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Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen

Das Krisenjahr 2020 verlief hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik, gerade im direkten Vergleich mit anderen Politikbereichen, sowohl bezüglich der parlamentarischen Geschäfte als auch der medialen Berichterstattung überraschenderweise ruhig. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kultursektor mitunter einer der stärksten von der Corona-Pandemie getroffenen Bereiche war. Die APS-Zeitungsanalyse zeigt zwar auf, dass sich der Anteil der Medienartikel zu Kultur, Sprache und Kirchen an der Gesamtberichterstattung im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht hat, dieser Wert liegt aber mit knapp 3 Prozent noch immer tiefer als in den Jahren 2017 und 2018. Abermals machte die Kulturpolitik mit rund Zweidritteln der Medienberichte den grössten Teil der drei Themengebiete aus, gefolgt von der Kirchenpolitik mit rund einem Drittel; die sprachpolitisch relevanten Berichte hingegen waren in diesem Jahr nahezu inexistent.

Wie viele andere Bereiche auch wurde die Kulturlandschaft in der Schweiz und mit ihr die Kulturpolitik massgeblich vom Diktat der Corona-Pandemie gesteuert. Während das Jahr sowohl für das Parlament als auch die Medien eher ruhig begann, machte sich mit der Mitte März vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage ein deutlicher Ausschlag in der Medienberichterstattung bemerkbar. Fortan war das kulturpolitische Jahr von gefällten Massnahmen im Kampf gegen Covid-19 und der sich aus diesen ergebenden Folgen für die Kulturschaffenden geprägt. Das auferlegte Veranstaltungsverbot und die damit einhergehenden Restriktionen hatten gravierende finanzielle Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Kulturindustrie: Von nahezu einem Tag auf den anderen sahen sich Musik-, Film-, Theater-, Literaturschaffende und viele mehr in ihrer Existenz bedroht. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sprach ihnen der Bundesrat im Frühjahr zwar im Rahmen der «Covid-Verordnung Kultur» finanzielle Unterstützung zu, jedoch zeigte sich im weiteren Verlauf des Jahres, dass dies längerfristig kaum ausreichen würde. Entsprechend versuchten auch die Zivilgesellschaft und die Kulturschaffenden selbst, Hand zu bieten, und lancierten diverse Solidaritätsaktionen oder nutzten diese Gelegenheit gar dazu, gänzlich neue Wege zu beschreiten und das Kulturschaffen sowie die Kulturvermittlung auf neue Kanäle umzuleiten.
Zwischenzeitlich war auch das Parlament darum bemüht, dem Kultursektor nach Möglichkeit unter die Arme zu greifen. Bei den in der Herbstsession eröffneten Beratungen der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 war man sich einig, dass sich der Stellenwert der Kultur in und für die Gesellschaft gerade in der Corona-Krise deutlich gezeigt habe und die Kultur daher auch entsprechend gefördert werden müsse. Entsprechend war auch relativ rasch klar, dass man diversen Kürzungsanträgen von Seiten einzelner SVP-Exponentinnen und -exponenten nicht entgegenkommen würde. Lediglich darüber, wie die Kulturförderung genau ausgestaltet werden sollte, war man sich zunächst nicht ganz einig. Besonders bei den Mitteln für den Austausch zwischen den Sprachregionen und den Finanzhilfen für das Bundesamt für Kultur (BAK) diskutierten die Räte lange, konnten sich aber schlussendlich auf den Nationalratsvorschlag einigen. Zu Jahresende noch ausstehend waren die Beratungen des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Entwurf 2 der Kulturbotschaft), das bereits vor den Verhandlungen für weitreichende Diskussionen gesorgt hatte. Die Beratung war zwar für die Wintersession vorgesehen gewesen, wird sich aber voraussichtlich in das erste Quartal des neuen Jahres verschieben. Ein weiteres bedeutendes Bundesratsgeschäft, dessen Botschaft im Herbst 2020 verabschiedet wurde und das voraussichtlich ebenfalls 2021 zur Behandlung anstehen wird, stellt das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen dar.

Auch das kirchen- bzw. religionspolitische Jahr war zunächst stark von der Corona-Pandemie geprägt. Besonders das Verbot von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen, gerade auch im Vorfeld der Osterfeiertage, erhitzte die Gemüter mancherorts stark und wurde auch in Form einer Motion Addor (svp, VS; Mo. 20.3332) – die jedoch kein Gehör fand – ins Parlament getragen. Tatsächlich schien sich dieses reduzierte Angebot an religiösen Partizipationsmöglichkeiten aber auch auf die Wahrnehmung und Definition von Kirche und Religion auszuwirken, wurde in den Medien über weite Strecken doch nahezu ein philosophischer Diskurs über deren Rolle und Funktion, gerade auch in Krisenzeiten, geführt. Nicht zuletzt auch, weil Kirchenvertreterinnen und -vertreter sich sehr bemühten, teilweise auf äusserst innovative Art und Weise, alte Botschaften über neue Medien zu vermitteln.
Im späten Frühjahr verlagerte sich der Fokus in diesem Themenbereich aber von der Pandemie auf die Landeskirchen. Was zunächst als Intransparenzvorwürfe hinsichtlich eines Kirchengeschäfts begann, mündete im Sommer in veritablen Missbrauchs- und Grenzverletzungsvorwürfen gegenüber Gottfried Locher, die zu einer regelrechten Kirchenkrise und schliesslich zum Rücktritt des obersten Reformierten führten. Diese Vakanz begünstigte aber zugleich ein absolutes Novum in der reformierten Kirche: Im November wurde Rita Famos als erste Frau als Lochers Nachfolgerin und somit zur höchsten Reformierten der Schweiz gewählt. Während die Reformierten in der Folge ein Krisenjahr durch eine Wahl beendeten, schienen sich die Katholiken durch die auftretende Uneinigkeit bei der Nachfolgebestimmung für den Bischof von Chur] in eine neuerliche Krise zu manövrieren.
Weit über die Kirchenkreise hinaus sorgte hingegen der Schulterschluss der beiden Landeskirchen im Kampf gegen die Ende November zur Abstimmung gekommene Konzernverantwortungsinitiative für grosse Aufregung. Nicht zuletzt wurde den Kirchen vorgeworfen, dass sie durch ihre offene Zurschaustellung der orangen Transparente, durch die geschalteten Inserate und die öffentlichen Stellungnahmen die grundsätzliche Grenze der Trennung von Kirche und Staat und somit auch ihre Kompetenzen deutlich überschritten hätten.

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Im Zuge des Abstimmungskampfes zur Konzernverantwortungsinitiative (KVI), welche Schweizer Firmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltsünden im Ausland in die Pflicht nehmen wollte, kam es zu einer nie zuvor dagewesenen Beteiligung der grossen Landeskirchen. Die römisch-katholische sowie die evangelisch-protestantische Kirche bekundeten in einem gemeinsamen Statement ihre Unterstützung für die KVI, da es um grundlegende Fragen der Umsetzung von Menschenrechten und Naturschutz gehe, welche zwei zentrale Anliegen der Bibel vertreten würden: «Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung». Insgesamt waren über 700 Kirchgemeinden und Pfarreien in der ganzen Schweiz Teil des Komitees «Kirchen für Konzernverantwortung». Der Aktivismus der Kirche ging aber weit darüber hinaus – es wurden Predigten zum Thema gehalten und Flyer nach Gottesdiensten verteilt, zudem hielten wichtige Persönlichkeiten der Landeskirchen öffentliche Statements. Am prominentesten waren vermutlich die grossen Banner, welche von verschiedensten Kirchtürmen hingen und für das Volksbegehren warben.
Dieses aktive Mitwirken im Abstimmungskampf führte zu vielen roten Köpfen – innerhalb und ausserhalb der Kirchenmauern. Geschürt wurde die emotionale Debatte insbesondere durch ein stark kritisiertes Statement des Redaktionschefs der katholischen Online-Plattform «Kath.ch» bei dem er einen heiklen Bezug zum Holocaust gezogen hatte. Daraufhin meldeten sich aus der Öffentlichkeit kritische Stimmen in Form zweier offener Briefe – einer an die reformierte Kirche von 50 Berner Grossrätinnen und Grossräten, und einer an die katholische Kirche von 35 Christinnen. Sie forderten jeweils, dass die Kirche damit aufhören müsse, sich so klar politisch zu positionieren und die Menschen implizit in «gute» und «weniger gute» Christinnen und Christen, abhängig von ihrer Position zur KVI, einzuteilen. Es sei die Aufgabe der Kirche, allen Personen – egal welcher politischen Gesinnung – Obhut zu bieten. Die lautstarke Unterstützung einer linken Volksinitiative sei jedoch für viele bürgerlich gesinnte Kirchengängerinnen und Kirchengänger irritierend und stossend. Das Bistum Chur äusserte Kritik an den Bannern, die der Würde der Gotteshäuser nicht gerecht würden.
Ein weiterer grosser Kritikpunkt an beiden Landeskirchen betraf die Transparenz der Finanzierung dieser Kampagne, wobei die Kirchen beteuerten, dass für den Abstimmungskampf gesammelte Spenden und nicht – wie die Kritikerinnen und Kritiker behaupteten – Steuergelder verwendet worden seien.
Positive Stimmen hielten schliesslich dagegen, dass die Kirchen den staatlichen Auftrag hätten, sich mit gegenwärtigen gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen und die Positionierung des Staates aktiv mitzugestalten. Darunter falle auch, dass sie sich für eine gerechtere Welt einsetzten, was die aktive Beteiligung der Kirche im Zuge der KVI nicht nur richtig, sondern gar zwingend nötig gemacht habe. Ausserdem habe es sich hierbei nicht um einen parteipolitischen Kampf gehandelt – wie viele kritische Stimmen unterstellten –, stattdessen hätten die Kirchen lediglich ihr «urpolitisches» evangelisches Wissen in die politische Debatte eingebracht.

Kirchenposition zur KVI

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Zusammenfassung
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Revision des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Filmgesetz)

Im Rahmen der Kulturbotschaft 2021–2024 wollte der Bundesrat das Filmgesetz revidieren und dem geltenden EU-Recht anpassen. Unter anderem sah er neu für Streaming-Plattformen eine Investitionspflicht in das Schweizer Filmschaffen von 4 Prozent sowie eine Pflichtquote im Angebot der Streaming-Plattformen von mindestens 30 Prozent an europäischen Filmen und Serien vor. Ziel sei es, den Schweizer Film zu fördern und «gleich lange Spiesse» zwischen Streaminganbietenden und Schweizer TV-Anbietenden zu schaffen. In der Sommersession 2021 löste der Ständerat die Revision aus der Kulturbotschaft heraus. Für Diskussionen sorgten in der Folge insbesondere die Höhe der Investitionspflicht, die Befreiung von Unternehmen von der Investitionspflicht und die Anrechenbarkeit von Werbeleistungen für Schweizer Filme. Nachdem beide Räte die Revision in der Herbstsession 2021 gutgeheissen hatten, ergriff ein Bündnis aus bürgerlichen Jungparteien Ende Januar 2022 erfolgreich das Referendum. Mit 58.4 Prozent nahmen die Schweizer Stimmberechtigten am 15. Mai 2022 die Gesetzesänderung jedoch an der Urne an.

