der netzpolitisch engagierten Bürgerinnen und Bürger: Da viele Beteiligte sich im gleichen Zeitraum auch für andere Referenden und Initiativen eingesetzt hätten, hätten die Kapazitäten im Rahmen des URG-Referendums gefehlt, was den Verantwortlichen wiederum gezeigt habe, dass man noch nicht soweit sei, mehrere Kampagnen parallel zu stemmen.
Die Vertretungen des Dachverbandes der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN) und der Vereinigung Musikschaffende Schweiz (SONART) sahen das Scheitern hingegen als eine positive Entwicklung an. Die SONART empfand die Argumentation der Referendumsführenden als effektiv übertrieben oder schlichtweg falsch, während der DUN sich erfreut zeigte, dass der langjährige Prozess nun endlich seinen Abschluss finden könne und dazu beitrage, dass die Schweiz künftig nicht mehr auf dem «Special 301 Report» der USA erscheine.
Somit wird die Inkraftsetzung des revidierten Urheberrechtsgesetzes voraussichtlich im Frühjahr 2020 erfolgen.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Mitte Januar 2020 verkündeten diverse Medien, dass Dr. h.c. Heinrich Weiss, Gründer des Museums für Musikautomaten, am 9. Januar 2020 in seinem 100. Lebensjahr verstorben war.
Bereits in den 1960er-Jahren hatte Heinrich Weiss – auch bekannt als der Erfinder des Barcodes – mit dem Sammeln von Schweizer Musikdosen und anderen mechanischen Musikinstrumenten begonnen und 1979 gar eigens hierfür ein privates Museum in Seewen (SO) eröffnet, das rasch weit über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erlangte. Zur langfristigen Sicherung der Sammlung und des Museums gründete er gemeinsam mit seinen Familienangehörigen 1981 die «Dr. h.c. H. Weiss-Stauffacher-Stiftung».
Ab dem 1. Juli 1990 wurde das Museum für Musikautomaten als ein Museum des Bundes geführt, da es durch eine Schenkung, die mit der Annahme eines Bundesratsbeschlusses bestätigt worden war, an die Schweizerische Eidgenossenschaft überging. In den frühen 1990er-Jahren leitete Weiss die Einrichtung noch selbst und zeigte sich für die Realisierung eines im Frühjahr 2000 von Bundesrätin Ruth Dreifuss eingeweihten Erweiterungsbaus verantwortlich.
Das Bundesamt für Kultur (BAK) führte in einer Mitteilung an, dass das Museum für Musikautomaten heute dem BAK angegliedert sei und ergänzend weiterhin den Zusatz «Sammlung Dr. h.c. Heinrich Weiss» in seinem Namen trage.

Heinrich Weiss - Gründer des Museums für Musikautomaten verstorben

Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen

2019 war hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik vergleichsweise ein eher moderater Jahrgang, sowohl im Vergleich zu anderen Politikbereichen, als auch im direkten Vergleich zu den Vorjahren. Eine APS-Zeitungsanalyse zeigt auf, dass alle drei Politikbereiche von einem rückläufigen Trend betroffen sind, wobei sich dieser besonders in der Medienberichterstattung zur Kirchen- und Religionspolitik am stärksten zeigt – hier hat sich der Anteil themenspezifischer Artikel seit 2016 nahezu halbiert. Im Jahresverlauf wurden über die drei Themenbereiche betrachtet unterschiedliche Entwicklungen ersichtlich: Während die Sprachthemen auf nationaler Ebene offensichtlich im Allgemeinen wenig Beachtung fanden, wurden kirchenpolitische Themen besonders Anfangs und Ende Jahr stark diskutiert und fielen dann dem obligaten «Sommerloch» zum Opfer. Die Kulturpolitik hingegen sah sich mit einem regelrechten «Sommerhoch» konfrontiert, nachdem es ab März 2019 eher ruhig geworden war.

