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Jahresrückblick 2023: Parteien

Für die Parteien stand das Jahr 2023 überwiegend im Zeichen der National- und Ständeratswahlen sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats. Dies schlägt sich auch in der Medienpräsenz der Parteien nieder, die sich dem Spitzenwert aus dem letzten eidgenössischen Wahljahr 2019 annäherte und im Wahlmonat Oktober kulminierte (vgl. Abbildungen 1 und 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Die SVP lancierte ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Wahlkampf rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong und ein aufwändiger Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit. Bei den Nationalratswahlen erzielte die Partei schliesslich das drittbeste Resultat ihrer Geschichte, im Ständerat musste sie hingegen Verluste hinnehmen. Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch – letztlich ohne Erfolg – mit einem Zweierticket Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr.
Auch in diesem Jahr zeigte sich die SVP aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» und brachte – unter Rückgriff auf unübliche Methoden – das Referendum gegen das Klimagesetz zustande, an der Urne konnte sie das Gesetz aber nicht zu Fall bringen. Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Die SP konnte sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die der SP mit Inflation, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien in die Hände gespielt habe. Die Partei hatte in ihrem Wahlkampf denn auch das Thema Kaufkraft an erste Stelle gesetzt. Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte (vgl. Abbildung 1). Letztlich wählte die Bundesversammlung mit Beat Jans unter einigen Nebengeräuschen einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Einen Erfolg konnte sie hingegen mit dem Zustandekommen ihrer Kita-Initiative verbuchen. Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium neu zu besetzen. Wie schon die Bundespartei wird nun auch die Fraktion von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt.

Für die FDP verliefen die National- und Ständeratswahlen enttäuschend. Im Wahlkampf hatten Diskussionen dazu, ob die grossflächigen Listenverbindungen mit der SVP für die FDP strategisch sinnvoll seien oder gemässigte Wählende abschreckten, ihre inhaltlichen Wahlkampfthemen teilweise in den Schatten gestellt. Die Vorwürfe, die FDP verkomme zur Juniorpartnerin der SVP, verstärkten sich noch, als sich die Freisinnigen vor den zweiten Ständeratswahlgängen in mehreren Kantonen zugunsten der SVP-Kandidaturen zurückzogen. Die Verluste bei den Parlamentswahlen befeuerten die Diskussion, ob die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat noch gerechtfertigt sei; bei den Bundesratswahlen gerieten die beiden FDP-Sitze trotz eines Angriffs der Grünen aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Die Mitte konnte bei den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion den kumulierten Wählendenanteil von CVP und BDP leicht übertreffen, überholte bei den Nationalratssitzen die FDP und baute im Ständerat ihre Position als stärkste Partei aus. Parteipräsident Gerhard Pfister liess darauf verlauten, er sehe die Mitte, die sich im Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, künftig als Anführerin eines dritten Pols mit eigenständiger Themensetzung. Vor den Bundesratswahlen entschied sich die Mitte trotz ihres Wahlerfolgs dagegen, auf Kosten der FDP einen zweiten Bundesratssitz zu beanspruchen, da eine Abwahl wiederkandidierender Regierungsmitglieder vermieden werden solle. Bei einem FDP-Rücktritt werde eine Mitte-Kandidatur aber Thema werden. Mit unvorteilhaften Schlagzeilen war die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt.

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten 2023 ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Die Parteispitze betonte zwar, man habe das nach der «Klimawahl» 2019 zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli zum Schluss, er wolle als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt 2024 abgeben. Im Wahlkampf hatte eine millionenschwere Wahlkampfspende einer Gönnerin für einige Schlagzeilen gesorgt. Inhaltlich setzten die Grünen vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative zum Ausbau der Solarenergie.
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember erstmals in den Bundesrat einziehen und griffen mit Nationalrat Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP, nicht aber die SP-Sitze an. Nachdem Andrey bei seiner gemeinhin erwarteten Nichtwahl wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte, konnte sich Glättli aber auch für künftige Angriffe auf SP-Bundesratssitze erwärmen. Unerfreulich war für die Grünen sodann eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern.

Nach Erfolgen bei mehreren kantonalen Parlamentswahlen brachten die Nationalratswahlen für die GLP einen herben Dämpfer. Ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – um mehr als einen Drittel, worüber der geglückte Wiedereinzug in den Ständerat nicht hinwegtrösten konnte. Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begruben die Grünliberalen nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele, mit Viktor Rossi konnten sie aber immerhin den Kampf ums Bundeskanzleramt für sich entscheiden. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmte die GLP im Dezember Corina Gredig (glp, ZH).
Nach den Wahlen gab die künftige Ausrichtung der Partei Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an, der grösste Spender der Partei wiederum regte öffentlich eine Fusion mit der Mitte an.

Für die kleineren Parteien hielt das Jahr 2023 Unterschiedliches bereit. Dies gilt etwa für die EVP, die in Basel-Landschaft erstmals überhaupt den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte, bei den eidgenössischen Wahlen aber den Nationalratssitz ihrer Parteipräsidentin einbüsste. Das Mouvement Citoyens Genevois wiederum verlor seinen Regierungssitz in Genf, konnte aber den Einzug in National- und Ständerat feiern. Nicht mehr im Bundesparlament vertreten sind die PdA und Ensemble à Gauche.

Erstmals kamen bei den eidgenössischen Wahlen die neuen Transparenzregeln des Bundes für die Politikfinanzierung zur Anwendung. Auswertungen der Daten in den Medien zeigten zwar, dass solche Analysen aus verschiedenen Gründen mit nennenswerten Unschärfen verbunden bleiben. Der Hauptbefund aber, dass FDP und SVP mit deutlichem Abstand vor SP und Mitte sowie Grünen und GLP über die grössten Wahlkampfbudgets verfügten, schien unbestritten.

