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Ende 2003 läuft der erste GAV zwischen der Swisscom und den Gewerkschaften aus. Vorzeitig gegenüber dem normalen Verhandlungsrhythmus bat die Swisscom bereits im September die Personalverbände um neue Gespräche. Diese endeten nach zwei Runden mit einem Eklat: Die Gewerkschaftsvertreter verliessen den Verhandlungstisch unter Protest und verweigerten jede weitere Diskussion. Sie zeigten sich empört ob der Absicht der Swisscom, mit den Gewerkschaften nur noch einen Rahmen-GAV abzuschliessen, die konkreten Arbeitsbedingungen aber in Betriebsvereinbarungen zu regeln, wodurch die Gewerkschaften von den Verhandlungen ausgeschlossen würden, da diese zwischen dem Arbeitgeber und den Betriebskommissionen geführt werden. Gemäss den Gewerkschaften will sich die Swisscom mit diesem Ansinnen von der bisherigen Sozialpartnerschaft verabschieden, die Löhne individualisieren und durch den Abbau von Regeln den Arbeitsdruck auf die Beschäftigten erhöhen. Das Vorgehen sei eine gravierende Verletzung des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes (TUG); dieses wurde bei der Umwandlung des öffentlichen Betriebes Swisscom in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft erlassen und schreibt vor, dass das Unternehmen einen GAV abschliesst. Die Swisscom erklärte ihrerseits, sie sei an einer guten Sozialpartnerschaft nach wie vor interessiert, wolle aber ein innovatives Modell einführen, das die neue Gruppenstruktur besser abbildet und den Gruppengesellschaften grössere Flexibilität in der Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse einräumt.

Swisscom

Mit einer parlamentarischen Initiative verlangteDupraz(fdp, GE), im OR einen für die ganze Schweiz geltenden Normalarbeitsvertrag für alle in der Landwirtschaft Beschäftigten festzuschreiben. Als Grundlage regte er die für die Landarbeiter grosszügige Regelung im Kanton Genf an. Er machte geltend, die unterschiedlichen kantonalen Regelungen würden zu Wettbewerbsverzerrungen führen und verzögerten den Strukturwandel auf Kosten der sozial Schwächsten. Mit dem Argument, die Produktionsbedingungen in den einzelnen Branchen und Regionen seien für einen Normalarbeitsvertrag zu unterschiedlich, wehrten sich die Bauernvertreter im Rat erfolgreich gegen den Vorstoss, der mit 75 zu 57 Stimmen abgelehnt wurde.

Landwirtschaft

Eine im Auftrag des BFS erstellte Analyse der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge (GAV) wies nach, dass die Verhandlungen über die Mindestlöhne vor allem für unqualifizierte Arbeitnehmende Wirkung zeigen. Zwischen 1999 und 2001 stiegen so die gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlöhne der unqualifizierten Arbeitnehmer mit durchschnittlich 7% deutlich stärker als jene von qualifizierten (+2,9%) und höher qualifizierten Angestellten (+3,0%). Unqualifizierte Arbeitnehmende mit Einzelverträgen verdienen oft weniger als den gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohn; dies trifft vor allem auf Wirtschaftsbranchen zu, die nur schwach von GAV abgedeckt sind. 2001 waren in der Schweizer Privatwirtschaft 34% aller Arbeitnehmenden gesamtarbeitsvertraglich ausgehandelten Mindestlöhnen unterstellt. Die am stärksten abgedeckten Branchen, die auch aufgrund der gesamten Beschäftigungszahl bedeutend sind, waren das Gastgewerbe (89%), das Baugewerbe (70%), das Kreditgewerbe (61%) und der Detailhandel (40%).

unqualifizierte Arbeitnehmende Mindestlöhne

Die Sozialpartner im Gastgewerbe einigten sich auf einen neuen GAV für die rund 225'000 Beschäftigten. Hauptpunkt war die teilweise substantielle Erhöhung der Mindestlöhne, die in der Regel nicht mehr unter 3'000 Fr. liegen dürfen. Allerdings erreichten die Arbeitgeber, dass in wirtschaftlich schwachen Regionen – wozu sämtliche Regionen gehören, die unter das Bundesgesetz über die Investitionshilfe in Berggebieten fallen – die Mindestlöhne um 10% unterschritten werden dürfen. Die Löhne für Hilfskräfte können in den ersten sechs Monaten der Anstellung um 10% (ab 2002) resp. um 5% (ab 2003) unter den vertraglichen Mindestlöhnen liegen.

Gastgewerbe

Im März legten 7'000 Aargauer Staatsbeamte für zwei Stunden die Arbeit nieder, um gegen das neue Lohnsystem zu protestieren. Mitte November demonstrierten landesweit rund 17'000 Angehörige der Pflegeberufe für eine bessere Anerkennung ihrer Arbeit. Wenige Tage später legten knapp 7'000 Bauarbeiter einen halben Tag die Arbeit nieder; sie verlangten mehr Lohn und die Pensionierung mit 60 Jahren.

Im März legten 7'000 Aargauer Staatsbeamte für zwei Stunden die Arbeit nieder, um gegen das neue Lohnsystem zu protestieren

Die Gewerkschaft SMUV warf der Maschinenindustrie eine „Verluderung der Sitten“ vor, weil bei Massenentlassungen die Pflicht zur Information und Konsultation der Arbeitnehmenden weitgehend ausgehöhlt werde. In rund 30 Abbaufällen des laufenden Jahres sei das im OR und im GAV vorgesehene Konsultationsverfahren missachtet worden. Die Gewerkschaft verlangte deshalb eine verschärfte Informations- und Offenlegungspflicht im OR und im GAV.

Maschinenindustrie

Anders als im Vorjahr bei der SBB ging die Aushandlung des ersten GAV für die rund 50'000 Mitarbeitenden der Post, die ab 2002 obligationenrechtlich angestellt sind, nicht so schlank über die Bühne. Während die christliche Gewerkschaft Transfair der Regelung deutlich zustimmte, meldeten die Westschweizer und Tessiner Sektionen der Gewerkschaft Kommunikation Widerstand an. Dank grosszügiger Ferienregelung und einer Garantie der bisherigen Löhne bis 2004 stimmte aber doch eine Mehrheit dem GAV zu.

Post

Angesichts der guten Baukonjunktur starteten die Arbeitnehmerverbände des Baugewerbes mit Rückenwind in die Verhandlungen für einen neuen Landesmantelvertrag. Sie verlangten die 37,5-Stunden-Woche, 250 Fr. mehr Lohn und eine allgemeine Pensionierung mit 60 Jahren. In der Frage des Rentenalters zeigten sich die Arbeitgeber entgegenkommend, nicht aber beim Lohn und der Arbeitszeit. Für ihre Haltung machten sie Kostensteigerungen aus früheren Lohnanpassungen sowie die harte Konkurrenz geltend. Die Gewerkschaften reagierten darauf mit einem nationalen Protesttag am 19. November, an dem rund 7'000 Bauarbeiter teilnahmen.

Baugewerbes

Erstmals kam es in der Reinigungsbranche zu einem GAV. Er sieht vor, dass alle Angestellten einen 13. Monatslohn und Nettolöhne von mindestens 3'000 Fr. erhalten; über 50-jährigen Vollzeitbeschäftigten wird zudem eine fünfte Ferienwoche gewährt. Die Branche machte die Unterzeichnung allerdings davon abhängig, dass der GAV vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärt wird, um nicht die Konkurrenzfähigkeit von Billigfirmen zu verstärken.

Reinigungsbranche

Die Arbeitsmarktbehörden registrierten 2000 acht Arbeitsniederlegungen, die den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (Streik = Arbeitsverweigerung während mindestens eines Arbeitstags) entsprechen. Davon waren 19 Betriebe betroffen; knapp 3'900 Personen beteiligten sich an dieses Ausständen und gut 4'750 Arbeitstage gingen verloren.

Arbeitsniederlegungen

Streikposten der Gewerkschaft GBI verhinderten am frühen Morgen des 4. Mai die Aufnahme der Arbeit in der Aare-Wäscherei in Rheinfelden (AG), wobei sie von mehr als der Hälfte der 90 Angestellten unterstützt wurden. Grund für den Streik waren die tiefen Löhne der Belegschaft sowie die fristlose Entlassung eines Vertrauensmanns der Gewerkschaften. Nachdem die Geschäftsleitung zugesagt hatte, den Gewerkschafter wieder einzustellen und die Lohnverhandlungen unverzüglich aufzunehmen, wurde der Streik beendet; die Aare-Wäscherei erhöhte ab Juli die Minimallöhne um 550 Fr. pro Monat.

tiefen Löhne Entlassung eines Vertrauensmanns der Gewerkschaften

Warnstreiks fanden in vielen Kantonen im öffentlichen Dienst statt. Im Kanton Genf waren es die Schüler und Lehrer der Ingenieurschule, die Mitarbeiter der Sozialdienste und die Angestellten von „Edipresse“, die stundenweise streikten. Im Kanton Waadt legte ein Teil der Lehrerschaft und des Pflegepersonals im Februar für einen Tag die Arbeit nieder. Im Kanton Zürich machte das Pflegepersonal Anfang Mai mit stundenweisen „Protestpausen“ auf seine missliche Lage aufmerksam. Im September traten rund 60% der Zürcher Lehrerschaft während einer Stunde in den Ausstand, um gegen den Finanzabbau im Schulwesen zu demonstrieren.

Warnstreiks Genf Waadt Zürich

Das Bundesgericht fällte ein Grundsatzurteil, welches seine seit 1938 praktizierte Jurisdiktion im Bereich der Gültigkeit von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) umstiess. Demnach kann ein Arbeitgeber, der einem GAV beigetreten ist, diesen nicht individuell kündigen, wenn ihm die darin enthaltenen Vorschriften nicht mehr passen. Das Bundesgericht befand, ein befristeter GAV bleibe bis zu seinem Auslaufen für alle Beteiligten verbindlich. Aus einem unbeschränkt gültigen GAV könne der Arbeitgeber gemäss OR zwar austreten, aber erst nach mindestens einem Jahr Mitgliedschaft und mit sechsmonatiger Vorankündigung.

Bundesgericht Gültigkeit von Gesamtarbeitsverträgen

Bei der SBB wurde der erste GAV für die neu nach OR angestellten Mitarbeitenden abgeschlossen. Er tritt am 1.1.2001 für drei Jahre in Kraft. Der GAV garantiert den Arbeitnehmenden, dass während seiner Dauer kein Arbeitsplatzabbau aus strukturellen Gründen erfolgen wird; er führt die 39-Stunden-Woche und eine Leistungslohnkomponente ein. Die gewerkschaftlich organisierten Angestellten stimmten dem GAV mit rund 94% deutlich zu.

SBB

Die Begleitmassnahmen zum bilateralen Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr sehen im Fall von missbräuchlicher Unterschreitung der ortsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen dreigliedrige Kommissionen (Sozialpartner plus Behörden) zu deren Feststellung vor. Da damit eine gesetzliche Grundlage für derartige Gespräche geschaffen wurde, stimmte auch der Nationalrat der Ratifizierung des Abkommens Nr. 144 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu, welches tripartite Beratungen zur Förderung der Durchführung internationaler Arbeitsnormen festschreibt.

tripartite Beratungen

Ein Lohnstreik in der Basler Zentralwäscherei (Zeba) forderte letztlich ein politisches Opfer, das von den Gewerkschaften so wohl nicht gewollt war. Die seit 1994 privatisierte Zeba, in welcher der Kanton Mehrheitsaktionär ist, hatte dem Personal Änderungskündigungen zugestellt, die zu drastischen Lohnsenkungen (von 4'200 auf 3'100 Fr.) für jene Personen geführt hätten, die noch vor der Privatisierung angestellt worden waren. Für die soziale Abfederung dieser Massnahme war der Zeba-Verwaltungsrat bereit, 2 Mio Fr. aufzuwerfen. Nachdem sich die eigentlich nicht als Vertragspartnerin registrierte GBI in den Konflikt eingeschaltet und mit Arbeitskampf gedroht hatte, wurde die Situation für die Zeba-Verwaltungsratspräsidentin, die Basler SP-Regierungsrätin Veronika Schaller, immer ungemütlicher. Nach einem Warnstreik im März legte der Verwaltungsrat die Änderungskündigungen vorderhand auf Eis und stellte zusätzliche 1,5 Mio Fr. für den Sozialplan in Aussicht, allerdings nur unter der Bedingung, dass sich die Sozialpartner bis Ende Mai über die Verwendung der 3,5 Mio Fr. einigen. Nachdem die Frist ergebnislos abgelaufen war, sprachen sich Ende Juni die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter in einer Urabstimmung für einen unlimitierten Streik aus, falls das Unternehmen die Änderungskündigungen nicht definitiv zurücknehme, wodurch sich die Gewerkschaften GBI und VPOD in ihrer harten Haltung bestätigt sahen.

Der Verwaltungsrat hielt an den Kündigungen fest, nahm seine Zusage für 1,5 zusätzliche Mio Fr. zurück, garantierte aber, dass keine Bruttolöhne unter 3'000 Fr. bezahlt würden. Der Direktor des Gewerbeverbandes Basel-Stadt und Nationalrat Eymann (lps, BS) sowie der Präsident des SGB des Kantons erhielten anfangs Juli ein Vermittlungsmandat bis Ende September. GBI und VPOD verweigerten aber das Gespräch, obgleich die Vermittler nun nicht mehr minimale Brutto- sondern Nettolöhne von mindestens 3'000 Fr. zusagten, und eine externe Beraterfirma dem Verwaltungsrat attestiert hatte, betriebswirtschaftlich sei der Spielraum, um im ungelernten Bereich Löhne über dem Marktniveau zahlen zu können, gering. Entnervt trat Ende Oktober Regierungsrätin Schaller mit sofortiger Wirkung als Präsidentin des Zeba-Verwaltungsrates zurück. Die politische Quittung folgte aber auf dem Fuss. Ende November wurde Schaller bei den Erneuerungswahlen für den Basler Regierungsrat abgewählt. Ihre Wahlniederlage kostete die SP einen Sitz und begründete den bürgerlichen Wahlsieg in Basel-Stadt. Am 29. November traten die Mitarbeitenden der Zeba in einen unbefristeten Streik, obgleich der Zeba-Verwaltungsrat weitere Konzessionen gemacht hatte. Am 4. Dezember wurde der Streik beendet, nachdem sich die Gewerkschaften mit ihren Hauptforderungen durchgesetzt hatten.

keine Bruttolöhne unter 3'000 Fr. Nettolöhne von mindestens 3'000 Fr. politische Quittung Wahlniederlage unbefristeten Streik

Ein harter Kampf um Lohn und Arbeitszeit spielte sich zwischen der Crossair und der Pilotengewerkschaft CCP ab. Obgleich letztere im Mai zugesagt hatte, den GAV weiterzuführen, bis zum Erscheinen einer von ihr bei der Universität St. Gallen in Auftrag gegebenen Studie über die Arbeitsbedingungen bei der zweitgrössten Schweizer Fluggesellschaft, die als Grundlage für die Verhandlungen dienen sollte, kündigte die CCP den GAV zuerst auf Ende Juni und dann auf Ende August und drohte mit Streikbewegungen. Im November einigten sich Crossair und CCP auf einen neuen, für die nächsten fünf Jahre nicht kündbaren GAV, der dem Cockpitpersonal Verbesserungen im Lohn-, Sozialversicherungs- und Ferienbereich bringt.

Crossair

Ohne Vorankündigung und ohne Dazutun der Gewerkschaften traten am Morgen des 24. Januar die rund 150 Mitarbeiter der Gepäcksortierungsanlage auf dem Flughafen Zürich Kloten geschlossen in einen wilden Streik, womit sie die im Gesamtarbeitsvertrag verankerte Friedenspflicht verletzten. Die Belegschaft protestierte gegen die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen (u.a. Entlöhnung, Pensionsalter) seit der Auslagerung der Gepäckabfertigung von der Swissport in ein Joint-venture-Unternehmen (LSS-Swissport) zwischen Swissport und dem weltweit tätigen Unternehmen ISS Airport Multiservice AG im letzten Jahr. Am Abend unterbreitete LSS-Swissport ein Schlichtungsangebot. Zugesagt wurde die Wiedereinsetzung der mit dem Joint-venture aufgehobenen Betriebskommission, die Lösungen im Bereich einzelner Forderungen suchen soll. Bedingung war, dass die Arbeit am nächsten Morgen nach Dienstplan wieder aufgenommen werde, andernfalls den Mitarbeitern gekündigt würde. Da den Streikenden, die sich besonders an den rüden Umgangsformen der ISS gestört hatten, zudem versichert wurde, dass Swissport wieder die operative Führung der Gepäckabfertigung übernehmen werde, nahmen sie den Kompromissvorschlag an.

Flughafen Zürich Kloten wilden Streik Betriebskommission

Nur wenige Tage vor Auslaufen des alten GAV einigten sich die Sozialpartner in der Druckindustrie auf einen neuen Vertrag für die nächsten fünf Jahre. Den Gewerkschaften gelang es dabei nicht, einen umfassenden Branchenvertrag auszuhandeln, der auch das Speditions- und das technische Redaktionspersonal umfasst hätte. Ebenso mussten sie ihre Forderung nach einer generellen Lohnerhöhung von 200 Fr. aufgeben und Zugeständnisse bei der Arbeitszeitflexibilisierung machen. Die Arbeitgeber sicherten dafür zu, die tiefsten Löhne bis 2002 auf 3000 Fr. anzuheben. Zudem verzichteten sie auf ihre Forderung nach einem Rahmenvertrag, der nach Regionen und Betrieben vor allem lohnmässig Abweichungen gestattet hätte. Neu wurden die jährlichen Lohnanpassungen vollständig in die Betriebe delegiert. Diese Ergebnisse gingen der Basis der Mehrheitsgewerkschaft „Comedia“ zu wenig weit; mit einem dreistündigen Warnstreik verlangte sie Nachverhandlungen insbesondere bei der Reallohnerhöhung sowie beim Einbezug des Speditionpersonals in den GAV. Als letztere Forderung von den Arbeitgebern akzeptiert wurde, stimmte die „Comedia“ dem neuen GAV zu.

Druckindustrie

Gemäss Angaben des seco fanden 1999 fünf Arbeitsniederlegung statt, welche den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (Streik = Arbeitsverweigerung während mindestens eines Arbeitstags) entsprechen. Davon waren 129 Betriebe betroffen; maximal 2255 Personen beteiligten sich an diesen Ausständen und ungefähr 2675 Arbeitstage gingen verloren.

Jährliche BIGA Berichte zu Streiks und Arbeitskonflikte (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Auch im Bauhauptgewerbe konnten sich die Gewerkschaften und die Arbeitgeber vorerst nicht auf Lohnanpassungen einigen. Gestritten wurde vor allem um das Verhältnis zwischen generellen und individuellen Salärerhöhungen sowie über zusätzliche Gleitstunden. Die Gewerkschaften drohten, wenn nicht alle Bauarbeiter mindestens 100 Fr. mehr Lohn erhielten, würden sie, erstmals seit zwanzig Jahren, den Landesmantelvertrag kündigen. Kurz vor Weihnachten sah es nach einem Durchbruch aus, der vor allem den gewerkschaftlichen Forderungen entsprochen hätte, doch stand die Zustimmung der Baumeister bis Ende Jahr aus. Die Gewerkschaften machten daraufhin mit ihrer Kündigung Ernst, erklärten sich aber bereit, diese zurückzuziehen, falls die Arbeitgeber innert nützlicher Frist den getroffenen Abmachungen zustimmen sollten.

Baugewerbe (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Die Veränderungsprozesse, denen sich die Schweizer Wirtschaft in den achtziger und neunziger Jahren ausgesetzt sah, liessen vielfach einen Zusammenbruch der konsensuellen Verhandlungsmuster zwischen den Sozialpartnern befürchten. Eine im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Zukunft der Schweiz“ erarbeitete Analyse der Entwicklungen in den drei Branchen Banken, Chemie und Bauhauptgewerbe zwischen 1980 und 1998 zeigte nun, dass tatsächlich eine verstärkte Konflikttendenz beobachtet werden kann, dass eine Trendaussage über alle Branchen hinweg jedoch zu kurz greifen würde. Während etwa im Bankensektor tatsächlich von einem vergleichsweise starken Niedergang der kollektiven Arbeitsbeziehungen gesprochen werden kann, haben sich die Verhältnisse in der chemischen Industrie in den letzten Jahren insofern wieder stabilisiert, als diese global ausgerichteten Unternehmen wesentliche Bestandteile der Arbeitsbeziehungen entweder auf Branchenebene verhandeln oder in Form von unternehmensweiten Einheitsverträgen zu regeln pflegen. Im Bauhauptgewerbe macht sich trotz harten Verhandlungen sogar eine gewisse Wiederbelebung der Sozialpartnerschaft bemerkbar, die sich insbesondere darin äussert, dass die Sozialpartner gemeinsam externe Ressourcen zu mobilisieren vermögen, wie etwa bei dem auf den 1. Januar eingeführten Alters-Teilzeitmodell, für welches die Arbeitslosenversicherung einen Teil der Kosten übernimmt.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Mit einem Freispruch endete der erste Strafprozess um einen Streik. Die Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI), die 1995 in La-Chaux-de-Fonds (NE) eine Arbeitsniederlegung mit Betriebsblockade (Streikposten) organisiert hatte, wurde vom zuständigen Gericht vom Vorwurf der Freiheitsberaubung und Nötigung freigesprochen, da gemäss den Richtern rechtmässig Streikende gewaltlose Begleitmassnahmen wie das Aufstellen von Streikposten oder das Besetzen des Firmengeländes ergreifen dürfen, ohne gegen das Gesetz zu verstossen. Drei GBI-Funktionäre, die sich vier Wochen vor dem eigentlichen Streiktag anlässlich eines kurzen Warnstreiks illegal auf dem Firmengelände aufgehalten hatten, wurden hingegen wegen Hausfriedensbruchs zu geringfügigen Geldbussen verurteilt.

Strafprozess gegen GBI wegen Streik (1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Der Nationalrat korrigierte die etwas wirtschaftslastigen Beschlüsse des Ständerates und entschied mit 114 zu 57 Stimmen, dass eine Intervention der tripartiten Kommission möglich wird, wenn die Löhne „wiederholt in missbräuchlicher Weise“ unterboten werden. In der Frage den Quoren sprach er sich jedoch für die Variante des Bundesrates (je 30%) aus. Dafür votierten neben den Vertretern des links-grünen Lagers auch die Abgeordneten der CVP und der LPS. Zustimmung fand der Ständerat hingegen mit seinem Willen, bei Normalarbeitsverträgen lediglich die Löhne, nicht aber die Arbeitszeiten der Missbrauchsbekämpfung zu unterstellen sowie bei den neu eingeführten Bestimmungen über die Unterkunft und die Sozialabgaben. In den beiden strittigen Punkten (Definition des Lohndumpings, Quoren für die Allgemeinverbindlichkeit von GAV im Missbrauchsfall) schloss sich der Ständerat in der Herbstsession – allerdings erst nach einer Zwischenrunde – der grossen Kammer an, worauf die Vorlage (nach Bereinigung weiterer kleinerer Differenzen) definitiv verabschiedet werden konnte.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998