Chronologie
Erste Debatte im Nationalrat (im Rahmen der Kulturbotschaft 2021-2024)
Herauslösung aus der Kulturbotschaft durch den Ständerat
Erste Debatte im Ständerat
Differenzbereinigung und Schlussabstimmung
Mediale Debatten rund um die Revision des Filmgesetzes
Referendum, Abstimmungskampf und Abstimmung


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Résumé
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Révision de la loi sur le cinéma (OCF 20.030)
(Traduction: Chloé Magnin)

Dans le cadre du message concernant l'encouragement de la culture pour la période 2021-2024, le Conseil fédéral a souhaité réviser la loi sur le cinéma pour l'adapter au droit européen en vigueur. Entre autres, il a instauré une obligation d'investissement de 4 pour cent dans la production de films suisses pour les plateformes de streaming. De plus, les plateformes de streaming devront respecter un quota en offrant obligatoirement au moins 30 pour cent de films et séries européennes dans leur catalogue. Le but de ces mesures est de soutenir les films suisses et de créer des conditions équitables entre les fournisseurs de streaming et les fournisseurs de télévision suisses. Durant la session d'été 2021, le Conseil des Etats a dissocié la révision de la loi sur le cinéma du message sur la culture. Par la suite, les discussions se sont principalement concentrées sur le montant de l'obligation d'investissement, l'exemption de l'obligation d'investissement pour certaines entreprises et de la prise en compte des prestations publicitaires pour les films suisses. Après que les deux Conseils ont accepté la révision durant la session d'automne 2021, une alliance des sections jeunes des partis bourgeois a lancé, avec succès, un référendum. La population suisse a accepté le changement de loi par 58.4 pour cent des voix dans les urnes le 15 mai 2022.


Chronologie
Premier débat au Conseil national (dans le cadre du message sur la culture 2021-2024)
Dissociation du message sur la culture par le Conseil des Etats
Premier débat au Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences et vote final
Débat médiatique autour de la révision de la loi sur le cinéma
Référendum, campagne et votation

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Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

