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Die grossen Dachverbände der Arbeitgebenden und der Gewerkschaften sowie zahlreiche Branchenverbände bezogen zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr 2021 Position zur Pandemiepolitik der Behörden und stellten Forderungen dazu auf. Während Arbeitgebendenverbände aus verschiedenen Branchen wie auch die Gewerkschaften sich in ihrer Unterstützung für Hilfsgelder und Kurzarbeit im Grossen und Ganzen einig waren, traten bei anderen Massnahmen deutliche Interessengegensätze zutage.

Die Gewerkschafts-Dachverbände SGB und Travail.Suisse unterstützten die beiden Covid-Vorlagen in den Abstimmungen vom Juni und November 2021. Auch darüber hinaus wiesen die Gewerkschaften immer wieder auf die zentrale Bedeutung der Kurzarbeit, des Erwerbsersatzes und der Unterstützungsgelder für betroffene Unternehmen hin, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu begrenzen; Travail.Suisse forderte überdies die Verlängerung dieser Massnahmen, bis die Wirtschaft das Niveau vor März 2020 wieder erreicht hat. Bei Diskussionen über Massnahmenlockerungen mahnten SGB und Travail.Suisse meist zu behutsamen Schritten, denn ein vorsichtiger Weg führe letztlich schneller aus der Krise. Zu ihren Hauptforderungen zählten im Weiteren die Umsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten am Arbeitsplatz sowie die Sicherstellung der Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden auch im Homeoffice. Der SGB wies darauf hin, dass es als Folge der Pandemie zu einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse etwa bei Kurierdiensten oder im Onlinehandel gekommen sei, was die Notwendigkeit von Gesamtarbeitsverträgen für diese Branchen verstärke. Travail.Suisse setzte sich zudem für eine Beibehaltung der öffentlichen Finanzierung der Testkosten ein und erklärte sich mit der Zertifikatspflicht im Grundsatz einverstanden, warnte aber vor deren Anwendung am Arbeitsplatz.

Besonders stark profilierte sich der Arbeitgebendenverband des Gastgewerbes, GastroSuisse, mit seinem Präsidenten Casimir Platzer, in der Öffentlichkeit. Platzer äusserte sich im Frühjahr immer wieder mit markigen Worten gegen die Schliessung der Innenräume von Gastbetrieben und sprach von einer drohenden «Zerstörung der Branche». Die Öffnung der Innenräume kam schliesslich im Rahmen eines Lockerungspakets per Anfang Juni, freilich mit gewissen Einschränkungen – etwa einer Sitzpflicht und einer Begrenzung auf vier Personen pro Tisch. Vor der Abstimmung vom 13. Juni sprach sich GastroSuisse für ein Ja zum Covid-19-Gesetz aus, das unter anderem die gesetzliche Grundlage für die Härtefallgelder an die Gastrobranche enthielt. Auch wenn Platzer in diesem Abstimmungskampf auf derselben Seite stand wie der Bundesrat, wiederholte er in einem Interview mit der BZ im selben Monat eine Aussage, die er schon im Vorjahr gemacht hatte: Er bewerte die Coronapolitik des Bundesrats weiterhin mit der Note «ungenügend». Seit Ende 2020 machten die Behörden «Panik mit diesen Varianten und Mutanten», was aus Platzers Sicht übertrieben sei, die bis Ende Mai 2021 anhaltenden Einschränkungen der Wirtschaft seien nicht gerechtfertigt. Zudem flössen die Hilfsgelder an die Gastrobetriebe unregelmässig und langsam; damit dies bei einer künftigen Pandemie rascher gehe, hatte GastroSuisse bereits im März eine Volksinitiative angekündigt.
Nach den Sommerferien opponierte GastroSuisse dann scharf, aber vergeblich, gegen die Pläne des Bundesrats zur Ausweitung der Zertifikatspflicht auf die Innenräume von Gastrobetrieben. Weil Ungeimpfte nicht bereit sein dürften, sich für jeden Restaurantbesuch testen zu lassen, befürchtete GastroSuisse – unter anderem gestützt auf eine Umfrage unter seinen Mitgliedern – massive Umsatzeinbussen insbesondere bei Betrieben auf dem Land, wo die Impfquote geringer war als in der Stadt. GastroSuisse-Präsident Platzer sprach in dem Zusammenhang davon, dass der Bundesrat die Impfquote auf dem Buckel des Gastgewerbes steigern wolle; zumindest müsse der Bund die zusätzlichen Umsatzverluste durch Hilfsgelder entschädigen.
In der Folge äusserten nicht nur Medien öffentliche Kritik an Platzer – der Blick nannte ihn etwa «den Dauerempörten», für den «immer die Beizer die Opfer sind» –, sondern vermehrt auch Stimmen aus der Branche selbst. Dazu zählten etwa die Direktorin der Hotelfachschule Luzern Christa Augsburger, der langjährige Präsident des Zürcher Wirteverbands Ernst Bachmann und Präsidenten weiterer Kantonalverbände. Sie machten geltend, dass es auch im Sinn des Gastgewerbes sei, wenn die Zertifikatspflicht zu einer Reduktion der Fallzahlen führe; andernfalls drohe mit einem erneuten Lockdown ein weit schlimmeres Szenario. Ausserdem bedeute das «ewige Gejammer» einen Imageschaden für die Branche. Die Energie solle besser auf den Einsatz für angemessene Hilfsgelder konzentriert werden. Mit Blick auf die Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes im November, bei der sich die Diskussion vor allem um das Zertifikat drehte, beschloss GastroSuisse dann Stimmfreigabe. Hotelleriesuisse und der Schweizer Tourismusverband unterstützten die Vorlage hingegen, auch weil eine Zertifikatspflicht vielen Gästen – gerade auch aus dem Ausland – Sicherheit gebe.

Manche dieser Forderungen von GastroSuisse waren nicht nur intern umstritten, sondern wurden auch von den grossen Dachverbänden Economiesuisse und Schweizer Arbeitgeberverband (SAV) nicht geteilt. Zu Dissonanzen führte zunächst, dass die beiden Dachverbände im Februar einen Vorschlag für eine stufenweise Lockerung des Lockdowns vorlegten, der die Öffnung der Restaurants erst relativ spät, nach Impfung aller Risikopersonen, ansetzte. Economiesuisse begründete dies damit, dass man mit dem Plan ein «ausgewogenes» Konzept habe vorlegen wollen, «mit dem alle Planungssicherheit gewinnen». Ein erneuter Konflikt mit GastroSuisse entbrannte, als sich Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder im August für eine Zertifikatspflicht auch in Gastbetrieben aussprach. GastroSuisse und Hotelleriesuisse zeigten sich irritiert darüber, dass sie als direkt betroffene Branchenverbände von Economiesuisse vorgängig nicht einmal konsultiert worden seien.
Im Allgemeinen gaben sich Economiesuisse und SAV in ihren Positionen zur Pandemiepolitik vergleichsweise staatstragend und versuchten insbesondere auf mehr Planungssicherheit hinzuwirken. Zumindest in ihren öffentlich vorgetragenen Forderungen war ein gewisses Bestreben zu erkennen, auf Maximalforderungen zugunsten kurzfristiger Wirtschaftsinteressen zu verzichten und vielmehr eine nachhaltige, letztlich auch im Interesse der Wirtschaft liegende Pandemiebewältigung zu unterstützen. Im April handelten sich die beiden Verbände allerdings heftige Kritik ein, als sie davon sprachen, dass bis zu 30'000 Covid-19-Neuinfektionen pro Tag «verkraftbar» seien, sobald die Risikopersonen geimpft seien. Sie mussten diese Aussage in der Folge relativieren, hielten aber daran fest, dass sich die Massnahmen nach einer Impfung breiterer Bevölkerungsgruppen weniger an den Ansteckungszahlen und mehr an den Hospitalisationszahlen orientieren sollten. Ebenfalls im April forderten Economiesuisse und SAV eine Öffnung der Restaurantterrassen und die Umwandlung der Homeoffice-Pflicht in eine Empfehlung. Im Herbst befürworteten die beiden Dachverbände die Zertifikatspflicht, um drastischere Einschränkungen zu vermeiden, und vertraten diese Haltung auch im Abstimmungskampf über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes. Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder argumentierte in einem Gastbeitrag in der NZZ, das Zertifikat helfe «ein Stück Normalität im Alltag» zu ermöglichen und weitere Lockdowns zu vermeiden. Ausserdem erleichtere es den internationalen Reiseverkehr, was gerade für Geschäftsreisen wichtig sei. Ein Wunsch nach Planungssicherheit war auch in der Forderung von Economiesuisse und SAV vom Herbst zu erkennen, dass der Bund verbindlich erklären solle, ab welchen Impfquoten er einen Ausstieg aus den Massnahmen beschliessen werde. Der Bundesrat lehnte einen solchen Automatismus indessen ab, da die Entwicklung der Pandemie zu unberechenbar sei.

Der Gewerbeverband (SGV) gab wie der SAV und Economiesuisse bei beiden Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz die Ja-Parole heraus, markierte aber ansonsten grössere Distanz zu den Massnahmen des Bundes. So forderte er etwa bereits im April eine sofortige Öffnung aller damals aufgrund der zweiten Pandemiewelle geschlossenen Wirtschaftszweige. Als der Bundesrat Ende Juni die Homeoffice-Pflicht und das Testregime für Unternehmen aufhob, begrüsste der SGV dies, forderte aber weitergehende Schritte: So sollten etwa auch die Einschränkungen für Gruppengrössen in Restaurants und – von deutlich grösserer Tragweite – die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz aufgehoben werden. Die «Sonderrechte», welche die besondere Lage dem Bundesrat verschaffe, drohten gemäss SGV «die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten ins Unermessliche steigen» zu lassen. Der SGV drang mit dieser Forderung indessen nicht durch; wie die NZZ zu bedenken gab, hätte eine Aufhebung der besonderen Lage zur Folge, dass Massnahmen wie etwa die Maskenpflicht im ÖV oder Vorgaben für Veranstaltungen dann wieder den Kantonen obliegen würden, womit ein Flickenteppich uneinheitlicher Massnahmen drohen würde.

Arbeitgebendenverbände und Gewerkschaften zu Corona-Massnahmen

Für seine Verhältnisse ungewohnt aktiv war der Hauseigentümerverband (HEV) im Vorfeld der Abstimmung über die Änderung des Asylgesetzes, welche auf den 5. Juni 2016 datiert war und wogegen der Verband die Nein-Parole beschlossen hatte. Der HEV beschloss, eine eigene Kampagne gegen das neue Asylgesetz zu führen, unabhängig von der SVP, die gegen das Gesetz das Referendum ergriffen hatte. Dem HEV ging das Gesetz insofern zu weit, als das EJPD mit dem vorgesehenen Plangenehmigungsverfahren für die Unterbringung von Asylsuchenden nötigenfalls Enteignungen durchführen könnte. In einem offenen Brief, adressiert an Bundesrätin Simonetta Sommaruga, wollte der Verband im April 2016 wissen, wann Enteignungen zur Anwendung kommen und ob konkret mit solchen gerechnet werden müsse. Im Antwortbrief, der auch auf der Webseite des EJPD veröffentlicht wurde, hielt Sommaruga fest, dass es „keinen einzigen Standort“ für die geplanten Bundesasylzentren gebe, an dem eine Enteignung in Betracht gezogen werde. Alle für die Umsetzung des neuen Asylgesetzes vorgesehenen Bundeszentren würden sich entweder bereits im Besitz des Bundes bzw. der Kantone befinden oder durch den Bund noch erworben oder gemietet werden. Zudem wies sie den HEV darauf hin, dass das Enteignungsrecht als ultima ratio auch im Bereich des Verkehrs, der Stromversorgung und des Militärs Anwendung findet. Diese Worte vermochten den HEV-Präsidenten Hans Egloff nicht zu überzeugen. „Das Eigentum gerät zunehmend in Gefahr, auch durch dieses Gesetz“, sagte er gegenüber dem Tages-Anzeiger. Daher hielt der Verband an seiner Nein-Parole und der damit einhergehenden Kampagne fest.
Weil der HEV das Enteignungsrecht des Bundes in anderen Bereichen bisher nicht in Frage gestellt hatte, warfen ihm der ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Strahm und der emeritierte Staatsrechtsprofessor Georg Müller vor, SVP-Politik zu betreiben. Egloff bestritt dies und verwies darauf, dass nicht er, sondern der Vorstand die Parole gegen die Asylreform gefasst habe und dieser aus deutlich mehr Vertretern der CVP und der FDP bestehe als aus Vertretern der SVP.

Der Hauseigentümerverband führte eine eigene Kampagne gegen das neue Asylgesetz

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) ergriff im Januar das Referendum gegen die Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG). Mit dem neuen Gesetz würde die Höhe der Billag-Gebühr für Unternehmen nicht mehr pauschal, sondern entsprechend der Höhe des erwirtschafteten Umsatzes festgelegt. Gemäss dem SGV müssten die Unternehmen dadurch jährlich CHF 200 Mio. anstatt CHF 40 Mio. bezahlen. Jean-François Rime, Präsident des SGV, sagte gegenüber der Tribune de Genève, dass er mit dem neuen Gesetz für seine Unternehmen Billag-Gebühren in der Höhe von CHF 4'500 bezahlen müsste, anstatt wie bisher CHF 700 bis 800. Jedoch wären den Erläuterungen des Bundesrates zugfolge vor allem grosse Unternehmen von der Revision betroffen. Rund drei Viertel der KMU, jene mit einem Umsatz unter CHF 500'000, müssten unter dem geänderten Gesetz keine Billag-Gebühren mehr bezahlen. Ironischerweise beschloss Economiesuisse, deren Mitglieder durch die Gesetzesänderung stärker zur Kasse gebeten würden, die Ja-Parole zum geänderten RTVG. Auch der SGV trat keineswegs geschlossen gegen das neue RTVG an; Gastrosuisse etwa, der Dachverband für Hotellerie und Restauration, war für die Einführung des neuen Gesetzes. Wann immer Hans-Ulrich Bigler, Direktor des SGV, gefragt wurde, wieso dem Verband die Bekämpfung des neuen RTVG so wichtig sei, verwies er auf die Verbandsstrategie, die vor sieben Jahren angepasst worden war und sich grundsätzlich gegen neue Steuern, Gebühren und Abgaben richtet. „Also müssen wir dagegen kämpfen, wenn man die Wirtschaft stärker belasten will“, wurde er im Tages-Anzeiger zitiert. Gegenüber der NZZ sagte Bigler, dass er seit seiner Wahl zum Direktor des SGV im Jahr 2008 den Verband zur Referendumskultur zurückführen und wieder zu jener Kampforganisation aufbauen wolle, die der SGV in den 1980er Jahren gewesen sei.

Was Bigler unter kämpfen versteht, zeigte sich in den drei Monaten vor der Referendumsabstimmung, die auf den 14. Juni angesetzt war. Die Kampagne des SGV wurde von diversen Politikern und Medien als gehässig aufgefasst und bediente sich teilweise unlauterer Mittel (siehe Abstimmungskampf zur RTVG-Vorlage). In den Medien kam der Verdacht auf, Bigler wolle sich mit der aggressiv geführten Kampagne insbesondere im Hinblick auf die Nationalratswahlen im Herbst profilieren. Der 57-Jährige war bereits 2011 als Nationalratskandidat auf der Zürcher FDP-Liste angetreten, hatte die Wahl aber als siebter von vier gewählten Zürcher FDP-Nationalräten verpasst. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, das RTVG-Referendum für seine Nationalratskandidatur zu instrumentalisieren: Die Abstimmungskampagne sei im Team entwickelt worden und nicht von ihm alleine, zudem hätte man die Kampagne in einem Nicht-Wahljahr genau gleich geführt. Der SGV verlor die Referendumsabstimmung im Juni, wenn auch äusserst knapp. Bigler wurden aber gute Chancen auf einen Nationalratssitz ausgerechnet, weil er mittlerweile erster Ersatzmann auf der FDP-Liste war und weil der Zürcher FDP ein Sitzgewinn zugetraut wurde. Tatsächlich schaffte Bigler im Herbst den Sprung in den Nationalrat: Er rutschte nach, nachdem Ruedi Noser im zweiten Wahlgang in den Ständerat gewählt worden war.

Der Gewerbeverband ergriff das Referendum gegen das neue RTVG

Das Gastgewerbe hatte im Berichtsjahr weiter unter der weltweiten Wirtschaftskrise zu leiden. Hotelleriesuisse, der Dachverband der Schweizer Hotelbranche, stiess sich hauptsächlich an der Frankenstärke und den hohen Nahrungsmittelpreisen in der Schweiz. Er verlangte deswegen die Einführung des Agrarfreihandels, was laut Berechnungen einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie zu Preissenkungen von 2,4 bis 4,7% führen würde. Mit dieser Forderung eckte der Verband jedoch beim SBV und den Bauern generell an, welche sonst in vielen Bereichen mit der Tourismusbranche zusammenspannen. Bundespräsidentin Widmer-Schlumpf anerkannte an der Delegiertenversammlung von Hotelleriesuisse die Probleme der Branche. Sie plädierte aber für Qualität, Swissness und Freundlichkeit statt billigem Massentourismus. Auch der Gastrobranche machte der starke Franken, in Kombination mit dem national eingeführten Rauchverbot und der erhöhten Mehrwertsteuer zu schaffen. Gastrosuisse gab an, dass Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2011 CHF 1.9 Mia. weniger für auswärtiges Essen und Trinken ausgegeben hätten, was einer Abnahme von 7% gegenüber dem Vorjahr entspreche.

Frankenstärke

Im April demonstrierten rund 3000 Wirte gegen die Ungleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer. Während Detailhändler und Take-aways von einem reduzierten Satz von 2.4% profitierten, müssten Restaurants ihr Angebot mit dem Normalsatz von 7.6% versteuern. Die Demonstration wurde mit der Lancierung einer Initiative verknüpft, mit welcher dieser Wettbewerbsnachteil beseitigt werden soll.

Wirte

Die SVP verstärkte zu Jahresbeginn ihre Kritik an der Politik des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV). Unmittelbar vor einer Aussprache zwischen der SGV-Spitze und gewerbenahen SVP-Politikern warf sie in ihrem Pressedienst dem Verbandspräsidenten Edi Engelberger (fdp, NW) vor, die Interessen des Gewerbes namentlich in Fragen der Sozialpolitik und der Wettbewerbspolitik nicht gut vertreten, wenn nicht gar verraten zu haben und generell zu kompromissbereit aufzutreten. Grundsätzlich werde die Ausrichtung des SGV zu sehr von Politikern der FDP und der CVP bestimmt. Mit ihrem Nationalrat Jean-François Rime (FR) brachte die SVP auch einen möglichen Gegenkandidaten für die Präsidentenwahl vom Frühjahr ins Gespräch. Für den Fall, dass der SGV nicht auf die Forderungen der SVP eingehe, drohte Nationalrat Füglistaller (svp, AG) mit der Gründung einer Konkurrenzorganisation. Der SGV gab der SVP in Bezug auf die personelle Untervertretung in seinen Organen recht. Zu diesem Zeitpunkt gehörte nur eines der elf Vorstandsmitglieder der SVP an. Er machte aber die SVP dafür mitverantwortlich, da sich ihre Vertreter zu wenig in den Branchenverbänden engagieren würden. Die Kritik an seiner Politik wies der SGV jedoch energisch zurück. Nach der Aussprache mit den SVP-Vertretern konzedierte die Verbandsleitung, dass die SVP im Vorstand des SGV besser vertreten sein sollte. Zudem einigte man sich auch darauf, dass die SVP die Wiederwahl des 68-jährigen Präsidenten Engelberger nicht bekämpft, dass er aber 2010 vorzeitig von seinem Amt zurücktreten wird. Da die letzten drei Präsidenten aus der FDP und CVP stammten, soll nach Aussage Engelbergers dann jemand von der SVP zum Zuge kommen. Nicht einverstanden mit diesen personalpolitischen Absprachen zeigte sich die CVP. Sie monierte ebenfalls eine Untervertretung und kritisierte zudem die wirtschafts- und gewerbefeindliche Politik der SVP im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit. Der Gewerbekongress vom 30. Mai in Freiburg bestätigte Engelberger in seinem Amt bis 2010. In den von elf auf dreizehn Mitglieder erweiterten Vorstand wurden sechs Neue gewählt, davon vier Bundesparlamentarier. Zwei von diesen gehören der SVP, je einer der CVP und der FDP an.

Schweizerischen Gewerbeverbandes Forderungen der SVP

Mit der Ablehnung der Mutterschaftsversicherung in der Volksabstimmung konnte der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) 1987 einen weiteren referendumspolitischen Erfolg erzielen. Es handelte sich dabei – nach dem Raumplanungsgesetz, dem Hochschulförderungsgesetz und der Innovationsrisikogarantie – um die vierte Vorlage, die seit 1976 vom SGV mit dem Referendum zu Fall gebracht worden war. Dass er damit einen von bürgerlichen Parlamentariern eingebrachten Lösungsvorschlag torpedierte, stellte ein Indiz für das teilweise recht spannungsreich gewordene Verhältnis zwischen dem SGV und den bürgerlichen Parteien dar. Weitere Anlässe für derartige Konflikte bestehen namentlich in der Umwelt- und in der Verkehrspolitik und dürften in Zukunft noch bedeutsamer werden. Dabei geht es nicht nur um die Ablehnung einzelner Massnahmen, sondern auch um grundsätzliche Fragen. So sagte der SGV der Einführung von umweltpolitischen Lenkungssteuern grundsätzliche Opposition an und stellte sich damit gegen die Freisinnigen, welche diesem Instrument im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung grosses Gewicht beimessen.

Referendumspolitische Erfolge des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV)