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Auf den 1. Juni traten die Übergangsbestimmungen zum Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU in die zweite Phase. Schweizerinnen und Schweizer haben ab diesem Zeitpunkt freien Zugang zum Arbeitsmarkt der bisherigen 15 EU-Länder. Umgekehrt bleiben die Kontingente für EU-Angehörige bis 2007 bestehen, wobei allerdings der Vorrang inländischer Arbeitskräfte und die systematische Kontrolle aller neuen Arbeitsverträge bezüglich Lohn- und Arbeitsbedingungen entfallen. Dafür greifen die 1999 beschlossenen flankierenden Massnahmen, die ein Lohn- und Sozialdumping verhindern sollen.

Personenfreizügigkeitsabkommen zweite Phase.

In Sitten wurde Ende Jahr der erste Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in der Schweizer Landwirtschaft unterzeichnet. Er regelt minimale soziale Standards für 8'000 Beschäftigte in 5'000 Walliser Bauernbetrieben. Der mit den christlichen Gewerkschaften vereinbarte GAV tritt am 1. Januar 2005 in Kraft. Für die Gewerkschaften fixiert der GAV ein "akzeptables" soziales Minimum. Für unqualifizierte Hilfskräfte werden Stundenlöhne von CHF 10,85 bis 13,50, für Berufsleute CHF 17 bis 20 und für Kaderleute CHF 20,50 bis 24 bezahlt. Gegenüber heute steigen die Löhne - je nach Funktion - um 1,4 bis 8%. Der Vertrag regelt neben den Minimallöhnen auch die wöchentliche Arbeitszeit von 48 bis 55 Stunden sowie die Beteiligung an den Krankenkassenprämien. Der GAV soll dazu beitragen, Schwarzarbeit zu verhindern. Er gilt für eine Dauer von drei Jahren. Im Wallis ist vor allem zur Erntezeit der Bedarf an Hilfskräften gross, da die Gemüse-, Wein- und Obstproduktion 75% des landwirtschaftlichen Einkommens ausmacht.

Landwirtschaft

Im Nationalrat stellte Gutzwiller (fdp, ZH) den Ordnungsantrag, das Zusatzprotokoll und die flankierenden Massnahmen in einem Genehmigungsbeschluss zusammenzufassen. Der Stimmbürger könne doch nicht über die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten entscheiden, ohne zu wissen, mit welchen Massnahmen Lohndumping bekämpft werde. Mit 120 zu 46 Stimmen stimmte der Rat diesem Antrag zu. In der Detailberatung übernahm der Rat mehrheitlich die Beschlüsse des Ständerates. Mit 75 zu 57 Stimmen folgte der Nationalrat insbesondere einem Antrag Bührer (fdp, SH) und damit Bundes- und Ständerat und beschränkte die Meldepflichten für die Arbeitgeber gegenüber den zuständigen Kontrollbehörden auf die Identität, die Tätigkeit und den Arbeitsort der in die Schweiz entsandten Arbeitnehmer. Die Kommission hatte auch die Löhne und die Arbeitszeiten in die Meldepflicht einbeziehen wollen. Eine Minderheit Kaufmann (svp, ZH) beantragte, auf die Anstellung von Inspektoren zu verzichten, die rund CHF 20 Mio. pro Jahr kosten; es sei an den in den tripartiten Kommissionen vertretenen Sozialpartnern, diese Kontrollen zu übernehmen. Bundespräsident Deiss konterte, wenn man Kontrollen wolle, so müsse man auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Der Antrag Kaufmann wurde mit 124 zu 47 Stimmen abgelehnt. Gegen einen Antrag Germann (svp, SH), der Festhalten an den getrennten Vorlagen beantragte, da sonst die Möglichkeit entfalle, frei entscheiden zu können zwischen Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit oder ohne flankierende Massnahmen, stimmte der Ständerat in der Differenzbereinigung der Zusammenfügung mit 27 zu 7 Stimmen zu, worauf die Vorlage von beiden Kammern definitiv verabschiedet werden konnte.

Erweiterung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten

Als flankierende Massnahmen zur Erweiterung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten, die den Schweizer Arbeitsmarkt vor Lohndrückerei und schlechteren Arbeitsbedingungen schützen sollen, schlug der Bundesrat vor, die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen zu erleichtern und eine Verstärkung der Kontrollen vorzusehen. Rund 150 Inspektoren sollen darüber wachen, dass die üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen von den zugewanderten Arbeitskräften nicht unterschritten werden, wobei der Bund die Hälfte der Lohnkosten dieser Inspektoren übernimmt; sie sollen jene Kontrollen und Untersuchungen durchführen, die den 2003 eingeführten tripartiten Kommissionen als Grundlage ihrer Beschlüsse dienen.