Bereits während der Verhandlungen zur Urheberrechtsrevision waren immer wieder Stimmen aus dem Kunst- und Kulturbereich zu vernehmen, die mit einem Referendum liebäugelten. Nach der offiziellen Verabschiedung der Gesetzesvorlage war es dann aber die Piratenpartei Schweiz, die Nägel mit Köpfen machen wollte. Fernab jeglicher medialer Präsenz lancierte diese noch im Vorfeld der Wahlen im Oktober 2019 das Referendum und zeigte sich in ihrer Mitte November publizierten Medienmitteilung sehr zuversichtlich, da trotz der geringen öffentlichen Streuung bereits zahlreiche Parteien und Organisationen wie die jungen Grünen, die Juso oder der Chaos Computer Club sowie Bürgerinnen und Bürger ihre Unterstützung zugesichert hätten und auch täglich neue Unterschriften einträfen. Das Referendumskomitee sehe zwar einen Reformbedarf hinsichtlich des Urheberrechts, erläuterte der Co-Präsident der Piraten Jorgo Ananiadis (BE, piraten), die aktuelle Vorlage sei allerdings «ein einziger Dienst an den grossen Film- und Musikkonzernen», wie der Berner von der Aargauer Zeitung zitiert wurde. Die in dieser Form verabschiedete Vorlage führe lediglich zu einer massiven Kostensteigerung und lasse aufgrund des verstärkten Lichtbildschutzes eine regelrechte Klagewelle erwarten. So gesehen betreibe man gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, den Konsumierenden und den Kreativen eher ein «Urheber-Unrecht». Aus diesem Grund habe man auch die Referendums-Website «urheber-unrecht.ch» aufgeschaltet, wo alle referendumsrelevanten Informationen zugänglich seien.
Rund eine Woche vor Ablauf der Referendumsfrist am 16. Januar 2020 stellte sich dann aber Ernüchterung ein: Man würde die benötigten 50'000 Unterschriften wohl kaum zusammenbekommen. Bereits am 13. Januar verkündete der Tages-Anzeiger, dass das Referendum nicht zustande gekommen sei, was schliesslich am 17. Januar vom Komitee selbst auch über die offizielle Referendums-Website mit grosser Enttäuschung bestätigt wurde. Den Umstand, dass lediglich etwas über 10'000 Unterschriften gesammelt werden konnten, begründete das Komitee mit den eingeschränkten Ressourcen der netzpolitisch engagierten Bürgerinnen und Bürger: Da viele Beteiligte sich im gleichen Zeitraum auch für andere Referenden und Initiativen eingesetzt hätten, hätten die Kapazitäten im Rahmen des URG-Referendums gefehlt, was den Verantwortlichen wiederum gezeigt habe, dass man noch nicht soweit sei, mehrere Kampagnen parallel zu stemmen.
Die Vertretungen des Dachverbandes der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN) und der Vereinigung Musikschaffende Schweiz (SONART) sahen das Scheitern hingegen als eine positive Entwicklung an. Die SONART empfand die Argumentation der Referendumsführenden als effektiv übertrieben oder schlichtweg falsch, während der DUN sich erfreut zeigte, dass der langjährige Prozess nun endlich seinen Abschluss finden könne und dazu beitrage, dass die Schweiz künftig nicht mehr auf dem «Special 301 Report» der USA erscheine.
Somit wird die Inkraftsetzung des revidierten Urheberrechtsgesetzes voraussichtlich im Frühjahr 2020 erfolgen.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Nachdem der Ständerat in der Herbstsession 2019 der Ausarbeitung einer Vorlage zur parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) eine zweijährige Fristverlängerung gewährt hatte, schickte die RK-SR Ende November 2019 den Vorentwurf zur Stärkung der Rahmenbedingungen eines wirksamen und liberalen Schweizer Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens in die Vernehmlassung. Um die weltweite Bedeutung und die günstigen Bedingungen des Schweizer Stiftungsrechts aufrechterhalten zu können, bedürfe es vereinzelter Korrekturen, die mit den acht vorgeschlagenen Massnahmen der parlamentarischen Initiative angegangen werden könnten und daher auch in dieser Form in die Kommissionsvorlage aufgenommen worden seien, so der entsprechende Kommissionsbericht. Die Massnahmen orientierten sich an realen Bedürfnissen und seien sowohl angemessen als auch verwertbar und setzten sich u.a. mit der Aufsicht und der Haftung von Stiftungsratsmitgliedern auseinander, ohne dabei eine Einschränkung der bewährten Rechtsgrundlagen zu provozieren oder mit internationalen Verpflichtungen sowie europäischem Recht zu kollidieren.
Das zentrale Element der Vorlage stellen die vorgeschlagenen Steueranreize dar, wobei die Kommission in ihrem Vorentwurf mehrere Varianten in Betracht zog, mit denen die steuerliche Bevorzugung von Zuwendungen aus Nachlässen und die Spendenvorträge auf spätere Veranlagungsperioden ermöglicht werden sollen. Die Hauptvariante ermöglicht einen Spendenabzug für die zwei folgenden Steuerperioden, während die Variante 1 keine zeitliche Begrenzung vorsieht. Die Variante 2 sieht weder für einmalig erhöhte Abzüge noch für einen Spendenvortrag Regularien vor. Diese Erneuerungen hätten zwar naturgemäss sowohl für den Bund als auch für die Kantone Mindereinnahmen zur Folge, die Kommission ging aber davon aus, dass die positiven gesellschaftlichen Effekte, die aus den Zuwendungen für gemeinnützige Zwecke entstehen, diese Mindereinnahmen weit überkompensieren würden. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 13. März 2020.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Ohne weitere Umschweife wurde der parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE), mit der die Stärkung der Rahmenbedingungen eines wirksamen und liberalen Schweizer Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens angestrebt wird, in der Herbstsession 2019 vom Ständerat eine Fristverlängerung von 2 Jahren bis 2021 gewährt.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Nach einer erfolgreichen Vorprüfungsphase war es nun an der RK-SR, eine Vorlage auszuarbeiten, mit der die notwendigen Gesetzesänderungen zur Stärkung der Rahmenbedingungen eines wirksamen und liberalen Schweizer Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens vorgenommen werden können. Unter Berücksichtigung entsprechender Erkenntnisse aus Expertenanhörungen beschloss die Kommission im Mai 2019 mit 7 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung, die Verwaltung mit der Ausarbeitung einer solchen Vorlage zu beauftragen. Im Rahmen der Kommissionssitzung war indes auch die Möglichkeit einer Sistierung der zu behandelnden parlamentarischen Initiative angedacht worden, um den Vorentwurf zur Regelung von Trusts (Mo. 18.3383) abzuwarten, schliesslich aber doch einer separaten Behandlung der beiden Vorstösse der Vorrang gegeben worden. Da die gesetzlich festgeschriebene Zweijahresfrist zur Ausarbeitung der Vorlage im Herbst 2019 bereits fällig gewesen wäre, beantragte die Kommission eine Fristverlängerung um weitere zwei Jahre, über die der Ständerat wohl in einer der folgenden Sessionen entscheiden wird.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Nach einer langen und kontroversen Vorprüfungsphase kam die parlamentarische Initiative Luginbühl (bdp, BE) schliesslich im Oktober 2017 zustande. Die RK-NR hatte ihren ablehnenden Beschluss vom November 2016 revidiert und sich entschlossen, mit 9 zu 5 Stimmen bei 8 Enthaltungen der Initiative Folge zu geben – dies, nachdem der Initiative bereits im September 2017 vom Ständerat Folge gegeben worden war. Die RK-SR, als Kommission des Erstrates, wurde folglich damit beauftragt, einen Entwurf zur Anpassung der gesetzlichen Grundlagen für die Rahmenbedingungen des Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens auszuarbeiten.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Nach dem Negativbescheid der RK-NR im Herbst 2016 lag es nun am Ständerat, über das Weiterbestehen der parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) zu befinden. Die RK-SR hielt an ihrem Entscheid vom November 2015 fest und beantragte ihrem Rat im entsprechenden Bericht vom August 2017, der Initiative Folge zu geben (mit 10 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung). Sie betonte abermals die Relevanz des Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens für die Schweiz. Gerade vor dem Hintergrund des stetig steigenden Konkurrenzkampfes auf internationaler Ebene sehe sie Handlungsbedarf, um die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der in der Schweiz ansässigen Stiftungen zu verbessern und den weltweit bekannten Stiftungsstandort Schweiz zu festigen. Des Weiteren verwies die Kommission darauf, dass die letztmalige Stiftungsrechtsrevision auf das Jahr 2006 datiere und gerade in Anbetracht der Schnelllebigkeit des Stiftungssektors eine entsprechende Anpassung angemessen wäre.
Der Ständerat teilte diese Einschätzung und gab der Initiative ohne Einwände entsprechend Folge. Ständerat Vonlanthen (cvp, FR) führte in seinem Votum drei wesentliche Argumente an, weshalb er sich dem mit „überwältigendem Mehr“ von der Kommission angeführten Vorschlag anschliessen und sich für das Vorankommen des Vorstosses einsetzen wolle. Erstens bestehe Handlungsbedarf, da die heutigen Rahmenbedingungen teilweise nicht mehr zeitgemäss seien, zweitens wolle die Initiative keine komplizierte Totalrevision, sondern lediglich punktuell gesteuerte Anpassungen anstossen und drittens sei die von der Swissfoundations angebrachten Kritik bezüglich einer fehlenden strategischen Stossrichtung und „Verschlimmbesserung“ der Grundlagen unbegründet. Gerade die Teilrevision erlaube ein zielgerichtetes Agieren und durch die Vorarbeit von Experten könnten entsprechend sinnvolle Lösungen vorgeschlagen werden. Der Initiant selbst schloss die Debatte mit einer Reminiszenz an die Gründung der parlamentarischen Gruppe Philanthropie/Stiftungen, welcher auch einige der Anwesenden angehörten: Fast alle Ständeratsmitglieder seien in einer Stiftung tätig, nur ganz wenige aber befassten sich auch mit dem Stiftungswesen, obwohl dessen Bedeutung in der Schweiz beträchtlich sei. Er selbst habe sich immer mehr mit dieser Thematik auseinandergesetzt und nicht zuletzt nach der vom Bundesrat beantragten Abschreibung seiner vor neun Jahren eingereichten Motion (09.3344) zur Attraktivierung des Stiftungswesens festgestellt, dass es zwar keine Totalrevision brauche – wie damals verlangt – jedoch eine gezielte Optimierung im Feinbereich.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Rund ein Jahr nach ihrer Schwesterkommission konnte sich auch die RK-NR in der Vorprüfung der parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) zu einem Entscheid durchringen. Im Mai 2016 hatte sie angekündigt, dass sie zunächst Anhörungen durchführen wolle, bevor sie darüber entscheide, ob sie sich dem Beschluss der RK-SR zur Anpassung der gesetzlichen Grundlagen für die Rahmenbedingungen des Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens zur Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts anschliessen wolle. Diese Anhörungen fanden schliesslich im August desselben Jahres statt. Im November kam dann die ernüchternde Nachricht: Die RK-NR sehe diesbezüglich keinen Handlungsbedarf und sprach sich mit 13 zu 6 Stimmen ohne Enthaltung gegen den Vorstoss aus. Sie bezweifelte, dass die Massnahmen – auch aufgrund ihrer Heterogenität – zu einer effektiven Stärkung führen würden und befürchtete im Gegenteil negative Auswirkungen auf das Schweizer Steuersystem.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Mit einer Ende 2014 eingereichten parlamentarischen Initiative Luginbühl (bdp, BE) wurde das Parlament aufgefordert, Anpassungen der gesetzlichen Grundlage – insbesondere des ZGB und DBG – vorzunehmen, damit die Rahmenbedingungen des Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens in der Schweiz in ihrer Wirksamkeit und ihrem liberalen Charakter gestärkt werden. Das Parlament soll hierbei im Wesentlichen organisatorischen und formellen Anforderungen Rechnung tragen. So soll das BfS regelmässig Daten zu den steuerbefreiten gemeinnützigen Organisationen publizieren. Auch wird eine Präzisierung der Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde, in Anlehnung an das Beschwerderecht von Personen mit berechtigten Kontrollinteressen, erwartet. Des Weiteren sollen auch Anpassungen im Rahmen der Stiftungsurkunde vorgenommen werden; zwecks Vereinfachung würden für unwesentliche Änderungen die notarielle Beurkundung entfallen und die Stifterrechte durch Ausdehnung des Änderungsvorbehalts auf Organisationsänderung optimiert werden. Zudem sollen eine Haftungsbegrenzung für ehrenamtliche Organmitglieder, Steuerprivilegien für von Erben vorgenommene Zuwendungen aus dem Nachlass und die Möglichkeit eines Spendenvortrags auf spätere Veranlagungsperioden angedacht werden. Als letzter Punkt soll eine Angleichung des Steuerrechts an das Zivilrecht berücksichtigt werden, in dem keine Verweigerung bzw. kein Entzug der Steuerbefreiung für die entsprechende Honorierung von strategischen Leitungsorganen sichergestellt wird. Im November 2015 wurde der Vorstoss in der Vorprüfung von der RK-SR behandelt und für gut befunden. Die Kommission gab der Initiative mit 7 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen Folge.

Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

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Zusammenfassung
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Stärkung des Schweizer Stiftungsstandortes (Pa.Iv. 14.470)

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Werner Luginbühl (bdp, BE) 2014 eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesens in der Schweiz. Nach anfänglichem Widerstand durch die RK-NR gaben schliesslich beide Rechtskommissionen der Initiative Folge. Der auf Wunsch der RK-SR von der Bundesverwaltung ausgearbeitete Entwurf stiess im Frühling 2020 auf starke Kritik in der Vernehmlassung, worauf die ständerätliche Kommission die Vorlage auf zwei der ursprünglich acht gestellten Forderungen beschränkte: Stifterinnen und Stifter sollen neu ausgebaute Rechte in Bezug auf Organisationsänderungen der Stiftung erhalten, zudem sollen Änderungen an der Stiftungsurkunde zukünftig einfacher vorgenommen werden können. Beide Aspekte hiess das Parlament gut und sprach überdies Personen mit einem «berechtigten Kontrollinteresse» neu ebenfalls ein Beschwerderecht zu, schloss jedoch Spenderinnen und Spender sowie diesen nahestehende Personen davon aus.


Chronologie
Parlamentarische Initiative und Vorprüfung durch die RK-SR
RK-NR stimmt nicht zu
RK-SR gibt Folge
Zustimmung durch RK-NR
Auftrag der RK-SR an die Bundesverwaltung zur Ausarbeitung eines Entwurfs
Genehmigung der Fristverlängerung bis 2021 durch den Ständerat
Vernehmlassung und Vernehmlassungsergebnisse
Detailberatungen im Ständerat
Eintretensentscheid der RK-NR
Detailberatungen im Nationalrat
Differenzbereinigung und Schlussabstimmungen
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Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts (Pa. Iv. 14.470)

Rund 15 Jahre nach Erscheinen von „Röstigraben“ legte Christophe Büchi, langjähriger NZZ-Korrespondent in der Welschschweiz, im Jahr 2015 seiner Leserschaft eine erweiterte und aktualisierte Version seines Werkes vor, welche unter dem Titel „Mariage de raison. Romands et Alémaniques – une histoire suisse.“ im Edition Zoé Verlag veröffentlicht wurde. Wie bereits in seinem Vorgängerwerk geht der arrivierte Beobachter auch dieses Mal der Frage nach, wie es denn um die Beziehungen zwischen der deutschen und der französischen Sprachgemeinschaft in der Schweiz stehe. Hierfür habe er alle wichtigen Abstimmungen der letzten Jahre „im Hinblick auf den nationalen Zusammenhalt und das Verständnis zwischen Deutschschweizern und Welschen“ (NZZ) analysiert. Tatsächlich liessen sich in den letzten Jahren speziell in den Bereichen der Aussen-, Migrations- und Sozialpolitik sowie beim Verhältnis von Staat und Bevölkerung gewisse Annäherungen der verschiedenen Landesteile feststellen. Die so oft gestellte Sprachenfrage hingegen – welche besonders vor dem Hintergrund des Sprachenstreites einer steten Aktualität unterstellt ist – nimmt für den Autor lediglich einen sekundären Stellenwert ein, da die gemeinsamen ökonomischen Interessen der beiden Regionen wesentlich grösser seien und solange die Wirtschaft funktioniere, die Sprachunterschiede auch keine wesentliche Rolle spielen würden.

