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Im Genfer Kantonsparlament reichten drei liberale Abgeordnete einen Gesetzesentwurf für ein journalistisches Berufsgeheimnis ein; das Projekt sieht unter anderem auch vor, die Medienschaffenden gegen die Beschlagnahmung von Dokumenten und Telefonabhörungen zu schützen. Auch im Kanton Bern verlangten zwei parlamentarische Vorstösse vom Regierungsrat, die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts bzw. eines Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes für Medienschaffende zu prüfen. Das Vernehmlassungsverfahren zum Entwurf eines Medienförderungsgesetzes im Kanton Solothurn zeigte, dass der Quellenschutz bei den bürgerlichen Parteien sehr umstritten ist; ebenso wurde die vorgesehene Hilfestellung des Kantons an Zeitungen mit Existenzschwierigkeiten von FDP, LdU, Handelskammer und Gewerbeverband abgelehnt.

Verschiedene Sendungen am Fernsehen und Radio haben die Sensibilität der Bevölkerung in bezug auf die Rolle der Medien und deren Spielraum in der Demokratie herausgefordert

Ein Redaktor des Fernsehens DRS, welcher versuchte, die Manipulierbarkeit der sogenannten Teledialog-Umfragetechnik (TED) am Beispiel einer Blick-Umfrage zu beweisen, hat dabei gemäss Fernsehdirektor Schellenberg eine gravierende Fehlbeurteilung des journalistischen Spielraums begangen. Ohne seine Vorgesetzten zu informieren, manipulierte er durch den Einsatz von sieben Computern und eines Modems, das permanent die vom Blick publizierte Nummer anwählte, die Umfragen zu einer Fernsehsendung bzw. zur Akzeptanz der beantragten Gebührenerhöhung. Er wollte mit diesem Experiment dem Publikum demonstrieren, wie massiv beeinflussbar solche Umfragen sind und welche suggestive Wirkung ihre Ergebnisse auf die Meinungsbildung ausüben können. Die Konsequenz war nicht nur die fristlose Entlassung des Journalisten, sondern auch die vorläufige Einstellung dieser Blick-Umfragen.

Manipulierbarkeit der sogenannten Teledialog-Umfragetechnik

Innerhalb der medienrelevanten Diskussionen um die Revision des Datenschutzgesetzes, dessen Entwurf der Bundesrat 1988 vorgelegt hatte und der im Berichtsjahr vom Ständerat als Erstrat behandelt wurde, bildete die Frage des Geltungsbereichs einen Hauptstreitpunkt. Medienschaffende und Verleger verlangten, dass der Medienbereich, wie dies in Deutschland der Fall ist, aus dem Gesetz auszuklammern sei, was der Ständerat nicht zugestand. Er befürwortete nur einen zeitlichen Aufschub bei der Gewährung von Einsichts- bzw. Berichtigungsrechten, um zu verhindern, dass journalistische Recherchen durch das neue Gesetz verunmöglicht werden.

Bundesgesetz über den Datenschutz (BRG 88.032)

Dass Recherchierjournalismus beim Radio sehr unbequem werden kann, haben zwei DRS-Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin anlässlich ihres Beitrags zur Geschichte der Firma Villiger in der Sendung «z.B.» erfahren. Das Team hatte versucht, die Geschichte der Firmen der Familie des neu gewählten Bundesrates Kaspar Villiger vor und während der Zeit des zweiten Weltkrieges nachzuzeichnen; dabei war umstritten, wie weit das Unternehmen in die Wirtschaft des Nazi-Staates integriert war. Verschiedene Klagen und Konzessionsbeschwerden, die monierten, dass es die Absicht der Sendung gewesen sei, Bundesrat Villiger mit der Darstellung der Unternehmenspolitik seines Vaters zu kompromittieren, folgten unverzüglich nach der ausgestrahlten Sendung. SRG-Generaldirektor Riva konnte den Konflikt entschärfen, indem er vor allem die Gewichtung der Sendung und die Plazierung innerhalb des Programms kritisierte, nicht aber den Inhalt an und für sich. Dies hatte jedoch weitere Auseinandersetzungen zwischen der SRG-Leitung und der FDP-Parteispitze zur Folge. Das Beispiel zeigte, wie schwierig für die Medien die kritische Behandlung eines umstrittenen Themas in der Öffentlichkeit ist. Noch deutlicher wurde dies bei den Klagen von Mohamed Shakarchi, der in seinem Namen und in dem der Shakarchi Trading SA von allen drei Fernsehketten eine Genugtuung von insgesamt CHF acht Mio verlangte. Ihm seien durch eine gezielte Vorverurteilungskampagne wegen Drogengeldwäscherei im Rahmen der Kopp-Affäre massive Geschäftseinbussen zugefügt worden.