Erweiterung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten

Im Ständerat war das Eintreten auf das Zusatzprotokoll und die flankierenden Massnahmen unbestritten. In der Detailberatung beantragte eine Minderheit Schmid (cvp, AI), für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Gesamtarbeitsvertrages das bisherige Quorum von 30% der Arbeitgeber und 30% der Arbeitnehmer zu belassen, dies wurde vor allem mit den Interessen der KMU begründet. Die Mehrheit der Kommission beantragte, dem Bundesrat zu folgen, wonach das Quorum der Arbeitgeber aufgehoben und dasjenige der Arbeitnehmer auf 50% erhöht wird. Mit 24 zu 13 Stimmen folgte der Rat der Mehrheit der Kommission. Mit 27 zu 6 wurde ein weiterer Antrag Schmid abgelehnt, die flankierenden Massnahmen erst nach Aufhebung der arbeitsmarktlichen Beschränkungen (2011) in Kraft zu setzen und auf sieben Jahre zu beschränken.

Erweiterung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten

Wenige Tage später traten die 150 Angestellten des Zigaretten-Filter-Herstellers Filtrona in Crissier (VD) in einen unbefristeten Streik, da sie eine Schliessung des Werks befürchteten, das ein Jahr zuvor von einer grossen britischen Firma aufgekauft worden war. Zwei Woche nach Streikbeginn einigten sich Personal und Firmenleitung unter Mithilfe der Waadtländer Schiedsstelle auf Verhandlungen über einen Kollektivvertrag und einen Sozialplan im Fall einer Schliessung des Werks; zudem wurde der Mietvertrag für das Firmengebäude um zwei Jahre verlängert. Die Arbeit wurde provisorisch aufgenommen, nach 24 Stunden aber schon wieder niedergelegt. Belegschaft und Gewerkschaften beschuldigten die Firmenleitung, leere Versprechungen abgegeben zu haben und auf Repressalien gegen die Streikenden offenbar nicht verzichten zu wollen. Nach knapp drei Wochen Arbeitskonflikt betrachtete auch die Schiedsstelle auf Grund von Informationen aus London ihre Vermittlungsbemühungen als gescheitert. Ende Jahr wurden die Verhandlungen über den Umfang eines allfälligen Sozialplans ebenso wie die Produktion zwar wieder aufgenommen, eine definitive Einigung konnte im Berichtsjahr aber nicht mehr erreicht werden.

Streiks bei Filtrona

Mitte November trat die Belegschaft des Buntmetallverarbeiters Swissmetal Boilat im bernjurassischen Reconvilliers in einen unbefristeten Streik. Die fristlose Entlassung des Werkleiters, die mit Meinungsverschiedenheiten über die künftige Geschäftsstrategie begründet wurde, brachte einen seit längerem schwelenden Konflikt zum Eskalieren. Für Zorn auf die Geschäftsleitung sorgten auch tiefe Löhne, steigender Druck auf die Belegschaft und die Befürchtung, die Produktion solle nach Asien ausgelagert werden, eine Behauptung, welche die Firmenleitung vehement bestritt. Obgleich sich die Unternehmensspitze und die Gewerkschaft Unia einigten, wurde der Streik fortgesetzt. Nachdem die Berner Volkswirtschaftdirektorin eine Vermittlerrolle eingenommen hatte, konnte der Arbeitskonflikt nach neun Tagen beigelegt werden. Die Geschäftsleitung versprach, den Standort Reconvilliers (wie auch jenen in Dornach, SO) zu stärken und Investitionen zu tätigen. Ebenfalls zugesagt wurden Lohnverhandlungen und eine Intensivierung des Dialogs mit den Mitarbeitenden; von Strafmassnahmen gegenüber den Streikenden wurde abgesehen. Im Gegenzug verzichtete die Belegschaft auf eine Ablösung des Konzernleiters.

