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In beiderseitigem Einverständnis und ohne Diskussionen wurde von beiden Kammern im Rahmen der Verfassungsrevision beim Artikel über die Fortpflanzungsmedizin und die Gentechnologie beim Menschen (Art. 119) zusätzlich ein Verbot des Klonens aufgenommen. Ein Antrag von Felten (sp, BS) im Nationalrat, der auch ein Verbot der Patentierung von menschlichen Organen, Geweben, Zellen, Genen und Gensequenzen festschreiben wollte, wurde mit 77 zu 60 Stimmen abgelehnt.

Gesundheit und Medizin in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Art. 105 der nachgeführten Bundesverfassung (zuvor Art. 96) befasst sich mit den Kompetenzen des Bundes im Bereich der gebrannten Wasser. Auf vielfältigen Wunsch in der Vernehmlassung hatte der Bundesrat in seinem Vorschlag neben einem ersten Satz über die Zuständigkeiten der Eidgenossenschaft in den Bereichen Einfuhr, Herstellung, Reinigung und Verkauf noch einen zweiten Satz eingefügt, der stipuliert, dass der Bund insbesondere den schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums Wirkung trägt. Das Parlament stimmte dem zu.

Gesundheit und Medizin in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Art. 121 der revidierten Bundesverfassung (zuvor Art. 112) behandelt Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer. Gemäss Vorschlag des Bundesrates wird in Abs. 1 gesagt, dass die Gesetzgebung über die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern sowie über die Gewährung von Asyl Sache des Bundes ist. Während dieser Absatz im Ständerat unbestritten war, beantragte eine rechtsbürgerliche Minderheit im Nationalrat eine Aufteilung in zwei Absätze. Bei den Bestimmungen über die Ausländer hielt sich der Vorschlag an den Text des Bundesrates. Die Asylerteilung sollte hingegen verschärft formuliert werden. Insbesondere wollte die Minderheit sagen, dass die Schweiz im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verfolgten und an Leib und Leben gefährdeten Ausländern und Ausländerinnen Asyl erteilt, soweit es für das Land tragbar ist. Bundesrat Koller bat den Rat, diesen Antrag abzulehnen, da damit der heute international massgebende Flüchtlingsbegriff über die Verfassung eingeschränkt würde. Der Antrag wurde ohne eigentliche materielle Diskussion mit 123 zu 25 Stimmen deutlich verworfen.

In Abs. 2 sollte nach den Vorstellungen des Bundesrates gesagt werden, dass der Bund Ausländer und Ausländerinnen aus der Schweiz ausweisen kann, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden. Auf Antrag ihrer Kommissionen stimmten beide Kammern einer Ausdehnung der Zuständigkeiten zu. Im definitiv angenommenen Absatz steht nun, dass Ausländerinnen und Ausländer ausgewiesen werden können, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden; damit erhalten die Kantone die Möglichkeit, ebenfalls aktiv zu werden. Die bereits bei Abs. 1 aktive Minderheit strebte auch hier eine Verschärfung an, indem die Kann- durch eine Mussformulierung ersetzt werden sollte. Koller bat den Rat erneut um Ablehnung, da eine zwingende Formulierung dem Non-refoulement-Prinzip widersprechen würde. Der Antrag unterlag mit 121 zu 32 Stimmen.