Das Hauptaugenmerk der Parlamentarierinnen und Parlamentarier lag 2019 hinsichtlich der kulturpolitischen Entwicklungen mit Sicherheit auf der Revision des Schweizer Urheberrechts. Nach rund 7-jähriger Vorarbeit und einer vom Ständerat im Frühjahr 2019 zwecks Sondierung der Lage des europäischen Urheberrechts auferlegten Rückweisung, wurden im Sommer schliesslich die Weichen gestellt und das Gesamtpaket im Herbst gebündelt. Da die angestrebte Revision Einfluss auf verschiedene Bereiche hat, blieben die negativen Reaktionen indes nicht aus; deshalb ist es auch wenig erstaunlich, dass kurz nach der Schlussabstimmung bereits das Referendum ergriffen wurde. Ob die URG-Revision effektiv gelungen ist, wird sich Mitte Januar 2020 zeigen, wenn die Referendumsfrist abgelaufen ist.
Die Ratifizierungen internationaler Abkommen wie des Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes und des Rahmenübereinkommens des Europarats über den Wert des Kulturerbes standen hingegen ausser Diskussion.
Ein anderer Fokus wurde im Kulturjahr 2019 wiederum auf die Kulturförderung gelegt. Im Frühjahr wurde die Kulturbotschaft 2021–2024 in die Vernehmlassung geschickt und bis im September zur Stellungnahme freigegeben. Der Ergebnisbericht lag Ende Jahr zwar noch nicht vor, jedoch geben die im Verlauf des Jahres gefällten Entscheide zu diversen Vorstössen mit Referenz auf die Kulturbotschaft (Kulturabgeltung an die Stadt Bern, Einführung eines schweizerischen Jugendkulturgutscheins, Auswirkungen der Urbanisierung auf die Kulturförderung, Aufgabenteilung zwischen SBFI und BAK, Erhöhung des Kredits für die Förderung des Sprachaustausches) einen ersten Hinweis auf mögliche Herausforderungen hinsichtlich der weiteren Beratungen .
Auch im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege blieben die Institutionen nicht untätig. So wurde eine Motion Regazzi (cvp, TI; Mo. 17.4308), die eine Anpassung der Bewertungskriterien für die ISOS-Aufnahme verlangte, stillschweigend angenommen und die Vernehmlassungsergebnisse zur Totalrevision des VISOS vielen mehrheitlich positiv aus, was auf ein Inkrafttreten der revidierten Verordnung auf den 1. Januar 2020 hindeutete.
In der ausserparlamentarischen Debatte fand das Fête de Vignerons, das drei Jahre nach seiner Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe und 20 Jahre nach der letzten Austragung neuerlich in Vevey (VD) stattfand, grosse Beachtung – leider aufgrund der finanziellen Bruchlandung nicht nur positive. Ein wiederkehrendes Thema war 2019 auch die Raubkunst, wobei der Fokus in diesem Jahr auf den afrikanischen Kontinent und die im Kontext der Kolonialisierung erbeuteten Schätze gerichtet wurde. Auch das Volk der Fahrenden war 2019 insbesondere in den Kantonen ein Thema, da sich die Frage der Durchgangsplätze nicht nur im Kanton Bern aufgetan hatte.

Im Bereich der Sprachpolitik standen in diesem Jahr die Mehrsprachigkeit und damit zusammenhängend die Förderung des Austausches zwischen den Sprachgemeinschaften sowie der Erhalt des Rätoromanischen im Fokus. So forderte eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 17.3654), dass öffentliche Ausschreibungen des Bundes künftig in den wichtigsten Landessprachen zu erfolgen hätten, und eine Motion Gmür-Schönenberger (cvp, LU; Mo. 18.4156), dass TV-Produktionen nicht mehr synchronisiert, sondern sowohl Eigenproduktionen in den Landessprachen, als auch englischsprachige Produktionen in der Originalsprache ausgestrahlt und lediglich noch untertitelt werden sollen.
Mit dem Begehen der 100-Jahr-Feier der Lia Rumantscha wurden indes Bestrebungen aufgezeigt, das Rätoromanische wieder mehr aufs Parkett zu bringen und insbesondere auch einem Publikum ausserhalb des Bergkantons ins Gedächtnis zu rufen. Nicht zuletzt seit einem im Frühjahr erschienene Bericht des ZDA war deutlich geworden, dass es für das Rätoromanische in der Schweiz fünf vor zwölf geschlagen hat.