Streiks bei Swissmetal in Reconvillier

Der GAV der grafischen Industrie lief nach zehn Jahren Ende April aus. Die Gewerkschaft Comedia drohte bereits zu Jahresbeginn mit Streikbewegungen, falls der neue GAV nicht deutliche Verbesserungen bringe. Die Comedia forderte für den neuen Vertrag unter anderem den automatischen Teuerungsausgleich und eine Reallohnerhöhung von CHF 200 für alle, da die Löhne in den letzten zehn Jahren stagniert hätten, während die Produktivität um 30 Prozent zugenommen habe. Das Ansinnen der Arbeitnehmer, die Arbeitsbedingungen nur noch zum Teil im GAV zu regeln und mehrheitlich in den Betrieben auszuhandeln, lehnte die Gewerkschaft ab. Zudem verlangte sie, dass der GAV von den Behörden als allgemeinverbindlich zu erklären sei. Bisher galt er nur für 12'000 der gut 30'000 Beschäftigten. Abseits standen insbesondere der Westschweizer Verlagskonzern Edipresse, die Zürichsee Druckereien und der Verlag «Südostschweiz». Bei einer ersten Verhandlungsrunde Anfang Jahr beharrten beide Sozialpartner auf ihren Positionen. Für die Arbeitgeber war die absolute Friedenspflicht Bedingung für Verhandlungen; die Gewerkschaften Comedia und Syna wandten sich kategorisch gegen diese Forderung und wollten lieber über inhaltliche Fragen des GAV diskutieren. Die im Schweizerischen Verband für visuelle Kommunikation (Viscom) zusammengeschlossenen Arbeitgeber schlugen eine Verlängerung des bisherigen GAV um fünf Jahre vor, was wiederum von den Gewerkschaften abgelehnt wurde. Im September erfolgte dann der Durchbruch: der neue, auf vier Jahre abgeschlossene GAV sieht eine Erhöhung der Mindestlöhne um CHF 300 für Ungelernte und von CHF 150 bis 200. für Gelernte vor. Nicht durchsetzen konnten sich die Gewerkschaften mit ihrem Wunsch nach einer generellen Lohnerhöhung und bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des GAV.

grafischen Industrie

Da sich die Arbeitgeber gegen die Forderung einer Frühpensionierung mit 62 Jahren stellten, kündigten die Maler und Gipser den GAV per Ende März und drohten mit Streiks. Nachdem mehrere Verhandlungsrunden erfolglos gescheitert waren, kam es Ende April zu einer Arbeitsniederlegung in der Deutschschweiz, im Tessin und im Kanton Jura. Der Vorstand des Unternehmerverbands stimmte den Frühpensionierungen zu, doch lehnte die Delegierten diese ab, worauf es Ende Mai zu weiteren punktuellen Streiks kam. Weil weiterhin keine Einigung in Sicht war, schloss die Gewerkschaft GBI mit den Stadtzürcher Gipsermeistern einen Separatvertrag ab, der den 500 Beschäftigten der rund 20 Gipserunternehmen auf dem Platz die Frühpensionierung zusichert.

Maler und Gipser

Im Berichtsjahr registrierte das Seco fünf grössere Arbeitskonflikte mit zum Teil mehrtägigen Streikbewegungen. Im Februar/März legten in der Nähe von Lausanne die Mitarbeiter des Mobilfunkunternehmens Orange mehrmals die Arbeit nieder, nachdem ein einschneidender Stellenabbau angekündigt worden war. Die Gewerkschaften konnten die Massnahme nicht verhindern, erreichten aber unter Vermittlung der Waadtländer Regierung, dass ein, wenn auch bescheidener, Sozialplan vorgelegt wurde. Zwei Arbeitskonflikte betrafen die Unterstellung eines Kaminbaubetriebs und einer Isolationsfirma unter den GAV des Bauhauptgewerbes und damit die Möglichkeit der flexiblen Pensionierung ab dem 60. Altersjahr, zwei weitere ein Medienunternehmen und eine Verpackungsfirma. Der wohl spektakulärste Streik betraf Ende November den Küchengerätehersteller Zyliss, der seine Produktion nach Asien auslagern und deshalb das Werk in Lyss (BE) schliessen wollte. Da es sich dabei um eine traditionsreiche Schweizer Firma handelte, löste der Fall ein grosses Medienecho aus. Die Arbeitnehmenden und Gewerkschaften konnten die Auslagerung nicht verhindern, doch fand sich dank Vermittlung der Berner Regierung ein Investor, der sich bereit erklärte, den Standort und den grössten Teil der Belegschaft zu übernehmen.

fünf Streikbewegungen

Im Bankensektor einigten sich die Sozialpartner auf neue Mindestlohnregelungen im GAV. Je nach Lohnklasse betragen die Minimallöhne inskünftig CHF 44'200, 66'000 oder 88'000 Im Gastgewerbe wurden die Minimallohnverhandlungen für 2004 hingegen nach vier ergebnislosen Treffen der Sozialpartner ohne Einigung beendet. Mit Hinweis auf die gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hatten die Arbeitgeber jegliche Erhöhung der Mindestlöhne abgelehnt.