Dass Recherchierjournalismus beim Radio sehr unbequem werden kann, haben zwei DRS-Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin anlässlich ihres Beitrags zur Geschichte der Firma Villiger in der Sendung "z.B." erfahren

Mit den Beratungen über das neue Radio- und Fernsehgesetz ist auch die Diskussion um die Werbeordnung vor allem am Fernsehen wieder in die Öffentlichkeit getragen worden. Obwohl mehrheitlich die Meinung vorherrscht, dass in der Schweiz keine «amerikanischen Verhältnisse» Einzug halten sollen, ist die Tendenz trotzdem gegenläufig. Die europäische Fernsehkonvention, welche die Schweiz mitunterzeichnet hat, sieht denn auch die Unterbrechung von Sendungen durch Werbung vor.

Mit den Beratungen über das neue Radio- und Fernsehgesetz ist auch die Diskussion um die Werbeordnung vor allem am Fernsehen wieder in die Öffentlichkeit getragen worden

Weiteren Zündstoff hat die Kontroverse um «Brutalo»-Filme erhalten, weil das Fernsehen DRS im Rahmen der Sendung «limit» einen solchen Film gezeigt hat. Auf gesetzlicher Ebene ist eine Strafgesetzbuch-Revision abgeschlossen worden, die Gewaltdarstellungen in Bild und Ton, welche die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, verbietet. Ein von einem Genfer «Comité anti-censure» lanciertes Referendum gegen diesen «Zensurartikel» kam nicht zustande, obwohl verschiedene Kulturschaffende, Videohändler und auch die eidgenössische Filmkommission ähnliche Einwände gegen den neuen StGB-Artikel vorbrachten wie das Genfer Komitee. Allen gemeinsam war das Argument, dass das Verbot eine künstlerische Zensur ermögliche und zudem einen blühenden Schwarzhandel mit Videokassetten zur Folge haben werde.

Brutalos: Gewaltdarstellungen in Bild und Ton

In der Agenturlandschaft hat sich die Konkurrenzsituation zwischen SDA und SPK verschärft. Die SDA hatte seit 1987 unter mehreren Kündigungen durch potente Deutschschweizer Abonnenten zu leiden, denen die Leistungen der SDA im Vergleich zur SPK nicht mehr preiswert erschienen. Die SDA machte geltend, dass sie als einzige Agentur in allen drei Landessprachen einen umfassenden Nachrichtendienst unterhält. Da diese drei Dienste bisher zu praktisch identischen Preisen angeboten wurden, finanzierten die Abnehmer des auflagenstärkeren deutschsprachigen Dienstes de facto ihre Verlegerkollegen in der welschen und italienischen Schweiz. Die SDA ergriff einerseits Rationalisierungsmassnahmen, betonte aber auch, dass sie, wenn die Solidarität der Verleger untereinander nicht mehr spiele, auf einen Ausbau der staatlichen Unterstützung angewiesen sei. Der Bundesrat erklärte in seiner Antwort auf eine Interpellation Matthey (sp, NE), dass er sich vorstellen könnte, die staatspolitischen Leistungen der SDA speziell abzugelten.

Konkurrenzsituation zwischen SDA und SPK verschärft

Verschiedene Sendungen am Fernsehen und Radio haben die Sensibilität der Bevölkerung in Bezug auf die Rolle der Medien und deren Spielraum in der Demokratie herausgefordert. So ist die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) als Repräsentantin der Kontrolle über die staatlichen Medien ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Andererseits forderten Journalistenverbände eine Verstärkung ihrer eigenen Position in Form des Rechts zur Zeugnisverweigerung, um eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber staatlichen und privaten Institutionen bewahren zu können. Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht ist im Entwurf des neuen Mediengesetzes des Kantons Solothurn erstmals verankert.