Un mariage de raison

Sowohl das Bündner wie auch das Zürcher Stimmvolk äusserten sich im Berichtsjahr zur Frage, ob die Kirchensteuer für juristische Personen abgeschafft werden soll. Dabei zeigte sich in beiden Kantonen ein auffallend ähnliches Bild der beiden vom Jungfreisinn lancierten Volksinitiativen: Der städtische Kanton Zürich schmetterte das Anliegen im Mai mit 71,8% Nein-Stimmen annähernd so deutlich ab wie das ländlich geprägte Graubünden an der Februarabstimmung mit 73,6%. Parallelen zeigten sich anfänglich ebenfalls bezüglich Unterstützung durch die Mutterparteien. Entgegen einem früher gefassten Beschluss stellte sich die FDP-Fraktion im Zürcher Kantonsrat gegen das Anliegen ihrer Jungpartei. Mit 59 zu 49 Stimmen beschloss die Zürcher FDP schliesslich an ihrer Delegiertenversammlung nach emotionaler Diskussion die Ja-Parole. Die Bündner FDP äusserte sich an ihrer Delegiertenversammlung hingegen mit ähnlichem Stimmverhältnis ablehnend zur Volksinitiative. Sowohl Bündner wie auch Zürcher Wirtschaftsverbände lehnten das Volksanliegen klar ab. Gemäss der Zürcher Handelskammer und des Bündner Gewerbeverbands zahlt ein Grossteil der kleinen Betriebe keine Kirchensteuer, womit die Initiative in erster Linie Grossunternehmen entlasten würde. Darüber hinaus anerkenne man durchaus die Leistungen der Kirche für das Gemeinwesen. Im Kanton Zürich zahlte das Gewerbe 2012 über CHF 100 Mio. Kirchensteuern an die beiden grossen Zürcher Landeskirchen, womit diese 40% ihrer Ausgaben für gesamtgesellschaftliche Leistungen finanzierten. Unter diese nicht-kultischen Ausgaben in den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales fallen auch die Auslagen für die Instandhaltung von Kirchen, Pfarrhäusern und Kirchgemeindehäusern. Detaillierte Angaben zu den Auslagen nach Posten wurden während des Abstimmungskampfes nicht bekannt. Nicht eingerechnet in die Auslagen der Kirchen ist hingegen die Freiwilligenarbeit. Gemäss Angaben im Abstimmungsbüchlein summiert sich diese allein für die evangelisch-reformierte Kirche im Kanton Zürich auf rund 1 Mio. Stunden jährlich.

Kirchensteuer für juristische Personen

Die Kirchensteuer für juristische Personen gelangte auch im Berichtsjahr auf die politische Agenda einzelner Kantone. In den Kantonen Graubünden und Zürich stehen Abstimmungen zu Volksinitiativen bevor, welche die Aufhebung dieser Steuer fordern. Darüber hinaus gab die Staatskanzlei des katholisch geprägten Kantons Nidwalden im Juni des Berichtsjahrs das Zustandekommen eines ähnlich lautenden Volksanliegens bekannt. Ende Jahr zogen die Initianten ihr Anliegen jedoch wieder zurück, mit der Begründung, im Moment könne im Kanton keine Mehrheit für das Begehren gefunden werden.

Kirchensteuer für juristische Personen

Im März des Berichtjahres stimmte die Schweizer Bevölkerung über die Wiedereinführung der 2007 abgeschafften Buchpreisbindung ab, weil ein Komitee im Juli 2011 bestehend aus JFDP, JSVP, JGLP das Referendum ergriffen hatte. Ein überparteiliches, bürgerliches Komitee lancierte den Abstimmungskampf unter dem Motto „Buchpreisdiktat Nein“. Im Zentrum der Kampagne der Gegner standen die Argumente, eine Buchpreisbindung führe zu höheren Preisen für die Konsumenten und nütze nur ausländischen Verlegern. Auf der Seite der Befürworter kämpften Buchhändler, Autoren und Verleger für die Wiedereinführung der festen Ladenpreise. Eine staatliche Regulierung sichere die Vielfalt und stärke kleinere Schweizer Verlage und unbekannte Autoren, so die Hauptargumente. Bis zuletzt unklar blieben die Fragen, ob auch der private Online-Buchkauf im Ausland der Preisbindung unterstehe und wie die Kontrolle der Preise aussehen sollte. Dies war mit ein Grund, so die Vox-Analyse, weshalb die öffentliche Meinung im Verlauf der Kampagne in Richtung Nein kippte. Am 11. März 2012 wurde die Buchpreisbindung an der Urne recht deutlich mit 56,1 Prozent der Stimmen verworfen. Besonders auffällig war der Unterschied zwischen der Deutschschweiz – welche geschlossen auf den Markt setzte – und der Romandie – welche geschlossen für die staatliche Regulierung votierte. So fand die Vorlage die grösste Zustimmung im Kanton Jura (71.2%), in Genf (66.6%), in Neuenburg (63.0%), im Waadtland (60.6%), im Wallis (57.7%) und in Freiburg (57.5%). Ausserdem spielte auch die Parteigebundenheit eine gewisse Rolle beim Stimmentscheid. Parteisympathisanten von SP und den Grünen sagten deutlich Ja zur Vorlage, während die Anhänger der bürgerlichen Parteien sowie die Parteiungebundenen die Vorlage grösstenteils ablehnten. Schliesslich wies die Vox-Analyse auch darauf hin, dass insgesamt 13 Kantonalparteien der CVP von der Meinung der nationalen Delegiertenversammlung abwichen und ins gegnerische Lager wechselten. Dies stellte einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, welcher zur Ablehnung der Vorlage führte.