Jahresrückblick 2023: Parteien
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten im Berichtsjahr ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Viele Medien sahen die Partei damit wieder in die Rolle einer Juniorpartnerin im linksgrünen Lager abrutschen, welche nach dem fulminanten Wahlerfolg 2019 in Frage gestellt war. Die Niederlage hatte sich in nationalen Umfragen und kantonalen Wahlen bereits abgezeichnet und wurde in den Medien oft damit erklärt, dass der Klimawandel angesichts neuer Krisen viele Leute nicht mehr gleich stark bewegt habe wie noch bei der «Klimawahl» 2019. Die Parteispitze betonte zwar, man stehe immer noch stärker da als vor 2019 und habe das zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli nach den Wahlen zum Schluss, er wolle der Partei einen Neubeginn ermöglichen und als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt im Frühling 2024 abgeben.
Im Wahlkampf sorgte eine Millionenspende, die die Grünen von einer Gönnerin erhalten hatten und für eine eigene App zur Mobilisierung ihrer Mitglieder verwendeten, für einiges Aufsehen. Inhaltlich setzten die Grünen im Wahlkampf vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative, welche eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf geeigneten Dächern und Fassaden bringen soll («Solar-Initiative»).
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember in den Bundesrat einziehen und griffen mit der Kandidatur des Freiburger Nationalrats Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP an. Von einem in den Medien immer wieder erörterten Angriff auf ihre Partnerin und Konkurrentin im linksgrünen Lager, die SP, sahen die Grünen ab, nachdem sie einen solchen vorher lange nicht kategorisch ausgeschlossen hatten. Nach dem gemeinhin erwarteten Scheitern von Andreys Kandidatur äusserte sich Parteipräsident Glättli indessen erbost über den Umstand, dass Andrey wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte; in Zukunft kämen für ihn deshalb auch Angriffe auf SP-Bundesratssitze in Frage.
Unerfreulich war für die Grünen 2023 auch eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern in vier verschiedenen Kantonen, wobei die Gründe sich von Fall zu Fall unterschieden.

Die Grünen im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Jahresrückblick 2022: Parteien

Die Parteien als wichtige politische Akteure werden in der Öffentlichkeit besonders stark im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen wahrgenommen. Mit den Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2022 schnellte insbesondere die Medienpräsenz der SVP und der SP, in geringerem Mass auch jene der Grünen in die Höhe (siehe Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 im Anhang).
Die SVP hatte dabei den zurücktretenden Ueli Maurer zu ersetzen. Zu reden gab dabei, dass die in den letzten Jahrzehnten tonangebende Zürcher Kantonalsektion erst nach längerer Suche überhaupt eine Kandidatur präsentieren konnte (alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt), während die Berner Sektion mit Nationalrat Albert Rösti und Ständerat Werner Salzmann gleich zwei Kandidaten ins Rennen schicken konnte. Relativ früh zeichnete sich ab, dass es anders als bei früheren Bundesratswahlen bei der SVP zu keiner Zerreissprobe und allfälligen Parteiausschlüssen kommen würde, da die anderen Fraktionen keine Ambitionen erkennen liessen, eine Person ausserhalb des offiziellen SVP-Tickets zu wählen, für das die SVP-Fraktion letztlich Vogt und Rösti auswählte. Schliesslich erhielt die SVP mit Albert Rösti einen Bundesrat, der als linientreu und gleichzeitig umgänglich im Ton gilt.
Die SP wiederum hatte nach dem überraschenden Rücktritt von Simonetta Sommaruga nur wenig Zeit für die Nominierung ihrer Kandidaturen. Für gewisse Turbulenzen sorgte hier der von der Parteispitze rasch und offensiv kommunizierte Antrag an die Fraktion, sich auf Frauenkandidaturen zu beschränken. Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) rebellierte zunächst dagegen und gab seine eigene Kandidatur bekannt, zog diese aber wieder zurück, nachdem die SP-Fraktion dem Antrag der Parteispitze deutlich zugestimmt hatte. Mit einer «Roadshow» der Kandidatinnen in verschiedenen Landesteilen versuchte die SP trotz der knappen Zeit noch vom Schaufenstereffekt der Bundesratswahlen zu profitieren. Aufs Ticket setzte die Fraktion schliesslich die beiden Ständerätinnen und ehemaligen Regierungsrätinnen Eva Herzog (BS), die Mitglied der SP-Reformplattform ist und eher dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, und Elisabeth Baume-Schneider (JU), die als umgänglicher und weiter links stehend gilt. Im Parlament gingen in den ersten Wahlgängen überraschend viele Stimmen an den nicht auf dem Ticket stehenden Jositsch, bevor schliesslich Baume-Schneider den Vorzug vor Herzog erhielt. Wenig erbaut zeigte sich die SP von der anschliessenden Departementsverteilung, bei der Baume-Schneider das EJPD zugeteilt und Alain Berset ein angeblich gewünschter Wechsel aus dem EDI verwehrt wurde.
Dass weder die SVP noch die SP um ihre zweiten Bundesratssitze bangen mussten, hatte auch damit zu tun, dass sich die Grünen, die bei den letzten Gesamterneuerungswahlen noch mit einer Sprengkandidatur angetreten waren, selbst früh aus dem Rennen nahmen. Manche Beobachterinnen und Beobachter warfen den Grünen deswegen Harmlosigkeit und mangelnden Machtinstinkt vor. Die Grünen argumentierten dagegen, dass ein Angriff auf den SP-Sitz dem rot-grünen Lager keine Stärkung bringen würde und ein Angriff auf den SVP-Sitz aussichtslos gewesen wäre, weil das «Machtkartell» der bisherigen Bundesratsparteien keine Sitzverschiebungen wolle.

Alle 2022 durchgeführten kantonalen Wahlen wurden von den Medien auch als Tests für den Formstand der Parteien im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen im Herbst 2023 interpretiert. Die grossen Zwischenbilanzen, die im März nach den kantonalen Wahlen in Bern, der Waadt, Obwalden und Nidwalden gezogen wurden, bestätigten sich im Wesentlichen auch in den folgenden Glarner und Zuger Wahlen (allerdings nicht in Graubünden, das wegen einem Wechsel des Wahlsystems jedoch einen Sonderfall darstellt): Die «grüne Welle» rollte weiter, zumal die Grünen und noch stärker die GLP fast durchwegs Zugewinne verbuchen konnten. Demgegenüber büssten alle vier Bundesratsparteien Stimmenanteile ein, am deutlichsten die SP. Spekulationen über Gewinne und Verluste bei den nationalen Wahlen und mögliche Auswirkungen für die Sitzverteilung im Bundesrat sind freilich zu relativieren, weil sich Themen- und Parteienkonjunktur bis im Oktober 2023 noch deutlich verändern können und sich kantonale Wahlergebnisse aus mehreren Gründen nicht einfach auf die nationale Ebene übertragen lassen.

Misst man den Rückhalt der Parteien an ihrem Erfolg in den Volksabstimmungen, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: Am häufigsten – nämlich bei 8 von 11 Abstimmungsvorlagen – stand dieses Jahr die EVP mit ihren Parolen auf der Siegerseite, gefolgt von EDU, FDP, GLP und Mitte (je 7). Seltener jubeln konnten die Parteien an den linken und rechten Polen des Spektrums (Grüne, PdA, SP und SVP: je 6). Freilich ist nicht jede Abstimmungsvorlage für jede Partei gleich wichtig. So war etwa für die SP das knappe Ja zur AHV-21-Reform mit der Frauenrentenaltererhöhung besonders schmerzhaft, die beiden Nein zu den Teilabschaffungen von Stempel- und Verrechnungssteuer hingegen besonders erfreulich. Für FDP und SVP war es gerade umgekehrt, daneben war für sie auch die Ablehnung des Medienpakets ein bedeutender Erfolg.

Mit Blick auf ihre Mitgliederzahlen sahen sich derweil fast alle grösseren Parteien im Aufwind: GLP, Grüne, Mitte, SP und SVP meldeten im Vergleich zu 2020 Mitgliederzuwächse im vierstelligen Bereich, die FDP hatte keine Informationen zu ihrer aktuellen Mitgliederentwicklung. Ein Grund für die vermehrte Hinwendung zu den Parteien könnte sein, dass die stark alltagsrelevante Covid-19-Pandemie, die intensivierte Diskussion um den Klimawandel und aussergewöhnlich intensive Abstimmungskämpfe etwa zur Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 und zu den beiden Covid-19-Gesetzesvorlagen im Juni und im November 2021 viele Bürgerinnen und Bürger stärker politisiert haben.

Das Jahr brachte in der Schweizer Parteienlandschaft auch einige strukturelle Veränderungen. So ist mit der Gründung einer Kantonalsektion in Uri die GLP nun erstmals in sämtlichen Kantonen präsent. Bei der BDP fand zum Jahresbeginn der umgekehrte Weg seinen Abschluss: Am 1. Januar 2022 hörten die letzten beiden BDP-Kantonalsektionen auf zu existieren, nachdem die Partei auf nationaler Ebene schon ein Jahr davor in der Mitte aufgegangen war. Ganz aufgelöst wurde sodann die Partei national orientierter Schweizer (Pnos), die als parteipolitischer Arm der rechtsextremen Szene in der Schweiz gegolten hatte. Sie war im Parteiensystem nie über eine marginale Rolle hinausgekommen. Ihre Auflösung bedeutet allerdings nicht das Aussterben rechtsextremer Ideologien im Land, sondern lediglich das – vorläufige – Ende der parteipolitischen Aktionsform des Milieus.

Nachdem der Bundesrat im zu Ende gehenden Jahr das Gesetz und eine konkretisierende Verordnung zur Transparenz der Politikfinanzierung in Kraft gesetzt hat, werden sich die Parteien im neuen Jahr erstmals an die entsprechenden Regeln halten müssen. Die Parteien, die in der Bundesversammlung vertreten sind, haben unter anderem ihre Gesamteinnahmen sowie Zuwendungen von über CHF 15'000 offenzulegen.

Jahresrückblick 2022: Parteien
Dossier: Jahresrückblick 2022

Kathrin Bertschy (glp, BE) forderte mittels parlamentarischer Initiative die Änderung des Parlamentsressourcengesetzes insofern, dass Fraktionsbeiträge nur noch an jene Fraktionen verteilt werden, deren Parteien jedes Jahr die Herkunft und den Betrag ihrer Spenden offenlegen. Gemäss der Grünliberalen fehlt es in der Schweiz an Transparenz in der Parteifinanzierung, was unter anderem dazu geführt habe, dass die Schweiz mehrmals von der Antikorruptionsbehörde Greco kritisiert worden war.
Im November 2018 prüfte die SPK-NR die parlamentarische Initiative und beantragte mit 14 zu 8 Stimmen, dieser keine Folge zu geben; die Bürgerinnen und Bürger könnten in naher Zukunft über die Transparenz-Initiative abstimmen und falls diese angenommen werde, könne man die Forderung Bertschys bei der Umsetzung der Volksinitiative wieder diskutieren, begründete die Kommission ihren Entscheid. Des Weiteren stellte die Vermischung von Fraktionen und politischen Parteien ein Problem für die Kommission dar, zumal einer Fraktion nicht nur Mitglieder einer Partei angehörten, sondern sich auch Mitglieder anderer Parteien oder Parteilose anschliessen könnten. Zudem seien Bundesbeiträge an Fraktionen zweckgebunden und müssten zur Deckung der Kosten der Fraktionen verwendet werden. Sie dürften somit nicht zur Finanzierung der Aktivitäten von Parteien ausserhalb des Parlaments eingesetzt werden. Schliesslich schaffe der Vorstoss von Kathrin Bertschy eine Bestrafung für diejenigen Parteien, welche die Herkunft und den Betrag ihrer Spenden nicht offenlegten: Sie würden keine Fraktionsbeiträge mehr erhalten. Anfang Juni 2019 gab der Nationalrat dem Anliegen mit 122 zu 62 Stimmen (bei 3 Enthaltung) keine Folge.

Anreize für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung (Pa.Iv. 17.940)
Dossier: Finanzierung der Politik

Im Januar 2014 hatte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-NR) Handlungsbedarf hinsichtlich mehr Transparenz bei Zuwendungen an Parteien oder politische Einzelakteure von jenen Unternehmen geortet, die grösstenteils von der öffentlichen Hand bestimmt werden. Die Kommission betonte – bezugnehmend auf eine parlamentarische Initiative Thomas Minder (parteilos, SH) –, dass es einen Unterschied mache, ob ein privates, börsenkotiertes Unternehmen für Politik Geld spendet oder ob öffentliche Mittel als Zuwendungen verwendet werden. Für von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen müsse deshalb eine Offenlegungspflicht herrschen. Eine Kommissionsminderheit und die ständerätliche Schwesterkommission lehnten das Begehren ab: Es stelle erstens einen Eingriff in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden dar, weil auch diese an Unternehmen beteiligt sind. Zweitens könne man im Rahmen einer echten Offenlegung der Parteienfinanzierung die privaten Unternehmen nicht von einer Transparenzpflicht ausnehmen. Eine knappe Ratsmehrheit, bestehend aus den geschlossenen FDP- und BDP-Fraktionen, vier Fünfteln der SVP-Fraktion und der Hälfte der CVP, entschied sich mit 92 zu 86 Stimmen gegen Folge geben, womit das Anliegen versenkt war.

Mehr Transparenz bei Parteispenden (Pa.Iv. 14.400)
Dossier: Finanzierung der Politik

Thomas Minder (parteilos, SH) begründete seine in einer parlamentarischen Initiative vorgebrachte Forderung nach der Offenlegung von Zuwendungen an politische Akteure mit dem Umstand, dass börsenkotierte Aktiengesellschaften mitunter sechs- bis siebenstellige Beträge pro Jahr an Parteien spenden würden. Die Aktionäre hätten aber keine detaillierte Kenntnis, welche Parteien wie viele Mittel erhielten. Minder forderte deshalb, dass börsenkotierte Unternehmen im Geschäftsbericht die Gesamtsumme der Zuwendungen an politische Akteure angeben und bei Beträgen über CHF 10'000 auch den Namen der Empfänger auflisten müssen. Gesellschaften der öffentlichen Hand sollten zudem in der Jahresrechnung darlegen, welche Zuwendungen an welche politischen Akteure gemacht wurden. Während sich die ständerätliche Kommission für Rechtsfragen (RK-SR) bereits im Mai für Folge geben ausgesprochen hatte, sprach sich die RK-NR im Januar 2014 knapp mit 10 zu 9 Stimmen bei 5 Enthaltungen gegen das Begehren aus. Die RK-SR machte geltend, dass gegenüber Aktionären Transparenz herrschen müsse und dass dadurch als willkommener, indirekter Nebeneffekt auch der Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung Vorschub geleistet würde. Die Kommission zitierte eine Forderung der Stiftung Ethos, die in einer Studie aufgezeigt hatte, dass lediglich eine Minderheit der im SMI-Index figurierenden Unternehmen transparent machten, ob und an wen sie Spendengelder bezahlten. Auch Ethos empfehle eine transparente Kommunikation, argumentierte die RK-SR. Die 26-stimmige Ratsmehrheit versenkte das Begehren jedoch gegen 12 Stimmen. In der Debatte wurden vor allem Zweifel an der Praktikabilität des Anliegens geäussert. Zudem würden sich die Aktionäre selber wehren, wenn Transparenz tatsächlich ein Bedürfnis sei.

Offenlegung von Parteispenden (Pa.Iv. 12.499)
Dossier: Finanzierung der Politik

Wenn Unternehmen Parteien im Interesse der Unternehmensziele Geld spenden, so dürfen sie dies als geschäftsmässig begründeten Aufwand von den Steuern abziehen. Diese unter dem Begriff Politsponsoring bekannte Praxis sollte durch eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) eingeschränkt werden und nur noch möglich sein, wenn die Spende öffentlich bekannt gemacht wird. Die SPK-NR lehnte den Vorstoss, der im Rahmen einer seit einigen Jahren breiter geführten Diskussion um Parteienfinanzierung erörtert wurde, ab und wies darauf hin, dass private Zuwendungen für die vom Staat nicht finanzierten Parteien in der Schweiz sehr wichtig seien. Es bestehe die Gefahr, dass höhere Transparenz Politsponsoring weniger attraktiv machen könnte. Bei der mehrheitlichen Ablehnung des Vorstosses im Nationalrat zeigte sich ein klarer Links-Rechts-Graben: Während die geschlossenen SP- und GP-Fraktionen der Initiative Folge geben wollten, stimmten die GLP-, CVP/EVP-, FDP und SVP-Fraktionen ebenso geschlossen dagegen.

Transparenteres Politsponsoring (Pa.Iv. 12.488)
Dossier: Finanzierung der Politik

Die Diskussionen um die Parteienfinanzierung rissen auch 2014 nicht ab. Dabei zeigte sich in vielen Bereichen ein Graben zwischen Links und Rechts. Während die SP und die GP relativ transparent Zuwendungen summarisch veröffentlichten, Spenden von Wirtschaftsunternehmen in der Regel nur sehr zurückhaltend annahmen und bei der mangelnden Transparenz von einem Demokratiedefizit sprachen, schwiegen sich die Bürgerlichen normalerweise über Zuwendungen aus. Politische Parteien würden eine Dienstleistung erbringen, die durchaus auch von Wirtschaftsunternehmen honoriert werden könne, liess etwa die CVP verlauten. Die FDP nehme keine Spenden an, die sieben Prozent des Parteibudgets übersteigen würden - es wüssten aber lediglich der Generalsekretär und der Parteipräsident, woher Spenden fliessen würden. Damit vermeide man politische Abhängigkeiten. Nach wie vor offen war die Forderung der Greco, der Groupe d'Etats contre la Corruption des Europarats, nach gesetzlichen Regelungen für die Parteien- und Kampagnenfinanzierung. Die Schweiz musste aufgrund eines Nichtkonformitätsverfahrens bis Ende April 2014 einen Bericht vorlegen, indem diesbezügliche Bemühungen dargelegt werden sollten. Darin versuchte der Bundesrat, die mangelnde Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung mit den Spezifika des schweizerischen Systems zu erklären. Die Greco zeigte sich allerdings wenig beeindruckt und stellte der Schweiz in einem Zwischenbericht ein schlechtes Zeugnis aus. Die Mehrheit der Empfehlungen sei nach wie vor nicht umgesetzt. Zu befürchten hatte die Schweiz dadurch höchstens einen Reputationsschaden. Dagegen kämpfte insbesondere Justizministerin Simonetta Sommaruga, die zwar verschiedene Varianten für eine Verstärkung der Transparenz bei der Parteienfinanzierung erarbeitete, aber bei den bürgerlichen Parteien und im Gesamtbundesrat kein Gehör fand.
Dafür, dass es in naher Zukunft kaum ein Gesetz für Parteienfinanzierung geben wird, sorgte auch das Parlament. Gleich drei Vorstösse für mehr Transparenz in der Legislative wurden abgelehnt: Die parlamentarischen Initiativen von Thomas Minder (parteilos, SH), von Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und von der Rechtskommission des Ständerates (RK-SR) wurden allesamt versenkt. Mit ein Argument war dabei, dass man durch zu viel Transparenz die Spender vergraulen könnte, was für die staatlich nicht finanzierten Parteien ein Problem darstellen würde.
Auch in den Kantonen fand das Thema Transparenz in der Politik keine Mehrheit. Im Kanton Aargau wurde Ende September eine entsprechende Initiative mit 56% Nein-Stimmen abgelehnt. Das Thema wird freilich nicht so schnell verschwinden. Vor allem die Juso, aber auch Lukas Reimann (svp, SG) dachten laut über nationale Volksinitiativen zum Thema Finanzierung der Politik nach. Zudem gaben die investierten Summen bei verschiedenen Abstimmungskampagnen immer wieder viel zu reden.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Der Druck der Groupe d’Etats contre la Corruption (Greco), einem Gremium des Europarats, auf die Schweiz, in Sachen Parteienfinanzierung mehr Transparenz zu schaffen, nahm im Berichtsjahr noch einmal zu. 2011 hatte die Greco auf der Basis eines Länderexamens die Schweiz diesbezüglich gerügt, gegen Europarats-Empfehlungen von 2003 zu verstossen. Der Bundesrat hatte noch 2012 beschlossen, das Gespräch mit der Greco zu suchen und das Gremium darauf hinzuweisen, dass Tradition und Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz (direkte Demokratie, Föderalismus) nicht vereinbar seien mit Regelungen zur Finanzierung von Politik. Das Schweizer Parteiensystem könne nicht mit dem anderer Länder verglichen werden. Die im April des Berichtjahres geführten Gespräche fruchteten aber nicht. Die Greco anerkannte zwar die Eigenheiten der Schweiz, konnte aber die Nichtvereinbarkeit des Systems mit höherer Transparenz in der Parteienfinanzierung nicht nachvollziehen. Als Konsequenz wurde die Schweiz in ein so genanntes Nichtkonformitätsverfahren versetzt. Dies hat zwar keine rechtlichen Konsequenzen, der politische Druck auf die Schweiz, die mit ihrem 2006 erfolgten Beitritt implizit auch die Empfehlungen der Greco zur Parteienfinanzierung akzeptiert hatte, sollte aber so weit erhöht werden, bis Massnahmen eingeleitet werden. Im Berichtsjahr weiterhin hängig waren die parlamentarischen Initiativen Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und Minder (parteilos, SH). Beide zielen auf eine Regelung der Parteispenden von Unternehmen bzw. börsenkotierten Gesellschaften ab. Immerhin hatte sich die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats Anfang Mai mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung für Folgegeben der Initiative Minder entschieden. Die Schwesterkommission hatte sich bis Ende 2013 noch nicht dazu geäussert. Die fehlenden Regelungen führten auch im Berichtjahr dazu, dass verschiedene Unternehmen von sich aus öffentlich bekannt gaben, Parteien zu finanzieren. So kündigte etwa die Fluggesellschaft Swiss an, ab 2014 die Bundesratsparteien nach einem fixen Verteilschlüssel jährlich finanziell mit total CHF 200'000 unterstützen zu wollen. Die Finanzierung wurde dabei offiziell nicht an Bedingungen geknüpft, die Swiss wünsche sich allerdings auch in Zukunft politische Unterstützung. Die SVP gab bekannt, die Spende anzunehmen, die SP kündigte an, darauf zu verzichten, um sich nicht in Abhängigkeiten zu verstricken. Keine Auskunft gaben die anderen drei Regierungsparteien. In den Kantonen Genf und Tessin kennt man kantonale Transparenzvorschriften. Eine Volksinitiative der Juso im Kanton Basel-Landschaft, die ebenfalls mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung gefordert hätte, hatte an der Urne keine Chance und wurde mit einem Ja-Anteil von 43% abgelehnt. Im Kanton Zürich wurde eine parlamentarische Initiative der SP mit dem Ziel der Offenlegung von Parteispenden von der zuständigen Kommission und dem Regierungsrat abgelehnt.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Ende 2011 hatte das Antikorruptionsorgan des Europarates, die Greco (Groupe d’Etats contre la Corruption), bei der die Schweiz seit 2006 Mitglied ist, einen Bericht vorgelegt, der zum Schluss kommt, dass die Schweiz gegen die Empfehlungen aus dem Jahr 2003 hinsichtlich Transparenz bei der Parteienfinanzierung verstosse. Der Bundesrat bekam bis Ende April 2013 Zeit, auf die im Bericht gemachten Empfehlungen (Transparenzvorschriften für Parteienfinanzierung und für die Finanzierung von Abstimmungskampagnen) zu reagieren. Mitte Jahr beschloss die Regierung mit der Greco das Gespräch zu suchen, bevor weitere Schritte unternommen würden. Aufgrund der zunehmenden Kritik am intransparenten Spendensystem – die Greco sprach von schweizerischer Diskretion, die der Korruption nahe komme – nahmen sich einige Unternehmen vor, von sich aus Transparenz zu schaffen. So gab etwa die Raiffeisenbank bekannt, allen Parteien abhängig von der Anzahl derer nationalen Mandate Geld zu spenden. Pro Jahr werde pro Ständerat 2'674 und pro Nationalrat 615 Franken gespendet. Die Spendensumme der Genossenschaftsbank belief sich also auf 246 000 CHF. Neben der Raiffeisenbank machte auch die Versicherungsgesellschaft Mobiliar ihre jährliche Parteispende von 10'000 CHF pro Bundesratspartei publik. Anfang März gab die Crédit Suisse ihre Spendensumme von 1 Mio. CHF bekannt, die sie auf alle Parteien verteilen wolle. Und schliesslich gab auch die UBS zu Protokoll, die politischen Parteien mit einer Mio. CHF zu unterstützen. Sie machte ihre Spende allerdings von einem Bekenntnis zur Marktwirtschaft abhängig. Die Bankenspenden brachten vor allem die SP und die Grünen in ein Dilemma. Parlamentarischen Vorstössen für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung war hingegen weiterhin kein Erfolg beschieden. So wurde eine parlamentarische Initiative der SP zum Thema im Nationalrat abgelehnt. Die geforderte Einrichtung einer Meldestelle sei zu bürokratisch und die Regelungen für die Offenlegung von Parteiausgaben wären einfach zu umgehen. Eine Motion Chopard-Acklin (sp, AG) (11.3116), die ebenfalls für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung plädierte, wurde abgeschrieben. Im Berichtsjahr noch nicht behandelt wurden eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) sowie eine parlamentarische Initiative (12.499) Minder (parteilos, SH). Beide zielen auf eine Regelung der Parteispenden von Unternehmen bzw. börsenkotierten Gesellschaften ab.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Das Thema Parteienfinanzierung wurde auch im Wahljahr virulent diskutiert. Im Berichtsjahr veröffentlichte das Bundesamt für Justiz ein von Justizministerin Sommaruga in Auftrag gegebenes rechtsvergleichendes Gutachten, in dem deutlich wurde, dass die Schweiz neben Schweden das einzige Land Europas ist, das keine Regelung zur Finanzierung von Parteien kennt. In Schweden veröffentlichen die Parlamentsparteien ihre Einkünfte aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung. In der Schweiz gibt es keinerlei Regelungen. Einzig im Kanton Tessin und im Kanton Genf gibt es Ansätze für mehr Transparenz. Während im Tessin Parteispenden von mehr als CHF 10'000.- bzw. Spenden an Wahlkandidaten und Abstimmungskomitees ab CHF 5'000.- an die Staatskanzlei gemeldet werden müssen, sind die Parteien im Kanton Genf seit 1999 verpflichtet, der Finanzinspektion jährlich eine Spenderliste sowie den Spenden-Gesamtbetrag abzugeben. Anfang Dezember legte die GRECO (Groupe d’Etats contre la Corruption), bei der die Schweiz seit 2006 Mitglied ist, einen Bericht vor, in welchem sie der Schweiz die gesetzliche Regelung der Parteienfinanzierung sowie Transparenzvorschriften für die Finanzierung von Abstimmungskampagnen empfiehlt. Die GRECO kritisierte, dass die freie Willensbildung durch die bestehende Intransparenz gefährdet sei und der unverfälschte Wählerwille nicht zum Tragen komme. Der Bundesrat hat bis 2013 Zeit, einen Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen zu verfassen. Ende September gab Bundesrätin Sommaruga eine weitere Studie in Auftrag, welche die Investitionen verschiedener politischer Akteure in Wahl- und Abstimmungskampagnen untersuchen soll. Die Resultate lagen bis zum Ende des Berichtsjahrs noch nicht vor. In zahlreichen Kantonen scheiterten Anläufe für kantonale Regelungen.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

In der Presse war Ende des Berichtsjahrs eine Schätzung der Wahlkampfbudgets der Parteien nachzulesen, die aufgrund der ebenfalls geschätzten Ausgaben bei den Wahlen 2007 sowie einigen Antworten auf entsprechende Anfragen bei den Generalsekretariaten beruhten. Dass Geld für den Wahlerfolg eine Rolle spiele, sei unbestritten. Die Wahlkampfbudgets seien jedoch sehr ungleich. Mit Abstand am meisten Mittel zur Verfügung habe die SVP (15 Mio.), gefolgt von der CVP (3 Mio.), der FDP (2.6 Mio.) und der SP (1.5 Mio.). Die kleineren Parteien (GP, GLP, BDP) hätten weniger als eine Viertelmillion zur Verfügung.

Studien zu den Wahlkampfbudgets der Parteien
Dossier: Finanzierung der Politik

Ab dem 1. Januar 2011 können Spenden bis zu 10'000 Fr. von den Steuern abgezogen werden. Die Stadtberner FDP sorgte im Mai für Schlagzeilen, nachdem sie ankündigte, in Zukunft die Namen von Grossspendern offenzulegen, die der Partei mehr als 5'000 Franken zukommen lassen. Die Kantonalzürcher FDP und die Jungfreisinnigen wollen in Zukunft Spenden zwar nicht nach Namen, aber nach Kategorien (Private und Unternehmen) und Branchen ausweisen. Die meisten kantonalen und die nationale Mutterpartei machten aber klar, dass sie eine solche Handhabung nicht übernehmen werden. Bei der Veröffentlichung des Korruptionswahrnehmungsindex rügte Transparency International die Schweiz als einziges demokratisches Land, das keine Regelungen zur Parteienfinanzierung kenne.

Kritik an der Politikfinanzierung aus dem Ausland - Greco
Dossier: Finanzierung der Politik

Im Nationalrat wurden – auch aufgrund der Diskussionen nach den Abstimmungskampagnen einiger eidgenössischer Initiativen – erneut Vorstösse diskutiert, die mehr Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung verlangen. Alle drei von Links-Grün eingereichten parlamentarischen Initiativen (Pa. Iv. sozialdemokratische Fraktion (09.415), Pa. Iv. Hodgers, gp, GE (09.442) und Pa. Iv. Gross, sp, ZH (09.416) wurden in ein und derselben Sitzung von der rechts-bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Insbesondere die Idee der Offenlegung der Parteispenden und Spendernamen war bereits in der staatspolitischen Kommission auf Widerstand gestossen. Eine solche scheint nach wie vor politisch nicht mehrheitsfähig.
Allerdings stösst die Idee von transparenten Parteifinanzen nicht auf grundsätzlichen Widerwillen. Dies zeigte sich im Berichtsjahr auch im vom Ständerat nur relativ knapp abgelehnten (18 zu 11 Stimmen) Minderheitsantrag, eine Petition der Jugendsession von 2008 zum Thema Parteienfinanzierung an die Staatspolitische Kommission zu überweisen. Die Petition hätte die Offenlegung von Parteifinanzen und Spenden zum Ziel gehabt

Drei parlamentarische Initiativen für mehr Transparenz bei Parteifinanzierung scheitern
Dossier: Finanzierung der Politik

In der Herbstsession überwies der Ständerat eine parlamentarische Initiative Reimann (svp, AG), die von der Staatspolitischen Kommission befürwortet worden war. Der Gesetzesentwurf der Kommission sieht bei der direkten Bundessteuer einen Abzug für Mitgliederbeiträge und Zuwendungen an Parteien bis zu einem Höchstbetrag von 10'000 Fr. vor. Zu den Zuwendungen gehören Spenden, aber auch Mandatssteuern, welche von Politikern an ihre Parteien entrichtet werden. Auch bei juristischen Personen soll der Abzug möglich sein. Gleichzeitig wird auch den Kantonen vorgeschrieben, einen Steuerabzug für Zuwendungen an Parteien zuzulassen, wobei die Festlegung des Höchstbetrages in die Kompetenz der Kantone fällt. Eine Minderheit hatte erfolglos für eine Offenlegungspflicht der Zuwendungen argumentiert, um mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung zu schaffen. Der Bundesrat hatte die Gesetzesvorlage ganz abgelehnt, weil sie das Steuerrecht verkompliziere. Zudem befürchtete er ein Missbrauchspotenzial: Spenden könnten über Parteien indirekt an andere Interessengruppierungen fliessen. In Bezug auf die juristischen Personen machte der Bundesrat geltend, es komme zu einer Doppelspurigkeit mit einem bereits existierenden Abzug für Politsponsoring. Der Bundesrat konnte sich allerdings mit seinen Einwänden nicht durchsetzen. Nach Ansicht des Ständerates ist es mit der Vorlage möglich, die Rechtslage bezüglich Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Parteien zu klären und zu vereinheitlichen: 15 Kantone sehen bereits einen Abzug vor, aber nach einem Urteil des Bundesgerichtes fehlte dafür bisher die bundesgesetzliche Grundlage. Vertreter aller Parteien unterstützten grundsätzlich die Idee, dass der wichtigen Rolle der Parteien für den politischen Prozess mit höheren Anreizen für Spenden Rechnung getragen werden müsse.

Steuerabzüge bei Zuwendungen an politische Parteien (Pa.Iv. 06.463)
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Die SP verfolgte die Idee einer gesetzlichen Limitierung der Ausgaben für Kampagnen weiter und kündigte an, die Lancierung einer Volksinitiative zu diesem Thema zu prüfen. Im März wurde einer parlamentarischen Initiative (07.471) mit der Forderung, die Ausgaben für Wahlkampagnen gesetzlich zu beschränken, vom Ständerat keine Folge gegeben. Mit Vorstössen zur Offenlegung der Spender und für eine staatliche Parteienfinanzierung war die SP bisher ebenfalls stets gescheitert. Neue Nahrung erhielten die SP-Forderungen im Herbst durch die Bankenkrise. Die Sozialdemokraten kritisierten die Parteispenden von Grossbanken heftig und zeigten sich insbesondere verärgert darüber, dass die staatlich unterstützte UBS weiterhin Spenden an Parteien ausrichten kann. Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) reichte eine Motion mit der Forderung ein, dass Banken in ihrer Rechnungslegung Spenden an Parteien oder für politische Kampagnen ausweisen sollen.

Banken sollen Spenden ausweisen müssen (Mo. 08.4049)
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In einer Studie des Marktforschungsinstituts Media Focus wurden die Gesamtausgaben für die Wahlkampagnen 2007 auf über 65 Mio Fr. geschätzt. Allein die SVP soll 16,4 Mio Fr. ausgegeben haben, weit mehr als die anderen Parteien. Eine Studie des Hochschulinstituts für öffentliche Verwaltung (Idheap) zeigte, dass die Budgets der nationalen Parteien von 1996 bis 2006 um über 60% zugenommen haben und 2006 zusammen bei 16,4 Mio Fr. lagen. Die Parteien können sich dabei je länger je weniger selber finanzieren. Der Anteil der Fremdfinanzierung der nationalen Parteien lag 2006 bei ca. 70%. Der Fremdfinanzierungsanteil ist bei der FDP am höchsten (ca. 94%), bei den Grünen am tiefsten (60%). Bei der SVP und der SP ist er seit 1996 stark angestiegen (um 45 resp. 35 Prozentpunkte), während er bei CVP und FDP relativ stabil blieb. Im Wahljahr 2007 gaben die nationalen Parteien gemäss der Idheap-Studie zusammen rund 20 Mio Fr. aus. Zu beachten ist dabei, dass viele Gelder bei Abstimmungs- und Wahlkampagnen nicht über das ordentliche Parteibudget fliessen, wodurch auch der grosse Unterschied zur Einschätzung der Höhe der Ausgaben für die Wahlkampagne 2007 in der Studie von Media Focus zu erklären ist.

Studien zu den Wahlkampfbudgets der Parteien
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Da nach wie vor unklar ist, wie viel Politikerinnen und Politiker für ihren Wahlkampf ausgeben und wer die Abstimmungskampagnen finanziert, schlug der Staatsrechtler und Politikwissenschafter Tiziano Balmelli vor, die Wahlkampfbudgets nach oben zu beschränken, um die Chancengleichheit zu vergrössern und die Gefahr von Bestechung zu verringern. Konkret sollte für jeden Wahlkreis ein Höchstbetrag sowohl für die Kandidierenden als auch für die Parteien im Verhältnis zur Zahl der Stimmberechtigten festgelegt werden. Strenge Sanktionen, z.B. hohe Bussen, der Verlust des politischen Mandats oder der zeitweilige Entzug passiver politischer Rechte sollten Missbräuche verhindern. Weiter forderte Balmelli von den Parteien, ihre Abrechnungen offen zu legen – einzig die Kantone Genf und Tessin kennen gesetzliche Vorschriften, die mehr Transparenz ermöglichen sollen. Öffentliche Mittel als Ersatz für private Spenden seien keine Lösung, sondern würden als Ergänzung gebraucht, wie ein Blick ins Ausland zeige. Die Parteien lehnten diese Vorschläge ab: Ob jemand gewählt werde, hänge nicht in erster Linie vom Budget ab, betonte CVP-Sprecher Paul Felber. SVP-Generalsekretär Jean-Blaise Defago wollte lieber den Markt spielen lassen, während Guido Schommer von der FDP grosse Umsetzungsprobleme sah. SP-Generalsekretär Reto Gamma genügte es, offen zu legen, woher das Geld stamme; damit könnte die Wählerschaft selber entscheiden, ob sie diese Person wählen wolle.

Diskussion um Beschränkung der Wahlkampfbudgets
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Mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung forderte die Grüne Fraktion im Nationalrat. In einer Motion verlangte sie die Offenlegung der Parteifinanzen. Auch Wahl- und Abstimmungskomitees sollten per Gesetz zur Rechenschaft über ihre Finanzierung verpflichtet werden. Parteipräsident Baumann (gp, BE) argumentierte, die Schweizer Bevölkerung habe ein Anrecht auf diese Information, werde sie doch immer stärker durch anonyme politische Werbung beeinflusst. Unterstützung erhielt die Fraktion von Gross (sp, ZH), der die Legitimation der Demokratie in Gefahr sieht, wenn im Abstimmungs- und Wahlkampf nicht offen und fair gespielt werde. Bundeskanzlerin Huber vertrat die Meinung, dass die Einrichtung der dazu notwendigen Kontroll- und Sanktionsmassnahmen nicht zu bewerkstelligen sei. Mit 109 zu 59 Stimmen wurde die Motion schliesslich abgelehnt.

Mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung (Mo. 00.3033)
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