Bankensektor Gastgewerbe

Der GAV in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Mem-Industrie) wurde um zweieinhalb Jahre bis Ende 2005 verlängert. Von diesem GAV sind 120'000 Angestellte in 611 Unternehmen direkt betroffen. Die Verlängerung des Vertrags wurde jedoch als Signal für die gesamte Mem-Industrie mit ihren 318'000 Arbeitnehmenden erachtet. Die Arbeitgeber machten geltend, es gehe darum, die Branche wettbewerbsfähig zu erhalten, um auch im momentanen schwierigen wirtschaftlichen Umfeld möglichst viele Arbeitsplätze retten zu können. Die Gewerkschaften, die ursprünglich mit weitreichenden Forderungen in die Verhandlungen gestiegen waren, würdigten die Verlängerung als Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft und zum Erhalt von Arbeitsplätzen.

Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie

Gleich wie im Vorjahr eine Initiative Dupraz (fdp, GE), verwarf der Nationalrat auch eine Minderheitsmotion Fässler (sp, SG), die erreichen wollte, dass im OR ein landesweiter Normalarbeitsvertrag für die Landwirtschaft eingeführt wird. Der Bundesrat erklärte zwar, mit den Anstellungsbedingungen der Arbeitnehmenden in der Landwirtschaft nicht zufrieden zu sein. Dennoch machte er regionale Unterschiede geltend, um erfolgreich Ablehnung des Vorstosses zu beantragen.

Landwirtschaft

In einer Studie stellte der SGB fest, dass Gesamtarbeitsverträge (GAV) ein gutes Instrument zur Durchsetzung von Gleichstellungsforderungen sind, umso mehr, wenn der Frauenanteil in den Verhandlungsdelegationen möglichst hoch ist. Gleichzeitig wurde ein Handlungsbedarf in allen Branchen und in verschiedenen Bereichen geortet. So sei der Geltungsbereich der meisten GAV auf Vollzeitangestellte beschränkt, was zu einer indirekten Diskriminierung der mehrheitlich weiblichen Teilzeitarbeitskräfte führe. Nur einzelne Unternehmen kennen laut Studie ein Recht auf Teilzeitarbeit, und die familienergänzende Kinderbetreuung sei in den Firmen kaum ein Thema. Die Gewerkschaften stellten fest, dass bei den Löhnen die Erfahrung gezeigt habe, dass das Gleichstellungsgesetz nicht ausreiche, um Diskriminierungen in der Privatwirtschaft zu verhindern. Hier müsse in Zukunft vermehrt zum Mittel der Verbandsbeschwerde gegriffen werden.

Gleichstellungsforderungen

Nach langen Verhandlungen, rhetorischen Giftpfeilen auf beiden Seiten, Streiks und Demonstrationen einigten sich die Sozialpartner der Bauwirtschaft Mitte November auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag, welcher das Rentenalter der Bauarbeiter schrittweise auf 60 Jahre senkt. Der neue GAV tritt auf den 1. Juli 2003 in Kraft, allerdings nur unter der von den Baumeistern eingebrachten Bedingung, dass ihn der Bundesrat bis zu diesem Datum für die ganze Branche allgemeinverbindlich erklärt. In einem letzten Verhandlungsmarathon setzten die Gewerkschaften GBI und Syna die Rentenhöhe von 70% des letzten Bruttolohns (plus 6'000 Fr. Sockelbeitrag) durch. Im Gegenzug erreichten die Baumeister, dass die Arbeitgeberbeiträge (4% der Lohnsumme) bis 2011 nicht erhöht werden. Es wurde vereinbart, dass externe Experten 2005 überprüfen, ob die vorgesehenen Beiträge zur längerfristigen Finanzierung der Renten ausreichen. Falls dies nicht der Fall sein sollte, müssten die Renten gesenkt oder die Arbeitnehmerbeiträge erhöht werden. Kaum bestritten war der neue Landesmantelvertrag, der am 1. April 2003 in Kraft tritt. Er sieht vor, dass 2003 ein Teuerungsausgleich von 1,2%, aber keine Reallohnerhöhung ausgerichtet wird; diese wird erst 2004 bei guter Konjunktur fällig.

