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Jahresrückblick 2023: Parteien

Für die Parteien stand das Jahr 2023 überwiegend im Zeichen der National- und Ständeratswahlen sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats. Dies schlägt sich auch in der Medienpräsenz der Parteien nieder, die sich dem Spitzenwert aus dem letzten eidgenössischen Wahljahr 2019 annäherte und im Wahlmonat Oktober kulminierte (vgl. Abbildungen 1 und 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Die SVP lancierte ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Wahlkampf rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong und ein aufwändiger Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit. Bei den Nationalratswahlen erzielte die Partei schliesslich das drittbeste Resultat ihrer Geschichte, im Ständerat musste sie hingegen Verluste hinnehmen. Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch – letztlich ohne Erfolg – mit einem Zweierticket Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr.
Auch in diesem Jahr zeigte sich die SVP aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» und brachte – unter Rückgriff auf unübliche Methoden – das Referendum gegen das Klimagesetz zustande, an der Urne konnte sie das Gesetz aber nicht zu Fall bringen. Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Die SP konnte sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die der SP mit Inflation, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien in die Hände gespielt habe. Die Partei hatte in ihrem Wahlkampf denn auch das Thema Kaufkraft an erste Stelle gesetzt. Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte (vgl. Abbildung 1). Letztlich wählte die Bundesversammlung mit Beat Jans unter einigen Nebengeräuschen einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Einen Erfolg konnte sie hingegen mit dem Zustandekommen ihrer Kita-Initiative verbuchen. Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium neu zu besetzen. Wie schon die Bundespartei wird nun auch die Fraktion von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt.

Für die FDP verliefen die National- und Ständeratswahlen enttäuschend. Im Wahlkampf hatten Diskussionen dazu, ob die grossflächigen Listenverbindungen mit der SVP für die FDP strategisch sinnvoll seien oder gemässigte Wählende abschreckten, ihre inhaltlichen Wahlkampfthemen teilweise in den Schatten gestellt. Die Vorwürfe, die FDP verkomme zur Juniorpartnerin der SVP, verstärkten sich noch, als sich die Freisinnigen vor den zweiten Ständeratswahlgängen in mehreren Kantonen zugunsten der SVP-Kandidaturen zurückzogen. Die Verluste bei den Parlamentswahlen befeuerten die Diskussion, ob die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat noch gerechtfertigt sei; bei den Bundesratswahlen gerieten die beiden FDP-Sitze trotz eines Angriffs der Grünen aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Die Mitte konnte bei den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion den kumulierten Wählendenanteil von CVP und BDP leicht übertreffen, überholte bei den Nationalratssitzen die FDP und baute im Ständerat ihre Position als stärkste Partei aus. Parteipräsident Gerhard Pfister liess darauf verlauten, er sehe die Mitte, die sich im Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, künftig als Anführerin eines dritten Pols mit eigenständiger Themensetzung. Vor den Bundesratswahlen entschied sich die Mitte trotz ihres Wahlerfolgs dagegen, auf Kosten der FDP einen zweiten Bundesratssitz zu beanspruchen, da eine Abwahl wiederkandidierender Regierungsmitglieder vermieden werden solle. Bei einem FDP-Rücktritt werde eine Mitte-Kandidatur aber Thema werden. Mit unvorteilhaften Schlagzeilen war die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt.

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten 2023 ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Die Parteispitze betonte zwar, man habe das nach der «Klimawahl» 2019 zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli zum Schluss, er wolle als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt 2024 abgeben. Im Wahlkampf hatte eine millionenschwere Wahlkampfspende einer Gönnerin für einige Schlagzeilen gesorgt. Inhaltlich setzten die Grünen vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative zum Ausbau der Solarenergie.
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember erstmals in den Bundesrat einziehen und griffen mit Nationalrat Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP, nicht aber die SP-Sitze an. Nachdem Andrey bei seiner gemeinhin erwarteten Nichtwahl wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte, konnte sich Glättli aber auch für künftige Angriffe auf SP-Bundesratssitze erwärmen. Unerfreulich war für die Grünen sodann eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern.