Abstimmung vom 11. März 2012

Beteiligung: 44,9%
Ja: 966 633 (43,9%) / 6 Stände
Nein: 1 234 222 (56,1%) / 14 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: CVP (13), EVP, Grüne, SP, CSP (1), EDU, SGB, TravS.
– Nein: FDP, BDP (1), SVP, GLP, eco, SGV.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Parlamentarische Initiative zur Regulierung der Bücherpreise (Pa.Iv. 04.430)
Dossier: Aufhebung der Buchpreisbindung

In der Volksabstimmung vom 29. November nahmen Volk und Stände die Minarett-Initiative (Volksinitiative „gegen den Bau von Minaretten“) trotz klarem Nein von Bundesrat und Parlament mit einem deutlichen Ja-Anteil von 57,5% an. Einzig der Kanton Genf verwarf die Initiative klar (40,3% Ja-Stimmen) und die Kantone Basel-Stadt, Neuenburg und Waadt wiesen ein knappes Nein aus. Alle übrigen Kantone nahmen die Initiative an. Während der Kanton Zürich nur äusserst knapp zustimmte, waren es im Kanton Bern drei von fünf Personen. Die Zustimmungsrate im Kanton Tessin sowie in einigen Kantonen der Zentral- und Ostschweiz überstieg sogar 65%. Neben der SVP und der EDU sprachen sich im Vorfeld auch die übrigen Rechtsparteien für ein Minarettverbot aus. Alle übrigen Parteien sowie economiesuisse, die Gewerkschaften und die Kirchen beschlossen die Nein-Parole. Nach der Abstimmung kam es zu spontanen Mahnwachen und Demonstrationen in verschiedenen Städten. Reaktionen in ausländischen Medien und Stellungnahmen von Regierungsvertretern und anderen Politikern waren zahlreich und mit Ausnahme von Seiten der Rechtspopulisten überwiegend negativ. Der Europarat, das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte und die Organisation der islamischen Konferenz der UNO verurteilten den Entscheid. Auch im islamischen Raum sorgte das Minarettverbot für Enttäuschung und Empörung; mehrere religiöse Führer warnten aber die Muslime in der Schweiz vor einer Überreaktion und ermutigten sie zur Weiterführung und Verstärkung des interkulturellen Dialogs. Aufrufe zum Boykott wurden hauptsächlich im Internet publiziert. Online-Umfragen europäischer Zeitungen zeigten jedoch, dass Bürger anderer europäischer Länder der Initiative auch mehrheitlich zugestimmt hätten. Stimmen von verschiedensten Seiten wurden laut, welche dazu aufriefen, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und der grassierenden Verunsicherung gegenüber anderen Kulturen aktiv entgegen zu wirken.


VI „gegen den Bau von Minaretten“
Abstimmung vom 29. November 2009

Beteiligung: 53,8%
Ja: 1 535 010 (57,5%) / 17 5/2 Stände
Nein: 1 134 440 (42,5%) / 3 1/2 Stände

Parolen:
– Ja: SVP, SD, EDU, FPS, Lega.
– Nein: FDP, CVP(1)*, SP, EVP, CSP, PdA, GP, KVP, GLP, BDP; ZSA, economiesuisse, SGB, Travail.Suisse.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» (BRG 08.061)

Im dreisprachigen Kanton Graubünden wurde das neue Sprachengesetz in einer Referendumsabstimmung mit 22'582 Ja gegen 19'344 Nein angenommen. Das Gesetz regelt den Gebrauch der Amtssprachen Rätoromanisch, Deutsch und Italienisch und legt Grundsätze für deren Gebrauch in den Gemeinden fest. Das Gesetz schien unbestritten, da es 2006 im Kantonsparlament einstimmig angenommen worden war. Vor allem Deutschsprachige hatten aber wegen des starken Schutzes des romanischen Idioms in ursprünglich romanisch-, heute aber mehrheitlich deutschsprachigen Gemeinden das Referendum ergriffen.

Neues Bündner Sprachengesetz für die Särkung des Rätoromanischen und des Italienischen

Im dreisprachigen Kanton Graubünden legte die Regierung dem Parlament ein neues Sprachengesetz vor. Dieses regelt den Gebrauch der Amtssprachen Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch. Die umstrittene Einheitssprache Romantsch Grischun ist nur für die kantonale Ebene vorgeschrieben; ihre Verwendung auf regionaler oder kommunaler Ebene soll weiterhin nicht zentral geregelt werden. Als pragmatisches Territorialitätsprinzip bezeichnete die Regierung ihre Vorschläge für die Bestimmung der jeweiligen Amts- und Schulsprache in den Gemeinden und Kreisen. Diese Regeln schützen die Sprachminderheit der Rätoromanen vor einer Verdrängung ihrer Sprache durch das Deutsche, fixieren die Sprachgrenze aber nicht auf ewige Zeiten. Sprechen in einer Einheit mindestens 50 Prozent der Bevölkerung die traditionell angestammte Sprache, gilt sie als einsprachig. Sprechen noch zwischen 20 Prozent und 50 Prozent das traditionelle Idiom, so soll sie als zweisprachig gelten. Sinkt hingegen der Anteil der angestammten Sprachgemeinschaft unter 20 Prozent, kann von der betroffenen Bevölkerung mit einer qualifizierten Mehrheit (66%) der Wechsel zur neuen Mehrheitssprache beschlossen werden. Nachdem Rätoromanen die neue Regelung als minderheitenfeindlich kritisiert hatten, beschloss das Parlament, dass eine Gemeinde auch dann als einsprachig (d.h. in der Praxis fast immer Romanisch) gelten soll, wenn nur noch mindestens 40 Prozent der Einwohner die angestammte Sprache sprechen.
Dies wiederum rief eine «Interessengemeinschaft Sprachenfreiheit» auf den Plan, die das Referendum gegen das neue Sprachengesetz lancierte. Sie bemängelte, dass damit in ursprünglich romanischsprachigen Gemeinden und Kreisen, deren Bevölkerung heute aber zu 60 Prozent deutscher Muttersprache ist, in der Schule, im Verkehr mit der lokalen Verwaltung und vor den Gerichten einzig das Rätoromanische zugelassen wäre.

Neues Bündner Sprachengesetz für die Särkung des Rätoromanischen und des Italienischen

Die Stadtberner Stimmbevölkerung hiess den Leistungsvertrag mit dem alternativen Kulturraum Reitschule gut. Damit soll der Betrieb definitiv in ruhigere Bahnen geleitet werden. Ein rechtsbürgerliches Komitee hatte dagegen eine Initiative lanciert mit dem Ziel, die Vereinbarung rückgängig zu machen resp. mit einer Reihe von Auflagen zu verschärfen. Im März des Vorjahres hatte der Berner Stadtrat den Leistungsvertrag mit der Reitschule mit deutlichem Mehr befürwortet.

Kulturraum Reischule soll in ruhigere Bahnen geleitet werden

In der Volksabstimmung hiessen Volk und Stände mit knapp zwei Drittel Ja-Stimmen die Streichung des Bistumsartikels gut. Am deutlichsten stimmten grossmehrheitlich katholische Kantone zu (Freiburg, Tessin, Solothurn und Wallis), am knappsten war das Resultat in Genf und Glarus sowie in den protestantisch-dominierten Kantonen Schaffhausen und Bern. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund sprach sich grundsätzlich dafür aus, eine Volksinitiative für einen Religionsartikel zu lancieren.


Abstimmung vom 10. Juni 2001

Beteiligung: 42,0%
Ja: 1 194 556 (64,2%) / 26 6/2 Stände
Nein: 666 108 (35,8%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: FDP, SP, CVP, SVP (1*), EVP, LPS, GP, CSP, FPS; ZSA (Arbeitgeber), CNG; Schweiz. Bischofskonferenz (SBK)
– Nein: EDU, PdA; Kath. Frauenbund, Bund aktiver Protestanten, Arma, IG Frauen Kirche
– Stimmfreigabe: SD; SGB, Schweiz. Evangelischer Kirchenbund (SEK)
* in Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Parlamentarische Initiative der zur Aufhebung des Bistumsartikels (Pa.Iv. 00.415)

Annähernd 65% der Bündner Stimmberechtigten genehmigten den Antrag der Kantonsregierung, die Einheitssprache Rumantsch grischun künftig als Amtssprache für die Abstimmungsbotschaften des Kantons und das rätoromanische Rechtsbuch zu verwenden. Mit Ausnahme der CVP hatten alle grösseren Parteien die Ja-Parole ausgegeben. In den romanisch-sprachigen Gebieten waren die Mehrheiten eindeutig knapper; vier Kreise in der Surselva sprachen sich gegen die Vorlage aus.

Rumantsch Grischun als Amtssprache im Kanton Graubünden

Die Stimmberechtigten der Stadt Bern hiessen mit fast 78 Prozent Ja-Stimmen eine Kreditvorlage gut, welche die Beteiligung der Stadt am Aufbau und Betrieb des geplanten Paul-Klee-Zentrums sicherstellt. Gleichzeitig wurde das dafür benötigte Areal im Osten der Stadt von der Landwirtschaftszone in eine Freifläche umgezont.

Paul-Klee-Zentrum

Der Regierungsrat des Kantons Bern entschied, die in der Stadt Bern 1998 eingereichte und 1999 vom Gemeinderat aus Umweltschutzgründen für teilweise ungültig erklärte Initiative «Reitschule für alle» sei vollumfänglich gültig. In der Abstimmung vom 23. September wurde die Initiative und damit die weitgehend kommerzielle Nutzung der Reitschule mit über 67% Neinstimmen deutlich abgelehnt.

Kommunale Volksinitaitve «Reitschule für alle»

In der Stadt Bern sorgte die Zukunft des autonomen Kulturzentrums Reitschule erneut für heisse Köpfe. Der Gemeinderat erklärte die im Vorjahr eingereichte Initiative «Reitschule für alle», welche das Objekt in ein Einkaufszentrum mit kultureller Nebennutzung umwandeln möchte, wegen des erwarteten hohen Verkehrsaufkommens aus Umweltschutzgründen für ungültig. Er beantragte dem Stadtparlament einen Kreditrahmen von CHF 7,74 Mio. für die Sanierung der Dächer und Fassaden des Kulturzentrums. Gegen den Willen der FDP, der SVP und der Rechtsbürgerlichen wurde dieser Antrag mit 47 zu 20 Stimmen deutlich angenommen, worauf der Gemeinderat die Volksabstimmung darüber auf Mitte Juni festsetzte. Wenige Tage später erklärte der Regierungsstatthalter die vom Gemeinderat abgeschmetterte Initiative jedoch für zumindest teilweise genehmigungsfähig. Nach Auffassung der Initianten bedeutete dieser Entscheid, dass der Kredit bis zur Abstimmung über ihr Begehren sistiert werden müsse, weshalb sie beim Statthalteramt erneut Beschwerde einreichten, diesmal gegen den vom Gemeinderat vorgesehenen Abstimmungstermin. Dieses befand, eine rasche Sanierung sei – ungeachtet der künftigen Nutzung – für den jetzigen Betrieb der Reitschule aus Sicherheitsgründen unabdingbar und liess die rechtsbürgerlichen Initianten diesmal abblitzen. Die Berner Bevölkerung nahm die Sanierungsinitiative an, allerdings mit dem hauchdünnen Vorsprung von 85 Stimmen.

Kommunale Volksinitaitve «Reitschule für alle»