Migrations- und Asylpolitik in revidierter Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die in den letzten Jahren entbrannte Diskussion um die arbeitsrechtliche Stellung des 1. August wollte der Bundesrat in seinem Vorschlag zur revidierten Bundesverfassung insofern umschiffen, als er in Art. 110 Abs. 3 lediglich sagen wollte, der Bundesfeiertag sei arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt. Damit wäre die heikle Frage der Lohnzahlungspflicht auf ein künftiges Bundesgesetz verschoben worden. Eine Übergangsbestimmung sollte den Bundesrat ermächtigen, die Einzelheiten bis zur Inkraftsetzung der entsprechenden Bundesgesetzgebung zu regeln.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung vom Bundesrat beantragte Verzicht auf obligatorische Volksabstimmungen über Gebietsveränderungen zwischen Kantonen passierte im Ständerat diskussionslos. Im Nationalrat kam es hingegen zu einer kleinen jurapolitischen Kontroverse. Rennwald (sp, JU) hatte verlangt, dass das Erfordernis der Zustimmung durch die beteiligten Kantone und die betroffene Region gestrichen wird, und die Bundesversammlung die Prozedur für Gebietsveränderungen im Einzelfall festlegt. Sein Ansinnen wurde mit 80:55 Stimmen abgelehnt. Keinen Erfolg hatte aber auch der Bernjurassier Schmied (svp), der mit der Forderung nach einem zustimmenden absoluten Mehr der Stimmberechtigten in der betroffenen Region die Hürden für einen Kantonswechsel erhöhen wollte. Mit dieser Verfassungsänderung konnte auch die 1996 gutgeheissene Standesinitiative des Kantons Jura (Kt.Iv. 95.306) abgeschrieben werden.

Föderalismus in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Neues Verfahren bei Veränderungen von Kantonsgebieten
Dossier: Politische Aufwertung der Stadtgebiete
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Bei den Beratungen der Totalrevision der Bundesverfassung nahm der Ständerat und nach ihm auch der Nationalrat einen neuen Artikel über die Statistik auf. Diese formelle zusätzliche Bundeskompetenz, die in der Praxis längst realisiert ist, sich aber in der Regel nur auf Gesetze (z.B. über die Konjunkturpolitik) abstützt, war unbestritten und auch in der Botschaft des Bundesrates, allerdings nicht im Verfassungsentwurf selbst enthalten gewesen. Neben der Kompetenzzuweisung zur Durchführung von statistischen Erhebungen ermächtigt der Artikel den Bund auch, Vorschriften über die einheitliche Führung von amtlichen Registern zu erlassen.

Statistik in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Rahmen der Beratung der Totalrevision der Bundesverfassung (BRG: 96:091) beantragte Vallender (fdp, AR), dass kantonale Verträge mit dem Ausland nicht mehr der Genehmigungspflicht durch den Bund unterstellt sind. Dieser Vorschlag konnte sich im Nationalrat und anschliessend auch im Ständerat durchsetzen. In Zukunft müssen derartige Abkommen – welche den Interessen des Bundes sowie der anderen Kantone freilich nicht widersprechen dürfen – dem Bund nur noch zur Kenntnis gebracht werden.

Keine Genehmigungspflicht durch den Bund bei kantonalen Verträgen mit dem Ausland
Dossier: Kantonale Verträge mit dem Ausland

Dans le cadre de la mise à jour de la Constitution fédérale, les articles concernant la politique étrangère ont subi un certain toilettage. Les rectifications opérées par le parlement ont avant tout concerné le rôle des cantons. Désormais, le nouveau texte mentionne explicitement que «les cantons sont associés à la préparation des décisions de politique extérieure affectant leurs compétences ou leurs intérêts essentiels». De plus, alors que l’ancien texte n’accordait qu’«exceptionnellement» au cantons le droit de conclure des traités avec les Etats étrangers, il les autorise dorénavant à le faire dans les domaines de leur compétence. De façon similaire, si les cantons étaient auparavant autorisés à «correspondre» directement avec les autorités inférieures de l’étranger, il sont maintenant habilités à «traiter». Ces modifications concernant la politique étrangère n’ont provoqué que peu de discussions au parlement. Toutefois, une proposition Schlüer (udc, ZH) qui voulait encrer dans le texte la préservation de la neutralité en plus de la préservation de l’indépendance a été rejetée par le Conseil national par 104 voix contre 22. La chambre du peuple a également refusé par 86 voix contre 48 une proposition de majorité de sa commission, malgré un large soutien de la gauche. Cette suggestion visait à conférer au parlement la compétence de déterminer les buts fondamentaux de la politique extérieure et pas seulement de collaborer à son élaboration.

La politique étrangère dans la nouvelle Constitution fédérale (MCF 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung waren sich beide Kammern einig, in Art. 71 dem Bundesrat beim ersten Absatz, wonach der Bund die Schweizer Filmproduktion und Filmkultur fördern kann, zu folgen, nicht aber in Abs. 2, wo die Landesregierung ihre Kompetenzen im Bereich des Imports, des Verleihs sowie der Eröffnung und Umwandlung von Kinos festschreiben wollte. Stattdessen wurde übereinstimmend gesagt, dass der Bund Vorschriften zur Förderung der Vielfalt und der Qualität des Filmangebots erlassen kann.

Kunst und Kultur in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Dem Nationalrat lag ebenfalls ein rechtsbürgerlicher Streichungsantrag vor, der mit 91 zu 67 Stimmen verworfen wurde. Ein weiterer Antrag, der weitgehend die gleichen Abgeordneten wie der Streichungsantrag auf sich vereinigte, wollte das Recht auf Streik nicht gewährleisten, sondern nur erklären, Streiks seien unter den im Bundesratsentwurf genannten Bedingungen zulässig. Diese Verwässerung des Grundsatzes passte der Linken nicht, weshalb sie einen Antrag Rechsteiner (sp, SG) und einen Eventualantrag Rennwald (sp, JU) einreichte, welche – zumindest auf Verfassungsebene – das Streikrecht ohne Einschränkungen festschreiben wollten; gemäss Rennwald sollte allenfalls der Gesetzgeber jene öffentlichen Dienste bezeichnen, in denen das Streikrecht eingeschränkt ist. Zu Beginn der Eintretensdebatte erklärte Jutzet (sp, FR) im Namen seiner Fraktion, für die Sozialdemokraten sei die Verankerung des Streikrechts «eine Bedingung sine qua non»; ohne Streikrecht könne die SP die neue Verfassung nicht akzeptieren. Nach mehreren Eventualabstimmungen, in denen sowohl die Anträge der Linken wie der Rechten abgelehnt wurden, setzte sich schliesslich die Zustimmung zum Bundesrat durch.

Streikrecht in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Oppositionslos nahmen die Kammern das aus internationalen Abkommen, insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention resultierende Non-refoulement-Verbot, welches besagt, dass niemand in einen Staat ausgeschafft werden darf, in dem ihm Verfolgung, Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht, explizit in die neue Bundesverfassung auf (Art. 25).

Migrations- und Asylpolitik in revidierter Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Diskussionslos nahm der Ständerat im Rahmen der nachgeführten Bundesverfassung Art. 21 an, wonach die Kunstfreiheit gewährleistet ist. Bundesrat und Kommission wiesen darauf hin, dass die freie Ausübung der Kunst zwar vom Bundesgericht nicht als ungeschriebenes Verfassungsrecht anerkannt worden ist, dass sie aber den von der Schweiz ratifizierten Konventionen der UNO und des Europarates entspricht. Der Nationalrat stimmte ebenfalls zu. Ein von der SP unterstützter Antrag Thür (gp, AG), neben der Freiheit der Kunst auch jene der Kultur verfassungsrechtlich zu verankern, wurde mit 95 zu 57 Stimmen abgelehnt, weil es sich – nach den Worten von Bundesrat Koller – bei der Freiheit der Kultur, einem extrem weiten und nicht abschliessend definierten Begriff, nicht um einen selbständigen, direkt einklagbaren und verfassungsmässig zu schützenden Gegenstand handeln kann. Die in letzter Zeit geänderten Kantonsverfassungen und die internationalen Instrumente zeigten denn auch, dass diese zwar die Freiheit der Kunst, nicht aber jene der Kultur garantieren.

Kunst und Kultur in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Bei der Beratung über die neue Bundesverfassung war in beiden Kammern der Vorschlag des Bundesrates, die Sprachenfreiheit im Grundrechtskatalog (Art. 18) zu verankern, unbestritten. Zuhanden der Materialien präzisierte der Ständerat aber, dass auch dieses Grundrecht, das in erster Linie das Recht auf Gebrauch der Muttersprache im privaten Rahmen meint, gewissen Schranken unterstellt ist. Im Verhältnis zum Staat besteht die gewichtigste Einschränkung in den vorgeschriebenen Amtssprachen des Bundes, des Kantons, des Bezirks oder der betreffenden Gemeinde.

Amtssprachen und Sprachenfreiheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die neue Bundesverfassung wird die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16) explizit aufführen – als das Recht umschrieben, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten. Die Beschränkung des Informationszuganges auf allgemein zugängliche Quellen bedeutet, dass es die Bundesversammlung ablehnte, amtliche Akten grundsätzlich für öffentlich zu erklären. In der grossen Kammer beantragte Nationalrat Jutzet (sp, FR) die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung. Der Antrag wurde aber als über eine Nachführung der Verfassung hinausgehende Neuerung abgelehnt. Die in der bestehenden Verfassung in Art. 55 verankerte Pressefreiheit wurde zur Medienfreiheit (neu Art. 17) ausgedehnt, die auch Radio und Fernsehen sowie die neuen Medien umfasst. Für die traditionellen elektronischen Medien dürfte dies praktisch wenig ändern, da der heutige Radio- und Fernsehartikel (bisher Art. 55bis BV) fast wörtlich übernommen wurde (neu Art. 93). Eine eigentliche Neuerung stellt die Gewährleistung des Redaktionsgeheimnisses auf Verfassungsebene im neuen Art. 17 dar. Der Ständerat hatte das Redaktionsgeheimnis nicht als unbeschränktes Grundrecht, sondern nur im Rahmen einer auf Gesetzesstufe vorzunehmenden Regelung geltendes Recht formuliert. Der Nationalrat konnte sich mit dieser Einschränkung nicht einverstanden erklären und setzte sich in der Differenzbereinigung schliesslich durch. Bundesrat Koller hatte hierbei darauf verwiesen, dass auch die Grundrechte nicht unbeschränkt seien, sondern gemäss Art. 32 auf gesetzlichem Weg zur Wahrung des öffentlichen Interesses oder der Grundrechte Dritter eingeschränkt werden können.

Beschränkung des Informationszuganges auf allgemein zugängliche Quellen Medienfreiheit Gewährleistung des Redaktionsgeheimnisses

Bei der Verfassungsrevision trug der Bundesrat in seinen Vorschlägen der neueren Rechtssprechung des Bundesgerichtes und den Aufforderungen einer Nationalratskommission Rechnung und beantragte, in Art. 12 unter dem Titel «Recht auf Existenzsicherung» das 1995 von Lausanne bestätigte ungeschrieben Verfassungsrecht aufzunehmen, wonach jede Person in Not Anspruch auf Hilfe und Betreuung sowie die Mittel hat, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. Der Ständerat wandelte den Titel in ein «Recht auf Hilfe in Notlagen» ab und relativierte den Anspruch mit dem Zusatz, dass jemand nur dann Anspruch auf diese Unterstützung hat, wenn er «in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen». Damit sollte deutlich gemacht werden, dass es sich um ein Recht auf Existenzminimum handelt, keinesfalls aber um die Einführung eines Anspruchs auf konkret zu beziffernde Leistungen im Sinn eines garantierten Mindesteinkommens. Aeby (sp, FR) beantragte vergeblich, bei der Formulierung des Bundesrates zu bleiben, da ein Abweichen davon als Zeichen dafür gewertet werden könnte, dass man in diesem Bereich der Grundrechte eine weniger absolute Garantie anstrebe als etwa beim Recht auf Ehe oder beim Recht auf Gewissensfreiheit. Trotz Unterstützung des Bundesrates, der die gleiche Sicht der Dinge vertrat, unterlag Aeby deutlich mit 29 zu 6 Stimmen. Im Nationalrat obsiegte die Version des Ständerates mit 101 zu 61 Stimmen klar gegen einen links-grünen Antrag, der – mit Ausnahme des Titels – dem Vorschlag des Bundesrates folgen, die vorgesehenen Leistungen aber unter dem über das eigentliche Existenzminimum hinausgehenden Begriff der Sozialhilfe subsummieren wollte.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Eine Minderheit aus den Reihen der SP erreichte, dass der Nationalrat einen eigenständigen Artikel über die Rechte der Kinder und Jugendlichen in den Grundrechtskatalog der revidierten Verfassung aufnahm (Art. 11). Vergeblich warnte Bundesrat Koller, die vorerst gewählte Formulierung, wonach Kinder und Jugendliche Anspruch auf eine harmonische Entwicklung und auf den Schutz haben, den ihre Situation als Minderjährige erfordert, sei juristisch nicht umsetzbar, da kein Gericht einen so vagen Begriff wie die harmonische Entwicklung in einen Leistungsanspruch ummünzen könne; die physische und psychische Integrität der Kinder und Jugendlichen sei durch die Bestimmungen von Art. 10 (Recht auf Leben und persönliche Freiheit) zudem ohnehin garantiert. Den Vertretern des rechtsbürgerlichen Lagers stiess vor allem der zur Diskussion stehende zweite Absatz dieses neuen Verfassungsartikels auf, wonach die Kinder und Jugendlichen ihre Rechte im Rahmen ihrer Fähigkeiten selber ausüben. Keller (sd, BL) malte gar das Schreckgespenst eines Keils zwischen den Generationen und von Kindern an die Wand, die beim Richter gegen Vater und Mutter klagen. Die Zustimmung erfolgte nur knapp mit 73 zu 67 Stimmen.

Rechte von Kindern und Jugendlichen in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Ständerat machte Cavadini (lp, NE) in der Eintretensdebatte zur Revision geltend, die Feminisierung des Textes sei im Französischen nur auf Kosten der sprachlichen Qualität zu erreichen und im Italienischen völlig undenkbar. Dem hielt Aeby (sp, FR) entgegen, es gebe in der französischen Sprache durchaus Möglichkeiten, dem legitimen Anliegen der Frauen Rechnung zu tragen. Brunner (sp, GE) stellte den Antrag auf eine geschlechtsneutrale Formulierung in der Detailberatung von Art. 8. Sie meinte, der Geist der neuen Verfassung, der sich auch in den verwendeten Begriffen ausdrücke, dürfe nicht vom Diktat ehemals reiner Männergremien (Académie Française) diktiert werden. Mit ihrem Einverständnis wurde die Frage auf später verschoben und die Redaktionskommission gebeten, entsprechende Textvorschläge zu unterbreiten. Im Nationalrat stellten Parlamentarierinnen aus der SP die gleiche Forderung für die französische und die italienische Ausgabe der Verfassung. Auch hier wurden die beiden romanischen Texte der Redaktionskommission zugewiesen. Zu einer parlamentarischen Debatte über die schliesslich gefundene Lösung kam es nicht. In der definitiven Fassung der neuen Verfassung sind die französischen und italienischen Formulierungen aber soweit als möglich geschlechtsneutral .

Gleichstellung und Schutz vor Diskriminierung in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Vorstösse für eine geschlechtergerechte Sprache in der Politik und Verwaltung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Nationalrat wurde der Antrag Spoerry von einer rechtsbürgerlichen Minderheit unter Fischer (svp, AG) eingebracht und zwar in der Form der Zusammenfassung beider Absätze in einen Abs. 1. Da zu diesem Alinea SP-Anträge für eine geschlechtsneutrale Formulierung auch im Französischen und Italienischen eingereicht waren, diese Frage aber generell erst vor Abschluss der Gesamtberatung geregelt werden sollte, wurde die Diskussion darüber verschoben – und angesichts der weiteren Beschlüsse der Räte gar nicht mehr aufgenommen. Gegen einen Antrag Leuba (lp, VD), der dem Ständerat beim ganzen Artikel folgen wollte, nahm der Nationalrat mit 101 zu 55 Stimmen den Antrag seiner Kommission zu Abs. 2 an und fügte so die Begriffe der Lebensform und der psychischen Behinderung ein. Zwei Minderheitsanträge vor allem aus den Reihen der SP, welche einerseits die geschlechtliche Orientierung und den Zivilstand, anderseits das Alter ausdrücklich erwähnen wollten, wurden nach ausgiebiger Diskussion mit 85 zu 70 resp. 86 zu 69 Stimmen verworfen.

Gleichstellung und Schutz vor Diskriminierung in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Vorstösse für eine geschlechtergerechte Sprache in der Politik und Verwaltung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Während die Anrufung Gottes in der Präambel der revidierten Bundesverfassung im Ständerat oppositionslos genehmigt wurde, führte dies im Nationalrat zu einem ersten Schlagabtausch zwischen den politischen Lagern. Im Namen einer Kommissionsminderheit stellte Gross (sp, ZH) den Antrag, die Gottesanrufung sei zu streichen. Er machte geltend, diese sei zu einer Floskel geworden und vermöge einer modernen Verfassung nicht mehr zu genügen. Gross schlug vor, im ersten Satz lediglich die von der Verfassungskommission zusätzlich vorgeschlagene (und vom Rat auch eingefügte) «Verantwortung gegenüber der Schöpfung» zu erwähnen. Seine Argumentation stiess auf massiven Widerspruch. Fritschi (ZH) warnte namens der FDP-Fraktion davor, ausgerechnet das traditionellste aller traditionellen Elemente aus der Verfassung zu kippen. Er meinte, das wäre ein kontraproduktives Vorgehen, welches in der Volksabstimmung zur sicheren Ablehnung der ganzen Verfassungsreform führen würde. Föhn (SZ) verwies für die SVP darauf, dass die Schweiz ein Teil des christlichen Abendlandes sei und eine Anrufung Gottes deshalb nie eine Floskel sein könne. Als Vertreter der CVP warnte Durrer (OW) davor, mit der christlichen Tradition zu brechen und eine neue Wertordnung zu schaffen. Unterstützung fanden die Gegner des Antrags bei Bundesrat Koller. Mit der Anrufung Gottes werde eine alte Tradition fortgesetzt, die in der Vernehmlassung auf ein überaus positives Echo gestossen sei. Die Verankerung von «Gott dem Allmächtigen» sollte laut Koller klarmachen, dass eine höhere Macht über Mensch und Staat steht. Nachdem mehrere Eventualanträge, die zumindest eine Lockerung der Formulierung verlangten, keine Mehrheit gefunden hatten, wurde der Antrag Gross mit 105 zu 53 Stimmen klar abgelehnt.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung entschied sich der Ständerat für die Einführung einer auf den konkreten Anwendungsfall beschränkten Verfassungsgerichtsbarkeit; der Nationalrat lehnte dies hingegen ab . Im Bereich der Gesetzgebung wurde die heute übliche Praxis, bei allen wichtigen Erlassen ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen, in den Rang einer Verfassungsvorschrift erhoben (Art. 147 BV). Ebenfalls im Rahmen dieser Verfassungsreform beschloss das Parlament die Aufhebung der Bestimmung, dass in Nationalrat, Bundesrat und Bundesgericht keine Personen geistlichen Standes (also amtierende Pfarrer und Priester und Angehörige klösterlicher Gemeinschaften) wählbar sind. Die absolute Unvereinbarkeit von Anstellungen beim Bund mit einem Nationalratsmandat wurde ebenfalls aufgehoben; die neue Verfassung weist entsprechende Unvereinbarkeitsregeln (etwa für Chefbeamte) der Gesetzesstufe zu.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Einen weiteren «alten Zopf» aus dem Kulturkampf wollte der Bundesrat im Sinn der Nachführung auch in Artikel 143 beibehalten, der die Wählbarkeitsvoraussetzungen für den Nationalrat, den Bundesrat und das Bundesgericht definiert. Nach Auffassung des Bundesrates sollten dafür nur Stimmberechtigte «weltlichen Standes» in Frage kommen, also weiterhin keine amtierenden Priester und Pfarrer sowie keine Angehörigen klösterlicher Gemeinschaften. In beiden Kammern beantragten die Kommissionen einstimmig, dass alle Stimmberechtigten in diese Gremien gewählt werden können; ihrer Ansicht nach handelte es sich hier um eine unbestrittene Änderung, da damit die Diskriminierung der Geistlichen aller grösserer Religionen aufgehoben wird. Im Nationalrat wies Bundesrat Koller darauf hin, dass diese Streichung über die eigentliche Nachführung hinausgeht, widersetzte sich ihr aber nicht, zumal damit ein Rechtszustand hergestellt wird, der auch in Übereinstimmung mit Art. 25 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ist, der ganz klar einen diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Ämtern gewährleistet. Beide Kammern stimmten der Streichung stillschweigend zu.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Der Ständerat machte sich in der Frühjahrssession an die Beratung des Teils C der Verfassungstotalrevision, der Reform der Justiz. Im wesentlichen ging es dabei um Verfassungsgrundlagen für drei Ziele: die Stärkung der Leistungsfähigkeit des Bundesgerichts durch die Einführung von Vorinstanzen und Zugangsbeschränkungen, der Ausbau des Rechtsschutzes durch eine allgemeine Rechtsweggarantie und durch die Einrichtung einer eingeschränkten Verfassungsgerichtsbarkeit und schliesslich die Vereinheitlichung des kantonalen Zivil- und Strafprozessrechts. Die Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, die ja auch von verschiedenen Standesinitiativen gefordert worden war, blieb unbestritten. Ausgiebig debattiert wurde hingegen über die von Bundesrat und Kommission vorgeschlagene Verfassungsgerichtsbarkeit, welche dem Bundesgericht erlauben soll, im konkreten Anwendungsfall zu überprüfen, ob ein Bundesgesetz oder ein allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss mit den verfassungsmässigen Grundrechten und dem Völkerrecht übereinstimmt resp. die verfassungsmässigen Rechte der Kantone nicht verletzt. Bruno Frick (cvp, SZ) lehnte im Namen der Kommissionsminderheit diesen Vorschlag ab. Damit würde das Gericht zur obersten politischen Instanz gemacht, was dem schweizerischen Demokratieverständnis, wo dem Volk diese Funktion zukommt, widerspräche. Für die Befürworter waren diese Befürchtungen, die namentlich auch von Carlo Schmid (cvp, AI) vorgetragen wurden, übertrieben, da ja die Verfassungsnormen, deren Einhaltung das Bundesgericht kontrollieren soll, weiterhin vom Volk bestimmt würden und zudem das Bundesgericht diese Normenkontrolle bei kantonalen Gesetzen bereits seit 1874 ausübt. Mit einer relativ knappen Mehrheit (19:14) stimmte der Rat dem Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit zu.

In der ebenfalls heftig umstrittenen Frage der Einführung von Zugangsbeschränkungen hatte die Kommission anfangs Jahr eine Kompromissformel ausgearbeitet. Diese sieht vor, dass der Zugang zum Bundesgericht grundsätzlich garantiert ist, auf dem Gesetzesweg für «Streitigkeiten, die keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen» aber besondere Zugangsvoraussetzungen geschaffen werden können. Mit dieser Formel konnte sich auch der Sozialdemokrat Aeby (FR) einverstanden erklären. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat das Reformpaket Justiz mit 26:1 Stimmen an.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

In der im Berichtsjahr vom Parlament verabschiedeten totalrevidierten Bundesverfassung wurden auch die Grundzüge der schweizerischen Wirtschaftsverfassung verständlicher und transparenter dargestellt. Der bisherige Ausdruck der Handels- und Gewerbefreiheit wurde durch den umfassenderen Begriff Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) ersetzt. Dieser Freiheit hat den Status eines individualrechtlich durchsetzbaren Grundrechtes und bedeutet „insbesondere die freie Wahl eines Berufs sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung“. Ebenfalls zu den Grundrechten zählt die Eigentumsgarantie, bei welcher festgehalten ist, dass Enteignungen oder Eigentumsbeschränkungen, welche einer Enteignung gleichkommen, voll zu entschädigen sind. Diese beiden Rechte können, wie alle anderen Grundrechte, durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz der Grundrechte Dritter eingeschränkt werden, wobei sich die Intervention in der Regel auf eine gesetzliche Grundlage stützen und verhältnissmässig sein muss (Art. 36 BV). Im Abschnitt Wirtschaft (Art. 94-107 BV) wird unter anderem festgehalten, dass die wirtschaftliche Ordnung der Schweiz die einer privatwirtschaftlich ausgerichteten Marktwirtschaft ist. Neu ausdrücklich in die Verfassung aufgenommen wurde die Verpflichtung für Bund und Kantone, für günstige Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft zu sorgen, aber auch die Aufforderung an die private Wirtschaft, zusammen mit Bund und Kantonen „zur Wohlfahrt und zur wirtschaftlichen Sicherheit der Bevölkerung“ beizutragen. Deutlicher als in der alten Verfassung ist zudem hervorgehoben, dass der Bund dafür sorgt, dass die Schweiz einen einheitlichen Wirtschaftsraum darstellt und z.B. für die landesweite Anerkennung von kantonalen Ausbildungsabschlüssen sorgt. Im Parlament gaben diese Bestimmungen relativ wenig zu reden. Die SP hatte ihre Einwände gegen eine ihrer Ansicht nach allzu liberale Wirtschaftsordnung in der Eintretensdebatte vorgebracht. Der Antrag ihrer Vertreter, die gesamte Vorlage mit dem Auftrag an die Kommission zurückzuweisen, unter anderem vermehrte Interventionsmöglichkeiten des Staates in den Ablauf und die Entwicklung der Wirtschaft vorzuschlagen, fand keine Mehrheit.

totalrevidierten Bundesverfassung Wirtschaftsfreiheit privatwirtschaftlich ausgerichteten Marktwirtschaft

Die nationalrätliche Kommission setzte im Februar ihre Verhandlungen über die Reform der Volksrechte fort. Mit deutlicher Mehrheit sprach sie sich gegen eine Erhöhung der Unterschriftenzahlen für Initiative und Referendum aus. Nachdem diese Erschwerung der Ausübung der Volksrechte aus den Traktanden gefallen war, kam die Kommission auf ihre Entscheide vom Herbst des Vorjahres zurück und strich den damals beschlossenen Ausbau der Volksrechte durch die Einführung der allgemeinen Volksinitiative, die sowohl Verfassungs- als auch Gesetzesänderungen hätte herbeiführen können, und des Finanzreferendums. Keine Mehrheit fand auch der Vorschlag, dass das Parlament den Entscheid über die Gültigkeit von Volksinitiativen an das Bundesgericht delegieren kann. Damit verblieben von den vom Bundesrat beantragten Reformen der Volksrechte noch die Erweiterung des Staatsvertragsreferendums und die Möglichkeit der Durchführung von Alternativabstimmungen übrig. Nur mit Stichentscheid des Präsidenten stimmte die Kommission ferner dem Regierungsantrag zu, dass Abstimmungs- und Wahlkomitees ihre Finanzen offenlegen müssen.

Reform der Volksrechte (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die Grossbankenfusion vom Dezember des Vorjahres bot auch dem Parlament Diskussionsstoff. Die beiden Ratsbüros integrierten die von der SP-Fraktion verlangte Sondersession zum Thema Unternehmenszusammenschlüsse und Zukunft des Werkplatzes Schweiz in die einwöchige Sondersession zur Beratung der Totalrevision der Bundesverfassung im Januar. Die Debatte brachte den erwarteten Schlagabtausch zwischen der Linken und den bürgerlichen Parteien. Hauptdiskussionsthema waren allerdings nicht die Unternehmenszusammenschlüsse, sondern die Finanzpolitik, wo die SP die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer auf Bundesebene forderte, unter anderem auch mit dem Ziel, die Aktionäre und die Leitung der Unternehmen, welche sich nur noch an ihren kurzfristigen Eigeninteressen orientieren würden, in die Schranken zu weisen.

Unternehmenszusammenschlüsse Kapitalgewinnsteuer