Verschiedene Sendungen am Fernsehen und Radio haben die Sensibilität der Bevölkerung in bezug auf die Rolle der Medien und deren Spielraum in der Demokratie herausgefordert

Die von der bundesdeutschen Zeitschrift «Emma» lancierte Debatte über die Pornographie brachte im Berichtsjahr eine umfangreiche Publizistik hervor. Fragen bezüglich der gesellschaftlichen Schädlichkeit der Pornographie – vor allem hinsichtlich frauenfeindlicher Wirkungen – wurden auch in der Schweiz diskutiert. Das Thema wirkte vor allem innerhalb eines sich als fortschrittlich, links und feministisch verstehenden Kreises polarisierend, da feministische Forderungen nach einem Verbot jeder Pornographie nicht nur der Pressefreiheit und der Freiheit des künstlerischen Ausdrucks entgegenstehen, sondern auch der im Gefolge der 68er Bewegung erhobenen Forderung nach Liberalisierung der Sexualität widersprechen. Die Organisation für die Sache der Frau (Ofra) verlangte in einer Resolution zur Sexualstrafrechtsrevision ein Verbot jeglicher, also auch sogenannt «weicher», nicht mit Gewalt verbundener Pornographie, da diese die Frau als verfügbares Objekt darstelle und deshalb eine für die Emanzipation der Frau nachteilige Wirkung habe.

Pornographie

Ein Teilmarkt innerhalb dieses neuen Medienangebots, das Angebot an Pornographie und vor allem an Gewalt in Videofilmen, bereitet indessen zunehmend gesellschaftspolitische Schwierigkeiten. Als beunruhigend wird insbesondere vermerkt, dass Jugendliche eine Vorliebe für solche «Brutalos» entwickeln und diese als eine Art Mutprobe konsumieren. Dem vereinzelten Ruf nach dem Zensor stehen weit zahlreicher aber Stimmen entgegen, die in erzieherischen Massnahmen ein adäquateres Mittel sehen, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Trotzdem ist in der laufenden Revision des Strafgesetzbuches vorgesehen, die Veröffentlichung von Gewaltdarstellungen und harter Pornographie unter Strafe zu stellen. Darüber hinaus wird jedoch auch davor gewarnt, die Debatte auf die Videogewalt zu verengen, da mit der beabsichtigten Einführung des Privatfernsehens und mit dem sich dadurch verschärfenden Kampf um Mehrheitspublika der Anteil an Gewalt im Fernsehen beträchtlich zunehmen werde. Diese Perspektive macht deutlich, dass der Hang, Darstellungen von physischer Gewalt zu rezipieren, ein gesellschaftliches Problem darstellt, das mit Zensurmassnahmen nicht behoben werden kann.
Mitte August wurde eine Volksinitiative «gegen die Vermarktung von Gewalt und Sexualität in den Medien» lanciert, der für das Zustandekommen jedoch wenig Chancen eingeräumt werden.

Angebot an Pornographie und vor allem an Gewalt in Videofilmen

Mit der Wahl des Journalisten Achille Casanova zum Vizekanzler und Informationsbeauftragten des Bundesrats verknüpften sich breite Hoffnungen auf einen neuen und effizienteren bundespolitischen Informationsstil. Die Landesregierung gedenkt selbst dazu beizutragen und stellte eine präzisere Information über ihre Entscheide und die Vororientierung der Presse über die Verabschiedung von Botschaften in Aussicht. Die verschiedentlich geforderte Öffentlichkeit von parlamentarischen Kommissionssitzungen möchten jedoch die eidgenössischen Räte nicht einführen, weil sie um die Qualität der Kommissionsarbeit fürchten. Dass eine liberalere Informationspolitik auf dem Rechtswege einstweilen nicht erwirkt werden kann, machte ein Urteil des Bundesgerichts deutlich, das eine staatsrechtliche Beschwerde gegen das 1980 von der Nidwaldner Regierung erlassene Informationsreglement behandelte. Die oberste Gerichtsinstanz stellte dabei fest, dass sich aus der Verfassung weder eine allgemeine Pflicht der Behörden, über ihre Tätigkeit zu informieren, noch ein Anspruch des einzelnen auf Information ableiten lasse.

bundespolitischen Informationsstil

Eine Voraussetzung der Medienfreiheit wäre die Pflicht zur Information durch die Behörden. In dem auf den 1. Juni in Kraft getretenen Verwaltungsorganisationsgesetz des Bundes ist die Informationspflicht für Regierung und Verwaltung unter Voraussetzung eines allgemeinen Interesses und unter Vorrang wesentlicher öffentlicher und privater Ansprüche formell verankert. Kritische Stimmen bemerkten, dass die Informationspolitik des Bundes seither zurückhaltender geworden sei, und forderten eine umfassende Informationspflicht für Behörden aller Stufen. Der Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) möchte diese als vorzuziehende Massnahme im Rahmen der Medien-Gesamtkonzeption verwirklicht wissen. Nachdem sich schon vorher einzelne Fälle von Indiskretionen aus Protokollen und Kommissionsunterlagen ereignet hatten, führte die vorzeitige Veröffentlichung eines SRG-Papiers der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission zuerst zu einer Pauschalverwarnung der Bundeshausjournalisten durch das Nationalratsbüro und schliesslich zu einer Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen Parlamentarier und Journalisten bei der Bundesanwaltschaft. Diese Massnahmen stiessen weithin auf Kritik, wobei die wenig offene Informationspraxis des Bundes, auch als Geheimniskrämerei bezeichnet, für die Pannen verantwortlich gemacht wurde. Vorstösse im Nationalrat griffen das Problem auf. Aus Gründen der Verhältnismässigkeit wurden Ende Jahr zumindest die Ermittlungen gegen die Parlamentarier eingestellt. Die offizielle Informationspolitik geriet auch in Zürich unter Beschuss, als der kantonale Polizeikommandant Grob vier ausgewählte Journalisten über das KIS informierte, den Vertreter des «Volksrechts» abwies und den nicht eingeladenen Presseorganen eine Tonbandaufzeichnung zustellte, aus der die kritischsten Teile eliminiert worden waren. Dies wurde als willkürliche Behinderung der Presse von mehreren Parteien im Kantonsrat verurteilt. An früherer Stelle ist bereits die Kontroverse um die Abstimmungserläuterungen des Bundes zur Atominitiative zu Sprache gekommen; der Einwand, den Gegnern der bundesrätlichen Meinung werde zu wenig Platz eingeräumt und ihre Argumentation selektioniert, wurde auch bei anderer Gelegenheit vorgebracht. Zwei ähnlich lautende Vorstösse im Nationalrat forderten deshalb, dass den Vertretern von Initiativ- und Referendumskomitees genügend Raum zu eigenen Stellungnahmen gesichert wird.

Eine Voraussetzung der Medienfreiheit wäre die Pflicht zur Information durch die Behörden

Anders als im kulturellen Bereich, wo Neues sich häufig nur am Rande artikuliert und kaum beachtet wird, verdeutlichten die technischen Neuerungen auf dem Mediensektor die Notwendigkeit einer neuen Medienordnung. Die jüngsten Auseinandersetzungen in diesem Bereich liessen erkennen, dass es dabei nicht nur um blosse rechtliche Festschreibungen, sondern vor allem um politische und wirtschaftliche Macht sowie um die Freiheit der Information und des Medienschaffenden geht. Dabei wird offenbar von interessierten Kreisen versucht, die bevorstehenden Entscheidungen zu präjudizieren. Dies umso mehr, als die im Vorjahr eingesetzte Kommission für eine Medien-Gesamtkonzeption ihre Arbeit erst Mitte 1981 abschliessen wird. Sie hat 1979 noch keine formellen Beschlüsse gefasst und sich neben der Erfassung des Ist-Zustandes vor allem den dringlich vorzuziehenden Massnahmen gewidmet und ihre Arbeit mit den andern medienrelevanten Rechtssetzungsprojekten koordiniert. Die von der Kommission erarbeiteten kommunikationspolitischen Zielsetzungen legen Wert auf eine Konsolidierung der Medienfreiheit und lehnen eine Qualitätskontrolle der Medien durch den Staat ab. Medienfreiheit ist nach Ansicht der Schweizerischen Journalistenunion (SJU) auch von anderer Seite gefährdet. Sie fordert deshalb von der Medien-Gesamtkonzeption die Garantie, dass private Medienkonzerne nicht in bisherige und neue elektronische Massenmedien eindringen können.

Medienordnung

An der an anderer Stelle besprochenen UNESCO-Konferenz über die Mediencharta hatte die Schweizer Delegation Grundsätze zur Freiheit der Information herausgearbeitet. Im Anschluss an die von der Presse positiv aufgenommene Stellungnahme gegen eine Zensur durch staatliche Organe wurde allerdings vermerkt, dass in der Eidgenossenschaft immer noch der Grundsatz einer «nichtöffentlichen Verwaltung» gelte, was sich am restriktiven Verhalten mancher Behörden ablesen lasse. Ein Urteil des Bundesgerichtes bestätigte diese Feststellung: Die staatsrechtliche Kammer lehnte eine Klage der «Bündner Zeitung» und der Schweizerischen Journalisten-Union ab, die sich gegen die im Jahre 1976 durch die Bündner Regierung erlassenen Informationsrichtlinien gewandt hatten. Die Richter verneinten sowohl einen verfassungsmässigen Anspruch auf freie Informationsbeschaffung durch die Medien als auch eine sich aus den Grundrechten ergebende Informationspflicht der Behörden. Anlässlich einer Tagung orientierte Bundeskanzler K. Huber über die Informationsgrundsätze der Landesregierung. Der Bundesrat sei gesetzlich verpflichtet, die Öffentlichkeit zu orientieren. Aber nur so weit, als dadurch «keine wesentlichen schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen» verletzt würden.

Staatskritische Presse und Zensur

Technisch relativ problemlos zu betreibende Piratensender versuchen stets wieder, das SRG-Monopol zu brechen. Dabei wurde festgestellt, dass die PTT immer mehr Mühe hat, die zunehmende Zahl der illegalen Radiostationen zu lokalisieren.

Piratensender

Die beiden Varianten für einen Radio- und Fernsehartikel statuieren kein rechtliches Monopol bezüglich der Trägerschaft der elektronischen Medien. Das EVED kommentierte, es müsste zumindest die Möglichkeit mehrerer untereinander konkurrierender Veranstalter offen gelassen werden. 1978 verlängerte der Bundesrat allerdings die Konzession der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) um drei (nicht wie bis anhin um fünf) Jahre, obwohl in zwei parlamentarischen Vorstössen eine Kündigung derselben gefordert worden war. Die SRG war im Berichtsjahr mehrfach ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Selbst Bundespräsident W. Ritschard warf der Institution in einem Brief mangelnde Öffentlichkeitsarbeit, Zugeknöpftheit zwischen den verschiedenen Stufen des Kaders und Intrigen statt Solidaritätsbeweisen vor.

Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen

Eigentliche Ursache der Auseinandersetzung um die Trägergesellschaft von Radio und Fernsehen war die bereits 1977 geforderte Gebührenerhöhung, gegen die nach Aussage des Vorstehers des EVED nur politische, aber keine sachlichen Gründe sprachen. Kritiker aus verschiedenen Lagern warfen der SRG allerdings eine verfehlte Finanzpolitik vor. An der SRG-Rechnung wurden der überdimensionierte Baufonds, die ungewohnt hohen Abschreibungen, die sehr grossen Verwaltungskosten und die nicht sauber verbuchten Werbeeinnahmen bemängelt. Dies, sowie der positive Abschluss der Rechnung für das Jahr 1977, trug zum kräftigsten Misstrauensvotum gegen die SRG seit 1972 bei: Der Nationalrat überwies gegen den Willen des Bundesrates eine Motion Oehler (cvp, SG), die sich gegen die Gebührenerhöhung wandte. Da die Ständeratskommission anschliessend weitere Überprüfungen in die Wege leitete, sah sich die Landesregierung gezwungen, die Erhöhung vorerst auszusetzen. Über den Vertragskonflikt zwischen der SRG und den Mitgliedern der Mediengewerkschaft SSM wurde an anderer Stelle bereits berichtet.

Gebührenerhöhung

Zur bundespolitischen Berichterstattung in Radio und Fernsehen wurde der zweite und dritte Teil der «Studie Reck» veröffentlicht. Der zweite befasst sich vornehmlich mit der Gestaltung eines schwergewichtigeren Informationsblockes am Fernsehen; im abschliessenden dritten Teil wendet sich der Autor mit Nachdruck gegen den Anspruch auf einen Proporz in den elektronischen Medien. Er ist ausserdem der Ansicht, dass die Möglichkeit von Radio und Fernsehen, den Stimmbürger zu aktivieren, begrenzt sei. Im Ansatz richtig seien die bisher unternommenen Versuche, das Publikum direkt in den politischen Meinungsbildungsprozess einzubeziehen.

Zur bundespolitischen Berichterstattung in Radio und Fernsehen wurde der zweite und dritte Teil der «Studie Reck» veröffentlicht

Ähnliches, wie für die Situation der Kunstschaffenden festgestellt wurde, gilt für die Medienschaffenden. Bundespräsident Ritschard erklärte im Rahmen einer Rede in Zürich, der Staat habe zu seiner Opposition in den Medien Sorge zu tragen. Es komme vor, dass Politiker mit der Medienpolitik den Staat schützen wollten und nicht einsähen, dass im Gegenteil der Staat die Freiheit der Medien zu schützen habe. Die Forderungen nach einem Gesamtmedienkonzept, das Presse, Radio, Fernsehen und weitere Massenmedien in ein gegenseitiges Beziehungsgefüge stellen soll, verstummten nicht. Bundesrat Furgler unterstützte dieses Anliegen, als er anlässlich der Eröffnung des Ringier-Pressezentrums in Zürich die Meinung vertrat, auch die Schweiz komme in Zukunft ohne ein kommunikationspolitisches Konzept nicht mehr aus. Im Spätsommer ernannte der Bundesrat eine Expertenkommission unter der Leitung von H. W. Kopp, die ein schweizerisches Medienkonzept erarbeiten soll. Ihr Auftrag lautet, in erster Dringlichkeit Zielsetzungen für eine koordinierte, möglichst widerspruchsfreie Medienpolitik zu formulieren und bis 1981 allfällig notwendige Medienartikel mit Ausführungsbestimmungen vorzulegen.

Staatskritische Presse und Zensur

Die Auseinandersetzungen um Radio und Fernsehen verschärften sich erneut. In einem stark von Emotionen belasteten Klima, in welchem Dokumentation gegen Gegendokumentation stand, hatten sich die zuständigen Instanzen mit einer Flut von Beschwerden und Beanstandungen zu befassen. Diese betrafen meist die Darstellung, die politisch brisante Themen wie der Jurakonflikt, der Atomkraftwerkbau in Kaiseraugst, der Strafvollzug oder die Aktivitäten von Soldatenkomitees in den Informationssendungen gefunden hatten. Klagen richteten sich auch gegen die Sendung «Kassensturz», die nach der Auffassung des Gewerbeverbandes verschiedene gewerbliche Branchen verunglimpfte. Der angriffige «Kassensturz» behandelte Konsumentenfragen und gehörte zu den beliebtesten und meistbeachteten Sendungen. Zu einem Eklat führte ein Kommentar des Bundeshausredaktors H. U. Büschi zur parlamentarischen Behandlung der Frage des Schwangerschaftsabbruchs, in welchem die Haltung der CVP-Fraktion hart und nach Ansicht der Betroffenen «unsachlich» und «einseitig» kritisiert worden war. TV-Programmdirektor G. Frei entschuldigte sich in der Folge in aller Form am Bildschirm, was nun seinerseits wieder vielfach auf wenig Verständnis stiess und zu Protesten der Fernsehjournalisten und zu parlamentarischen Vorstössen führte. Kleinere Reportagen über das lokale politische Geschehen in Romont (FR), Aarberg (BE) und Kerns (OW) und über die Spitalplanung im Thurgau wurden von den kritisierten Kreisen als «Zerrbilder» zurückgewiesen. Ein Konflikt zwischen EMD und Schweizer Fernsehen führte zum Abbruch der Produktion des Fernsehspiels «Feldgraue Scheiben». Daneben wäre noch, vor allem als Illustration der verhärteten Fronten, die eine Behandlung «heikler» Themen scheinbar kaum mehr zuliessen, auf die Zensurmassnahmen im Falle eines Films über «Schweizer im spanischen Bürgerkrieg» hinzuweisen. Zwei Minuten Film mit Aussagen der Spanienkämpfer zur Frage, was sie unter Demokratie verständen, fielen der Schere zum Opfer, erschienen aber nachher in der Presse und wurden vielfach als eher harmlos empfunden.

Debatte um die Programmfreiheit und Programmstrategie SRG

Umfassende Presseförderungsmassnahmen, wie sie seit 1967 angestrebt worden waren, schienen trotz der Publikation gewichtiger Dokumente noch in weiter Ferne zu liegen. Die Frage, wie der notleidenden Presse geholfen werden kann, blieb auch 1975, nach einer auf breiter Basis geführten Diskussion, offen. Diese stützte sich auf einen über 800 seitigen Bericht der 1973 eingesetzten Expertenkommission, die gleichzeitig auch Entwürfe für einen revidierten Verfassungsartikel 55 über das Presserecht, für einen neuen Artikel 55bis über die Presseförderung und für ein Presseförderungsgesetz vorlegte. Art. 55 BV garantiert nach diesen Entwürfen nicht nur – wie bisher – die Pressefreiheit, sondern auch die Freiheit der Meinungsäusserung, der Meinungsbildung und der Information. Art. 55bis BV gibt dem Bund die Kompetenz zum Schutz und zur Förderung einer vielfältigen und unabhängigen Presse. Die erforderlichen Massnahmen, die vorwiegend aus «Infrastrukturhilfe» bestehen, sind im Presseförderungsgesetz festgelegt. Die jährlichen Kosten veranschlagte die Kommission auf rund CHF 56 Mio. gegenüber dem Vorentwurf von 1973 verzichtete man auf eine Sicherung der inneren Pressefreiheit mit der Begründung, dass die Stellung der Redaktionen und Mitarbeiter im Kollektivvertrag geregelt werden sollte. Im Vernehmlassungsverfahren, in welches die beiden Verfassungsartikel geschickt wurden, stiessen wie schon in den Debatten der Vorjahre die unterschiedlichsten Meinungen aufeinander. Vorbehalte und Bedenken äusserten insbesondere auch Zeitungsleute. Gewisse Erleichterungen für die Meinungspresse ergaben sich durch Beschlüsse der eidgenössischen Räte, die bei der Revision des Postverkehrsgesetzes von den Vorschlägen des Bundesrates abwichen und die beantragten Transporttaxen für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften ermässigten. Im Interesse der Förderung der Presse übernahm damit die PTT zu den bereits bestehenden Einnahmeneinbussen von gegen CHF 160 Mio. (1974) zusätzliche Mindereinnahmen von jährlich CHF 20 – 30 Mio. Über die Vorschläge für einen verstärkten Persönlichkeitsschutz, die auch von gemässigten Blättern als unakzeptabel zurückgewiesen wurden, haben wir bereits berichtet.

Wettbewerbs- und Entwicklungsschwierigkeiten der Printmedien und Zeitungssterben

Die Informationspolitik stand verschiedentlich zur Diskussion, vor allem im Zusammenhang mit den Volksabstimmungen über finanz- und konjunkturpolitische Regierungsvorlagen, deren Verwerfung als Zeichen eines «Informationsnotstandes» gedeutet werden konnte. Informations- und Verständigungsprobleme stellten sich aber nicht nur in der Finanz- und Konjunkturpolitik, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen, am dringlichsten wohl in den Auseinandersetzungen um den Bau von Atomkraftwerken. Daneben zeigten auch bereits zur Sprache gekommene Fragen der Aussenpolitik, der Raumplanung und des Umweltschutzes die Notwendigkeit eines vielfältigen und leistungsfähigen Kommunikationssystems auf. Die Informationspolitik des EMD geriet von verschiedenen Seiten unter Beschuss, namentlich im Zusammenhang einer Intervention des Pressechefs E. Mörgeli gegen eine vom Fernsehen ausgestrahlte «Guetnacht»-Geschichte für Kleinkinder. Die SPS forderte bei den Verhandlungen um die Legislaturziele den Rücktritt E. Mörgelis. Eine Studiengruppe der CVP veröffentlichte «Ziele und mögliche Massnahmen für eine schweizerische Kommunikationspolitik», und eine Motion Oehler (cvp, SG), die ein Gesamtkonzept über die Massenmedien forderte, wurde vom Bundesrat als Postulat entgegengenommen.

Informationspolitik des Bundes

Trotz der gespannten Lage kamen die parlamentarischen Beratungen des neuen Verfassungsartikels für Radio und Fernsehen bis auf wenige, materiell unbedeutende Fragen zu einem Abschluss. Verantwortlich für die umgehende Behandlung waren nicht zuletzt die Probleme des Kabelfernsehens, die dringlich nach einer Lösung verlangten. Rufe nach einer umfassenden verfassungsrechtlichen Ordnung des gesamten Kommunikationsbereichs mussten demgegenüber in den Hintergrund treten. Der Ständerat überwies der Grossen Kammer Ende Januar einen sehr detaillierten Entwurf, dessen wesentlichste Punkte wir bereits erwähnt haben. Besondere Beachtung fand die Befürwortung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz, welche hauptsächlich von den Westschweizer und Tessiner Standesherren, die allgemein liberalere Auffassungen vertraten, bekämpft worden war. Im Nationalrat verdeutlichten längere Debatten einmal mehr die Standpunkte. Einem Lager konservativ-bürgerlicher Ratsherren, welche die umstrittenen Medien als mächtige «vierte Gewalt» einer stärkeren Kontrolle zu unterwerfen suchten, standen vorwiegend linke, aber auch liberale und christlich-soziale Exponenten gegenüber, welche die unerlässliche Kritikfunktion der Medien unterstrichen und insbesondere auch die Verankerung der Freiheit der Programmschaffenden forderten. Dass es in dieser Frage zu keinem schwerwiegenden Bruch kam, war in einer wichtigen Verhandlungsphase einem differenzierten Kompromissvorschlag von A. Müller-Marzohl (cvp, LU) zu verdanken, der eine freiheitliche Gestaltung der Programme «im Rahmen der Richtlinien» vorschlug. Die Grosse Kammer straffte im übrigen die Vorlage in einigen Punkten und übertrug ausserdem dem Bund die im Hinblick auf das Kabelfernsehen bedeutsame Kompetenz, für die Verbreitung von Programmen Konzessionen zu erteilen. Die Kommentatoren fanden für die Debatten und für deren Ergebnisse nicht überall gute Worte. Hans Tschäni sprach gar von einer überempfindlichen, engdenkenden Politikergeneration, die das Risiko der Freiheiten nicht mehr akzeptiere.

Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen

Die Reorganisationsbestrebungen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) nahmen mit der Publikation einer Studie zur «Funktion und Struktur der Trägerschaft SRG» ihren Fortgang. Während die Reformvorschläge, die allgemein auf eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen SRG und Öffentlichkeit abzielten, in der Presse eine gute Aufnahme fanden, wurde der Umstand kritisiert, dass der Bericht lediglich in ein SRG-internes Vernehmlassungsverfahren geschickt worden war.

Debatte um die Programmfreiheit und Programmstrategie SRG

Im Bereich der Berufsorganisationen der Presse brachte das Jahr 1974 die Kündigung des Kollektivvertrags in der Westschweiz. Der Zentralvorstand des Vereins der Schweizer Presse (VSP) entschloss sich zu diesem Schritt, als sich die in der Union romande de journaux (URJ) zusammengeschlossenen Verleger ausserstande erklärten, die im Oktober von einer paritätischen Kommission VSP/ URJ ausgearbeiteten Revisionen zu genehmigen.

Im Bereich der Berufsorganisationen der Presse brachte das Jahr 1974 die Kündigung des Kollektivvertrags in der Westschweiz