In Bezug auf kirchen- und religionspolitische Themen stand in diesem Jahr die SVP mit ihren islamkritischen Parolen auf prominentem Parkett. Mit ihrem Vorstoss zur Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams war sie im Parlament zwar gescheitert, generierte aber mit den daraus resultierenden Wahlplakaten des der SVP nahestehenden Egerkinger-Komitees im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 ein grosses Medienecho. Auch die Motion Wobmann (svp, SO; Mo. 17.3583), die ein Verbot der Verteilaktion «Lies!» zum Ziel hatte, scheiterte – nach einer rund 1.5-jährigen Sistierung – am Ständerat. Wie eine bereits im Sommer veröffentlichte Studie aufzeigte, nahm die SVP auch in den Kantonen eine dominante Rolle in der Religionsdebatte ein. So war es nur wenig erstaunlich, dass die Anfangs Jahr neuerlich aufkommende Frage, ob man als guter Christ noch die SVP wählen dürfe, wieder zu diskutieren gab; nicht zuletzt, weil damit auch verschiedentliche Kirchenaustritte – nebst den ohnehin zunehmenden Kirchenaustritten – von SVP-Politikerinnen und -Politikern einhergingen, welche sich lieber dem Churer Bischof Huonder zuwenden wollten. Dieser seinerseits wurde schliesslich nach zweijährigem Aufschub zu Pfingsten Abberufen, nutzte die Zeit bis dahin aber für einen Rundumschlag gegen die Landeskirchen und stellte sich noch immer quer zu den Missbrauchsvorwürfen in der Kirche.
Wie sich die Kirche zum Staat verhalten soll und in welchem Masse sich Theologen in die politische Debatte einbringen dürfen, wurde seit Anfang Jahr im Rahmen eines von Gerhard Pfister (cvp, ZG) neu gegründeten Think-Tanks «Kirche/Politik» erläutert.
Eine für viele eher überraschende Kunde kam im Herbst von Seiten der reformierten Kirchen: Diese hatten sich nach langen Diskussionen für die «Ehe für alle» ausgesprochen, wobei sie im Wissen um die konservativen Kräfte innerhalb der Glaubensgemeinschaft die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen gewährleisten wollten. Unerfreulich waren 2019 die Meldungen über die Rückkehr und rasche Zunahme des Antisemitismus in der Schweiz.

Die 2019 im Vorfeld des angekündigten Frauenstreiks virulent diskutierte Genderthematik fand ihren Einzug auch im Bereich der Kultur, Sprache und Kirche. So wurden Frauen, und spezifisch ihr Schaffen und ihre Stellung in der Kunst und Kultur, wesentlich stärker thematisiert als in den vergangenen Jahren. Auch die Diskussion um gendergerechte Sprache wurde in diesem Jahr wieder virulenter aufgegriffen. Besonders überraschend kam auch die Ankündigung der Kirchenfrauen, sich am diesjährigen Frauenstreik zu beteiligen, um ein Zeichen gegen die männliche Dominanz innerhalb der Institution zu setzen.

Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Am allerletzten Arbeitstag der 50. Legislatur fanden sich beide Räte zu ihren Schlussabstimmungen zur Urheberrechtsrevision ein und belohnten sich nach jahrelangen Verhandlungen um Eingeständnisse und Kompromisse mit einem Gesetzespaket, das sich im Parlament einer breiten Unterstützung erfreute. Im Ständerat wurde dem neuen Bundesgesetz einstimmig mit 43 Stimmen (2 Enthaltungen) zugestimmt und im Nationalrat standen lediglich 2 Gegenstimmen einer überwältigenden Mehrheit von 194 Stimmen gegenüber (keine Enthaltungen). Über das Inkrafttreten wird der Bundesrat Anfang 2020 entscheiden, sofern bis dahin kein Referendum erfolgt.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Rund sieben Jahre nachdem die Urheberrechtsrevision in die Wege geleitet worden war, schien sie nun tatsächlich in der Herbstsession 2019 ihren wohlverdienten Abschluss zu finden. Nur wenige Tage nachdem der Ständerat die Vorlage neuerlich mit einer verbleibenden Differenz retourniert hatte, verkündete Kommissionssprecher Aebischer (sp, BE), dass man sich in der RK-NR nun mit 13 zu 8 Stimmen (ohne Enthaltung) darauf geeinigt habe, hinsichtlich der Hotelabgabe eine Empfehlung zugunsten des Stände- bzw. Bundesrates auszusprechen. Im Sinne eines Kompromisses hätten einige Mitglieder in den «sauren Apfel» gebissen und seien auf die ständerätliche Version umgeschwenkt – dies aber grundsätzlich nur im Wissen darum, dass die parlamentarische Initiative Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 16.493) nicht zurückgezogen worden sei und demnächst in der RK-SR traktandiert werde. Im Nationalrat schien man hierzu keine weitere Einwände mehr zu haben und kam der Kommissionsempfehlung stillschweigend nach. Somit ist das Urheberrecht nun bereit für die Schlussabstimmungen.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts