Im Gegensatz zu den Vorjahren, die den Untergang oder die Umstrukturierung von zahlreichen prominenten Blättern gebracht hatten, fehlte es im Pressewesen an markanten Ereignissen. Unter dem Druck der wirtschaftlichen Lage – höchstens 20 von über hundert Tageszeitungen sollen 1974 gewinnbringend gearbeitet haben – setzten sich jedoch die Konzentrations- und Rationalisierungsprozesse fort, was zu Substanzverlusten, zu Zerfallserscheinungen und zu einer anhaltenden Beunruhigung führte, die nicht zuletzt auch in Arbeitskonflikten und Entlassungen ihren Ausdruck fand. Vorgänge beim «St. Galler Tagblatt», bei der «National-Zeitung», beim Gratisanzeiger «Züri-Leu» und bei der Frauenzeitschrift «Annabelle» zeugten von einem verstärkten Druck auf die Redaktionen. Den widrigen Umständen zum Trotz wurden verschiedene neue Zeitungsexperimente gestartet. Auf wenig Gegenliebe seitens ihrer Kolleginnen stiess eine sich als Alternativmagazin bezeichnende «Leser-Zeitung», deren Abonnenten zugleich Mitbesitzer und Träger des Unternehmens waren. Im Gegensatz zur «AZ-Wochenzeitung», die als sozialdemokratisch-gewerkschaftliches Nachfolgeorgan der «Zürcher AZ» nicht über eine Nullnummer hinauskam, konnte sich die «Leser-Zeitung» einstweilen über Wasser halten. In Zürich und St. Gallen vermittelte eine «Telefonziitig» linke Alternativinformationen. Das Westschweizer Wochenmagazin «L'Hebdo» scheiterte nach fünf Ausgaben an internen Differenzen. In Lausanne, wo der einflussreiche Pressekonzern Lousonna SA («24 Heures», «Tribune Le Matin», «La Suisse») 90 Prozent der Tageszeitungsauflagen der Waadt kontrollierte und eine regionale Depeschenagentur aufzog, erschien mit «Lausanne Soir» ein Abendblatt, das freilich nur einer Zweitausgabe der freisinnigen «Nouvelle Revue de Lausanne» gleichkam.
Wettbewerbs- und Entwicklungsschwierigkeiten der Printmedien und Zeitungssterben