Bauwirtschaft Rentenalter 60 Jahre Landesmantelvertrag

Die Gewerkschaft SMUV präsentierte ihre Forderungen für die Verhandlungen zur Gesamterneuerung des GAV der Maschinenindustrie. Da die Erfahrungen der letzten 10 Jahre gezeigt hätten, dass die Entlöhnung nicht mit der Produktivitätssteigerung und den Gewinnen Schritt halte, verlangte der SMUV eine Anhebung der Löhne um 2% plus den Teuerungsausgleich. Generell soll es in der Maschinenindustrie keine Löhne unter 3'500 Fr. brutto pro Monat mehr geben. Zudem sollen konkrete Massnahmen zur Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen getroffen werden. Die Gewerkschaft will zudem eine Verkürzung der jährlichen Normalarbeitszeit um 40 Stunden auf 2'040 Stunden sowie zwei zusätzliche Ferientage. Schliesslich verlangte der SMUV ein direktes Interventionsrecht der Gewerkschaften bei Entlassungen und Umstrukturierungen sowie die Einführung einer gesetzlichen Sozialplanpflicht bei Massenentlassungen.

Maschinenindustrie

Im Berichtsjahr betrafen Demonstrationen und Streiks vor allem die Baubranche, in der wegen der zähen Verhandlungen über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (siehe oben) eine aufgeheizte Stimmung herrschte. Mitte März demonstrierten in Bern über 10'000 Bauarbeiter für das Pensionsalter 60 und für höhere Löhne. Ab Oktober fanden Warnstreiks statt. Am 4. November erlebte die Schweiz den grössten Streik seit 55 Jahren. 15'000 Bauarbeiter legten Hunderte von Baustellen im ganzen Land lahm, bildeten Protestmärsche und blockierten Verkehrswege.

Baubranche

Ende 2003 läuft der erste GAV zwischen der Swisscom und den Gewerkschaften aus. Vorzeitig gegenüber dem normalen Verhandlungsrhythmus bat die Swisscom bereits im September die Personalverbände um neue Gespräche. Diese endeten nach zwei Runden mit einem Eklat: Die Gewerkschaftsvertreter verliessen den Verhandlungstisch unter Protest und verweigerten jede weitere Diskussion. Sie zeigten sich empört ob der Absicht der Swisscom, mit den Gewerkschaften nur noch einen Rahmen-GAV abzuschliessen, die konkreten Arbeitsbedingungen aber in Betriebsvereinbarungen zu regeln, wodurch die Gewerkschaften von den Verhandlungen ausgeschlossen würden, da diese zwischen dem Arbeitgeber und den Betriebskommissionen geführt werden. Gemäss den Gewerkschaften will sich die Swisscom mit diesem Ansinnen von der bisherigen Sozialpartnerschaft verabschieden, die Löhne individualisieren und durch den Abbau von Regeln den Arbeitsdruck auf die Beschäftigten erhöhen. Das Vorgehen sei eine gravierende Verletzung des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes (TUG); dieses wurde bei der Umwandlung des öffentlichen Betriebes Swisscom in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft erlassen und schreibt vor, dass das Unternehmen einen GAV abschliesst. Die Swisscom erklärte ihrerseits, sie sei an einer guten Sozialpartnerschaft nach wie vor interessiert, wolle aber ein innovatives Modell einführen, das die neue Gruppenstruktur besser abbildet und den Gruppengesellschaften grössere Flexibilität in der Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse einräumt.

Swisscom

Mit einer parlamentarischen Initiative verlangteDupraz(fdp, GE), im OR einen für die ganze Schweiz geltenden Normalarbeitsvertrag für alle in der Landwirtschaft Beschäftigten festzuschreiben. Als Grundlage regte er die für die Landarbeiter grosszügige Regelung im Kanton Genf an. Er machte geltend, die unterschiedlichen kantonalen Regelungen würden zu Wettbewerbsverzerrungen führen und verzögerten den Strukturwandel auf Kosten der sozial Schwächsten. Mit dem Argument, die Produktionsbedingungen in den einzelnen Branchen und Regionen seien für einen Normalarbeitsvertrag zu unterschiedlich, wehrten sich die Bauernvertreter im Rat erfolgreich gegen den Vorstoss, der mit 75 zu 57 Stimmen abgelehnt wurde.