Nach Erfolgen bei mehreren kantonalen Parlamentswahlen brachten die Nationalratswahlen für die GLP einen herben Dämpfer. Ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – um mehr als einen Drittel, worüber der geglückte Wiedereinzug in den Ständerat nicht hinwegtrösten konnte. Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begruben die Grünliberalen nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele, mit Viktor Rossi konnten sie aber immerhin den Kampf ums Bundeskanzleramt für sich entscheiden. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmte die GLP im Dezember Corina Gredig (glp, ZH).
Nach den Wahlen gab die künftige Ausrichtung der Partei Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an, der grösste Spender der Partei wiederum regte öffentlich eine Fusion mit der Mitte an.

Für die kleineren Parteien hielt das Jahr 2023 Unterschiedliches bereit. Dies gilt etwa für die EVP, die in Basel-Landschaft erstmals überhaupt den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte, bei den eidgenössischen Wahlen aber den Nationalratssitz ihrer Parteipräsidentin einbüsste. Das Mouvement Citoyens Genevois wiederum verlor seinen Regierungssitz in Genf, konnte aber den Einzug in National- und Ständerat feiern. Nicht mehr im Bundesparlament vertreten sind die PdA und Ensemble à Gauche.

Erstmals kamen bei den eidgenössischen Wahlen die neuen Transparenzregeln des Bundes für die Politikfinanzierung zur Anwendung. Auswertungen der Daten in den Medien zeigten zwar, dass solche Analysen aus verschiedenen Gründen mit nennenswerten Unschärfen verbunden bleiben. Der Hauptbefund aber, dass FDP und SVP mit deutlichem Abstand vor SP und Mitte sowie Grünen und GLP über die grössten Wahlkampfbudgets verfügten, schien unbestritten.

Jahresrückblick 2023: Parteien
Dossier: Jahresrückblick 2023

Im Februar 2022 wurde die Auflösung der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) bekannt. Das Ende der Partei war von der Parteileitung Anfang Jahr beschlossen worden. Als Gründe für den Entscheid nannte Pnos-Präsident Florian Gerber (BE), dass die Parteistrukturen marode und das Image der Partei schlecht seien, zudem habe die Covid-19-Pandemie grössere Zusammenkünfte verunmöglicht. «Der Kampf» solle aber auf «alternativen Wegen» fortgeführt werden.
Die Pnos war im Jahr 2000 gegründet worden und galt als parteipolitischer Arm der Schweizer Neonazi-Szene. Gemäss der Sonntagszeitung vertrat die Partei rassistische, antisemitische sowie antiislamische Positionen, trat für ein konservatives Familienmodell ein und lehnte Kapitalismus sowie Globalisierung ab. Nach eigenen Angaben hatte die Pnos zuletzt rund tausend registrierte Sympathisantinnen und Sympathisanten gezählt. Die Zahl der Parteimitglieder lag gemäss externen Schätzungen während der ganzen Parteigeschichte nie über 300 und die Anzahl Kantonalsektionen nie über 11, wie die Sonntagszeitung schrieb. 2015 schätzte das Bundesamt für Polizei 250 Pnos-Mitglieder, 2011 hatte die Partei selbst von «weniger als 200 Mitgliedern» gesprochen. Die einzigen Mandate, die die Pnos während ihrer Parteigeschichte erringen konnte, waren je ein Sitz im Stadtparlament von Langenthal BE (2004-2009) und in der Gemeindeexekutive von Günsberg SO (ab 2005). Ihre Stammlande lagen im bernischen Oberaargau.
Öffentliche Aufmerksamkeit hatte die Partei wiederholt mit Aufmärschen zum 1. August erzielt. So orchestrierte die Partei etwa die «Schande vom Rütli» mit, als am 1. August 2005 Hunderte Rechtsextreme den Hitlergruss zeigten und den Bundespräsidenten Samuel Schmid (svp, BE) niederschrien. Zuletzt war die Partei kaum noch aktiv gewesen. Ende 2021 erschien sie in den Medien, weil Parteipräsident Gerber und sein Stellvertreter Yannic Nuoffer wegen antisemitischer Rassendiskriminierung verurteilt worden waren; sie hatten im Pnos-Parteimagazin «Harus» Teile der antisemitisch-verschwörungstheoretischen «Protokolle der Weisen von Zion» veröffentlicht.
In den Medien wurde die Auflösung der Pnos nicht als Zeichen für das Aussterben rechtsextremer Ideologien interpretiert, sondern lediglich als – vorläufiges – Ende der parteipolitischen Aktionsform des Milieus. Dabei herrschte die Einschätzung vor, dass für die nationalsozialistische Ausrichtung der Pnos derzeit keine Basis mehr in der rechtsextremen Szene bestehe. Stärker seien heute Strömungen der Identitären und der sogenannten Neuen Rechten, die in der Deutschschweiz etwa durch die Gruppierung «Nationale Aktionsfront» und deren Jugendbewegung «Junge Tat», in der Westschweiz durch die «Résistance Helvétique» verkörpert würden.

Auflösung der Pnos

Rechtsextremismusvorwürfe richteten sich auch gegen Christoph Blocher. Eine Woche vor den Wahlen veröffentlichte die Sonntagspresse Ausschnitte aus einem Schreiben Blochers an einen Herrliberger Unternehmer vom März 1997. Darin bedankte sich Blocher für die Zusendung eines Buches des als Holocaust-Leugner verurteilten Jürgen Graf. Das Papier war bei der Verhaftung Grafs beschlagnahmt und zu den Prozessakten gelegt worden. Die Brisanz des Briefes steckte in der Kommentierung Blochers «wie recht er doch hat». In der Folge wurde Blocher von allen Seiten angegriffen, insbesondere die Parteipräsidenten der CVP und der SP zeigten sich sehr besorgt. Sogar internationale Kritik traf in Bern ein. Die FDP publizierte Inserate mit dem Wortlaut „Bei uns hat Rechtsextremismus keinen Platz!“, welche die SVP mit eigenen Inseraten konterte. Blocher indes sah sich einer Hetzkampagne gegen seine Person ausgesetzt, die bewusst kurz vor den Wahlen inszeniert worden sei. Er habe das Buch gar nie gelesen, und sein Kommentar beziehe sich lediglich auf den Titel «Vom Untergang der Schweizerischen Freiheit».

Rechtsextremismusvorwürfe gegenüber SVP-Vertreter vor den Wahlen 1999

Anfangs September drohte Parteipräsident Maurer mit dem Ausschluss der Genfer SVP-Sektion, sollte diese sich nicht von ihrem Nationalratskandidaten und Parteisekretär Pascal Junod trennen. Junod war zuvor in Verdacht geraten, rechtsradikalen Vereinigungen nahe zu stehen. Nachdem Junod eine versprochene schriftliche Distanzierung vom Rechtsextremismus und einschlägigen Organisationen bei der nationalen Parteizentrale nicht eingereicht hatte, wurde der Ausschluss offiziell eingefordert. Nach Weigerung der Genfer Sektion, Junod auszuschliessen, leitete die Parteileitung Ende September gegen die Sektion das Ausschlussverfahren ein. Dieses wurde eingestellt, nachdem Junod seinen Austritt aus der SVP bekanntgegeben hatte.

Rechtsextremismusvorwürfe gegenüber SVP-Vertreter vor den Wahlen 1999

Unbefriedigt von der Zuammenarbeit mit den kantonalen Parteisekretariaten in der Romandie, welche nach Ansicht der nationalen Parteileitung «verbürgerlicht» sind, unternahm die Parteileitung erste Schritte, in der Westschweiz vermehrt auch mit der extremen Linken zusammenzuarbeiten.

Die SP arbeitet in der Romandie vermehrt mit der extremen Linken zusammen

Bei der Genfer Vigilance wurde ein Richtungsstreit zwischen Extremisten und Gemässigten ausgetragen. Nachdem im Frühjahr ein neuer Präsident gewählt worden war – der allerdings ein halbes Jahr später wieder demissionieren sollte –, wurde unter Führung der kantonalen Parlamentarier eine neue Partei unter dem Namen «Mouvement patriotique genevois (MPG)» ins Leben gerufen. Diese neue Bewegung lehnte Kontakte mit der NA/SD ebenso wie solche zu ausländischen rechtsextremen Parteien wie z.B. dem französischen «Front national» ab. Anfänglich suchte das MPG eine Allianz mit der Auto-Partei aufzubauen, musste jedoch die Verhandlungen wieder abbrechen. Einige Vertreter der Vigilance im Stadtparlament schlossen sich jedoch nicht dem MPG, sondern der Auto-Partei an.

Die Aufsplitterung der Vigilance und wie die AP davon profitieren konnte