Landwirtschaft

Eine im Auftrag des BFS erstellte Analyse der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge (GAV) wies nach, dass die Verhandlungen über die Mindestlöhne vor allem für unqualifizierte Arbeitnehmende Wirkung zeigen. Zwischen 1999 und 2001 stiegen so die gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlöhne der unqualifizierten Arbeitnehmer mit durchschnittlich 7% deutlich stärker als jene von qualifizierten (+2,9%) und höher qualifizierten Angestellten (+3,0%). Unqualifizierte Arbeitnehmende mit Einzelverträgen verdienen oft weniger als den gesamtarbeitsvertraglichen Mindestlohn; dies trifft vor allem auf Wirtschaftsbranchen zu, die nur schwach von GAV abgedeckt sind. 2001 waren in der Schweizer Privatwirtschaft 34% aller Arbeitnehmenden gesamtarbeitsvertraglich ausgehandelten Mindestlöhnen unterstellt. Die am stärksten abgedeckten Branchen, die auch aufgrund der gesamten Beschäftigungszahl bedeutend sind, waren das Gastgewerbe (89%), das Baugewerbe (70%), das Kreditgewerbe (61%) und der Detailhandel (40%).

unqualifizierte Arbeitnehmende Mindestlöhne

Die Sozialpartner im Gastgewerbe einigten sich auf einen neuen GAV für die rund 225'000 Beschäftigten. Hauptpunkt war die teilweise substantielle Erhöhung der Mindestlöhne, die in der Regel nicht mehr unter 3'000 Fr. liegen dürfen. Allerdings erreichten die Arbeitgeber, dass in wirtschaftlich schwachen Regionen – wozu sämtliche Regionen gehören, die unter das Bundesgesetz über die Investitionshilfe in Berggebieten fallen – die Mindestlöhne um 10% unterschritten werden dürfen. Die Löhne für Hilfskräfte können in den ersten sechs Monaten der Anstellung um 10% (ab 2002) resp. um 5% (ab 2003) unter den vertraglichen Mindestlöhnen liegen.

Gastgewerbe

Im März legten 7'000 Aargauer Staatsbeamte für zwei Stunden die Arbeit nieder, um gegen das neue Lohnsystem zu protestieren. Mitte November demonstrierten landesweit rund 17'000 Angehörige der Pflegeberufe für eine bessere Anerkennung ihrer Arbeit. Wenige Tage später legten knapp 7'000 Bauarbeiter einen halben Tag die Arbeit nieder; sie verlangten mehr Lohn und die Pensionierung mit 60 Jahren.

Im März legten 7'000 Aargauer Staatsbeamte für zwei Stunden die Arbeit nieder, um gegen das neue Lohnsystem zu protestieren

Die Gewerkschaft SMUV warf der Maschinenindustrie eine „Verluderung der Sitten“ vor, weil bei Massenentlassungen die Pflicht zur Information und Konsultation der Arbeitnehmenden weitgehend ausgehöhlt werde. In rund 30 Abbaufällen des laufenden Jahres sei das im OR und im GAV vorgesehene Konsultationsverfahren missachtet worden. Die Gewerkschaft verlangte deshalb eine verschärfte Informations- und Offenlegungspflicht im OR und im GAV.

Maschinenindustrie

Anders als im Vorjahr bei der SBB ging die Aushandlung des ersten GAV für die rund 50'000 Mitarbeitenden der Post, die ab 2002 obligationenrechtlich angestellt sind, nicht so schlank über die Bühne. Während die christliche Gewerkschaft Transfair der Regelung deutlich zustimmte, meldeten die Westschweizer und Tessiner Sektionen der Gewerkschaft Kommunikation Widerstand an. Dank grosszügiger Ferienregelung und einer Garantie der bisherigen Löhne bis 2004 stimmte aber doch eine Mehrheit dem GAV zu.

Post

Angesichts der guten Baukonjunktur starteten die Arbeitnehmerverbände des Baugewerbes mit Rückenwind in die Verhandlungen für einen neuen Landesmantelvertrag. Sie verlangten die 37,5-Stunden-Woche, 250 Fr. mehr Lohn und eine allgemeine Pensionierung mit 60 Jahren. In der Frage des Rentenalters zeigten sich die Arbeitgeber entgegenkommend, nicht aber beim Lohn und der Arbeitszeit. Für ihre Haltung machten sie Kostensteigerungen aus früheren Lohnanpassungen sowie die harte Konkurrenz geltend. Die Gewerkschaften reagierten darauf mit einem nationalen Protesttag am 19. November, an dem rund 7'000 Bauarbeiter teilnahmen.

Baugewerbes